Und wir glauben noch an Wunder

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Und wir glauben noch an Wunder
LOKALES
MONTAG, 20. JUNI 2005
Der menschliche Faktor
Hartmut Schäfer-Erhardt leitet vom ersten Tag an die
Lebensberatung in Walsrode. Der Diplom-Psychologe hat in den zurückliegenden 25 Jahren viele
Ratssuchende und ihre
Schicksale kennengelernt.
Wächst die Bedeutung der
Lebensberatung mit der Zunahme
gesellschaftlicher
Probleme? Ist die Lebensberatung also ein Spiegelbild der gesellschaftlichen
Entwicklung?
rückblicken, haben da Menschen nur überlebt, weil sie
hier bei der Lebensberatung
Walsrode Hilfe erhalten haben?
Diese Frage ist nur sehr
schwer zu beantworten. Die
professionelle Beratung mit
dem therapeutischen Ansatz
besonders bei Jugendlichen
hat es vorher nicht gegeben
und würde es ohne die Lebensberatung heute noch
nicht geben. Da bin ich sicher. Aber alles verhindern
können wir eben auch nicht.
!?
Nach unserem Eindruck
hat zwar die Anzahl der
Fälle zugenommen, aber die
Probleme selbst gab es vor
zehn Jahren auch schon.
Zahlenmäßig sind wir sicherlich ein Spiegelbild, was
die Zunahme der Probleme
angeht. Auch durch Hartz
IV hat sich bei vielen das Bewusstsein verändert. Die
Menschen sind einfach stärker verunsichert.
NACHGEFRAGT
Wächst durch die Zunahme
der Fälle (von 150 in den ersten Jahren bis zu 366 neuen
Fällen im Jahr 2004) auch
der Druck auf die Berater,
weil man von ihnen Hilfe
und damit manchmal Wunder erwartet?
Manchmal ist es sehr bedrückend, wenn man Ereignisse im Umfeld sieht. Da
wird einem dann auch die
eigene
Hilflosigkeit
in
bestimmten Bereichen bewusst.
Der Druck wächst mit der
Zahl der Anmeldungen, weil
wir nicht so viel Kapazität
zur Verfügung haben, um
qualitativ zeitnah zu helfen.
Auch das Weiterleiten an
andere Institutionen wird
schwieriger, weil auch dort
Geld und damit Stellen fehlen. Von daher haben wir
das Prinzip entwickelt, die
Selbsthilfeeinrichtungen zu
stärken. Wenn unsere Mittel nicht gekürzt würden,
wäre das schon ein Erfolg.
Wenn sie die 25 Jahre zu-
Wie fällt ihr ganz persönliches Resümee nach 25 Jahren als Leiter der Lebensberatung aus?
In der Beratung und Therapie ist der menschliche
Faktor wichtiger als die Methode, aber man kann ihn
nur einsetzen, wenn man
auch die Methode beherrscht. Mein therapeutischer Optimismus ist in diesen Jahren gewachsen, aber
auch die notwendige Bescheidenheit, weil eben
nicht alles möglich ist. (es)
Tragischer Unfall
Fünfjähriger Junge von Radlader überrollt
Bei einem tragischen Unglücksfall ist am Freitagnachmittag auf einem landwirtschaftlichen Anwesen bei
Walsrode ein fünfjähriger
Junge ums Leben gekommen.
Walsrode. Nach Angaben
der Polizei hatte der Großvater seinen Enkel und einen 19Jährigen in der Schaufel seines
Radladers mitgenommen, als
er langsam über den Hof fuhr.
Aus ungeklärter Ursache
rutschte der Junge plötzlich
aus der Schaufel und wurde
vom Radlader überrollt. Notärzte konnten dem Jungen
nicht mehr helfen. Er erlag
wenig später am Unglücksort
seinen schweren Verletzungen. Die Notfallseelsorge
übernahm die Betreuung der
Angehörigen.
MONTAG, 20. JUNI 2005
„Und wir glauben noch an Wunder“
Lebensberatung Walsrode besteht 25 Jahre / Wissenschaftliche Jahrestagung
Auch wenn die Lebensberatung eine Einrichtung des Kirchenkreises Walsrode und die
Stadtkirche
mit
wenigen
Schritten zu erreichen ist, weiß
Hartmut Schäfer-Erhardt, dass
er und sein Team keine Wunder vollbringen können. „Wir
versprechen auch Niemandem
Wunder, aber wir glauben
daran“, fügt er schmunzelnd
hinzu. Und er unterstreicht
diese Aussage in einem ganz
persönlichen Resümee nach 25
Jahren als Leiter der Walsroder
Lebensberatung: „Ich habe nie
den therapeutischen Optimismus verloren, im Gegenteil, er
ist sogar gewachsen.“
Walsrode (es). Für die Lebensberatung Walsrode ist
2005 ein besonderes Jahr. 25
Jahre besteht die Einrichtung
für Rat- und Hilfesuchende.
