Finanzplatz Frankfurt

Transcription

Finanzplatz Frankfurt
Finanzplatz Frankfurt:
Akteure, Rahmenbedingungen, Perspektiven
Ausarbeitung im Rahmen des Finanzplatzmonitorings der hessischen
Landesregierung
Dr. Johannes Harsche
Uwe van den Busch
unter Mitarbeit des
Hessischen Ministeriums für
Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung
Report Nr. 696
Wiesbaden 2006
Eine Veröffentlichung der
HA Hessen Agentur GmbH
Postfach 31 07
D-65021 Wiesbaden
Abraham-Lincoln-Straße 38-42
D-65189 Wiesbaden
Telefon
Telefax
E-Mail
Internet
Geschäftsführer:
0611 / 774-0
0611 / 774-313
[email protected]
http://www.hessen-agentur.de
Martin H. Herkströter
Dr. Dieter Kreuziger
Ansprechpartner im
Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung:
Dr. Eugen Paravicini
Nachdruck – auch auszugsweise – ist nur mit Quellenangabe
gestattet. Belegexemplar erbeten.
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Finanzplatz Frankfurt:
Akteure, Rahmenbedingungen, Perspektiven
Ausarbeitung im Rahmen des Finanzplatzmonitorings der hessischen
Landesregierung
Inhalt
Seite
Einleitung
1
Grundlagen und Aufbau der Arbeit
4
I
Akteure
6
1
Der Bankensektor am Finanzplatz Frankfurt
6
1.1
Charakteristika des deutschen Bankensystems
6
1.2
Strukturelle Veränderungen in der Bankenlandschaft
7
1.3
Konzentrationsprozesse im Bankensektor
9
1.4
Internationalisierung im Bankensektor
16
1.5
Bedeutung der Banken für die Arbeitsmärkte
18
1.6
Ertragssituation der Banken
22
1.7
Fazit
26
2
3
Die Börsen am Finanzplatz Frankfurt
28
2.1
Marktkapitalisierung der Börsen im internationalen Vergleich
28
2.2
Bedeutung der Frankfurter Börsen im internationalen Vergleich
29
2.2.1
2.2.2
2.2.3
Aktienmarkt
Rentenmarkt
Derivatemarkt
29
31
32
2.3
Konsolidierung der Europäischen Börsenlandschaft im Überblick
33
2.4
Die Frankfurter Wertpapierbörse im nationalen Wettbewerb
37
2.5
Die Rolle der Frankfurter Wertpapierbörse für den Finanzplatz Frankfurt 39
2.6
Fazit
40
Die Versicherungsbranche: Eine wichtige Komponente des
Finanzplatzes Hessen
41
3.1
Einleitung
41
3.2
Strukturelle Veränderungen in der Versicherungsbranche
41
3.3
Die Versicherungswirtschaft in Deutschland
42
I
Finanzplatz Frankfurt
Inhalt
Seite
3.3.1
3.3.2
3.4
Entwicklung der verschiedenen Sparten der Versicherungswirtschaft
Regionale Struktur der Versicherungsbranche
Die Versicherungswirtschaft in Hessen
42
48
51
3.4.1
3.4.2
Unternehmen und Beschäftigte der Versicherungswirtschaft
Internationalität der Versicherungswirtschaft
51
51
3.5
Die Ansiedlung des EU-Aufsichtsgremiums für das Versicherungswesen
am Finanzplatz Frankfurt
55
3.6
Fazit
II
Rahmenbedingungen
60
1
Marketingaktivitäten für die Finanzplätze London, Paris und München
im Vergleich zu Frankfurt
60
1.1
London
60
1.1.1
1.1.2
1.1.3
1.1.4
IFSL – International Financial Services London
Bürgermeister der City of London (Corporation of London)
„London First“ und „Think London“
Zwischenfazit London
60
61
61
62
1.2
Paris
63
1.2.1
1.2.2
Paris Europlace
Zwischenfazit Paris
63
65
1.3
München
66
1.3.1
1.3.2
Finanzplatz München Initiative
Zwischenfazit München
66
67
1.4
Marketingaktivitäten für den Finanzplatz Frankfurt
68
1.4.1
1.4.2
1.4.3
1.4.4
Finanzplatzrelevante Initiativen im engen Sinn
Finanzplatzrelevante Initiativen im weiteren Sinn
Allgemeines Marketing für den Standort Frankfurt / Rhein-Main
Fazit Frankfurt
69
72
76
78
2
Die Rolle der Finanzmarktaufsicht für den Finanzplatz Frankfurt
80
2.1
Strukturelle Veränderungen auf den internationalen Finanzmärkten
80
2.2
Institutionen der Finanzaufsicht auf internationaler, europäischer und
nationaler Ebene
81
Europäische Komponenten der Finanzmarktaufsicht
87
Exkurs: Finanzkonglomerate
90
2.3
II
57
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Inhalt
Seite
2.4
3
4
92
Bildungs- und Forschungsinfrastruktur am Finanzplatz Frankfurt
94
3.1
Einleitung
94
3.2
Struktur des deustchen Bildungswesens im internationalen Vergleich
95
3.3
Bildungs- und Forschungsinstitutionen am Finanzplatz Frankfurt
97
3.4
Fazit und Ausblick
101
Vergleich der an den Finanzplätzen Frankfurt, London und Paris
vorherrschenden steuerlichen Rahmenbedingungen
104
4.1
Einleitung
104
4.2
Das Steuersystem als Standortfaktor für einen Finanzplatz
106
4.3
Die Abgaben- und Steuerbelastung an den Finanzplätzen Frankfurt,
Paris und London
108
Fazit
116
4.4
5
Fazit
Die betriebliche Mitbestimmung im Zusammenhang mit der
Standortdiskussion
118
5.1
Vorbemerkungen
118
5.2
Ökonomische Analyse der Funktion von Betriebsräten
120
5.3
Die Verbreitung von Betriebsräten in Deutschland
122
5.3
Die Folgewirkungen von Betriebsräten für die
Unternehmensentwicklung
124
Fazit
125
5.4
III
Perspektiven
127
1
Entwicklungstrends und Absatzpotenziale für innovative Finanzprodukte 127
1.1
Einleitung
127
1.2
Entwicklung des Geldvermögens der privaten Haushalte in
Deutschland
128
1.3
Finanzprodukte für private und institutionelle Anleger
130
1.3.1
1.3.2
1.3.3
1.3.4
Rentenpapiere
Investmentfonds
Hedgefonds
Real Estate Investment Trusts
130
137
146
160
III
Finanzplatz Frankfurt
Inhalt
2
Seite
1.4
Beteiligungskapital als Instrument zur Unternehmensfinanzierung
171
1.5
Kreditderivate und Kreditverbriefungen
175
1.6
Fazit und Ausblick
180
Zukunftsperspektiven der privaten Altersvorsorge in Deutschland und
ihre Bedeutung für den Kapitalmarkt
184
2.1
Vorbemerkungen
184
2.2
Potentiale der privaten Altersvorsorge
186
2.3
Die Entwicklung der Vermögensbildung der privaten Haushalte in
Deutschland
187
Vergleich der Renditen unterschiedlicher Teilbereiche der privaten
Altersvorsorge
188
Fazit
191
2.4
2.5
3
IV
Finanzierungsstruktur und Kapitalausstattung mittelständischer
Unternehmen in Deutschland
194
3.1
Vorbemerkungen
194
3.1.1
3.1.2
Potentiale, Forderungen und Vorschläge aus Sicht von FinanzplatzAkteuren
Abgrenzung des Mittelstandes in Deutschland
194
195
3.2
Bedeutung der Mittelstandsfinanzierung für den Finanzplatz Frankfurt
197
3.3
Finanzierungsstruktur mittelständischer Unternehmen
200
3.4
Fazit
210
Tabellenverzeichnis
213
Abbildungsverzeichnis
215
Literaturverzeichnis
217
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Einleitung
Der umfassende Wandel im Finanzsystem, der durch fortschreitende Globalisierung, dynamisches Wachstum der internationalen Handelsbeziehungen und weitere
Harmonisierungen in einem größer werdenden gemeinsamen Europa noch akzentuiert wird, "bietet dem Finanzstandort Deutschland große Chancen[…]", so einleitend
der jüngste Finanzmarktbericht der Initiative Finanzplatz Deutschland IFD.
Der Finanzplatz Frankfurt als unbestritten bedeutendster Standort für Banken und
Finanzdienstleistungen in Deutschland, ja ganz Kontinentaleuropa, kann hiervon in
besonderer Weise profitieren. Zahl und Bedeutung von Kreditinstituten, Börse, Finanzintermediären, aber auch fachbezogener Wissenschaftseinrichtungen sichern
dem Rhein-Main-Gebiet bereits eine Stellung, die europaweit nur von der City of
London übertroffen wird.
Dass der Standort in der Zukunft seine Position in Konkurrenz zu Finanzzentren wie
Paris oder aufstrebenden Zentren sowohl in EU-Beitrittsländern als auch in Staaten
Asiens oder des Nahen Ostens hält und im Vergleich zu globalen Zentren wie Tokio
oder New York möglichst ausbaut, bedingt angesichts der dynamische Entwicklung
der Finanzplätze in aufstrebenden Ländern einschl. der Golfregion, stetige Bemühungen aller Beteiligten.
Für die hessische Landesregierung ist die Zukunft des Finanzplatzes Frankfurt von
entscheidender Bedeutung im Hinblick auf die Wirtschaftskraft des Landes, den Erhalt und die Schaffung von qualifizierten, hochwertigen Arbeitsplätzen, die Standortqualität und die Zukunftssicherung der gesamten Region.
Mit dem Regierungsprogramm 2003 sollte den geschilderten Herausforderungen
begegnet und mit einer breiten Palette von Maßnahmen Entscheidendes zur Sicherung und Stärkung des Finanzplatzes Frankfurt wie im Interesse der Belange der
Financial Community beigetragen werden.
Die Landesregierung hat sich diesem politischen Schwerpunkt im Rahmen der laufenden Kommentierung finanzmarktrelevanter Ereignisse und im Zuge der aktuellen
Diskussion intensiv gewidmet, was sich in der Erstellung einer umfassenden Finanzplatz-Datenbank beim Hessischen Wirtschaftsministerium niederschlug. Aus
den dort dokumentierten vielfältigen Ansatzpunkten für eine Fortentwicklung des Finanzplatzes entwickelte die Landesregierung eine ganze Reihe von Maßnahmen,
die das Kabinett im Januar 2005 verabschiedete und die aus unterschiedlichstem
Blickwinkel zur Verbesserung der Rahmenbedingungen des Finanzzentrums Frankfurt Rhein-Main beitragen sollen. Bundesrats- und Gesetzesinitiativen gehören e-
1
Finanzplatz Frankfurt – Akteure
benso hierzu wie ein eigenes landespolitisches Maßnahmenpaket mit den zentralen
Ansatzpunkten eines verbesserten Marketings und eines wissenschaftlich fundierten, umfassenden Finanzplatz-Monitorings. Dessen Kernbestandteil wird ein System von Finanzplatz-Indikatoren sein, die ein aktuelles, vergleichendes Benchmarking auf der Grundlage zum großen Teil neu entwickelter, seriös gewichteter und
fortzuschreibender Kriterien in Form einer kontinuierlichen Rasterbeobachtung zulassen.
Mit der vorliegenden Studie wird zunächst eine aktuelle Zustandsbeschreibung der
wichtigsten Gegebenheiten am Finanzplatz Frankfurt veröffentlicht. Sie umfasst eine
Übersicht zu den vorhandenen Rahmenbedingungen und Akteuren am Platz ebenso wie einen nationalen und internationalen Standortvergleich in Bezug auf Kriterien, die als entscheidende Determinanten für eine positive Entwicklung eines Finanzzentrums gelten - namentlich die steuerlichen und bildungs-infrastrukturellen
Voraussetzungen. Ein Vergleich der vorhandenen Marketing-Ansätze mit den Verhältnissen in London, Paris und München rundet diesen Teil ab.
Der deskriptive Teil der vorliegenden Arbeit konnte sich nicht auf die Beschreibung
von Akteuren und Rahmengegebenheiten beschränken, sondern musste zur Ableitung von notwendigen Konsequenzen für künftiges Handeln auch die Situation in
den wichtigsten interessierenden Sektoren der Finanzmärkte darlegen und bereits
erkennbare Entwicklungen aufzeigen. In der Erkenntnis, dass sich zwei "große
Wachstumstreiber der kommenden Jahre" (IFD) auf den Märkten schon klar abzeichnen, nämlich die kapitalmarktnahe Unternehmensfinanzierung und die kapitalgedeckte Vorsorge, kam diesen Themen in der vorliegenden Arbeit ein besonderer
Stellenwert zu (Kapitel 1 und 5 sowie 6). Die Darstellung geriet hier bewusst etwas
breiter, um der zu erwartenden dynamischen Entwicklung neuer Finanzinstrumente
in der privaten Alterssicherung und der Unternehmensfinanzierung auf internationalisierten Märkten gerecht zu werden. Aus diesem Grunde ist auch die Darstellung im
Kapitel über innovative Finanzprodukte ausführlicher geraten.
Vorliegendes präsentiert sich weitgehend im Charakter einer Situationsanalyse und
Kommentierung des gegenwärtigen Geschehens am Finanzplatz Frankfurt. Auf
Handlungsempfehlungen in den einzelnen Sachkapiteln wurde gleichwohl nicht verzichtet, soweit dies im fachlichen Rahmen angezeigt erschien.
Die z.T. unterschiedliche Gewichtung einzelner Abschnitte wurde bereits begründet
und ist partiell auch ihrem Entstehen in unterschiedlichen Phasen der Bearbeitung
der Gesamt-Untersuchung geschuldet. Um Verzögerungen des Erscheinens zu
vermeiden, wurden Aktualisierungen des Zahlenmaterials auf Fälle beschränkt, wo
sich abzeichnende Tendenzänderungen dies erforderten.
2
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Im Interesse ihrer Authentizität wurden Studienergebnisse auch dort in die Ausarbeitung aufgenommen, wo sich nur wenige zwingende Handlungsempfehlungen
entwickeln ließen (so im Kapitel "Mitbestimmung"), für den Gesamtansatz aber relevante Sachverhalte ermittelt werden konnten.
Mancher Leser mag hingegen an anderer Stelle Wichtiges vermissen, wie vor allem
eine ausführliche Darstellung sonstiger Finanzinstitutionen bzw. der Finanzintermediäre. Der Verzicht geschah mit Rücksicht auf anstehende eigenständige Arbeiten
zu diesem Sektor von grundsätzlicher Bedeutung und ist nicht als Versäumnis zu
verstehen.
3
Finanzplatz Frankfurt – Akteure
Grundlagen und Aufbau der Arbeit
Eine Grundlage der Arbeiten ist die im Hessischen Wirtschaftsministerium aufgebaute Finanzplatzdatenbank. In dieser Datenbank sind Vorschläge und Forderungen von unterschiedlichen Akteuren der Financial Community zur Weiterentwicklung
des Finanzplatzes Frankfurt zusammengestellt. Quellen der Datenbank sind zum
einen Stellungnahmen von Vertretern von Verbänden, Banken und der Wissenschaft zur öffentlichen Anhörung des Bundestagsfinanzausschusses zur Förderung
des Finanzplatzes Deutschlands im Juni 2003, zum anderen Positionspapiere der
Initiative Finanzstandort Deutschland sowie des Zukunftsforums Finanzplatz Frankfurt der CDU Hessen. Die in der Datenbank enthaltenen rund 480 Maßnahmevorschläge wurden vom Wirtschaftsministerium nach Themenfeldern und nach der zeitlichen Realisierbarkeit gegliedert. Nach Absprache mit dem Ministerium hat die
Hessen Agentur im Rahmen ihrer Arbeiten zum Finanzplatzmonitoring die folgenden
Themen auf Grundlage der Datenbank bearbeitet:
•
Versicherungswirtschaft,
•
Steuerwesen,
•
Mittelstandsfinanzierung,
•
Forschungs- und Bildungswesen,
•
betriebliche Mitbestimmung und
•
private Altersvorsorge.
Die weiteren Ausarbeitungen in der vorliegenden Studie umfassen Themen, die von
den Fachvertretern des Wirtschaftsministeriums im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung des Finanzplatzes Frankfurt als prioritär eingestuft worden sind. Hierbei
handelt es sich um die Themenfelder Banken, Börsen, innovative Finanzprodukte,
Finanzaufsicht und Marketing.
Die Studie ist wie folgt gegliedert:
In Abschnitt I werden die Akteure des Finanzplatzes betrachtet. Banken und Börsen
bilden gleichsam seinen Nukleus. In Kapitel 1 und 2 werden die strukturellen Veränderungen in der Banken- und Börsenlandschaft aufgezeigt. Versicherungen sind ein
weiterer wichtiger Akteur auf dem Finanzplatz. In Kapitel 3 werden daher die Struktur der Versicherungswirtschaft in Deutschland und Hessen sowie internationale
Verflechtungen dargestellt.
4
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Abschnitt II befasst sich mit den Rahmenbedingungen des Finanzplatzes Frankfurt.
Zu Beginn werden die Marketingaktivitäten der konkurrierenden Finanzplätze London, Paris und Frankfurt mit Frankfurt verglichen. Die Auswahl der weiteren Themenfelder in diesem Abschnitt erfolgte im Wesentlichen auf Grundlage der vom
Hessischen Wirtschaftsministerium erstellten Finanzplatzdatenbank. Betrachtet
werden die Themen Finanzaufsicht, Bildungs- und Forschungsinfrastruktur, Steuern
und betriebliche Mitbestimmung. Die Ausarbeitung zu diesen Themenfeldern orientiert sich eng an den von den verschiedenen Akteuren geäußerten Maßnahmenvorschlägen.
In Abschnitt III „Perspektiven“ werden Entwicklungstrends von innovativen Finanzprodukten, Zukunftsperspektiven der privaten Altersvorsorge sowie die Finanzierungsstrukturen mittelständischer Unternehmen in Deutschland betrachtet, wobei
herausgearbeitet wird, welche Potenziale sich durch diese Trends für den Finanzplatz Frankfurt eröffnen (können).
5
Finanzplatz Frankfurt – Akteure
I
Akteure
1
Der Bankensektor am Finanzplatz Frankfurt
1.1
Charakteristika des deutschen Bankensystems
Die gegenwärtige Diskussion über die Struktur des Bankensektors bezieht sich vor
allem auf zwei Aspekte, nämlich zum ersten auf das in Deutschland vorherrschende
Drei-Säulen-System aus Privatbanken, öffentlich-rechtlichen Banken und Genossenschaftsbanken und zum zweiten auf die im internationalen Vergleich sehr hohe
Anzahl an Banken und Bankzweigstellen. So sind von Vertretern der privaten Kreditwirtschaft immer wieder Forderungen nach einer „Konsolidierung“ bzw. „Deregulierung“ des Bankensektors zu vernehmen. Gemeint ist hiermit insbesondere eine
Öffnung des öffentlichen Banken- bzw. Sparkassensektors für die private Kreditwirtschaft. In derartigen Diskussionen werden häufig auch die Raiffeisenbanken genannt, obwohl sich dieser Sektor sehr ausgeprägt von den öffentlich-rechtlichen
Banken unterscheidet. Vollziehen könnte sich ein Strukturwandel unter anderem
über die Übernahme von Sparkassen bzw. Landesbanken durch private Banken.
Begründet werden die betreffenden Forderungen in erster Linie mit der Marktstruktur, und zwar im Wesentlichen mit einer angeblich zu geringen Wettbewerbsintensität aufgrund einer starken „Zersplitterung“ des deutschen Finanzsektors bzw. einer
weitgehenden „Abschottung“ der Märkte für das Privatkunden- und Firmenkundengeschäft durch die Sparkassen und Genossenschaftsbanken.
Die genannten Argumente leiten sich insbesondere von der Tatsache her, dass sich
die deutschen Privatbanken durch eine im internationalen Vergleich eher geringe
Kapitalrentabilität bzw. Faktorproduktivität auszeichnen. Infolge der Ertragsprobleme und der zunehmenden Konkurrenz durch ausländische Wettbewerber, Versicherungen und Finanzvertriebsunternehmen sind in zahlreichen deutschen Banken umfangreiche Umstrukturierungsprozesse im Gange. In Zukunft werden in noch verstärktem Maße industrielle Fertigungsprozesse Einzug halten, was sich gravierend
auf die Palette der angebotenen Finanzdienstleistungen und die Fertigungstiefe
auswirken wird. In anderen Branchen – so etwa in der Automobil-, der Industriegüter- und der Elektroindustrie – haben sich analoge Veränderungsprozesse schon
vor Jahrzehnten vollzogen (vgl. LAMBERTI, H.-J. (2004), S. 370-375).
Zweifellos zeichnet sich das Bankensystem in Deutschland im Vergleich zu demjenigen in anderen Ländern durch eine ganze Reihe von Charakteristika aus. So
herrscht in Deutschland ein Universalbankensystem vor, dessen grundlegende Tätigkeitsfelder in § 1 KWG definiert sind. Hingegen basiert etwa in den USA und dem
Vereinigten Königreich das Finanzwesen sehr weitgehend auf den Kapitalmärkten,
6
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
weswegen die dortigen Banken in ihrer Funktion als Finanzintermediäre einem weit
höheren Wettbewerbsdruck ausgesetzt sind. In Frankreich vollzog sich in den letzten Jahren ein Wandel von einem bankenbasierten Finanzsystem in Richtung eines
kapitalmarktbasierten Finanzsystems, und auch in anderen europäischen Ländern
waren ähnliche Entwicklungen zu beobachten.
1.2
Strukturelle Veränderungen in der Bankenlandschaft
Sowohl in der EU als auch in Deutschland insgesamt unterlag der Bankensektor
während der jüngeren Vergangenheit einem tiefgreifenden Strukturwandel, der sich
in vielerlei Hinsicht manifestiert. Insbesondere sank die Gesamtzahl sowohl der
Kreditinstitute als auch der Bankzweigstellen deutlich. Hierfür lässt sich eine ganze
Reihe von Ursachen anführen. Von besonderer Bedeutung waren die Deregulierungen und Liberalisierungen innerhalb des Finanzsektors seit Mitte der 1980er Jahre.
Hierdurch wurden die Banken dazu veranlasst, sich erstens neue Geschäftsfelder
zu erschließen, so z. B. Investment Banking, Asset Management oder Versicherungswesen, und zweitens größere Unternehmensstrukturen zu bilden.
Darüber hinaus hatte die Europäische Währungsunion eine Internationalisierung
und geographische Diversifizierung des Bankgeschäfts zur Folge. Gleichzeitig erhöhte sich die Wettbewerbsintensität, was zu einer merklichen Vereinheitlichung der
Finanzprodukte und einer Steigerung der Preistransparenz führte.
Eine weitere maßgebliche Ursache für die Strukturveränderung im Bankwesen ist
der technologische Fortschritt. Dieser hat vor allem eine deutliche Erhöhung der Arbeitsproduktivität, jedoch auch eine Intensivierung der Arbeitsteilung und Standardisierung der Finanzprodukte – so z. B. der Konsumentenkredite – bewirkt. Daneben
haben technologische Veränderungen zu einer räumlichen Dispersion des Bankengeschäfts und zu neuen Vertriebsformen geführt. Inwieweit technologische Entwicklungen zum Tragen kommen, hängt allerdings in hohem Maße von der Unternehmensstruktur und den bereits vorhandenen technischen Kapazitäten ab. Gerade in
Großbanken, Landesbanken oder Großsparkassen lassen sich über technische und
organisatorische Veränderungen hohe Ertragssteigerungen erzielen, während beispielsweise kleine Sparkassen oder Raiffeisenbanken für sich alleine unter Umständen in geringerem Maße Vorteile aus derartigen Fortschritten erzielen können.
Dies trägt zu einer Entwicklung hin zu größeren Finanzunternehmen bzw. zu vertieften Finanzverbünden bei. In diesem Rahmen haben die Finanzunternehmen nicht
benötigte Überkapazitäten abgebaut. Grundsätzlich liegt ein positiver Zusammenhang zwischen der technischen Infrastruktur und der Arbeitsproduktivität vor. Von
besonderer Bedeutung dürften hierbei die in einem Bankinstitut bereits vorhandenen technischen Kapazitäten sein. Auch in der Kreditwirtschaft existiert wohl eine in
ökonomischer Hinsicht sinnvolle Erneuerungsfrequenz der technischen Ausstattung,
7
Finanzplatz Frankfurt – Akteure
so dass unter Umständen die aus einer Investition in Realkapital – so beispielsweise in die EDV-Infrastruktur – erzielten marginalen Ertragserhöhungen vergleichsweise gering sein können.
Als weitere treibende Kraft für die strukturellen Veränderungen in der Bankenlandschaft ist die makroökonomische Entwicklung anzusehen. Während der 1990er Jahre trugen vor allem das in zahlreichen Industrieländern überdurchschnittliche Wirtschaftswachstum, der aus dem Boom an den Aktienmärkten resultierende Anstieg
der Provisionseinnahmen und die Entwicklung des allgemeinen Zinsgefüges zu einem merklichen Wachstum der Bankerträge bei, was eine Aufstockung der Rücklagen zur Folge hatte. Dies führte nicht zuletzt zu einem sowohl intern als auch extern
ausgerichteten Wachstum der Finanzunternehmen. Ein gegenläufiger Trend folgte
während des Zeitraums 2001 bis 2003, in dem sich die Bankerträge deutlich verringerten, was einen Rückgang der Expansionsaktivitäten der Kreditinstitute zur Folge
hatte.
Ein weiterer Einflussfaktor, der in Zukunft das gerade in Deutschland so bedeutsame öffentlich-rechtliche Bankwesen in besondere Weise tangieren wird, ist die zu
Beginn des Jahres 2005 vollzogene Abschaffung der Gewährträgerhaftung der öffentlichen Hand. Hierdurch soll langfristig erreicht werden, dass öffentlich-rechtliche
und private Kreditinstitute unter möglichst gleichen Rahmenbedingungen agieren.
Vor allem die Landesbanken werden hiervon in erheblichem Maße betroffen sein,
denn diese sind in Zukunft dazu angehalten, ihren umfangreichen Kapitalbedarf unter veränderten Refinanzierungsbedingungen decken zu müssen. Hierbei stehen sie
im Blickfeld der Rating-Agenturen, welche über ihre Bonitätsbeurteilungen einen
großen Einfluss auf die Finanzierungskonditionen ausüben. Um dem entgegenzukommen, müssen die Landesbanken seither in noch stärkerem Maße als zuvor auf
ihre Bilanzstruktur und Ertragsfähigkeit achten. Im Hinblick auf dieses Ziel dürften
sie in naher Zukunft vornehmlich eher risikoaverse Geschäftsstrategien präferieren,
weswegen das Retail Banking im Vergleich zu eher riskanten Aktivitäten – so etwa
im Investment Banking und im Auslandsgeschäft – den Vorzug finden wird. Aber
auch die privaten Geschäftsbanken haben in jüngerer Zeit die sich vergleichsweise
kontinuierlich entwickelnden Erträge aus dem herkömmlichen Privatkundengeschäft
wieder zu schätzen gelernt.
Alles in allem haben die vorgenannten Einflussfaktoren sicherlich zum Trend zu
größeren Finanzunternehmen beigetragen. Von Bedeutung war hierbei auch, dass
die Kreditinstitute im Zuge des infolge der Europäischen Währungsunion verschärften Wettbewerbs auf den Finanzmärkten bestrebt sind, ihre Marktanteile zu erhöhen, was wiederum zu einem Unternehmenswachstum geführt hat. Nachfolgend
wird auf die unterschiedlichen Facetten der strukturellen Veränderungen im Bankensektor eingegangen.
8
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
1.3
Konzentrationsprozesse im Bankensektor
Innerhalb Europas stellte sich die jüngere Entwicklung der Bankenlandschaft sehr
unterschiedlich dar. Hierbei hängt die in den einzelnen EU-Ländern beobachtete
Dynamik des Strukturwandels eng mit den jeweiligen strukturellen Ausgangsvoraussetzungen zusammen. In nahezu sämtlichen EU-Ländern hat sich zwar während
des vergangenen Jahrzehnts die Anzahl der Kreditinstitute beachtlich verringert, jedoch folgte die Anzahl der Bankstellen einem eher divergierenden Entwicklungsmuster (vergleiche Tabelle 1). Letztere hat sich nämlich in einigen Ländern – etwa
in Finnland, Spanien oder Italien – erhöht, während sie beispielsweise in Deutschland und den Niederlanden noch einmal deutlich zurückgegangen ist. Eine Ausnahme unter den EU-Ländern bildet Schweden, denn dort hat sich die Anzahl der
Banken wie auch die der Bankstellen kaum verändert. Grundsätzlich ist anzunehmen, dass der skizzierte Strukturwandel in hohem Maße aus Unternehmensübernahmen und Fusionen resultiert (vgl. EUROPÄISCHE ZENTRALBANK (2005a)).
Tabelle 1: Anzahl der Kreditinsitute und der Zweigstellen in ausgewählten EU-Ländern, 2000
und 2004
Anzahl der Kreditinstitute
2000
2004
Anzahl der Zweigstellen
2000
2004
Anzahl der Zweigstellen
je 1.000 Einwohner
2000
2004
Deutschland
2.742
2.148
56.936
45.505
69
55
Frankreich
1.099
897
25.657
26.370
42
45
Italien
861
787
28.177
30.946
49
53
Österreich
848
796
4.570
4.360
57
54
Polen*
711
653
4.080
5.006
11
13
Niederlande
586
461
5.983
3.649
38
22
Vereinigtes Königreich
491
413
14.756
14.001
25
23
Finnland
341
363
1.202
1.585
23
30
Spanien
368
346
39.311
40.621
98
96
Schweden
211
212
2.059
2.034
23
23
9.363
8.374
206.265
199.606
46
44
EU 25*
* für die EU-25 und Polen Werte für 2001 und 2004.
Quelle: Europäische Zentralbank (2005b).
Die Marktstruktur gestaltet sich in den betrachteten EU-Ländern ebenfalls sehr heterogen. Als Indikatoren für die Marktkonzentration dienen in der vorliegenden Untersuchung der aggregierte Anteil der fünf größten Kreditinstitute sowie der Herfindahl-
9
Finanzplatz Frankfurt – Akteure
Index des aggregierten Geschäftsvolumens der Kreditinstitute.1 Beide Indikatoren
weisen darauf hin, dass gerade in einigen kleineren EU-Ländern die Kreditwirtschaft
auf hoch konzentrierten Märkten operiert (siehe Tabelle 2). Genannt seien etwa
Finnland, die Niederlande oder Schweden. Besonders ausgeprägt ist die Marktkonzentration in den sehr kleinen EU-Ländern wie beispielsweise den baltischen Staaten, Zypern und Malta, jedoch auch in den Niederlanden, die im internationalen
Vergleich ein sehr wettbewerbsstarker Finanzstandort sind. Demgegenüber zeichnen sich Deutschland, Italien und das Vereinigte Königreich durch eine verhältnismäßig geringe Marktkonzentration in der Bankenlandschaft aus. (Vgl. hierzu EUROPÄISCHE ZENTRALBANK (2005b)).
Tabelle 2: Marktstruktur innerhalb des Bankensektors in ausgewählten EU-Ländern, 2000
und 2004
Aggregierter Anteil der 5 größten
Kreditinstitute am aggregierten
Geschäftsvolumen, v. H.
2000
2004
Deutschland
20
Frankreich
Herfindahl-Index des
aggregierten
Geschäftsvolumens der
Kreditinstitute
2000
2004
22
151
178
47
45
587
623
Italien
23
26
190
230
Österreich
43
44
548
552
Polen*
54
50
821
692
Niederlande
81
84
1.694
1.726
Vereinigtes Königreich
28
35
264
376
Finnland
87
83
2.050
2.680
Spanien
46
42
581
482
Schweden
57
54
800
854
EU 25*
38
40
506
569
* für EU 25 und Polen Werte für 2001 und 2004.
Quelle: Europäische Zentralbank (2005b).
Zu beachten ist hier allerdings, dass sich aus Angaben über die Marktstruktur nur
eingeschränkt Schlussfolgerungen über die tatsächliche Wettbewerbsintensität eines Marktes ziehen lassen. Hierzu sind zusätzliche Einblicke in das Marktverhalten
notwendig. Gleichwohl wurde in der jüngeren Vergangenheit im Rahmen verschie1
10
Der Herfindahl-Index wurde als Summe der quadrierten Anteilswerte der einzelnen Banken berechnet. Beispielsweise ist
gemäß der Definition der Wettbewerbsaufsicht in den USA ab einem Herfindahl-Index in Höhe von 1.800 von einem konzentrierten Markt auszugehen.
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
dener Studien untersucht, ob innerhalb der Bankenlandschaft die Marktstruktur einen merklichen Einfluss auf die Wettbewerbsintensität hat. Die hierbei von den Verfassern gewonnenen Untersuchungsergebnisse belegen, dass in den meisten EULändern die Kreditwirtschaft die Marktform einer monopolitischen Konkurrenz aufweist. In einem solchen Fall bieten die Banken zwar durchaus ähnliche, in der
Wahrnehmung der Kunden jedoch nicht gleiche Finanzprodukte an. Dies impliziert,
dass ein Nachfrager für einen bestimmten Anbieter bestimmte Präferenzen hat. Die
Differenzierung erfolgt hierbei vor allem über die Produktgestaltung, die Preissetzung oder die Werbung. Letztlich sind sich die Finanzprodukte aber so ähnlich, dass
sie in einer direkten Substitutionskonkurrenz zueinander stehen. Ferner kommen
mehrere Autoren zu dem Schluss, dass innerhalb des Bankensektors ein höherer
Konzentrationsgrad mit einer gesteigerten Wettbewerbsintensität einhergeht. Die
häufig von Vertretern der Kreditwirtschaft, aber auch von Politikern geäußerte Forderung, dass zur Erhöhung der Wettbewerbsintensität eine zunehmende Marktkonzentration unabdingbar sei, lässt sich mit dieser Folgerung durchaus begründen.
(Vgl. etwa BIKKER UND HAF (2002), S. 2191-2214; CLAESSENS UND LAEVEN (2004), S.
563-584.)
Im Hinblick auf den Strukturwandel im Bankensektor in Deutschland kann man
zwischen den einzelnen Gruppen von Banken deutliche Unterschiede erkennen.2
Bezüglich der Anzahl der Kreditinstitute wird auf der einen Seite deutlich, dass sich
insbesondere in der Gruppe der Genossenschaftsbanken und in weniger ausgeprägtem Maße in derjenigen der Sparkassen während der jüngeren Vergangenheit
die Anzahl der selbständigen Kreditinstitute deutliche verringerte. In der Gruppe der
Genossenschaftsbanken erfolgte im Zeitraum von 2000 bis 2004 ein Rückgang von
1.795 auf 1.338 Kreditinstitute und in der Gruppe der Sparkassen eine Verringerung
von 562 auf 477 Kreditinstitute, was einer Verminderung um 25 % bzw. 15 % entspricht. Die Zahl der Kreditbanken erhöhte sich hingegen merklich, und zwar von
314 im Jahre 2000 auf 356 im Jahre 2004. Dies hat seine Ursache vor allem in der
Ausdehnung der Präsenz der ausländischen Banken, deren Zweigstellen gegenwärtig zu zwei Dritteln in Hessen ansässig sind. Als Regionen, die auf ausländische
Kreditinstitute eine besondere Anziehungskraft ausüben, lassen sich eindeutig Hessen und Bayern identifizieren. So wurden im Laufe des Jahres 2004 von ausländischen Banken in Frankfurt 12 und in München 7 neue Zweigstellen eröffnet (vgl.
DEUTSCHE BUNDESBANK (2005a)).
Beachtlich ist auch die Entwicklung im Branchensegment der Kapitalanlagegesellschaften. Die Anzahl der Finanzunternehmen dieser Kategorie, die insbesondere
während der 1990er Jahre erheblich angestiegen war, ist seit 2000 wieder leicht zu-
2
Zu beachten ist hierbei, dass sich Deutsche Bundesbank und die Europäische Zentralbank bei ihren Analysen der Bankenlandschaft verschiedener Erhebungsmethoden bedienen.
11
Finanzplatz Frankfurt – Akteure
rückgegangen, nämlich von 81 auf derzeit 76, wovon knapp zwei Drittel auf Hessen
entfallen.
Tabelle 3: Entwicklung der Anzahl der Kreditinstitute in Deutschland und in Hessen von
1995 bis 2004
Deutschland
Kreditinstitute
Hessen
1995
2000
2004
1995
2000
3
4
4
3
3
3
259
223
224
93
71
78
Zweigstellen ausländischer Banken
47
87
128
69
58
85
Landesbanken
13
13
12
2
2
2
624
562
477
39
35
35
4
3
2
2
2
1
2.591
1.795
1.338
211
143
112
Realkreditinstitute
35
31
25
7
7
5
Banken mit Sonderaufgaben
17
15
18
8
5
5
Bausparkassen
35
31
27
5
4
4
Wohnungsunternehmen mit Spareinrichtung
39
39
42
2
2
2
Kapitalanlagegesellschaften
65
81
76
38
44
45
2
1
1
2
1
1
28
26
25
2
2
2
3.784
2.911
2.399
461
379
380
1
1
1
3.785
2.912
2.400
461
379
380
Großbanken
Regionalbanken und sonstige Kreditbanken
1)
Sparkassen
Genossenschaftliche Zentralbanken
Kreditgenossenschaften
Wertpapiersammelbanken
Bürgschaftsbanken
Insgesamt ohne Deutsche Postbank AG
Deutsche Postbank AG
Insgesamt einschl. Deutsche Postbank AG
1)
Einschließlich Wertpapierhandelsbanken und sonstige Kreditbanken.
2)
Genossenschaftsbanken zuzüglich sonstiger dem BVR angeschlossener Kreditinstitute.
2004
Quelle: Deutsche Bundesbank (verschiedene Jahrgänge).
Was die Anzahl der Bankzweigstellen anbelangt, so ist auch hier für nahezu sämtliche Kategorien von Kreditinstituten ein fortwährender Strukturwandel festzustellen,
denn die Ausdünnung des Zweigstellennetzes hat sich weiter fortgesetzt. Im Vergleich der Jahre 1995 und 2004 weisen die Großbanken mit einer relativen Verminderung um 39 % einen deutlicheren Rückgang der Zweigstellenzahl auf als die
Sparkassen und Genossenschaftsbanken, die eine Verringerung um jeweils 23 %
verzeichneten. Gleichwohl war in den vergangenen Jahren eine Verlangsamung
des Umstrukturierungsprozesses zu beobachten, denn während der jüngeren Vergangenheit sind die jährlichen Verringerungsraten zurückgegangen. (Vgl. hierzu
12
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
beispielsweise INITIATIVE FINANZSTANDORT DEUTSCHLAND (2005a), Finanzstandort
Bericht Nr. 1, S. 22 f.)
Tabelle 4: Entwicklung der Anzahl der Bankzweigstellen in Deutschland und in Hessen von
1995 bis 2005
Deutschland
Kreditinstitute
Hessen
1995
2000
2003
3.624
2.873
2.221
263
185
155
3.636
3.567
2.861
191
221
219
45
80
23
8
9
3
433
638
571
5
6
5
19.071
16.892
14.757
1.961
1576
1378
43
25
12
2
2
0
17.205
15.332
13.201
1.933
1.592
1.221
Realkreditinstitute
290
192
76
23
16
10
Banken mit Sonderaufgaben
139
18
31
16
4
4
3.721
3.677
2.822
260
233
183
Wohnungsunternehmen mit Spareinrichtung
2
2
3
0
0
0
Kapitalanlagegesellschaften
8
11
21
2
1
3
Wertpapiersammelbanken
6
0
0
0
0
0
Bürgschaftsbanken
1
0
0
0
0
0
Insgesamt ohne Deutsche Postbank AG
48.224
43.307
36.599
4.630
3.845
3.181
Deutsche Postbank AG
19.706
13.629
10.645
1.838
1.324
898
Insgesamt einschl. Deutsche Postbank AG
67.930
56.936
47.244
6.468
5.169
4.079
Großbanken
Regionalbanken und sonstige Kreditbanken
1)
Zweigstellen ausl. Banken 2)
Landesbanken
Sparkassen
Genoss. Zentralbanken
Kreditgenossenschaften
3)
Bausparkassen
1995
2000
2003
1)
einschließlich Wertpapierhandelsbanken und sonstige Kreditbanken.
2)
Außer der in Anlage 1 aufgeführten Zweigstellen (die erste Zweigstelle einer ausländischen Bank im Bundesgebiet wird
gem. § 53 Abs. 1 KWG als Kreditinstitut erfasst).
3)
Genossenschaftsbanken zuzüglich sonstiger dem BVR angeschlossener Kreditinstitute.
Quelle: Deutsche Bundesbank (verschiedene Jahrgänge).
Die Umgestaltung des Zweigstellenetzes geht einher mit organisatorischen Veränderungen, die vor allem Effizienzsteigerungen zum Ziel haben. Hierbei liegt das
Schwergewicht einerseits auf einer weiteren Straffung der technischen Abwicklung
und andererseits auf einer Ausdehnung und Professionalisierung des Beratungsangebotes für solche Kunden, welche für die Kreditinstitute ein lohnenswertes Geschäftspotential mit sich bringen. Letztlich geht es darum, die vor allem an den zentralen Standorten sehr kostspieligen Betriebskapazitäten in diejenigen Unterneh-
13
Finanzplatz Frankfurt – Akteure
mensbereiche zu lenken, welche die günstigste Relation zwischen Erträgen und
Aufwendungen aufweisen.
Am Finanzplatz Frankfurt hat sich während der vergangenen zehn Jahre die Bankenlandschaft ebenfalls merklich verändert. Auch wenn die Zahl der Banken, deren
Unternehmenssitz sich in Frankfurt befindet, seit 1995 in etwa konstant geblieben
ist, so hat sich doch die Anzahl der insgesamt am Standort ansässigen Kreditinstitute von 425 auf nunmehr 333 verringert. Gleichzeitig verzeichnete die Proportion der
Auslandsbanken einen Zuwachs, was sich allerdings teilweise auf Verlagerungsprozesse zurückführen lässt, denn die Zahl der Repräsentanzen ausländischer Banken
ging während des Untersuchungszeitraums zurück. Offenbar haben zahlreiche Auslandsbanken je nach Einschätzung der zukünftigen Geschäftsentwicklung ihre Repräsentanzen entweder geschlossen oder in eine Filiale bzw. Tochtergesellschaft
umgewandelt. Eine Rolle dürfte hierbei auch der oben skizzierte Konzentrationsprozess in zahlreichen Ländern gespielt haben.
Abbildung 1: Anzahl der Kreditinstitute am Finanzplatz Frankfurt
Banken in Frankfurt insgesamt
Banken mit Sitz in Frankfurt
Auslandsbanken
Banken mit Sitz außerhalb Frankkfurts
Repräsentanzen ausländischer Banken
0
1995
2000
2005
100
200
300
400
500
Anzahl
Quelle: Deutsche Bundesbank (2005h).
Unter den derzeit etwa 330 in Frankfurt operierenden Banken bilden die Auslandsbanken mit einer Anzahl von rund 150 eine sehr bedeutende Gruppe, wozu noch
die ungefähr 50 Repräsentanzen ausländischer Banken hinzuzuzählen sind. So ist
die Position Frankfurts als des am stärksten international geprägten Finanzzentrums
innerhalb Deutschlands unangefochten. Eine Ausnahme hiervon bilden allerdings
die Verflechtungen mit der arabischen Welt, denn die bedeutenden Banken dieses
Raumes präferieren offenbar bei ihrer Standortwahl Hamburg stärker als Frankfurt.
14
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Von den in Frankfurt präsenten Auslandsbanken sind etwa 50 aus anderen EULändern, 20 aus den USA und 5 aus Japan. Weitere 30 Banken haben ihre Mutterhäuser in anderen Industriestaaten und 25 sind in Schwellenländern oder Entwicklungsländern domiziliert. Am Finanzplatz Paris sind gegenwärtig etwa 180 ausländische Kreditinstitute ansässig. Im Vergleich zu Frankfurt weist der Finanzplatz London eine deutlich andere Struktur der Bankenlandschaft auf, denn von den dort ansässigen 280 Auslandsbanken entfallen rund 100 auf die EU, 35 auf die USA und
10 auf Japan. Knapp 50 der in London tätigen ausländischen haben ihre Konzernzentralen in anderen Industrieländern, und gut 80 sind den Schwellenländern und
Entwicklungsländern zuzuordnen. Der Anteil dieser Bankengruppe beläuft sich also
in London auf etwa 30 %, verglichen mit 20 % in Frankfurt.3
Die Dynamik des Finanzzentrums London lässt sich auch in historischer Perspektive vor allem im Hinblick auf die Anzahl der dort präsenten Banken („Banks known in
London“) aufzeigen. Dies sei anhand von einigen historischen Daten noch einmal
verdeutlicht. So waren am Bankplatz London im Jahre 1912 1.211 Bankhäuser tätig,
1938 waren es bereits 2.445. Hiervon entfiel zu beiden Vergleichszeitpunkten etwa
die Hälfte auf europäische Finanzinstitute. Von Mitte der vierziger Jahre bis zum
Ende der sechziger Jahre hatte sich jedoch die Anzahl der in London präsenten
ausländischen Bankhäuser signifikant vermindert, nämlich auf 110, um dann jedoch
wieder merklich anzusteigen. Bemerkenswert ist hierbei der sich langfristig vollziehende Wandel des geographischen Schwerpunktes des Londoner Bankgeschäftes,
denn während der vergangenen drei Jahrzehnte ging der prägnante Bedeutungsgewinn europäischer Finanzhäuser einher mit einem merklichen Rückgang des zahlenmäßigen Gewichtes asiatischer und US-amerikanischer Banken, wozu allerdings
auch die zahlreichen Fusionen und Übernahmen innerhalb der USA beitrugen. Wie
in der Vergangenheit, so ist auch in der Gegenwart das bedeutendste in der City of
London betriebene Geschäftsfeld das Wholesale Banking und weniger das Retail
Banking, auch wenn gerade britische Banken in letzterem Marktsegment sehr erfolgreich sind. Darüber hinaus gehört London neben New York und Chicago zu den
weltweit drei bedeutendsten Zentren des Rohstoffhandels (vgl. MITCHIE, R. C. (2000,
Hrsg.)).
Aus alledem wird einmal mehr die weltweit herausragende Stellung des Finanzplatzes London deutlich. Dies gilt ebenfalls für die engen wirtschaftlichen Verflechtungen mit den Ländern Afrikas, Südasiens und des Nahen Ostens, die insbesondere
aus dem ehemaligen Status als Hauptstadt des Britischen Weltreiches resultieren.
Auf die Auslandsverflechtungen des Finanzplatzes Paris trifft dies in ähnlicher,
wenngleich abgeschwächter Weise zu. Vor allem Banken aus nord- bzw. westafrikanischen Ländern sind nämlich in ausgeprägtem Maße auf den Standort Paris fo3
Vgl. hierzu vor allem die Angaben des Verbandes der Auslandsbanken in Deutschland, der Vereinigung der Repräsentanten ausländischer Banken in Deutschland und der Association of Foreign Banks der City of London.
15
Finanzplatz Frankfurt – Akteure
kussiert, wozu nicht zuletzt ein auf der Verrechnungswährung CFA-Franc basierender gemeinsamer Währungsraum beigetragen hat. Nicht zu vergessen sind hier
auch die historisch bedingten Beziehungen zu Südostasien. Im Vergleich hierzu hat
der Finanzplatz Frankfurt generell eine weitaus schwächere internationale Verankerung. Zudem befindet sich das Geschäft mit den “Commodities“ in Deutschland
noch in den Kinderschuhen. Die derzeit einzige deutsche Börse für Warentermingeschäfte hat ihren Standort nicht in Frankfurt, sondern in Hannover.
1.4
Internationalisierung im Bankensektor
In den vergangenen Jahren war die Kreditwirtschaft durch eine zunehmende Internationalisierung geprägt. Dies erfolgt in zweierlei Hinsicht. Zum einen können
Banken Dienstleistungen grenzüberschreitend anbieten, falls die rechtlichen Voraussetzungen hierfür gegeben sind. Beispiele hierfür sind die Gewährung von Krediten an ausländische Kunden oder das Angebot von Beratungsleistungen im Ausland. Zum anderen können Banken durch Direktinvestitionen ihre Präsenz auf ausländischen Märkten über die Einrichtung von Niederlassungen bzw. Tochtergesellschaften oder die Kapitalbeteiligung an ortsansässigen Kreditinstituten verstärken.
Offensichtlich haben die deutschen Kreditinstitute in jüngerer Zeit auf beide hier genannten Arten ihre Geschäftstätigkeit in anderen Ländern ausgeweitet. So hat sich
in den vergangenen fünf Jahren die Summe der grenzüberschreitenden Forderungen und Verbindlichkeiten deutscher monetärer Finanzinstitute (ohne Deutsche Bundesbank) um ein Drittel erhöht. Ende 2004 betrugen die Forderungen inländischer Banken an das Ausland etwa 1,5 Billionen Euro, die Verbindlichkeiten lagen bei knapp 1 Billion Euro. Von den Forderungen resultierten ungefähr zwei Drittel aus Geschäftsbeziehungen innerhalb der EU, wovon wiederum ein Drittel dem
Vereinigten Königreich zuzurechnen war. Jeweils ein Fünftel des Geschäftsvolumens bezog sich auf die USA bzw. auf weitere westliche Industrieländer. Auf die
Off-Shore-Finanzzentren entfielen gut 6 % der Forderungen (vgl. DEUTSCHE BUNDESBANK (2005b), S. 29-41).
Die ausländischen Direktinvestitionsbestände deutscher Banken folgten ebenfalls einer dynamischen Entwicklung. So beliefen sich die Direktinvestitionsbestände
der deutschen Banken, die 1999 noch bei 54 Mrd. Euro gelegen hatten, Ende 2002
auf 100 Mrd. Euro. Hiervon entfiel ungefähr die Hälfte auf die USA und ein Drittel
auf andere EU-Länder. Darunter war wiederum ein Drittel im Vereinigten Königreich
investiert, was einmal mehr die herausragende Bedeutung des Finanzplatzes London für die deutsche Kreditwirtschaft unterstreicht. Diese Gewichtung schlug sich
auch in der Standortwahl nieder. Weit mehr als 300 der insgesamt 1.400 Tochtergesellschaften und Niederlassungen haben ihren Sitz in den USA, rund 250 sind im
Vereinigten Königreich domiziliert. Weitere begehrte Standorte sind Luxemburg,
Frankreich, Österreich, die Niederlande und Polen. Insgesamt beschäftigen die
16
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
deutschen Banken derzeit etwa 160.000 Mitarbeiter im Ausland, wovon allein
35.000 in den USA und 20.000 im Vereinigten Königreich tätig sind. Als Bestimmungsgrößen für die Auslandsinvestitionen deutscher Banken sind vor allem die
Größe des Zielmarktes und das bilaterale Außenhandelsvolumen mit dem jeweiligen
Zielland anzusehen (vgl. BUCH, C. M. UND LIPPONER, A. (2004)).
Eine weitere wichtige Facette ist das fortwährende Wachstum der am Markt operierenden Kreditinstitute. Dieses vollzieht sich entweder über ein endogenes Unternehmenswachstum oder durch – auch grenzüberschreitender – Fusionen bzw. Übernahmen.4 Innerhalb Europas waren während der jüngeren vergangenen Vergangenheit nicht allzu zahlreiche grenzüberschreitende Mergers and Acquisitions
zu verzeichnen, denn die Anzahl der Transaktionen lag im Mittel der Jahre 2000 bis
2004 bei 34, verglichen mit einer durchschnittlichen Gesamtzahl der rein inländischen Transaktionen von 77. Gleichwohl haben sich vor allem innerhalb des Benelux-Raumes und Skandinaviens einige regionale Cluster herausgebildet. Analoges
gilt für Mittel- und Osteuropa, wo sich vor allem österreichische, französische und italienische Banken engagieren. Zu nennen sind hier ferner schwedische und belgische Kreditinstitute.
In den einzelnen EU-Ländern war der Konzentrationsprozess innerhalb der Bankbranche sehr unterschiedlich ausgeprägt (vergleiche Tabelle 5).
Tabelle 5: Jährliche Anzahl der Mergers and Acquistions in der Kreditwirtschaft in
ausgewählten EU-Ländern, 2000 bis 2004
2000
2001
2002
2003
2004
Deutschland
10
9
8
14
11
Frankreich
10
12
12
8
11
Italien
31
24
23
22
13
Österreich
5
1
3
0
1
Polen
*
6
5
1
2
Niederlande
0
2
2
2
2
Vereinigtes Königreich
1
13
12
10
13
Finnland
0
0
2
0
0
Spanien
7
5
3
4
1
Schweden
0
1
1
1
1
86
93
75
73
60
EU 25
* Wert für 2000 nicht verfügbar.
Quelle: Europäische Zentralbank (2005b).
4
Ein aktuelles Beispiel für die derzeitigen Veränderungen in der deutschen Bankenlandschaft ist die Übernahme der Eurohypo durch die Commerzbank, die hierdurch innerhalb Deutschlands zur zweitgrößten Bank wird, nachdem sie selber über zwei Jahrzehnte hinweg immer wieder als potenzieller Übernahmekandidat gegolten hat.
17
Finanzplatz Frankfurt – Akteure
Besonders zahlreiche M&A-Transaktionen waren in den großen EU-Ländern zu beobachten, was aufgrund der dortigen Größenordnungen der Bankbranche auch zu
erwarten wäre. Darüber hinaus fällt auf, dass sich in Spanien und Italien der Konzentrationsprozess über den Untersuchungszeitraum hinweg merklich verlangsamt
hat, während im Vereinigten Königreich und in Deutschland eine eher unstetige
Entwicklung zu verzeichnen war.
1.5
Bedeutung der Banken für die Arbeitsmärkte
Der Strukturwandel in der Bankenlandschaft spiegelt sich auch in der Beschäftigung
wider. Dies kann man insbesondere daran erkennen, dass in jüngerer Zeit in sämtlichen EU-Ländern die Anzahl der Bankbeschäftigten beachtlich zurückgegangen
ist (vergleiche Tabelle 6). Im Vergleich der Jahre 2000 und 2004 war hierbei der
Beschäftigtenabbau in den Niederlanden mit einer relativen Verminderung von 11 %
am umfangreichsten, gefolgt von Polen mit 10 % und Deutschland mit 8 %. Diese
Verminderung der Beschäftigtenzahl lässt sich vor allem mit der hohen Wettbewerbsintensität und dem fortwährenden Konzentrationsprozess begründen. Schließen sich mehrere Kreditinstitute zusammen, so hat dies nämlich in der Regel einen
Arbeitsplatzabbau zur Folge
Tabelle 6: Anzahl der Bankbeschäftigten in ausgewählten EU-Ländern, 2000 und 2004
Anzahl der Bankbeschäftigten
Anzahl der Bankbeschäftigten je Zweigstelle
Vermögensbestände je
Beschäftigten, Tsd. Euro
Veränderung
2000/2004
2000
2004
in v. H.
2000
2004
2000
2004
Deutschland
775.800
712.300
-8,2
13,6
15,7
7.816
9.244
Frankreich 1)
415.979
425.041
2,2
16,2
17,1
8.420
9.397
Italien
344.348
336.979
-2,1
12,2
10,9
5.143
6.753
73.648
72.858
-1,1
16,1
16,7
7.168
8.720
165.225
149.610
-9,5
40,5
29,9
808
882
Niederlande
129.294
115.283
-10,8
21,6
31,6
8.886
14.552
Vereinigtes Königreich
482.836
511.455
5,9
32,7
36,5
10.827
13.628
Finnland
25.167
25.377
0,8
20,9
16,0
5.086
8.371
Spanien
243.172
246.006
1,2
6,2
6,1
4.626
6.981
41.995
39.181
-6,7
20,4
19,3
10.350
14.878
3.177.779
3.057.528
-3,8
15,4
15,3
7.768
11.077
Österreich
Polen
2)
Schweden
EU 25 2)
1)
Für Frankreich Werte für 2002 und 2003.
2)
Für EU 25 und Polen Werte für 2001 und 2004. Die Verhältniszahlen für EU 25 wurden jeweils als ungewogenes arithmetisches Mittel
berechnet.
Quelle: Europäische Zentralbank (2005b).
18
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Im Hinblick auf die Anzahl der Beschäftigten je Bankstelle liegt Deutschland im
Mittelfeld der hier untersuchten Länder. Ferner lässt sich für diesen Strukturindikator
keine eindeutige Entwicklungsrichtung feststellen, denn er ist in einigen Ländern
gestiegen und in anderen wiederum gesunken, was man teilweise mit dem Verlauf
des Strukturwandels erklären kann. In solchen Ländern, in denen der Strukturwandel schon weit vorangeschritten ist, nimmt offenbar der Beschäftigtenbesatz je
Zweigstelle zu, während er in Ländern, die sich noch in einer frühen Phase des
Strukturwandels befinden, abnimmt.
Das Volumen der Vermögensbestände je Bankbeschäftigten unterlag im Vergleich zwischen 2000 und 2004 einem erheblichen Zuwachs. Dieser fiel in den Niederlanden und in Finnland mit einer relativen Veränderung um jeweils etwa 64 %
besonders deutlich aus, während er in Deutschland mit 18 % eher moderat war. Allerdings weisen die Banken in Deutschland derzeit im europäischen Vergleich je
Beschäftigten eine verhältnismäßig hohe Vermögensausstattung auf. Bemerkenswerterweise ist für einige Länder, in denen die Arbeitsintensität des Bankgeschäfts
schon im Jahre 2000 vergleichsweise niedrig war – wie beispielsweise in den Niederlanden und in Schweden – trotz alledem ein überproportionaler Anstieg der Aktiva je Beschäftigten zu verzeichnen.
