Die Geschichte der Mecklenburger Körtage

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Die Geschichte der Mecklenburger Körtage
DIE GESCHICHTE DER MECKLENBURGER KÖRTAGE | ZUCHT
Foto: Tauchnitz
Die Geschichte der
Mecklenburger Körtage
Im Pferdeland Mecklenburg wurde bereits 1895 die erste Körordnung erlassen. Hengste erhielten nur
dann die Deckerlaubnis, wenn sie zuvor der „Kommission für die Landespferdezucht“ vorgestellt und dabei für
zuchttauglich erklärt wurden. Die Körtermine fanden alljährlich auf den großen Gütern statt.
Die ersten „Zentralen Körtage“ mit angegliedertem Hengstmarkt gab es ab 1922 in Güstrow, wo sie bis zum Ende der
50er Jahre veranstaltet wurden. Später fanden dann die Junghengst-Körungen der DDR zentral im
Rahmen der Hengstleistungsprüfungen in Neustadt/Dosse statt.
Gala-Abende der Mecklenburger Zucht waren und
sind ein echter Hingucker.
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1990 nach der politischen Wende wurde der Verband der Pferdezüchter Mecklenburg-Vorpommern e.V. neu gegründet. Damit begann auch
die neue Zeitrechnung für die „Mecklenburger Körtage“. Die allererste
Junghengstkörung und Anerkennung für Araber und Kleinpferde fand
am 16. Oktober 1990 in Teterow statt. Von 18 Hengsten wurden 14
gekört. Im Februar 1991 gab es die erste Verbandsanerkennung für
fremde Reitpferdehengste und im Oktober desselben Jahres die ersten Körtage für Warmbluthengste. Von 15 vorgestellten Kandidaten
wurden sieben Hengste gekört, darunter der spätere HLP-Sieger und
Elitehengst Juventus v. Juon II. 1992 standen bereits 42 Junghengste
im Katalog. Zugelassen waren laut Vorstandsbeschluss ausschließlich
Mecklenburger. Sieger wurde der Fuchshengst Ingolf v. Intendant. Publikumsliebling war jedoch der wenige Tage zuvor von der Weide geholte Melder-Sohn Methusalem, der noch nie eine Halle und ein Hindernis gesehen hatte, sich aber von Sprung zu Sprung enorm steigern
konnte. Die alte und viel zu kleine Reithalle in Redefin hatte im Winter
Temperaturen eines Kühlhauses, war durch die Zuschauerabsperrungen stark eingeengt und bot den freilaufenden Hengsten wenig Platz
zur Entfaltung. Sicherheitsauflagen der zuständigen Berufsgenossenschaft führten zum Schutze der Besucher zu einer vorübergehenden
Verlegung nach Sommerstorf, Schwinkendorf und später nach Zierow.
Auch in diesen Reithallen war für die Besucher dicke Winterkleidung
von großem Vorteil. Die Zahlen der gekörten Mecklenburger wurden
nach strenger Selektion sehr niedrig gehalten. 1993 erhielten sechs,
1994 neun Junghengste ein positives Körurteil, darunter der später unter Mylene Diederichsmeier in Kl. S hocherfolgreiche Ladinor v. Lord
Kemm. 1995 wurden sogar nur vier von 44 Aspiranten gekört. 1996
gab es erstmals eine Vorauswahl, dennoch erhielten nur sieben von 65
Kandidaten ein positives Körurteil. Aus dem Körjahrgang 1997 stammen u. a. die gekörten und S-erfolgreichen Springpferde Cyrell v. Calypso II, Ex Libo v. Ex Libris (später Nationenpreispferd in Norwegen)
und Landintendant v. Landfriese II (später Grand Prix-Sieger in den
USA) sowie der nicht gekörte Galileo v. Grabensee, der 2000 in Warendorf unter dem Namen „Günther“ Bundeschampion der 5-jährigen
Vielseitigkeitspferde wurde.
Gemeinsame Körung aller Rassen
und spektakuläre Gala-Abende
1998 wechselten die „Mecklenburger Körtage“ wieder nach Redefin,
jetzt aber in die neue, prachtvolle und zugleich beheizte Reithalle mit
der großen Sitztribüne. Premiere hatte auch der Gala-Abend, der acht
Jahre lang regelmäßig zu den Höhepunkten der Körtage zählte. 2000
fand erstmals eine gemeinsame Junghengstkörung der Mecklenburger Warmblüter und der Pony-, Kleinpferde- und Spezialrassen statt.