Da das Team der Beratungsstelle allerdings stets die
Probleme der Ratsuchenden
in den Mittelpunkt stellt, wird
es anlässlich des Jubiläums
kein „Schaulaufen der Eitelkeiten“ geben. Die Walsroder
haben zum „Geburtstag“ ihrer
Einrichtung Mitstreiter aus
dem ganzen Land eingeladen,
um abends vielleicht auch ein
wenig zu feiern. In erster Linie
geht es am Donnerstag und
Freitag dieser Woche bei der
wissenschaftlichen Jahrestagung der Landesarbeitsgemeinschaft für Erziehung
Niedersachsen (LAG) aber um
Impulse für die Praxis.
Unter dem Motto „Beratung hilft leben“ werden namhafte Wissenschaftler und
Offene Türen und offene Ohren für die Probleme der Ratsuchenden kennzeichnen die Arbeit von
Hartmut Schäfer-Erhardt und seinem Team in der Lebensberatung Walsrode.
Praktiker aus Deutschland,
Österreich und der Schweiz in
Walsrode neue Methoden und
Erkenntnisse aus den Bereichen Neurophysiologie, Psychologie, Pädagogik, Psychiatrie und auch Psychoanalyse
vorstellen. 150 Teilnehmer
haben sich bisher zu der Tagung in Walsrode angemeldet,
die von der Lebensberatung
vorbereitet und organisiert
wird.
Sehr viel Freiheit habe man
bei der Vorbereitung erhalten,
betont Hartmut Schäfer Erhardt. Auch das Motto der Tagung sei aus dem eigenen Namen selbst entwickelt worden.
„Lebensberatung als Name einer solchen Einrichtung ist
immer seltener geworden.
Viele Beratungsstellen haben
sich inzwischen umbenannt“,
weiß der Walsroder Leiter.
Hier habe man bewusst den
Möhrmann: CDU auf Schlingerkurs
Kreistagsmehrheit unzuverlässig bei wichtigen Entscheidungen
Dieter Möhrmann, Fraktionsvorsitzender der SPD im
Kreistag, macht sich Sorgen
um die CDU. Mit parteipolitischer Nächstenliebe vor der
Kommunalwahl 2006 haben
seine Gedanken allerdings
nichts zu tun. Der Schlingerkurs der Mehrheitsfraktion bereite ihm Sorgen, denn man
wisse nicht mehr, worauf man
sich verlassen könne, sagt
Möhrmann.
Walsrode (es). Zwei Themen und das wechselnde Abstimmungsverhalten in der
Unionsfraktion haben bei
Möhrmann die Unsicherheit
heraufbeschworen. Aktuelles
Beispiel sei die Sitzung des
Kreisschulausschusses, in der
nun doch eine breite Mehrheit
in der CDU der Aufstellung
eines Raumprogrammes für
die Haupt- und Realschule
Soltau zugestimmt, sogar Baumaßnahmen bis 2007 verlangt
habe. Im Kreisausschuss sei
zuvor ein entsprechender Antrag der SPD noch von der
CDU abgelehnt worden. Am
30. Juni werden sich im nächsten Kreisausschuss zeigen, ob
die dortigen CDU-Mitglieder
nun dem Votum der Schulausschussmitglieder ihrer Partei folgen.
Zuvor sei die Union bei der
Kreisfahrbücherei umgefallen.
Im Dezember hätten mit Ausnahme des Landrats alle
CDU-Mitglieder in namentlicher Abstimmung für das
Ende der Fahrbücherei votiert. Seitdem habe man gewartet, wie und wann die
CDU aufgrund des öffentlichen Drucks zurückrudern
werde. Beim Jubiläum der
Fahrbücherei habe sie sich
dann als Retter der Einrichtung feiern lassen, die sie vorher selbst zum Tode verurteilt
habe. Der Zickzackkurs sei
nicht mehr verständlich. Entscheidungen seien offenbar
davon
abhängig,
welche
Gruppe sich in der CDUFraktion gerade durchsetze.