Was die Anzahl der bei den Frankfurter Kreditinstituten Beschäftigten anbelangt, so
hatte diese im Jahre 2002 einen Spitzenwert von 80.000 erreicht. Seitdem hat sie
sich wieder auf 73.000 ermäßigt, was einem Anteil von etwa zwei Dritteln der gegenwärtig in Hessen insgesamt in diesem Wirtschaftsbereich Beschäftigten entspricht. Analog hierzu sind in jüngerer Zeit der Anteil der Frankfurter Bankbeschäftigten an sämtlichen Beschäftigten in Frankfurt und der Anteil an sämtlichen Bankbeschäftigten in Deutschland gleichermaßen zurückgegangen. Beide Anteilswerte
liegen derzeit bei etwa 10 %. Die relative Bedeutung der Banken als Arbeitgeber in
Frankfurt hat sich also leicht ermäßigt. In Deutschland insgesamt bewegte sich während des Untersuchungszeitraums der Anteil der Anteil der Bankbeschäftigten an
der Gesamtbeschäftigung zwischen 2,7 % und 2,8 %.
19
Finanzplatz Frankfurt – Akteure
Abbildung 2: Anzahl der Beschäftigten bei den Frankfurter Kreditinstituten, 1995 bis 2004
Tsd. Beschäftigte
Anteil in v. H.
100
12
80
10
8
60
6
40
4
20
2
0
0
1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004
Bankbeschäftigte in Frankfurt, linke Skala
Anteil an sämtlichen Bankbeschäftigten in Deutschland, rechte Skala
Anteil an sämtlichen Beschäftigten in Frankfurt, rechte Skala
Quelle: Deutsche Bundesbank (2005h).
Aus den hier skizzierten Entwicklungen lässt sich schließen, dass auch in Zukunft
die strukturellen Veränderungen innerhalb des deutschen Kreditgewerbes weiter voranschreiten werden. Der langfristige Trend geht offenkundig in Richtung größerer
Bankstellen, einhergehend mit einer Ausdünnung des Bankstellennetzes. Dieser
Prozess wird begleitet von einer fortwährenden Verringerung der Arbeitsintensität.
Vor dem Hintergrund der mittlerweile sehr hohen Wettbewerbsintensität des Bankgeschäfts werden diese Entwicklungen den Finanzplatz Frankfurt in besonderer
Weise tangieren, denn gerade in den Zentralen und Hauptniederlassungen der Kreditwirtschaft werden aufgrund der starken räumlichen Bündelung von Verwaltungsund Back-Office-Tätigkeiten Rationalisierungspotentiale sehr zügig erkannt, was i.
d. R. einen weiteren Abbau von Arbeitsplätzen nach sich zieht.
Darüber hinaus vollziehen sich hinsichtlich der Arbeitsplätze im Finanzsektor innerhalb des Rhein-Main-Raumes ähnliche Verlagerungsprozesse, wie sie auch in anderen europäischen Ballungsräumen zu beobachten sind. Beispielsweise siedeln
sich – und dies vor allem wegen der hohen Arbeitskosten und Immobilienpreise –
vornehmlich arbeitsintensive Unternehmensbereiche der Finanzindustrie sukzessive
auf peripher gelegenen Standorten Londons bzw. Südostenglands, aber auch Mittelenglands und Nordenglands an. Im Ballungsraum Paris verlagern sich derartige
Unternehmenszweige sukzessive aus der Kernstadt an andere verkehrsräumlich
gut angebundene Standorte der Region Ile de France. Auch in der Region München
sind schon seit langem Verlagerungen von Arbeitsplätzen in das Umland zu beobachten. Analog hierzu entwickelten sich innerhalb des Rhein-Main-Gebiets wäh-
20
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
rend der vergangenen zwei Jahrzehnte einige Nachbarstädte Frankfurts zu regionalen Beschäftigungszentren des Finanzsektors (vergleiche Abbildung 3).
Abbildung 3: Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Wirtschaftsbereich
Finanzierung, Vermietung und Unternehmensdienstleistungen in ausgewählten
Städten der Rhein-Main-Region, 2000 und 2004
178.000
182.400
Frankfurt
Offenbach
Eschborn
Hanau
Bad Homburg
Neu-Isenburg
Oberursel
Bad Vilbel
Kronberg i. Ts.
0
2000
2.000 4.000 6.000 8.000 10.000 12.000 14.000 16.000
2004
Anzahl
Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt (verschiedene Jahrgänge).
In jüngerer Zeit stellten sich diese Suburbanisierungsprozesse jedoch vielschichtig
dar. Ein Vergleich der Anzahl der Beschäftigten im Wirtschaftsbereich Finanzierung,
Vermietung und Unternehmensdienstleistungen5 in verschiedenen Städten der
Rhein-Main-Region verdeutlicht nämlich, dass in den vergangenen fünf Jahren vor
allem Hanau, Neu-Isenburg und Bad Vilbel von Arbeitsplatz-Ansiedlungen profitieren konnten. Im Vergleich der Jahre 2000 und 2004 nahm etwa in Hanau die Anzahl
der Beschäftigten von 7.500 auf 10.900 zu, in Neu-Isenburg stieg sie von 4.600 auf
7.000. In Frankfurt war hingegen eine Abnahme der Beschäftigtenzahl von 182.400
auf 178.800 zu verzeichnen. Allerdings musste offenbar auch die Gemeinde Eschborn, in der noch während der jüngeren Vergangenheit bedeutende Unternehmensansiedlungen der Finanzbranche zu beobachten waren, Arbeitsplatzverluste hinnehmen. Alles in allem ist zu konstatieren, dass sich Frankfurt offenbar trotz spezifischer Rahmenbedingungen – wie etwa die höchsten Büromieten und den höchsten
5
Diese Kategorie lässt sich in etwa mit den für den Finanzplatz London ausgewiesenen “City-Type Jobs“ vergleichen. Die
Anzahl der zu dieser Kategorie zählenden Beschäftigten belief sich in London im Jahre 2004 auf 316.000 (vgl. Center for
Economics and Business Research (2005).
21
Finanzplatz Frankfurt – Akteure
Gewerbesteuerhebesatz – innerhalb der Rhein-Main-Region recht gut im Standortwettbewerb behaupten kann.
1.6
Ertragssituation der Banken
Die Erträge der Kreditwirtschaft stellen das Resultat der Geschäftstätigkeit dar und
sind folglich ein maßgeblicher Indikator für die Bewertung des unternehmerischen
Erfolgs. Insbesondere ist dies bei den privaten Banken der Fall, und zwar vor allem
bei den Großbanken, deren Börsenwert sich sehr eng an der Gewinnentwicklung
orientiert. Im Unterschied hierzu gelten für die Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen
Kreditinstitute auch noch andere Beurteilungskriterien wie etwa die Erfüllung kommunaler Aufgaben, so dass die Gewinnentwicklung nicht der vorrangige Bewertungsmaßstab ist. (Vgl. hierzu etwa ENGERER, H., SCHROTEN, M. (2005).) Die Ertragslage der deutschen Kreditinstitute hat sich zwar während der vergangenen
zwei Jahre stabilisiert, von einer Trendwende kann jedoch noch nicht gesprochen
werden. Insgesamt erwirtschaftete die Kreditwirtschaft in Deutschland im Jahre
2004 ein Betriebsergebnis von 22,7 Mrd. Euro, verglichen mit 17,3 Mrd. Euro im
Jahre 2003. Diese Erhöhung kann man vor allem auf eine Absenkung der Wertberichtigungen zur Risikovorsorge zurückführen, die sich wiederum teilweise mit einer
zurückgegangenen Zahl der Unternehmensinsolvenzen begründen lässt.
Was das jeweilige aggregierte Betriebsergebnis in den einzelnen Bankengruppen
anbelangt, so belief sich dieses im Jahre 2004 bei den Großbanken auf 6,8 Mrd.
Euro (4,8 Mrd. Euro in 2003) und bei den Landesbanken auf 5,0 Mrd. Euro (2,3 Mrd.
Euro), bei den Sparkassen auf 4,4 Mrd. Euro (4,6 Mrd. Euro) und bei den Kreditgenossenschaften auf 2,8 Mrd. Euro (2 Mrd. Euro). Somit konnten die Großbanken
und die Landesbanken überproportionale Steigerungen des Betriebsergebnisses
erzielen, während bei den Sparkassen eine Abnahme zu beobachten war (vgl.
DEUTSCHE BUNDESBANK (2005f), S. 15-44).
Die verbesserte Ertragssituation spiegelt sich auch im Verhältnis zwischen Aufwendungen und Erträgen wider. Die auf das operative Bankgeschäft bezogene Aufwand/Ertrag-Relation hat sich nämlich im Jahresvergleich 2003/2004 in der gesamten deutschen Kreditwirtschaft von 66,5 % auf 65,5 % verringert (siehe Tabelle
7). Besonders deutlich war die Verminderung bei den Genossenschaftlichen Zentralbanken und den Regionalbanken. Im Gegensatz hierzu verzeichneten die Großbanken und die Landesbanken sogar einen leichten Anstieg der Aufwand/ErtragRelation.
22
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Tabelle 7: Entwicklung der Aufwand/Ertrag-Relation in Deutschland
Allgemeine Verwaltungsaufwendungen in Relation zu den Erträgen aus
dem operativen Bankgeschäft 1)
Kreditinstitute
2000
2001
2002
2003
2004
Großbanken 2)
79,0
83,8
77,9
79,5
80,8
Regionalbanken und sonstige Kreditbanken
70,2
75,4
69,2
66,9
62,2
Zweigstellen ausl. Banken
74,1
56,1
57,8
53,6
55,4
Landesbanken
55,9
57,1
56,1
53,1
53,5
Sparkassen
68,9
69,9
68,5
66,4
64,9
Genoss. Zentralbanken
51,8
62,5
52,5
63,1
59,1
Kreditgenossenschaften
74,5
76,7
73,1
69,6
68,7
Realkreditinstitute
31,4
33,4
35,6
37,8
35,0
Banken mit Sonderaufgaben
29,7
30,4
31,4
32,8
35,4
Alle Bankengruppen
68,4
71,4
67,2
66,5
65,5
1)
Die Erträge aus dem operativen Bankgeschäft errechnen sich aus dem Rohertrag zuzüglich Netto-Ergebnis aus Finanzgeschäften sowie
Saldo der sonstigen betrieblichen Erträge und Aufwendungen.
2)
Seit 2004 ordnet die Deutsche Bundesbank die Deutsche Postbank AG im Rahmen der Ertragsberechnungen der Kategorie „Großbanken“
zu.
Quelle: Deutsche Bundesbank (verschiedene Jahrgänge).
Die Differenzen in der Ertragsentwicklung haben ihre Ursache nicht zuletzt darin,
dass in den verschiedenen Bankengruppen die Erträge und Aufwendungen in ganz
unterschiedlichem Maße aus den einzelnen Sparten des Bankgeschäfts herrühren.
So erwirtschafteten die Sparkassen und Kreditgenossenschaften im Jahre 2004 ihre
Überschüsse im operativen Geschäft zu jeweils etwa drei Vierteln aus der Zinsspanne, wohingegen der entsprechende Anteil bei den Großbanken lediglich bei
rund 60 % lag (vergleiche Abbildung 4). Im Unterschied hierzu resultierten die Überschüsse der Großbanken zu einem Drittel, diejenigen der Sparkassen und Kreditgenossenschaften jedoch nur zu knapp 20 % aus Provisionsüberschüssen. Dies
verdeutlicht wiederum, dass die verschiedenen Bankgruppen von den Entwicklungen auf den Finanzmärkten in sehr heterogener Weise tangiert werden. Verändert
sich beispielsweise das Zinsgefüge, so trifft dies die Genossenschaftsbanken und
die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute stärker als die privaten Großbanken. Umgekehrt haben die Entwicklungen auf den Aktienmärkten besonders gravierende Folgewirkungen auf die private Kreditwirtschaft, denn diese hängt in vergleichsweise
hohem Maße von Provisionserträgen aus dem Wertpapiergeschäft und dem Investment Banking ab.
23
Finanzplatz Frankfurt – Akteure
Abbildung 4: Relatives Gewicht einzelner Ertrags- und Aufwandspositionen in unterschiedlichen
Bankengruppen, 2004
Großbanken
Regionalbanken
Landesbanken
Sparkassen
Genossenschaftliche Zentralbanken
Kreditgenossenschaften
Realkreditinstitute
-20
0
20
40
Saldo aus den sonstigen betrieblichen Erträgen und Aufwendungen
Netto-Ergebnis aus Finanzgeschäften
Provisonsüberschuss
Zinsüberschuss
60
80
100
Anteil in v. H.
Quelle: Deutsche Bundesbank (2005f).
Ein weiteres Bewertungskriterium für die Ertragsstärke des Bankensektors ist die
Eigenkapitalrentabilität. Bedingt durch eine vergleichsweise günstige Geschäftsentwicklung belief sich diese im Jahr 2004 innerhalb der gesamten deutschen Kreditwirtschaft auf 4,2 %, nachdem sie im Jahr zuvor noch 0,7 % betragen hatte (siehe
Tabelle 8).
Tabelle 8: Entwicklung der Eigenkapitalrentabilität der Banken in Deutschland 1)
Kreditinstitute
2000
2001
2002
2003
2004
Großbanken 2)
6,34
4,96
-3,14
-12,85
-3,97
11,58
4,13
8,99
4,53
5,67
8,14
4,78
2,80
-4,25
1,07
Sparkassen
13,39
9,16
8,15
10,89
9,86
Genoss. Zentralbanken
12,95
4,43
4,56
0,66
2,91
Kreditgenossenschaften
8,59
7,46
9,68
10,64
10,23
Realkreditinstitute
5,89
8,92
9,12
5,34
3,32
Alle Bankengruppen
9, 32
6,19
4,49
0,7
4,21
Regionalbanken und sonstige Kreditbanken
Landesbanken
1)
Berechnet als Relation zwischen dem Jahresüberschuss vor Steuern und dem durchschnittlichen Eigenkapital eines Jahres.
2)
Seit 2004 ordnet die Deutsche Bundesbank die Deutsche Postbank AG im Rahmen der Ertragsberechnungen der Kategorie „Großbanken“ zu.
Quelle: Deutsche Bundesbank (2005f).
24
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Diese ansteigende Entwicklungsrichtung war zwar in allen Teilen der Kreditwirtschaft zu beobachten, es existieren jedoch gravierende Niveauunterschiede. Die
Eigenkapitalrentabilität lag nämlich im genossenschaftlichen Bankwesen bei 10,2 %
und im Sparkassensektor bei 9,9 %, während sie bei den Großbanken sogar im negativen Bereich lag.
Trotz der hier aufgezeigten Ertragsverbesserungen weisen die deutschen Banken
gleichwohl im internationalen Vergleich immer noch eine sehr geringe Eigenkapitalrentabilität auf. Nimmt man beispielsweise die mittlere Eigenkapitalrentabilität der
jeweils fünf größten Bankgruppen innerhalb eines Landes zum Maßstab, so zeichnen sich gegenwärtig vor allem die Banken der Benelux-Länder, der Schweiz und
des Vereinigten Königreichs durch eine überproportionale Ertragsstärke aus (vgl.
DAUCHY, C. UND GOUTEROUX, C. (2005), S. 61-73). (Siehe Abbildung 6.)
Abbildung 5: Entwicklung der Eigenkapitalrentabilität der jeweils fünf größten Bankkonzerne in
ausgewählten Ländern
Benelux-Raum
Schweiz
Vereinigtes Königreich
USA
Spanien
Frankreich
Italien
Japan
Deutschland
2003
2004
-10
-5
0
5
10
15
20
25
v. H.
Quelle: Dauchy, C., und Gouteroux, C. (2005).
Im Jahre 2004 belief sich die betreffende Eigenkapitalrentabilität im Benelux-Raum
auf 20,7 % und in der Schweiz auf 17,8 %, während sie in Deutschland lediglich bei
2,1 % lag. Immerhin konnten sich die hier berücksichtigten deutschen Bankengruppen in den Bereich einer positiven Rentabilität bewegen. Gleichwohl ist der Abstand
zu den Banken in den meisten der hier erörterten Länder nach wie vor sehr groß.
Hierbei stellt sich die Frage, auf welche Weise sich dies ändern ließe. So haben die
deutschen Kreditinstitute in jüngerer Zeit ihre Wettbewerbsfähigkeit vor allem durch
eine Senkung der Verwaltungsaufwendungen erhöht. Langfristig ist es jedoch un25
Finanzplatz Frankfurt – Akteure
abdingbar, dass auch auf der Ertragsseite neuartige Potentiale ausgeschöpft werden. Dies kann in mehrfacher Hinsicht erfolgen, so etwa über eine Verlagerung der
Geschäftsfelder, die Adaption bereits gängiger Finanzprodukte oder Produktinnovationen.
1.7
Fazit
Derzeit ist in sämtlichen europäischen Ländern ein Strukturwandel in der Bankenlandschaft zu beobachten. Dieser manifestiert sich in mehrfacher Hinsicht, und zwar
bei einem langfristig steigenden Geschäftsvolumen vor allem in einem Rückgang
der Anzahl der Kreditinstitute, der Zweigstellen wie auch der Bankbeschäftigten.
Gleichzeitig erhöhte sich die Wettbewerbsintensität auf den europäischen und weltweiten Finanzmärkten. In einigen Ländern hat sich die jährliche Anzahl der Fusionen und Übernahmen innerhalb der europäischen Bankenlandschaft deutlich verringert, so dass sich zukünftig von dieser Seite her der Konzentrationsprozess eher
verlangsamen dürfte.
Am Finanzplatz Frankfurt vollzogen sich in jüngerer Zeit analoge Entwicklungen,
während gleichzeitig die internationalen Geschäftsbeziehungen der Frankfurter
Banken deutlich zugenommen haben. Nach wie vor ist am Standort Frankfurt zudem eine ausgeprägte Präsenz ausländischer Kreditinstitute zu beobachten. Hier ist
allerdings zu erwähnen, dass sich die internationalen Verflechtungen der RheinMain-Region auch in Bezug auf andere Branchen deutlich intensiviert haben, der
Finanzsektor insofern also keine Ausnahme darstellt. Zu beachten ist ferner das
nach wie vor sehr hohe Gewicht dieses Wirtschaftszweiges auf dem Frankfurter Arbeitsmarkt. Nimmt man allein die Zahl der Bankbeschäftigen zum Maßstab, so machen diese gegenwärtig etwa ein Zehntel aller Frankfurter Beschäftigten aus.
Die genannten Strukturveränderungen hängen eng mit der gegenwärtigen Ertragssituation der Banken zusammen. Auch wenn sich diese in Deutschland während der
vergangenen Jahre etwas entspannt hat, so stellt sie sich doch im Vergleich zu anderen Ländern immer noch als zu gering dar. Zwar sind aufgrund der zunehmenden
Ausdünnung des Zweigstellennetzes und der Umstrukturierung der Geschäftsprozesse für die nähere Zukunft weitere Kostensenkungen zu erwarten. Es fragt sich
allerdings, ob dies langfristig ausreicht, damit die deutsche Kreditwirtschaft zu der in
früheren Zeiten beobachteten Ertragsstärke zurückfinden wird. Zu diesem Zweck
sind wohl zusätzliche strukturelle Anpassungen unausweichlich. Bei einer fortwährenden Zunahme der Arbeitsproduktivität werden sich diese wohl nicht zuletzt über
einen weiteren Arbeitsplatzabbau vollziehen, der vor allem im Abwicklungsbereich
von weiteren Auslagerungen ganzer Unternehmensteile begleitet werden dürfte.
Generell ist für die Zukunft von einer forcierten Standardisierung und Industrialisierung des Bankgeschäfts auszugehen. Eine weitere wichtige Maßnahme ist die Ver-
26
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
besserung der unternehmensinternen Risikokalkulation, zu der die Banken ja schon
aufgrund der mit den Basel II-Richtlinien verbundenen Eigenkapitalvorschriften angehalten sind.
Für die politischen Akteure stellt sich die Frage, wie sie den Strukturwandel im Bankensektor begleiten sollen bzw. können. Grundsätzlich wären Maßnahmen in dreierlei Richtungen denkbar, nämlich zum ersten eine Abbremsung des Strukturwandels,
zum zweiten eine moderate Begleitung und zum dritten eine Forcierung. Vor dem
Hintergrund der gravierenden Veränderungen auf den internationalen Finanzmärkten erscheint die erstere Option gleichsam aussichtslos, ganz zu schweigen von
anderen ordnungspolitischen Einwänden, die sich gegen eine sozusagen „künstliche“ Strukturkonservierung vorbringen ließen. Die Option einer moderaten Begleitung des Veränderungsprozesses erscheint da weitaus naheliegender. So ließe sich
auch in Deutschland nach dem Beispiel anderer Länder eine Reform des Bankensektors durchführen. Ein prägnantes Beispiel hierfür bietet Italien, wo während der
1990er Jahre weite Teile des öffentlich-rechtlichen Bankwesens privatisiert wurden.
Was die generellen Möglichkeiten zur politischen Beeinflussung der Bankenstruktur
anbelangt, so liegen diese zu einem großen Teil bei den Regulierungs- und Aufsichtsgremien der EU. Demnach sind die unmittelbaren Gestaltungsspielräume des
Landes Hessen eher begrenzt, jedoch lässt sich mittelbar über eine gezielte Interessenwahrnehmung auf die europäische Regulierungspolitik Einfluss nehmen.
27
Finanzplatz Frankfurt – Akteure
2
Die Börsen am Finanzplatz Frankfurt
2.1
Marktkapitalisierung der Börsen im internationalen Vergleich
Ende 2004 wurden an den Börsen der Welt Aktien von insgesamt 38.000 Unternehmen gehandelt. Der zusammengefasste Marktwert aller Unternehmensaktien erreichte die gigantische Summe von 37,2 Billionen US-Dollar. Das Rekordergebnis
des Jahres 1999 von 35 Billionen US-$ konnte damit erstmals wieder übertroffen
werden (vgl. WORLD FEDERATION OF EXCHANGES (2005)).
Abbildung 6: Marktkapitalisierung heimischer Unternehmen nach Zeitzonen
20
in Billionen US-$
18,2
18,0
18
Amerika
16
14
11,1
12
10,2
10
Europa / Afrika
7,9
8
6,7
6
4
Asien / Pazifik
2
0
1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004
Quelle: World Federation of Exchanges (2005), Zusammenstellung der Hessen Agentur.
Vom Volumen her gesehen hatten die Börsenmärkte der Triade Amerika, Europa/Afrika und Asien/Pazifik zu Beginn der 90er Jahre eine Marktkapitalisierung zwischen 2 und 4 Billionen US-$. Der amerikanische Markt hat sich im Verlauf der 90er
Jahre allerdings deutlich vom europäischen und asiatischen absetzen können. Die
asiatischen Börsen fielen in Folge der so genannten Asienkrise seit 1997 dann hinter die Entwicklung in Europa zurück. Dabei ähneln sich die Verläufe von Boom-,
Einbruchs- und Erholungsphasen in den amerikanischen, europäischen und asiatischen Zeitzonen, was vor allem auf den hohen Verflechtungsgrad des Weltfinanzmarktes zurückzuführen sein dürfte.
In den zurückliegenden 15 Jahren gab es markante Veränderungen in der Börsenlandschaft: moderne Börsen bieten ihren Kunden heute - neben der klassischen
28
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Aufgabe, ein Handelsplatz zu sein - eine Vielzahl weiterer Finanzdienstleistungen
an; mit derivativen Finanzinstrumenten werden mittlerweile deutlich höhere Kontraktzahlen und Handelsvolumina realisiert als im klassischen Aktien- und Wertpapierhandel; die Börsen selbst werden zu Aktiengesellschaften, kooperieren oder fusionieren. Mit einer aktuellen Marktkapitalisierung (Stand: November 2005) von
8,6 Mrd. Euro liegt der Wert der Deutschen Börse AG dabei mit weitem Abstand vor
dem der Euronext (3,8 Mrd. Euro) und der London Stock Exchange (LSE)
(2,1 Mrd. Euro).
2.2
Bedeutung der Frankfurter Börsen im internationalen Vergleich
2.2.1
Aktienmarkt
Zum Jahresende 2004 waren an der Frankfurter Wertpapierbörse Aktien von insgesamt 819 Unternehmen gelistet, 660 heimische und 159 aus dem Ausland. Die
Marktkapitalisierung bzw. der Börsenwert der gelisteten heimischen Unternehmen
belief sich auf knapp 1,2 Billionen US-$.
Der Wert der täglich in Frankfurt gehandelten Aktien lag im Schnitt bei 6 Mrd. US-$.
Obwohl die Frankfurter Wertpapierbörse damit zu den bedeutendsten Aktienmärkten der Welt zählt, spielen Aktien für die Unternehmensfinanzierung in Deutschland
noch eine vergleichsweise geringe Rolle. Aus den für das Jahr 2003 vorliegenden
internationalen Daten errechnet sich für die Frankfurter Wertpapierbörse ein Verhältnis des Aktienwertes der heimischen deutschen Unternehmen zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Höhe von 45 %. Für die Schweizer Börse übertrifft der zusammengefasste Unternehmenswert das BIP um das 2,3-fache, Hong Kong erreicht
sogar den 4,5-fachen Wert. Aber auch Euronext (0,8-fach) und die Londoner Börse
(1,4-fach) erzielen doppelt bzw. dreifach so hohe Werte wie Frankfurt.
Die Aktienbaisse 2001/2002 und die Schließung des Neuen Marktes 2003 wirkten
sich auch im Jahr 2004 noch extrem dämpfend auf den deutschen Aktienmarkt aus.
Mit nur 6 neu gelisteten Unternehmen belegte die Frankfurter Wertpapierbörse im
weltweiten Vergleich nur einen der unteren Plätze. In London (423 Unternehmen),
Toronto (346 Unternehmen) und New York (Nasdaq:170 Unternehmen; NYSE: 152
Unternehmen) hat sich ein Vielfaches an Unternehmen neu aufgestellt. Ähnlich bescheiden fällt für die Frankfurter Wertpapierbörse auch ein Vergleich des neu emittierten Aktienvolumens aus. 2,5 Mrd. US-$ für Deutschland stehen 148 Mrd. US-$
(NYSE), 32 Mrd. US-$ (London) und 33 Mrd. US-$ (Toronto) gegenüber. Zwar war
die Zahl der an der Euronext neu gelisteten Unternehmen mit 32 auch eher gering,
29
Finanzplatz Frankfurt – Akteure
allerdings erreicht die Mehrländerbörse mit Aktienemissionen in Höhe von knapp
45 Mrd. US-$ weltweit eine sehr gute Platzierung.6
Tabelle 9: Frankfurter Wertpapierbörse (FWB) im internationalen Vergleich: Aktienmarkt im Jahr 2004
Marktkapitalisierung
durchschnittl. täglicher Umsatz
Zahl gelisteter Unternehmen
Börse
absolut
Börse
in Mio. US-$
Börse
in Mio. US-$
1
NYSE
12.707.578
NYSE
46.104
BSE, The SE Mumbai
4.730
2
Tokyo SE
3.557.674
Nasdaq
34.790
TSX Group
3.604
3
Nasdaq
3.532.912
London SE
20.350
Nasdaq
3.229
4
London SE
2.865.243
Tokyo SE
13.082
London SE
2.837
5
Euronext
2.441.261
Euronext
9.545
Tokyo SE
2.306
6
Osaka SE
2.287.048
FWB
5.997
NYSE
2.293
7
FWB
1.194.517
BME Spanish Exchanges
4.794
Australian SE
1.583
8
TSX Group
1.177.518
Borsa Italiana
3.771
Euronext
1.333
9
BME Spanish Exchanges
940.673
Swiss Exchange
3.116
Hong Kong Exchanges
1.096
10
Hong Kong Exchanges
861.463
Taiwan SE Corp.
2.875
Osaka SE
1.090
11
Swiss Exchange
826.041
TSX Group
2.578
Bursa Malaysia
959
12
Borsa Italiana
789.563
American SE
2.353
NSE India
957
13
Australian SE
776.403
Australian SE
2.054
Shanghai SE
837
14
JSE South Africa
442.525
Korea Exchange
1.961
FWB
819
15
Taiwan SE Corp.
441.436
OMX Stockholm SE
1.828
Taiwan SE Corp.
702
16
Korea Exchange
389.473
Hong Kong Exchanges
1.765
Korea Exchange
683
17
BSE, The SE Mumbai
386.321
Shanghai SE
1.329
Singapore Exchange
633
18
OMX Stockholm SE
376.781
NSE India
1.025
Tel Aviv SE
578
19
NSE India
363.276
OMX Helsinki SE
884
American SE
575
20
Sao Paulo SE
330.347
Shenzhen SE
800
Shenzhen SE
536
Quelle: World Federation of Exchanges 2005, Zusammenstellungen der Hessen Agentur.
Anzumerken ist noch, dass die meisten ausländischen Aktien in London OTC (over
the counter), also zwischen den Marktteilnehmern direkt gehandelt werden. Die
Umsätze werden aufgrund regulatorischer Bestimmungen jedoch der LSE gemeldet
und zugerechnet. Der erhebliche Vorsprung der Londoner Börse beim durchschnittlichen täglichen Aktienumsatz, der mit 20 Mrd. US-$ fast das vierfache Volumen der
Frankfurter Wertpapierbörse erreicht, ist zum Teil dadurch zu erklären.
6
30
Berücksichtigt werden sowohl Erstemissionen (IPO) als auch Kapitalaufstockungen bereits notierter Aktiengesellschaften,
vgl. World Federation of Exchanges (2005), S. 69.
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
2.2.2
Rentenmarkt
In Deutschland haben Wertpapiere auf Rentenbasis traditionell eine große Bedeutung sowohl zur Unternehmensfinanzierung als auch zur Finanzierung öffentlicher
Haushalte. Zum großen Teil dürfte damit auch der bislang noch unterdurchschnittliche Beitrag von Aktien zur Unternehmensfinanzierung zu erklären sein. Der Handel
mit Wertpapieren ist hochgradig automatisiert. Neben der Frankfurter Wertpapierbörse bzw. Eurex Bonds hat sich als weitere wichtige Handelsplattform in Deutschland die MTS Gruppe etabliert.
Tabelle 10: Frankfurter Wertpapierbörse (FWB) im internationalen Vergleich: Rentenmarkt im Jahr 2004
Zahl der gelisteten Papiere
Gesamtumsatz des Rentenhandels
in Mio. US-$
Neuemissionen
Börse
absolut
Börse
Börse
in Mio. US-$
1
Luxembourg SE
24.292
BME Spanish Exchanges
3.553.064
Luxembourg SE
2
London SE
10.243
London SE
2.793.040
FWB
490.531
3
Korea Exchange
8.740
OMX Stockholm SE
1.540.924
London SE
489.641
4
FWB
8.240
Copenhagen SE
1.181.879
Euronext
323.719
5
Irish SE
6.206
FWB
442.056
Copenhagen SE
193.051
6
Santiago SE
3.514
Istanbul SE
419.334
Istanbul SE
115.040
7
Euronext
3.433
Korea Exchange
337.532
NSE India
67.536
8
BME Spanish Exchanges
2.939
Colombia SE
235.322
Korea Exchange
48.081
9
NSE India
2.938
Euronext
231.775
Wiener Börse
40.003
10
Wiener Börse
2.846
NSE India
207.785
Swiss Exchange
37.255
11
Copenhagen SE
2.232
Borsa Italiana
188.244
36.236
12
OMX Stockholm SE
1.480
Swiss Exchange
165.573
Singapore
E h
Shenzhen SE
33.366
13
BSE, The SE Mumbai
1.404
Santiago SE
115.095
Oslo Bors
29.369
14
Swiss Exchange
1.227
Oslo Bors
110.932
Warsaw SE
25.252
15
Oslo Bors
861
Tel Aviv SE
51.742
Taiwan SE Corp.
15.263
16
Buenos Aires SE
668
Irish SE
45.035
Tel Aviv SE
13.694
17
Borsa Italiana
443
Shanghai SE
36.939
13.430
18
Tokyo SE
421
Buenos Aires SE
15.836
Hong Kong
E h
Budapest SE
11.647
19
Colombia SE
417
Tokyo SE
7.206
Buenos Aires SE
11.513
20
Singapore Exchange
403
Shenzhen SE
3.880
OMX Stockholm SE
10.922
1.336.064
Quelle: World Federation of Exchanges 2005, Zusammenstellungen der Hessen Agentur.
Mit über 8.200 gelisteten Wertpapieren – 5.700 von heimischen Unternehmen,
1.000 von öffentlichen Haushalten und 1.500 aus dem Ausland – bietet die Frankfurter Wertpapierbörse nach Luxemburg (24.300), London (10.200) und Korea
(8.700) ein sehr breit gefächertes Angebot. Die herausragende Bedeutung Luxemburgs ist dabei (ähnlich wie in Irland) auf seine Rolle als internationaler Offshore31
Finanzplatz Frankfurt – Akteure
Markt für Anleihen zurückzuführen. Rund 94 % aller in Luxemburg gelisteten Wertpapiere stammen aus dem Ausland (Irland: 81 %). Aber auch für London hat das
Ausland (43 %) eine deutlich größere Rolle als in Deutschland (18 %). An der koreanischen Börse wiederum spielen ausländische Wertpapiernotierungen überhaupt
keine Rolle: nur 7 der insgesamt über 8.700 Papiere stammen aus dem Ausland.
Auf dem deutschen Rentenmarkt wurden im Jahr 2004 Wertpapiere im Gesamtwert
von 491 Mrd. US-$ neu ausgegeben. Dies ist hinter Luxemburg weltweit das zweithöchste Emissionsergebnis. Dem standen aber nur knapp 2,5 Mrd. US-$ an Aktienneuemissionen gegenüber. Dies ist fast ausschließlich auf Kapitalaufstockungen bereits notierter Aktiengesellschaften zurückzuführen.
2.2.3
Derivatemarkt
Die Erfolgsstory des Derivatehandels in Frankfurt begann im Jahr 1990 mit Gründung der Deutschen Terminbörse. Durch deren Zusammenschluss mit der SOFFEX
(Swiss Options and Financial Futures Exchange) entstand im Jahr 1998 in Frankfurt
die Eurex, die heute einer der weltweit größten Handelsplätze für die derivativen Finanzprodukte Optionen und Futures ist.
Tabelle 11: Eurex im internationalen Vergleich: Märkte für Optionen und Futures im Jahr 2004
Optionen und Futures auf Aktien
Börse
Optionen und Futures auf Aktienindices
in Mio. US-$
Börse
in Mio. US-$
1
International Securities Exchange (ISE)
799.708
Korea Exchange
26.542.543
2
Eurex (Frankfurt)
584.703
Chicago Mercantile Exchange (CME)
19.712.971
3
Chicago Board Options Exchange (CBOE)
560.792
Eurex (Frankfurt)
11.930.905
4
Euronext (Paris, Brüssel, Amsterdam, Lissabon)
422.424
Chicago Board Options Exchange (CBOE)
7.624.291
5
American SE
404.268
Euronext
5.985.024
6
National Stock Exchange India
385.145
Osaka SE
3.222.169
7
Sao Paulo SE
301.654
Chicago Board of Trade (CBOT)
1.422.963
8
Philadelphia SE
269.533
TAIFEX
1.270.194
9
Australian SE
224.954
Tokyo SE
1.078.586
10
Pacific SE
222.858
Hong Kong Exchanges
1.053.207
Optionen und Futures auf kurzfristige Zinsen
Optionen und Futures auf langfristige Zinsen
1
Chicago Mercantile Exchange (CME)
in Mio. US$
437.133.564
2
Euronext( Paris, Brüssel, Amsterdam, Lissabon)
343.424.643
Chicago Board of Trade (CBOT)
48.277.620
3
Chicago Board of Trade (CBOT)
83.236.115
National Stock Exchange India
23.344.087
4
National Stock Exchange India
12.332.279
TAIFEX (Taiwan)
Börse
32
Börse
in Mio. US-$
Eurex (Frankfurt)
80.067.100
9.064.590
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
5
Osaka SE
6
Singapore Exchange
6.748.333
Bursa Malaysia Derivatives
711.575
7
Bourse de Montreal
6.205.443
OMX Stockholm SE
278.344
8
MexDer
1.777.405
Bourse de Montreal
231.638
9
Eurex (Frankfurt)
713.792
Osaka SE
88.193
10
OMX Stockholm SE
607.629
Singapore Exchange
36.473
10.365.798
Euronext (Paris, Brüssel, Amsterdam, Lissabon)
2.875.397
Quelle: World Federation of Exchanges 2005, Zusammenstellungen der Hessen Agentur.
Nach den Daten der World Federation of Exchanges für das Jahr 2004 belegte die
Eurex weltweit sowohl im Handel mit Aktien-, Aktienindices- und insbesondere langfristigen Zinsoptionen und -futures Spitzenpositionen. In diesen drei Teilmärkten
liegt sie auch jeweils deutlich vor der Euronext, die im Jahr 2002 die LIFFE (London
International Futures and Options Exchange) übernommen hat und damit zum
Hauptwettbewerber der Eurex in Europa geworden ist.
2.3
Konsolidierung der Europäischen Börsenlandschaft im Überblick
Die nationalen Börsen, die noch vor wenigen Jahren oft (Quasi-) Monopolstellungen
innehatten, sind heute einem sich verstärkenden europaweiten Wettbewerb ausgesetzt. Dieser wird zum einen forciert durch die Angleichung der rechtlichen Rahmenbedingungen auf europäischer Ebene (Stichwort: „Level-playing-field“), durch
technologische Weiterentwicklungen sowie nicht zuletzt durch den Druck der institutionellen Marktteilnehmer hin auf eine europaweite, kostengünstige Konsolidierung
der Handels- und Abwicklungsplattformen. Außerdem ändern sich zunehmend die
Eigentümerstrukturen der Börsen. Traditionell staatliche oder im Besitz der Hauptnutzer befindliche Börsen werden immer mehr selbst zu Aktiengesellschaften umgewandelt. Damit werden sie zu potenziellen Übernahmekandidaten. In Europa hat
zunächst die Deutsche Börse AG abermals einen Versuch gestartet, die Londoner
Börse zu übernehmen. Dem folgte ein Konkurrenzgebot der Euronext. Der weitere
bis jetzt offene Fortgang mit dem Wechsel in der Führungsspitze und im Aufsichtsrat der deutschen Börse ist bekannt. Jüngste Beispiele in den USA sind die angestrebten gewaltigen Fusionen von NYSE und Archipelago oder Nasdaq und Instinet.
Insbesondere in Europa dämpft allerdings die kulturelle, rechtliche, steuerliche und
regulatorische Fragmentierung die rasche Vollendung eines einheitlichen europäischen Kapitalmarkts. Offen ist auch, ob eine Integration in allen Bereichen realistisch ist, z.B. den Wholesale- und Retail-Markt oder alle Arten von Finanzinstrumenten und -dienstleistungen gleichermaßen erfassen wird. Nach der Osterweiterung
zählt die Europäische Union mittlerweile 25 Mitgliedsstaaten und 21 offizielle Amtssprachen. Einige der Hindernisse auf dem Weg zur Integration – wie etwa historisch
33
Finanzplatz Frankfurt – Akteure
gewachsene Marktpraktiken – sind veränderbar, andere – insbesondere die Sprachenvielfalt in der EU – nicht. Das im Jahr 1999 begonnene ehrgeizige Unterfangen
der Erstellung und Umsetzung eines Aktionsplanes für Finanzdienstleistungen
(FSAP) dauert absehbar länger als ursprünglich vorgesehen. Bis Ende Januar 2006
läuft ein FSAP-Bewertungsprozess, der in zwei Abschnitten durchgeführt wird:
• Teil I – Analyse der Art und Weise, auf die die verschiedenen legislativen und
nichtlegislativen Maßnahmen angenommen wurden. In diesem Zusammenhang
werden die Verfahren, der FSAP-Rahmen und die Arbeitsmethoden untersucht.
Der endgültige FSAP-Bewertungsbericht Teil I soll im April 2006 vorgelegt werden.
• Teil II – eingehende wirtschaftliche und rechtliche Analyse der Auswirkungen des
FSAP. Sie ist für den Zeitraum 2006-2008 vorgesehen, sobald alle FSAPMaßnahmen von den Mitgliedstaaten umgesetzt wurden. Eine vollständige globale Bewertung des FSAP ist für 2008/ 2009 geplant.
Nach wie vor konzentrieren sich insbesondere kleinere Marktteilnehmer und Investoren meist auf ihre lokalen und nationalen Märkte und auch im Aktienhandel überwiegt das nationale Engagement. So entfallen beispielsweise rund 90 % des gesamten Börsenumsatzes in Deutschland auf deutsche Aktien (DAI – FACTBOOK, August 2004). Vor diesem Hintergrund wird der Wunsch vieler – insbesondere institutioneller – Marktteilnehmer nach einer Konsolidierung der europäischen Börsenlandschaft verständlich. Zudem hat die weitgehende Eliminierung von Wechselkursrisiken die relative Bedeutung von Länder- und Branchenrisiken verringert. Die Branchenrisiken sind eindeutig in den Vordergrund gerückt. Dabei vergleichen Investoren nicht mehr zwischen VW, Bayer und Allianz, sondern zwischen Fiat, Renault
und VW. Die letztgenannten Werte müssen derzeit aber noch an verschiedenen
Börsen mit verschiedenen Abwicklungssystemen gehandelt werden.7 Die bestehenden Ineffizienzen im Clearing und Settlement gelten als wichtigstes Hindernis auf
dem Weg zu integrierten Finanzmärkten in Europa. Unklar blieb bisher allerdings,
welchen Umfang eine Konsolidierung haben soll. Sollen alle Börsen Europas oder
nur die der EU einbezogen werden? Oder beschränkt sich die Forderung nach Konsolidierung nur auf den Euro-Raum, was den Londoner und Teile des skandinavischen Finanzmarktes ausschließen würde? Wird unter Konsolidierung eine Zusammenlegung von Marktplätzen verstanden oder wird nur eine technische Vereinheitlichung gewünscht? Wie verträgt sich der Wunsch nach einer wie auch immer
gearteten europäischen „Monopol“-Börse mit den schon jetzt gegenüber nationalen
Börsenbetreibern erhobenen Vorwürfen der Ausnutzung von Monopolstellungen?
7
34
Dieses Manko wurde bereits im Jahr 2003 in der FEH-Finanzplatzstudie so beschrieben. Daran hat sich nichts Wesentliches geändert. Vgl. Spahn, Bernd und van den Busch, Uwe (2003).
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Unverändert gilt, dass jede Konsolidierung der europäischen Handels- und Abwicklungslandschaft, ob in horizontaler oder in vertikaler Richtung, für den Euro-Raum
positiv ist, da die Effizienz erhöht wird und die laufenden Kosten verringert werden.
Horizontale Konsolidierung – der Zusammenschluss von Unternehmen auf gleicher
Stufe der Wertschöpfungskette – erlaubt die Realisierung von Größenvorteilen (economies of scale), vertikale Konsolidierung – die Integration entlang der Wertschöpfungskette – hingegen die Ausschöpfung von Verbundvorteilen (economies of scope).
35
Finanzplatz Frankfurt – Akteure
Stand: Juli 2005
Stand: November 2001
Abbildung 7: Die Europäische Börsenlandschaft 2001 und 2005 im Vergleich
Quelle: World Federation of Exchanges (2005).
36
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Abbildung 7 zeigt die Verflechtungen und Netzwerkstrukturen der europäischen
Börsenlandschaft der Jahre 2001 und 2005 im Vergleich. Auch wenn die Detailfülle
zunächst verwirrend erscheinen mag, lassen sich einige Tendenzen recht klar erkennen: Durch die Euronext (hellgrün) wird das am weitesten verzweigte europaweite Netzwerk zwischen Kassa-, Terminmärkten und dem Clearing und Settlement
verbunden (Mailand, Warschau, Luxemburg, aber auch London durch die Übernahme der Derivatebörse Liffe im Jahr 2002). Die Kontakte sowohl der Londoner als
auch der Deutschen Börse sind im Vergleich dazu eher sparsam ausgeprägt. Durch
die OMX-Gruppe und die BME-Gruppe haben sich sowohl in Nordeuropa als auch
in Spanien potente Börsenkooperationen entwickelt. Die Abbildung zeigt aber auch,
dass die für die Deutsche Börse AG lange Zeit charakteristische Strategie einer vertikalen Integration europaweit von den Mitkonkurrenten ebenfalls betrieben wird.
Insbesondere die Euronext hat nach Übernahme der Londoner Derivatebörse Liffe
im Jahr 2002 und der Fusion der eigenen Clearnet und des Londoner Clearing House zur LCH-Clearnet zum Ende des Jahres 2003 eine ähnlich potente börsliche Infrastruktur aufgebaut wie die Deutsche Börse AG.
2.4
Die Frankfurter Wertpapierbörse im nationalen Wettbewerb
Nicht nur international sondern auch innerhalb Deutschlands hat sich die Börsenlandschaft in den letzten Jahren markant verändert. So fusionierten beispielsweise
im Jahr 1999 die Betreiber der Börsen Hamburg und Hannover und im Jahr 2003
die Börsen Berlin und Bremen. Ein wesentlicher Motor war sicherlich die Einführung
von Xetra (Exchange Electronic Trading), der vollelektronischen Computerhandelsplattform für den in- und ausländischen Aktienhandel, am Börsenplatz Frankfurt im
Jahr 1997. Vorher, im Jahr 1996 beispielsweise, hatten die Regionalbörsen zusammen noch fast ein Viertel (23 %) des gesamten Börsenumsatzes in Deutschland. Im Jahr 2004 entfielen auf die Frankfurter Börsenplätze – Xetra und dem Parketthandel der Frankfurter Wertpapierbörse (FWB) – zwischen 85 % (gemäß: Gesamtumsatzstatistik) und 90 % (gemäß: Orderbuchstatistik) des gesamten Aktien-,
Wertpapier- und Rentenhandels der Börsen in Deutschland. Wie die folgende Tabelle zeigt, ist dabei insbesondere der Handel mit Aktien heimischer Unternehmen
fast vollständig auf Frankfurt konzentriert. Vor allem die institutionellen Anleger konzentrieren den Börsenhandel mit deutschen Werten fast ausschließlich auf das
Xetra-System. Lediglich bei kleineren und ausländischen Werten spielen die Regionalbörsen überhaupt eine Rolle, doch hat Xetra in letzter Zeit auch hier Marktanteile
hinzugewinnen können.
37
Finanzplatz Frankfurt – Akteure
Tabelle 12: Gesamtumsatz und Orderbuchumsatz der deutschen Börsen nach Anlageformen im Jahr 2004
Alle deutschen Börsen
Gesamtumsatz
Orderbuch
-umsatz
in Mrd. EURO
Aktien heimischer Unternehmen
(Domestic Equities)
vom Gesamtumsatz entfallen auf
vom Orderbuchumsatz entfällt auf
Xetra
FWB*
Andere
Xetra
FWB*
Andere
in %
in %
in %
in %
in %
in %
2.255
925
80,1
15,3
4,7
94,0
3,5
2,6
220
64
31,2
47,8
21,1
52,0
29,6
18,1
85
14
0
55,6
44,4
0
10,0
90,0
3
1
0
45,0
55,0
0
23,2
76,8
Heimische Anleihen
(Domestic Bonds)
646
121
0
60,2
39,9
0
44,0
55,9
Ausländische Anleihen
(Foreign Bonds)
64
10
0
64,0
36,0
0
58,1
41,9
3.274
1.135
57,3
28,3
14,4
79,5
9,8
10,6
Aktien ausländischer Unternehmen
(Foreign Equities)
Heimische Optionsscheine
(Domestic Warrants)
Ausländische Optionsscheine
(Foreign Warrants)
Summe
* Frankfurter Wertpapierbörse
Quelle: Deutsche Börse Group (2005), Zusammenstellung der Hessen Agentur.
Die von den Regionalbörsen mit Abstand am häufigsten gewählte Strategie ist die
Spezialisierung auf bestimmte Segmente, in denen eine „kritische Masse“ erreicht
werden soll: Zum einen verstehen sich Börsen als Dienstleister für kleinere, regionale Unternehmen. So wurden beispielsweise in Stuttgart und München mit „Gate-M“
bzw. „M:access“ Handelssegmente speziell für kleine und mittlere Unternehmen geschaffen. Aber auch die Deutsche Börse hat mit Start des „Entry Standard“ am
25. Oktober 2005 wieder ein Marktsegment geschaffen, das speziell auf kleine und
mittlere Unternehmen ausgerichtet ist. Aktuell (Stand: Oktober 2005) sind in Frankfurt 12 Unternehmen in diesem Mittelstandsegment notiert, in Stuttgart 23 und in
München 11. In einer ähnlichen Größenordnung bewegt sich übrigens auch die Alternext mit 14 Unternehmen. Die Alternext ist das Mittelstandsegment der Mehrländerbörse Euronext. An der AIM, dem Alternative Investment Market der Londoner
Börse, ist hingegen die beeindruckende Zahl von 1.311 Unternehmen gelistet.
Die zweite Art der Spezialisierung besteht in der Konzentration auf – bundesweite –
Nischensegmente. So haben nahezu alle Regionalbörsen Privatanleger als „Nischensegment“ betrachtet. Der Versuch der Börse Berlin-Bremen in Kooperation mit
der Nasdaq Europe einen neuen Aktienmarkt in Deutschland aufzubauen, scheiterte
allerdings ebenso wie die Akzeptanz von JIWAY, einer vom US-Investmenthaus
Morgan Stanley und der schwedischen OM-Group betriebenen Internet-Börse zum
38
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
europaweiten Online-Aktienhandel. An den Börsen Düsseldorf und München wurden 2004 mit „Quotrix“ bzw. 2005 mit „Max-one“ neue Anläufe unternommen. Ganz
aktuell wird von den Börsen Berlin-Bremen, Stuttgart und Frankfurt der Aufbau einer
gemeinsamen Retail-Plattform speziell für Privatanleger diskutiert (BÖRSEN-ZEITUNG
vom 18.11.05, S.1). Die Börse Stuttgart hat mit „EUWAX“ das mittlerweile größte
börsliche Handelssegment für verbriefte Derivate und insbesondere börsennotierte
Optionsscheine geschaffen. In diesem Segment sieht sich die Stuttgarter Börse
denn auch nicht mehr als Regionalbörse, sondern als eine bundesweit agierende
spezialisierte Handelsplattform. Hamburg – Hannover profiliert sich als Fondsbörse
für offene und geschlossene Fonds. Insgesamt stellen die Regionalbörsen keine
ernsthafte Herausforderung für den Finanzplatz Frankfurt dar.
2.5
Die Rolle der Frankfurter Wertpapierbörse für den Finanzplatz Frankfurt
Geschichte und Funktionen der Frankfurter Börse haben dazu beigetragen, dass die
Stadt heute einer den bedeutendsten Finanzplätze weltweit ist. Neben den zwei
klassischen Börsenfunktionen - liquider Marktplatz für Käufer und Verkäufer von Aktien und Wertpapieren und Gewährleistung der nötigen Markttransparenz über Angebot und Nachfrage auf dem Kapitalmarkt durch die Kursfeststellungen – erfüllen
die Frankfurter Wertpapierbörse und die Deutsche Börse AG folgende Aufgaben:
• Erweiterung des Anlagespektrums für Kapitalgeber durch Entwicklung innovativer Finanzprodukte wie beispielsweise die sehr erfolgreichen Exchange Traded
Funds oder die Schaffung des „Entry Standards“, ein Aktienmarktsegment für
junge, mittelständische Unternehmen mit vergleichsweise geringen formalen Informationspflichten.
• Beratung von Unternehmen bei Neuemissionen (IPOs – Initial Public Offerings)
und damit Öffnung des Zugriffs auf eine breite Investorenbasis für mittelständische Unternehmen – z.B. Ausrichtung des Deutschen Eigenkapitalforums zusammen mit der KfW-Gruppe.
• Überwachung von Qualität und Handelsfähigkeit der gehandelten Wertpapiere.
• Faire, schnelle und akkurate Verbreitung von relevanten Unternehmensinformationen, die von Marktteilnehmern und Finanzanalysten interpretiert werden.
• Bereitstellung der für Information, Handel und die nachfolgende Abwicklung notwendigen Technologie.
Um dies zu gewährleisten, beschäftigte die Deutsche Börse AG im Jahr 2004 laut
Geschäftsbericht weltweit knapp 3.300 Mitarbeiter (DEUTSCHE BÖRSE GROUP (2005
39
Finanzplatz Frankfurt – Akteure
b), S. 69). Davon waren etwa 1.700 am Standort Frankfurt tätig. Damit zählt die
Börse zu den größten Arbeitgebern sowohl in der Stadt als auch hessenweit (HELABA und HESSEN AGENTUR; 2005). Etwa jeder zweite Mitarbeiter hat eine Hochschulausbildung, der Internationalitätsgrad ist mit 57 Nationalitäten sehr hoch. Im Schnitt
trug jeder Mitarbeiter der Deutschen Börse AG einen Beitrag in Höhe von fast einer
halben Million Euro (471 Tsd.) zum Gesamtumsatzerlös des Unternehmens bei. Das
Gehaltsniveau ist überdurchschnittlich hoch und dürfte zum großen Teil der Region
als Nachfrage zugute kommen.
2.6
Fazit
Wie die Diskussionen um die möglichen Folgen des Übernahmenkarussells von
Deutscher Börse, Euronext und Londoner Börse zeigen, würde ein Bedeutungsverlust der Frankfurter Wertpapierbörse oder der Deutsche Börse AG auch den Finanzplatz Frankfurt belasten. Da sowohl das Xetra- als auch das Eurex-System reine Computer-Börsen sind und auf jegliche Art von Präsenzhandel verzichten, sind
sie letztlich auf keinen bestimmten Standort mehr angewiesen. Über die Fernzugangsmöglichkeiten (remote access) via Computer ist die Teilnahme an diesen Börsen von jedem Standort der Welt aus möglich. Dies hat für den Finanzplatz Frankfurt jedoch zwiespältige Konsequenzen: Dem Vorteil einer effizienteren Organisation
des Kapitalmarktes steht der Nachteil des Verlustes eines physischen Zentrums der
Akteure auf dem Finanzmarkt gegenüber: Der Standort der Börse und der „zugehörige“ Finanzplatz können auseinander fallen – insbesondere was automatisierbare
Funktionen angeht.
40
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
3
Die Versicherungsbranche: Eine wichtige Komponente des
Finanzplatzes Hessen
3.1
Einleitung
Neben den Banken und Börsen spielen auch die Versicherungsunternehmen für
den Finanzplatz eine wichtige Rolle. Für den Finanzplatz hat dieser Wirtschaftszweig aufgrund der Kapitalverflechtungen zwischen Großbanken und Versicherungskonzernen eine erhebliche strukturelle Bedeutung. Erhebliche Impulse für den
Versicherungsplatz Frankfurt werden von der Ansiedlung der EU-Aufseherkonferenz
für Versicherungen – Committee of European Insurance and Occupational Pensions
Supervisors (CEIOPS) – erwartet. Dies betrifft zahlreiche wirtschaftsstrukturelle Aspekte, wie etwa eine steigende Anzahl der in Hessen ansässigen Versicherungsunternehmen bzw. Unternehmensniederlassungen, eine sich erhöhende Zahl der Beschäftigten im Versicherungsgewerbe oder eine Steigerung der in diesem Sektor
erzielten Wertschöpfung. Im Folgenden soll untersucht werden, inwieweit zukünftig
aus der Versicherungsbranche nachhaltige Entwicklungsimpulse für den Finanzplatz Frankfurt zu erwarten sind.
3.2
Strukturelle Veränderungen in der Versicherungsbranche
Als internationales Finanzzentrum steht Frankfurt in einem Standortwettbewerb mit
New York, London und Paris. Als nationaler Versicherungsstandort konkurriert der
Finanzplatz in erster Linie mit München, denn dort haben die größten Versicherungsunternehmen Deutschlands ihren Sitz. Im internationalen Vergleich haben in
Deutschland die Versicherer den Banken während der vergangenen zehn Jahre den
Rang als führende Finanzdienstleister abgelaufen. So ist die MÜNCHNER RÜCK
Weltmarktführer in ihrer Branche, was auf keine deutsche Bank zutrifft, und die ALLIANZ gehört mittlerweile zu den weltweit größten Versicherungskonzernen. In
Deutschland reagieren die Versicherungsgesellschaften auf gesamtwirtschaftliche
und branchenspezifische Entwicklungen mit Unternehmenszusammenschlüssen
und -übernahmen. Dabei hat sich das Konkurrenzverhältnis zwischen den beiden
Finanzstandorten Frankfurt und München insbesondere durch die im Jahre 2001 erfolgte Übernahme der Dresdner Bank durch die Allianz weiter verschärft. Die betriebliche Umsetzung dieser Übernahme führt dazu, dass bedeutende Unternehmenszweige der Dresdner Bank – vor allem in der Geschäftssparte des “Asset Management“ – besonders stark von neuartigen Organisationsstrukturen und hierdurch
bedingten standörtlichen Verlagerungen (u. a. nach München und Hannover) betroffen sind. Das betreffende Schlagwort lautet „Allfinanzkonzept“, wohinter sich die organisatorische Zusammenführung des Versicherungsgeschäfts mit dem Bankgeschäft verbirgt, was vor allem die Geschäftsaktivitäten in den Unternehmensbereichen Beratung, Vertrieb und Vermögensverwaltung betrifft. Zudem werden im In41
Finanzplatz Frankfurt – Akteure
nenbetrieb (Personal, Abwicklung, EDV, Rechnungswesen) erhebliche Potentiale
zur Kostensenkung gesehen (vgl. FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND, 29.4.04).
Die Versicherungsbranche in Deutschland war während der jüngeren Vergangenheit einem tiefgreifenden Wandel unterworfen, der in einem engen Zusammenhang
mit gesellschaftlichen bzw. gesamtwirtschaftlichen Veränderungen und den jüngeren Entwicklungen auf den weltweiten Finanzmärkten steht. Der Bereich der Lebensversicherungen ist einerseits durch Ertragsprobleme gekennzeichnet, die vor
allem aus einem vergleichsweise niedrigen Niveau der Kapitalverzinsung und der
nunmehr seit drei Jahren anhaltenden eher unstetigen Entwicklung auf den Aktienmärkten resultieren. Letztere hat dazu geführt, dass die Lebensversicherungen ihre
Kapitalanlage in Investmentfonds umfänglich vergrößert haben. Gleichwohl eröffnen
sich andererseits neuartige Ertragsperspektiven in der privaten Altersvorsorge. In
der privaten Krankenversicherung sind ebenfalls als Folge politischer Reformen
neue Marktpotentiale zu erkennen. Im Vergleich hierzu lässt der Ausblick auf die
Schadensversicherung eine weitaus stabilere Geschäftsentwicklung erwarten. Weil
allerdings zahlreiche Versicherungskonzerne über Tochtergesellschaften alle drei
Sparten der Erstversicherung umfassen, sind sie mit sehr komplexen Geschäftsrisiken konfrontiert.