Lang ist es her, dass sich Interessenten in Güstrow beim Hengstmarkt dicht an dicht drängten. Dieses Bild stammt von 1957.
Foto: Archiv
Die ersten „Mecklenburger
Körtage“ nach der Wiedervereinigung
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Foto: Tauchnitz
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guter Kauf. Sechsjährig ist er jetzt unter Jörne Sprehe Sieger hoch platziert in internationalen Youngster-Prüfungen, u.a. in Frankreich. Teuerster Hengst dieser Auktion war mit 65.000 Euro der Spring-Reservesieger Cessalto v. Cascall, der in den Stall Schmidt nach Neu-Benthen
wechselte. Obwohl die Gesamtqualität der Hengste kontinuierlich
stieg, entsprachen die Auktionsergebnisse nicht mehr den Erwartungen der Hengsthalter, so dass dieser Weg der Vermarktung nach den 21.
Mecklenburger Körtagen vorerst aufgegeben wurde.
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Einen Herzog hatte MecklenburgVorpommern, einen Lord erst viel
später - Lord Mecklenburg von
Licanto, Körsieger 2006.
hnitz
2001 gab es eine weitere Neuerung. Bei den Warmblütern durften auch erfolgreiche Pferde wie Gepsom v. Epsom Gesmaray (Springen) oder
Junghengste anderer Rassen vorgestellt werden. Acht „Fremdhengste“ Sir Rubinstein v. Sir Donnerhall (Dressur). Die Zahl der vorgestellten
traten gegen 28 Mecklenburger an. Je vier wurden gekört. Mit dem PKS-Hengste lag in diesen Jahren durchschnittlich zwischen 20 bis 25.
Oldenburger Land-Boy v. Landjonker kam erstmals ein Sieger aus einem anderen Zuchtgebiet. Er blieb in Redefin und wirkte viele Jahre Eigene Auktion in Redefin als Pilotprojekt
als gefragter Landbeschäler. Unter den 2003 gekörten Hengsten stach 2008 kamen sogar 340 Junghengste zur Vorauswahl. Aus diesem Jahrals „Springsieger“ der Holsteiner Last Man Standing v. Lovari hervor. gang machten später die beim Bundeschampionat hoch platzierten
Er wurde von den Gebrüdern Möller vorgestellt und später in Garlitz Reitponys Ballack vM v. Beckenbauer und Dance on Top v. HB Dayals Sport- und Zuchthengst genutzt. Aus seinen wenigen Bedeckungen light Werbung für die mecklenburgische Ponyzucht. Im Rahmen der
ging 2006 ein Hengstfohlen hervor, das unter dem Namen Le Champ 1. Auktion 2008 wechselten 43 Hengste für rund 1 Million Euro den
Ask als OS-Sieger 2008 europaweit Schlagzeilen machte. Der Schim- Besitzer. Teuerster Hengst mit 95.000 Euro war der Schimmel Chemel wurde für 1,1 Millionen Euro nach Dänemark versteigert. Auch val de Coeur v. Coupe de Coeur, der mittlerweile in der holsteinischen
ein Jahr später siegte ein weiterer in Mecklenburg geborener Sohn des Station Hell deckt. 2009 erreichten die Vorauswahlplätze mit 350 BeHengstes Last Man Standing bei der OS-Körung in Vechta. In Rede- werbern eine neue Rekordmarke, über 90 Hengste inkl. PKS wurden
fin nahmen die Mecklenburger Körtage immer mehr Fahrt auf. Das für die Körung zugelassen und ca. ein Drittel gekört. Gesamtsieger
besondere Ambiente, die sich stetig verbessernde Qualität der Hengs- wurde der Mecklenburger Skydiver v. Sancisco, der jetzt in Österreich
te und das Schauprogramm zog jedes Jahr viele Besucher aus allen deckt und mit Ramona Brunner in Dressurprüfungen mehrfach SBundesländern und dem Ausland an. Lasirco v. Landjunge, der Sie- erfolgreich ist. Bedingt durch die wirtschaftliche Rezession gingen die
gerhengst 2004, ging später unter Jörg Möller im Großen Sport. Lord Auktionsergebnisse schon etwas zurück.