Polizei nimmt den gesuchten Autobahn-Spanner fest
54-jähriger Täter manipulierte seit Jahren Toilettenhäuser und beobachtete Frauen beim Urinieren
Am Sonntagvormittag hatten
die Bemühungen der Autobahnpolizei Fallingbostel Erfolg: Der Täter, der seit Jahren
sein Unwesen an Toilettenhäusern entlang der Autobahn
treibt, um Frauen beim Urinieren zu beobachten (WZ berichtete), ist gefasst. Es handelt sich um einen 54-Jährigen
aus dem Bereich Seevetal im
Landkreis Harburg.
Bad Fallingbostel (es). Immer wieder hatte der Spanner
auf Autobahnparkplätzen die
Türen der Damentoiletten
verschlossen und die Frauen
mit einem Zettel hinter die
WC-Anlagen
auf
Eimer
gelockt, wo er sie dann unerkannt aus einem Versteck beobachtete.
Im Zuge ihrer Ermittlungen observierten Polizeibeamte am Wochenende ein
Toilettenhaus auf einem Parkplatz der A7 bei Dorfmark.
Am Sonntag gegen 10.30 Uhr
erschien ein Mann, verriegelte
die Türen der Herren- und
Damentoiletten. An der Tür
der Damentoilette brachte er
einen Zettel an, wonach die
Toilette außer Betrieb sei.
„Bitte sein Sie so lieb und benützen zum Pinkeln die Eimer
an der Rückseite des Gebäudes“, stand weiter darauf. Als
er zwei Eimer hinter dem
Haus aufstellte, griffen die Polizeibeamten zu und nahmen
den Mann fest.
In der Vernehmung gestand
der 54-Jährige, bereits seit
Jahren auf diversen Autobahnparkplätzen in gleicher Weise
Toilettenanlagen manipuliert
zu haben, um die Frauen zu
beobachten. Die Ermittlungen gegen den Täter gehen
weiter.
Die Polizei weist darauf hin,
dass beim Defekt einer Toilette keinerlei Ausweichmöglichkeiten vor Ort zur Verfü-
An diesem Toilettenhaus bei Dorfmark wurde der Täter gestern festgenommen.
gung gestellt werden, sondern
auf den nächsten Parkplatz mit
Toilettenanlage
verwiesen
wird. Sollten Parkplatzbenutzer etwas anderes feststellen,
sollten sie sofort die Polizei
benachrichtigen, fordert Polizeipressesprecher
Peter
Hoppe.
Namen behalten, „weil die
Leute wissen, dass es hier eine
gute Beratung gibt und dass
bei uns alle Bereiche des Lebens unter einem Dach sind.“
Diese Vielfalt werde auch
durch die Zusammenstellung
des Programms deutlich.
Ziel der Tagung sei es, dass
die Berater die Ergebnisse der
Wissenschaftler in die Praxis
mitnehmen, „dass aber auch
die Wissenschaftler erfahren,
wie die Umsetzung ihrer Ergebnisse in der Praxis erfolgt.“
Eine gegenseitige Befruchtung sei das Ziel. Die soll auch
dadurch erreicht werden, dass
am Donnerstag und Freitag ab
9 Uhr die Vormittagsveranstaltungen in der Stadtkirche
öffentlich angeboten werden.
Die Vorträge zu fachspezifischen Themen finden nachmittags intern in Arbeitsgruppen statt.
Das Programm
In der Walsroder Stadtkirche finden die Veranstaltungen der Fachtagung statt,
zu der auch die interessierte
Öffentlichkeit eingeladen ist.
Um 9 Uhr wird am Donnerstag die Tagung offiziell
eröffnet. Mit dabei sein wird
auch Staatssekretär Hoofe aus
dem Sozialministerium. „Wie
verändert ist der Mensch“
lautet der Titel des Vortrags
von Professor Dr. Dr. Roth,
Präsident der Studienstiftung
des Deutschen Volkes, der um
10 Uhr beginnt. Um 11.30
Uhr schließt sich der Vortrag
„Veränderung der Kinder beginnt in der Seele der Eltern –
Überlegungen zu einer tiefenpsychologisch orientierten
Erziehungsberatung“ an. Dr.
phil. Ingeborg Volger, Dozentin am Evangelischen Zentralinstitut für Familienberatung in Berlin hält ihn.
Am Freitag wird die Tagung
um 9 Uhr mit dem Vortrag
„Motivationale Voraussetzungen für Entwicklungsberatung
und Therapie“ von Professor
Dr. Bernhard Sieland von der
Universität Lüneburg eröffnet.
Anschließend referiert Dr.
phil. Helmut Figdor, Dozent
am Institut für Erziehungswissenschaften in Wien, zum
Thema „Wie uns die emotionalen Verstrickungen der
Beratungssituation dazu verleiten, allgemein bekannte Erkenntnisse der Scheidungsforschung zu vernachlässigen“.