3.3
Die Versicherungswirtschaft in Deutschland
3.3.1
Entwicklung der verschiedenen Sparten der Versicherungswirtschaft
Ähnlich wie in anderen Wirtschaftsbereichen vollzogen sich auch im Versicherungsgewerbe während der jüngeren Vergangenheit ausgeprägte strukturelle Veränderungen, die sich vor allem in einer abnehmenden Anzahl der Versicherungsunternehmen niederschlagen. Eine wichtige Rolle spielt hierbei auch die innerhalb der
EU angestiegene Wettbewerbsintensität auf den Versicherungsmärkten. Von 1994
bis 2004 verringerte sich gemäß Tabelle 13 die Zahl der Versicherungsunternehmen in Deutschland von 719 auf 670, während die Anzahl der Beschäftigten im
Versicherungswesen vergleichsweise moderater – nämlich von 250.000 auf
241.000 – zurückging. Demzufolge stieg die durchschnittliche Unternehmensgröße
von 347 Beschäftigten auf 360 Beschäftigte an.
42
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Tabelle 13: Strukturdaten zur Versicherungswirtschaft 1) in Deutschland
Jährl. Veränd.
1994 bis 2004
1994
2000
2001
2002
2003
2004 2)
abs.
%
719
706
690
703
677
670
-4,8
-0,69
Anzahl der Beschäftigten in der Versicherungsbranche, Tsd.
250,0
240,2
245,4
248,1
244,3
240,8
-0,2
-0,07
Anzahl der Beschäftigten je Unternehmen, Tsd.
347,7
340,2
355,7
352,9
360,9
359,4
2,2
0,62
Prämienaufkommen, Mrd.Euro, davon
128,7
162,9
168,1
174,6
179,3
183,4
5,5
3,53
Lebensversicherung
42,4
61,2
62,4
65,0
68,6
70,3
2,9
5,19
Private Krankenversicherung
14,4
20,7
21,7
23,1
24,7
26,4
1,1
5,35
Schadens-/Unfallversicherung
47,4
48,4
49,7
51,5
54,4
55,3
0,6
1,27
Verdiente Bruttoprämien je Einwohner, Euro (Versicherungsdichte) 1.334
1.628
1.710
1.783
1.906
1.959
60,5
3,72
Versicherungsleistungen, Mrd. Euro, davon
128,3
171,5
174,3
179,9
182,0
185,0
5,9
3,73
Lebensversicherung
55,0
88,1
81,3
75,2
84,8
81,4
2,6
3,67
Private Krankenversicherung
14,7
24,1
25,7
25,2
27,3
28,3
1,3
6,01
Schadens-/Unfallversicherung
36,1
39,9
40,2
43,4
39,9
39,3
0,5
1,19
9,9
10,2
10,4
10,8
11,1
11,5
0,1
1,22
6,3
6,6
6,8
7,0
7,4
7,4
0,1
1,57
Anzahl der Versicherungsunternehmen
Verdiente Bruttoprämien in Relation zum verfügbaren Einkommen
der Privathaushalte, v.H.
Verdiente Bruttoprämien in Relation zum BIP, v.H.
(Versicherungsdurchdringung)
1)
2)
bezogen auf die Mitglieder des GDV, die einen Anteil am gesamten Marktvolumen von nahezu 98 v. H. auf sich vereinen.
teilweise vorläufige Angaben.
Quelle: GDV (2005b).
Derzeit sind 0,9 % sämtlicher sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland in der Versicherungsbranche tätig. Berücksichtigt man noch die Angestellten in
Versicherungsagenturen, bei Versicherungsmaklerunternehmen und im selbständigen Versicherungsaußendienst, so kommt man bundesweit auf ungefähr 710.000
Personen, die gegenwärtig in den unterschiedlichen Bereichen der Assekuranz arbeiten. (vgl. GDV, 2005b).
Vom Prämienvolumen her weist Deutschland den weltweit viertgrößten Versicherungsmarkt auf. Während des hier betrachteten Zeitraumes stieg das Volumen der
verdienten Bruttoprämien bzw. der Versicherungsleistungen kontinuierlich an. So
erhöhten sich die jährlichen Prämieneinnahmen von 129 Mrd. Euro auf
183 Mrd. Euro, was einem jährlichen Anstieg um 5,5 Mrd. Euro bzw. 3,5 % entspricht. Allerdings erhöhte sich die so genannte Versicherungsdurchdringung – also
die Relation aus der Summe der Versicherungsprämien und dem Bruttoinlandprodukt – vergleichsweise moderat, nämlich von 6,3 % auf 7,4 % (vgl. GDV, 2005b,
Tabelle 13). Im internationalen Vergleich ist die Versicherungsdurchdringung in
Deutschland somit allenfalls als durchschnittlich einzustufen. In der Schweiz, im
43
Finanzplatz Frankfurt – Akteure
Vereinigten Königreich und in Japan beträgt sie teilweise deutlich mehr als 10 %, in
Frankreich, in den Niederlanden und den USA ist sie nur unwesentlich niedriger als
dieser Wert. Auch hinsichtlich der so genannten Versicherungsdichte, also dem
Prämienvolumen je Einwohner, nahm Deutschland im Jahre 2004 mit etwa 1.900
Euro keinen sonderlich hohen Rang ein. Diese beträgt beispielsweise in der
Schweiz ungefähr das Dreifache, und auch in anderen der vorstehend genannten
Länder ist sie erheblich höher als in Deutschland. Eine zentrale Ursache für die in
anderen Ländern im Vergleich zu Deutschland wesentlich umfangreichere Versicherungsdurchdringung bzw. Versicherungsdichte ist die dort wesentlich höhere Bedeutung der privaten Vermögensbildung im Rahmen der Altersvorsorge (vgl. GDV
2005a).
Vom gesamten Prämienaufkommen entfielen in Deutschland im Jahre 2004 38 %
auf das Geschäft mit Lebensversicherungen, während Private Krankenversicherungen 14 % und die Schadens- und Unfallversicherungen 30 % der Prämieneinnahmen auf sich vereinte. Auffällig ist, dass sowohl in der Lebensversicherung als auch
in der Krankenversicherung in nahezu sämtlichen Jahren die Leistungen höher als
die Prämieneinnahmen waren.
Innerhalb der Geschäftssparte der Lebensversicherungen erhöhte sich von 1994 bis
2004 der auf die Renten- und Pensionsversicherung entfallende Anteil am Prämienaufkommen erheblich, nämlich von 12 % auf 28 %. Demgegenüber ging der auf die
„klassischen“ Kapitallebensversicherungen bezogene Anteilswert von 72 % auf
52 % zurück. Gemäß dem jüngst im Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag
und Bundesrat ausgehandelte Kompromiss zum Alterseinkünftegesetz werden Erträge aus Kapitallebensversicherungen in Zukunft i. d. R. zur Hälfte besteuert. Die
Veränderungen im Bereich der Altersvorsorge eröffnen für die Versicherungsmärkte
neue Wachstumsperspektiven in der privaten Vermögensbildung, was sich auch in
der Entwicklung neuartiger Produkte niederschlägt. So bot sich den Lebensversicherern ein vielversprechendes neuartiges Geschäftsfeld in den förderfähigen Lebensversicherungen im Rahmen der so genannten „Riester-Verträge“. Deren Bestand hat sich seit 2002 merklich erhöht, und gerade in jüngerer Zeit war eine deutliche Expansion des Prämienvolumens zu verzeichnen (siehe Tabelle 14).
44
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Tabelle 14: Entwicklung des Bestands an förderfähigen Lebensversicherungen
(„Riester-Verträge“)
Versicherungssumme bzw.
zwölffache Jahresrente in
Mio. Euro
Anzahl der
Versicherungen,
Stückzahl in 1.000
Laufendes Prämienvolumen für ein Jahr,
Mio. Euro
415,8
86,7
2.631,0
Neugeschäft im Jahre 2002
2.569,8
420,8
12.886,4
Bestand am 31.12.2002
2.936,8
465,7
14.410,4
521,4
121,3
3.494,2
3.351,0
532,8
16.593,6
294,6
533,2
11.616,3
3.461,7
1.226,5
24.671,4
Bestand am 31.12.2001
Neugeschäft im Jahre 2003
Bestand am 31.12.2003
Neugeschäft im Jahre 2004
Bestand am 31.12.2004
Quelle: GDV (2005b).
Seit Anfang 2005 ist in der Privaten Altersvorsorge eine neue Leibrente („RürupRente“) eingeführt (vgl. auch Kapitel III 2). Laut dem Alterseinkünftegesetz soll diese
ein Schwergewicht in der privaten Altersvorsorge bilden, was voraussichtlich zu einer Beschleunigung des Geschäfts mit Kapitallebensversicherungen beitragen wird.
Aber auch in der privaten Krankenversicherung sind für die nähere und mittlere Zukunft Zuwächse des Geschäftsvolumens zu erwarten, denn im Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung dürfte es über kurz oder lang zu einer Kürzung des
Leistungskatalogs kommen. Außerdem reagieren die Versicherungsunternehmen
auf den während der jüngeren Vergangenheit intensiver gewordenen Wettbewerb
mit einer Neugestaltung bzw. Umgestaltung ihrer Produkte. Insbesondere im Hinblick auf die schon angesprochene private Altersvorsorge geschieht dies zum einen
im Hinblick auf Nachfrageverschiebungen. So gründeten oder öffneten Lebensversicherer während der letzten Jahre Pensionskassen und – wenngleich in geringerem Umfang – Pensionsfonds. Diese haben in jüngster Zeit nicht unwesentlich zum
Wachstum der Prämieneinnahmen beigetragen, jedoch sind die hiermit erwirtschafteten Ertragsmargen geringer als diejenigen im Geschäft mit Einzelpolicen. Zum
anderen favorisieren die Versicherer derzeit Produkte, mit denen sie ihr eigenes Risiko vermindern können. Dies gilt beispielsweise für die fondsgebundene Lebensversicherung, die keine Garantieversicherung aufweist, womit das Kapitalmarktrisiko
auf die Versicherungskunden abgewälzt wird (vgl. DEUTSCHE BUNDESBANK, 2004h).
Den Prämieneinnahmen der Versicherungswirtschaft von rund 183 Mrd. Euro standen im Jahre 2004 Ausgaben für Assekuranzleistungen in Höhe von gut
185 Mrd. Euro gegenüber, was in etwa 8 % des in Deutschland erwirtschafteten
Bruttoinlandsproduktes entspricht. In den vergangenen zehn Jahren blieb der Anteil
der Versicherungsleistungen am BIP in etwa konstant. Insgesamt ist die Versiche45
Finanzplatz Frankfurt – Akteure
rungsbranche in Deutschland sehr zersplittert. Nur die zwanzig größten Versicherungsgesellschaften kommen auf einen Marktanteil von einem Prozent oder mehr.
Demzufolge ist im Hinblick auf die kommenden Jahre von einem weiteren Konsolidierungsschub innerhalb der Branche auszugehen (vgl. BÖRSENZEITUNG, 31.3.04).
Neben einem relativ niedrigen Grad der Anbieterkonzentration zeichnen sich die
Versicherungsmärkte auch dadurch aus, dass die Marktanteile der einzelnen Anbieter im Zeitablauf erheblichen Veränderungen unterliegen. Anbieter mit beträchtlichen Anteilsgewinnen stehen somit Anbietern mit nicht unbeachtlichen Anteilsverlusten gegenüber. Allerdings veränderte sich in Deutschland das Aggregat der
Marktanteile der zehn größten Anbieter in allen drei Sparten der Erstversicherung
seit Anfang der neunziger Jahre kaum. Es betrug etwa im Jahre 2001 in der Lebensversicherung 46 %, in der Krankenversicherung 72 % sowie in der Schadenund Unfallversicherung 40 % (vgl. GDV, 2004a). Demgegenüber ist die Anbieterkonzentration auf den Versicherungsmärkten im Vereinigten Königreich weitaus
stärker, denn dort beträgt gegenwärtig der Marktanteil der zehn größten Versicherungsunternehmen in der Lebensversicherung knapp 70 Prozent, in der Krankenversicherung 99 Prozent und in der Schaden- und Unfallversicherung 83 Prozent
(vgl. ABI, 2004). In Frankreich liegen die analogen Anteilswerte bezüglich der Lebensversicherung und der Krankenversicherung bei jeweils 70 Prozent und hinsichtlich der Schaden- und Unfallversicherung bei 60 Prozent (vgl. FFSA, 2004).
Von erheblicher Bedeutung für die Frankfurter Finanzbranche sind die Kapitalanlagen der Versicherungsgesellschaften, was insbesondere das Geschäftsfeld des
“Asset Management“ betrifft. Von den Assekuranzunternehmen wurde 2004 laut
Tabelle 13 ein Kapitalanlagebestand von 1.010 Mrd. Euro verwaltet, also ein Kapitalvolumen, das ungefähr halb so groß ist wie sämtliche Einlagen von Nichtbanken
in Deutschland (vgl. GDV, 2005b, und DEUTSCHE BUNDESBANK, 2004b).
Die Kapitalanlagen sind von zentraler Bedeutung für die Erwirtschaftung der Gewinne innerhalb der Versicherungsbranche. In der Lebensversicherungsbranche ist die
Gewinnerzielung nämlich immer noch in hohem Maße von der gesetzlich vorgeschriebenen Garantieverzinsung abhängt. Diese beeinflusst die Kapitalbindung und
kann bei einer ungünstigen Entwicklung auf den Kapitalmärkten existenzbedrohende Wirkungen entfalten. Der Garantiezins liegt zwar mittlerweile bei 2,75 %, jedoch
ist in älteren Versicherungsverträgen immer noch eine Mindestverzinsung von
3,25 % oder 4 % festgeschrieben. Im Vergleich hierzu beträgt beispielsweise die
Rendite zehnjähriger Staatsanleihen gegenwärtig 3,5 %, so dass die Gewinnmargen eher gering sind. Der überwiegende Teil der Kapitalerträge muss also für die
Erfüllung der Zinsgarantie aufgewendet werden. Darüber hinaus sind laut Gesetz
90 % der Kapitalerträge den Versicherten gutzuschreiben, zumal derzeit vom Bund
der Versicherten eine noch höhere Überschussbeteiligung gefordert wird. Gegenwärtig sind also die Spielräume zur Gewinnerzielung in der Versicherungsbranche
46
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
sehr gering. So belief sich etwa in der Lebensversicherungssparte im Jahre 2004
der Jahreserfolg – also der Gewinn nach Steuern in Relation zum Prämienaufkommen – auf 0,8 %, verglichen mit 1,4 % im Jahre 2000. Aufgrund der anhaltenden Ertragsprobleme in der Versicherungswirtschaft wurde Ende 2002 eine Auffanggesellschaft für notleidende Lebensversicherungsunternehmen, die Protector Lebensversicherer AG, gegründet (vgl. BAFIN, 2004).
Auch in den Geschäftssparten Krankenversicherung und Schaden-/Unfallversicherung sank der Jahreserfolg während desselben Zeitraums merklich, und zwar
von 1,5 % auf 1,2 % bzw. von 3,8 % auf 1,4 %. Dies trägt sicherlich zu einem erheblichen Teil zu dem eingangs aufgezeigten Strukturwandel bei, denn über Fusionen
und Übernahmen verbessern die Versicherungsunternehmen ihre angespannte Ertragssituation (vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.8.04, und BÖRSENZEITUNG,
2.7.04).
Tabelle 15: Struktur der Kapitalanlagen der Versicherungswirtschaft in Deutschland
2000
Mrd. €
2001
%
Mrd. €
2002
%
Mrd. €
2003
%
Mrd. €
2004
%
Mrd. €
%
Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte
23,7
3,0
22,8
2,6
22,5
2,4
21,5
2,2
20,6
2,0
Kapitalanl. in verbundenen Untern. und Beteiligungen
91,5
11,4
123,4
14,2
158,9
17,1
158,6
16,2
151,1
15,0
Aktien
30,6
3,8
33,2
3,8
19,4
2,1
17,8
1,8
15,5
1,5
172,4
21,5
187,9
21,6
200,8
21,6
207,8
21,2
205,5
20,4
63,4
7,9
69,2
7,9
73,9
8,0
94,3
9,6
103,9
10,3
8,4
1,0
13,9
1,6
17,2
1,8
21,4
2,2
18,1
1,8
412,6
51,4
420,0
48,3
437,0
47,0
459,5
46,8
494,8
49,0
802,6 100,0
870,4
100
929,8 100,0
Investmentanteile
Inhaberschuldverschr. und and. festverz. Wertpapiere
Einlagen bei Kreditinstituten
Andere Kapitalanlagen (Namensschuldverschreibungen,
Schuldscheinforderungen, Darlehen etc.)
Kapitalanlagebestand insgesamt
*
981,0 100,0 1009,5 100,0
vorläufige Angaben.
Quelle: GDV (2005b).
Vor diesem Hintergrund hat sich die Struktur der Kapitalanlagen während der jüngeren Vergangenheit erheblich verändert, was in einem direkten Zusammenhang mit
den gegenwärtigen Entwicklungen auf den Finanzmärkten zu sehen ist (siehe Tabelle 15). Beispielsweise haben von 2000 bis 2004 sowohl das absolute Volumen
als auch die Proportion der Kapitalanlage in Aktien merklich abgenommen, während
die quantitative Bedeutung von Investmentanteilen erheblich gestiegen ist. Hierbei
spielt sicherlich die Tendenz zur Risikodiversifizierung eine nicht unwesentliche Rolle. Falls diese Tendenz weiter voranschreitet, hat dies für die in Frankfurt ansässige
Investmentbranche ohne Zweifel eine Ausdehnung des Geschäftsvolumens zur
47
Finanzplatz Frankfurt – Akteure
Folge. Bemerkenswert ist darüber hinaus die starke Ausdehnung der Anlagen in
verbundenen Unternehmen und Unternehmensbeteiligungen, die sich als weiteres
Indiz für den gegenwärtigen Strukturwandel in der Versicherungsbranche interpretieren lässt.
3.3.2
Regionale Struktur der Versicherungsbranche
Um die zukünftigen Entwicklungschancen der hessischen Versicherungswirtschaft
auszuloten, bedarf es eines Vergleiches zwischen verschiedenen deutschen Standortregionen. Die standörtlichen Schwerpunkte der Versicherungsbranche sind über
die Bundesländer hinweg sehr ungleich verteilt, denn gemäß Tabelle 16 sind die
Assekuranzunternehmen mehrheitlich in den westdeutschen und süddeutschen Ballungsräumen angesiedelt.
Tabelle 16: Unternehmen der Versicherungswirtschaft in den einzelnen Bundesländern, 2003
Unternehmen*
Anzahl
Anteil, %
Baden-Württemberg
16
8,0
Bayern
42
21,0
Berlin
8
4,0
Brandenburg
1
Bremen
Unternehmen*
Anzahl
Anteil, %
Niedersachsen
15
7,5
Nordrhein-Westfalen
57
28,5
Rheinland-Pfalz
1
0,5
0,5
Saarland
7
3,5
3
1,5
Sachsen
1
0,5
Hamburg
14
7,0
Sachsen-Anhalt
0
0,0
Hessen
31
15,5
Schleswig-Holstein
3
1,5
1
0,5
Thüringen
0
0,0
Mecklenburg-Vorpommern
Anzahl der Unternehmen in Deutschland insgesamt: 200
* Versicherungsunternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten.
Quelle: MARKUS-Datenbank (2004), Recherchen der Hessen Agentur.
Die Anzahl der im Versicherungsgewerbe Beschäftigten8 ist in Tabelle 17 und Abbildung 8 dargestellt. Demnach lag Ende 2003 Nordrhein-Westfalen mit nahezu
81.000 Beschäftigten vor Bayern und Baden-Württemberg, wo ungefähr 58.000
bzw. 39.000 Personen in diesem Wirtschaftsbereich tätig sind. Somit entfällt auf
Nordrhein-Westfalen gut ein Viertel und auf Bayern und Baden-Württemberg ein
Fünftel bzw. ein Achtel an sämtlichen Beschäftigten der Versicherungswirtschaft.
8
48
Die Versicherungswirtschaft umfasst hierbei definitionsgemäß das eigentliche Versicherungsgewerbe zuzüglich der mit
dem Versicherungsgewerbe verbundenen Tätigkeiten wie z. B. Makler (vgl. Statistisches Bundesamt, 2004).
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
In Hessen lag die Gesamtzahl der im Assekuranzgewerbe Beschäftigten während
der vergangenen fünf Jahre nahezu unverändert bei etwa 24.000, was ungefähr einem Zehntel sämtlicher Beschäftigten dieses Wirtschaftsbereichs in Deutschland
entspricht. Im bundesweiten Vergleich ist Hessen somit für die Versicherungswirtschaft eine Standortregion von hoher Bedeutung und nimmt diesbezüglich den vierten Rang unter den Bundesländern ein.
Tabelle 17: Beschäftigte am Arbeitsort in der Versicherungswirtschaft in den einzelnen
Bundesländern, 2003
Versicherungsgewerbe
Mit dem Versicherungsgewerbe
verbundene Tätigkeiten
Insgesamt
Anzahl
%
Anzahl
%
Anzahl
%
Baden-Württemberg
30.037
12,6
8.765
11,9
38.802
12,5
Bayern
47.004
19,8
11.359
15,4
58.363
18,8
Berlin
8.503
3,6
4.108
5,6
12.611
4,1
Brandenburg
1.417
0,6
1.470
2,0
2.887
0,9
Bremen
1.304
0,6
2.221
3,0
3.525
1,1
Hamburg
21.327
9,0
2.582
3,5
23.909
7,7
Hessen
23.835
10,0
6.496
8,8
30.331
9,7
1.706
0,7
1.553
2,1
3.259
1,0
Niedersachsen
16.761
7,1
5.633
7,7
22.394
7,2
Nordrhein-Westfalen
63.487
26,7
17.245
23,4
80.732
25,9
Rheinland-Pfalz
5.359
2,3
2.512
3,4
7.871
2,5
Saarland
3.462
1,5
653
0,9
4.115
1,3
Sachsen
6.549
2,8
3.049
4,1
9.598
3,1
Sachsen-Anhalt
1.628
0,7
1.922
2,6
3.550
1,1
Schleswig-Holstein
3.106
1,3
2.439
3,3
5.545
1,8
Thüringen
2.093
0,9
1.549
2,1
3.642
1,2
Insgesamt
237.578
100
73.556
100
311.134
100
Mecklenburg-Vorpommern
Quelle: Statistisches Bundesamt (2004), Berechnungen der Hessen Agentur.
Gleichwohl entfällt lediglich ein Anteil von 1,1 Prozent an sämtlichen hessischen
Beschäftigten auf das Versicherungsgewerbe.
Bemerkenswert ist, dass in Hessen zwar rund 15 % aller in Deutschland ansässigen
Versicherungsunternehmen ihre Zentrale haben, dass jedoch der Anteil der in Hessen im Versicherungsgewerbe Beschäftigten an der Gesamtzahl der in diesem Sektor Beschäftigten 10 % beträgt. Offenbar ist Hessen in den Augen der Versiche-
49
Finanzplatz Frankfurt – Akteure
rungswirtschaft ein vergleichsweise attraktiver Standort für die Ansiedlung von Konzernzentralen.
Abbildung 8: Anzahl der Unternehmen* bzw. der Beschäftigten in der Versicherungswirtschaft
in Deutschland
Unternehmen
64
57
Tsd. Beschäftigte
47
42
31
24
21
14
30
16
89
11
31
1517
12
1
5
7
4
1
7
02
33
02
Ba
d
en
-W
ür
tte
mb
er
g
Ba
ye
rn
B
e
Br
an rlin
de
nb
ur
g
Br
em
e
Ha n
Me
mb
ck
len
ur
g
bu
He
rg
-V
ss
or
po en
mm
Ni
No ede ern
r
rd
rh sac
ein
h
-W sen
e
Rh
s
ein tfale
lan n
dPf
a
Sa lz
ar
lan
d
S
ac
Sa
h
c
s
Sc hsen en
hle
sw Anh
ig- alt
Ho
lst
Th ein
ür
ing
en
70
60
50
40
30
20
10
0
* Versicherungsunternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten.
Quelle: Darstellung der Hessen Agentur, Statistisches Bundesamt, MARKUS-Datenbank (2004), Recherchen der Hessen Agentur.
Unter den deutschen Großstädten ist gegenwärtig München mit insgesamt 29.000
sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern im Versicherungsgewerbe der bedeutendste Versicherungsplatz Deutschlands. Auf dem zweiten Rang liegt Köln mit
27.000 Arbeitnehmern. Hamburg ist der drittgrößte Versicherungsplatz, und zwar
mit 24.000 Arbeitnehmern. Mit erheblichem Abstand folgen hierauf das Rhein-MainGebiet mit 19.000 Arbeitnehmern, Stuttgart mit 16.000 Arbeitnehmern und Berlin mit
12.000 Arbeitnehmern. Hinsichtlich der Anzahl der Beschäftigten sind also die Abstände zwischen den bedeutenden Versicherungsstandorten eher groß (vgl. GDV,
2005a).
50
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
3.4
Die Versicherungswirtschaft in Hessen
3.4.1
Unternehmen und Beschäftigte der Versicherungswirtschaft
Die Anzahl der im Versicherungsgewerbe Beschäftigten in Hessen veränderte sich
während der vergangenen fünf Jahre kaum und bewegte sich zwischen 23.000 und
25.000. Ähnlich stabil war auch die Zahl der Beschäftigten an den beiden Standorten Frankfurt und Wiesbaden, die als Zentren der Assekuranzbranche mit gegenwärtig rund 9.000 bzw. 10.000 Arbeitnehmern im bundesweiten Vergleich gehobene
Ränge einnehmen. Dies sind in Frankfurt 1,9 % und in Wiesbaden 7,8 % sämtlicher
Beschäftigten.
Laut Tabelle 16 haben in Hessen 15 bedeutende Versicherungsgesellschaften bzw.
-konzernverbünde ihren Unternehmenssitz oder vorrangige Auslandsniederlassungen, und davon in Wiesbaden fünf und in Frankfurt sechs. Zu nennen wären hierunter im Hinblick auf Wiesbaden vor allem die R+V-VERSICHERUNG, die DELTA LLOYDGruppe (ehemals BERLINISCHE LEBEN) und die zum CREDIT SUISSE-Konzern gehörende DBV-WINTERTHUR-Gruppe. Ein bedeutsames öffentlich-rechtliches Versicherungsunternehmen ist die SPARKASSENVERSICHERUNG HESSEN-NASSAU-THÜRINGEN,
die seit 1. Januar 2004 mit der SPARKASSENVERSICHERUNG BADEN-WÜRTTEMBERG
fusioniert ist.
In Hinsicht auf den Versicherungsplatz Frankfurt ist als bedeutendstes ansässiges
Unternehmen die FRANKFURTER VERSICHERUNGS AKTIENGESELLSCHAFT zu erwähnen, die in Hessen derzeit 2.200 Mitarbeiter beschäftigt und seit 1929 zum ALLIANZKonzern gehört, weswegen sie unter der Firma FRANKFURTER ALLIANZ auftritt. Die
FRANKFURTER ALLIANZ gehört mit insgesamt knapp 4.000 Beschäftigten und Prämieneinnahmen von 2,5 Mrd. Euro zu den größeren Versicherungsgesellschaften in
Deutschland.
3.4.2
Internationalität der Versicherungswirtschaft
Die Internationalität des Versicherungsplatzes Frankfurt wird angesichts der Vielzahl
der dort vertretenen ausländischen Versicherungsgesellschaften und DeutschlandDirektionen besonders deutlich. Gegenwärtig sind im IHK-Bezirk Frankfurt 130 Versicherungsunternehmen vertreten, davon 90 deutsche und 40 ausländische Gesellschaften (vgl. IHK Frankfurt, 2005).
51
Finanzplatz Frankfurt – Akteure
Tabelle 18: Bedeutsame Versicherungsunternehmen mit Sitz in Hessen
Unternehmen (Tochtergesellschaften)
Sitz
Beschäftigte
Im Unternehmen
insgesamt
Anzahl
AIG-Gruppe (AIG Europe S.A., Direktion für Deutschland, AIG Financial Advisor Services
(Europe) S.A. Niederlassung Deutschland, AIG Global Energy)
Alte Leipziger-Hallesche-Gruppe (Alte Leipziger Leben, Hallesche Kranken, Alte
LeipzigerSach, Alte Leipziger Trust Investmentgesellschaft und Alte Leipziger Bauspar AG)
Basler-Securitas Versicherungsgesellschaft
Davon in Hessen
Anzahl
v. H.*
Frankfurt
130
130
0,5
Oberursel
3.350
1.950
8,2
530
530
2,2
DBV-Winterthur-Gruppe (DBV Deutsche Beamten-Versicherung AG, DBV-Winterthur
Krankenversicherung AG, DBV-Winterthur Lebensversicherung AG, DBV-Winterthur
Rechtsschutz Versicherung AG, DBV-Winterthur Rückversicherung AG, telcon Allgemeine
Versicherung AG, Delfin Direkt Krankenversicherung AG)
Delta Lloyd-Gruppe (Delta Lloyd Deutschland AG, Berlinische Lebensversicherung AG,
Hamburger Lebensversicherung AG, Commercial Union Lebensversicherung AG, Griess und
Heisel Bankiers, Delta Lloyd Investment Managers GmbH, BLV Grunstücks GmbH & Co. KG)
Wiesbaden
10.850
2.400
10,1
Wiesbaden
1.000
900
3,8
DEURAG Deutsche Rechtsschutz-Versicherung Aktiengesellschaft
Wiesbaden
210
130
0,5
Frankfurter Versicherungs Aktiengesellschaft (Frankfurter Allianz)
Frankfurt
3.970
2160
9,1
Helvetia Schweizerische Versicherungsgesellschaft, Direktion für Deutschland
Frankfurt
800
430
1,8
Interamerican Hellenic Life, Direktion für Deutschland
Frankfurt
150
150
0,6
11.900
4.100
17,2
100
90
0,4
2.020
1.200
5,0
R + V-Gruppe (R + V Allgemeine Versicherung AG, R + V Krankenversicherung AG,
R + V Lebensversicherung AG, R + V Rechtsschutzversicherung AG, KRAVAG-ALLGEMEINE
Versicherungs-AG, KRAVAG-Logistic Versicherungs-AG, Vereinigte Tierversicherung)
Schweizer-National-Versicherungs-AG in Deutschland
Sparkassenversicherung Hessen-Nassau-Thüringen
Bad Homburg
Wiesbaden
Frankfurt
Wiesbaden
Standard Life Versicherung
Frankfurt
470
470
2,0
Vereinigte Hagelversicherung VVaG
Gießen
150
70
0,3
Frankfurt
7.000
1.100
4,6
Zürich-Gruppe
*Anteil an sämtlichen in Hessen im Versicherungsgewerbe Beschäftigten.
Quelle: Recherchen der Hessen Agentur, Financial Times Deutschland (29.4.04), WIESBADENER KURIER (3.4.04), MARKUS-Datenbank (2004).
Bei den Herkunftsländern dominiert nach der Zahl der am Platz Frankfurt aktiven
ausländischen Gesellschaften eindeutig die Schweiz mit 16 Unternehmen vor
Frankreich und den USA mit 9 bzw. 7 Unternehmen (vgl. IHK Frankfurt, 2004). So
sind am Standort Frankfurt die deutschen Niederlassungen bzw. Tochtergesellschaften der ZURICH-FINANCIAL-GROUP, der SCHWEIZER-NATIONAL-VERSICHERUNG
und der HELVETIA VERSICHERUNG angesiedelt. Außerdem befinden sich in Frankfurt
die Deutschland-Direktionen der AIG EUROPE, einer Tochter der US-amerikanischen
Versicherungsgesellschaft AIG, wie auch der STANDARD LIFE INSURANCE COMPANY
und der größten griechischen Versicherungsgesellschaft, der INTERAMERICAN HELLENIC LIFE INSURANCE. Als Tochtergesellschaft eines schweizerischen Konzerns wäre ebenfalls die in Bad Homburg ansässige BASLER SECURITAS-VERSICHERUNGEN zu
52
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
nennen, die zur BALOISE-Gruppe gehört. Darüber hinaus haben in Gießen die VEREINIGTE HAGELVERSICHERUNG, der Marktführer im deutschen Hagelversicherungswesen, und in Oberursel die ALTE LEIPZIGER-HALLESCHE-Gruppe ihre Unternehmenszentralen.
Alles in allem lässt sich festhalten, dass Hessen nicht zuletzt für schweizerische,
französische und US-amerikanische Versicherungsgesellschaften eine prioritäre
Standortregion darstellt. Aus Tabelle 17 ist die herausragende Marktposition gerade
der in Hessen ansässigen schweizerischen Versicherungsunternehmen in der deutschen Versicherungsbranche ersichtlich. In Deutschland insgesamt haben während
des Jahres 2004 65 ausländische Versicherungsgesellschaften ihre Geschäfte aufgenommen, hierunter 15 britische, 13 irische und jeweils 4 Unternehmen aus Frankreich, Belgien und Schweden (vgl. GDV, 2005b).
Generell ist es – vor allem aufgrund von Informations- bzw. Datendefiziten – mit
nicht unerheblichen methodischen Schwierigkeiten verbunden, weiterführende
Strukturanalysen über in Deutschland tätige ausländische Versicherungsunternehmen durchzuführen. Im Aggregat waren 2002 in Deutschland die Anteile ausländischer Gesellschaften am Prämienaufkommen bei der Lebensversicherung mit
22,6 v.H. wesentlich höher als bei Schadensversicherungsprämien und bei der
Krankenversicherung, wo ausländische Gesellschaften 17,8 v.H. bzw. 13,9 v.H. der
Prämienzahlungen auf sich vereinen konnten (vgl. FARNY, 2002). Außerdem ist aufgrund komplexer Eigentümerstrukturen eine exakte Feststellung der tatsächlichen
Herkunft eines in Deutschland tätigen „ausländischen“ Versicherungsunternehmens
oftmals schwierig. Beispielsweise sind einige Versicherer aus den Vereinigten Staaten – wie beispielsweise die in Frankfurt ansässige AIG – nicht als Niederlassungen
des amerikanischen Mutterhauses tätig, sondern als Niederlassungen eines Tochterunternehmens in Europa, und hierbei überwiegend in Belgien. Nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) werden derartige Niederlassungen als solche von
Versicherungsunternehmen aus dem EU/EWR-Raum angesehen, obgleich es sich
hierbei faktisch um Vertretungen US-amerikanischer Versicherungsgesellschaften
handelt.
53
Finanzplatz Frankfurt – Akteure
Tabelle 19: Marktanteile ausländischer Versicherungsunternehmen auf dem deutschen
Erstversicherungsmarkt, 2000 (in v. H. des Prämienaufkommens)
Unternehmen aus
EU/EWR
Land
Italien
davon GENERALI
Drittländern
Anteil, v. H.
7,99
Land
Schweiz
Anteil, v. H.
6,15
7,99
davon DBV-WINTERTHUR
2,35
4,33
davon Zürich Gruppe
1,64
4,31
davon BASLER
1,15
UK
0,65
davon SCHWEIZERISCHE LEBEN
0,69
Schweden
0,11
davon HELVETIA
0,30
Niederlande
0,06
Davon SCHWEIZER NATIONAL
0,02
Österreich
0,06
Insgesamt
13,20
Frankreich
davon AXA
USA
Schweiz + USA
0,20
6,4
Quelle: Darstellung der Hessen Agentur in Anlehnung an FARNY (2002).
Außerdem besteht die Möglichkeit, dass deutsche Tochterunternehmen oder deutsche Teilkonzerne nicht in unmittelbarem Eigentum eines ausländischen Unternehmens, sondern einer Zwischenholding nach deutschem Recht bzw. mit deutschem
Sitz stehen. Rein formal haben derartige Versicherungsunternehmen zwar einen
deutschen Eigentümer, gehören jedoch de facto zu einem ausländischen Konzern.
Innerhalb der hessischen Versicherungswirtschaft trifft dies auf die Tochtergesellschaften der DBV-WINTERTHUR-Gruppe bzw. der ZÜRICH-GRUPPE DEUTSCHLAND
(ehemals ZÜRICH-AGRIPPINA) zu. Ob solche ausländischen Versicherer in den Statistiken tatsächlich als „Ausländer“ erfasst werden, lässt sich letztlich nicht überprüfen.
Eine besonders komplizierte Eigentumsverflechtung liegt dann vor, wenn ein deutsches Tochterunternehmen oder ein deutscher Teilkonzern zu einer Zwischenholding in einem anderen EU/EWR-Land gehört und sich diese wiederum im Eigentum
eines Mutterhauses in einem weiteren EU/EWR-Land befindet. Ein besonders prägnantes Beispiel für komplizierte Konzernverflechtungen innerhalb der Versicherungsbranche ist die in Wiesbaden ansässige DELTA LLOYD-GRUPPE, denn diese
gehört einer deutschen Holding, die im Eigentum einer niederländischen Oberholding steht. Diese ist wiederum einer britischen Ober-Oberholding zugehörig (vgl.
FARNY, 2002).
54
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
3.5
Die Ansiedlung des EU-Aufsichtsgremiums für das Versicherungswesen am
Finanzplatz Frankfurt
Das neue EU-Aufsichtsgremium für das Versicherungswesen – Committee of European Insurance and Occupational Pensions Supervisors (CEIOPS) – wird vor allem
mit der Ausarbeitung neuer Solvabilitätsregeln (“Solvency II“) befasst sein. Dieser
Ausschuss, dem der Status einer formell unabhängigen Institution zuerkannt wurde,
ist das Nachfolgegremium der 1958 gegründeten und in Paris ansässigen europäischen CONFERENCE OF THE INSURANCE SUPERVISORY AUTHORITIES. Sitz des CEIOPS-Sekretariates ist Frankfurt am Main. Dieser Umstand bringt es mit sich, dass
Fachkräfte aus unterschiedlichen Feldern der Versicherungsaufsicht in Frankfurt tätig sind, so etwa in den Bereichen Marktanalyse, Administration und Organisation.
Unterstützt wird dieses zusätzlich von einem „virtuellen Sekretariat“. Aus diesem
Grunde wird die weitere Ansiedlung einer nicht unerheblichen Anzahl von Versicherungsexperten am Finanzplatz Frankfurt erhofft.
Die Aufgaben des CEIOPS beinhalten im Wesentlichen:
•
Beratung der EU Kommission insbesondere bei der Ausarbeitung von Entwürfen
für Durchführungsbestimmungen in den Bereichen Versicherungs- und Rückversicherungswesen und betriebliche Altersversorgung;
•
Beitrag zur konsequenten Umsetzung der Richtlinien der Gemeinschaft und zur
Abstimmung der aufsichtsbehördlichen Abstimmung innerhalb der Gemeinschaft;
•
Einrichtung eines Forums für die Zusammenarbeit und den Austausch von Informationen über beaufsichtigte Einrichtungen;
•
Forcierung der Konvergenz bei der Beaufsichtigung von Versicherungsunternehmen und Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung.
Beschlussgemäß werden die Mitglieder des CEIOPS mindestens dreimal jährlich
zusammenkommen, und zwar davon in der Regel zweimal in Frankfurt und einmal
in Brüssel. CEIOPS besteht aus insgesamt sieben Mitgliedern, nämlich aus einem
Vorsitzenden, einem stellvertretenden Vorsitzenden sowie fünf Beisitzern, die sämtlich für drei Jahre gewählt werden. Vorsitzender des Komitees ist HENRIK BJERRENIELSEN aus Dänemark, Stellvertretender Vorsitzender ist THOMAS STEFFEN, der
Erste Direktor der BAFIN. Beisitzer sind JOHN TINER (Vereinigtes Königreich), FLORENCE LUSTMAN (Frankreich), MICHEL FLAMÉE (Belgien), JURIJ GORISEK (Slowenien)
sowie MARIJUS MIKALAUSKAS (Litauen).
Außerdem wird CEIOPS von einem Gremium aus Vertretern von Verbänden der
Versicherungsbranche und der Verbraucher beraten. Hierunter sind beispielsweise
die AISAM (ASSOCIATION INTERNATIONALE DES SOCIETES D’ASSURANCE MUTUELLES),
55
Finanzplatz Frankfurt – Akteure
die ACME (ASSOCIATION DES ASSUREURS COOPERATIFS ET MUTUALISTES EUROPEENS) oder das BEUC (BUREAU EUROPEEN DES UNIONS DE CONSOMMATEURS) zu
nennen.
Primäres Ziel der Versicherungsaufsicht ist es, eine angemessene Eigenkapitalausstattung der Versicherungsunternehmen und somit eine dauerhafte Erfüllbarkeit der
Versicherungsverträge sicherzustellen. Das neuartige Aufsichtssystem soll es den
Aufsichtsbehörden mithilfe von geeigneten qualitativen und quantitativen Instrumenten ermöglichen, sozusagen die „Gesamtsolvabilität“ eines Versicherungsunternehmens zu beurteilen. Analoges gilt für die Beaufsichtigung von Unternehmensgruppen bzw. Konzernen. Daher besteht das künftige Beurteilungssystem nicht nur
aus quantitativen Koeffizienten und Indikatoren, sondern berücksichtigt auch qualitative Aspekte, welche die tatsächliche Bonität eines Unternehmens nicht unwesentlich beeinflussen, wie etwa das Management, die Wettbewerbslage oder das interne
Risiko-Controlling. Darüber hinaus soll der künftige Regulierungs- und Aufsichtsrahmen langfristig innerhalb der EU zu einer verstärkten Harmonisierung der Versicherungsaufsicht führen und auf diese Weise zur Schaffung einheitlicher Wettbewerbsbedingungen innerhalb der Versicherungsbranche wie auch zwischen den
einzelnen Finanzbranchen beitragen. Des Weiteren übt die Versicherungsaufsicht
dahingehend Anreize auf die betroffenen Unternehmen aus, dass diese ihre Geschäftsrisiken sachgerecht einschätzen. Überdies soll CEIOPS Empfehlungen darüber erarbeiten, welche Teilbereiche der Versicherungsaufsicht zweckmäßigerweise
auf EU-Ebene bzw. auf der jeweiligen nationalen Ebene angesiedelt sein sollen (vgl.
EUROPÄISCHE KOMMISSION, 3.3.03 sowie 19.9.03).
Die tatsächlichen Folgewirkungen der Ansiedlung des CEIOPS auf den Finanzplatz
Frankfurt sind schwer abzuschätzen. Aufgrund der Tätigkeit von Versicherungsexperten und der hiermit verbundenen räumlichen Bündelung von Fachkompetenz innerhalb der unterschiedlichen Abteilungen des Aufsichtskomitees ist auf lange Sicht
mit Sicherheit von einer Stärkung dieses Standorts auszugehen. Nicht zu vergessen
sind hierbei auch die Folgeeffekte, die sich aus dem Zusammenspiel zwischen der
Versicherungswirtschaft und dem Aufsichtsgremium ergeben werden. Nicht zuletzt
im Rahmen von Symposien und Fachveranstaltungen wird dies in vielerlei Hinsicht
die öffentliche Aufmerksamkeit auf die Versicherungsbranche lenken, was zweifellos zu einer Stärkung des Finanzplatzes Frankfurt beitragen wird.
Seit Anfang 2005 ist Herr Prof. Wrabetz Landesbeauftragter für den Versicherungsbereich. Die Bestellung zählt zu den fördernden Maßnahmen der Landesregierung,
den EU-Versicherungsausschuss und den Versicherungsstandort zu unterstützen.
Der Versicherungsbeauftragte erfüllt als Repräsentant der Versicherungswirtschaft
eine Botschafterfunktion nach außen und eine Beraterfunktion gegenüber der Landesregierung. Er pflegt intensiven Kontakt zu CEIOPS und den Vertretern der Versi-
56
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
cherungswirtschaft. Unter seiner Leitung befasst sich der Arbeitskreis der Versicherungswirtschaft in der Rhein-Main-Region mit Maßnahmen zur Förderung des Finanzplatzes Frankfurt/Rhein-Main.
3.6
Fazit
In der Versicherungswirtschaft vollzog sich in Deutschland während der jüngeren
Vergangenheit ein Strukturwandel, der insbesondere mit einer deutlichen Verminderung der Anzahl der Versicherungsunternehmen einherging, was zu einem überwiegenden Teil über Fusionen und Übernahmen erfolgte. Demgegenüber blieb die Anzahl der Beschäftigten in diesem Sektor nahezu konstant. Vor allem im Zuge forcierter Aktivitäten ausländischer Versicherungskonzerne und aufgrund der zukünftig
vom CEIOPS zu beaufsichtigenden Einhaltung neuartiger Eigenkapitalrichtlinien
wird der Wandel im Versicherungsgewerbe sicherlich noch weiter voranschreiten.
Vor allem die Lebensversicherungsbranche ist derzeit aufgrund vielfältiger Ursachen mit Ertragsproblemen konfrontiert, sie sieht gleichwohl jedoch umfangreiche
neue Marktpotentiale in der privaten Altersvorsorge.
Alles in allem weist das Versicherungsgewerbe in Hessen eine große Bandbreite an
unterschiedlichen Sparten bzw. Unternehmen auf. In der Versicherungsbranche ist
ein gutes Prozent sämtlicher Beschäftigten in Hessen tätig, für den Finanzplatz
Frankfurt hat dieser Wirtschaftszweig allerdings auch aufgrund der Kapitalverflechtungen zwischen Großbanken und Versicherungskonzernen eine erhebliche strukturelle Bedeutung. Im Bundesvergleich nehmen die Versicherungsstandorte Frankfurt
und Wiesbaden eine herausragende Position ein. Besonders hervorheben ist die
hohe Anzahl der im Rhein-Main-Gebiet ansässigen ausländischen Versicherungsgesellschaften. Hierbei handelt es sich vor allem um schweizerische, französische
und US-amerikanische Unternehmen. In der Branche der öffentlich-rechtlichen Versicherungen wurde mit dem Zusammenschluss der SPARKASSENVERSICHERUNG BADEN-WÜRTTEMBERG mit der SPARKASSENVERSICHERUNG HESSEN-NASSAU-THÜRINGEN ein bedeutender Schritt in Richtung größere Unternehmensstrukturen vollzogen, dem bald noch weitere Fusionen oder Übernahmen folgen könnten. Allerdings
befindet sich die Zentrale des neuen Versicherungskonzerns nicht in Hessen, sondern in Baden-Württemberg.
Von Vertretern der Versicherungswirtschaft werden die Standortfaktoren am Finanzplatz Frankfurt als ausgesprochen günstig bewertet. Besonders hervorzuheben
ist offenbar die verkehrsräumliche Lage und die Nähe zu zahlreichen anderen Institutionen der Finanzbranche. Auch ist das Gehaltniveau durchaus ähnlich wie an anderen Versicherungsstandorten in Deutschland. Zudem wird die hohe Anzahl an gut
ausgebildeten Fachkräften gelobt. Um das Qualifikationsniveau bei den Beschäftigten weiter zu erhöhen, möchten Branchenvertreter jedoch weitere Initiativen ergrei57
Finanzplatz Frankfurt – Akteure
fen. So unterstützen mehrere im Rhein-Main-Gebiet ansässige Versicherungsgesellschaften, hierunter beispielsweise die DBV-WINTERTHUR-Gruppe, den an der
Johann Wolfgang Goethe-Universität bestehenden Förderkreis der Versicherungslehre (vgl. FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND, 29.4.04).
Von herausragender Bedeutung für die Entwicklungsperspektiven der deutschen
Versicherungswirtschaft in Deutschland wird die vom CEIOPS ausgearbeitete Harmonisierung der unternehmensrechtlichen, aufsichtsrechtlichen und steuerrrechtlichen Rahmenbedingungen innerhalb der EU bzw. des EWR sein. Auf den sehr international ausgerichteten Versicherungsstandort Frankfurt trifft dies in besonderer
Weise zu. Solange die Tätigkeitsvoraussetzungen für Versicherungsgesellschaften
innerhalb dieses Wirtschaftsraumes sehr unterschiedlich sind, ist zu erwarten, dass
auch weiterhin Teile des Versicherungsgeschäfts in Länder mit besonders günstigen Standortbedingungen ausgelagert und von dort erforderlichenfalls über Niederlassungen oder über den freien Dienstleistungsverkehr in andere Länder „exportiert“
bzw. „reimportiert“ werden. Beispielweise hat der AXA-Konzern mittlerweile sein
komplettes Industrieversicherungsgeschäft am Standort Paris zusammengefasst,
um von dort aus sämtliche nicht-französischen Märkte zu bedienen. Ähnliche
Standortentscheidungen wurden schon vor langem in den Rückversicherungsunternehmen getroffen, insbesondere im Hinblick auf den Finanzplatz Dublin oder auf
Steueroasen in Drittländern. Derartige Strategien stehen vermutlich auch bei deutschen Erstversicherungsunternehmen zur Diskussion, die über im Ausland ansässige Tochtergesellschaften oder Niederlassungen auch den deutschen Markt bearbeiten könnten. Vor allem betrifft dies Lebensversicherungsgesellschaften, die in
Deutschland gemäß dem gesetzlichen Verbot der Organschaft getrennt von anderen Versicherungssparten operieren müssen und infolge der künftigen Besteuerung
von Kapitallebensversicherungen gegenüber Lebensversicherern im Ausland
durchaus eine Benachteiligung in Kauf nehmen müssen. So ist einerseits anzunehmen, dass schon heute in kleineren Ländern der EU – z. B. Luxemburg oder Irland
– umfangreiche Teile des Versicherungsgeschäfts faktisch Auslandsgeschäfte sind,
ohne dass dies faktisch nachprüfbar wäre (vgl. FARNY, 2002). Andererseits ergeben
sich für den Finanzplatz Frankfurt aus einem freien Dienstleistungsverkehr insofern
umfangreiche Geschäftspotentiale, als dass die dort ansässigen ausländischen
Versicherungsunternehmen aufgrund von spezifischen Standortkonditionen des
Rhein-Main-Gebietes zusätzliche Geschäftsbereiche dorthin verlagern, so beispielsweise wegen der hervorragenden Verkehrsanbindung. Zu nennen wären des
Weiteren ein im Vergleich zu Zürich, London oder Paris eher niedriges Gehaltsniveau, jedoch ein mindestens genauso hohes Qualifikationsniveau bei den Versicherungsfachkräften. Auch im Kontakt mit der Versicherungswirtschaft gilt es auf diese
Standortkonditionen immer wieder hinzuweisen.
58
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Die langfristigen Folgewirkungen der geplanten neuen Solvabilitätskritierien auf die
Versicherungsbranche sind aus Sicht der politischen Entscheidungsträger und der
betroffenen Versicherungsunternehmen schwer abzuschätzen. Allerdings trägt die
über eine hinreichende Eigenkapitalausstattung gewährleistete Vertragserfüllung mit
Sicherheit zu einer Stabilisierung der Versicherungsmärkte bei, was sich auch bei
den Versicherungskunden in ein positives Image umsetzen lässt. Ähnliches gilt für
die gesetzlich garantierte Mindestverzinsung. Obwohl diese auf der einen Seite die
Spielräume zur Gewinnerzielung erheblich beeinflusst, ist sie auf der anderen Seite
ein Signal der Sicherheit für die Versicherungsnehmer. Gerade im Hinblick auf die
zukünftig zu erwartende weitere Ausdehnung der privaten Altersvorsorge ist dieser
Aspekt nicht zu unterschätzen und sollte bei weiteren politischen Maßnahmen berücksichtigt werden.
Schon seit längerem ist die Versicherungswirtschaft in Deutschland mit einer Ertragsschwäche konfrontiert, so dass dieser Sektor unter einem erheblichen Umstrukturierungsdruck steht. Nicht zuletzt aus diesem Grunde werden von Branchenvertretern gravierende Veränderungen der politischen Rahmenbedingungen angemahnt. Insbesondere eine weitere Senkung der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestverzinsung bei Kapitallebensversicherungsverträgen steht regelmäßig zur Diskussion, weil diese im Zusammenhang mit den Entwicklungen auf den Kapitalmärkten die Gewinnmargen der Versicherungsgesellschaften in hohem Maße determiniert. Desweiteren wird immer wieder die Aufhebung des Organschaftsverbotes vorgeschlagen. Dieses untersagt Versicherungsgesellschaften die kombinierte Tätigkeit in den Sparten Lebensversicherung und Krankenversicherung im Rahmen eines Einheitsunternehmens, weswegen der direkte Gewinn- und Verlustausgleich
zwischen unterschiedlichen Versicherungszweigen kaum möglich ist. Zum Zwecke
einer Verringerung der zu versteuernden Gewinne fordern Vertreter der Versicherungswirtschaft zudem die Ermöglichung von Abschreibungen auf Aktienvermögen
infolge etwaiger Kursrückgänge. Dieser Aspekt ist gerade im Hinblick auf die während der vergangenen fünf Jahre vergleichsweise hohe Volatilität auf den Aktienmärkten von erheblicher Relevanz.
Im Hinblick auf eine Konkretisierung politischer Maßnahmen zur Stärkung des Finanzplatzes Frankfurt ist eine verstärkte Einbindung von Vertretern der Versicherungswirtschaft unabdingbar. Wegen der ausgeprägten Internationalität der Versicherungsstandorte Frankfurt und Wiesbaden hat man es hier mit sehr komplexen
Konzernverflechtungen zu tun, so dass die konkrete Ansprache der betreffenden
Akteure mit Umsicht erfolgen sollte. Auch gilt es im Kontakt mit Vertretern der Versicherungsbranche immer wieder auf die Standortvorteile am Finanzplatz Frankfurt
hinzuweisen.
59
Finanzplatz Frankfurt – Rahmenbedingungen
II Rahmenbedingungen
1
Marketingaktivitäten für die Finanzplätze London, Paris und München
im Vergleich zu Frankfurt
Im Jahr 2004 hat das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung die Hessen Agentur damit beauftragt, Aktivitäten zur Vermarktung der
Finanzplätze London, Paris und München zusammenzustellen und sie mit Marketingaktivitäten für den Finanzplatz Frankfurt zu vergleichen. Die Grundlagen der Untersuchung bilden Internetrecherchen.
1.1
London
Der Finanzplatz London zählt zusammen mit New York und Tokio zu den wichtigsten Finanzplätzen der Welt. An der Stärkung seiner Attraktivität als Finanz- und
Wirtschaftsstandort arbeiten eine Vielzahl von Organisationen der Wirtschaft, der
Börsen, der Stadt-, Regional- und Landespolitik sowie die Bank von England. Im
Folgenden sollen die wichtigsten „Promoter“, ihre Ziele und Aufgaben skizziert werden.
1.1.1
IFSL – International Financial Services London
Die IFSL wurde 1986 als eine unabhängige, nicht-gewinnorientierte Organisation
gegründet. Sie steht in engem Kontakt mit Finanz-, Wirtschafts- und Außenministerium und versteht sich als Mittler von Politik und Finanzwirtschaft. Zu ihren Mitgliedern zählen neben allen führenden in UK bzw. in London ansässigen Finanzunternehmen die Verbände der Finanzwirtschaft und die Börsen ebenso wie die Bank of
England und die Corporation of London.
Die wesentliche Aufgabe der IFSL ist die internationale Vermarktung des Finanzplatzes London. In Kooperation mit der Regierung werden zahlreiche Veranstaltungen im In- und Ausland organisiert, auf denen das Leistungsspektrum und die Produktpalette des Londoner Finanzplatzes vorgestellt werden (e. g. PPP; Privatisation;
Pension Reform; Private Wealth Management; Training and Qualifications; and International Dispute Resolution).
Via Internet werden zahlreiche Gutachten und Statistiken zur Bedeutung Londons
als internationales Finanzzentrum bereitgestellt.
60
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
1.1.2
Bürgermeister der City of London (Corporation of London)
Eine zentrale Aufgabe des jeweils für ein Jahr ernannten Bürgermeisters (Lord
Mayor) der City of London, also dem Teil der Stadt in dem das Finanzgeschäft der
Metropole schwerpunktmäßig konzentriert ist, besteht darin, im In- und Ausland für
den Finanzstandort London und die „Großbritannien AG“ zu werben.
Auf Einladung des Außenministeriums absolviert er in Begleitung einer hochrangigen Wirtschaftsdelegation ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm weltweit.
Zielländer im Jahr 2005 waren beispielsweise die folgenden Länder (Städte):
Kuwait (Kuwait Stadt); Libyen (Tripoli); Malta (Valetta); Tunesien (Tunis); Iran
(Tehran); Oman (Muskat); Katar (Doha); Griechenland (Athen); Zypern (Nikosia);
Deutschland (Hamburg, Berlin, München); Norwegen (Oslo); Malaysia (Kuala
Lumpur); Vietnam (Hanoi, Ho Chi Minh); Singapur; Chile (Santiago); Argentinien
(Buenos Aires); Brasilien (Sao Paulo , Brasilia); Kanada (Vancouver, Edmonton,
Calgary) und die Cayman Inseln
sowie die Europäische Kommission in Brüssel. Dabei werden ausdrücklich auch die
Interessen der Städte Edinburgh, Glasgow, Manchester, Leeds, Birmingham and
Bristol vertreten, neben London die Zentren des Privatkundengeschäfts in Großbritannien.
Besonders positiv ist das beeindruckende Angebot an Gutachten zum Finanzmarkt
und anderen London spezifischen Themen, das auf den Internetseiten der City of
London (http://www.cityoflondon.gov.uk) zur Verfügung steht, hervorzuheben. Eine
umfangreiche Link-Struktur informiert darüber hinaus über alle relevanten Institutionen der Wirtschaftsforschung.
1.1.3
„London First“ und „Think London“
London First wurde auf Initiative von Wirtschaft und Hochschulen mit dem Ziel gegründet, für den Wirtschaftsstandort London zu werben und ihn weiter zu verbessern. Die Aktivitäten reichen von der Ansiedlung neuer Unternehmen, der Verbesserung der Infrastruktur und dabei insbesondere dem Ausbau des Verkehrssystems,
der Schaffung neuer Arbeitsplätze bis hin zur Bereitstellung von bezahlbaren Wohnungen. Der Finanzsektor zählt dabei zwar als ein wichtiger Wirtschaftssektor, bildet
in den Marketingaktivitäten aber keinen besonderen Schwerpunkt.