2010 standen insgesamt 89 Junghengste im Katalog. Gesamtsieger
Mecklenburg v. Licanto (Sieger 2006) wechselte ein Jahr später über
die Auktion in Vechta für 120.000 Euro nach Frankreich, der Prämi- der 31 gekörten Warmbluthengste wurde Lord Beckham v. Lord Weinenhengst Chap I v. Cellestial ist heute ein international erfolgreiches gard, der mittlerweile mit Denis Nielsen internationale Erfolge bis Kl.
Springpferd, sein Jahrgangsgefährte Laetare v. Lord Loxley siegte S vorweisen kann. Der Hengst erhielt bei der Auktion den Zuschlag bei
2008 beim Bundeschampionat und wechselte über die PSI-Auktion für 115.000 Euro. Auch für den Dressurhengst Showdancer v. Sir Donner520.000 Euro nach Dänemark, um nur einige Beispiele zu nennen. Das hall I gab es mit 85.000 Euro noch gutes Geld. Er deckt jetzt im Gestüt
große Interesse spiegelte sich 2007 in der Zahl von 260 angemeldeten Bonhomme. Auch 2011 hielt sich das Aufgebot der Reitpferdehengste
Warmblut-Junghengsten wider, von denen 71 zur Vorstellung kamen mit 71 Körkandidaten auf dem Level der letzten Jahre. Der Springsieund 31 gekört wurden. Darunter befanden sich mehrere inzwischen S- ger Clueso v. Catoki brachte 45.000 Euro und erweist sich heute als
Foto: Tauc
Mecklenburger Körtage – Respekt für den
Sieger und im Hintergrund mit konzentriertem Blick: Die Körkommission.
Wie in den Jahren zuvor hielt sich 2012 das Aufgebot der Reitpferdehengste mit 72 im Katalog aufgeführten Körkandidaten auf hohem
Level. Neu war in diesem Jahr das Vermarktungskonzept „Provisionsfreier Hengstmarkt“. Das Resümee war ein durchaus zufriedenstellender Absatz. So wechselte zum Beispiel der Dressursieger Dujardin,
ein Mecklenburger von D´Olympic, der in Banzin von der Besitzergemeinschaft Fobbe/Pohlmann gezogen wurde, in das oldenburgische
Gestüt Sprehe. Insgesamt wurden 20 Reitpferdehengste gekört. Neu
ist seit 2012 auch der „Mecklenburger Abend“ mit der Ehrung der Landeschampions. Ein Highlight war das großartig inszenierte Schaubild
„200 Jahre Landgestüt Redefin“. Als Dressursieger 2013 unter den 72
aufgebotenen Reitpferdehengsten verließ der bei Bernd Harlof in Wardow geborene Mecklenburger Collier v. Christ den Ring und wechselte in das Gestüt Sprehe. Springsieger wurde der Cellestial-Sohn Chancenreich, der den 30-Tage-Test in Münster-Handorf mit Höchstnoten
beendete und jetzt im mecklenburgischen Neu-Benthen zuhause ist.
Auch 2014 war der Run auf die „Mecklenburger Körtage“ ungebrochen. 74 Reitpferdehengste und 18 PKS-Hengste wurden gemeldet,
davon 29 bzw. 7 gekört. Der Dressursieger Brillant v. Bretton Woods
wurde im Gestüt Lewitz, der mecklenburgischen Dependance von
Paul Schockemöhle gezogen, der Springsieger Conbassy v. Contendro I kommt aus der Zucht von Ute Steuber, Garstedt. Auch für die 25.
Mecklenburger Körtage wurde über die Vorauswahltermine wieder
ein qualitätsvolles Lot von 71 Reitpferdehengsten und 11 Ponyhengsten mit sehr interessanten Abstammungen selektiert.
Volker Tauchnitz
Foto: Tauchnitz
Neues Konzept „Provisionsfreier Hengstmarkt“
11 I 15 – MECKLENBURGER PFERDE I
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