Ähnliches gilt für Think London, eine Privat-Public-Partnership (von London First
mit der London Development Agency (LDA), der Corporation of London u. a.) und
die offizielle Kontaktadresse für ausländische Investoren in London. „Think London
brings new investment and skills to London. It also promotes London internationally
61
Finanzplatz Frankfurt – Rahmenbedingungen
as a business destination around the world, reinforcing its reputation as a global city
and ensuring that it remains Europe’s leading business destination.”
Think London ist Ansprechpartner für ansiedlungsinteressierte Unternehmen aus allen Wirtschaftsbereichen, die vertrauenswürdig und unentgeltlich beraten werden,
denen sektorspezifische Informationen in ansprechender Form zur Verfügung gestellt und weitere Ansprechpartner auf allen Ebenen der Londoner Wirtschaft vermittelt werden können.
1.1.4
Zwischenfazit London
Ein breites Informationsangebot zu allen London bzw. die Region Greater London
insgesamt betreffenden Themen – z.B. Organisation, Tourismus, Verkehr, Wirtschaft – wird von der City of London und der Greater London Authority (GLA) bereitgestellt. Innerhalb der GLA erfüllt die im Jahr 2000 gegründete London Development Agency (http://www.lda.gov.uk) die Aufgabe der Regionalentwicklung. In
Fragen der Wirtschaftsförderung und insbesondere der Ansiedlung von Unternehmen besteht eine enge Zusammenarbeit mit der oben beschriebenen Organisation
Think London.
Die Vermarktung speziell des Finanzplatzes London konzentriert sich arbeitsteilig
auf die International Financial Services London (IFSL) und auf die City of London.
De facto sind aber alle relevanten Finanzplatzakteure über die gegenseitige Vernetzung der Mitgliedschaft und durch persönliche Kontakte involviert. Im Gegensatz zur
Deutschen Bundesbank ist die Bank of England beispielsweise als Gründungsmitglied der IFSL aktiv an der Vermarktung des Finanzplatzes UK bzw. London beteiligt.
Durch seine hochkarätig besetzten Delegationsreisen ist der Major der City of London eine zentrale Person für das Finanzplatzmarketing im In- und Ausland. Für die
inhaltliche und organisatorische Vorbereitung der Reisen gibt es offensichtlich einen
eingespielten organisationsübergreifenden Mitarbeiterstab. Bemerkenswert ist auch
das umfangreiche Informationsmaterial - Studien, Statistiken, Stellungnahmen und
Werbebroschüren – das aktuell zum Herunterladen auf den Internetseiten und in
gedruckter Form für Werbezwecke zur Verfügung steht.
Zur Vermarktung Londons als Wissenschaftliches Kompetenzzentrum für Finanzmarktfragen aller Art besteht eine beeindruckende Fülle an Lehrstühlen sowie universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Es fehlt allerdings eine
übersichtliche Darstellung welches Team an welchem Thema forscht ebenso wie
eine aktuelle Übersicht zu finanzplatzrelevanten Veranstaltungen, Fachvorträgen,
und Diskussionsrunden.
62
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
1.2
Paris
1.2.1
Paris Europlace
Die Internetrecherche nach Marketingaktivitäten für den Finanzplatz Paris ergab als
zentrale Anlaufstelle „Paris Europlace“. Neben den Gründungsmitgliedern
•
Banque de France,
•
Caisse des Dépôts et Consignations,
•
AFECEI – die Vereinigung der französischen Kreditinstitute und Investmentunternehmen, in der alle nationalen Bankenverbände vertreten sind,
•
der Industrie- und Handelskammer, Paris
•
der Stadt Paris und dem Conseil Régional d'Ile de France
•
sowie Euronext Paris und Euroclear,
gehören Paris Europlace heute über 150 Mitglieder an. Dazu zählen alle wichtigen
Finanzplatzakteure – Banken, Investmenthäuser, Emittenten, Asset-Management,
Verbände, Rechtanwaltskanzleien und Unternehmensberatungen etc.
Paris Europlace nennt fünf Hauptpunkte, die zur Vermarktung und Weiterentwicklung des Finanzplatzes Paris verfolgt werden:
1. Internationales Marketing
Jährlich werden mehrere internationale Finanz-Foren veranstaltet. Die drei größten
Foren mit bis zu 1.500 Teilnehmern finden immer in Paris, New York und Tokio
statt. Daneben wurden seit 1993 auch in mehr als 30 anderen Ländern Veranstaltungen organisiert.
2. Reform- und Aktionsprogramme
Auf Basis eines im Jahr 2002 aufgelegten Strategieplans sollen insgesamt 9 Aktionsfelder umgesetzt werden:
•
Creating «hubs» in Paris to develop European financial activities,
•
Improving access to financing for growth companies,
•
Strengthening the asset management industry in Paris,
•
Developing electronic financial services in the Paris market,
•
Supporting the ongoing development of Euronext,
•
Setting up research and educational capacities,
63
Finanzplatz Frankfurt – Rahmenbedingungen
•
Improving the tax and regulatory environment,
•
Strengthening financial research in Paris,
•
Expanding the Paris market's communications strategy.
Dazu wurden Arbeitsgruppen eingerichtet, um politische Handlungsempfehlungen
zur Entwicklung des Finanzmarktes Paris vorzubereiten.
3. Veröffentlichung von Gutachten, Stellungnahmen und Statistiken
Wichtige Gutachten wie beispielsweise
•
What measures to take to make the French asset management industry more
competitive? (Gérard de La MARTINIÈRE - 1996)
•
What prospects for the development of the Paris financial market in the light of
introduction of the euro? (Pierre SIMON - 1997)
•
What adjustments to regulatory and fiscal texts to open the Paris financial market more fully to firms abroad? (Working documents)
•
What do issuers expect from the Paris financial market and what proposals for
action? (Philippe CAMUS - 1998)
•
What directions for the strategic development of the Paris financial market? (Paris EUROPLACE/Mc Kinsey & Co Report, 2001)
•
Paris as a European electronic platform: Action Plan (Paul MENTRÉ, 2002)
•
What reforms to implement to make the Paris regulatory environment more favorable and compliant to international standards? (Paris market committee for
financial law - Paris EUROPLACE, 2002)
können herunter geladen werden. Darüber hinaus besteht auf den Internetseiten
von Paris Europlace ein breites Download Angebot an finanzplatzrelevanten Statistiken, Stellungnahmen und sonstigen Veröffentlichungen der Mitgliedsorganisationen, der Ministerien und der EZB.
4. Lobbying in Frankreich
Paris EUROPLACE betreibt eine erfolgreiche nationale Lobby-Arbeit: Als (erste) Erfolge bei der Änderung gesetzlicher und steuerlicher Rahmenbedingungen sind z.B.
zu nennen:
64
•
Ausweitung der für Unternehmenshauptsitze geltenden steuerlichen Sonderbehandlung auf Finanzdienstleistungsunternehmen generell,
•
Abschaffung des CIF (einer Sondersteuer für Finanzinstitute),
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
•
Steueränderung für UCITS,
•
Steuerreduzierung für Immobiliengesellschaften (FSIF French federation of
real-estate companies),
•
Aufhebung der Aktienbesteuerung für ausländische Investoren.
5. Lobbying auf Europäischer Ebene
Paris EUROPLACE pflegt darüber hinaus enge Kontakte auf europäischer Ebene,
der Kommission und dem Parlament. Unter der Bezeichnung «Europe post 2005»
wurde eine Arbeitsgruppe gegründet, um die Position des Finanzplatzes Paris in
den EU-Vorschlägen zu vertreten.
1.2.2
Zwischenfazit Paris
Das allgemeine Marketing für den Wirtschaftsstandort Paris wird von Paris Developpement (http://www.parisdeveloppement.com) koordiniert. Paris Developpement
ist eine gemeinsame Initiative der Stadt Paris und der Industrie- und Handelskammer Paris. Die Ziele und das Programm der Initiative sind vergleichbar dem von
London First und Think London für London.
Die Vermarktung des Finanzplatzes Paris ist bei der Initiative Paris Europlace konzentriert, die entweder direkt oder indirekt durch seine Mitglieder in allen den Finanzplatz Paris betreffenden nationalen und europäischen Themen involviert ist.
Die Zusammenarbeit mit der Banque de France, die Gründungsmitglied ist, und mit
der französischen Regierung spielt dabei eine besondere Rolle. So nehmen bei
großen Informationsveranstaltungen im In- und Ausland – wie beispielsweise im
März in Hong Kong – hochrangige Vertreter der Banque de France, des Französischen Wirtschaftsministeriums und der Mitgliedsunternehmen als Referenten und
Diskutanten teil.
Als Schwachstellen des Internetauftritts von Paris Europlace sind zu nennen, dass:
•
kein Kalender der finanzplatzrelevanten Veranstaltungen gepflegt wird und
•
eine Übersichtsseite zu finanzplatzrelevanten Lehrstühlen und Forschungseinrichtungen fehlt.
65
Finanzplatz Frankfurt – Rahmenbedingungen
1.3
1.3.1
München
Finanzplatz München Initiative
Die Marketingaktivitäten für den Finanzplatz München sind im Wesentlichen in der
im Jahr 2002 unter Federführung des Bayerischen Wirtschaftsministeriums ins Leben gerufenen und in der Börse München angesiedelten Finanzplatz München Initiative gebündelt (http://www.fpmi.de/). Auf den Internet-Seiten des Bayerischen Wirtschaftsministeriums ist zum Thema Finanzplatz München lediglich ein Link zur Initiative zu finden.
In der Finanzplatz München Initiative wirken die wesentlichen Finanzdienstleister
und Institutionen der Wirtschaft mit, um Erscheinungsbild und Attraktivität des Finanzplatzes zu stärken und die Kommunikation der wissenschaftlichen Einrichtungen mit dem Finanzdienstleistungssektor zu intensivieren.
Erklärtes Ziel der Finanzplatz München Initiative ist die Förderung des Finanzplatzes München durch
66
•
Maßnahmen zur Stärkung des Erscheinungsbildes des Finanzplatzes. Dazu
gehört die Veröffentlichung eines Finanzplatzkalenders, in dem einschlägige
Veranstaltungen in München eingestellt sind, aber auch bayernweite Veranstaltungen aufgenommen werden.
•
die Weiterentwicklung der wirtschafts- und finanzwissenschaftlichen Infrastruktur durch Vernetzung vorhandener Einrichtungen sowie die Förderung des Austausches zwischen Wissenschaft und Praxis. In München sollen zudem ein Finance Research Center sowie eine Business School etabliert werden.
•
die Steigerung der Attraktivität des Finanzplatzes für die Gewinnung von Spitzenkräften im Wettbewerb mit anderen Standorten und Branchen. Hierzu gehört
auch die Schaffung einer englischsprachigen Community in München, um englischsprachige Finanzexperten nach München zu bringen und dort zu integrieren.
•
die Verstärkung der Kommunikation für den Wagniskapitalmarkt und die Mittelstandsfinanzierung zur Verbesserung der Markttransparenz und Zusammenführung von Kapitalgebern und jungen Wachstumsunternehmen bzw. mittelständischen Unternehmen.
•
die Förderung und Weiterentwicklung der Bayerischen Börse durch verstärkte
Inanspruchnahme der von der Börse angebotenen Finanzdienstleistungen.
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
1.3.2
Zwischenfazit München
Die allgemeine Wirtschaftsförderung der Stadt München ist im Referat für Arbeit und
Wirtschaft angesiedelt. Als besonders intensiv wird die Zusammenarbeit mit den
Branchennetzwerken der Wachstumsbranchen (Multi-)Media, IT und der Biotechnologie erwähnt. München als Finanzstandort spielt auf den Internetseiten der Stadt
insgesamt nur eine geringe Rolle.
Das Marketing für den Finanzplatz München ist in der Finanzplatz München Initiative konzentriert. Der Internetauftritt der Initiative und die darin angebotenen Informationen sind im Vergleich zu den vorgestellten Initiativen in London und Paris deutlich
schlechter zu bewerten: Wie beispielsweise die von der Initiative formulierten Zielvorstellungen realisiert werden sollen, welche konkreten Aktivitäten verfolgt werden
und welche Arbeitsgruppen dazu eingerichtet wurden bleibt offen.
67
Finanzplatz Frankfurt – Rahmenbedingungen
1.4
Marketingaktivitäten für den Finanzplatz Frankfurt
Frankfurt hat sich gemessen an der Zahl der ansässigen Banken und deren Geschäftsvolumen, den Umsätzen der Deutschen Börse oder der Zahl der im und für
den Finanzsektor tätigen Beschäftigten in den letzten Jahrzehnten zum nationalen
Finanzzentrum und neben London zum bedeutendsten Finanzplatz in Europa entwickelt. Dieser Geltung als Wirtschaftsfaktor entsprechend wurden zahlreiche Initiativen und Aktivitäten mit dem Ziel ins Leben gerufen, den Finanzplatz weiter zu stärken, seine Entwicklungsperspektiven zu verbessern und für ihn im In- und Ausland
zu werben.
Im Gegensatz zur IFSL in London, zu Paris Europlace oder zur Finanzplatz München Initiative ist es jedoch am Finanzplatz Frankfurt bisher noch nicht gelungen,
eine gemeinsame Plattform der verschiedenen Initiativen für einen regelmäßigen
Meinungs- und Informationsaustausch sowie für die Entwicklung gemeinsamer Strategien zu bilden. Dies ist eine wesentliche Voraussetzung für ein auf breiter Basis
abgestimmtes Marketingkonzept für den Finanzplatz Frankfurt.
Im Folgenden sollen diejenigen Initiativen dargestellt werden, die als Partner für einen gemeinsamen Marketingauftritt zu gewinnen wären. Das Spektrum reicht dabei
68
•
von sehr eng auf den Finanzplatz Frankfurt ausgerichteten Initiativen, wie die
Finanzplatz Frankfurt Kommission, das Zukunftsforum Finanzplatz Frankfurt,
das Dialogforum Universität und Finanzplatz Frankfurt, die in der IHK Frankfurt
angesiedelten Banken- und Versicherungsausschüsse, der Bankenverband
Hessen aber auch die ressortübergreifende Initiative der Landesregierung zur
Stärkung der Finanzmetropole und die Servicestelle Finanzplatz-Frankfurt
•
über am Finanzplatz Frankfurt angesiedelte, aber für den Finanzplatz Deutschland agierende Initiativen und Institutionen, wie die Initiative Finanzstandort
Deutschland, das Deutsche Aktieninstitut, der Verband der Auslandsbanken,
das International Bankers Forum sowie die Bundesbank
•
bis hin zu regional und branchenmäßig breit orientierten Initiativen, wie die
Wirtschaftsförderung Frankfurt, die Wirtschaftsförderung Region Frankfurt
RheinMain, die Wirtschaftsinitiative Metropolitana FrankfurtRheinMain, das IHKForum Rhein-Main sowie die im Sommer 2005 gegründete FrankfurtRheinMain
GmbH - International Marketing of the Region.
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
1.4.1
Finanzplatzrelevante Initiativen im engen Sinn
Finanzplatz Frankfurt Kommission - „Financial Center Frankfurt“
Die Finanzplatz Frankfurt Kommission wurde im Jahr 2003 auf Anregung der Wirtschaftsförderung Frankfurt gegründet. Vertreter der Finanzinstitute, des Landes
Hessen und der Wirtschaft setzen sich hier für die Stärkung des Finanzplatzes
Frankfurt ein. Ziel ist es, die Entwicklung des Finanzplatzes Frankfurt zu einem internationalen Zentrum möglichst optimal zu unterstützen.
Als „Stimme des Finanzplatzes“
•
strukturiert und bündelt sie die Diskussion innerhalb der Financial Community
und formuliert gemeinsame Positionen,
•
meldet sie sich bei der Diskussion um finanz- und wirtschaftspolitische Themen
zu Wort, die die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes berühren,
•
beteiligt sie sich an der Willensbildung der politischen Vertreter in Deutschland
und Europa und sucht so die normativen Rahmenbedingungen des Finanzplatzes zu verbessern,
•
bringt sie eigene Themen, Vorschläge und Ideen in die öffentliche Diskussion
ein und erhöht so die Aufmerksamkeit für die Belange eines internationalen Finanzplatzes in Deutschland und
•
schärft sie im nationalen wie internationalen Rahmen das Profil des Finanzplatzes Frankfurt und unterstreicht seine führende Rolle in Kontinentaleuropa.
Die Arbeit der Kommission findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Es gibt
weder einen eigenen Internetauftritt noch Berichte über die Kommissionsarbeit auf
den Internetseiten z.B. der Wirtschaftsförderung Frankfurt.
Zukunftsforum Finanzplatz Frankfurt
Das Zukunftsforum Finanzplatz Frankfurt wurde vom Landesverband Hessen des
Wirtschaftsrates der CDU mit dem Ziel gegründet, in Arbeitsgruppen konkrete Handlungsmöglichkeiten und Strategien zur Stärkung des Finanzplatzes Frankfurt aufzuzeigen und zu entwickeln.
Dem Zukunftsforum haben sich rd. 150 Mitglieder angeschlossen, 100 von ihnen
haben an einem im November 2003 vorgelegten umfangreichen Bericht in verschiedenen Arbeitsgruppen mitgewirkt. Die darin behandelten Themen lauten:
•
Zukunftsfähigkeit des deutschen Mittelstandes im Rahmen von Basel II
•
Bildung/Ausbildung – Forschung
69
Finanzplatz Frankfurt – Rahmenbedingungen
•
Altersvorsorge
•
Mittel- und Osteuropäische Staaten und der Finanzstandort Frankfurt
•
Leistungsstarkes Bankensystem der Zukunft
•
Kapitalmarkt und Private Equity
Von der Arbeitsgruppe Mittel- und Osteuropäische Staaten wurden sehr konkrete
Vorschläge zur Vermarktung des Finanzplatzes Frankfurt entwickelt (vgl. Bericht S.
46 bis 55). Als Aufgaben eines professionellen Finanzplatzmarketings werden dabei
genannt:
•
Frankfurt stärker zu einer Marke mit positivem Image und klarem Profil auszubauen,
•
systematisch an der Verbesserung der Ansiedlungsbedingungen für Auslandsbanken und für Börsengänge in Frankfurt arbeiten,
•
dies sollte durch eine Koordinierungsstelle erfolgen, in der nicht nur hoheitliche
Strukturen (Landesregierung, Universität etc.) mitwirken, sondern vor allem die
Finance Community, wichtige Unternehmen und sonstige Finanzplatzakteure
(z.B. die Wirtschaftsförderung Frankfurt)
•
sowie die Entwicklung einer Corporate Identity.
Dialogforum „Universität und Finanzplatz Frankfurt“
In engem Zusammenhang mit dem Zukunftsforum ist das im Jahr 2002 vom Juniorenkreis des Wirtschaftsrates in Hessen, dem RCDS Frankfurt und der Studentischen Initiative Finance der J. W. Goethe-Universität gegründete Dialogforum „Universität und Finanzplatz Frankfurt“ zu sehen. Erklärtes Ziel ist, Marketing für den Finanzplatz zu betreiben und den Ausbau der Finanzuniversität und des Netzwerkes
Finanzwirtschaft voranzubringen.
Im Jahr 2004 wurde unter der Verantwortung des Wirtschaftsrates Deutschland
Landesverband Hessen eine umfangreiche Informationsbroschüre des Dialogforums (http://www.wirtschaftsrat.de/landesverbaende/LvHEindex/LvHEmitt) im Internet veröffentlicht. Da das Dialogforum keinen eigenen Internetauftritt hat, liegen keine Informationen über laufende Aktivitäten vor.
IHK Frankfurt
Die Industrie- und Handelskammer vertritt die Interessen der regionalen Finanzwirtschaft in der Öffentlichkeit, aber auch gegenüber der Landesregierung und den
Kommunen. Durch Stellungnahmen gegenüber dem DIHK nimmt sie zudem Ein-
70
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
fluss auf die Bundesgesetzgebung. Aufgrund ihrer Neutralität und Unabhängigkeit
hat die Stimme der Industrie- und Handelskammer großes Gewicht bei kommunalen
und staatlichen Verwaltungsorganen sowie bei Politikern. Darüber hinaus ist die IHK
Frankfurt Ansprechpartner für kleine und mittelständische Unternehmen in Angelegenheiten, die die Bereiche Geld, Kredit und Versicherungen betreffen. Sie gibt
Auskünfte und publiziert spezielle Zusammenstellungen über IHK-zugehörige Kredit-, Versicherungs- und Finanzdienstleistungsunternehmen, erstellt Fachgutachten
im Rahmen der Gewährung von Fördermitteln durch staatliche Institutionen und unterstützt die Initiative Business Angels FrankfurtRheinMain e.V.
In der IHK-Frankfurt findet im Bankenausschuss regelmäßig ein Informationsaustausch für Mitgliedsunternehmen statt. Aktuell wurde ein Versicherungsausschuss
gegründet (Vorsitz: Wolfram Wrabetz).
Bankenverband Hessen
Der 1947 gegründete Bankenverband Hessen e. V. mit Sitz Frankfurt am Main ist
die berufsständische Organisation der in Hessen tätigen Kreditinstitute in privater
Rechtsform. Er zählt 128 Mitglieder (Großbanken, Regionalbanken, Hypothekenbanken, Privatbankiers und Niederlassungen fast aller großen Auslandsbanken) mit
zusammen rd. 44.000 Beschäftigten.
Schwerpunkt der Verbandsarbeit ist der Ausbau und die Stärkung der Bedeutung
des Finanzplatzes Frankfurt am Main. Der Bankenverband
•
fördert dazu den Gedankenaustausch zwischen den Mitgliedsinstituten durch
institutsübergreifende Gesprächskreise,
•
organisiert Seminare und Veranstaltungen,
•
arbeitet bei Fragen von gemeinsamem Interesse eng mit in- und ausländischen
Verbänden zusammen und erörtert verbandsübergreifende Themen,
•
vertritt die Interessen seiner Mitglieder gegenüber dem Landesgesetzgeber,
den öffentlichen Stellen des Landes und der Öffentlichkeit. Durch konstruktive
Begleitung der Wirtschaftspolitik in Hessen sollen geeignete Rahmenbedingungen für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung in Hessen geschaffen werden.
Landesregierung
Bereits in dem im März 2003 verabschiedeten Regierungsprogramm hat die hessische Landesregierung die Stärkung des Finanzplatzes Frankfurt als ein wichtiges
Ziel formuliert. Hierzu wurde ein Kanon verschiedenster Aktivitäten genannt, die
z. B. von der Schaffung des House of Finance und einer Clearingstelle für Finanz71
Finanzplatz Frankfurt – Rahmenbedingungen
dienstleistungsinstitutionen, den Ausbau des Zukunftsforums Finanzplatz Frankfurt
über den Erhaltung der Wertpapierbörse in Frankfurt bis hin zur nachdrücklichen
Stärkung des Vertrauens für Anleger reichen.
Servicestelle Finanzplatz-Frankfurt
Die Servicestelle Finanzplatz-Frankfurt wurde im Jahr 2003 vom Land Hessen als
eine zentrale Serviceeinrichtung ("one point stop") für die Finanzdienstleistungsinstitutionen und ihre Mitarbeiter im Finanzministerium als Kommunikationsplattform
zwischen Finanzplatz und Politik eingerichtet, um
1.4.2
•
Hilfestellungen praktischer Art insbesondere für Expatriates (z.B. Aufenthaltsund Arbeitsgenehmigung, Umschreibung ausländischer Führerscheine oder
Suche nach der richtigen Schule für die Kinder) zu geben,
•
steuerrechtliche Belange der Kreditinstitute zu klären (z.B. grundsätzliche steuerliche Gestaltungsfragen von Umstrukturierungen, Mittler zum Finanzamt), und
•
grundsätzliche Finanzplatzfragen mit der Landesregierung zu erörtern.
Finanzplatzrelevante Initiativen im weiteren Sinn
Initiative Finanzstandort Deutschland (IFD)
Die IFD ist eine gemeinsame Initiative der deutschen Finanzwirtschaft und der Politik. Sie wurde im Frühsommer 2003 mit dem Ziel ins Leben gerufen, innovative Instrumente und Maßnahmen zu erarbeiten, die auf dem Finanzstandort Deutschland
in dieser Form nicht vorhanden sind und in den Bereichen Impulse zu setzen, wo
besondere Schwächen des Finanzstandorts Deutschland offenbar sind: Altersvorsorge, Mittelstand, Finanzausbildung, Immobilienmärkte, Euro-Zahlungsverkehr,
EU-Finanzmarktintegration und steuerliche Rahmenbedingungen.
Die IFD existiert nicht in institutioneller Form, sondern hat sich bewusst in Form einer Aktionsgruppe konstituiert, um ohne Verwaltung schnell und unbürokratisch Ergebnisse zu erarbeiten, die vom Markt akzeptiert werden und schnell umsetzbar
sind. Es gibt keinen Vorsitz innerhalb der IFD. Die Initiatoren haben Themengruppen gebildet, zu denen Ergebnisse erarbeitet werden. Jeder Teilnehmer hat Fachleute beauftragt, die in Arbeitsgruppen mit Spezialisten anderer Häuser Maßnahmen erarbeiten. Insgesamt arbeiten ca. 180 Fachleute aus Kreditinstituten, Börse,
Bundesbank und Bundesfinanzministerium in acht Arbeitsgruppen. In regelmäßigen
Treffen überprüfen die Initiatoren Fortschritt und Ergebnisse der Arbeit.
Eine ausführliche Dokumentation der Arbeitsergebnisse steht auf den Internetseiten
der IFD (http://www.finanzstandort.de/) zum Download zur Verfügung.
72
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Bemerkenswert an der IFD ist die Kooperation mit Bundesregierung und Deutscher
Bundesbank. Die europäische Bedeutung der Initiative zeigt sich beispielsweise am
Besuch des neuen EU-Binnenmarktkommissars McCreevy, der bei der IFD-Sitzung
am 20. Dezember 2004 zu Gast war. Dies war der erste Deutschlandbesuch von
McCreevy, der am 22. November sein Amt übernahm und u. a. für den Integrationsprozess des europäischen Finanzmarktes zuständig ist. Allerdings steht dadurch
auch das Interesse für den Finanzplatz Deutschland insgesamt im Vordergrund und
ein ausdrückliches Engagement für den Finanzplatz Frankfurt ist kaum möglich.
Deutsches Aktieninstitut
Das im Jahr 1953 gegründete Deutsche Aktieninstitut (DAI) ist der Verband der börsennotierten und anderer am Kapitalmarkt interessierten Unternehmen und Institutionen. Erklärte Ziele sind Stärkung der Position Deutschlands als Standort für Finanzdienstleistungen im internationalen Wettbewerb, Weiterentwicklung der kapitalmarktpolitischen Rahmenbedingungen und Verbesserung der Unternehmensfinanzierung in Deutschland.
Als unabhängige und nicht gewinnorientierte Institution setzt sich das Deutsche Aktieninstitut auf allen gesellschaftlichen Ebenen und im politischen Umfeld für den Finanzplatz Deutschland und für die Aktie als Anlage- und Finanzierungsinstrument
ein. Es informiert in vielfältiger Weise über die Vorteile der Aktie - ohne die möglichen Risiken zu verschweigen. Darüber hinaus wirkt das Deutsche Aktieninstitut - in
Berlin wie in Brüssel - auf eine Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen
des deutschen Kapitalmarktes hin, wirbt im In- und Ausland für den Finanzplatz
Deutschland und steht seinen Mitgliedsunternehmen als Dienstleister zur Verfügung.
Vom DAI werden umfangreiche Statistiken zum Kapitalmarkt erstellt, die Online allerdings kostenpflichtig zu beziehen sind. Darüber hinaus stehen unentgeltlich Expertisen und Stellungnahmen zur Verfügung. Seit 2003 vertritt das DAI - in der
Nachfolge des aufgelösten Finanzplatz e.V. - die Interessen des gesamten Finanzplatzes Deutschland. Zweimonatig erscheint der „Finanzplatz“ mit Informationen und
Analysen zum Finanzplatz Deutschland.
Verband der Auslandsbanken in Deutschland
Der im Jahr 1982 gegründete Verband zählt heute über 110 Mitgliedsinstitute: Banken, Kapitalanlagegesellschaften und Finanzdienstleistungsinstitute, die in Deutschland durch Tochtergesellschaften, Zweigniederlassungen/-stellen, Repräsentanzen
oder im Wege grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs tätig sind. Die Mehrzahl hat ihren Sitz in Frankfurt.
73
Finanzplatz Frankfurt – Rahmenbedingungen
Vorsitzender des Verbandes ist Dr. Peter Coym (Mitglied des Vorstandes Lehman
Brothers Bankhaus AG), Geschäftsführer ist Jens Tolckmitt.
Als Ziele werden genannt:
•
Lobbying bzw. Interessenvertretung in spezifischen grenzüberschreitenden,
auslandsbank- oder fondsspezifischen Fragestellungen gegenüber dem nationalen Gesetzgeber, gegenüber EU und gegenüber supranationalen Institutionen
•
Politikberatung und Bereitstellung von ökonomischem und juristischem Knowhow
•
Zusammenarbeit mit vergleichbaren Organisationen auf EU-Ebene und im Ausland
•
Bereitstellung einer Informationsplattform - Durchführung von Fachseminaren
zu aktuellen Themen, Organisation von Arbeitsgruppen, Organisation von Projektgruppen zu aktuellen Themen und Netzwerk für Information und Meinungsaustausch für Mitgliedsinstitute.
Auf den Internetseiten stehen auslandsbankenbezogene Statistiken, Veröffentlichungen und Veranstaltungshinweise zum Download zur Verfügung.
Auslandsbanken spielen für den Finanzplatz Frankfurt eine wichtige Rolle und tragen entscheidend zu seiner Internationalität bei. Beispielsweise waren Ende September 2005 von den in Frankfurt insgesamt erhobenen 333 Banken, 148 Auslandsbanken und 52 Repräsentanzen ausländischer Banken.
International Bankers Forum e.V. bzw. Maleki Group
Im Jahr 1986 wurde das International Bankers Forum auf Initiative von Dr. Nader
Maleki, der auch Präsident und geschäftsführendes Vorstandsmitglied ist, und mit
Unterstützung von Dr. Alfred Herrhausen gegründet. Das Forum nennt als Ziele:
74
•
Internationale Förderung des Gedankenaustauschs auf bankfachlichen sowie
wirtschaftlichen und sozialen Gebieten insbesondere für das Mittelmanagement
internationaler Banken.
•
Einrichtung von Zentren zur Initiierung, Pflege und Förderung internationaler
Begegnungen.
•
Durchführung öffentlicher Vorträge sowie sonstiger dem Verein zweckförderlicher Veranstaltungen.
•
Herausgabe von Publikationen und Information der Allgemeinheit über Neuentwicklungen im Bankenbereich.
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Neben Frankfurt, das Sitz des Forums ist, bieten Regionalausschüsse in Berlin,
Düsseldorf, Hamburg, München, Sachsen, Stuttgart und Luxemburg den dortigen
Financial Communities eine Plattform für vielfältige fachliche und persönliche Begegnungen.
Das International Bankers Forum e.V. ist Teil der Maleki Group, die in ihren Internetauftritt (http://www.malekigroup.com/index_f.html) eine starke Beziehung zum Finanzplatz Frankfurt bekundet:
Außerdem ist die Maleki Group Organisator der Gruppe 20 + 1, ein 1993 gegründeter Zusammenschluss von 20 europäischen Wirtschaftsredakteuren, die überwiegend am Finanzplatz Frankfurt am Main ansässig sind. The Group of 20+1 hat sich
zur Aufgabe gemacht, herausragende Leistungen und aktuelle Herausforderungen
in der europäischen Finanzwelt transparenter zu machen. Seit 1994 verleiht die
Group of 20+1 alljährlich den Preis »European Banker of the Year«. Die Maleki
Group konzipiert und organisiert die Preisverleihung. Die Laudatio übernimmt eine
bekannte Persönlichkeit aus dem Finanz- und Wirtschaftsbereich. Im Anschluss an
die Preisverleihung lädt die Group of 20+1 gemeinsam mit den Sponsoren zu Ehren
des Preisträgers zu einem Essen im Kreise der Jury-Mitglieder und geladener Gäste
ein. Die Zielgruppe ist die Banken-Community und Vertreter aus Politik und Wirtschaft.
Deutsche Bundesbank / Hauptverwaltung Frankfurt
Die Entscheidung, die Bank deutscher Länder bzw. die Bundesbank in Frankfurt
anzusiedeln war wahrscheinlich der ausschlaggebende Faktor für die rasante Entwicklung Frankfurts zum führenden nationalen Finanzzentrum.
Allerdings sind die Aufgaben der Bundesbank als Zentralbank der Bundesrepublik
Deutschland und integraler Bestandteil des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) rein nationaler bzw. internationaler Natur. Informationen über einzelne
Finanzplätze werden von ihr nicht bereitgestellt. Durch die Neuorganisation im Jahr
2003 trifft dies nun auch für ihre regionalen Hauptverwaltungen (die ehemaligen
Landeszentralbanken) zu. Speziell für Hessen ist damit ein deutlicher Informationsverlust verbunden. In ihren „Frankfurter Finanzmarktberichten“ hatte die Landeszentralbank Hessen detaillierte Informationen zur Entwicklung am Finanzplatz
Frankfurt und zu finanzplatzrelevanten Schwerpunktthemen gegeben. Diese Reihe
wurde eingestellt, und auch alte Berichte stehen nicht mehr im Internet zur Verfügung.
Diese Neutralität der Bundesbank dürfte für Frankfurt im Vergleich zu London und
Paris einen Standortnachteil darstellen. Auch wenn die Bank of England bzw. die
75
Finanzplatz Frankfurt – Rahmenbedingungen
Banque de France weder für London noch für Paris direkt aktiv als Promoter auftreten, geben sie als Gründungsmitglieder der International Financial Services London
bzw. von Paris Europlace ein sehr viel stärkeres Bekenntnis für die jeweiligen nationalen Finanzzentren ab als dies die Bundesbank – Gründungsmitglied der Initiative
Finanzstandort Deutschland – tut.
1.4.3
Allgemeines Marketing für den Standort Frankfurt / Rhein-Main
Wirtschaftsförderung Frankfurt
Die Wirtschaftsförderung Frankfurt GmbH ist Partner der Wirtschaft als Moderator,
Initiator und Partner von Projekten der wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Die Wirtschaftsförderung Frankfurt zählt zu ihren Aufgaben:
•
die Betreuung ansässiger Unternehmen, Beratung bei der Neuansiedlung in
Fragen wie Baugenehmigungen, Verkehr, Planungsrecht, Ver- und Entsorgung,
Erweiterungen, Umsetzungen, Umstrukturierung, neuen Immobilien.
•
Gewerbeberatung als Schnittstelle zwischen den Gewerbetreibenden und der
Stadt. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Schaffung neuer Ausbildungsund Arbeitsplätze.
•
Werbung für den Wirtschaftsstandort Frankfurt im Ausland - Amerika, Asien,
Europa.
•
Standort- und Marktinformationen für ansiedlungsinteressierte Unternehmen
(einschließlich Spezialrecherchen). Beobachtung des Immobilienmarktes und
Vermittlung von Grundstücken sowie geeigneten Produktions- und Büroflächen.
•
wirtschaftsorientierte Stadtentwicklung und Standortmarketing.
Zu den wichtigsten Aufgaben der Wirtschaftsförderung der Stadt Frankfurt zählt die
Werbung für den Wirtschaftsstandort Frankfurt im In- und insbesondere im Ausland,
letztendlich mit dem Ziel der Ansiedlung neuer Unternehmen. Der Bedeutung Frankfurts als internationales Finanzzentrum entsprechend nimmt der Finanzsektor im Internetauftritt der Wirtschaftsförderung im Vergleich zu anderen Branchen eine wichtige Rolle ein.
Mit der IHK-Frankfurt besteht eine Zusammenarbeit bei der Darstellung von statistischen Informationen über den Finanzsektor.
Wirtschaftsförderung Region Frankfurt Rhein-Main
Die Wirtschaftsförderung Region Frankfurt Rhein-Main versteht sich als die zentrale
Ansprechstelle in der Wirtschaftsregion Rhein-Main für den Informationsbedarf, für
76
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Standortfragen und bei Kooperationswünschen von Wirtschaftsunternehmen. Mitglieder der Bundesländer übergreifenden Initiative (Hessen, Bayern und RheinlandPfalz) sind Städte und Gemeinden im Großraum Rhein-Main, Planungsverband Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main, Wirtschaftsförderungsgesellschaften, Landkreise,
Kammern und Wirtschaftsverbände, Unternehmen aus dem Bereich Infrastruktur
sowie Fachhochschulen und Universitäten. Die Geschäftsstelle der Wirtschaftsförderung Region Frankfurt Rhein-Main ist im Planungsverband Ballungsraum Frankfurt / Rhein-Main angesiedelt.
Wirtschaftsinitiative (Metropolitana) Frankfurt Rhein-Main
Die im Jahr 1996 gegründete Wirtschaftsinitiative (Metropolitana) Frankfurt RheinMain ist ein Zusammenschluss von etwa 160 Unternehmen, die ihren Sitz im RheinMain Gebiet haben. Etwa 30 Unternehmen davon sind dem Finanzbereich zuzuordnen.
Als Ziele nach innen werden genannt:
•
das Zusammenwachsen der Region fördern,
•
die Identifikation der Menschen und Unternehmen mit ihrer Region stärken,
gemeinsames Selbstbewusstsein schaffen,
•
und Veränderungen bewirken, die für das erfolgreiche Bestehen von RheinMain im internationalen Wettbewerb der Regionen notwendig sind.
Ziele nach außen sind:
•
Leistungsfähigkeit und Standortvorteile der Region für Wirtschaftsunternehmen
kommunizieren sowie
•
Lebensqualität und Attraktivität der Region als Lebensraum dokumentieren,
Vorbehalte und falsches Image abbauen.
IHK-Forum Rhein-Main
Das im Jahr 1991 gegründete IHK-Forum Rhein-Main ist eine Initiative der 10 im
Rhein-Main-Gebiet ansässigen (hessenübergreifenden) IHKs: Aschaffenburg,
Darmstadt, Frankfurt a.M., Fulda, Gießen-Friedberg, Hanau-GelnhausenSchlüchtern, Limburg, Rheinhessen (Mainz), Offenbach und Wiesbaden.
Ziele des IHK-Forums sind:
•
Verbesserung der regionalen Standortbedingungen für die Wirtschaft
•
Förderung der gewerblichen Wirtschaft in der Region und Gesamtvertretung
Verwaltung und Politik
77
Finanzplatz Frankfurt – Rahmenbedingungen
•
Umsetzung des Ballungsraumgesetzes,
•
Flughafenausbau,
•
Verbesserung der Infrastruktur,
•
Stärkung des Regionalbewusstseins und ausdrücklich
•
Stärkung des Finanzplatzes Frankfurt.
Um die Belange der Region zu bündeln, stehen die zehn IHKs der Rhein-MainRegion in ständigem Abstimmungsprozess. Die Arbeit des Forums wird von der geschäftsführenden IHK Hanau-Gelnhausen-Schlüchtern koordiniert, die das Forum
auch nach außen vertritt. Ansprechpartner in der IHK Hanau-GelnhausenSchlüchtern ist deren Geschäftsführer Hartwig Rohde.
FrankfurtRheinMain GmbH International Marketing of the Region
Mitglieder der im Sommer 2005 neu gegründeten FrankfurtRheinMain GmbH International Marketing of the Region sind die Städte Frankfurt, Offenbach, Wiesbaden, Mainz, Bad Homburg, Rüsselsheim und Hanau, die Landkreise RheingauTaunus, Main-Taunus, Main-Kinzig, Wetterau, Groß-Gerau, Offenbach, Hochtaunus
und Limburg-Weilburg, die Regionen Aschaffenburg und Starkenburg, der Planungsverband Ballungsraum Frankfurt / Rhein-Main, das IHK-Forum Rhein-Main,
die Hessen Agentur, die Wirtschaftsförderung Frankfurt Rhein-Main, die Wirtschaftsinitiative Metropolitana Frankfurt Rhein-Main und die Handwerkskammer RheinMain. Gegenstand der Gesellschaft ist das internationale Standortmarketing für den
Wirtschaftsraum Frankfurt / Rhein-Main.
1.4.4
Fazit Frankfurt
Aktives Standortmarketing für Frankfurt und die Region Rhein-Main ist für die meisten der genannten Initiativen ein ausdrücklich erklärtes Ziel. Ausgenommen davon
sind IFD und Deutsche Bundesbank, die die Interessen des gesamten Finanzstandortes Deutschland vertreten (müssen).
Im Gegensatz zu München und insbesondere zu London und Paris fehlt es am Finanzplatz Frankfurt aber an einer Vernetzung der vielfältigen Initiativen und Aktivitäten, die letztendlich alle das Ziel der Stärkung Frankfurts verfolgen. Dies führt zum
einen zu Mehrfacharbeit in den Initiativen selbst aber auch zu Intransparenz bei
denjenigen, die sich schnell über Ansprechpartner oder Veranstaltungen am Finanzplatz Frankfurt informieren wollen.
Ein gemeinsamer Marketingauftritt und eine abgestimmte Interessenvertretung dürften für den Bekanntheitsgrad Frankfurts im Ausland dienlicher sein als einzelne pa-
78
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
rallel verlaufende Aktionen. Ein Präsentationskonzept des Finanzplatzes Frankfurt
aus „einem Guss“ ist beispielsweise für Delegationsreisen ins Ausland anzustreben.
In ähnlicher Weise dürfte dies auch für die Interessenvertretung bzw. das wichtige
Lobbying des Finanzplatzes in Berlin und Brüssel zutreffen – zu viele Köche können
den Brei leicht auch verderben.
79
Finanzplatz Frankfurt – Rahmenbedingungen
2
Die Rolle der Finanzmarktaufsicht für den Finanzplatz Frankfurt
2.1
Strukturelle Veränderungen auf den internationalen Finanzmärkten
Die gegenwärtigen vielfältigen Veränderungen auf den internationalen Finanzmärkten und innerhalb der Wertpapier-, Banken- und Versicherungsbranchen stellen eine große Herausforderung für die Finanzaufsicht dar. Vor allem ist der zunehmenden Internationalisierung Rechnung zu tragen, die ein kooperatives und koordiniertes Vorgehen der nationalen Aufsichtsbehörden erfordert. Im Finanzwesen haben
während der vergangenen zwei Jahrzehnte die wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen den Mitgliedsstaaten stark zugenommen und es haben sich für einige Produktsegmente europaweite Märkte herausgebildet. Ein Großteil der Finanzdienstleistungsinstitute übt grenzüberschreitende Geschäftstätigkeit aus. Diese Entwicklungen wurden vor allem durch gravierende Veränderungen der politischen Rahmenbedingungen ausgelöst, so etwa durch die Etablierung des Europäischen Währungssystems gegen Ende der 1970er Jahre, die Schaffung des Europäischen Binnenmarkts zu Beginn der 1990er Jahre und schließlich die Bildung der Europäischen Währungsunion unter einer gemeinsamen Zentralbank.
Auch in anderen Teilen der Welt vollzogen sich ähnliche Integrationsprozesse. Erwähnt sei hier etwa das Mercosur-Abkommen in Lateinamerika sowie vor allem das
1994 in Kraft getretene North American Free Trade Agreement (NAFTA), das zu einer starken Intensivierung des grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungsverkehrs zwischen den drei Mitgliedsländern Vereinigte Staaten, Mexiko und Kanada
geführt hat.9
Darüber hinaus vertieften sich auch die weltweiten Austauschbeziehungen zwischen verschiedenen Wirtschaftsräumen. All diese Entwicklungen haben zwar einerseits – nicht zuletzt aufgrund eines forcierten Wettbewerbs – zu einer erheblichen Steigerung der Leistungsfähigkeit des Finanzwesens und der allgemeinen
Wirtschaftskraft beigetragen. Dies ging vor allem mit einem Anstieg der Marktvolumina bzw. Börsenumsätze einher. Zudem war in der Finanzdienstleistungsbranche
ein ausgeprägter Konzentrationsprozess zu verzeichnen, so dass sich die Akteure
auf den Finanzmärkten stark gewandelt haben. Die Integration hat jedoch andererseits die internationalen Finanzmärkte anfälliger für Störungen gemacht, denn Krisensituationen können sich nun schneller als früher ausbreiten. Zu nennen sind hier
vor allem die Börsenkrise von 1987, der Kursverfall des mexikanischen Pesos 1994,
die Währungskrise in Asien 1997/1998, die Zahlungsausfälle Russlands in 1998 und
das Ende des Technologiebooms im Jahre 2000.
9
80
Hingewiesen sei hier auf das “Chapter 14: Financial Services“ des North American Free Trade Agreement (2004).
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Alles in allem hat sich somit während der vergangenen zwei Jahrzehnte die Komplexität des internationalen Finanzsystems deutlich erhöht, worauf die Institutionen
der Finanzaufsicht in vielerlei Hinsicht reagieren müssen.
2.2
Institutionen der Finanzaufsicht auf internationaler, europäischer und nationaler
Ebene
Auf der internationalen Ebene sind als bedeutendste sektorbezogene Institutionen
der Banken-, Wertpapier- und Versicherungsaufsicht der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (Basel Committee on Banking Supervision - BCBS), die Internationale
Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden (International Organisation of Securities Commissions - IOSCO), die Internationale Vereinigung der Versicherungsaufsichtsbehörden (International Association of Insurance Supervisors - IAIS) und das
Joint Forum zu nennen (vergleiche Tabelle 20).
Der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht hat als Hauptziel die Verbesserung
der Qualität und Effektivität der Bankenaufsicht weltweit. Hierzu organisiert und koordiniert er den internationalen Informationsaustausch zu aufsichtsrechtlichen Fragen und bedeutenden Marktentwicklungen. Hierbei werden sowohl internationale
als auch wirtschaftsraumbezogene bzw. nationale Aspekte erörtert. Weitere wichtige Aufgaben sind die Ausarbeitung von Standards für die Bankenaufsicht und von
“Best-Practice-Verfahren“ für Banken und Aufsichtsbehörden. Wichtiger Anlass zu
der im Jahre 1974 erfolgten Etablierung des BCBS waren die Zusammenbrüche des
Bankhauses Herstatt und der Bank Franklin National. Der Ausschuss setzt sich aus
Vertretern von Zentralbanken und Bankenaufsichtsbehörden aus 13 Industrieländern zusammen. Er pflegt jedoch auch – unter anderem über die “Core Principles
Liaison Group“ – intensive Kontakte zu den Zentralbanken und Aufsichtsinstitutionen in Schwellenländern, zur Weltbank wie auch zum Internationalen Währungsfonds. Das BCBS verfügt über keine formalen Regulierungs- und Aufsichtsbefugnisse, über eine gezielte Überzeugungsarbeit wirkt es jedoch intensiv darauf ein, dass
die angeschlossenen nationalen Aufsichtsinstitutionen die von ihm ausgearbeiteten
Maßnahmenvorschläge auch umsetzen. Bislang konzentrierte sich das BCBS vornehmlich auf die Überprüfung der Eigenkapitalvorschriften der Banken. Zwar sind
die neuen „Basel II“- Eigenkapitalvorschriften nicht rechtsverbindlich, doch dürften
sie voraussichtlich genauso wie die alten „Basel I“- Vorschriften von nahezu sämtlichen Ländern als Bezugsbasis anerkannt werden. Die Umsetzung des überarbeiteten Regelwerks wird von einer “Accord Implementation Group“ unterstützt. Auf europäischer Ebene sind die Basel II Standards kürzlich im Rahmen einer Richtlinie
umgesetzt worden.
Im Wertpapierbereich handelt es sich bei der 1983 gegründeten International Organisation of Securities Commissions um das wichtigste internationale Gremium
81
Finanzplatz Frankfurt – Rahmenbedingungen
zur
Kooperation
zwischen
nationalen
Wertpapierregulierungsund
aufsichtsbehörden. Ihre hauptsächlichen Betätigungsfelder liegen in der Förderung
hoher Aufsichtsstandards für Wertpapiermärkte und -händler und deren Überwachung. Zudem besteht die IOSCO aus mehreren regionalen bzw. fachlichen Gremien und zahlreichen Unterausschüssen, so etwa einem Fachausschuss, der bei
seiner Einrichtung den Basler Ausschuss für Bankenaufsicht zum Vorbild hatte. Mit
etwa 160 Mitgliedern aus über 90 Ländern weist die IOSCO ein wesentlich breiteres
Mitgliederspektrum auf als der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht.
Im Versicherungswesen befasst sich die International Association of Insurance
Supervisors, die 1994 gegründet worden ist und deren Mitglieder nationale Versicherungsaufsichts- und -regulierungsinstitutionen aus mehr als 100 Rechtsräumen
sind. Ihre wesentlichen Aufgaben sind die Erarbeitung internationaler Aufsichts- und
Regulierungsstandards, die Unterstützung ihrer Mitglieder bei der Durchsetzung
dieser Standards sowie die Koordination der Zusammenarbeit mit den internationalen Finanzinstitutionen und den Aufsichtsorganen anderer Bereiche des Finanzwesens. Die hierzu erforderlichen Aktivitäten sind in drei Fachausschüssen und zahlreichen Arbeitsgruppen angesiedelt.
Was die sektorübergreifende Finanzaufsicht anbelangt, bildet das Joint Forum on
Financial Conglomerates das bedeutendste Gremium zur internationalen Kooperation im Bereich der Aufsicht über Finanzdienstleister, die sich aufgrund ihrer Unternehmensstruktur gleichzeitig unterschiedlichen Segmenten der Finanzbranche
zuordnen lassen. Das Joint Forum wurde 1996 unter der Federführung der drei vorgenannten sektorbezogenen Aufsichtsgremien gegründet und besteht aus hochrangigen Vertretern der in den Teilbereichen Bankwesen, Versicherungsbranche und
Wertpapiergeschäft tätigen Aufsichts- und Regulierungsbehörden. Das Gremium
befasst sich mit unterschiedlichsten Fragestellungen der Aufsicht über Finanzkonglomerate und liefert Beiträge zum inhaltlichen Verständnis der komplexen Folgewirkungen für das internationale Finanzsystem, die sich aus den Aktivitäten derartiger
Konzerne ergeben (vgl. EURPÄISCHE ZENTRALBANK (2002), S. 55-66).
82
Dreimal jährlich
ƒ Bündelung der Bemühungen um die Erarbeitung von
Standards und die effektive Überwachung internationaler
Wertpapiergeschäfte
ƒ Schließung der Lücken bei der länderübergreifenden Bankenaufsicht, um zu
gewährleisten, dass ausländische Kreditinstitute ebenfalls einer angemessenen
Bankenaufsicht unterliegen.
Jährliche Vollversammlung
ƒ Gegenseitige Unterstützung bei der Förderung der
Marktintegrität durch eine nachdrückliche Anwendung
der Standards und effektive Durchsetzung
ƒ Erarbeitung internationaler Normen für
die Versicherungsaufsicht
ƒ Schulung der Mitglieder
ƒ Informations- und Erfahrungsaustausch zur Förderung
der Entwicklung der jeweiligen heimischen Märkte
ƒ Formulierung allgemein gültiger Aufsichtsstandards und “Best-Practice-Verfahren“
Jährliche Konferenz
ƒ Koordinierung der Arbeit mit Aufsichtsbehörden und anderen Finanzsektoren
und mit internationalen Finanzmarktinstitutionen
ƒ Förderung der Kooperation zwischen
den Versicherungsaufsichtsbehörden
Versicherungsgesellschaften
Versicherungsaufsichtsbehörden aus
etwa 100 Rechtssystemen
ƒ Förderung hoher Aufsichtsstandards zur Gewährleistung
effizienter und stabiler Märkte
Wertpapierfirmen und Börsen
Mehr als 160 Wertpapieraufsichtsbehörden aus rund 190
Ländern mit drei Arten der Mitgliedschaft: Ordentliche
Mitglieder (mit Stimmrecht), angeschlossene und
verbundene Mitglieder (ohne Stimmrecht)
1994
Supervisors
International Association of Insurance
ƒ Förderung der Angleichung von allgemeinen Methoden und Standards
Große international tätige Kreditinstitute
Zentralbanken und sonstige Behörden mit
formaler Zuständigkeit für die Bankenaufsicht
aus Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien,
Japan, Kanada, Luxemburg, den Niederlanden, Schweden, der Schweiz, Spanien,
dem Vereinigten Königreich und den
Vereinigten Staaten
1983
1974
Quelle: Darstellung der Hessen Agentur in Anlehnung an Europäische Zentralbank (2002).
Tagungsrhythmus
Ziele
Schwerpunkt
Zusammensetzung
Gründungsjahr
International Organisation of Securities Commissions
Basler Ausschuss für Bankenaufsicht
Tabelle 20: Internationale Gremien der Finanzmarktaufsicht
Dreimal jährlich
83
ƒ Untersuchung von Verfahren zur Verbesserung
der Koordination auf sektorübergreifender
Ebene
ƒ Befassung mit Fragen, die alle drei Finanzsektoren betreffen, und Ausarbeitung von Leitlinien
und Grundsätzen bzw. “Best-PracticeVerfahren“
Finanzkonglomerate und sektorübergreifende
Fragen
Banken-, Versicherungs- und
Wertpapieraufsichtsbehörden aus Australien,
Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Japan,
Kanada, Luxemburg, den Niederlanden,
Schweden, der Schweiz, dem Vereinigten
Königreich, den Vereinigten Staaten, der
Europäischen Kommission und Vertreter der
übergeordneten Ausschüsse
1996 (Das Vorgängergremium, die Tripartite
Group, wurde 1993 eingesetzt)
Joint Forum
HA Hessen Agentur GmbH - Standortentwicklung
Finanzplatz Frankfurt – Rahmenbedingungen
Auf europäischer Ebene orientieren sich die Entwicklungen eng an dem so genannten „Lamfalussy Prozess“, der im Rahmen des Aktionsplans Finanzdienstleistungen
seit 2001 (Wertpapierbereich) bzw. 2004 (Banken- und Versicherungsbereich) im Interesse einer schnelleren, flexibleren, transparenteren und besser koordinierten
Rechtsetzung zur Anwendung kommt. Das Lamfalussy-Verfahren stellt in der Sache
ein modifiziertes Komitologieverfahren dar und enthält vier Stufen des Rechtsetzungsprozesses.
• Auf Stufe 1 erfolgt eine Rahmenrechtsetzung durch Richtlinien oder Verordnungen im Mitentscheidungsverfahren gemäß Artikel 251 EG-Vertrag. In diesem
Rahmen sind die auf Stufe 2 zu erlassenden Durchführungsmaßnahmen zu
bestimmen.
• Die technischen Durchführungsbestimmungen werden im Regelungsverfahren
gemäß Beschluss 1999/468/EG (Komitologieverfahren) erlassen. Die sog. Stufe
2-Ausschüsse unterstützen dabei die EU-Kommission. Ihnen kommt sowohl Beratungsfunktion als auch Komitologiefunktion zu.
• Die einheitliche und fristgerechte Umsetzung der auf Stufen 1 und 2 erlassenen
Rechtsakte sollen die Aufsichtsbehörden der Mitgliedstaaten im Rahmen der Stufe 3-Ausschüsse gewährleisten. Gleichzeitig sollen diese Ausschüsse durch stärkere Zusammenarbeit für eine konsistente Aufsichtspraxis sorgen.
• Auf Stufe 4 soll die EU-Kommission die Einhaltung der EU-Rechtsvorschriften
durch die Mitgliedstaaten überwachen und durchsetzen.
Ergänzt wird das Verfahren durch umfangreiche Konsultationen der betroffenen
Marktteilnehmergruppen durch die Kommission auf jeder Stufe des Verfahrens, auch
bereits im Vorfeld der Vorlage eines Richtlinienvorschlags. Die im Aktionsplan vorgesehenen 42 Maßnahmen sind auf Stufe 1 zwischenzeitlich weit überwiegend abgeschlossen. Die jeweiligen Maßnahmen auf Stufen 2 und 3 sind in unterschiedlichem Umfang fortgeschritten (PETSCHNIGG, R. (2005)).
Als sektorale Regulierungsinstitutionen lassen sich die Stufe 2-Ausschüsse bezeichnen: das European Banking Committee (EBC), das European Securities
Committee (ESC) und das European Insurance and Occupational Pensions
Committee (EIOPC).
Zu den sektoralen Aufsichtsinstitutionen (Stufe 3-Ausschüsse) zählen das
Committee of European Banking Supervisors (CEBS), das Committee of European Securities Regulators (CESR) sowie das Committee of European Insurance and Occupational Pensions Supervisors (CEIOPS). Letzterer wurde im
vergangenen Jahr als Nachfolgegremium der 1958 gegründeten und in Paris an-
84
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
sässigen europäischen Konferenz der Versicherungsaufsichtsbehörden gegründet.
Sitz von CEIPOPS ist Frankfurt, wo man von der Ansiedlung deutliche positive Impulse für die Entwicklung als Finanzplatz erwartet, auch wenn sich die zukünftigen
Auswirkungen der Ansiedlung des CEIOPS derzeit noch nicht konkret abschätzen
lassen. Aufgrund der Tätigkeit von Versicherungsexperten und der hiermit verbundenen räumlichen Bündelung von Fachkompetenz innerhalb des Aufsichtskomitees
ist mit Sicherheit von einer langfristigen Stärkung des Standorts Frankfurts auszugehen. Nicht zu vergessen sind hierbei auch die Folgeeffekte, die sich aus dem Zusammenspiel zwischen der Versicherungswirtschaft und dem Aufsichtsgremium ergeben werden. So werden die Ausschusssitzungen wie auch Symposien und Fachveranstaltungen in vielerlei Hinsicht die Aufmerksamkeit auf den Versicherungsplatz
Frankfurt lenken. In ähnlicher Weise werden allerdings auch London von der Ansiedlung des Bankenaufsichtsausschusses CEBS und Paris vom Verbleib der Wertpapieraufsichtsbehörde CESR profitieren können.
Sektorübergreifende Gremien sind schließlich das European Financial Conglomerates Committee (EFCC), der Cross-sector Roundtable of Regulators (CRR)
und die Mixed Technical Group (MTG). Das European Financial Conglomerates
Committee steht der EU-Kommission in Fragen der Aufsicht über Finanzkonglomerate zur Seite. Im Rahmen des Runden Tisches beraten die Vorsitzenden und Vertreter der Sekretariate der vorstehend erörterten Gremien über Aspekte, die sowohl
das Finanzwesen als Ganzes als auch die Verflechtungen zwischen Versicherungen, Banken und anderen Finanzdienstleistern betreffen.
Innerhalb der Mixed Technical Group, in der die EZB einen Beobachterstatus hat,
wird über die konkrete Umsetzung von Maßnahmen zur Konglomerateaufsicht beraten. Gerade auf der Ebene der EU erfordert nämlich die mit der weit vorangeschrittenen Marktintegration verbundene zunehmende Verwischung der Unterschiede
zwischen den Teilbereichen des Finanzwesens eine intensivere Kooperation zwischen den einzelnen sektorbezogenen Aufsichts- und Regulierungsgremien.
85
Dreimal jährlich
Regelmäßig
Mindestens dreimal
jährlich
European Securities Committee - ESC,
gegründet 2001
European Insurance and Occupational
Pensions Committee - EIOPC, gegründet
2004, Nachfolgegremium des Insurance
Committee - IC
Tagungsrhythmus
European Banking Committee - EBC,
gegründet 2004, Nachfolgegremium des
Banking Advisory Committee - BAC
Name
Mixed Technical Group - MTG,
gegründet 1999
Cross-sector Roundtable of Regulators CRR, gegründet 2001
European Financial Conglomerates Committee - EFCC, gegründet 2003
Viermal jährlich
Mindestens dreimal
jährlich
Regelmäßig
Mindestens dreimal
jährlich, davon zweimal in Frankfurt
86
Zusammensetzung
Vorsitzende und Sekretariate des EBC, des CEBS, der GdC, des
ESC, des CESR, des CEIOPC und des CEIOPS
Hochrangige Vertreter der Zentralbanken und der Banken- bzw.
Versicherungsaufsichtsbehörden der Mitgliedsländer sowie der
EZB
Experten der Banken-, Wertpapier-, Versicherungsaufsichts- und
-regulierungsbehörden der Mitgliedstaaten und der EUKommission; die EZB hat Beobachterstatus.
Hochrangige Vertreter der Zentralbanken und Bankenaufsichtsbehörden der Mitgliedsländer sowie der EZB; die EU-Kommission
und der Vorsitzende der GdC haben Beobachterstatus, ebenso
wie Vertreter aus Norwegen, Liechtenstein und Island.
Vertreter der mittleren Führungsebene aus Bankenaufsichtsbehörden der Mitgliedsländer; Vertreter der EU-Kommission, Norwegens, Liechtensteins und Islands haben Beobachterstatus.
Hochrangige Vertreter der zuständigen Wertpapierbehörden der
Mitgliedstaaten, Norwegens, Islands und der Europäischen
Kommission; die EZB kann als Ad-hoc-Teilnehmer eingeladen
werden.
Hochrangige Vertreter der Versicherungsaufsichtsbehörden der
Mitgliedsländer, der Verbände der Versicherungswirtschaft und
der Verbraucherverbände
Hochrangige Vertreter der Finanzministerien, Bankenaufsichtsbehörden, der EZB, der nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten sowie der EU-Kommission. Vertreter aus Norwegen,
Liechtenstein und Island haben Beobachterstatus.
Hochrangige Vertreter der Finanzministerien der Mitgliedsländer
und EU- Kommission; die EZB und der Vorsitzende der CESR
haben Beobachterstatus.
Hochrangige Vertreter der Finanz- bzw. Wirtschaftsministerien
und Versicherungsaufsichtsbehörden der Mitgliedsländer sowie
der EU-Kommission; Vertreter aus Norwegen, Liechtenstein und
Island haben Beobachterstatus.
Quelle: Darstellung der Hessen Agentur in Anlehnung an Europäische Zentralbank (verschiedene Jahrgänge).
Sektorübergreifende Gremien
Committee of European Insurance and
Occupational Pensions Supervisors CEIOPS,
gegründet 2004
Committee of European Securities Regula- Zweimal jährlich
tors - CESR, gegründet 2001
Sektorale
Committee of European Banking Supervi- Dreimal jährlich
Aufsichtsgremien sors - CEBS, gegründet 2004, Nachfolgegremium des Banking Supervising Committee - BSC
Groupe de Contact (GdC),
Mindestens dreimal
gegründet 1972
jährlich
Sektorale
Regulierungsgremien
Bereich
Tabelle 21: Gremien der Finanzmarktregulierung und -aufsicht auf der Ebene der EU
Finanzplatzmonitoring – Rahmenbedingungen
Erörterung von technischen Aspekten aufsichtsrechtlicher Fragestellungen,
Vorschläge zur Verbesserung des Aufsichtsrahmens für Finanzkonglomerate.
Förderung des informellen Informationsaustausches zwischen den verschiedenen sektoralen Gremien zu sektorübergreifenden Fragen.
Unterstützung der EU-Kommission und des ESZB in spezifischen Fragen
der Aufsicht über Finanzkonglomerate und der Finanzmarktstabilität.
Beratung der EU Kommission insbesondere bei Entwürfen für Durchführungsbestimmungen in den Bereichen Versicherungs- und Rückversicherungswesen und private Altersvorsorge, Umsetzung der Versicherungsrichtlinien.
Erarbeitung technischer Durchführungsmaßnahmen, Förderung der einheitlichen und zeitnahen Umsetzung des Gemeinschaftsrechts durch verstärkte
Zusammenarbeit im Bereich der Aufsicht über Wertpapiergeschäfte.
Förderung der Zusammenarbeit und des Informationsaustausches im Bereich der Bankenregulierung und der Aufsichtspraktiken.
Unterstützung der EU-Kommission und des ESZB bei der Erfüllung seiner
Aufgaben im Bereich der Bankenaufsicht und der Finanzmarktstabilität,
Beratung der EU-Bankenaufsichtsbehörden.
Beratung der EU-Kommission in wertpapieraufsichtrechtlichen Fragen;
Unterstützung der EU-Kommission bei der Ausübung ihrer Durchführungsbefugnisse.
Beratungsgremium, das sich sowohl mit Fragen der Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Bestimmungen als auch mit neuen Vorschlägen für Richtlinien befasst.
Beratung der EU-Kommission bei der Erarbeitung von Vorschlägen für neue
Rechtsvorschriften für den Bankensektor; Erarbeitung technischer Veränderungen.
Hauptsächliche Aufgabe
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Innerhalb Deutschlands liegt weiterhin eine räumliche Trennung der drei hauptsächlichen Sparten der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vor. So
sind die Bankenaufsicht und die Versicherungsaufsicht in Bonn angesiedelt, während die Aufsicht für Wertpapiergeschäfte bzw. Asset Management ihren Sitz in
Frankfurt hat. Die Aufsicht über die Frankfurter Wertpapierbörse und die Eurex
Deutschland wird vom Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung wahrgenommen.
Innerhalb des Vereinigten Königreichs nimmt die Financial Services Authority
(FSA) umfassende Aufsichts- und Regulierungspflichten über sämtliche Anbieter von
Finanzdienstleistungen sowie die Wertpapierbörsen wahr, während der Bank of England die Überwachung von systemischen Finanzmarktrisiken obliegt.
In Frankreich ist für die Marktaufsicht die Autorité des Marchés Financiers (AMF)
zuständig. Für das Versicherungswesen ist eine separate Behörde – die Commission de Contrôle des Assurances, des Mutuelles et des Institutions de Prévoyance (CCAmip) – zuständig. Die Bankenaufsicht ist bei der Banque de France und
bei der Commission Bancaire angesiedelt. Des Weiteren existiert mit dem Comité
consultatif de la Législation et de la Réglementation financières (CCLRF) noch
ein Beratungsgremium, das den Aufsichtsinstitutionen zur Seite steht. Alles in allem
kann man festhalten, dass sich die Aufsichtsstrukturen zwischen Deutschland,
Frankreich und dem Vereinigten Königreich doch merklich unterscheiden.
2.3
Europäische Komponenten der Finanzmarktaufsicht
Eine maßgebliche Rolle für die derzeit diskutierten Veränderungen der Finanzmarktaufsicht spielt der von der EU-Kommission im Jahre 1999 veröffentlichte Financial Services Action Plan (FSAP), der im Wesentlichen eine Zusammenfassung von 42 Maßnahmen, davon rund 20 legislative, darstellt und einen gemeinsamen, international wettbewerbsfähigen, europäischen Markt für Finanzdienstleistungen zum Ziel hat. Dieser Plan reiht sich in eine Reihe von Reformkonzepten ein,
die in den vergangenen dreißig Jahren erarbeitet wurden. In der folgenden Tabelle
sind wesentliche Maßnamen aufgeführt.
Unter Aufsichtsgesichtspunkten waren die bisherigen Instrumente zur Binnenmarktintegration in erster Linie die gegenseitige Anerkennung von Aufsichtsregeln und
Zulassungen sowie die Heimatlandaufsicht mit EU-weiten Mindeststandards, Gesamteuropäische Regelungen sind nur dann getroffen worden, wenn diese Instrumente nicht auszureichen schienen.
87
Finanzplatz Frankfurt – Rahmenbedingungen
Tabelle 22: Maßnahmen der Finanzmarktregulierung in der EU
Jahr
1977
Maßnahme
Erste Bankrechtskoordinierungsrichtlinie: Koordinierung der Rechtsvorschriften für
Kreditinstitute; Niederlassungsfreiheit für Kreditinstitute
1988
Eigenkapitalrichtlinie („Basel I“): Solvabilitätsregeln
1988
Liberalisierung des Kapitalverkehrs in den EWS-Ländern
Zweite Bankrechtskoordinisierungsrichtlinie: Grundsätze zur Kontrolle durch den
1989
Herkunftsmitgliedstaat, gegenseitige Anerkennung bankaufsichtlicher Vorschriften und
Standards
1993
Wertpapierdienstleistungsrichtlinie
1999
Verabschiedung des Aktionsplans für Finanzdienstleistungen (FSAP)
2000
Richtlinien zum elektronischen Zahlungsverkehr
2001
Richtlinie über die Sanierung und Liquidation von Kreditinstituten
2001
Verordnung über das Europäische Gesellschaftsstatut
2004
Neue EU-Übernahmerichtlinie
2004
Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente
2005
Eigenkapitalrichtlinie (Basel II)
2006-2008
Richtlinie zum Zahlungsverkehr im Binnenmarkt
Quelle: Europäische Zentralbank (2005b).
Die Europäische Kommission hat kürzlich in ihrem Weißbuch zur Finanzdienstleistungspolitik 2005 bis 2010 die für die nächsten fünf Jahre vorgesehene Ausrichtung für den Finanzdienstleistungssektor vorgestellt. Dem Weißbuch waren umfangreiche Untersuchungen der Kommission zu den Fortschritten der Finanzmarktintegration im Rahmen des Aktionsplans Finanzdienstleistungen vorausgegangen. Dazu
hatte die Kommission vier aus Marktteilnehmern bestehende Sachverständigengruppen für die Bereiche Wertpapiermärkte, Banken, Versicherungen und Asset
Management eingesetzt und breite öffentliche Konsultationen durchgeführt. Die
diesbezüglichen Arbeiten mündeten in die Veröffentlichung eines Grünbuches im
Mai 2005, das wiederum konsultiert wurde.
Es gehört zu den Zielsetzungen des Weißbuchs, die verbleibenden, wirtschaftlich
bedeutsamen Hindernisse auf dem Weg zu einem gemeinsamen Binnenmarkt für
Finanzdienstleistungen zu beseitigen. Die Weiterentwicklung der Finanzmarktaufsicht ist folglich einer der Schwerpunkte des Weißbuchs. Die Überlegungen der
Kommission zur Steigerung der Effizienz der Finanzmarktaufsicht decken sich im
Kern mit der bisherigen Strategie, das Potential der bestehenden Strukturen auszuschöpfen und die Gewährleistung konsistenter Aufsichtspraktiken durch die Level 3Ausschüsse im Rahmen des Lamfalussy-Verfahrens zu optimieren und diese einer
88
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
regelmäßigen Überprüfung zu unterziehen. Angesichts der fortschreitenden Integration der Finanzmärkte sollen die Strukturen der Finanzmarktaufsicht im Interesse der
Sicherung der Finanzstabilität bei Bedarf schrittweise angepasst werden. Die Entwicklung neuer Aufsichtsstrukturen sieht die Kommission derzeit als kontraproduktiv
und nur dann als „ultima ratio“ gerechtfertigt an, wenn ersichtlich wird, dass die Ziele
der Finanzstabilität und -integration nicht erreichbar sind. Besondere Beachtung soll
die Aufsicht über grenzüberschreitend tätige Institute finden. Als konkrete Einzelmaßnahmen sind vorgesehen die Optimierung der Zuständigkeitsverteilung zwischen den Behörden des Herkunfts- und des Aufnahmemitgliedstaates, die Vermeidung doppelter Berichts- und Informationspflichten und die Steigerung der Effizienz
der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Aufsichtsbehörden. Geprüft werden
sollen die Möglichkeiten der Delegation von aufsichtsrechtlichen Aufgaben und Befugnissen.
Institutionelle Fragen der Finanzdienstleistungsaufsicht stehen vor dem Hintergrund
derzeitiger und künftiger Marktverhältnisse seit einiger Zeit im europapolitischen Focus. Mit dem Modell der Kooperation gleichgestellter nationaler Aufsichtsbehörden
auf der Basis des Lamfalussy-Verfahrens werden derzeit Erfahrungen gesammelt.
Da die Maßnahmen des Aktionsplans Finanzdienstleistungen - auch im Wertpapierbereich, in dem das Lamfalussy- Verfahren bereits seit 2001 zur Anwendung kommt
- noch nicht sämtliche Stufen durchlaufen haben, lassen sich derzeit noch keine abschließenden Bewertungen abgeben. Im Vergleich zur derzeitigen Praxis scheint eine Vertiefung der Kooperation der nationalen Aufsichtsbehörden erforderlich zu sein.
In seinem Konsultationspapier „Which supervisory tools for EU-securities markets?”
(sog. Himalaja-Bericht) hat CESR konkrete Maßnahmen auf der Grundlage des
Lamfalussy-Prozesses entwickelt, die organisatorische Aspekte umfassen, wie intensiven Personalaustausch, sowie transparenzfördernde Maßnahmen wie die zentrale Führung von Datenbanken für Aufsichtszwecke. Dazu zählt auch ein Verfahren
zur Schlichtung von Streitigkeiten zwischen Aufsichtsbehörden („mediation mechanism“), der von CESR derzeit separat erörtert wird.
Ein weiteres für grenzüberschreitend tätige Institute in der Diskussion stehendes
Modell ist das der Delegation von Aufsichtsbefugnissen zwischen gleichgestellten
Aufsichtsbehörden durch Bestimmung eine lead supervisors oder eines consolidated
supervisors. Dem lead supervisor kommt mehr als reine Koordinierungsfunktion zu.
Das Modell des consolidated supervisors, das im Rahmen der Aufgabenverteilung
zwischen Heimatland- und Gastlandaufsicht der Heimatlandaufsichtsbehörde eine
deutlich stärkere Stellung einräumt, ist im Rahmen der Eigenkapitalrichtlinie zur Umsetzung von Basel II eingeführt worden. Die Ausweitung der Kompetenzen der Heimatlandaufsicht wird allerdings ein harmonisiertes Einlagensicherungssystem, gemeinsame verwaltungsrechtliche Grundsätze und die Klärung der Frage nach dem
89
Finanzplatz Frankfurt – Rahmenbedingungen
„Lender of last ressort“ erfordern. Dazu sind in den kommenden Jahren Fortschritte
zu erwarten.
Bei dem Modell der Zentralisierung von Aufsichtsfunktionen auf europäischer Ebene
ist zu berücksichtigen, dass supranationales Handeln einer europaweiten Aufsichtsbehörde eine vielschichtige europa- und verfassungsrechtliche Grundlage erfordert,
die derzeit noch fehlt. Alternativ wird ein Modell erörtert, das aus einem System nationaler Aufsichtsbehörden kombiniert mit europäischen Elementen - entsprechend
dem ESZB – aufgebaut ist. Dabei sollen nur diejenigen Institute einer europäischen
Aufsicht unterstellt werden, die grenzüberschreitend tätig sind. Regional tätige Institute würden weiterhin von den nationalen Aufsichtsbehörden beaufsichtigt werden.
Unabhängig von der konkreten Ausgestaltung des Modells dürfte eine Zentralisierung von Aufsichtsfunktionen aufgrund der dazu erforderlichen Aufgabe von nationaler Souveränität und der Schaffung der verfassungsrechtlichen sowie der einfachgesetzlichen Grundlagen allenfalls langfristig realisieren lassen.
Exkurs: Finanzkonglomerate
Im Zuge der vielschichtigen strukturellen Veränderungen in der Finanzbranche haben sich während der letzten Jahrzehnte Unternehmensgruppen herausgebildet, die
ihre Dienstleistungen und Produkte über die jeweiligen Grenzen der Teilsegmente
Kreditwirtschaft und Assekuranz anbieten. Was die Aufsicht über derartige Finanzkonglomerate anbelangt, so wurde diesen Entwicklungen in Deutschland durch die
Bildung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Rechnung getragen.
Auf der EU-Ebene befassen sich mit Finanzverbünden vornehmlich das European
Financial Conglomerates Committee, der Runde Tisch der Regulierungsbehörden
und die Mixed Technical Group.
Die Anreize zur Bildung von sektorübergreifenden Zusammenschlüssen liegen vor
allem in der Ausnutzung von potenziellen Synergieeffekten, die sich sowohl auf der
Kostenseite als auch auf der Ertragsseite ergeben können. Hierbei geht es vor allem darum, zum einen die Angebotspalette über eine Diversifizierung zu erweitern
und zum anderen bereits vorhandene Produkte in neuartigen Kombinationen anzubieten, was letztlich einer Verbreiterung und Verstetigung der Ertragsbasis dienen
soll. So ermöglichen Finanzverbünde die Nutzung gemeinsamer Vertriebswege,
wodurch sich auf kapitalsparende Weise neue Ertragsquellen erschließen lassen.
Um der Bedeutung derartiger Unternehmensstrukturen gerecht zu werden, erfolgte
im Jahre 2002 auf der Ebene der EU der Erlass einer entsprechenden Richtlinie über Finanzkonglomerate, die bereits in deutsches Recht umgesetzt worden ist. (Vgl.
STÖFFLER, G. (2004), S. 117-124; EUROPÄISCHES PARLAMENT (2002); BUNDESGESETZBLATT (2004); BGBL. I, S. 3610).
90
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Auch wenn der Begriff „Allfinanz“ in den Medien auf eine vergleichsweise hohe Resonanz stößt, so ist doch die Anzahl der gegenwärtig in Deutschland bestehenden
Finanzkonglomerate eher gering. Hinsichtlich der Bedeutung einzelner Geschäftssparten stellen sich die Finanzkonglomerate in Deutschland sehr unterschiedlich
dar, denn sämtliche Gruppen betreiben zwar das Versicherungsgeschäft, das
Bankgeschäft beschränkt sich jedoch bei einigen von ihnen lediglich auf die Bauspartätigkeit. Bemerkenswert ist darüber hinaus, dass sämtliche Verbünde ihren ursprünglichen Geschäftsschwerpunkt beibehalten haben. In Deutschland existieren
derzeit acht derartige Unternehmensverbünde, die im Versicherungswesen eine
weitaus größere Bedeutung aufweisen als in der Bankenbranche. So belief sich im
Jahr 2003 der Anteil der großen Konglomerate 10 an den Brutto-Prämien aus dem
deutschen Lebens-, Schadens-/Unfall-, Rück- und Krankenversicherungsgeschäft
auf 52 %. Im Bereich des Einlagengeschäfts mit inländischen Nichtbanken belief
sich der Anteil auf rund 15 % (vergleiche Abbildung 9).
Abbildung 9: Marktanteile großer Finanzkonglomerate in ausgewählten europäischen Ländern*
Einlagen von Nichtbanken bei großen Finanzkonglomeraten in Relation zu den
Einlagen von Nichtbanken bei sämtlichen Banken, Ende 2003
Österreich
Deutschland
In 2003 gebuchte Brutto-Prämien großer Finanzkonglomerate in Relation zu
den in 2001 gebuchten Bruttoprämien aller Versicherer
Irland
Frankreich
Spanien
Finnland
Italien
Portugal
UK
Dänemark
Niederlande
Belgien
Schweden
0
25
50
75
100
125
150
175
200
v. H.
225
* Hinsichtlich der Versicherungen sind für Italien, Spanien und das Vereinigte Königreich keine Daten verfügbar. Werte über
100 v. H. erklären sich damit, dass sich die Einlagen bzw. Prämien der Konglomerate auf das In- und Ausland beziehen,
während sich diejenigen aller Banken und Versicherungen nur auf das Inland beziehen.
Quelle: Deutsche Bundesbank (2005c).
10 Gemäß den Definitionen der Deutschen Bundesbank gelten als große Finanzkonglomerate solche Unternehmensgruppen, die hauptgeschäftlich sowohl Bank-. und Wertpapierdienstleistungen als auch Versicherungsdienstleistungen erbringen und deren Bank- oder Versicherungsgruppe zu den fünf größten nationalen Unternehmen der Branche zählt.
91
Finanzplatz Frankfurt – Rahmenbedingungen
Am Standort Frankfurt hat in jüngerer Zeit vor allem die Übernahme der Dresdner
Bank durch den Allianz-Konzern zu merklichen Strukturverschiebungen geführt.
Im europäischen Vergleich stellen sich die Marktanteile der Finanzkonglomerate
gleichwohl sehr heterogen dar. Was das Bankgeschäft anbelangt, so sind vor allem
in Schweden, Belgien und den Niederlanden die Marktanteile der großen Konglomerate wesentlich höher als in Deutschland. Auch in Frankreich und im Vereinigten
Königreich betragen sie ein Vielfaches der in Deutschland beobachteten Anteile. Im
Bereich des Versicherungsgeschäfts gilt dies in analoger Weise wiederum für die
Niederlande, Belgien und für Frankreich (vgl. DEUTSCHE BUNDESBANK (2005c), S.
39-58).
Konglomeratsstrukuren in der Finanzbranche tangieren das Finanzsystem auf unterschiedliche Art. Positive Einflusswirkungen resultieren aus der Diversifizierung
der Geschäftsfelder, welche zur Stabilität des betreffenden Unternehmens wie auch
des gesamten Finanzsystems beitragen. Etwaige Effizienzgewinne aus Skalenbzw. Synergievorteilen wirken sich ebenfalls positiv auf die Marktposition einer Unternehmensgruppe aus. Die tatsächlich vorhandenen Möglichkeiten derartiger Ertragssteigerungen werden jedoch sehr unterschiedlich eingeschätzt. So hat sich in
der Vergangenheit des Öfteren herausgestellt, dass sich die ursprünglich erwarteten
Verbundvorteile letztlich nicht eingestellt haben. Dies hängt auch damit zusammen,
dass zahlreiche dieser Finanzverbünde bislang noch nicht über ein ganzheitliches
Risikomanagement verfügen, mit dem die gesamten Risiken aus den unterschiedlichen Geschäftszweigen adäquat erfasst und überwacht werden können. Demzufolge liegt eine bedeutende Herausforderung für die Aufsichtsinstitutionen darin, die
Finanzkonglomerate zur Installierung eines adäquaten Risiko-Controllings zu veranlassen. Eine weitere wichtige Aufgabe besteht in der Überwachung der Eigenkapitalbestände, was sich aufgrund der teilweise sehr komplexen Beteiligungsverhältnisse als schwierig herausstellen kann (vgl. etwa VAN LELYVELD, I. ; SCHILDER, A.
(2002).
2.4
Fazit
Sowohl auf der internationalen Ebene als auch innerhalb der Europäischen Union
ist die Finanzaufsicht und -regulierung ein sehr komplexes Betätigungsfeld, das sich
eng an den fortwährenden Veränderungen des weltweiten Finanzsystems orientieren muss. Hierbei hat man es mit vielschichtigen Strukturveränderungen zu tun, die
die Finanzdienstleistungsunternehmen wie Banken, Versicherungen und Wertpapierhandelshäuser sowie regulierte Märkte wie auch die Finanzprodukte und Dienstleistungen betreffen. Ein zentrales Betätigungsfeld der Finanzaufsicht ist die Veranlassung der Finanzdienstleister zu einer an Stabilitäts- und Transparenzzielen ausgerichteten Unternehmensführung, wozu eine detaillierte Beobachtung der Entwick-
92
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
lungen auf den Finanzmärkten notwendig ist. Krisensymptome können sich unter
Umständen sehr schnell ausbreiten und auch andere Wirtschaftsbereiche bzw. ganze Volkswirtschaften in Mitleidenschaft ziehen. Zu bedenken ist, dass in zahlreichen
Ländern gerade in jüngerer Zeit sehr wichtige Bereiche der Sozialpolitik partiell in
private Strukturen überführt worden sind bzw. schon immer in hohem Maße auf der
privaten Vorsorge der Bürger beruhten. Die hierbei involvierten Anbieter von Vorsorgeprodukten sind nicht nur über die Kapitalanlage sehr eng in das weltweite Finanzsystem integriert und dementsprechend anfällig für Kapitalmarktkrisen. Die
Tatsache, dass etwa viele Pensionsfonds, kirchliche Institutionen oder Stiftungen ihre Finanzmittel mittlerweile nach ausgeprägten Ertragsgesichtspunkten und unter
entsprechenden Risikoerwägungen auf den Kapitalmärkten anlegen, macht die Brisanz dieser Interdependenzen sehr deutlich. Darüber hinaus bestehen bei den Finanzdienstleistern auch auf der Eigentümerseite komplizierte Abhängigkeiten zu
Kapitalgebern, die wiederum gezielt ihre Interessen wahrnehmen. In besonderer
Weise gilt dies für die Unternehmensstrukturen in Finanzkonglomeraten.
Die vorgenannten Aspekte betreffen die Arbeit der Aufsichts- und Regulierungsbehörden in vielfacher Hinsicht. Alles in allem haben sich während der vergangenen
zwei Jahrzehnte sowohl auf der internationalen Ebene als auch innerhalb der EU
die Aufsichtsstrukturen durchaus bewährt. Insbesondere während der Finanzmarktkrisen der neunziger Jahre konnte jeweils zügig reagiert werden, wohingegen die
Einflussmöglichkeiten während der Börsenkrisen in den Jahren 1987 und 2000 eher
begrenzt waren. Innerhalb der EU gehen gegenwärtig vor allem vom Financial Services Action Plan maßgebliche Impulse für eine kontinuierliche Fortentwicklung bzw.
Modifizierung der Regulierungs- und Aufsichtsgremien aus. Allerdings stehen die
hierbei involvierten Akteure vor dem Dilemma, dass zwar einerseits in der langen
Frist ein einheitlicher europäischer Finanzraum angestrebt wird, dass sich jedoch
andererseits hierdurch die Komplexität des Finanzsystems erhöht.
93
Finanzplatz Frankfurt – Rahmenbedingungen
3
Bildungs- und Forschungsinfrastruktur am Finanzplatz Frankfurt
3.1
Einleitung
Gemäß der subjektiven Einschätzung von Finanzfachkräften liegen Frankfurt, London und Paris bezüglich der Qualität des Bildungswesens sehr nahe beieinander
(CSFI, 2003). Im Hinblick auf London wird insbesondere ein Mangel an gebührenfreien leistungsfähigen Schulen beanstandet. Das Schulwesen im Rhein-MainGebiet ist hinsichtlich der unterschiedlichen Schulformen sehr breit angelegt. Im
Vergleich zum Finanzplatz Paris lässt sich im Besonderen festhalten, dass das
französische staatliche Schulsystem eine ganze Reihe von historisch gewachsenen
Facetten aufweist – wie etwa die obligatorische Ganztagsschule, ein starkes
Schwergewicht auf dem Frontalunterricht oder schwerpunktmäßig repetitiv ausgerichtete Lernkonzepte –, die für nicht aus Frankreich stammende Schüler gewöhnungsbedürftig sind (vgl. etwa BÖRSENZEITUNG, 9.12.03, oder OECD, 2001).
Hinsichtlich der Größendimensionen und der Vielseitigkeit des Hochschulwesens
kann der Finanzplatz Frankfurt mit den Agglomerationen London und Paris nur
schwerlich konkurrieren, denn mit international höchst renommierten Hochschulen
wie dem INSEAD in Fontainebleau oder dem UNIVERSITY COLLEGE LONDON können
sich die im Rhein-Main-Gebiet ansässigen Hochschulen nur in einzelnen Teildisziplinen messen. Gleiches gilt für den Vergleich mit der FONDATION NATIONALE DES
SCIENCES POLITIQUES (INSTITUT D'ETUDES POLITIQUES DE PARIS/„SCIENCE PO“), der
HEC (ECOLE DES HAUTES ETUDES COMMERCIALES), der LONDON SCHOOL OF ECONOMICS oder der LONDON BUSINESS SCHOOL. Gleichwohl weist das Rhein-Main-Gebiet
bezüglich der Qualität der universitären Forschung und Lehre in vielerlei Hinsicht
beachtliche Standortvorteile auf, die nachfolgend erörtert werden.
Vor dem Hintergrund des Strukturwandels im Finanzsektor stellen sich hinsichtlich
der Konzeption der finanzwirtschaftlichen Berufsausbildung und der fachbezogenen
Studiengänge an den hessischen Universitäten und Fachhochschulen zahlreiche
Fragen, z. B. diejenige nach einer eher kurzfristig angelegten Ausrichtung der Ausbildungsinhalte der Lehre zum Bankkaufmann bzw. Versicherungskaufmann und
der Studieninhalte an aktuelle Entwicklungen in der Finanzbranche. Im Hinblick auf
die finanzwirtschaftliche Forschung und Lehre an den hessischen Universitäten wird
außerdem schon seit längerem über eine räumliche Konzentration der betreffenden
Einrichtungen an wenigen, wenn nicht gar nur einem Standort – nämlich der Johann
Wolfgang Goethe-Universität – diskutiert.
Im Kontext mit derartigen Aspekten werden von bedeutenden Vertretern des Finanzbranche u. a. folgende Vorschläge zur Veränderung des finanzwirtschaftlichen
Bildungs- und Forschungswesens gemacht:
94
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
¾ Die Vermittlung von allgemeinen volkswirtschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Bildungsinhalten, aber auch von spezifischem, auf das Bankund Börsenwesen fokussiertem Wissen bereits in der Schulzeit. Dies gilt für
Hauptschulen, Realschulen und Gymnasien. In letzteren könnte dies in der
Mittelstufe einzelne grundlegende Aspekte und in der Oberstufe auch Detailwissen umfassen.
¾ Die Einrichtung von Ausbildungsgängen, die von den fachlichen Anforderungen her – gleichsam „hybrid“ – zwischen der beruflichen Ausbildung und akademischen Studiengängen angesiedelt sind.
¾ Eine Verbreiterung des Weiterbildungsangebotes für Finanzangestellte, und
dies nicht nur im Bereich der beruflichen Fachschulen und privaten Ausbildungseinrichtungen, sondern auch der Universitäten und Fachhochschulen.
¾ Eine verstärkte Verbreitung von konsekutiven bzw. gestuften Studiengängen. Der erste Abschluss, das Baccalaureat, soll den Studenten ein erstes
Examen bereits nach sechs Semestern ermöglichen.
¾ Ein Angebot an fachspezifischen, von der Zielgruppe her international ausgerichteten Postgraduierten-Studiengängen.
¾ Eine umfangreiche Anwerbung von Studenten und Wissenschaftlern aus den
Ländern des mittel- und osteuropäischen Raumes. In dieser Hinsicht soll eine weitläufige Reputation des Landes Hessen aufgebaut werden.
¾ Eine verstärkte Bereitschaft auf Seiten der privaten Finanzwirtschaft zur Einstellung von Praktikanten.
Um im Detail auf solche Vorschläge eingehen zu können, bedarf es einer eingehenden Analyse der gegenwärtigen Gegebenheiten im hessischen Bildungs- und Forschungswesen.
3.2
Struktur des deustchen Bildungswesens im internationalen Vergleich
Der Versuch eines Vergleichs der in unterschiedlichen Industrieländern vorherrschenden Bildungssysteme wird in Tabelle 23 unternommen. Als besonders vorteilhaft ist im Vergleich zu den Finanzplätzen London und Paris das deutsche berufliche Bildungswesen zu erwähnen. So genießen die duale Banklehre, aber auch
andere kaufmännische Berufsausbildungen – wie etwa diejenigen zum Versicherungskaufmann, Industriekaufmann oder Groß- und Außenhandelskaufmann – immer noch eine hohe Reputation und sind im internationalen Vergleich als herausragende Standortvorteile einzuordnen. Diese Berufsabschlüsse ermöglichen auch
95
Finanzplatz Frankfurt – Rahmenbedingungen
solchen Nachwuchskräften, die kein Studium anstreben, eine fachlich fundierte und
vielseitige Ausbildung, die ihnen breit gefächerte berufliche Entwicklungsperspektiven eröffnet. Insbesondere gilt dies in Kombination mit weiterführenden praktischen
Qualifizierungsmöglichkeiten an den hessischen Standorten der Bankakademie in
Frankfurt, Gießen und Kassel und der Sparkassenakademie in Eppstein. Hierunter
sind vor allem die schon seit den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts
angebotene Ausbildung zum Bankfachwirt bzw. Sparkassenfachwirt, aber auch eine
ganze Reihe von zusätzlichen Weiterbildungsangeboten zu nennen.
Tabelle 23: Vergleich der in unterschiedlichen Industrieländern vorherrschenden Bildungssysteme
Indikator des Bildungswesens
Deutschland
UK
Frankreich
USA
Japan
Organisation des Bildungswesens
(Zuständigkeit )
föderal
dezentral (England, zentral
(Bundesländer) Wales, Schottland)
dezentral
(Bundesstaaten)
zentral
Qualitative Varianz der Schulbildung
niedrig
sehr hoch
hoch
hoch
hoch
Qualität der berufspraktischen Ausbildung
hoch
niedrig
sehr niedrig
sehr niedrig
niedrig
Reaktion der inhaltlichen Ausgestaltung der
berufspraktischen Ausbildung auf
Veränderungen in der Privatwirtschaft
langsam
langsam
langsam
Schnell, da
überwiegend
privatwirtschaftlich
organisiert
Schnell, da
überwiegend
privatwirtschaftlich
organisiert
Qualitative Varianz der Hochschulbildung
niedrig
sehr hoch
sehr hoch
sehr hoch
niedrig
Dauer der Hochschulausbildung
lang
kurz
kurz
sehr kurz
kurz
Reaktion der inhaltlichen Ausgestaltung der
Hochschulbildung auf Veränderungen in der
Privatwirtschaft
langsam
schnell
langsam
sehr schnell
langsam
Fachlich differenzierte bzw. konsekutiv
gestufte Studiengänge
Bislang kaum
vorhanden
ausgeprägt vorhan- ausgeprägt
den
vorhanden
ausgeprägt
vorhanden
kaum
vorhanden
Quelle. Darstellung der Hessen Agentur in Anlehnung an DIETL/PAUL/ROYER (1999).
Lediglich in Österreich und in der Schweiz gibt es vergleichbare Ausbildungssysteme, während eine berufspraktisch orientierte Bankausbildung im Vereinigten Königreich faktisch gar nicht und in Frankreich nur in stark verschulter Form – also ohne
eine betriebliche Fundierung – besteht. Allerdings existieren in den angelsächsischen Ländern und in der Schweiz vor allem hinsichtlich der Ausbildung zum Analysten mehrere privatwirtschaftlich initiierte zertifizierte Abschlüsse, die gegen erhebliche Gebühren auch in Deutschland erworben werden können.
In Bezug auf die oftmals als „schwerfällig“ kritisierte Anpassung der deutschen Berufsausbildung an die tatsächlichen Gegebenheiten der Privatwirtschaft ist anzumerken, dass deren inhaltliche Veränderung immer nur im Rahmen eines komplexen Verhandlungsprozesses zwischen den Kultusministerien und den Industrie- und
96
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Handelskammern bzw. Handwerkskammern möglich ist. Allerdings birgt dies für die
betroffenen Lehrlinge, jedoch auch für die Arbeitgeber immerhin den Vorteil eines
weitgehend transparenten und stabilen Ausbildungssystems, das auf einer in den
einzelnen Fachgebieten überschaubaren Anzahl von staatlich anerkannten Berufsabschlüssen basiert.
Die Studienzeiten im Hochschulwesen bis zum ersten Examen sind gemäß Tabelle 23 in Deutschland erheblich länger als in Frankreich und dem Vereinigten Königreich. In diesen beiden Ländern erlangen die Studenten üblicherweise mit 21 oder
22 Jahren ihren ersten Universitätsabschluss, während dies in Deutschland mit ungefähr 28 Jahren der Fall ist. Allerdings gestaltet sich ein diesbezüglicher direkter
Vergleich der Universitätssysteme als eher schwierig, denn diese unterscheiden
sich in den einzelnen Ländern in ihrer grundlegenden Ausrichtung sehr stark voneinander.
In Frankreich ist die Forschung weitgehend nicht an den Hochschulen, sondern an
speziellen fachbezogenen staatlichen Forschungsinstitutionen angesiedelt. Institutionell unterteilt sich das französische Hochschulwesen in Universitäten und Grandes
Ecoles. An ersteren kann ein erster Abschluss – das DEUG (Diplôme d’etudes univeritaires générales) bereits nach zwei Studienjahren erworben werden, woran sich
jeweils nach einem weiteren Jahr zwei weitere Abschlüsse – License und Maîtrise –
anschließen. An den Grandes Ecoles erstrecken sich hingegen die Studiengänge –
je nach Ausrichtung – über einen Zeitraum von drei bzw. vier Jahren, wozu jedoch
die zweijährigen Vorbereitungsklassen hinzuaddiert werden müssen. An diesen
Hochschulen orientieren sich die akademischen Studienangebote sehr stark an inhaltlichen Anforderungen späterer beruflicher Tätigkeiten in großen Konzernen bzw.
staatlichen Regierungs- und Verwaltungsinstitutionen (vgl. GROßE, 1993).
Das britische Hochschulsystem umfasst wie das deutsche sowohl Forschung als
auch Lehre. Um einen ersten Abschluss – den Bachelor oder den Honours Degree
– zu erlangen, müssen an englischen Universitäten drei Studienjahre und an schottischen vier Studienjahre absolviert werden. Bemerkenswert ist, dass es viele englische Studenten gerade wegen der längeren Studiengänge nach Schottland zieht,
weil sie sich aus diesem Grunde dort eine fundiertere Ausbildung versprechen als in
England.
3.3
Bildungs- und Forschungsinstitutionen am Finanzplatz Frankfurt
Grundsätzlich zeichnet sich Frankfurt durch ein sehr vielseitiges Schulwesen aus.
Insgesamt existieren dort knapp 190 Schulen, hierunter 18 berufliche Schulen (davon 6 kaufmännische Berufsschulen), 18 Realschulen, 19 Hauptschulen und 33
Gymnasien. Unter den letzteren befinden sich 11 Gymnasien mit neusprachlichem
97
Finanzplatz Frankfurt – Rahmenbedingungen
Schwerpunkt, zwei humanistische Gymnasien, 3 berufliche Gymnasien (hiervon
zwei mit einem fachlichen Schwerpunkt Wirtschaft) sowie 20 Gymnasien mit naturwissenschaftlichem Schwerpunkt. Zudem gibt es im Rhein-Main-Gebiet schon seit
langem eine ganze Reihe von Schulen mit internationaler bzw. spezifisch nationaler
Ausrichtung in privater Trägerschaft, so beispielsweise die EUROPÄISCHE SCHULE
FRANKFURT, die JAPANISCHE INTERNATIONALE SCHULE FRANKFURT, die FRANKFURT
INTERNATIONAL SCHOOL in Oberursel und die GRIECHISCHE SCHULE FRANKFURT. Zu
erwähnen wären hierunter ebenfalls das LYCÉE FRANÇAIS DE FRANCFORT, das LITAUISCHE GYMNASIUM in Hüttenfeld oder die SCHULE DER ISLAMISCHEN REPUBLIK IRAN.
Ein besonderer Fall ist die INTERNATIONALE SCHULE FRANKFURT-RHEIN-MAIN, die seinerzeit auf Initiative der Stadt Frankfurt, des Landes Hessen sowie mehrerer multinationaler Unternehmen gegründet wurde. In all diesen Schulen werden deutsche
und ausländische bzw. mehrsprachige Abschlüsse angeboten, so etwa die US Advanced Placement Exams, die British AS/A-Level Exams oder das International General Certificate of Secondary Education (IGCSE). Ein ausgeprägt internationaler
Hintergrund der betreffenden Schüler kennzeichnet auch die ISAAK-EMILLICHTIGFELD-SCHULE und das kürzlich wiedereröffnete PHILANTHROPIN, die beide
von der jüdischen Gemeinde Frankfurt unterhalten werden. Von besonderer Bedeutung ist auch die INTERNATIONALE SCHULE in Seeheim-Jugenheim, welche in
Deutschland die einzige Schule dieser Art in öffentlicher Trägerschaft darstellt und
ihren Lehrbetrieb zum Schuljahr 2005/2006 aufgenommen hat (vgl. HESSISCHES
KULTUSMINISTERIUM, 28.9.04).
Im Bereich des hessischen Hochschulwesens verfügen die JOHANN WOLFGANG
GOETHE-UNIVERSITÄT, die TECHNISCHE UNIVERSITÄT DARMSTADT wie auch die JUSTUS-LIEBIG-UNIVERSITÄT GIESSEN in zahlreichen Wissenschaftsdisziplinen über eine
hervorragende Reputation. Analog gilt dies für die PHILIPPS-UNIVERSITÄT MARBURG
und die benachbarte JOHANNES-GUTENBERG-UNIVERSITÄT MAINZ, aber auch für eine
ganze Reihe von außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Zu nennen sind darüber hinaus die HOCHSCHULE FÜR BANKWIRTSCHAFT, die ihren Studenten sowohl
Vollzeitstudiengänge als auch eine Kombination aus bank- und finanzwirtschaftlichem Studium und kontinuierlichen Praxiserfahrungen ermöglicht, sowie die FACHHOCHSCHULE FRANKFURT, die einen internationalen Studiengang „Finance and Law“
eingerichtet hat.
Die auf das Finanzwesen ausgerichtete Forschung und Lehre ist an den hessischen Universitäten gemäß Tabelle 24 an einer ganzen Reihe von Institutionen angesiedelt. Hierunter befinden sich insgesamt 49 Lehrstühle, die sich den Disziplinen
Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschaftslehre, Rechtswissenschaften, Geographie
oder Mathematik zuordnen lassen. Augenscheinlich besitzt die Frankfurter Universität vor allem im Bereich der Wirtschaftswissenschaften mittlerweile eine beachtliche
Agglomeration von etwa 15 Lehrstühlen, die sich mit den unterschiedlichsten As98
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
pekten des Bank- und Börsenwesens befassen. Hierunter befinden sich sechs
volkswirtschaftlich und acht betriebswirtschaftlich ausgerichtete Lehrstühle. Anzuführen sind des Weiteren zwei rechtswissenschaftliche und zwei mathematische
Professuren sowie eine Professur für Wirtschafts- und Sozialgeographie. Darüber
hinaus sind an der Hochschule für Bankwirtschaft, die sehr stark auf das Finanzwesen fokussierte Studiengänge anbietet, insgesamt 19 Lehrstühle aus unterschiedlichen finanzwirtschaftlichen Disziplinen angesiedelt.
Überdies trägt eine umfangreiche Einwerbung von Drittmitteln wesentlich zur Reputation des finanzökonomischen Forschungsstandortes Frankfurt bei. Als von der
Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Forschungsverbünde wären hier in
erster Linie das neue Graduiertenkolleg “Finance and Monetary Economics" und der
mittlerweile ausgelaufene Sonderforschungsbereich „Vernetzung als Wettbewerbsfaktor am Beispiel der Region Rhein-Main“ zu erwähnen. Eine Komponente des
wirtschaftswissenschaftlichen Lehrangebots ist zudem das neuartige Executive
MBA-Programm im Fachgebiet Finance.
Demzufolge liegt der Gedanke nahe, an dieser Hochschule eine weitergehende
fachliche Schwerpunktbildung zu fördern, um schon bestehende strukturelle Größenvorteile verstärkt zu nutzen. Diesem Anliegen entsprechend wird an der JOHANN
WOLFGANG GOETHE-UNIVERSITÄT in naher Zukunft ein Teil der betreffenden Einrichtungen – so zum Beispiel das Institut für KAPITALMARKTFORSCHUNG/CENTER FOR FINANCIAL STUDIES – bis 2007 auf dem Campus Westend in einem “HOUSE OF FINANCE“ zusammengefasst. Dieses wird zudem ein aus zwei zusätzlichen Lehrstühlen
bestehendes, von der Bundesbank-Stiftung „Geld und Währung“ getragenes Zentrum für Finanzmarktforschung umfassen (vgl. FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG,
23.1.04, S. 45). Ein weiteres Forschungsstandbein ist das “MathFinance Institute“,
welches aus einer Zusammenarbeit zwischen dem Fachbereich Wirtschaftswissenschaften und dem Fachbereich Mathematik hervorgegangen ist. Anzuführen ist als
weitere Forschungseinrichtung das “efinance lab“, das aus einer Kooperation der
Frankfurter Universität mit der TU Darmstadt beruht und sich Fragestellungen aus
der Kombination von Finanzwirtschaft und Informationstechnologie widmet.
99
Finanzplatz Frankfurt – Rahmenbedingungen
Tabelle 24: Institutionen der auf das Finanzwesen ausgerichteten Forschung und Lehre an den Universitäten
Frankfurt, Darmstadt, Gießen, Mainz und Marburg
Universität
Fachdisziplin
Anz. Lehrst.
Johann Wolfgang Goethe- WirtschaftsBWL: 9,
wissenschaften VWL: 6
Universität
Frankfurt
Geographie
TU Darmstadt
1
Mathematik
4
Rechtswissenschaften
2
JohannesGutenbergUniversität
Mainz
Finanzierung und Bankbetriebslehre (Prof. Dr. Dr. Oskar Betsch), Empirische Wirtschaftsforschung/
Mikroökonometrie (Prof. Dr. Horst Entorf)
Mathematik
2
Arbeitsgruppe Stochastik und Operations Research (Prof. Dr. Jürgen Lehn, Prof. Dr. Klaus Ritter)
Rechtswissenschaften
2
Deutsches und internationales Wirtschafts- und Arbeitsrecht (Prof. Dr. Uwe Schneider), Deutsches und
Europäisches Finanz- und Steuererrecht (Prof. Dr. Susanne Sieker)
Geld, Kredit und Währung (Prof. Dr. Volbert Alexander), Finanzierung und Banken (Prof. Dr. Wolfgang
Bessler), Internationales Management und Kommunikation (Prof. Dr. Martin Glaum), Risikomanagement und Versicherungswirtschaft (Prof. Dr. Martin Morlock), Studienschwerpunkte "Geld, Banken und
Versicherungen" und "Internationale Wirtschaft"
Mathematik
2
Arbeitsgruppe Finanzmathematik und Stochastik (Prof. Dr. Ludger Overbeck, Prof. Dr. Winfried Stute)
Rechtswissenschaften
3
Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht, Rechtsvergleichung (Prof. Dr. Jens Ekkenga),
Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht, Europäisches Bank- und Kapitalrecht, (Prof. Dr.
Horst Hammen), Öffentliches Recht, Völkerrecht und Europarecht (Prof. Dr. Thilo Marauhn)
WirtschaftsBWL: 1
wissenschaften
Bankbetriebslehre, Banking and Finance (Prof. Dr. Erich Priewasser)
Rechtswissenschaften
Öffentliches Recht (Prof. Dr. Hans-Detlef Horn), Bürgerliches Recht, Deutsches und Europäisches
Handels-, Gesellschafts- und Bankrecht (Prof. Dr. Katja Langenbucher),
2
WirtschaftsBWL: 2,
wissenschaften VWL: 1
Mathematik
4
Rechtswissenschaften
3
Quelle: Darstellung der Hessen Agentur.
100
Institut für Wirtschafts- und Sozialgeographie (Prof. Dr. Eike W. Schamp)
Institut für Stochastik und Mathematische Informatik (Prof. Dr. Hermann Dinges, Prof. Dr. Götz Kersting, Prof. Dr. Malte Sieveking, Prof. Dr. Anton Wakolbinger), Frankfurt MathFinance Institute, Kooperation in der Lehre zwischen Fachbereich Wirtschaftswissenschaften und Fachbereich Mathematik
Institut für Bankrecht (Prof. Dr. Dr. h. c. Theodor Baums), dem Fachbereich angeschlossen ist zudem
das "INSTITUTE FOR LAW AND FINANCE " (Prof. Dr. Andreas Cahn)
BWL: 1,
Wirtschaftswissenschaften VWL: 1
Justus-LiebigWirtschaftsBWL: 3,
Universität
wissenschaften WL: 1
Giessen
PhilippsUniversität
Marburg
Lehrstühle bzw. Institutionen
VWL, insbesondere Makroökonomie und Empirische Wirtschaftsforschung (Prof. Dr. Michael Binder),
BWL, insbesondere e-Finance (Prof. Dr. Peter Gomber), Statistik und Ökonometrie (Prof. Dr. Reinhard
Hujer), BWL, insb. Wirtschaftsinformatik und Wissensmanagement (Prof. Dr. Wolfgang König), Kreditwirtschaft und Finanzierung (Prof. Dr. Jan Pieter Krahnen), Unternehmensfinanzierung und Risikomanagement (Professor Dr. Christian Laux), Investment, Portfolio Management und Alterssicherung (Prof.
Dr. Raimond Maurer), VWL, insbesondere Empirische Makroökonomie (Prof. Dr. Dieter Nautz), Derivate und Financial Engineering (Prof. Dr. Christian Schlag), Internationales Bank- und Finanzwesen (Prof.
Dr. Reinhard H. Schmidt), BWL, insb. Electronic Commerce (Professor Dr. Bernd Skiera), VWL, insbesondere Öffentliche Finanzen (Prof. Dr. Paul B. Spahn), Bankbetriebslehre (Prof. Dr. Mark Wahrenburg), VWL, insb. Industrieökonomie (Prof. Dr. Uwe Walz), VWL, insbesondere Geld- und Währungspolitik (Prof. Dr. Volker Wieland), INSTITUT FÜR KAPITALMARKTFORSCHUNG/CENTER FOR FINANCIAL STUDIES,
Lehr- und Forschungsschwerpunkt "Finanzen", DFG-Graduiertenkolleg "Finance and Monetary Economics", EFinance Lab (in Kooperation mit Prof. Dr. Ralf Steinmetz, HESSISCHES TELEMEDIA TECHONOLOGIE KOMPETENZ CENTER/TU Darmstadt). Institut für Währungs- und Finanzstabilität.
Allg. BWL und Bankbetriebslehre (Professor Dr. Dietmar Leisen), Finanzwirtschaft (Prof. Dr. Siegfried
Trautmann), Volkswirtschaftslehre, insb. Wirtschaftpolitik und Internationale Makroökonomik (Prof. Dr.
Beatrice Weder)
Arbeitsgruppe für Mathematische Stochastik und mathematische Statistik (Prof. Dr. Reinhard Bühler,
Prof. Dr. Achim Klenke, Prof. Dr. Hans-Jürgen Schuh), Arbeitsgruppe Numerische Mathematik (Prof.
Dr. Ansgar Jüngel)
Europarecht, Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht und Rechtsvergleichung (Prof. Dr.
Meinrad Dreher), Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht, Wirtschaftsrecht (Prof. Dr.
Mathias Habersack), Bürgerliches Recht, Handelsrecht, Wirtschaftsrecht und Bankrecht (Prof. Peter O.
Mülbert), dem Fachbereich angeschlossen ist das INSTITUT FÜR DEUTSCHES UND INTERNATIONALES RECHT
DES SPAR-, GIRO- UND KREDITWESENS
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Auch im näheren Umfeld des Finanzplatzes finden sich Angebote der finanzwirtschaftlichen Lehre und Forschung. An der JUSTUS-LIEBIG-UNIVERSITÄT GIESSEN
werden schon seit geraumer Zeit die Studienschwerpunkte "Geld, Banken und Versicherungen" und "Internationale Wirtschaft" angeboten. Auch findet dort schon seit
Mitte der neunziger Jahre eine gezielte „Akquisition“ und Betreuung von Studenten
aus den mittel- und osteuropäischen Ländern statt. An der JOHANNES-GUTENBERGUNIVERSITÄT MAINZ befindet sich schon seit 1970 das INSTITUT FÜR DEUTSCHES UND
INTERNATIONALES RECHT DES SPAR-, GIRO- UND KREDITWESENS. Darüber hinaus hat
sich innerhalb der Finanzmathematik/Stochastik in jüngerer Zeit an mehreren der
hier erörterten Hochschulen vor allem die quantitative Risikoanalyse profiliert.
3.4
Fazit und Ausblick
Die Schullandschaft im Rhein-Main-Gebiet ist durch ein weites Spektrum an unterschiedlichen Schultypen bzw. Schulabschlüssen geprägt, das auch den Familien
ausländischer Finanzfachleute zahlreiche Bildungsmöglichkeiten eröffnet. Alles in
allem ist die Internationalität und Vielgestaltigkeit des Schulwesens im Rhein-MainGebiet besonders hervorzuheben (vgl. FREUND, 2001).
Um auch in den allgemeinbildenden Schulen Bildungsinhalte über die Gesamtwirtschaft bzw. das Finanzwesen zu vermitteln, wurden während der letzten Jahre umfassende bildungspolitische Anstrengungen unternommen. Dies betrifft vor allem die
Neuausrichtung des Faches „Politik und Wirtschaft“.
Im Bereich der beruflichen Schulen erfolgten in den finanzwirtschaftlichen Ausbildungsordnungen einige inhaltliche Schwerpunktverlagerungen, so im Wesentlichen
von den kaufmännischen Grundlagen wie beispielsweise der Buchführung und der
Bilanzkunde zu spezifischen Aspekten des Bank- und Versicherungswesens. Derartige Reformen bedürfen immer der Abstimmung in der Kultusministerkonferenz und
sind daher langwierig. Im Bereich der beruflichen Bildung ist zudem eine Kooperation mit den Industrie- und Handelskammern erforderlich. Bei zukünftigen Reformen
finanzwirtschaftlicher Ausbildungsgänge sollte die Balance zwischen grundlegenden
kaufmännischen Aspekten des Bank- und Versicherungswesens und detaillierten
Fachkenntnissen so gestaltet sein, dass die Absolventen einerseits über ein fundiertes und breit angelegtes Fachwissen verfügen, jedoch andererseits auf strukturelle
Veränderungen innerhalb der Finanzbranche hinreichend flexibel reagieren können.
Auch wenn die Hochschullandschaft in Hessen von der Größenordnung her kaum
mit derjenigen in London oder Paris vergleichbar ist, so befinden sich doch an den
Universitäten in Frankfurt, Gießen, Marburg und Darmstadt zahlreiche Professuren,
die in unterschiedlichen finanzplatzrelevanten Fachgebieten der Volkswirtschafts-
101
Finanzplatz Frankfurt – Rahmenbedingungen
lehre, Betriebswirtschaftslehre, Geographie, Mathematik und Rechtswissenschaften
tätig sind.
Hinsichtlich der Finanzplatzes Frankfurt ist es notwendig, die finanzwirtschaftliche
Forschung und Lehre zum Zwecke einer Ausnutzung von standörtlichen Größenvorteilen an der JOHANN WOLFGANG GOETHE-UNIVERSITÄT in Frankfurt räumlich stärker
zu konzentrieren. Dies gilt vor allem im Hinblick auf die Weiterentwicklung hin zu einer Lehr- und Forschungsinstitution mit internationaler Reputation. Ein besonders
wichtiger Aspekt ist hierbei die Attraktivität eines Hochschulstandorts für qualifizierte
Wissenschaftler, die vor allem bei der Berufung von Professoren eine erhebliche
Bedeutung hat. Ebenfalls notwendig ist eine noch stärkere Öffnung für ausländische
Studenten und die Animierung einheimischer Studenten zu Aufenthalten an ausländischen Partneruniversitäten. Zudem ist es zum Zwecke einer weiter forcierten Einwerbung von Drittmitteln unabdingbar, dass die am Finanzplatz Frankfurt vorhandenen Forschungsstrukturen eine kritische Mindestgröße aufweisen. Dies gilt insbesondere für die Bewilligung von Fördermitteln durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft, so beispielsweise zur Einrichtung bzw. Weiterführung von Sonderforschungsbereichen und Graduiertenkollegs. Aber auch andere Institutionen wie etwa
die VW-Stiftung oder parteinahe Stiftungen legen in ihrer Forschungsförderung
größten Wert auf eine fruchtbare Kooperation zwischen unterschiedlichen Lehrstühlen bzw. Fakultäten. Diesbezüglich steht die Johann Wolfgang Goethe-Universität in
einem intensiven inländischen Wettbewerb mit anderen deutschen Universitäten,
die sich ebenfalls durch breitgefächerte finanzwirtschaftliche Forschungs- und Lehrkapazitäten auszeichnen. Zu nennen sind hier in erster Linie die wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten der Universität zu Köln, der Ludwig-Maximilians-Universität
München und der Humboldt-Universität zu Berlin.
Allerdings sollten institutionelle Größenaspekte nicht alleine die Diskussion über die
Zukunftsgestaltung der finanzwirtschaftlichen Forschung und Lehre im Rhein-MainGebiet dominieren. Im Grundsatz spricht nichts dagegen, dass auch „kleine“ Institutionen innovative Strukturen entwickeln, zumal auch im Hinblick auf die Wissenschaft zwischen den Dimensionen der betreffenden Einrichtungen und institutionellen Größenvorteilen, die aus Synergieeffekten bzw. „Economies of Scale“ herrühren,
kein linearer Kausalzusammenhang besteht.
Im Hinblick auf eine zukunftsorientierte Gestaltung der Rahmenbedingungen am Finanzplatz kommt den politischen Entscheidungsträgern die Aufgabe zu, inhaltlich
relevante Forschungsfragestellungen an die betreffenden Forschungsinstitutionen
heranzutragen. Zudem wäre es zu begrüßen, wenn sich die jeweiligen Fachvertreter
aus eigenem Antrieb heraus an Aktivitäten zur Stärkung des Finanzplatzes Frankfurt beteiligten. Ein erster sinnvoller Schritt in diese Richtung bestünde darin, seitens
des Landes in einen Diskussionsprozess einzutreten.
102
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Ein weiteres Betätigungsfeld für die Politik besteht in der gezielten Ansprache von
Unternehmensvertretern im Hinblick auf deren Engagement zur Förderung von
Hochschulen. Dies kann über unterschiedliche Wege erfolgen, so etwa über die Finanzierung von Stiftungsprofessuren oder einzelnen Forschungsaufträgen. Eine
weitere Förderungsmöglichkeit ist das inhaltliche Engagement im Rahmen von
Lehraufträgen oder Gastprofessuren. Hinsichtlich privaten Mäzenatentums hat gerade die Frankfurter Universität aufgrund ihres Charakters einer ursprünglich rein
städtischen, von Frankfurter Bürgern getragenen Hochschule eine lange Tradition
aufzuweisen. Dies gilt auch für die Frankfurter Finanzwelt (Polytechnische Gesellschaft, Familie Metzler, Frankfurter Volksbank, Dresdner Bank etc.).
Im Hinblick auf das universitäre Studienangebot haben in Hessen konsekutive Studiengänge, die mit einem Master- oder Bachelor-Examen abgeschlossen werden,
bisher keine sehr weite Verbreitung gefunden. Allerdings haben unter den hessischen Hochschulen vor allem die Frankfurter und die Marburger Universität ihr Angebot an gestuften Studienabschlüssen erweitert, und dies auch in den Wirtschaftswissenschaften. Ein weiterer Aspekt der zukünftigen Gestaltung von Studiengängen ist die so genannte „Modularisierung“, also die Unterteilung des Studiums in kleine – sogleich abprüfbare – Einheiten, deren zeitliche Abfolge dem einzelnen Studenten nicht verbindlich vorgeschrieben ist. In dieser Hinsicht haben mittlerweile alle hessischen Universitäten die Initiative ergriffen, nicht zuletzt um die Kooperation mit ausländischen Universitäten zu erleichtern bzw. den Studenten Anreize für eine höhere räumliche Mobilität zu bieten. Ob modularisierte und gestufte
Studiengänge darüber hinaus jedoch zu einer merklichen Verkürzung der Studienzeiten beitragen können, lässt sich schwer prognostizieren. Gleiches gilt für die Frage, ob die neuartigen Abschlüsse bezüglich der Vermittlung der relevanten Fachinhalte den „traditionellen“ Diplom-Examina tatsächlich überlegen sind, z. B. im Hinblick auf die zukünftigen Beschäftigungschancen der Absolventen. Allerdings eröffnen derartig reformierte Studiengänge die Möglichkeit, akademische Bildungsangebote für Berufstätige in die bestehenden Hochschulstrukturen zu integrieren, und
bewirken somit eine Mobilisierung und Aktualisierung von Bildungsreserven bei den
am Finanzplatz Frankfurt tätigen Fachkräften. Hierzu können inhaltlich anspruchsvolle und international renommierte Master-Studiengänge in speziellen finanzwirtschaftlichen Fachgebieten wie beispielsweise der Finanzmarktökonometrie oder der
Bankbetriebslehre einen wertvollen Beitrag leisten.
103
Finanzplatz Frankfurt – Rahmenbedingungen
4
Vergleich der an den Finanzplätzen Frankfurt, London und Paris
vorherrschenden steuerlichen Rahmenbedingungen
4.1
Einleitung
Die steuerlichen Rahmenbedingungen sind generell ein wichtiger Faktor im Rahmen
des Standortwettbewerbs, insbesondere auch für Finanzzentren, wie die öffentliche
Diskussion zeigt. Insofern liefert ein interregionaler Vergleich der steuerlichen Rahmenbedingungen zwischen den konkurrierenden Finanzzentren Frankfurt, London
und Paris informative Hinweise für politische Maßnahmen zur Standortsicherung
und Standortverbesserung. Dies wird nachfolgend anhand der direkten Besteuerung juristischer Personen bzw. natürlicher Personen sowie der indirekten Besteuerung dargestellt.
Ob das Niveau der zu leistenden Abgaben für die Attraktivität des Finanzplatzes
Frankfurt tatsächlich von vorrangiger Bedeutung ist, wie von zahlreichen Interessenvertretern häufig dargestellt wird, lässt sich durchaus hinterfragen. Um hierüber
detaillierte Aussagen treffen zu können, muss vor allem die Inzidenz der Besteuerung berücksichtigt werden. Hierbei sind die folgenden Beteiligten von Relevanz:
•
Der Steuerdestinatar, also derjenige, der nach der Intention des Gesetzgebers
der Träger der Steuer sein soll,
•
das Steuersubjekt, also diejenige natürliche oder juristische Person, die der
Steuerpflicht unterliegt und von der im Regelfall die Steuer entrichtet wird,
•
der Steuerträger, also derjenige, der letztlich nach sämtlichen Überwälzungsvorgängen und Anpassungsvorgängen die hauptsächliche Belastung aus einer Steuer trägt (vgl. QUITZAU, 2004).
Die Besteuerung von Unternehmensgewinnen ist im Hinblick auf den Finanzplatz
Frankfurt in mehrfacher Weise von Bedeutung. Dies gilt zum einen bezüglich der
Steuerlast, die ansässige Unternehmen des Finanzsektors – und somit auch ausländische Tochtergesellschaften – selber entrichten müssen, wovon direkt die Gewinnerzielung betroffen ist. Dazu gehören auch die Steuern auf Gewinne aus Beteiligungsveräußerungen. Zum anderen betrifft die Unternehmensbesteuerung Unternehmen außerhalb der Finanzbranche, was sich auf das Kreditgeschäft und die Aktienmärkte auswirkt. Dies hat wiederum Konsequenzen für die Ertragslage der Kreditinstitute.
Im Hinblick auf das fiskalpolitische Ziel einer möglichst umfassenden Einkommensbesteuerung kommen der Körperschaftsteuer in erster Linie steuerpraktische Funk-
104
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
tionen zu. Unterlägen nämlich die in Kapitalgesellschaften erzielten Gewinne allein
der Einkommensteuer, so ergäben sich mehrere fiskalische Probleme:
•
Das Risiko der Steuerhinterziehung als Folge der Nicht-Deklarierung von Einkommensbestandteilen stiege erheblich an,
•
erhebungstechnisch ist der Zugriff auf der Ebene des Unternehmens weitaus
praktikabler als die Besteuerung sämtlicher Anteilseigner,
•
im Falle der Besteuerung thesaurierter Gewinne entstünde zudem ein Liquiditätsrisiko, denn es müssten dann die Anteilseigner eine Steuerzahlung leisten,
ohne dass zuvor ein Mittelzufluss erfolgt wäre.
Auch wenn in Bezug auf die deutsche Körperschaftsteuer die Unternehmen als
Steuerdestinatare gelten, so handelt es sich bei dieser Abgabe faktisch um eine
Steuervorauszahlung auf die persönliche Einkommensteuer, was in der öffentlichen
Diskussion oftmals kaum berücksichtigt wird. Aufgrund der Körperschaftsbesteuerung reduzieren sich die Unternehmensgewinne, was eine Verminderung der Dividenden oder – im Falle einer Gewinnthesaurierung – der Anteilswerte zur Folge hat.
Folglich belastet die Körperschaftssteuer im Ergebnis nicht nur die Unternehmen
selbst, sondern auch die Unternehmenseigentümer. (vgl. QUITZAU, 2004).
Im Rahmen einer Gesamtbewertung spielen allerdings noch weitergehende Folgewirkungen der Unternehmensbesteuerung eine Rolle, so in Bezug auf die Standortbewertung seitens der Geschäftsführung, was wiederum nicht zuletzt die Einstellung
oder Entlassung von Arbeitnehmern betrifft.
Die Besteuerung natürlicher Personen betrifft das vorhandene und anzuwerbende finanzwirtschaftliche Fachpersonal und dessen Familien am Standort Frankfurt.
Zu beachten ist hierbei auch, dass es nicht nur um die Einkommen der am Finanzplatz Frankfurt ansässigen Finanzfachleute geht, sondern gegebenenfalls auch um
die Einkünfte etwaiger Ehepartner. Folglich sind steuerliche Regelungen zum Ehegattensplitting ebenfalls von Bedeutung.
Im Kontext der Diskussion über die Entwicklung des Finanzplatzes Frankfurt liegen
zahlreiche Vorschläge zur Reform des deutschen Steuersystems vor, die sich sowohl auf Grundfragen der Besteuerung von natürlichen und juristischen Personen
als auch auf Aspekte spezifisch finanzmarktbezogener Steuern beziehen. Diese
betreffen beispielsweise:
105
Finanzplatz Frankfurt – Rahmenbedingungen
¾ Eine generelle Vereinfachung des deutschen Steuersystems wie auch eine
Erhöhung der Besteuerungstransparenz, und dies unter Berücksichtigung der
Rechtssicherheit für Unternehmen und Privatpersonen.
¾ Eine allgemeine Reduktion der Steuersätze, und dies gegebenenfalls in Kombination mit einer Verbreiterung der Steuerbemessungsgrundlage und einer
Einschränkung von Abschreibungsmöglichkeiten.
¾ Die grundsätzliche Stetigkeit bzw. Berechenbarkeit der Vermögens- und Erbschaftsbesteuerung.
¾ Zeitnahe Betriebsprüfungen.
¾ Die Harmonisierung der Besteuerungsregelungen auf EU-Ebene.
¾ Die Schaffung von Anreizen zur Steuerehrlichkeit bei gleichzeitiger Vermeidung des „gläsernen Bürgers“. Letzteres gilt vor allem im Hinblick auf eine etwaige Aushöhlung des Bankgeheimnisses.
¾ Eine partielle Anpassung des Steuerrechts an Grundsätze der internationalen
Bilanzierungsregeln und eine realitätsnähere Besteuerung von Finanzderivaten.
¾ Eine Einführung von Abgeltungssteuern für bestimmte Kapitalerträge.
¾ Die Beseitigung von etwaigen Diskriminierungen bei der Besteuerung einzelner Anlageformen.
¾ Die Erleichterung des “Outsourcing“ einzelner Bankdienstleistungen durch eine Umsatzsteuerbefreiung und die Erleichterung der Anerkennung von Organschaften.11
Thematisiert werden von den Finanzplatz-Akteuren somit nicht nur das eigentliche
Niveau der Steuersätze in Deutschland, sondern auch weiterführende komplexe
Fragestellungen der Steuersystematik und Steuergerechtigkeit.
4.2
Das Steuersystem als Standortfaktor für einen Finanzplatz
Es existieren durchaus Belege dafür, dass der Umfang der Besteuerung einen signifikanten Einfluss auf die Prosperität eines Finanzplatzes hat. Beispielhaft sei erwähnt, dass die kürzlich von der österreichischen Regierung durchgeführte Steuerreform offenbar zu einem merklichen Aufschwung des Finanzplatzes Wien geführt
hat, zumindest was die dortigen Börsenumsätze und den Leitindex ATX anbelangt.
Bemerkenswert ist hierbei vor allem, dass die beschlossene Senkung der Körperschaftsteuer von 34 v. H. auf 25 v. H. erst zu Beginn des Jahres 2005 in Kraft getreten war und sich somit die künftigen Steigerungen der Unternehmenserträge schon
11 Aus umsatzsteuerlicher Sicht wurden mittlerweile für das “Outsourcing“ einzelner Bankdienstleistungen Erleichterungen geschaffen.
106
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
sehr frühzeitig in den Aktienkursen widerspiegelten. Hierfür mag allerdings zum
nicht unbeträchtlichen Teil die Enge des dortigen Marktes ursächlich sein, aufgrund
derer der Finanzplatz Wien im innereuropäischen Vergleich generell keine sonderlich hohe Bedeutung innehat (vgl. NEUE ZÜRCHER ZEITUNG, 27.1.04).
Was die Besteuerung von Kapitalgesellschaften in Deutschland anbelangt, so erfolgten vor allem im Zuge der ersten Stufe der Steuerreform von 2001 einerseits bedeutende Verringerungen der Steuertarife:
•
Der Körperschaftsteuersatz für einbehaltene Gewinne verminderte sich von 40
% auf 25 %.
•
Der Ausschüttungssatz ist von 30 % auf 25 % gesenkt worden.
•
Das vormals gültige Vollanrechnungsverfahren ist durch ein Halbeinkünfteverfahren ersetzt worden.
Andererseits erfolgten zur Gegenfinanzierung der aus den reduzierten Steuersätzen
resultierenden Steuerausfälle Veränderungen bei den Abschreibungsregelungen:
•
Die degressiven Abschreibungssätze für bewegliches Anlagevermögen wurden von 30 % auf 20 % zurückgenommen.
•
Die linearen Abschreibungssätze für Wirtschaftsgebäude wurden von 4 % auf
3 % reduziert.
Das Zusammenwirken zwischen Steuersätzen und Abschreibungsregelungen gestaltet sich hinsichtlich der Anreizwirkungen auf die Steuerpflichtigen als sehr komplex. Daher wird nachfolgend sowohl auf die Körperschaftssteuersätze als auch die
Abschreibungsregelungen eingegangen.
Bezüglich der Besteuerung von natürlichen Personen lässt sich eine ganze Reihe von Problemfeldern anführen. Nicht zuletzt sind dies die so genannte „kalte“
Progression12 und die marginale Gesamtabgabenbelastung, jedoch auch die Erosion der Bemessungsgrundlage über zahlreiche Steuervergünstigungen. Im Rahmen
von Vermeidungsstrategien wird die individuelle Steuerbemessungsgrundlage von
dem Steuerpflichtigen in vielerlei Hinsicht beeinflusst. Dies betrifft nicht nur die Einkommensteuer im Allgemeinen, sondern im Speziellen auch die Besteuerung der
Kapitalerträge. Je höher die Abgabenbelastung insgesamt ist, desto mehr nimmt die
Neigung der Zensiten zu, diese Belastung zu umgehen. In Verbindung mit den zahlreich vorhandenen Steuervergünstigungen führt dies zu einer kontinuierlichen Ero12 Aufgrund des Zusammenwirkens von Geldentwertung und Nominalwertprinzip be-wirkt die „kalte“ Progression einen Anstieg der Durchschnittssteuersätze, obwohl die tatsächlichen Realeinkommen der Steuerpflichtigen im Zeitablauf konstant bleiben.
107
Finanzplatz Frankfurt – Rahmenbedingungen
sion der Steuerbemessungsgrundlage. Mit den jüngsten Steuerreformen soll diesen
Tendenzen entgegengewirkt werden.
4.3
Die Abgaben- und Steuerbelastung an den Finanzplätzen Frankfurt, Paris und
London
Die volkswirtschaftliche Abgabenlast wird nachfolgend zunächst im Hinblick auf
zwei makroökonomische Indikatoren erörtert, nämlich die jeweils als Anteil am Bruttoinlandprodukt berechnete Steuerquote bzw. Abgabenquote (vgl. BUNDESMINISTERIUM DER FINANZEN, 2004).
Die in Tabelle 25 dargestellten, hochaggregierten Maßzahlen müssen – unter anderem aufgrund von Abgrenzungsproblemen – differenziert beurteilt werden. Wenn
man sich deren jüngere Entwicklung im Vergleich zwischen Deutschland, Frankreich und dem Vereinigten Königreich anschaut, so fällt in erster Linie auf, dass sich
in Deutschland und im Vereinigten Königreich die Steuerquote von 1970 bis 2004
nur unwesentlich veränderte. Im Gegensatz hierzu steht die Entwicklung in Frankreich, wo sich der Anteil der Steuern am Bruttoinlandsprodukt bis zum Jahr 2000
kontinuierlich erhöhte. Während des gesamten Betrachtungszeitraumes war zudem
das Niveau der Steuerquote in Deutschland weitaus niedriger als im Vereinigten
Königreich, und bis Anfang der 1990er Jahre lag es in einer ähnlichen Größenordnung wie in Frankreich. Während gegenwärtig in Deutschland gut 20 v.H. der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung in Form von Steuern zunächst dem Staat zufällt, betragen die analogen Anteilswerte in Frankreich nahezu 28 v.H. und im Vereinigten Königreich gut 29 v.H.
Unter Einbezug der Sozialabgaben stellt sich die relative Position Deutschlands in
einem anderen Licht dar. Von 1970 bis 2004 stieg die Abgabenquote sowohl in
Deutschland als auch in Frankreich merklich an, während sie im Vereinigten Königreich weitgehend konstant blieb. Dies hat letztlich dazu geführt, dass der Anteil der
Abgaben am Bruttoinlandsprodukt gegenwärtig in Deutschland bei knapp 35 v.H.
liegt und somit kaum größer ist als im Vereinigten Königreich. Insofern erscheint es
nicht ganz plausibel, dass gerade hinsichtlich der generellen Abgabenbelastung die
relative Wettbewerbsposition des Finanzplatzes Frankfurt oftmals sehr negativ eingeschätzt wird.
108
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Tabelle 25: Entwicklung der Steuerquote und der Abgabenquote im Vergleich der Finanzplätze
Frankfurt, Paris und London von 1970 bis 2004
Quote in v.H. des BIP
1970
1980
1990
1995
2000
2003
2004
Frankfurt (D)
22,5
24,6
22,3
22,7
22,7
21,1
20,4
Paris (FR)
21,5
23,1
23,6
24,5
28,4
27,0
27,5
London (UK)
31,9
29,3
30,3
28,9
31,1
29,0
29,4
Abgabenquote* Frankfurt (D)
32,3
37,5
35,7
37,2
37,2
35,5
34,6
Paris (FR)
33,7
40,2
42,2
42,9
44,4
43,4
43,7
London (UK)
37,0
35,2
36,5
35,1
37,5
35,6
36,1
Steuerquote*
*nach den Abgrenzungsmerkmalen der OECD
Quelle: OECD (2005a).
Verglichen mit Frankreich lässt sich bezüglich der Abgabenquote eine erheblich
niedrigere Belastung – nämlich um gegenwärtig sieben Prozentpunkte – feststellen.
Schon seit Anfang der achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts bewegte sich
diese dort in einem Größenrahmen von deutlich über 40 v.H. und variierte seitdem
nur unerheblich. Im Vergleich zu Frankreich weist Deutschland somit in dieser Hinsicht einen nicht unwesentlichen Standortvorteil auf. Die Steuer- und Abgabenquoten haben allerdings auf die Attraktivität eines Finanzplatzes nur einen mittelbaren
Einfluss. Entscheidend ist, ob die betreffenden Abgaben auf die Faktoren Arbeit und
Kapital oder auf den Konsum zu entrichten sind.
Die Unternehmensbesteuerung ist in Deutschland im Vergleich zu Frankreich und
dem Vereinigten Königreich sehr unterschiedlich geregelt, denn in Kombination mit
der Körperschaftsteuer existiert in diesen Ländern keine mit der deutschen Gewerbeertragsteuer direkt vergleichbare Abgabe (siehe Tabelle 26).
Tabelle 26: Steuersätze auf Unternehmensgewinne im Vergleich der Finanzplätze Frankfurt,
Paris und London
Steuersätze (v.H.)
Frankfurt
Paris 1)
UK 1)
Zentralstaat (KÖST)
26,4
34,9
30,0
16,7 2), 3)
-
-
38,7
34,9
30,0
Gebietskörperschaften
Zusammen
1)
2)
3)
Diese Staaten wenden ermäßigte Tarifeingangssätze an.
Absetzbar bei Steuerberechung des Zentralstaats.
Gewerbesteuer (hier pauschaler Ansatz).
Quelle. Darstellung der Hessen Agentur in Anlehnung an BUNDESMINISTERIUM DER FINANZEN (2005).
Das Aggregat aus Körperschaftsteuer und Gewerbeertragsteuer hat beispielsweise
zur Folge, dass im Jahre 2004 Unternehmensgewinne hierzulande einer aggregier-
109
Finanzplatz Frankfurt – Rahmenbedingungen
ten Steuerbelastung von 38,7 v.H. unterlagen. Demgegenüber betrug diese in
Frankreich 34,9 v.H. und im Vereinigten Königreich 30 v.H. (vgl. BUNDESMINISTERIUM DER FINANZEN, 2004).
Im Vergleich zum Vereinigten Königreich zeichnete sich das Körperschaftsteuersystem in Deutschland lange Zeit – genauso wie dasjenige in Frankreich – durch das
Prinzip einer Vollanrechnung der gezahlten Körperschaftsteuer aus, so dass Doppelbesteuerungen auf unterschiedlichen Besteuerungsebenen vermieden wurden.
Vor allem aufgrund der hiermit verbundenen vergleichsweise wenig komplexen Besteuerungspraxis konnte dieses Charakteristikum der deutschen Unternehmensbesteuerung durchaus als Standortvorteil gelten (vgl. DIETL/PAULI/ROYER, 1999).
In der Vergangenheit unterlagen Dividendenzahlungen in Deutschland aufgrund des
Vollanrechnungsverfahrens uneingeschränkt der Einkommensteuerpflicht. Die Anteilseigner eines steuerpflichtigen Unternehmens konnten die auf Unternehmensebene bereits entrichtete Körperschaftsteuer vollumfänglich zur Anrechung bringen,
so dass auf die erhaltene Dividende per Saldo der persönliche Einkommenssteuersatz zu entrichten war. Im Rahmen des im Jahre 2001 eingeführten Halbeinkünfteverfahrens sind Dividenden bei der Ermittlung der Einkommensteuerschuld nur noch
zur Hälfte zu berücksichtigen. Letztlich resultiert hieraus im Vergleich zum Vollanrechnungsverfahren in Abhängigkeit vom individuellen Steuersatz eine etwas niedrigere oder etwas höhere und nur in Ausnahmefällen eine identische Steuerbelastung (vgl. QUITZAU, 2004).
Was die Ermittlung der zu versteuernden Unternehmensgewinne anbelangt, haben
sich am Finanzplatz London als Folge des Finance Act 2003 für ausländische
Bankniederlassungen die vormals geltenden vergleichsweise günstigen Berechnungsmodalitäten eher nachteilig entwickelt (vgl. INSTITUTE FOR INTERNATIONAL BANKERS, 2003).
Im Kontext der Besteuerung von Kapitalgesellschaften müssen außerdem die in einem Land jeweils gültigen Abschreibungskonditionen analysiert werden. Nach Angaben des INSTITUTS DER DEUTSCHEN WIRTSCHAFT (2001) haben hierzulande Unternehmensteuerreformen dazu geführt, dass die Barwerte der Abschreibungen in
Deutschland niedriger sind als in Frankreich und im Vereinigten Königreich. Bezogen auf das Bewegliche Kapitalvermögen betragen diese bei einem Diskontierungssatz von 5 % in Deutschland 81 %, im Vereinigten Königreich 83,9 % und in Frankreich 86,7 % der Anschaffungskosten. In Bezug auf die Betriebsgebäude liegen die
analogen Werte bei 48,2 %, 56,3 % und 62,3 %. In beiden Kategorien weist
Deutschland offenbar relative Standortnachteile auf.
Bezüglich der Besteuerung natürlicher Personen befindet sich Deutschland laut
Tabelle 27 mit einem Einkommensteuerspitzensatz von derzeit 42,0 v.H. ungefähr in
110
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
der Mitte zwischen Frankreich und dem Vereinigten Königreich, wo der Vergleichstarif bei 48,1 v.H. bzw. 40,0 v.H. liegt (vgl. BUNDESMINISTERIUM DER FINANZEN, 2004.
Tabelle 27: Einkommensteuerspitzensätze im Vergleich der Finanzplätze Frankfurt, Paris und
London
Steuersätze (v. H.)
Einkommensteuerspitzensatz 1)
Steueraufschlag 2)
Σ Steuersatz
Frankfurt
Paris
UK
42,0
48,1
40,0
2,3
8,0
-
44,3
56,1
40,0
1)
Grundtarif für Alleinstehende, sofern es verschiedene Tarife nach Familienstand gibt; auf Einkommen des Jahres 2004
bzw. 2005.
2)
In Deutschland 5,5 v. H. Solidaritätszuschlag, in Frankreich 8,0 v. H. Zuschlag Sozialsteuern.
Quelle. Darstellung der Hessen Agentur in Anlehnung an BUNDESMINISTERIUM DER FINANZEN (2005).
Verglichen mit Frankreich sind also in Deutschland die steuerlichen Anreize zur Ansiedlung einkommensstarker Fachkräfte als vergleichsweise günstig, im Vergleich
zum Vereinigten Königreich jedoch eher nachteilig einzuschätzen (vgl.
DIETL/PAULI/ROYER, 1999).
Zur Beurteilung der Attraktivität der Steuerregelungen für die Ansiedlung von Spitzenkräften sind jedoch weniger die Einkommensteuerspitzensätze, sondern vielmehr die “Expatriates-Regelungen“ entscheidend. So belaufen sich die jährlichen
Kosten des Einsatzes eines ledigen US-amerikanischen Arbeitnehmers, für den ein
amerikanisches Unternehmen in den USA Kosten in Höhe von 100 zu entrichten
hat, bei Entsendung dieses Arbeitnehmers nach Deutschland auf 146. Die analogen
Größenverhältnisse fallen im Vereinigten Königreich und in Frankreich mit 132 bzw.
128 deutlich niedriger aus. Unter Bezug auf einen verheirateten Arbeitnehmer beläuft sich die entsprechende Relation für Deutschland auf 198, für das Vereinigte
Königreich auf 185 und für Frankreich auf 173. Sowohl für einen ledigen Arbeitnehmer als auch für einen verheirateten Arbeitnehmer ist also die Kostenrelation in
Deutschland höher anzusetzen als im Vereinigten Königreich und in Frankreich
(PWC/ZEW, 2005). Dies hat seine Ursache darin, dass in Deutschland für den vorübergehenden Zuzug ausländischer Arbeitnehmer bislang keine steuerlichen Sonderregelungen existieren. Begünstigungsmöglichkeiten bestehen nur für beschränkt
Steuerpflichtige nach § 50 Abs. 7 EStG. Demgegenüber sind in Frankreich seit dem
1. Januar 2004 die Einkommen aus dem Ausland entsandter Arbeitnehmer unter
bestimmten Bedingungen teilweise und zeitlich beschränkt von der Steuer freigestellt. Beispielsweise gelten zusätzliche Bezüge eines Arbeitnehmers, die unmittelbar mit seinem Aufenthalt in Frankreich zusammenhängen, als steuerfreie Einkommensbestandteile, so etwa Entschädigungen für die Sozialbeiträge in Frankreich
111
Finanzplatz Frankfurt – Rahmenbedingungen
oder für zusätzliche Wohnungskosten. Im Vereinigten Königreich sind ebenfalls bestimmte Erstattungen steuerfrei, jedoch ist der diesbezügliche Definitionsrahmen
enger gesetzt als in Frankreich.
Die Attraktivität eines Finanzplatzes wird nicht zuletzt davon beeinflusst, in welchem
Maße Arbeitnehmereinkommen bzw. Lohnkosten durch Steuern und weitere
Abgaben tatsächlich belastet werden. Dieser Fragestellung, die für die Ansiedlung von Finanzunternehmen wie auch die Akquisition von Fachkräften von eminenter Bedeutung ist, wird in Tabelle 28 nachgegangen. Hinsichtlich eines repräsentativen Arbeitnehmers ermittelt die OECD anhand von Modellrechungen das Belastungsvolumen. Daraus ergibt sich, dass sich in den hier untersuchten Ländern die
Belastung der Arbeitnehmereinkommen bzw. Lohnkosten je nach Berechnungskategorie sehr unterschiedlich darstellt.
112
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Tabelle 28: Belastung von Arbeitnehmereinkommen bzw. Lohnkosten mit Einkommen/Lohnsteuer und
Sozialabgaben 2004 im Vergleich der Finanzplätze Frankfurt, Paris und London1)
Haushaltstyp
Frankfurt
Paris
London
Einkommen-/ Lohnsteuer
Alleinstehend, ohne Kind, Ø-Einkommen
40,5
26,7
24,3
zuzüglich Sozialabgaben
Verheiratet, zwei Kinder mit Ø-Einkommen
18,1
20,7
16,6
(Arbeitnehmeranteil)
Verheiratet, zwei Kinder mit Ø-Einkommen plus 33 %
eines weiteren Ø-Einkommens.
25,5
20,6
18,2
Einkommen-/Lohnsteuer
Alleinstehend, ohne Kind, Ø-Einkommen
50,0
47,4
31,2
zuzüglich Sozialabgaben
(Arbeitnehmeranteil und
Arbeitgeberanteil)
Verheiratet, zwei Kinder mit Ø-Einkommen
Verheiratet, zwei Kinder mit Ø-Einkommen plus 33 %
eines weiteren Ø-Einkommens
32,2
38,4
39,0
37,6
18,0
19,9
1) Die OECD hat hierzu einen landestypischen durchschnittlichen Bruttoarbeitslohn berechnet. Berücksichtigt wurden landesspezifische
Regelungen wie etwa das Kindergeld oder das Ehegattensplitting in Deutschland oder das Familiensplitting in Frankreich.
Quelle: OECD (2005b).
In sämtlichen Berechnungskategorien weist das Vereinigte Königreich niedrigere
Belastungstarife auf als Deutschland und Frankreich. Die von Alleinstehenden zu
erbringende relative Abgabenbelastung ist in Deutschland über alle Berechnungskategorien hinweg höher als in Frankreich. Unter Berücksichtigung der Sozialabgaben
verhält sich dies allerdings im Hinblick auf einen verheirateten Arbeitnehmer mit
zwei Kindern, dessen Haushalt nur über ein Erwerbseinkommen verfügt, gerade
umgekehrt (vgl. OECD, 2005).
Wichtige Determinanten der Besteuerung von natürlichen Personen sind des Weiteren die in den Tabellen 29 und 30 erörterten Kapitalertragsteuern auf Zinsen bzw.
Dividenden, die von im Inland ansässigen bzw. nichtansässigen Personen erhoben
werden. In Bezug auf die Zinsbesteuerung ist bemerkenswert, dass der betreffende
Berechnungssatz für Ansässige in Deutschland mit 31,7 v.H. weitaus höher ist als in
Frankreich und dem Vereinigten Königreich, wo 25,0 v.H. bzw. 20,0 v.H. der Zinserträge abgeführt werden müssen. Der Höchststeuersatz auf private Zinserträge beträgt in Deutschland 44,3 v.H. und im Vereinigten Königreich 40,0 v.H., was jeweils
dem nationalen Spitzensteuersatz entspricht. Im Vergleich hierzu ist der Höchstsatz
in Frankreich mit 25,0 v.H. merklich niedriger. Eine Dividendenbesteuerung ist unter
den drei Vergleichsländern lediglich in Deutschland zu entrichten, und dies zu einem Berechnungssatz von 21,1 v.H. Allerdings sind in Frankreich für Zinsen und
Dividenden bzw. im Vereinigten Königreich für Zinsen Kontrollmitteilungen zu erstellen, was die Attraktivität der Kapitalanlage für den Anleger schmälert.
113
Finanzplatz Frankfurt – Rahmenbedingungen
Tabelle 29: Steuern auf Zinsen und Dividenden für Ansässige im Vergleich der Finanzplätze
Frankfurt, Paris und London
Steuersätze (v. H.) 1)
Frankfurt
Kapitalertragsteuer auf Zinsen
31,7 2) 3)
Paris
27,0 4) 5)
London
20,0 5)
Kapitalertragsteuer auf Dividenden
21,1 3)
- 5) 6)
- 6)
Höchstsatz auf private Zinserträge
44,3 7)
27,0 8)
40,0 7)
1)
2)
3)
4)
5)
6)
7)
8)
Allgemeine Sätze; ohne Sondersätze oder abweichende Regelungen für betriebliche Kapitalerträge. Anrechnung auf
Einkommensteuer bei Veranlagung, soweit nicht anders erwähnt.
36,9 v. H. auf Zinsen aus Wertpapieren, die der Steuerpflichtige aus einem Tafelgeschäft selbst erhält.
einschließlich Solidaritätszuschlag.
grundsätzlich Einkommensteuerveranlagung, wenn nicht für von der Einkommensteuer befreiende Pauschalbesteuerung optiert wird.
Kontrollmitteilungen.
Teilanrechungs- bzw. Vollanrechnungssystem der Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuer des Anteilseigners.
Entspricht dem Einkommensteuerspitzensatz.
Mehrere Sondersätze. Grundsätzlich EST-Veranlagung, es sei denn, es besteht eine Option für EST-befreiende Pauschalbesteuerung.
Quelle: Bundesministerium der Finanzen (2005).
In Tabelle 30 wird die Zins- und Dividendenbesteuerung von nicht im jeweiligen
Land ansässigen Personen dargestellt. Bezüglich der Zinsbesteuerung fällt auf,
dass diese im Hinblick auf die betreffende Personengruppe in Deutschland nicht existent ist. Bei Vorliegen eines Doppelbesteuerungsabkommens mit dem Heimatland des Steuerpflichtigen ist in allen drei Vergleichsländern keine Zinssteuer zu
entrichten.
Hinsichtlich der Besteuerung von Dividenden sind ebenfalls erhebliche Unterschiede festzustellen, denn der jeweilige Berechnungstarif beträgt in Deutschland – einschließlich Solidaritätszuschlag – 21,1 v.H. und in Frankreich 25,0 v.H., während im
Vereinigten Königreich für Nichtansässige bei Nichtvorhandensein eines Doppelbesteuerungsabkommens eine Teilanrechung bzw. Vollanrechung der Körperschaftssteuer auf die Einkommensteuer zum Tragen kommt. Falls Doppelbesteuerungsabkommen mit dem jeweiligen Wohnsitzland vorliegen, gilt sowohl in Frankreich als
auch im Vereinigten Königreich ein Steuersatz von 15,0 v.H.
114
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Tabelle 30: Steuern auf Zinsen und Dividenden für Nichtansässige im Vergleich der
Finanzplätze Frankfurt, Paris und London
Steuersätze, v. H. 1)
Zinsbesteuerung Nichtansässige
Höchstsatz nach DBADeutschland
Dividenden-
Nichtansässige
besteuerung
Höchstsatz nach DBADeutschland
1)
2)
3)
4)
Frankfurt (D)
Paris (FR)
London (UK)
-
16,0 3)
-
-
0,0
0,0
21,1 2)
25,0
- 4)
-
15,0
15,0
Allgemeine Sätze; ohne Sondersätze oder abweichende Regelungen für betriebliche Kapitalerträge (Mutter-TochterRichtlinien der EU. Definitive Steuer, sofern nicht Veranlagung der Inlandseinkünfte des beschränkt Steuerpflichtigen; vorbehaltlich DBA-Regelungen.
einschließlich Solidaritätszuschlag.
Mehrere Sondersätze und Befreiungen für Zinserträge aus bestimmten, z. T. ausschließlich Ausländern vorbehaltenen Anleihen und Konten.
Sofern ansässig in EU- oder DBA-Staat; ansonsten 20 v.H. (Irland, Vereinigtes Königreich); 15 v.H. Spanien.
Quelle: Bundesministerium der Finanzen (2005).
Über dem Vergleich der eigentlichen Steuersätze darf allerdings auch hier nicht außer Acht gelassen werden, dass in Frankreich von Inländern erzielte Zinseinnahmen
und Dividendeneinnahmen mithilfe von Kontrollmitteilungen erfasst werden. Im Vereinigten Königreich gilt dies nur für Zinseinnahmen. Derartige Kontrollmitteilungen
schränken in den jeweiligen Ländern das Bankgeheimnis erheblich ein und rufen bei
Anlegern gravierende negative Assoziationen hervor, einmal abgesehen von generellen ordnungspolitischen Problemen, die mit einer derart umfassenden – namentlich an einzelne Personen gebundenen – Meldepflicht verbunden sind. Der sich
hieraus im Vergleich zu Deutschland ergebende Standortnachteil ist mit Sicherheit
nicht unwesentlich.
Abschließend soll auf das Niveau der indirekten Steuern eingegangen werden,
und zwar auf die Mehrwertsteuer und die Börsenumsatzsteuer. Hierbei wird deutlich, dass der Normalsatz der Mehrwertsteuer in Deutschland mit 16 v.H. unter den
Vergleichssätzen in Frankreich und im Vereinigten Königreich liegt, wo der Tarif
19,6 v.H. bzw. 17,5 v.H. beträgt. Der ermäßigte Mehrwertsteuersatz, der überwiegend Erzeugnisse des Grundbedarfs betrifft, ist hingegen in Frankreich und im Vereinigten Königreich niedriger als Deutschland.
115
Finanzplatz Frankfurt – Rahmenbedingungen
Tabelle 31: Indirekte Steuern im Vergleich der Finanzplätze Frankfurt, Paris und London
Steuersätze, v. H.
Mehrwertsteuer
Frankfurt
Normalsatz
Ermäßigter
Satz1)
Börsenumsatzsteuer
1)
2)
Paris
London
16,0
19,6
17,5
7,0
2,1 bzw. 5,5
5,5
0,0
0,32)
0,5
0,15 –
Ermäßigter Satz auf ausgewählte Güter des lebensnotwendigen Bedarfs und für bestimmte Dienstleistungen im
Sozialbereich und Kulturbereich.
0,3 % für einen Börsenumsatz von bis zu 150.000 Euro, 0,15 Prozent für darüber liegende Umsätze.
Quelle: Eidgenössische Steuerverwaltung (2005).
Zu beachten ist in der Diskussion über die Mehrwertsteuer allerdings die regressive
Wirkungsweise dieser Abgabe. Offenkundig werden Familienhaushalte mit niedrigen oder mittleren Einkommen, die sich typischerweise durch eine vergleichsweise
hohe Konsumquote auszeichnen, über den Normalsatz der Mehrwertsteuer in
Frankreich und im Vereinigten Königreich stärker belastet als in Deutschland. Allerdings weist das Finanzgewerbe einen hohen Anteil von Arbeitnehmern mit eher höheren Einkommen auf, die zudem noch in ausgeprägtem Maße in Einpersonenhaushalten leben. Diese Gruppe von Beschäftigten ist bezogen auf ihr Haushaltseinkommen nur unterproportional von der Mehrwertsteuer betroffen.
Die Börsenumsatzsteuer wurde in Deutschland schon vor längerem abgeschafft,
während sie an den Finanzplätzen Paris und London weiterhin von Relevanz ist.
Der diesbezügliche Steuersatz ist im Vereinigten Königreich mit 0,5 % höher als in
Frankreich.
4.4
Fazit
Alles in allem ist festzuhalten, dass im Hinblick auf die Steuer- bzw. Abgabenbelastung ein Vergleich der Finanzplätze Frankfurt, London und Paris letztlich keine eindeutige Bewertung zulässt. Hinsichtlich der Gesamtbelastung der Lohnkosten wie
auch des Einkommensteuerspitzensatzes und des Unternehmensteuersatzes ist
gleichwohl ein nicht unwesentlicher Standortvorteil des Finanzplatzes London zu erkennen. In Bezug auf die indirekten Steuern lässt sich ebenfalls kein eindeutiges
Fazit über etwaige relative Standortvorteile oder Standortnachteile am Finanzplatz
Frankfurt feststellen. Bemerkenswert ist gleichwohl, dass in Frankreich und im Vereinigten Königreich immer noch eine Börsenumsatzsteuer existiert.
Im Ergebnis dürften von den vorstehend aufgezeigten unterschiedlichen Belastungstarifen verschiedenartige Anreizwirkungen auf Arbeitnehmer und Unternehmer
ausgehen. Dies gilt insbesondere für die unterschiedliche steuerliche Behandlung
116
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
der Einkommen von Alleinstehenden bzw. Familien. Grundsätzlich sind allerdings
die im Vereinigten Königreich geltenden Belastungstarife für die Prosperität des Finanzplatzes London sicherlich von Vorteil.
Generell dürfte sich wohl zukünftig in der gesamten EU der Steuerwettbewerb
nochmals verschärfen, denn in den meisten mittel- und osteuropäischen Beitrittsländern sind die Gewinnsteuersätze für Kapitalgesellschaften merklich niedriger als
in den EU15-Mitgliedsstaaten. Somit erscheint es für einzelne Hochsteuerländer
naheliegend, im Hinblick auf eine weitgehende Harmonisierung der Körperschaftsteuer politischen Druck zu erzeugen. Auf diese Weise lässt sich der Standortwettbewerb abschwächen, zumal derzeit schon auf eine Angleichung der Bemessungsgrundlagen hingearbeitet wird. Diesbezüglich wird allerdings in der Drucksache
971/01 des Bundesrates das Argument angeführt, dass ein harmonisiertes Körperschaftsteuersystem zu einer Beseitigung der Hindernisse für grenzüberschreitende
Wirtschaftsaktivitäten beitragen würde. Dies gilt nicht nur für ein vollständig vereinheitlichtes System, das auf einer einzigen konsolidierten einheitlichen Bemessungsgrundlage, einem vereinbarten Zurechungssystem und auf einer einzigen Methode
der Gewinnausschüttung beruhen würde, sondern auch für graduelle bzw. teilweise
Harmonisierungen (vgl. Bundesrat, BR-Drucksache 971/01, S. 48 ff.) Auch die EUKommission visiert an, die Körperschaftsteuer langfristig zu einer EU-Steuer zu
transformieren. Falls ein derartiges Szenario Wirklichkeit würde, wären die Möglichkeiten, über eine Senkung der Körperschaftsteuer zu einer Verbesserung der Wettbewerbsposition des Finanzplatzes Frankfurt beizutragen, deutlich eingeschränkt.
Analoges lässt sich auch im Hinblick auf andere für den Finanzplatz Frankfurt relevante Steuerarten feststellen, so etwa die Einkommensteuer oder die Kapitalertragsteuer. Aus einer realistischen Betrachtungsweise heraus sollten politische
Handlungskonzepte zur Reform des Steuerwesens in Deutschland weniger bei den
Steuersätzen als vielmehr bei der Vereinfachung des Steuersystems ansetzen.
117
Finanzplatz Frankfurt – Rahmenbedingungen
5
Die betriebliche Mitbestimmung im Zusammenhang mit der Standortdiskussion
5.1
Vorbemerkungen
Über das in der Bundesrepublik gültige System der betrieblichen Mitbestimmung
wird unter ordnungspolitischen Gesichtspunkten schon seit langem intensiv diskutiert. In erster Linie geht es hierbei um die Betriebsräte, deren Vorhandensein häufig
als expliziter Standortnachteil angesehen wird. Der Finanzplatz Frankfurt ist von der
betrieblichen Mitbestimmung in mehrfacher Hinsicht tangiert. Zum Ersten werden in
inländischen Finanzunternehmen die Interessen der Belegschaften üblicherweise
über einen Betriebsrat vertreten. Ausnahmen hiervon bilden teilweise die inländischen Tochtergesellschaften ausländischer Finanzkonzerne. Zum Zweiten unterliegen aber auch die in Deutschland ansässigen Firmenkunden den gesetzlichen Regelungen zur betrieblichen Mitbestimmung.
Allerdings ist das Vorhandensein von Institutionen zur betrieblichen Mitbestimmung
kein spezifisch deutsches Phänomen. In Österreich, Schweden, Dänemark und den
Niederlanden sind die betrieblichen Vertretungsorgane der Arbeitnehmer mit ähnlich
weitreichenden Mitbestimmungsrechten ausgestattet wie in Deutschland. In Belgien,
Finnland, Frankreich, Norwegen und Griechenland ist der Grad der betrieblichen
Mitbestimmung von mittlerem Umfang. Demgegenüber sind die betrieblichen Einflussrechte der Arbeitnehmer in der Schweiz, in Italien und in Spanien sowie den
angelsächsischen Ländern eher schwach ausgeprägt (vgl. OECD, 1994).
Bis vor wenigen Jahren galten Betriebsräte als über alle Interessengruppen hinweg
geachtete Institutionen, die im Wesentlichen dem Wohle von Betrieben und Beschäftigten dienen. Auch aus dem Ausland kamen Anfragen mit dem Ziel, ähnliche
Formen der betrieblichen Mitbestimmung einzuführen. In der letzten Zeit ist jedoch
die allgemeine Akzeptanz der Betriebsräte merklich zurückgegangen. Vor allem im
Zuge der Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes im Jahre 2001 erfuhr diese
Diskussion neue Anstöße. Erstens hat diese Neufassung vor allem bei Unternehmern und Managern eine erhebliche Verunsicherung hervorgerufen. Diese befürchten, dass die Ausweitung der betrieblichen Mitbestimmung zu einer Behinderung
unternehmerischer Aktivitäten führt, den unternehmerischen Handlungsspielraum
einengt und zu einer deutlichen zusätzlichen Kostenbelastung führt. Gerade hinsichtlich der Konkurrenz mit ausländischen mitbestimmungsfreien Unternehmen
wird dies zum Teil aus dem Blickwinkel der Arbeitgeberseite besonders kritisch bewertet. Gesetzliche Eingriffe zur Einrichtung von Betriebsräten werden allerdings als
durchaus gerechtfertigt angesehen, weil Manager unter Umständen die Einrichtung
von Betriebsräten behindern oder diesen nur geringe Einflussmöglichkeiten zugestehen, um sich ihre Entscheidungsspielräume nicht zu stark einschränken zu lassen. Gleichwohl wird von Arbeitgebervertretern geäußert, dass in der gegenwärtigen
Fassung des Betriebsverfassungsgesetzes letztendlich über das Ziel hinausge-
118
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
schossen wurde. Insbesondere zu einer so genannten „Mitbestimmungsfreien Zone“
in kleinen und mittleren Unternehmen werden unterschiedliche Argumente angeführt. Aus ökonomischer Sicht sind in diesem Zusammenhang vor allem die nachstehenden Fragestellungen zu beantworten:
• Ist die betriebsratsfreie Zone tatsächlich auch eine partizipationsfreie Zone? Wie
verbreitet sind etwa andere, direkte Formen der Mitarbeiterbeteiligung in Betrieben mit und ohne Betriebsrat?
• Was weiß man über die Folgewirkungen des Vorhandenseins von Betriebsräten
in kleinen und mittleren Unternehmen, die den Großteil der betriebsratsfreien Zone bilden?
• Was folgt hieraus für eine Einschätzung der im Betriebsverfassungsgesetz enthaltenen Vorschriften zur betrieblichen Mitbestimmung?
Die Partizipation von Arbeitnehmern weist zahlreiche Facetten auf, wovon die institutionalisierte Mitbestimmung in Form von Betriebsräten nur einen Ausschnitt bildet. Eine betriebsratsfreie Zone muss somit nicht unbedingt deckungsgleich mit einer partizipationsfreien Zone sein (vgl. SCHNABEL/WAGNER, 2001). Aus der Soziologie der Klein- und Mittelbetriebe stammt die Erkenntnis, dass informelle Partizipationsmöglichkeiten in Betrieben dieser Größenordnung verglichen mit formellen
Mitbestimmungsinstrumenten ein deutlich größeres Gewicht haben. In kleinen und
mittleren Betrieben findet somit in zahlreichen Fällen faktische Partizipation der
Arbeitnehmer ohne einen Rückgriff auf gesetzlich geregelte Institutionen statt. Ohnehin schafft die räumliche und soziale Nähe zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein wechselseitiges Aufeinander-Angewiesensein. Demnach ist davon
auszugehen, dass eine direkte Partizipation umso besser funktioniert, je kleiner ein
Betrieb ist (vgl. SCHNABEL/WAGNER, 2001). Auf dieser Basis werden in Abhängigkeit von den jeweiligen betriebsorganisatorischen Strukturen unter Umständen
Mitbestimmungsmöglichkeiten eröffnet, die in manchen Punkten durchaus weiter
gehen können als jene, die in Großbetrieben unter Mitwirkung von Betriebsräten
erzielt werden (vgl. HILBERT/SPERLING/FRETSCHNER, 1999 oder KOTHOFF/REINDL,
1990). Zu bedenken wäre hier allerdings, dass im Rahmen einer an rein ökonomischen Kriterien ausgerichteten Bewertung von Betriebsräten nur ein Teil der relevanten Argumentationsgrundlage berücksichtigt werden kann. Als kritisch ist eine
allein an Zweckmäßigkeitserwägungen orientierte Argumentation zu bewerten.
Grundsätzlich lässt sich die betriebliche Mitbestimmung schlichtweg als eine Form
der Demokratie innerhalb der Arbeitsbeziehungen der Industriegesellschaft ansehen. Außerdem stellt die Zuerkennung von personenbezogenen Partizipationsrechten an Arbeitnehmer unter ethischen Gesichtspunkten einen ganz eigenen
Wert dar. Auch wenn derartige Aspekte im Rahmen der Diskussion um die betriebliche Mitbestimmung von wesentlicher Bedeutung sind, so lässt sich auf sie doch
im Rahmen der folgenden ökonomischen Analyse nur bedingt eingehen.
119
Finanzplatz Frankfurt – Rahmenbedingungen
5.2
Ökonomische Analyse der Funktion von Betriebsräten
Das Betriebsverfassungsgesetz sieht die zentrale Aufgabe eines Betriebsrates in
der vertrauensvollen Kooperation mit dem Management, und dies zum Wohl des
Betriebes und der Beschäftigten. Inwieweit ein Betriebsrat hierzu tatsächlich beitragen kann, hängt von unterschiedlichen Einflussfaktoren ab, wie beispielsweise der
Anzahl und der Fachkompetenz der Betriebsratsmitglieder oder dem Kooperationswillen auf Seiten des Betriebsrats bzw. der Betriebsleitung. Eine wichtige Rolle
spielt hierbei auch die Ausgestaltung der betrieblichen Aufbauorganisation und Ablauforganisation. Gemäß BERTHOLD und STETTES (2001) ist davon auszugehen,
dass gerade in tayloristisch organisierten Unternehmen i. d. R. ausgeprägte Interessengegensätze zwischen der Geschäftsleitung und den Beschäftigten vorliegen.
Aber auch in holistisch organisierten Unternehmen (vgl. LINDBECK/SNOWER, 1996)
bedarf es längerfristiger Bindungen der Arbeitnehmer an ihren Betrieb, um nicht in
einen Zielkonflikt mit der Unternehmensleitung zu geraten. Die gegenwärtig von vielen Seiten erhobene Forderung nach einer Flexibilisierung des Arbeitsmarktes wirkt
jedoch auf Dauer angelegten Beschäftigungsverhältnissen entgegen.
Angelegt ist der Betriebsrat realiter als eine Institution, deren Wirken nicht zuletzt
eine Erhöhung betriebsspezifischer Renten zum Ziele hat (vgl. JIRHAN, 2003). In ökonomischer Hinsicht lässt sich dies in mehrfacher Hinsicht begründen. Zum ersten
wirkt ein Betriebsrat als “Collective Voice“, indem er Informationen über die Präferenzen der Arbeitnehmer sammelt und bündelt. So kann auch die Betriebsleitung
ein Interesse daran haben, die Arbeitsbedingungen stärker an den Präferenzen der
Beschäftigten auszurichten, um einen Beitrag zur Erhöhung der Arbeitsmotivation
zu leisten und die Fluktuation zu verringern. Über zugesicherte Anhörungs- und Partizipationsrechte lassen sich zudem innerhalb der Belegschaft Innovationspotentiale
mobilisieren. Ferner kann der Absentismus vermindert und die Bereitschaft zur Weiterbildung erhöht werden (vgl. SCHNABEL/WAGNER 2001). Hierfür ist allerdings Voraussetzung, dass die Beschäftigten dem Arbeitgeber gegenüber ihre diesbezüglichen Präferenzen artikulieren, dem jedoch innerhalb der Belegschaft bestimmte
Verhaltensweisen entgegenwirken können. Günstige Arbeitsbedingungen haben
nämlich durchaus den Charakter eines öffentlichen Gutes, weil hinsichtlich ihrer Inanspruchnahme sowohl die Nichtausschließbarkeit als auch die Nichtrivalität gilt.
Vom Grundsatz her könnte eine Partizipation ja auch direkt erfolgen, indem jeder
einzelne Arbeitnehmer hinreichend an Entscheidungen innerhalb des Betriebes beteiligt wird. Zu berücksichtigen wäre hier aber ein Trittbrettfahrer-Problem, denn der
einzelne Arbeitnehmer hat unter Umständen nur einen geringen Anreiz, sich für eine
Verbesserung der Arbeitsbedingungen einzusetzen und entsprechende Verhandlungen mit der Geschäftsleitung zu führen. Demzufolge ist ein gemeinsames
Sprachrohr der Beschäftigten erforderlich, das den Arbeitgeber über die aggregierten Präferenzen der Arbeitnehmer informiert. Die in der Bundesrepublik gesetzlich
120
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
vorgesehenen Betriebsräte lassen sich als derartige “Collective Voice“-Institutionen
ansehen. Allerdings gehen hierzulande die Aufgaben und Befugnisse eines Betriebsrates in zahlreichen Entscheidungsbereichen weit über eine derartige Rolle
hinaus. Ein Beispiel hierfür wäre die Mitsprache in der Personalpolitik.
Überdies ist zu berücksichtigen, dass Betriebsräte unter Umständen eigenständige
Zielsetzungen verfolgen und demzufolge nicht allein im Sinne der von ihnen vertretenen Belegschaft handeln (vgl. FREEMAN/MEDOFF, 1979 und JIRJAHN, 1998). Auch
hinsichtlich der Personalpolitik ist keineswegs ein eindeutiges Verhalten des Betriebsrates vorauszusetzen. Grundsätzlich ist anzunehmen, dass Betriebsräte nur
dann der Entlassung von Beschäftigten zustimmen, wenn die Existenz des ganzen
Betriebs auf dem Spiel steht. Des Weiteren könnte dem Betriebsrat daran gelegen
sein, über Neueinstellungen die Belegschaft zu vergrößern, um den Rückhalt gegenüber der Geschäftsleitung zu vergrößern. Jedoch dürfen Neueinstellungen nicht
zu einer Verdrängung bereits beschäftigter Arbeitnehmer führen, weswegen ein Betriebsrat annahmegemäß an einer insgesamt reduzierten Personalfluktuation interessiert ist. Schließlich könnte ein Betriebsrat auch deswegen gegen Neueinstellungen votieren, um den Faktor Arbeit im Betrieb knapp zu halten (vgl. DILGER, 1998).
Die betriebliche Mitbestimmung trägt nicht unwesentlich zu einer Stärkung des Vertrauens zwischen Betriebsleitung und Belegschaft bei. Auf diesem Wege lassen
sich Informationsasymmetrien – so etwa hinsichtlich der Ertragslage oder der Arbeitsproduktivität – zumindest teilweise abbauen, wodurch sich in beiden Verhandlungsparteien die Bereitschaft zur Kooperation erhöht. In dieser Hinsicht nimmt der
Betriebsrat sozusagen eine Beobachtungsposition ein. Damit steigt das Vertrauen
der Belegschaft in die von der Geschäftsleitung gegebenen Informationen (vgl. FITZROY/KRAFT, 1987 oder HÜBLER, 2003).
Des Weiteren ist zu bedenken, dass sich innerhalb von Betrieben Vertrauensprobleme in mehrstufigen Hierarchien sehr komplex gestalten können. Auch wenn die
Betriebsleitung an ihrer Reputation als vertrauenswürdiger Arbeitgeber ein vorrangiges Interesse hat, so besteht doch die Möglichkeit, dass einzelne Vorgesetzte auf
hierarchischen Zwischenebenen – vor allem im Hinblick auf ihr eigenes berufliches
Fortkommen und ihren sozialen Status – hiervon abweichende Zielsetzungen verfolgen. Also ist es durchaus denkbar, dass Vorgesetzte vorsätzlich Informationen
über Innovationspotentiale und besondere Fähigkeiten von Untergebenen gar nicht
bzw. nur verzerrt an die Betriebsleitung weitergeben. Demgegenüber ermöglicht ein
Betriebsrat Kommunikationswege zwischen Betriebsleitung und Belegschaft, die
von Vorgesetzten auf hierarchischen Zwischenebenen nicht unmittelbar beeinflusst
werden können. Hierdurch lässt sich einer opportunistischen Verzerrung von Informationen durch Vorgesetzte zumindest teilweise entgegensteuern (vgl. SMITH,
1991).
121
Finanzplatz Frankfurt – Rahmenbedingungen
5.3
Die Verbreitung von Betriebsräten in Deutschland
Um die standortpolitische Relevanz der betrieblichen Mitbestimmung abzuschätzen,
bedarf es einer Messung der tatsächlichen Verbreitung von Betriebsräten innerhalb
der Gesamtwirtschaft. Hieraus lassen sich zudem Erkenntnisse über die Größenordnung der oben erörterten „betriebsratsfreien Zone“ gewinnen. Dazu bietet das
IAB-Betriebspanel für sämtliche Branchen bzw. unterschiedliche Betriebsgrößenklassen umfangreiches Datenmaterial. Gemäß Abbildung 10 liefern dessen Ergebnisse den Beleg, dass Betriebsräte in Betrieben der Kategorie von 5 bis 20 Beschäftigten kaum vorhanden sind. In der Klasse von 21 bis 100 Beschäftigten haben immerhin gut 29 % der Betriebe einen Betriebsrat, in denen ein gutes Drittel der Beschäftigten tätig ist.
Abbildung 10: Verbreitung von Betriebsräten innerhalb unterschiedlicher Betriebsgrößenklassen, 2000*
% 100
89,3 87,8
97,2 96,1
71 69,1
80
60
48
34,7
40
20
29,4
12,5
7,3 6,2
0
5 bis 20
21 bis 100
191 bis 299
300 bis 1.000
Beschäftigte, die durch einen Betriebsrat vertreten werden
über 1.000
insgesamt
Betriebe mit Betriebsrat
*ohne Landwirtschaft und Organisationen ohne Erwerbszweck.
Quelle: Darstellung der Hessen Agentur, ELLGUTH, (2002).
In der Größenkategorie von 300 bis 1.000 Beschäftigten haben nahezu 90 % der
Betriebe einen Betriebsrat. Innerhalb der höchsten hier berücksichtigten Größenklasse liegt eine nahezu flächendeckende Verbreitung von Betriebsräten vor. Der
Durchschnitt über sämtliche Größenklassen wird durch das hohe quantitative Gewicht der Kleinbetriebe determiniert, so dass insgesamt lediglich knapp 13 % aller
Betriebe einen Betriebsrat aufweisen, jedoch immerhin knapp die Hälfte sämtlicher
Beschäftigten durch einen Betriebsrat vertreten wird. Diese Ergebnisse stehen im
Einklang mit den oben erörterten theoretischen Überlegungen. Offenkundig besteht
nämlich in kleinen und mittleren Betrieben weit weniger als in Großbetrieben die
Notwendigkeit einer “Collective Voice“-Institution. Gleichermaßen gilt dies für den
Ausgleich von Informationsasymmetrien und die Schaffung von direkten Kommunikationswegen zwischen Betriebsleitung und Belegschaft. Dies bestätigt sich eben122
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
falls im Hinblick auf unterschiedliche Branchen, denn laut Abbildung 11 sind vor allem in kleinbetrieblich strukturierten Sektoren wie dem Baugewerbe, dem Dienstleistungsbereich und dem Handel Betriebsräte vergleichsweise wenig vorhanden.
Abbildung 11: Verbreitung von Betriebsräten innerhalb einzelner Branchen, 2000*
%
100
80
Beschäftigte in Betrieben, in denen ein Betriebsrat existiert
Betriebe mit Betriebsrat
92,9
90,2
79,7
63
68,6
65
53,7
60
40
26,5
5,9
48
38,8
34,5
16,7
20
51
11,7
15
10,7
12,5
0
Bergbau/
Ver. Gew erbe
Baugew erbe
Wasserv ers.
Handel
Verkehr/ Nachr.
Kredit-/
Versicherungsw .
Dienstl.
Priv atw irtschaft
Öffentl. Dienst
gesamt
*ohne Landwirtschaft und Organisationen ohne Erwerbszweck.
Quelle: Darstellung der Hessen Agentur, ELLGUTH, (2002).
Eher großbetrieblich strukturiert ist das Kredit- und Versicherungswesen. So hatte
etwa Ende Juni 2003 am Finanzplatz Frankfurt jede Bankstelle im Durchschnitt 127
Beschäftigte, verglichen zum Beispiel mit 51 Beschäftigten je Betrieb im Bauhauptgewerbe (vgl. DEUTSCHE BUNDESBANK, 2004a, und HSL, 2004b). Im Kredit- und
Versicherungsgewerbe sind Betriebsräte weit verbreitet und haben somit für den Finanzplatz Frankfurt eine erhebliche Relevanz. So arbeiten nahezu 80 v. H. der in
diesem Sektor Beschäftigten in Betrieben, in welchen ein Betriebsrat besteht. Der
Anteil dieser Betriebe an sämtlichen Betrieben beträgt für das Kredit- und Versicherungsgewerbe 51. v. H.
Bemerkenswert ist die grundsätzliche Diskrepanz zwischen der Privatwirtschaft und
dem Öffentlichen Dienst, in welchem gut 90 v. H. der Beschäftigten von einem Betriebsrat bzw. Personalrat vertreten werden (vgl. ELLGUTH, 2002).
123
Finanzplatz Frankfurt – Rahmenbedingungen
5.3
Die Folgewirkungen von Betriebsräten für die Unternehmensentwicklung
Über die Auswirkungen der Tätigkeit von Betriebsräten auf die Entwicklung der Unternehmen, die von der betrieblichen Mitbestimmung betroffen sind, liegen vielfältige
empirische Studien vor. Diese umfassen eine ganze Reihe unterschiedlicher Fragestellungen, so dass die aus ihnen gewonnenen Forschungsergebnisse ein sehr vielfältiges Bild abgeben.
Hinsichtlich des Einflusses von Betriebsräten auf die Personalfluktuation kommen
HÜBLER/KÖNIG (1999) zum Schluss, dass innerhalb des deutschen Maschinenbaus
die Betriebsräte tatsächlich zu einer Verminderung der Personalfluktuation beitragen. Hierbei unterscheidet HÜBLER bezüglich der Ausprägung kooperativen Verhaltens zwischen unterschiedlichen Typen von Betriebsräten. Diesbezüglich lässt sich
belegen, dass konstruktive Betriebsratsarbeit einen wirksameren Einfluss hat als
antagonistisches Verhalten oder eine Tätigkeit gänzlich ohne Kontakt zur Betriebsleitung. Offenbar hat also insbesondere ein kooperatives Miteinander zwischen Betriebsrat und Betriebsleitung eine Senkung der Personalfluktuation zur Folge. Dies
lässt darauf schließen, dass diese Art der Zusammenarbeit für die Kompromissbereitschaft auf beiden Verhandlungsseiten durchaus förderlich ist.
In Bezug auf betriebliche Arbeitszeitregelungen existieren des Weiteren empirische
Belege für eine überdurchschnittlich ausgeprägte Arbeitszeitflexibilität in mitbestimmten Betrieben, denn Abweichungen von Standard-Arbeitszeitregelungen sind
dort häufiger anzutreffen als in nicht-mitbestimmten Betrieben (vgl. DILGER, 2002).
Darüber hinaus begünstigt die betriebliche Mitbestimmung allem Anschein nach die
Weiterbildung innerhalb der Belegschaft. Betriebsräte unterstützen insbesondere
betrieblich finanzierte Weiterbildungsmaßnahmen mit Nachdruck. In dieser Hinsicht
treffen sich also die langfristigen Interessen des Betriebsrates und der Unternehmensleitung: Stärkt doch ein hohes Qualifikationsniveau die Position der Arbeitnehmer und macht damit einhergehend die Betriebe auch konkurrenzfähiger. Demnach kann die betriebliche Mitbestimmung auf diesem Gebiet im Sinne sämtlicher
Beteiligten als erfolgreich angesehen werden (vgl. HÜBLER, 2003, und GERLACH/JIRHAN, 2001).
Ferner beeinflusst die betriebliche Mitbestimmung des Weiteren auf vielschichtige
Weise die Durchführung betrieblicher Reorganisationsmaßnahmen. Offenkundig unterstützen Betriebsräte die Einführung von Gruppenarbeit und Profitcentern wie
auch die Umstrukturierung von Abteilungen. Demgegenüber liegt zwischen der Verlagerung von Verantwortung auf untere Hierarchieebenen und dem Vorhandensein
von Betriebsräten ein negativer Zusammenhang vor. Eine Ursache hierfür könnte
strategisches Verhalten sein, denn unter Umständen sehen Betriebsräte in einer
derartigen Maßnahme, die sich durchaus als Verschiebung von repräsentativer zu
124
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
direkter Partizipation ansehen lässt, eine Schwächung ihrer Position (vgl.
HÜBLER/JIRHAN, 2002).
Eine wichtige Erkenntnis ist außerdem, dass Betriebsräte – so beispielsweise über
die Durchsetzung außertariflicher Zulagen – zu einer Erhöhung der effektiven Entlohnung beitragen (vgl. ADDISON/SCHNABEL/WAGNER, 1998). Außerdem hat offenbar
die Mitbestimmung über einen Betriebsrat eine geringere Lohnspreizung zur Folge
(vgl. HÜBLER/MEYER, 2001). Daneben begünstigt sie eine leistungsabhängige Entlohnung in Form von Akkordlöhnen oder Prämienlöhnen (vgl. HÜBLER/JIRHAN,
1998). In Bezug auf die Produktivität belegen die durchgeführten Untersuchungen
mehrheitlich einen positiven Einfluss des Betriebsrates. Demzufolge tragen Betriebsräte dazu bei, die Produktion je Beschäftigten zu erhöhen. Begründen lässt
sich dies mit einem durch verstärkte direkte Partizipation bedingten positiven Arbeitsklima. Allerdings ermitteln FITZROY/KRAFT (1987) einen negativen Effekt auf die
Produktivität, so dass sich diesbezüglich keine eindeutige Aussage treffen lässt.
Eine wichtige Rolle für die Arbeitsmotivation spielen auch Mitarbeitergespräche, so
beispielsweise im Hinblick auf Investitionsentscheidungen (vgl. JIRHAN, 1998, und
SCHNABEL/WAGNER, 2001).
5.4
Fazit
Betriebsräte finden sich insbesondere in größeren Unternehmen und somit vornehmlich dort, wo sie aus theoretischen Erwägungen heraus notwendig erscheinen.
Auch unter Effizienzgesichtspunkten erscheint die hierzulande gültige Form der betrieblichen Mitbestimmung in einem recht günstigen Licht. Über die einzelnen Wirtschaftsbereiche hinweg sind Betriebsräte in sehr unterschiedlichem Maße vorhanden. Im Kredit- und Versicherungsgewerbe sind sie besonders häufig, was die Ausgestaltung der Arbeitsbeziehungen in diesem Sektor prägt.
Ein Überblick über unterschiedlichen Studien hat gezeigt, dass von Betriebsräten im
Hinblick auf einzelne Aspekte ganz unterschiedliche Wirkungen ausgehen. Zu erwähnen sind etwa positive Effekte auf die Beteiligung an Weiterbildungsmaßnahmen innerhalb der Belegschaft bzw. auf die Arbeitsproduktivität. Allerdings ist offenbar die tatsächlich gezahlte Entlohnung in mitbestimmten Betrieben höher als in
nicht-mitbestimmten Betrieben.
Betriebsräte partizipieren keineswegs überall in derselben Weise an betrieblichen
Entscheidungen. Vieles hängt hier auch von der jeweiligen Persönlichkeit der Betriebsräte und der Betriebsleiter ab. Demzufolge tragen sie in sehr unterschiedlicher
Weise zur Unternehmensentwicklung bei. Zu beachten ist auch die Branchenzugehörigkeit der mitbestimmten Unternehmen. Auch innerhalb des Kredit- und Versi-
125
Finanzplatz Frankfurt – Rahmenbedingungen
cherungsgewerbes am Finanzplatz Frankfurt herrschen hier unterschiedliche Gegebenheiten.
Alles in allem lässt sich konstatieren, dass hinsichtlich der Verbreitung von Betriebsräten die Dringlichkeit eines tatsächlichen politischen Handlungsbedarfs eher unklar
ist. Dies gilt sowohl für die vor einiger Zeit beschlossene Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes, die einer sich angeblich ausbreitenden „mitbestimmungsfreien Zone“ unter den Klein- und Mittelbetrieben entgegenwirken sollte, als auch für
Reformvorschläge zur generellen Bedeutungsminderung von Betriebsräten.
126
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
III Perspektiven
1
Entwicklungstrends und Absatzpotenziale für innovative Finanzprodukte
1.1
Einleitung
Innerhalb der Palette der am Finanzplatz Frankfurt gehandelten Finanzprodukte
vollzogen sich während der jüngeren Vergangenheit bemerkenswerte strukturelle
Verschiebungen. Dies gilt sowohl für die Quantität etablierter Anlageformen als
auch für das Aufkommen neuer und innovativer Finanzprodukte. So spielen in der
aktuellen Diskussion Produkte wie “REITS“, “Assed Back Securities“ oder “Private
Equity Funds“ ebenso wie „Strukturierte Produkte“, “Hedgefonds“ oder “Exchange
Traded Funds“ eine herausragende Rolle. Als für den Finanzplatz Frankfurt zukunftsträchtige Marktsegmente werden von Branchenexperten die Altersvorsorge
und die Vermögensverwaltung angesehen (FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG
(5.11.04).
Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob Frankfurt im Vergleich zu anderen Finanzzentren wie etwa London, Paris oder New York als wettbewerbsfähiger Standort für
Produktinnovationen angesehen werden kann. Im Hinblick auf sämtliche oben genannte Finanzprodukte ist nämlich zu konstatieren, dass diese fast ausschließlich in
angelsächsischen Ländern entwickelt und von dort übernommen worden sind. Auf
den dortigen Finanzmärkten haben sie schon seit geraumer Zeit eine erhebliche
Bedeutung, und dies teilweise schon seit mehreren Jahrzehnten. Zu erwähnen sind
hier ferner die Finanzplätze Dublin und Luxemburg, die sich innerhalb der vergangenen zwanzig Jahre zu führenden Zentren für das Investmentgeschäft entwickelt
haben. Und auch innerhalb Deutschlands haben in jüngerer Zeit andere Finanzplätze hinsichtlich spezifischer Produktsegmente an Profil gewonnen, weswegen dem
Finanzplatz Frankfurt auch von dieser Seite her Konkurrenz erwachsen ist. So sind
München und Köln die bedeutendsten deutschen Standorte für die Entwicklung und
den Vertrieb von Versicherungsprodukten, und im Bereich der derivativen Anlageprodukte hat sich mittlerweile mit der Stuttgarter Börse eine innovative Handelsplattform herausgebildet.
Vor diesem Hintergrund wird im folgenden auf die gegenwärtige Bedeutung einzelner Finanzproduktsegmente für den Standort Frankfurt eingegangen und im Hinblick
auf den hiesigen Markt mögliche Innovationspotenziale aufgezeigt. Zudem werden
jüngere Entwicklungen auf den Märkten für herkömmliche Finanzprodukte dargestellt.
127
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
1.2
Entwicklung des Geldvermögens der privaten Haushalte in
Deutschland
Für die Vermarktung innovativer Finanzprodukte ist es von erheblicher Bedeutung,
wie sich die Präferenzen auf Seiten der Kapitalanleger gestalten. Eine wesentliche
Rolle spielt hierbei die Abwägung zwischen Anlageertrag und Anlagerisiko, die sich
im Anlageverhalten widerspiegelt. Das gesamte Geldvermögen der privaten Haushalte in Deutschland belief sich Ende 2004 auf 4.100 Mrd. Euro, verglichen mit
3.600 Mrd. Euro Ende 2003. Von 1995 bis 2004 erhöhte sich das von den deutschen Privathaushalten direkt bei Banken angelegte Geldvermögen von 1.100 Mrd.
Euro auf knapp 1.500 Mrd. Euro (siehe Abbildung 12). Dies ist vor allem auf eine
erhebliche Aufstockung der kurzfristigen Einlagen zurückzuführen, während die mittel- bis langfristig angelegten Vermögensbestände abgenommen haben. Letzteres
hat eine wesentliche Ursache mit Sicherheit im Rückgang der Zinssätze für Spareinlagen und Sparbriefe.
Das von den Anlegern bei Versicherungsgesellschaften und Pensionseinrichtungen investierte Geldvermögen stieg im selben Zeitraum um 467 Mrd. Euro auf
1.040 Mrd. Euro. Gegenwärtig zeichnet es sich jedoch ab, dass die Bereitschaft der
Anleger in Deutschland zum Abschluss neuer Lebensversicherungsverträge seit
Beginn dieses Jahres erheblich zurückgegangen ist, was sich wohl im Wesentlichen
auf die Abschaffung der steuerlichen Begünstigung zurückführen lässt (vergleiche
Kapitel I 3).
Das in Rentenwerten angelegte Vermögen hat sich von 1995 bis 2004 ebenfalls
beachtlich erhöht, nämlich von 348 Mrd. Euro auf 477 Mrd. Euro. Im Hinblick auf die
in Versicherungen bzw. Rentenpapieren gehaltenen Vermögenswerte sind zudem
kaum zeitliche Schwankungen festzustellen. Vielmehr unterlagen die betreffenden
Vermögensbestände auch in der mittleren Frist einem kontinuierlichen Zuwachs.
(Vgl. hierzu FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG (10.8.05), S. 17; DEUTSCHE BUNDESBANK (2005d), S. 15-36.)
Im Gegensatz hierzu steht die in den letzten Jahren doch sehr volatile Entwicklung
auf den Märkten für Aktien. Obwohl Aktien im Laufe des vergangenen Jahres erneut per Saldo von den Anlegern verkauft wurden, haben Kursgewinne den Rückgang der Stückzahl mehr als kompensiert, so dass sich das Aktienvermögen gegenüber 2003 um 6 Mrd. Euro auf 251 Mrd. Euro erhöht hat. Ende 2000 hatte es jedoch noch bei 439 Mrd. Euro gelegen, verglichen mit 197 Mrd. Euro Ende 1995. In
diesen sprunghaften Veränderungen spiegelt sich die jüngere Entwicklung auf den
Aktienmärkten wider.
128
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Abbildung 12: Geldvermögen der Privathaushalte in Deutschland im Hinblick auf ausgewählte
Anlagekategorien, 1995, 2000 und 2004
Anlagekategorie
1995
bei Banken
2000
2004
Versicherungen**
Rentenwerte***
Aktien
Sonstige Beteiligungen
Investmentzertifikate
aus Pensionsrückstellungen
Insgesamt
0
500
1.000
1.500
2.000
2.500
3.000
3.500 4.000 4.500
Bestand, Mrd. Euro
* jeweils zum Jahresende
** Versicherungen: Einschließlich Pensionskassen, und -fonds, berufsständische Versorgungswerke und Zusatzversorgungseinrichtungen sowie sonstige Forderungen (inkl. verzinslich angesammelte Überschussanteile bei Versicherungen);
*** Rentenwerte: Einschließlich Geldmarktpapiere.
Quelle: Deutsche Bundesbank (verschiedene Jahrgänge).
Hingegen konnten die Investmentfonds in der Gunst der Anleger zulegen, denn
die Anzahl der Fondsbesitzer hat während der vergangenen zwölf Monate um rund
200.000 auf gegenwärtig 15,4 Mio. zugenommen. Gleichwohl ist das von den privaten Haushalten in Investmentzertifikaten angelegte Geldvermögen im Jahresvergleich 2003/2004 nahezu konstant geblieben. Von 1995 bis 2004 war in dieser Anlagekategorie ein erheblicher Zuwachs des Vermögensbestandes festzustellen, und
zwar von 190 Mrd. Euro auf 464 Mrd. Euro.
Alles in allem wird deutlich, dass sich die Struktur des Geldvermögens der Privathaushalte in Deutschland während der jüngeren Vergangenheit merklich verändert
hat. In Relation zum gesamten Vermögensbestand erfolgte im Zuge von Umschichtungen ein Zuwachs der bei Versicherungen und in Investmentfonds angelegten Finanzmittel. Demgegenüber verloren Einlagen bei Banken und Aktien an Gewicht.
So haben die Kursrückgänge an den Aktienbörsen im Jahr 2001 dazu geführt, dass
sich seitdem die risikoreiche Anlage in Aktien eines vergleichsweise geringen Zuspruchs erfreut. Wie sich der merkliche Anstieg des Kursniveaus im Verlauf des
129
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
Jahres 2005 auf die Anlagepräferenzen auswirken wird, ist gegenwärtig noch nicht
abzusehen. Die Investoren bevorzugen derzeit jedoch Lebensversicherungen und
Rentenpapiere, auch wenn risikoreichere Anlageformen langfristig höhere Renditen
versprechen. Von besonderer Bedeutung ist die Abwägung zwischen Risiko und Ertrag für das Geschäftsfeld der privaten Altersvorsorge. Ohnehin sind institutionelle
Anleger wie beispielsweise Pensionsfonds oder gemeinnützige Organisationen teilweise vom Gesetz her zu einem sicherheitsorientierten Anlageverhalten verpflichtet.
Derartige risikoaverse Anlagestrategien müssen die Finanzunternehmen auch bei
der Produktentwicklung und -vermarktung berücksichtigen.
Vor dem Hintergrund der hier skizzierten Marktentwicklungen stellt im sich Hinblick
auf die Innovationskraft des Finanzplatzes Frankfurt die Frage, ob dieser eine hinreichende Anzahl von Experten für die Entwicklung von Finanzprodukten aufweist.
In einzelnen Geschäftsfeldern – so etwa in der Vermögensverwaltung und im Investmentbanking – ist dies sicherlich der Fall. Um die dort möglichen Zukunftspotenziale aufzuzeigen, soll nachfolgend auf die Entwicklungen in einzelnen Produktsegmenten der Finanzbranche eingegangen werden.
1.3
Finanzprodukte für private und institutionelle Anleger
1.3.1
Rentenpapiere
Auf den Märkten für Rentenpapiere vollzog sich seit Mitte der 1980er Jahre ein
merklicher Strukturwandel (vergleiche Abbildung 13). Von 1985 bis 2005 erhöhte
sich das Gesamtvolumen des Umlaufs an festverzinslichen Wertpapieren inländischer Emittenten von 457,2 auf 2.846,1 Mrd. Euro. Eine erhebliche Ausdehnung
kann man insbesondere für das Marktsegment der Anleihen der öffentlichen
Hand feststellen, was im Wesentlichen in der deutschen Wiedervereinigung begründet liegt. Analoges gilt für Schuldverschreibungen von Spezialkreditinstituten, denn im Zeitraum 1985 bis 2005 vergrößerte sich das Volumen des Umlaufs
dieser Wertpapierart von 28,1 Mrd. Euro auf 340,3 Mrd. Euro. Infolgedessen wuchs
der Anteil dieser Wertpapierart am gesamten Umlaufvolumen von 5,9 % auf 12 %.
Als bedeutsame Schuldner sind hierbei die KfW und die Landwirtschaftliche Rentenbank zu nennen. Die Kategorie der Hypothekenpfandbriefe hat ein kontinuierliches Umlaufwachstum erfahren. Der aggregierte Nominalwert dieser Rentenpapiere
vergrößerte sich von 70,9 Mrd. Euro in 1985 auf 162,4 Mrd. Euro in 2005. Hierzu hat
sicherlich auch die Einführung so genannter Jumbo-Pfandbriefe im Jahre 1995
beigetragen, die in mehrfacher Hinsicht Bewegung in dieses Kapitalmarktsegment
gebracht haben.
130
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Abbildung 13:
Umlauf festverzinslicher Wertpapiere inländischer Emittenten, gegliedert nach
Wertpapierarten, 1985 bis 2005
Mrd. Euro
1.200
1.000
800
600
400
200
Hypothekenpfandbriefe
Schuldverschr. von Spezialkreditinst.
Industrieobligationen
200
4
200
5*
200
3
200
2
200
1
200
0
199
9
199
8
199
7
199
6
199
5
199
4
199
3
199
2
199
1
199
0
198
9
198
8
198
7
198
6
198
5
0
Öffentliche Pfandbriefe
Sonstige Bankschuldverschreibungen
Anleihen der öffentlichen Hand
Jahr
* Stand Ende Juni 2005.
Quelle: Deutsche Bundesbank (verschiedene Jahrgänge), Kapitalmarktstatistik.
Der Jumbo-Pfandbrief stellte für die Investoren ein neues Anlageinstrument dar, das
zudem eine Ausdehnung der Refinanzierungsspielräume für die PfandbriefEmittenten mit sich brachte und den Groß- und Investmentbanken eine neue Ertragsquelle eröffnete (vgl. MUNSBERG, F. (2005), S. 20-23). Nicht der Pfandbrief
selbst war das eigentliche Novum, sondern das Emissionsvolumen von 500 Mio.
Euro. Derzeit beläuft sich das durchschnittliche Volumen zwischen 1,5 Mrd. Euro
und 2 Mrd. Euro, und bei einigen Jumbos liegt es sogar bei 5 Mrd. Euro. Diese Anlageform stammt aus Deutschland und hatte zur Folge, dass Jumbo-Pfandbriefe
heute in zahlreichen europäischen Ländern unter der Bezeichnung “Covered
Bonds“ angeboten werden. Im Jahre 2004 erfolgten bereits zwei Drittel aller Neuemissionen außerhalb Deutschlands. Mittlerweile hat das Gesamtvolumen sämtlicher ausstehenden Covered Bonds die Marke von 400 Mrd. Euro überschritten. Analytiker gehen davon aus, dass der Markt in naher Zukunft um jährlich 120 Mrd.
Euro bis 130 Mrd. Euro wachsen wird (vgl. NEUE ZÜRCHER ZEITUNG (1.11.05)).
Im Segment der Industrieobligationen hat sich der Umfang des Wertpapierumlaufs
ebenfalls sehr deutlich erhöht, und zwar von 1,2 Mrd. Euro auf 77,2 Mrd. Euro, was
sich in einer Erhöhung des Anteils am gesamten Umlaufvermögen von 0,3 % auf
2,7 % niederschlug. Vor allem im Jahresvergleich 2000 zu 2005 erfolgte eine deutliche Steigerung des Umlaufvolumens, nämlich von 13,6 Mrd. Euro auf 77,1 Mrd. Euro. Diese Expansion ist auf mehrere Einflussgrößen zurückzuführen. So betrachten
größere Unternehmen im Rahmen ihres Finanzierungsverhaltens den Anleihemarkt
131
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
verstärkt als Alternative zum Bankkredit und zur Innenfinanzierung aus Unternehmensgewinnen. Hierzu haben im Wesentlichen die Liberalisierung des Kapitalverkehrs innerhalb der EU und der Wegfall des Wechselkursrisikos infolge der Einführung des Euro beigetragen. Diese beiden Faktoren haben innerhalb des EuroRaumes zu einer Zusammenführung der vormals segmentierten Kapitalmärkte zu
einem einzigen Kapitalmarkt geführt, der es den Unternehmen nicht zuletzt aufgrund einer erhöhten Liquidität ermöglicht, auch großvolumige Anleiheemissionen
zu placieren. Auf der Nachfrageseite haben die Einführung des Euro und die Schaffung des EU-Binnenmarktes vor allem international operierenden institutionellen Investoren wie Versicherungen und Kapitalanlagegesellschaften erweiterte Anlagemöglichkeiten eröffnet, weil vormals bestehende vertragliche oder gesetzliche Beschränkungen der Kapitalanlage auf ausländischen Anleihemärkten abgebaut wurden.
Ferner gibt es Hinweise darauf, dass im Zuge der Währungsunion aufgrund eines
intensivierten Wettbewerbs zwischen den Investmentbanken die Emissionskosten
gesunken sind. Darüber hinaus haben die vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht beschlossenen Eigenkapitalrichtlinien die Banken dazu veranlasst, ihre Preisgestaltung verstärkt am Kreditrisiko zu orientieren. Hierdurch erhöhte sich insbesondere für große Unternehmen die Substituierbarkeit zwischen den beiden Finanzierungsinstrumenten Bankkredit und Industrieobligation (vgl. DEUTSCHE BUNDESBANK (2000c), S. 33-48).
Des Weiteren haben die Liberalisierungen anderer Märkte außerhalb des Finanzsektors den Markt für Unternehmensanleihen nachhaltig beeinflusst. Als Folge von
Deregulierungen ist der Finanzierungsbedarf in den entsprechenden Branchen
deutlich gestiegen. Vor allem für Umstrukturierungen und die Übernahme anderer
Unternehmen werden umfangreiche Finanzmittel benötigt. Dies schlägt sich auch in
den Anteilen einzelner Sektoren am gesamten Anleihevolumen nieder. Die Emission
von Unternehmensanleihen konzentriert sich auf wenige Branchen, und zwar auf
die Automobil- und Luftfahrtunternehmen (28 % des Gesamtvolumens im September 2003), gefolgt von der Telekommunikations- und IT-Branche (23 %) und dem
Energiesektor (12 %). Genannt seien hier beispielhaft die Unternehmen Volkswagen, France Telecom und RWE, die während der vergangenen zehn Jahre über
fremdfinanzierte Übernahmen erheblich expandierten. Im Querschnitt über die unterschiedlichen Wirtschaftszweige unterscheiden sich die Größenordnungen der Anleiheemissionen beträchtlich. So liegt der Emissionswert der Anleihe eines Automobil- oder Luftfahrtunternehmens im Mittel bei 400 Mio. Euro, wohingegen sich das
durchschnittliche Volumen einer Anleihe in der Telekommunikations- und ITBranche auf gut 1 Mrd. Euro beläuft. Bei den umlaufenden Industrieobligationen
handelt es sich ferner zum weit überwiegenden Teil um Papiere mit einer hohen
132
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Bonität, die von Rating-Agenturen mit einem Investment Grade klassifiziert werden
(vgl. DEUTSCHE BUNDESBANK (2004a), S. 15-26).
Auf die Märkte für High-Yield-Bonds bzw. hochverzinsliche Unternehmensanleihen, die sich durch eine vergleichsweise geringe Bonität auszeichnen, gingen
von der Europäischen Währungsunion ebenfalls deutliche Impulse aus. Während
sich hochverzinsliche Unternehmensanleihen in Europa erst ab Mitte der 1990er
Jahre verbreiteten, sind sie in den USA schon seit zwanzig Jahren ein gängiges Finanzierungsinstrument. Beispielsweise lauteten im Jahr 2004 87 % der Neuemissionen in US-$, während nur 10 % in Euro nominiert waren. Dies liegt im Wesentlichen darin begründet, dass der Euro-Markt weniger liquide und geringer diversifiziert ist als der Dollarmarkt. Der Vorsprung der USA geht vor allem auf eine Initiative
neu gegründeter, stark fremdfinanzierter Unternehmen in den 1980er Jahren zurück, die sich bei Banken nur zu ungünstigen Konditionen verschulden konnten. Unter den zehn bedeutendsten europäischen Emittenten befinden sich wiederum Unternehmen der oben genannten Branchen, so etwa ABB, Ericsson oder Fiat (vgl.
NEUE ZÜRCHER ZEITUNG (25.10.05), S. 23). Im internationalen Vergleich stellt sich
die gegenwärtige Entwicklung des Marktes für Industrieobligationen deutscher Provenienz sehr dynamisch dar (vgl. Tabelle 32), denn seit dem Jahr 2000 ist das Umlaufvolumen der Unternehmensanleihen auf dem deutschen Kapitalmarkt um mehr
als das Siebenfache gestiegen. Unter den großen europäischen Volkswirtschaften
weist lediglich Italien, wo sich das Umlaufvolumen verzehnfacht hat, in diesem
Marktsegment ein noch dynamischeres Wachstum auf. Diese Entwicklung lässt sich
nicht zuletzt damit erklären, dass der deutsche und der italienische Markt für Anleihen von Kapitalgesellschaften außerhalb des Finanzsektors lange Zeit ein regelrechtes „Schattendasein“ geführt haben und erst im vergangenen Jahrzehnt eine
merkliche Belebung erfuhren. Das gleichwohl immer noch kleine Marktvolumen manifestiert sich auch in der Relation des inländischen Marktvolumens der Industrieobligationen zum Bruttoinlandsprodukt, die sich derzeit in Deutschland auf knapp
4,9 % beläuft, verglichen mit 12,4 % in Frankreich oder 1,4 % im Vereinigten Königreich.
133
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
Tabelle 32: Umlauf von festverzinslichen Wertpapieren im internationalen Vergleich 2005
Inländischer Kapitalmarkt
Finanzunternehmen Umlauf 2005, Umlauf 2005,
Mrd. US-$
v. H. d. BIP
Internationaler Kapitalmarkt
Wachstum seit Wachstum seit Umlauf 2005,
1995, v. H.
2000, v. H.
Mrd. US-$
Wachstum seit Wachstum seit
1995, v. H.
2000, v. H.
Deutschland
851,4
30,9
-34,8
-24,6
1.966,7
247,3
157,9
Frankreich
624,3
30,5
-13,1
77,1
652,0
512,2
253,2
UK
337,5
15,8
180,3
34,4
1.241,7
783,8
258,7
Italien
623,3
37,1
98,3
92,3
411,2
1.230,7
285,7
11.000,3
94,2
162,8
48,8
2.995,8
1.570,8
133,1
Deutschland
134,5
4,9
1.346,2
762,2
94,1
945,6
257,8
Frankreich
252,8
12,4
226,2
105,2
247,5
326,0
162,5
30,4
1,4
0,7
3,8
203,2
346,6
48,0
226,6
13,5
1.371,4
1.016,3
62,6
611,4
513,7
2.625,1
22,5
62,3
13,3
398,3
624,2
103,4
Deutschland
1.140,4
41,5
92,1
92,0
188,2
5.781,3
1.709,6
Frankreich
1.154,8
56,4
109,4
96,4
27,5
1.150,0
36,1
664,5
31,2
75,9
44,9
3,9
-73,5
-65,2
Italien
1.494,8
89,1
44,3
48,5
195,9
290,2
188,5
USA
5.732,0
49,1
34,6
30,8
3,2
966,7
-15,8
USA
Nichtfinanzielle
Unternehmen
UK
Italien
USA
Öffentliche
Haushalte
Vereinigtes
Königreich
Quelle: Eigene Berechnungen mit Daten aus BIZ (2005), Wertpapierstatistik, OECD (2005), Statistik Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung.
In Italien beträgt das Größenverhältnis zwischen Marktvolumen und Bruttoinlandsprodukt mittlerweile 13,5 %, während es in den USA sogar bei 22,5 % liegt. Zu beachten ist hier allerdings auch die in den einzelnen Ländern unterschiedlich starke
internationale Ausrichtung der Kapitalbeschaffung. So bedienen sich die französischen und die britischen Unternehmen weitaus umfangreicher an den internationalen Anleihemärkten als die deutschen und die italienischen.
Bezüglich der von Finanzunternehmen emittierten Anleihen stellt sich der Ländervergleich anders dar. So weist Deutschland den zweitgrößten nationalen Markt
für Bankschuldverschreibungen auf. Gleichwohl beträgt der Umlaufwert der betreffenden Wertpapiere nur einen Bruchteil des Volumens der Anleihen, welche die USamerikanischen Banken auf ihrem Heimatmarkt emittiert haben. Auf den internationalen Kapitalmärkten weisen die US-amerikanischen Finanzinstitute mit einem Um-
134
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
laufvolumen von 2,6 Billionen US-$ das größte Gewicht auf, gefolgt von den deutschen mit knapp 2 Billionen US-$ und den britischen mit 1,2 Billionen US-$.
Im Hinblick auf die Umlaufvolumen der Anleihen der öffentlichen Hand bewegt
sich Deutschland in einer ähnlichen Größenordnung wie Frankreich. Zudem fällt auf,
dass sich die deutschen öffentlichen Schuldner während der vergangenen zehn
Jahre in verstärktem Maße des internationalen Kapitalmarkts bedient haben.
Was die Laufzeiten der festverzinslichen Wertpapiere anbelangt, so haben sich
diesbezüglich in Deutschland im Vergleich der Jahre 2000 und 2005 in einzelnen
Marktsegmenten merkliche Verschiebungen vollzogen, und zwar vor allem bei den
Öffentlichen Pfandbriefen, den Schuldverschreibungen von Spezialkreditinstituten
und den Industrieobligationen (vgl. Abbildung 14). Vor allem für Industrieobligationen ist ein Zuwachs des Anteils der Papiere mit besonders langen Restlaufzeiten
am Umlauf festzustellen. Gleichzeitig nahm bei den Pfandbriefen und den Industrieobligationen die Proportion der Papiere mit kurzen Restlaufzeiten zu.
Das Thema langlaufende Wertpapiere ist derzeit besonders aktuell, denn in diesem Jahr sind in Europa erstmals seit 45 Jahren wieder Anleihen mit einer Laufzeit
von 50 Jahren emittiert worden. Als Emittenten sind vor allem Frankreich und das
Vereinigte Königreich zu nennen. Die zuletzt von der britischen Regierung begebene „Fünfzigjährige“ zeichnet sich zudem durch eine an die Inflationsrate gekoppelte
Verzinsung aus. Insbesondere für Pensionskassen sind derartige Rentenpapiere als
Anlageobjekt interessant, denn die Auszahlungsverpflichtungen, deren Wert von der
Inflationsrate beeinflusst wird, lassen sich mit indizierten Anleihen gegen Inflationsrisiken absichern (vgl. FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG (22.9.05), S. 21).
135
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
Abbildung 14: Restlaufzeiten festverzinslicher Wertpapiere von Emittenten mit Sitz in
Deutschland, 2000 und 2005*
Kategorie
Öffentliche Pfandbriefe 2000
2005
Hypothekenpfandbriefe 2000
2005
Industrieobligationen 2000
2005
Sonstige Rentenpapiere** 2000
2005
Insgesamt 2000
2005
0%
bis unter 4 Jahre
10 bis unter 20 Jahre
10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
4 bis unter 10 Jahre
20 Jahre und darüber
Anteil am Umlauf
* jeweils Ende Juni.
** Anleihen der öffentlichen Hand, Schuldverschreibungen von Spezialkreditinstituten sowie sonstige Bankschuldverschreibungen.
Quelle: Deutsche Bundesbank (verschiedene Jahrgänge), Kapitalmarktstatistik
Der gegenwärtig auch in Deutschland verzeichnete Trend zu langlaufenden Wertpapieren verdeutlicht sich auch darin, dass in jüngerer Zeit von Kapitalgesellschaften vereinzelt Hybridanleihen emittiert worden sind, die Laufzeiten von 100 Jahren
oder keinen festen Tilgungszeitpunkt aufweisen. Der Emittent einer Hybridanleihe
kann i. d. R. gegenüber den Gläubigern spätestens nach zehn Jahren kündigen. Bis
zum frühesten Kündigungszeitpunkt unterliegen derartige Rentenpapiere typischerweise einer fixen Verzinsung, die hieran anschließend in eine variable Verzinsung
übergeht. Schuldverschreibungen dieses Typs werden von Ratingagenturen als
teilweiser Eigenkapitalansatz angerechnet, wodurch sich der Verschuldungsgrad
der betreffenden Unternehmen verringert. Dies hat wiederum eine Senkung der Finanzierungskosten zur Folge (vgl. DEUTSCHE BUNDESBANK (2005e), S. 39).
Die vorstehend skizzierten Entwicklungen auf den Märkten für Rentenpapiere weisen darauf hin, dass in diesem Kapitalmarktsegment für den Finanzplatz Frankfurt
in mehrfacher Hinsicht weitere positive Impulse zu erwarten sind. Im Bereich der
Pfandbriefe dürfte das zum Juli 2005 in Kraft getretene neue Pfandbriefgesetz zu
136
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
einer weiteren Belebung des Pfandbriefmarktes führen. Dieses Gesetz eröffnet Kreditinstituten sämtlicher Kategorien prinzipiell die Möglichkeit, sich über Pfandbriefe
zu refinanzieren (vgl. SCHWIRTEN, C. (2005), S. 33-37). Auch im Teilsegment der Industrieobligationen bieten sich dem Finanzplatz Frankfurt umfangreiche Geschäftspotenziale. Diese hängen vor allem davon ab, ob es den Kreditinstituten gelingt, die
entsprechenden Mandate zur Begleitung von Wertpapieremissionen zu erhalten. So
nahm der Umlauf an festverzinslichen Wertpapieren, die unter Konsortialführung
durch inländische Banken begeben worden sind, in Deutschland während der jüngeren Vergangenheit kontinuierlich ab, und zwar von 323 Mrd. Euro gegen Ende
2000 auf 146 Mrd. Euro zur Mitte 2005. Für den Finanzplatz Frankfurt ist allerdings
weniger von Bedeutung, ob inländische oder ausländische Kreditinstitute mit Wertpapieremissionen betraut werden. Vielmehr ist es von Relevanz, ob hierbei – seien
es inländische oder ausländische – Kreditinstitute beauftragt werden, die vom
Standort Frankfurt aus mit den entsprechenden Kapazitäten operieren. Nicht zuletzt
die sehr starke Präsenz der international operierenden Investmentbanken in Frankfurt impliziert, dass Emissionen von Industrieobligationen – insofern diese innerhalb
Deutschlands erfolgen – auch in Zukunft von Frankfurt aus durchgeführt werden.
1.3.2
Investmentfonds
Derzeitige Grunddimensionen der Märkte für Investmentfonds
Generell hat für die Anleger in Deutschland eine Kapitalanlage in Investmentfonds
während der jüngeren Vergangenheit wieder an Attraktivität gewonnen, denn vom
Jahre 2002 an stieg das in Fonds gehaltene Vermögen merklich an, nämlich von
763 Mrd. Euro auf gegenwärtig 930 Mrd. Euro (vergleiche Tabellen 33 bis 35). In
den Jahren zuvor war das Vermögensvolumen in Folge der Börsenbaisse deutlich
zurückgegangen. Gleichwohl hat die Gesamtzahl der gehandelten Investmentfonds
während der jüngeren Vergangenheit abgenommen, und zwar von 6.696 Ende 2002
auf 6.124 Ende Juni 2005. Dieser Rückgang lässt sich durchaus als eine Art Strukturbereinigung bewerten, wobei in anderen Ländern wie etwa im Vereinigten Königreich, in Frankreich oder den USA analoge Entwicklungen zu beobachten waren.
Unter den zehn Ländern, die weltweit als die bedeutendsten Standorte der Investmentbranche anzusehen sind, nimmt Deutschland einen mittleren Rang ein (vgl.
Tabelle 33).13 So lag der Anteil des in Deutschland in inländischen Fonds gehaltenen Vermögens am weltweiten Fondsvermögen Ende 2004 bei 2,6 %, verglichen
mit Anteilen Frankreichs und Luxemburgs von jeweils gut 8 %. Ferner hat sich der
auf Deutschland entfallende Marktanteil im Vergleich zum Jahr 2000 kaum verän13 Zu beachten ist hier, dass die Angaben der Bundesbank und diejenigen des Bundesverbands Investment und Asset Management (BVI) auf unterschiedlichen Datengrundlagen bzw. Erhebungsmethoden beruhen.
137
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
dert, wohingegen Frankreich und Luxemburg ihre relative Position als Standort des
Investmentgeschäfts jeweils beachtlich ausgebaut haben. Rund die Hälfte des
weltweiten Fondsvermögens wird in US-amerikanischen Fonds gehalten. Bemerkenswert ist zudem, dass der Finanzplatz Dublin offenbar im weltweiten Vergleich
ähnliche Dimensionen des Fondsvolumens aufweist wie der Finanzplatz Frankfurt.
Analysiert man das je Kopf der Bevölkerung gehaltene Fondsvermögen, so werden
ebenfalls erhebliche Unterscheide zwischen den Industrieländern deutlich. Berücksichtigt man hierbei lediglich die inländischen Investmentfonds, wies Deutschland
am Jahresende 2004 mit einem Betrag von 3.700 Euro das zweitgeringste Fondsvermögen je Einwohner auf. Die weit überproportionalen Vermögenswerte, die Irland und vor allem Luxemburg in Relation zur Landesbevölkerung aufweisen, lassen sich im Wesentlichen dadurch erklären, dass von diesen beiden Ländern – bedingt durch ihre Rolle als bedeutende Off-Shore-Finanzstandorte – eine weltweite
Ausstrahlung auf Kapitalanleger ausgeht.
Tabelle 33: Dimensionen der Investment-Branche in ausgewählten Ländern
Fondsvermögen
gesamt, Mio. Euro
2000
2004
Australien
362.162
435.272
Deutschland
300.497
Frankreich
Fondsvermögen,
Anteil am Weltmarkt, v. H.
2004
2000
2004
2,9
3,7
18,7
22,1
304.592
2,4
2,6
3,6
3,7
766.100
1.006.500
6,1
8,5
13,7
16,9
Irland
145.399
343.308
1,2
2,9
38,1
84,9
Italien
449.930
375.694
3,6
3,2
7,0
6,5
Japan
460.746
294.644
3,7
2,5
3,1
2,3
Kanada
297.069
304.484
2,4
2,6
9,8
9,0
Luxemburg
792.781
1.024.984
6,3
8,7
1.822,5
2.252,7
UK
412.557
366.997
3,3
3,1
6,9
6,2
7.418.493
6.046.316
58,9
51,2
28,1
21,0
USA
2000
Fondsvermögen
je Einwohner, Tsd. Euro
Quelle: BVI (2004, 2005), Central Statistics Office Ireland (2005), Central Bank and Financial Services Authority of Ireland,
Statec Luxemburg (2005).
138
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Deutschland verzeichnete während der vergangenen drei Jahrzehnte ein deutliches
Wachstum der Investmentbranche. Die Gesamtzahl der im Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) gemeldeten Mitgliederunternehmen hat sich seit
1970 von 7 auf 75 erhöht. Hiervon haben derzeit am Finanzplatz Frankfurt 36 Unternehmen ihren Standort (siehe Tabelle 37). Frankfurt nimmt damit innerhalb
Deutschlands eine deutliche Spitzenposition ein, gefolgt mit erheblichem Abstand
von München mit neun Unternehmen und Hamburg bzw. Köln mit jeweils sechs Unternehmen. Des Weiteren sind in Wiesbaden fünf, in Eschborn zwei und in Oberursel ein Mitgliedsunternehmen ansässig, so dass gegenwärtig die Gesamtzahl der
Kapitalanlagegesellschaften im Rhein-Main-Gebiet bei 44 liegt (vgl. BVI (2005)).
139
5.251
4.914
4.811
2003
2004
Juni 2005
140
461
453
471
491
476
420
192
Aktienfonds
15
16
14
11
5
1
2
1.216
1.293
1.375
1.411
1.509
1.450
792
335
313
345
366
369
348
178
Aktienfonds
2.971
3.129
3.380
3.478
3.577
3.468
1.642
Wertpapierfonds
Rentenfonds
Gemischte
231
226
225
232
227
207
130
Wertpapierfonds
-fonds
Wertpapierfonds
310
308
300
295
294
288
242
Rentenfonds
Gemischte
92
86
75
60
49
41
132
15
2
0
0
0
0
Fonds
40
40
40
49
47
gemischte
10
0
45
fonds
10
6
5
4
3
3
0
Immobilien-
Offene
Spezialfonds
35
34
29
24
22
20
15
57
61
60
46
41
20
0
Dachfonds
171
166
168
187
160
97
0
3
1
0
0
0
0
0
Hedgefonds
6
3
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
Hedgefonds
Dach-
7
4
0
0
0
0
0
Hedgefonds
fonds
Fonds
fonds
Hedgefonds
vorsorge-
gemischte
ImmobilienDachfonds
Dach-
Alters-
Offene
Publikumsfonds
Geldmarkt
42
42
43
42
46
39
30
-fonds
Geldmarkt
Wertpapierfonds
Quelle: Deutsche Bundesbank (verschiedene Jahrgänge), Kapitalmarktstatistik.
5.372
2002
1.313
5.550
6.124
Juni 2005
1.282
2001
6.196
2004
1.281
5.328
6.532
2003
1.324
2000
6.696
2002
1.275
2.624
6.825
2001
1.119
1995
6.447
2000
609
zusammen
3.233
1995
zusammen
Jahr
insgesamt
Jahr
Fonds
Tabelle 34: Entwicklung der Anzahl der inländischen Investmentfonds von 1995 bis 2005
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
527.845
551.693
593.278
2003
2004
Juni 2005
Aktienfonds
98.279
92.328
89.737
73.646
115.219
141.628
22.089
2.391
2.337
1.957
1.533
594
93
446
161.567
155.316
150.302
151.443
144.825
132.334
60.874
59.436
53.821
53.478
45.401
51.989
59.330
10.810
Aktienfonds
340.028
322.540
306.676
271.393
300.117
315.568
84.793
Wertpapierfonds
Rentenfonds
Gemischte
21.651
20.174
18.497
16.468
20.998
24.437
5.562
fonds
Wertpapierfonds
78.372
71.504
70.038
67.328
63.624
59.887
52.144
Geldmarkt-
33.011
30.536
36.463
37.170
33.177
20.196
19.554
Wertpapierfonds
Rentenfonds
Gemischte
fonds
16.150
14.400
13.485
11.726
8.778
6.387
11.538
1.475
614
0
0
0
0
Fonds
1.836
1.784
1.852
1.825
2.599
gemischte
1.977
0
2.817
fonds
3.197
3.223
3.348
3.536
4.349
4.237
0
Immobilien-
Offene
Spezialfonds
89.250
90.757
87.703
74.513
59.249
48.931
30.604
2.027
1.692
1.334
835
609
514
0
Dachfonds
8.425
7.185
6.328
5.880
7.165
4.852
0
142
111
0
0
0
0
0
Hedgefonds
135
56
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
141
Hedgefonds
Dach-
165
53
0
0
0
0
0
fonds
Fonds
fonds
Hedgefonds
vorsorge-
gemischte
ImmobilienDachfonds
DachHedgefonds
Alters-
Offene
Publikumsfonds
Geldmarkt-
Wertpapierfonds
Quelle: Deutsche Bundesbank (verschiedene Jahrgänge), Kapitalmarktstatistik.
482.331
2002
334.321
506.912
927.599
Juni 2005
317.599
2001
869.292
2004
313.967
514.226
841.812
2003
280.367
2000
762.698
2002
306.380
158.899
813.292
2001
306.985
1995
821.211
2000
129.953
zusammen
288.852
1995
zusammen
Jahr
insgesamt
Jahr
Fonds
Tabelle 35: Entwicklung des in inländischen Investitionsfonds gehaltenen Vermögens (in Mio. Euro) von 1995 bis 2005
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
5.431
2004
Aktienfonds
415
422
675
500
-28
442
-986
1.312
7.709
13.634
10.546
6.289
-2.224
5.939
6.631
2.604
8.508
941
5.346
17.152
15.439
22.134
24.692
11.191
Wertpapierfonds
Aktienfonds
821
907
990
1.278
6.222
-369
Gemischte
Rentenfonds
-1.414
2.327
2.758
5.082
38.502
635
fonds
Wertpapierfonds
-653
4.173
3.498
2.834
-7.906
1.631
Geldmarkt-
-6.160
-924
3.682
12.410
-2.188
3.143
Wertpapierfonds
Rentenfonds
Gemischte
fonds
142
Quelle: Deutsche Bundesbank (verschiedene Jahrgänge), Kapitalmarktstatistik.
-176
-159
Fonds
1.695
1.039
2.876
2.274
1.338
801
120
0
0
0
0
94
-212
gemischte
206
0
1.318
fonds
-223
-295
-149
356
1.845
0
Immobilien-
Offene
Spezialfonds
3.245
14.166
14.916
10.159
-2.824
3.539
284
380
245
143
392
0
Dachfonds
475
-115
424
3.309
4.743
0
100
0
0
0
0
0
Hedgefonds
55
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
Hedgefonds
Dach-
52
0
0
0
0
0
Hedgefonds
fonds
Fonds
fonds
Hedgefonds
vorsorge-
gemischte
ImmobilienDachfonds
Dach-
Alters-
Offene
Publikumsfonds
Geldmarkt-
Wertpapierfonds
Mittelzuflüsse aus Verkäufen von Anleihen abzüglich der Mittelabflüsse durch Rücknahme von Anteilen.
23.864
2003
*
33.575
zusammen
-3.978
2002
1.453
2004
20.079
41.289
43.944
2003
25.907
2001
59.482
2002
35.522
45.448
76.811
2001
39.712
2000
85.158
2000
8.578
19.068
27.647
1995
zusammen
1995
insgesamt
Jahr
Fonds
Tabelle 36: Bestandsveränderung gegenüber dem Vorjahr der inländischen Investmentfonds (in Mio. Euro) von 1995 bis 2005
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Tabelle 37: Die in Bezug auf das Geschäftsvolumen bedeutendsten am Finanzplatz Frankfurt
ansässigen Publikumsfondsgesellschaften
Anzahl der Fonds a)
2000
2004
DWS-Gruppe
193
DEKA-Gruppe
Union-Gruppe
Fondsvermögen
gesamt, Mrd. Euro a)
Fondsvermögen, Anteil bezogen
auf Geldmarkt- und
Wertpapierfonds, v. H., a)
2000
2004
2000
2004
363
82,4
88,6
21,9
23,8
162
242
75,7
66,7
20,2
17,9
209
236
59,5
64,2
15,8
17,2
56
73
36,9
27,2
9,8
7,3
165
315
28,5
22,3
7,6
6,0
Frankfurt Trust
43
49
5,5
4.6
1,4
1,2
SEB Invest-Gruppe c)
62
61
4,4
4,1
1,2
1,1
Metzler-Gruppe
19
29
1,8
2,7
0,5
0,7
Universal-Investment
90
85
2,9
2,4
0,8
0,6
UBS Invest
18
26
0,9
1,0
0,2
0,3
Deutscher Investment Trust
Cominvest
b)
a)
jeweils zum Jahresende.
b)
in 2000 ADIG Investment zuzüglich Commerzbank Investment GmbH.
c)
in 2000 BfG-Gruppe.
Quelle: BVI (2005).
In den einzelnen Teilsegmenten der deutschen Investmentbranche erfolgten während der vergangenen 10 Jahre durchaus unterschiedliche strukturelle Veränderungen. Dies gilt sowohl für die Publikumsfonds als auch für die Spezialfonds.14 Bei den
Publikumsfonds war vor allem im Segment der Aktienfonds eine vergleichsweise
unstetige Entwicklung zu beobachten, denn von Ende 1995 bis Ende 2002 stieg die
Anzahl der Aktienfonds sehr deutlich an, und zwar von 192 auf 491. Seitdem hat sie
jedoch wieder abgenommen und lag Ende Juni dieses Jahres bei 461. Das in den
Aktienfonds gehaltene Vermögen unterlag ebenfalls beachtlichen Schwankungen, in
der langen Frist erhöhte es sich jedoch merklich.
Dies entspricht einem Entwicklungsmuster, wie sie in zahlreichen Segmenten der
Finanzbranche zu beobachten ist: Das Marktvolumen verändert sich zwar in mehr
oder weniger deutlichen Zyklen, im langfristigen Trend steigt es allerdings an. Im
14 Nach der Abgrenzung des InvG werden als Spezialfonds solche Fonds ausgewiesen, deren Anteile gemäß schriftlicher
Vereinbarung von jeweils nicht mehr als 30 – bis September 2003 nach der Abgrenzung des Kapitalanlagegesellschaftsgesetzes KAGG von jeweils nicht mehr als zehn – Anteilinhabern, die nicht natürliche Personen sind, gehalten werden.
Sämtliche Investmentfonds, die nicht unter die jeweilige Definition der Spezialfonds fallen, sind als Publikumsfonds erfasst.
143
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
Vergleich hierzu folgt die Entwicklung der Anzahl der innerhalb eines Marktsegments angebotenen Finanzprodukte einem anderen Muster und unterliegt wohl eher
einem regelrechten Produktlebenszyklus. I. d. R. erhöht sich nämlich nach der Etablierung eines Marktsegments die Anzahl der betreffenden Anlageinstrumente deutlich, um hernach im Sinne einer Strukturbereinigung wieder merklich abzunehmen
(vgl. DEUTSCHE BUNDESBANK (verschiedene Jahrgänge), Kapitalmarktstatistik).
Im Segment der Publikumsfonds existieren sehr heterogene Anlageschwerpunkte,
die sich keiner gemeinsamen Bezugsebene zuordnen lassen. Den Angaben des
BVI zufolge beziehen sich derzeit etwa 150 der Aktienfonds mit unbegrenzter Laufzeit explizit auf einzelne Branchen, wovon jeweils ein Großteil auf die Kategorien
Biotechnologie/Pharma und Technologie entfällt (vergleiche Abbildung 15). Rund 40
Aktienfonds haben ihren Anlageschwerpunkt im Euro-Raum und gut 150 im gesamten Europa. Etwa 180 der beim BVI gemeldeten Aktienfonds fokussieren auf spezifische Länder bzw. Regionen, und hierbei vor allem auf den Wirtschaftsraum Nordamerika und die Schweiz. Grundsätzlich fällt auf, dass im Vergleich der Jahre 2000
und 2004 internationale Anlageschwerpunkte erheblich an Bedeutung gewonnen
haben. Analoges gilt für die Kategorie der indexorientierten Fonds bzw. IndexFonds. Neben den Index-Fonds haben sich mittlerweile auch in Deutschland die so
genannten Exchange Traded Funds etabliert. Hierbei handelt es sich um Fonds, die
Indizes direkt nachbilden und bei deren Kauf kein Ausgabeaufschlag zu zahlen ist.
(Vgl. zu den nachfolgenden Ausführungen BVI (2005.)
Abbildung 15: Anzahl der Aktienfonds, gegliedert nach Fondstypen, 2000 und 2004*
Anlageschwerpunkt
Deutschland
International
Euro-Länder
Europa
Länder-/Regionenfonds
Branchenfonds
Nebenwerte/Small- und Midcap, Europa
Nebenwerte/Small- und Midcap, Intern.
Variabler Anlageschwerp.
Indexorientierte-/Indexfonds
2000
2004
zum Jahresende.
Quelle: BVI (verschiedene Jahrgänge).
*
144
0
20
40
60
80 100 120 140 160 180 200
Anzahl
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Die Marktentwicklung in den anderen Kategorien der Publikumsfonds vollzog sich
während der vergangenen zehn Jahre vergleichsweise stetig. Im Bereich der Rentenfonds wuchs die Anzahl der gehandelten Fonds während des hier untersuchten
Zeitraums von 242 auf 310. Ähnlich verhielt sich dies mit dem in Rentenfonds gehaltenen Vermögen, das von 52,1 Mrd. Euro auf 78,4 Mrd. Euro anstieg. Das jährliche
Mittelaufkommen unterlag merklichen Schwankungen, die sich in einer Bandbreite
zwischen 7,9 Mrd. Euro und 4,2 Mrd. Euro bewegten. Zudem fällt auf, dass die in
2000 auf den internationalen Wertpapiermärkten einsetzenden Turbulenzen keinen
Rückgang des in Rentenfonds gehaltenen Vermögens zur Folge hatten (vergleiche
Tabellen 33 bis 35).
Gemäß den Angaben des BVI wies Ende 2004 ein Großteil der Rentenfonds einen
internationalen Anlageschwerpunkt auf (siehe Abbildung 16). Im Vergleich zu 2000
ist eine höhere Bedeutung dieses Anlageschwerpunkts erkennbar. Das proportionale Gewicht solcher Fonds, die auf in Euro nominierte Rentenpapiere fokussieren,
hat ebenfalls merklich zugenommen. Analoges gilt für die auf Corporate Bonds spezialisierten Fonds.
Abbildung 16: Anzahl der Rentenfonds, gegliedert nach Fondstypen, 2000 und 2004*
Anlageschwerpunkt
Euro, deutsche Emittenten
Euro
Europäische Währungen
Internationaler Anlageschwerpunkt
US $
Fernost, inkl. Japan
Corporate Bonds
Variabler Anlageschwerpunkt
2000
2004
0
50
100
150
200
250
Anzahl
zum Jahresende.
Quelle: BVI (verschiedene Jahrgänge).
*
Ein besonders dynamisches Wachstum ist bei den Offenen Immobilienfonds zu
verzeichnen. Während im Jahre 1995 dieses Anlagesegment erst 15 Fonds mit einem Vermögen von 30,6 Mrd. Euro aufwies, gab es zur Mitte des Jahres 2005 bereits 35 Fonds, in denen 89,3 Mrd. Euro verwaltet wurden. Dies lässt darauf schließen, dass der Immobilienmarkt während der vergangenen Dekade verstärkt in das
145
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
Blickfeld der Kapitalanleger gerückt ist. Auf diesen Aspekt soll nachfolgend im Hinblick auf Real Estate Investment Trusts vertieft eingegangen werden.
1.3.3
Hedgefonds
Das in jüngerer Zeit sehr dynamische Wachstum und die vielseitigen Anlageaktivitäten weltweit operierender Hedgefonds haben auch in Deutschland dazu geführt,
dass das Augenmerk verstärkt auf dieses Segment der Investmentbranche gelenkt
wird. Hierdurch wurde eine breite Diskussion über die Folgewirkungen der Anlageaktivitäten dieser Fonds auf die Finanzmärkte und einen hierdurch implizierten etwaigen politischen Handlungsbedarf ausgelöst. Einen bedeutenden Anlass zu derartigen Überlegungen boten bereits die Beinahe-Zahlungsunfähigkeit der Hedgefonds-Gesellschaft Long-Term Capital Management (LTCM) im Jahre 1998 und die
hiervon ausgehenden Auswirkungen auf die internationalen Finanzmärkte (vgl.
GARBARAVICIUS, T., UND F. DIERICK (2005), S. 29). Auch jüngst wurden wieder von
der amerikanischen SEC Unregelmäßigkeiten im Geschäftsgebaren einzelner Hedgefonds festgestellt, so etwa bei den Gesellschaften Bayou Investments und KL Financial (vgl. FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG (31.8.05), S. 21).
Die Debatte betrifft vor allem das tatsächlich notwendige Maß an Regulierung der
Hedgefonds-Anbieter. Insbesondere stellt sich die Frage, inwieweit Hedgefonds unter bestimmten Umständen zu einer Destabilisierung des internationalen Finanzsystems beitragen. Diesbezüglich liegen die von einzelnen Finanzplatz-Akteuren vertretenen Positionen weit auseinander. Während etwa die Vertreter der Aufsichtsbehörden die Notwendigkeit zur Regulierung hinlänglich betonen, wird von Seiten der
Hedgefondsgesellschaften regelmäßig beklagt, dass die bislang umgesetzten Regulierungsvorschriften zu rigide seien (vgl. NEUE ZÜRCHER ZEITUNG (1.9.05), S. 23).
Gemäß den gesetzlichen Vorgaben dürfen seit 2004 auch in Deutschland sowohl
Single-Hedgefonds als auch Dach-Hedgefonds aufgelegt werden. Öffentlich vertrieben werden dürfen allerdings nur Dach-Hedgefonds. Analoges gilt – bei Einhaltung
der entsprechenden Zulassungsvoraussetzungen – für vergleichbare Finanzprodukte, die von ausländischen Anbietern in Deutschland vermarktet werden.
In den USA existieren Hedgefonds schon seit über fünf Jahrzehnten. Ursprünglich
wurde jeweils die Hälfte des in einen Hedgefonds investierten Anlagekapitals für
den Kauf unterbewerteter Aktien aufgewandt (“Long Position“), während man die
andere Hälfte für den Leerverkauf als überbewertet eingestufter Aktien einsetzte
(“Short Position“). Folglich war die Long Position durch die Short Position gedeckt
bzw. „gehedged“. Für die sehr heterogene Gruppe von Fonds existiert letztlich weder eine Legaldefinition noch eine allgemein anerkannte Abgrenzung. So bezeichnet etwa die US President’s Working Group on Financial Markets (1999) ein derar-
146
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
tiges Anlageinstrument als ”any pooled investment vehicle that is privately organised, administered by professional investment managers, and not widely available to
the public” (VAUGHAN, D. A. (2003)). In dem in Deutschland seit dem 1. Januar 2004
gültigen Investmentmodernisierungsgesetz werden derartige Anlageinstrumente
schlichtweg als „Sondervermögen mit zusätzlichen Risiken“ definiert (vgl. INVESTMENTMODERNISIERUNGSGESETZ § 112 (1)).
Hedgefonds-Managern geht es in erster Linie darum, „den Markt zu schlagen“, also
eine überproportionale Rendite zu erwirtschaften, die über dem jeweiligen Durchschnitt einzelner Marktsegmente, Branchen oder Wirtschaftsräume liegt. “Hedging“
ist nur insoweit Bestandteil der Fondsstrategie, als das Anlageportefeuille gegen
andere als die bewusst übernommenen Risiken abgesichert wird, um den Anlageerfolg gezielt in eine möglichst alleinige Abhängigkeit von der zugrundeliegenden
„Fehlbewertung“ zu setzen. Somit ist die ebenfalls anzutreffende Bezeichnung „Risikofonds“ letztlich zutreffender als Hedgefonds (vgl. DEUTSCHE BUNDESBANK
(1999), S. 31-44). Aufgrund der spezifischen Anlagestrategien sind Hedgefonds offensichtlich für eine bestimmte Klientel besonders attraktiv, so vor allem für wohlhabende Privatkunden und institutionelle Investoren. Solche Kunden sind aufgrund ihrer großen Vermögensbestände dazu in der Lage, ihre Finanzmittel im Sinne einer
Risikodiversifizierung partiell in derart risikoreiche Anlagekategorien zu investieren.
Bei den von Hedgefonds anvisierten Marktsegmenten kann es sich neben den klassischen Anlageobjekten wie Aktien, Anleihen, Immobilen und Investmentfonds zudem um einzelne Rohstoffe, Devisen oder Derivate handeln. Analoges gilt für insolvente Unternehmen, die attraktive Anlageobjekte sind, wenn ihre Teilbereiche noch
eine auskömmliche Rendite erwirtschaften.
Grundsätzlich besteht der wesentliche Unterschied zwischen Hedgefonds und herkömmlichen Investmentfonds darin, dass für Hedgefonds „absolute“, von der durchschnittlichen Marktentwicklung losgelöste Ertragsziele im Vordergrund stehen, während sich herkömmliche Investmentfonds eng an der durchschnittlichen Marktentwicklung orientieren und „relative“ Ertragsziele verfolgen. „Traditionelle“ Investmentfonds sind in der Regel auf die Kaufposition (“Long Position“) konzentriert. Es werden also Anlageobjekte erworben, die dann Eingang in das Fondsvermögen finden.
Im Gegensatz hierzu bedienen sich die Hedgefonds-Manager in ausgeprägtem Maße der Strategie des Leerverkaufs (“Short Selling“). Hierbei werden Anlageobjekte
veräußert, die zum Verkaufszeitpunkt nicht zum Fondsvermögen gehören, sondern
gegen eine Entleihungsgebühr geliehen sind. Zum späteren Erfüllungszeitpunkt der
Leihe erwirbt der Fonds das betreffende Anlagegut zurück, und zwar in der Hoffnung, dass dessen Preis in der Zwischenzeit gesunken ist. Der aus einem derartigen Geschäft resultierende Gewinn ergibt sich – unter Abzug der Entleihungsgebühr – aus der Spanne zwischen Verkaufskurs und Kaufkurs. Im Rahmen einer solchen Anlagestrategie erhöht sich das in einem Hedgefonds gebundene Vermögen
147
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
unter Umständen auch bei sinkenden Werten der Anlageobjekte. Des Weiteren finanzieren Hedgefonds-Manager ihre Investitionen gegebenenfalls auch über
Fremdkapital, um über die hierdurch bedingte Hebelwirkung (“Leverage“) die Rendite des eingesetzten Eigenkapitals gezielt zu steigern. In Abhängigkeit von dem gewählten Anlagestil fällt das Größenverhältnis zwischen Fremdkapital und Eigenkapital jedoch sehr unterschiedlich aus und beträgt bei zahlreichen Fonds mehr als 2:1,
und zwar vor allem in den Kategorien “Macro“ und “Market Neutral Arbitrage“, auf
die nachstehend eingegangen wird (vgl. BVI (2005), S. 70 ff).
Größenordnung der Hedgefonds-Branche
Während des vergangenen Jahrzehnts ist sowohl die Anzahl der Hedgefonds unterschiedlichster Provenienz als auch das in diesen Hedgefonds verwaltete Vermögen
kontinuierlich gestiegen.15 Weltweit wird in 2005 in rund 9.000 Fonds ein Vermögen
in Höhe von 1,1 Billionen US-$ verwaltet, verglichen mit 4.800 Fonds bzw. 220 Mrd.
US-$ in 1995 (siehe Abbildung 6). Die relative jährliche Wachstumsrate betrug
demnach für die Zahl der Fonds 11 % und für die Vermögensbestände 18 %. Ferner
befinden sich weltweit zusätzliche Vermögensbestände in Höhe von 265 Mrd. US-$
in privat verwalteten Depots unter der Leitung von Hedgefonds-Managern. Darüber
hinaus sind noch die Finanzmittel zu nennen, die von global operierenden Investmentbanken über ihre Eigenhandelsabteilungen verwaltetet werden. Obwohl sich
die Strategie bei der Anlage derartiger Finanzmittel formal nicht an einer Hedgefonds-Struktur orientiert, bildet dieser Eigenhandel das Anlageverhalten von Hedgefonds-Managern jedoch weitgehend nach. Im Hinblick auf das weltweite Mittelaufkommen waren während der vergangenen zehn Jahre nur in vereinzelten Quartalen
Netto-Vermögensabflüsse zu verzeichnen. Dies ging jeweils einher mit temporären
Krisen auf den internationalen Finanzmärkten wie etwa die Asienkrise (1997/1998),
der Zahlungsausfall Russlands (1998) und das Platzen der Technologieblase
(2000). Alles in allem schwankten die jährlichen Mittelzuflüsse beachtlich und bewegten sich in einer Bandbreite von zwei Mrd. US-$ bis 40 Mrd. US-$ (vgl. HILDEBRAND, P. M. (2005), S. 43-56).
Im internationalen Vergleich umfassen die während der vergangenen Monate in
Deutschland aufgelegten Hedgefonds ein sehr geringes Anlagevolumen. Auf die
jüngsten Veränderungen des regulatorischen Umfelds haben die inländischen Investmentgesellschaften gleichwohl umgehend reagiert, denn gemäß den Angaben
der Deutschen Bundesbank waren Ende Juni 2005 im Segment der Publikumsfonds
sechs Single-Hedgefonds und sieben Dach-Hedgefonds registriert, deren Anlagevo15 Zur Analyse der Hedgefonds-Branche bieten sich im Wesentlichen Datenbanken aus vier unterschiedlichen Institutionen
an: Das Trading Advisors Selection System (TASS), das Centre for International Securities and Derivatives Markets
(CISDM, vormals MAR/Hedge), Hedge Fund Research sowie Van Hedge Fund Advisors. Die vorliegende Untersuchung
basiert zum weit überwiegenden Teil auf den von Van Hedge Fund Advisors veröffentlichten Statistiken, die beispielsweise auch der Bundesbank und dem Internationalen Währungsfonds als Datengrundlage dienen.
148
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
lumen sich auf insgesamt 300 Mio. Euro belief. Im Segment der Spezialfonds gab
es drei Single-Hedgefonds, in denen ein aggregiertes Vermögen von 142 Mio. Euro
gebunden war (siehe Tabellen 34 und 35). (Vgl. DEUTSCHE BUNDESBANK (2005g), S.
52 ff.)
Abbildung 17: Entwicklung der Anzahl der Hedgefonds bzw. des in Hedgefonds angelegten
Vermögens, weltweit 1988 bis 2005*
Kapitalbestand, Mrd. US-$
1.200
1.000
800
600
400
200
0
1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005
Fondsvermögen in Mrd. US-$, linke Skala
*
Anzahl
10.000
9.000
8.000
7.000
6.000
5.000
4.000
3.000
2.000
1.000
0
Jahr
Anzahl der Fonds, rechte Skala
Die Werte für 2004 und 2005 sind geschätzt.
Quelle: Van Hedge Funds Advisors.
Bis in die zweite Hälfte der 1990er Jahre wurden Hedgefonds vor allem von vermögenden Privatkunden nachgefragt, ab 1995 fanden sie dann auch bei institutionellen
Anlegern wie etwa Pensionsfonds oder Stiftungen eine stärkere Resonanz. Das bedeutsamste Kundensegment bilden allerdings nach wie vor besonders vermögende
Privatanleger, und zwar sowohl im Segment der Single-Hedgefonds als auch im
Segment der Dach-Hedgefonds. Die verhältnismäßig hohen Renditen veranlassen
die Anleger offenkundig zu einer Forcierung der Mittelzuflüsse. So lag ein positiver
Zusammenhang zwischen den Fondserträgen und den Mittelzuflüssen vor allem
während des Zeitraumes von 1995 bis 1998 vor. Auch wenn in der Zeitspanne danach von den Hedgefonds-Managern im Vergleich zu anderen Anlageformen nur
mäßige Renditen erzielt wurden, blieben die Zuflüsse in die Fonds nach wie vor
sehr hoch.
149
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
Kategorisierung der Hedgefonds nach Anlagestrategien
Grundsätzlich ist eine große Vielfalt der Anlagestile ein wesentliches Charakteristikum der Hedgefonds-Branche. Obwohl die Märkte für Hedgefonds sehr heterogen
sind und somit eine definitive Systematisierung unterschiedlicher Fondstypen kaum
möglich ist, kann man doch zwischen unterschiedlichen grundlegenden Anlagestrategien unterscheiden. Allerdings beschränken sich diese Strategien nicht allein auf
die Hedgefonds-Branche, denn auch Pensionskassen, Stiftungen, so genannte
“Family Offices“ (Verwalter privater Gesamtvermögen) und andere Vermögensverwalter operieren auf der Grundlage der betreffenden Anlagestile. Zu nennen wäre
hier in erster Linie die Kategorisierung nach VAN HEDGE FUND ADVISORS, die 14 unterschiedliche Typen von Hedgefonds definiert haben (vgl. VAN HEDGE FOND ADVISORS (2004)):
• Value: Kaufen oder verkaufen Papiere von Unternehmen, die sie als relativ unterbewertet bzw. überbewertet einstufen.
• Market neutral: Gehen voll oder teilweise gedeckte Long- und Short-Positionen
in mehr oder weniger verwandten Wertpapieren ein, um das Risiko zu diversifizieren. Hierbei werden „überbewertete“ Papiere verkauft und „unterbewertete“
Papiere gekauft. Sie investieren beispielsweise in unterschiedliche Aktien innerhalb eines Marktes (Securities hedging) oder in verschiedene, vom selben
Emittenten begebene Wertpapiere, so etwa Aktien und Wandelanleihen (Arbitrage).
• Im März 2004 entfielen auf die Anlagestile “Value“ und “Market neutral“ Anteile
an der Gesamtzahl der Fonds in Höhe von 25 % bzw. 14 %. Hingegen belief sich
am Ende des Jahres 1997 der Anteilswert der “Value“-Fonds lediglich auf 19 %,
während die Kategorie “Market neutral“ 13 % auf sich vereinen konnte (vergleiche Abbildung 7).
• Funds of funds: Investieren ihr Fondskapital wiederum in ein Portfolio aus Hedgefonds, unter anderem auch unter Ausnutzung eines Leverage-Effekts. Dies
ermöglicht Anlegern eine diversifizierte Investition „kleiner“ Kapitalbeträge“ in
„große“ Fonds. Im Jahre 2004 ließen sich 12 % der Fonds der Kategorie “Funds
of Funds“ zuordnen, verglichen mit 14 % im Jahre 1997.
• Aggressive growth: Legen ihr Fondskapital in Aktien solcher Unternehmen an,
bei denen sie ein beschleunigtes Wachstum der Gewinne je Aktie erwarten.
Hierbei handelt es sich in der Regel um kleine und mittlere Unternehmen, so beispielsweise aus dem Technologiesektor oder der Pharmabranche. Die Proportion
dieser Anlagekategorie lag sowohl in 2004 als auch in 1997 bei 11 %.
150
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
• Special Situations: Orientieren sich bei der Kapitalanlage in Aktien und Rentenpapieren an spezifischen Ereignissen im Lebenszyklus eines Unternehmens, die
auf den Finanzmärkten noch nicht antizipiert worden sind. Hierbei handelt es sich
beispielsweise um Umstrukturierungen (Akquisitionen, Spin-offs), Aktienrückkäufe, Veränderungen des Ratings oder nicht erwartete Steigerungen des Unternehmensgewinns. Diese Strategie wird auch als “Event driven“ bezeichnet.
• Opportunistic: Nehmen je nach konkreter Lageeinschätzung eine Auswahl aus
einer Vielzahl von Strategien und Instrumenten vor, die auch gleichzeitig zur Anwendung kommen.
• Short selling: Leihen sich von Brokern Aktien, die sie als überbewertet einstufen. Diese veräußern sie umgehend am Markt, in der Erwartung, sich zu einem
späteren Zeitpunkt billiger eindecken und den Broker beliefern zu können. Die
erhaltenen Mittel werden in andere Wertpapieren (zum Beispiel Schatzwechseln)
angelegt, die in der Regel auch zur Besicherung der Wertpapierleihe dienen.
• Macro: Spekulieren weltweit auf Preisänderungen bei Aktien, Rentenwerten,
Währungen oder Rohstoffen im Zusammenhang mit vermuteten Änderungen im
wirtschaftlichen oder wirtschaftspolitischen Umfeld. Den Einschätzungen des
Fondsmanagers wird bei der Auswahl spezifischer Aktien, Anleihen, Devisen,
Rohstoffen oder Derivaten Rechnung getragen. Relevant ist hierbei weniger das
einzelne konkrete Finanzaktivum als vielmehr der betreffende Markt oder die
betreffende Region („Top-down-Strategie“).
In beiden hier untersuchten Jahren hatten die Strategien “Macro“ und “Short Selling“ nur eine nachrangige Bedeutung.
• Emerging markets: Orientieren sich ebenfalls an fundamentalen Rahmenbedingungen, spezialisieren sich jedoch vornehmlich auf die Auswahl besonders ertragversprechender Investitionsobjekte in Wachstumsregionen, so etwa in Mittelund Osteuropa oder im Nahen Osten. Die Bedeutung der sehr heterogenen Kategorie “Emerging Markets“ hat von 1997 bis 2004 von 9 % auf 2 % abgenommen.
• Als weitere bedeutsame Anlagestile sind zu nennen: Multi strategy (simultane
Anwendung mehrerer Anlagestrategien zum Zwecke der Diversifikation), Income
(Erträge stammen in erster Linie aus dem Halten von Finanzaktiva und nur zu einem geringen Teil aus Spekulationsgewinnen), Market timing (Wechseln der
Anlagemärkte in Abhängigkeit von der vermuteten zyklischen Marktkonstellationen), Sectoral (Spezialisierung auf bestimmte Branchen).
Die vorgenannten Anlagestile lassen sich im Wesentlichen zwei grundsätzlichen
Strategietypen zuordnen, nämlich erstens dem direktionalen Ansatz und zweitens
151
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
dem ungerichteten Ansatz. Im Rahmen des direktionalen Ansatzes wird typischerweise versucht, die Entwicklungen auf den Finanzmärkten gezielt zu den eigenen Gunsten zu nutzen. Hierfür seien beispielhaft die Anlagestile “Market timing“
oder “Macro“ genannt. Ungerichtete Strategien zielen hingegen darauf ab, die sich
aus Marktanomalien bzw. Marktineffizienzen ergebenden Arbitrage-Möglichkeiten
auszuschöpfen. Dies trifft etwa auf die Anlagestile “Special Situations“ oder “Market
neutral“ zu (vgl. FUNG, W., UND D. A. HSIEH (1999), S. 309-331).
Abbildung 18: Anteile unterschiedlicher Fondskategorien am weltweit in Hedgefonds
gehaltenen Vermögen, 1997 und 2004
Anlagestrategie
Value
Market neutral
Funds of funds
Aggressive growth
Special Situations
Opportunistic
Short selling
Macro
Emerging markets
Andere
1997
2004
0
5
10
15
20
25
Anteil in v. H.
30
Quelle: Van Hedge Funds Advisors.
Offenbar hat sich im Vergleich der beiden Bezugsjahre innerhalb des Anlagespektrums eine beachtliche Schwerpunktverlagerung vollzogen, die sich vor allem in einer Schwerpunktverlagerung weg von den eher risikofreudigen Strategien “Macro“
und “Emerging markets“ hin zu den vergleichsweise risikoaversen Strategien “Value“ und “Market neutral“ manifestiert. Eine wesentlicher Grund für diese strukturelle
Verschiebung ist der verstärkte Einstieg institutioneller Anleger, denen vor allem an
risikojustierten Renditen gelegen ist. Eine weitere Ursache liegt im technologischen
Fortschritt, der im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung zu einer Ausweitung der Möglichkeiten zur Modellierung von Preisschwankungen geführt hat. Das
Ausnützen von Gewinnchancen, die sich auf den Finanzmärkten aus „Fehlbewertungen“ ergeben, wurde hierdurch erheblich erleichtert.
152
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Die Standorte der Hedgefonds-Branche
Hinsichtlich der räumlichen Struktur der Hedgefonds-Branche ergeben sich deutliche Unterschiede zwischen der Domizilierung der Hedgefonds und den Standorten
der Fondsmanager. Bedingt durch die im Rahmen des Fondsmanagements verfolgten risikoreichen und flexiblen Investmentstrategien findet sich gut die Hälfte der
weltweiten Anzahl der Hedgefonds in den Offshore-Finanzzentren, die sich durch
eine relativ geringe Regulierungsdichte und ein verhältnismäßig niedriges Besteuerungsniveau auszeichnen. Zu nennen wären hier in erster Linie die Cayman Islands,
die British Virgin Islands, die Bermudas und die Kanalinseln. Knapp ein Zehntel der
weltweit registrierten Fonds ist innerhalb der EU domiziliert, wovon wiederum jeweils
gut ein Drittel auf Irland und Luxemburg entfällt. Diese beiden Finanzplätze sind vor
allem für solche Hedgefonds geeignet, die vom Vereinigten Königreich aus gemanagt werden.
Demgegenüber sind die Fondsmanager zum weit überwiegenden Teil an den bedeutenden Finanzzentren ansässig, was vor allem auf die an den betreffenden
Standorten zu beobachtenden Agglomerationseffekte bzw. Tuchfühlungsvorteile zurückzuführen ist. Im Hinblick auf die von der Hedgefonds-Branche ausgehenden
Sekundärwirkungen – so etwa in Bezug auf Research-Unternehmen oder Fondsbuchhaltungs- und Abwicklungsgesellschaften – ist es für die Zukunftsperspektiven
der Finanzplätze von erheblicher Bedeutung, welche Standorte von den Fondsmanagern bevorzugt werden. Zum Großteil sind diese Manager in weiteren Teilsegmenten der Fondsbranche tätig und daher bei den zuständigen nationalen Aufsichtsbehörden registriert. Unter ihnen sind ehemalige Investmentbanker und Angestellte, die mittelfristig den Aufbau eines eigenen Investment-Unternehmens anstreben, besonders zahlreich vertreten. Laut einer Untersuchung von PRICEWATERHOUSECOOPERS (2004) sind die Fondsmanager, welche die innerhalb der EU registrierten Hedefonds verwalten, zum weit überwiegenden Teil in London ansässig. Im
Jahre 2003 waren an diesem Standort 394 Manager tätig, was einem Anteil an der
Gesamtzahl der Manager in Höhe von nahezu 69 % entspricht (siehe Tabelle 38).
153
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
Tabelle 38: Standorte der Fondsmanager, die innerhalb der EU registrierte Hedgefonds
verwalten*
Anzahl
Total EU 15
Anteil an der
Gesamtzahl in v. H.
504
88,0
davon
UK
Anzahl
Anteil an der
Gesamtzahl in v. H.
davon (Forts.)
Österreich
3
0,5
Dänemark
1
0,2
394
68,8
Frankreich
39
6,8
Portugal
1
0,2
Schweden
18
3,1
Belgien
0
0,0
Finnland
12
2,1
Griechenland
0
0,0
Irland
12
2,1
Luxemburg
0
0,0
Deutschland
8
1,4
Schweiz
36
6,3
Spanien
6
1,0
USA
29
5,1
Italien
5
0,9
Norwegen
4
0,7
Niederlande
5
0,9
Insgesamt
573
* Stand Ende 2002.
Quelle: PricewaterhouseCoopers (2004).
Mit weitem Abstand folgen hierauf Frankreich und Schweden mit 7 % bzw. 3 % sowie Irland und Finnland mit jeweils 2 %. In Deutschland waren im betreffenden Jahr
lediglich 8 Hedgefonds-Manager ansässig, was einem Anteilswert von gut 1 % entspricht. Demzufolge kommt Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen
Ländern, aber auch zur Schweiz und zu den USA als Standort für das HedgefondsManagement nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Zu beachten wäre hier allerdings, dass diese Ergebnisse aus der Zeit vor der Zulassung von Hedgefonds in
Deutschland stammen, als die hierzulande ansässigen Fondsmanager also ausschließlich für außerhalb Deutschlands registrierte Fonds zuständig waren (vgl.
GARBARAVICIUS, T., UND F. DIERICK (2005), S. 11 ff).
Zusätzliche Einblicke über die gegenwärtige Struktur der Hedgefonds-Branche in
Deutschland lassen sich aus den von der BaFin veröffentlichten Angaben über die
nach §§ 112, 113, 139 in Deutschland angezeigten Hedgefonds gewinnen. Demzufolge wurden in Deutschland bislang insgesamt 37 Hedgefonds angezeigt, hiervon
18 inländische Single-Hedgefonds, zehn inländische Dach-Hedgefonds und neun
ausländische Dach-Hedgefonds (vergleiche Tabelle 39).16 Von den inländischen
Dach-Hedgefonds sind fünf am Finanzplatz Frankfurt, drei in Hamburg und zwei in
16 Diese Angaben beziehen sich auf die bei der BaFin gemeldeten Hedgefonds und weichen daher von den Statistiken der
Deutschen Bundesbank ab.
154
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Köln domiziliert. Von den Repräsentanten ausländischer Dach-Hedgefonds entfallen
sieben auf Frankfurt und zwei auf Hamburg.
Tabelle 39: Genehmigte und aufgelegte Dach-Hedgefonds in Deutschland 2005
Inländische Dach-Hedgefonds 1)
Ausländische Dach-Hedgefonds 2)
Fonds
Kapitalanlagegesellschaft
Fonds
Kapitalanlagegesellschaft
Repräsentant
COMINVEST Hedge
Conservative
COMINVEST Asset Management
GmbH, Frankfurt a. M.
ABN Amro
Profilfonds: Multi
Stratgie Aktiv
ABN Amro Profilfonds
Luxemburg
Delbrück Bethmann
Maffiei AG,
Frankfurt a. M.
COMINVEST Hedge
Dynamic
COMINVEST Asset Management
GmbH, Frankfurt a. M.
Dit
PortfolioOptimizer
Allianz Dresdner Hedge
Funds Luxemburg
Thorsten Ziegler,
Frankfurt a. M.
Deka HedgeSelect
Deka Investment Gmbh,
Frankfurt a. M.
Dit
PortfolioOptimizer
Plus
Allianz Dresdner Hedge
Funds Luxemburg
Thorsten Ziegler,
Frankfurt a. M.
DWS Hedge Select
Dynamic
DWS Investment GmbH,
Frankfurt a. M.
Alpha-Invest 1
Alpha Invest, Luxemburg
DZ Bank AG,
Frankfurt a. M.
HI Asset Allocation Alpha
Fund
Hansa-Invest hanseatische
Investment-GmbH, Hamburg
Alpha-Invest 2
Alpha Invest, Luxemburg
DZ Bank AG,
Frankfurt a. M.
HI Pioneer Global Hedge I
Hansa-Invest hanseatische
Investment-GmbH, Hamburg
AXA Alternative
Alpha
AXA Alternative
Opportinities Sicav
Luxemburg
Roland Baum,
Hamburg
MSCI Hedge Invest Lyxor
Trecker – HI Fund
Hansa-Invest hanseatische
Investment-GmbH, Hamburg
Sauren Global
Hedgefonds
Sauren HedgefondsSelect Luxemeburg
DZ Bank AG,
Frankfurt a. M.
OP Hedge Multi Strategies Opppenheim Kapitalanlagesellschaft
mbH, Köln
Threadneedle Investment Roland Baum,
Threadneedle
Hamburg
Crescendo Fund of SICAV, Luxemburg
Hedge Funds
OP Hedge Multi Strategies Opppenheim Kapitalanlagesellschaft
Plus
mbH, Köln
Unico AI ⇒ Multi
Hedge Strategy
UBS (D) Hedge Fund
Global Strategies
1) Stand 24.8.05
Unico AI, Luxemburg
DZ Bank AG,
Frankfurt a. M.
UBS Global Asset Management
Deutschland GmbH, Frankfurt a. M.
2) Stand 1.9.05
Quelle: BaFin (2005), Zulassungsliste Hedgefonds.
Bemerkenswert ist darüber hinaus, dass sämtliche in Deutschland vertriebenen ausländischen Dach-Hedgefonds in Luxemburg aufgelegt worden sind. Der Finanzplatz
Luxemburg ist innerhalb der letzten zwei Jahrzehnte zum weltweit führenden
Standort für Fondsanbieter geworden, die ihre Produkte grenzüberschreitend vermarkten wollen, und zwar vor allem für angelsächsische Fondsanbieter im Rahmen
des Vertriebs in Kontinentaleuropa. Dies ist nicht zuletzt auf die ausgesprochen anbieterfreundliche Finanzmarktaufsicht durch die luxemburgische Commission de
surveillance du secteur financier zurückzuführen, die in der Regel im Hinblick auf
eine gezielte Weiterentwicklung des Finanzplatzes Luxemburg unbürokratische und
155
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
pragmatische Regulierungsansätze präferiert. Im Einklang mit den EURechtsnormen und unter Beachtung des Anlegerschutzes wurden Fonds für Private-Equity-Gesellschaften und Hedgefonds schon vor langem in Luxemburg zugelassen. Durch den so genannten „EU-Pass“ entfällt für diese Finanzprodukte das Prüfverfahren in anderen EU-Ländern. Zu beachten ist hier, dass analogerweise auch
am Finanzplatz Frankfurt entwickelte Finanzprodukte, die mit den EU-Normen konform sind, innerhalb der EU barrierefrei vermarktet werden dürfen, woraus sich für
die in Frankfurt ansässigen Investmentgesellschaften zusätzliche Geschäftspotenziale ergeben (vgl. NEUE ZÜRCHER ZEITUNG (15.9.05), S. 24).
Alles in allem wird deutlich, dass der Finanzplatz Frankfurt im Marktsegment der
Hedgefonds zwar innerhalb Deutschland durchaus eine herausragende Position
einnimmt. Im internationalen Vergleich spielt Frankfurt jedoch – in erster Linie aufgrund der langjährigen regulatorischen Gegebenheiten – als Standort der Hedgefonds-Branche letztlich nur eine untergeordnete Rolle.
Ein hiervon abweichendes Bild zeigt sich hingegen, wenn man das Engagement
deutscher Finanzinstitute als so genannte Prime Broker im Kreditgeschäft mit Hedgefonds-Gesellschaften untersucht (vgl. Abbildung 19). Eingangs wurde bereits erwähnt, dass Hedgefonds-Manager in der Regel bestrebt sind, über die Hebelwirkung von Fremdkapital (“Leverage“) die Rendite des in den Hedgefonds alloziierten
Eigenkapitals zu erhöhen. Hinsichtlich der Bereitstellung von Fremdkapital ist festzuhalten, dass von den deutschen Kreditinstituten allein die Deutsche Bank sowohl
Anfang 2005 als auch Anfang 2004 mit 6 % bzw. 7 % einen nennenswerten Anteil
an den weltweit in Hedgefonds gebundenen Vermögensbeständen aufwies.
156
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Abbildung 19: Anteile der gegenwärtig fünf bedeutsamsten Prime Broker am weltweit in Hedgefonds angelegten Kapitalbestand, 2004 und 2005*
Finanzinstitut
Morgan Stanley
Goldman Sachs
CSFB
Deutsche Bank
Lehman Brothers
0
2005
*
2004
5
10
15
20
25
30
35
Marktanteil in v. H.
Jeweils zu Beginn des Jahres.
Quelle: Garbaravicius, T., und F. Dierick (2005).
Die herausragende Position im Geschäftsfeld des Prime Brokerage ermöglicht der
Deutschen Bank zwar einerseits die Generierung von Erträgen aus Zinsen und Gebühren, sie muss jedoch andererseits die aus der Kreditgewährung entstehenden
Ausfallrisiken beachten. Dies gilt vor allem dann, wenn ein besonders hoher „Leverage“ vorliegt, wenn also das in einem Hedgefonds gebundene Vermögen zu einem
überproportional hohen Anteil über den Einsatz von Fremdkapital finanziert ist.
Über die Hälfte dieses Prime-Brokerage-Geschäfts liegt gegenwärtig in den Händen
der beiden US-amerikanischen Investmentbanken Morgan Stanley und Goldman
Sachs, deren Geschäftserträge mittlerweile zu einem erheblichen Teil aus dem Prime Brokerage herrühren. So lassen gegenwärtig die Geschäftszahlen einiger USamerikanischer Investmentbanken darauf schließen, dass gut ein Viertel ihrer
Kommissions- und Handelserträge bzw. ein Achtel ihrer Gesamterträge aus diesem
Marktsegment resultieren. Ein gravierender Interessenkonflikt kommt insbesondere
dann zum Tragen, wenn die betreffenden Banken gleichzeitig als Einleger und als
Kreditgeber eines Hedgefonds operieren. Analoges gilt für den Fall, dass ein Kreditinstitut als Prime Broker und – in der Regel über konzerneigene Tochtergesellschaften – als Anbieter fungiert (vgl. GARBARAVICIUS, T., UND F. DIERICK (2005), S. 36 ff).
157
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
Regulierung der Hedgefonds-Branche
Ein Handlungsbedarf zur weitergehenden Regulierung der Hedgefonds-Branche
wird in der Regel aus der Annahme hergeleitet, dass Hedgefonds zu einer Erhöhung der Volatilität auf den weltweiten Finanzmärkten beitragen. Die hierfür herangezogene Argumentationsgrundlage beruht im Wesentlichen auf zwei Hypothesen.
Die erste Hypothese besagt, dass Hedgefonds die Marktpreise kurz- bzw. mittelfristig aus dem Gleichgewicht bringen. Die zweite Hypothese geht hingegen davon aus,
dass Hedgefonds vielmehr zur Stabilisierung der Finanzmärkte beitragen, indem sie
gezielt aufgespürte Arbitrage-Chancen unter der Erzielung von Gewinnen ausnutzen und hierbei den Finanzmärkten Liquidität zuführen.
Beide Argumente sind in der Forschung belegt. Gemäß DEVENOW und WELCH
(1996) kopieren Anleger im Sinne eines Herdenverhaltens das Investitionsverhalten
von Hedgefonds, was im Ergebnis zu einer Verstärkung von Marktinstabilitäten führt
(vgl. DEVENOW, A. UND I. WELCH (1996), S. 603-615). Hingegen lassen die Ausführungen von EICHENGREEN et al. darauf schließen, dass Hedgefonds im Vergleich zu
anderen Anlegern in geringerem Maße zu einem Herdenverhalten und auch weniger
zu einem Positive-Feedback-Trading – also zum Verkauf bei sinkenden Kursen
bzw. zum Kauf bei steigenden Kursen – tendieren. Aufgrund der verhältnismäßig
langfristigen Bindung der Anleger sind Hedgefonds nämlich dazu in der Lage,
Marktschwankungen relativ lange „auszusitzen“. Indem sie als Spekulanten fundamental überbewertete Anlageobjekte veräußern und fundamental unterbewertete
Vermögensgegenstände erwerben, tragen sie zu einer Stabilisierung der Märkte bei
(vgl. EICHENGREEN, B. J. UND D. J. MATHIESON (2003), S. 429-452).
In einem ausführlichen Überblick analysieren FUNG und HSIEH (2000) die Rolle der
Hedgefonds während der Finanzmarktkrisen in den 1990er Jahren. Gemäß den Ergebnissen dieser Untersuchung gab es Perioden, während denen Hedgefonds über
ihre Aktivitäten einen deutlichen Einfluss auf das weltweite Finanzsystem ausübten.
Zu nennen wären hierunter etwa die Krise des Europäischen Währungssystems von
1992 oder der Kursaufschwung auf dem europäischen Anleihenmarkt von 1993 mit
dem sich hieran anschließenden Kursrückgang im Jahre 1994. Gleichwohl identifizieren die Autoren ebenfalls Zeiträume, in denen Hedgefonds nur geringe bzw. gar
keine Auswirkungen auf die Finanzmärkte zur Folge hatten. Dies war beispielsweise
während des Börsenkrachs von 1987, des Kurszerfalls des mexikanischen Pesos
1994 und der Währungskrise in Asien 1997/1998 der Fall. Letztlich lassen die Untersuchungsergebnisse keine eindeutige Aussage darüber zu, ob Hedgefonds die
Volatilitäten auf den Finanzmärkten maßgeblich beeinflussen. Ebenso vage bleibt
die Beantwortung der Frage, ob Hedgefonds in gesamtwirtschaftlicher Hinsicht in
nennenswertem Umfang zu einer effizienten Allokation von Finanzkapital beitragen.17
17 Fung, W. und D. A. Hsieh (2000), S. 1-36.
158
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Alles in allem lässt sich somit nicht eindeutig konstatieren, ob zum Zwecke einer
Stabilisierung der internationalen Finanzmärkte eine weitergehende Regulierung der
Hedgefonds-Branche geboten ist. Aus Gründen des direkten Anlegerschutzes erscheint diese jedenfalls nur bedingt notwendig, denn das Klientel der Hedgefonds
besteht nahezu ausschließlich aus vermögenden Privatkunden oder institutionellen
Anlegern, die in der Regel einen hinreichenden Informationsstand aufweisen dürften. Demzufolge kann man Informationsasymmetrien, wie sie etwa im Verhältnis
zwischen Kleinanlegern und Banken unterstellt werden, kaum als diesbezügliche
Argumente heranziehen.18
Vor dem Hintergrund der Diskussion, die gegenwärtig über die Aktivitäten der Hedgefonds-Anbieter geführt wird, wurde in jüngerer Zeit an mehreren bedeutenden Finanzplätzen das regulatorische Umfeld dieser Branche deutlich verändert.
In Deutschland bietet das mit Wirkung vom 1. Januar 2004 in Kraft getretene Investmentmodernisierungsgesetz den Zulassungsrahmen für den Vertrieb von inländisch bzw. ausländisch domizilierten Hedgefonds. In diesem Gesetz wird dezidiert
zwischen Single-Hedgefonds und Dach-Hedgefonds unterschieden. SingleHedgefonds unterliegen einem Werbeverbot und dürfen Anlegern nur im Rahmen
von Privatplatzierungen angeboten werden. Für den Vertrieb von Anteilen an DachHedgefonds ist kein Mindestanlagebetrag vorgeschrieben. Grundsätzlich gelten sowohl für die Investmentgesellschaften als auch für die Fonds-Manager sehr hohe
fachliche Anforderungen. Gefordert ist vor allem ein adäquates Risikokalkulationssystem. Ferner müssen die Anleger durch eine ausgeprägte Risikostreuung und detaillierte Informationen über die aus den betreffenden Finanzprodukten resultierenden Risiken geschützt werden.19
In Frankreich wurden gesetzliche Regelungen über das Auflegen von Hedgefonds
im November 2004 eingeführt. Diese implizieren letztlich, dass im Wesentlichen nur
fachlich besonders qualifizierte institutionelle Investoren bzw. wohlhabende Privatkunden einen Zugang zu Hedgefonds haben.
Im Vereinigten Königreich hat die Financial Services Authority (FSA) im April 2004
Richtlinien zum Vertrieb von Hedefonds herausgegeben. Die in diesen Vorschriften
enthaltenen Anforderungen haben zur Konsequenz, dass die Anlage in Hedgefonds
letztlich nur ausgewählten Investoren offen steht. Gleichzeitig existieren im Vereinigten Königreich keine eindeutigen gesetzlichen Bestimmungen zur Besteuerung der
Erträge aus solchen Finanzprodukten.
In den USA unterliegen Hedgefonds-Manager seit Oktober 2004 den Regelungen
des Investment Advisers Act von 1940, der unter anderem für Fonds mit einem Anlagekapital ab 30 Mio. US-$ eine Registrierungspflicht bei der Securities and Ex18 Vgl. Vgl. Deutsche Bundesbank (1999), S. 42.
19 Vgl. Investmentmodernisierungsgesetz, §§ 112 bis 120.
159
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
change Commission (SEC) vorschreibt. Gleiches gilt für solche Hedgefonds, an denen 15 oder mehr Kunden beteiligt sind. Die Registrierung und die Einhaltung der
Vorgaben des Investment Advisers Act sind mit erheblichen Kosten verbunden, was
dem Markteintritt kleinerer Hedgefonds kaum zuträglich ist (vgl. IWF (2005), S. 52f).
Alles in allem tragen die vorstehend skizzierten regulatorischen Maßnahmen der
Tatsache Rechnung, dass sich die Hedgefonds-Branche im Zuge ihres Wachstums
und der strukturellen Veränderungen innerhalb der von ihr anvisierten Anlegerschaft
gleichsam „institutionalisiert“. Dies liegt letztlich vor allem darin begründet, dass immer mehr international ausgerichtete Banken in dieses Segment der Finanzmärkte
einsteigen oder ihr bislang vorhandenes Engagement deutlich ausdehnen. Ob dies
dem Finanzplatz Frankfurt in naher Zukunft förderlich sein wird, erscheint aufgrund
historisch bedingter regulatorischer Gegebenheiten eher fraglich. Hieran dürften
auch die im Investmentmodernisierungsgesetz enthaltenen Vorschriften über die
Zulassung von Hedgefonds in absehbarer Zeit kaum etwas ändern. Was das Geschäftsvolumen wie auch die Anzahl der ansässigen Fond-Manager anbelangt, erscheint der „Rückstand“ zu anderen europäischen Finanzplätzen wie etwa London,
Luxemburg oder Dublin noch sehr groß.
1.3.4
Real Estate Investment Trusts
Zum Zwecke einer Weiterentwicklung der Immobilienmärkte wird gegenwärtig in
mehreren europäischen Ländern die Einführung von steuerbegünstigten Real Estate Investment Trusts (REITs) erörtert, so unter anderem in Deutschland und im Vereinigten Königreich. Für REITs existiert keine einheitliche Definition.20 Im Grundsatz
handelt es sich hierbei um Immobiliengesellschaften, die zwar von Unternehmenssteuern befreit sind, jedoch den weit überwiegenden Teil ihrer Gewinne an die Aktionäre ausschütten müssen. Grundlegendes Kriterium ist vor allem die fortlaufende
Bewertung der von den Anlegern gehaltenen Unternehmensanteile und somit die
Ermittlung von Anteilspreisen auf der Basis eines marktmäßigen Zusammenspiels
von Angebot und Nachfrage. Dieses Charakteristikum weisen vor allem solche Immobilienanlagegesellschaften auf, deren Aktien an einer Börse gehandelt werden,
was auf die weit überwiegende Mehrheit der gegenwärtig operierenden REITs auch
zutrifft.
Ähnlich wie in anderen Ländern werden mit der Etablierung von REITs in Deutschland vor allem zwei Ziele verfolgt:
20 Nach Angaben der EPRA - European Public Real Estate Association sind gegenwärtig in vier europäischen Ländern
REIT-Strukturen etabliert, nämlich in Belgien, Frankreich, Italien und den Niederlanden. Definitionsgemäß sieht die EPRA
allerdings in Italien keine „reinen“ REIT-Strukturen verwirklicht (Vgl. EPRA – European Public Real Estate Association,
2004, EPRA Global REIT Survey. Schiphol Airport). Ernst & Young führen in ihrer Übersicht “International Tax Treatment
of REATs“ zusätzlich noch die Länder Luxemburg, Spanien, Türkei und Griechenland auf (Vgl. Ernst & Young (2005)).
160
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
• Zum ersten lassen sich neue Geschäftsfelder für die Finanzdienstleister erschließen. Die betrifft sowohl die eigentlichen Immobilenanlagegesellschaften als
auch weitere Wirtschaftsbereiche wie beispielsweise Rechtsanwaltbüros und
Abwicklungsgesellschaften. Letztlich tangiert dies direkt die Frankfurter Wertpapierbörse, weil sich voraussichtlich die Anzahl der gelisteten Aktiengesellschaften
und die Erträge aus dem Aktienhandel erhöhen dürften. Hieraus könnten weitere
für den Finanzplatz Frankfurt förderliche Sekundäreffekte entstehen, so etwa die
Steigerung der Attraktivität für ausländische Anleger oder die Ansiedelung zusätzlicher Research-Unternehmen und Immobilienmarktexperten.
• Zum zweiten ermöglichen REITs die Beteiligung eines breiten Anlegerpublikums – auch unter Einsatz von Kleinstbeträgen – an einem großen und professionell verwalteten Immobilienportfolio. Über REITs können private Investoren –
auch unabhängig von bestehenden Fondskonstruktionen – an den Entwicklungen auf den Immobilenmärkten partizipieren.
Darüber hinaus lassen sich noch weitere Argumente für eine Einführung von REITs
anführen. So könnte die Etablierung einer steuerbegünstigten Immobilienaktiengesellschaft dazu beitragen, die teilweise Doppelbesteuerung sowohl der Erträge auf
Unternehmensebene – nämlich über die Körperschaftssteuer und die Gewerbesteuer – als auch der Dividenden auf der Ebene der Aktionäre zu beseitigen. Ferner
streben im Zuge einer zunehmenden Differenzierung der betriebswirtschaftlichen
Aufwands/Ertrags-Kalkulationen und gezielter Renditeerwartungen auf Seiten der
Eigentümer immer mehr deutsche Unternehmen eine Herauslösung ihres Immobilieneigentums an. Dem steht jedoch die derzeitig hohe Besteuerung stiller Reserven
entgegen, denn diese würden im Veräußerungsfalle aufgedeckt. Folglich könnten
gezielte steuerliche Anreize durchaus zu einer Forcierung der Bündelung und einer
auch volkswirtschaftlich sinnvollen gezielten Bewirtschaftung großer Immobilienvermögen führen. Beispielsweise strebt Hessen als erstes Bundesland an, im Zuge
der Auslagerung von vormals staatlichem Immobilienvermögen eine börsenfähige
Immobiliengesellschaft aufzulegen, sobald die hierzu erforderlichen gesetzlichen
Rahmenbedingungen geschaffen worden sind (vgl. MITROPOULOS, S. (2005), S. 6-7;
FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG (2.11.05), S. 18).
Das quantitative Gewicht steuerbefreiter REITs auf den weltweiten Immobilienmärkten wird vor allem dadurch deutlich, dass diese gut drei Viertel der gesamten weltweiten Marktkapitalisierung aller Immobilienanlagegesellschaften auf sich vereinen.
Von der aggregierten Marktkapitalisierung sämtlicher REITs entfielen wiederum etwa 55 % auf die USA, knapp 30 % auf Asien und Ozeanien sowie gut 15 % auf Europa (vgl. HUGHES, F. (2005), S. 2).
161
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
In den USA erfolgte die Gründung der ersten REITs bereits im Jahre 1960. Die
hiermit verfolgte Zielsetzung bestand vor allem darin, privaten Kleinanlegern die
Kapitalanlage in großen diversifizierten Immobilienvermögen zu ermöglichen. Von
1984 bis 2004 war ein Wachstum der Marktkapitalisierung der US-amerikanischen
REITs von 1,8 Mrd. US-$ auf 275,3 Mrd. US-$ zu verzeichnen, was einer jährlichen
Zunahme um gut 25 % entspricht. Insbesondere nachdem Anfang der 1990er Jahre
die rechtlichen Grundlagen mehrfach verändert worden waren, setzte ein regelrechter Anlageboom ein. Die Anzahl der REIT-Gesellschaften stieg – vor allem bedingt
durch zahlreiche IPOs – von 1984 bis 1995 stark an und bewegt sich seitdem zwischen 140 und 160. Vor allem im Zuge von Unternehmensübernahmen vollzog sich
ab Mitte der 1990er Jahre bei steigender Kapitalisierung ein Strukturwandel, wie er
auch schon in anderen Segmenten der Finanzbranche zu beobachten war.
Abbildung 20: Entwicklung der Anzahl der REITs bzw. der in REITs gebundenen Marktkapitalisierung in den USA, 1984 bis 2004
Marktkapitalisierung, Mrd. US-$
Anzahl
200
180
160
140
120
100
80
60
40
20
0
300
250
200
150
100
50
Marktkapitalisierung in Mrd. US$, linke Skala*
200
4
200
3
200
2
200
1
200
0
199
9
199
8
199
7
199
6
199
5
199
4
199
3
199
2
199
1
199
0
198
9
198
8
198
7
198
6
198
5
198
4
0
Jahr
Anzahl der Fonds, rechte Skala*
* jeweils zum Jahresende.
Quelle: NAREIT National Association of Real Investment Trusts (2005).
Im Zuge gesetzlicher Veränderungen erfolgten etwa die Erweiterung der Anlagemöglichkeiten und die Erlaubnis für Pensionsfonds zur Investition in REITs. Bedeutsam für die Markterweiterung war des Weiteren die Gründung so genannter
UPREITs (Umbrella Partnership REITs), an denen sich die Anleger indirekt – nämlich unter Einschaltung von Trägergesellschaften – beteiligen können. In den USA
ist die Börsennotierung eines REITs nicht obligatorisch, die meisten dieser Gesellschaften werden jedoch an der Börse gehandelt.
162
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Der in den Vereinigten Staaten im Vergleich zu anderen Ländern sehr differenzierte
Markt für REITs gliedert sich gegenwärtig in die folgenden Einzelsegmente auf:
• Industrial/Office (26 % der Marktkapitalisierung21),
• Retail (25 %),
• Residential (15 %),
• Diversified (7 %),
• Lodging/Resorts (5 %),
• Self Storage (4 %),
• Health Care (5 %),
• Speciality (5 %),
• Mortgage (8 %) .22
Diese Segmentierung ermöglicht es Analysten und Investoren, über die einzelnen
Marktsegmente hinweg gezielt ganz spezifische Ertrags/Risiko-Kalkulationen vorzunehmen, die wiederum das Anlageverhalten beeinflussen. Die Differenzierung der
REITs in den USA vermittelt ein Bild darüber, in welcher Weise sich ein zukünftiger
Markt für derartige Aktiengesellschaften langfristig auch in Deutschland diversifizieren könnte.
Seit der Einführung von REITs in den USA haben sich in einer Vielzahl von Ländern
vergleichbare Immobilenanlagegesellschaften etabliert. Seit 1985 existieren REITs
etwa in Australien, wo sich mit einer Kapitalisierung von gut 50 Mrd. US-$ der
zweitgrößte Markt der Welt herausgebildet hat. Ferner gibt es REITs in Kanada seit
1994, in Japan seit 2000 und in Singapur seit 2002. In Hongkong und Südkorea
wurde mittlerweile der Gesetzesrahmen für die Einführung von REITs konstituiert.
Vorreiter für die Schaffung eines Marktsegments für steuerbegünstigte Immobilienanlagegesellschaften waren in Europa die Niederlande, in denen schon 1969 die
gesetzlichen Voraussetzungen für die Gründung von REITs geschaffen wurden. Eine Börsennotierung der so genannten FBI (Fiscale Belegginginstelling) ist nicht
zwingend vorgeschrieben. Infolge der Wahl des FBI-Status’ muss die betreffende
Gesellschaft keine Körperschaftssteuer entrichten, jedoch ist der in den Niederlanden gültige Körperschaftssteuersatz von 34,5 % auf aufgedeckte stille Reserven
anzuwenden. In den Niederlanden existieren gegenwärtig sieben Kapitalgesellschaften und ein Investmentfonds, die einen FBI-Status aufweisen. Die insgesamt
auf FBI entfallende Marktkapitalisierung beläuft sich auf 12,6 Mrd. Euro. Die von der
Kapitalisierung her größten Gesellschaften sind Rodamco Europe, Corio und We21 Stand jeweils August 2005.
22 Vgl. NAREIT - National Association of Real Estate Investment Trusts (2005).
163
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
reldhave. Das Investitionsverhalten der FBI zeichnet sich insbesondere durch eine
nutzungstypische Spezialisierung und eine gleichzeitige geographische Diversifizierung aus.
Ein zweiter Markt für REITs entstand in Europa im Jahre 1995 in Belgien, wo die
betreffenden Gesellschaften als SICAFI (Société d’ Investissement à capital fixe en
immobilière) bezeichnet werden. In Belgien existieren gegenwärtig 11 solcher Gesellschaften, die eine aggregierte Marktkapitalisierung von 3,7 Mrd. Euro aufweisen.
In Frankreich werden Anteile an Immobiliengesellschaften seit 2003 unter der Bezeichnung SIIC (Société d’ Investissement immobilière cotée) gehandelt. Mit einer
Anzahl von 13 Gesellschaften und einer Marktkapitalisierung von etwa 20 Mrd. Euro
hat sich dort mittlerweile der in Europa größte Markt für REITs herausgebildet. Die
bedeutendsten SIIC sind Gecina, Uniball, Klepierre, Societée Foncière Lyonnaise
und Silic.
Aus einem detaillierten Vergleich der REIT-Strukturen in Frankreich, Belgien und
den Niederlanden werden hinsichtlich des regulatorischen Rahmens deutliche Unterschiede zwischen den drei Ländern ersichtlich (vergl. Tabelle 40).
164
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Tabelle 40: Vergleich derzeit bestehender REIT-Strukturen in Europa
Niederlande
Belgien
Frankreich
Bezeichnung
FBI (Fiscale
Belegginginstelling)
SICAFI (Société d’ Investissement à
capital fixe en immobilière)
SIIC (Société d’ investissement
immobilière cotée
Einführung
1969
1995
2003
Rechtsform
Kapitalgesellschaften N. V.,
B.V. und Fonds
Kapitalgesellschaften S.A., S.P.R.L. und Kapitalgesellschaften S.A. und S.C.A
S.C.A.
Börsennotierung
Nicht erforderlich
erforderlich
Aufsichtsbehörde
Niederländische AMF
(Autoriteit Financiele
Markten), wenn FBI
börsennotiert
Belgische CBFA (Commission Bancaire, Französische AMF (Autorité des
Fianciére et des Assurances)
Marchés Financiers)
Besteuerung bei
Optierung
Voller KSt-Satz von 34,5 auf KSt-Satz von 20,085 % auf die Summe
aufgedeckte stille Reserven der aufgedeckten stillen Reserven und
unrealisierten Kapitalgewinne
Halbierter KSt-Satz von 16,5 % auf die
aufgedeckten stillen Reserven (Basis:
bilanzielles Grundvermögen)
Einkommensstruktur
Erträge aus Vermietung und Erträge aus Vermietung und
Verpachtung des Immobilienbestandes
Verpachtung des
Immobilienbestandes
Erträge aus V. und V. des Immobilienbestandes sowie anderen Aktivitäten wie
etwa der Projektentwicklung (unter
Einschränkungen)
Anzahl
7+(1)
11
13
Marktkapitalisierung,
Mrd. Euro
12,6
3,7
20,0
Anlagebeschränkungen
keine
keine
keine
Beschränkung der
Fremdkapitalaufnahme
60 % des Buchwertes aller
Immobilien sowie 20 % der
weiteren Vermögenswerte
50 % des
Gesamtvermögens/Zinszahlungen
dürfen 80 % der laufenden Einnahmen
nicht übersteigen
keine
Besteuerung der
Gesellschaft
Generelle Befreiung von der Prinzipiell besteht KSt-Pflicht, jedoch
Körperschaftssteuer
sind Mieteinnahmen und Gewinne aus
der Veräußerung von Immobilien nicht
steuerpflichtig
Prinzipiell besteht KSt-Pflicht, jedoch
sind Mieteinnahmen und Gewinne aus
der Veräußerung von Immobilien nicht
steuerpflichtig
Ausschüttungsanforderungen
100 % der steuerpflichtigen
Gewinne
85 % der Erträge aus V & V, 50 % der
Erträge aus der Veräußerung, 100 % der
Erträge von Tochtergesellschaften
80 % des Nettogewinns
erforderlich
Quelle: Nowak/Simon (2005)
Eine Börsennotierung von Immobilien-Investmentgesellschaften ist in Frankreich
und in Belgien im Gegensatz zu den Niederlanden obligatorisch. Das gesetzlich
vorgeschriebene Mindestkapital beläuft sich in Belgien auf 1,5 Mio. Euro und in
Frankreich auf 15 Mio. Euro, was in erster Linie mit den sehr unterschiedlichen Dimensionen dieser beiden Volkswirtschaften zusammenhängen dürfte.
165
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
Weil auch beim Management von Immobilienportfolios – ähnlich wie in anderen Bereichen der Finanzbranche – ein Anreiz zur Steigerung der Eigenkapitalrendite über
die Erhöhung des Fremdkapitalanteils besteht, wurde dem “Leverage“ in mehreren
Ländern bei der Regulierung Rechnung getragen. In den Niederlanden existiert eine
Beschränkung des Fremdkapitalanteils auf 60 % des Buchwertes aller Immobilien
bzw. 20 % aller weiteren Vermögenswerte. In Belgien ist die Aufnahme von Fremdkapital auf 50 % des Gesamtvermögens limitiert. Ferner dürfen die für das Fremdkapital aufgewandten Zinszahlungen 80 % der laufenden Einnahmen nicht übersteigen. In Frankreich hingegen unterliegt die Kreditaufnahme keinerlei Beschränkungen. Des Weiteren sind die Sätze der Körperschaftssteuer, die auf offengelegte stille Reserven entrichtet werden muss, in Frankreich und Belgien mit 16,5 % bzw.
20,085 % merklich niedriger als in den Niederlanden, wo der KSt-Satz bei 35,5 %
liegt. Ferner sind REITs in diesen beiden Ländern prinzipiell körperschaftssteuerpflichtig, jedoch unterliegen Mieteinnahmen und Gewinne aus der Immobilienveräußerung nicht der Besteuerung.
Während sich in Belgien und in Frankreich jeweils räumliche Investitionsschwerpunkte der Immobilienanlagegesellschaften herausgebildet haben, nämlich die beiden Agglomerationen Brüssel und Paris, zeichnet sich die niederländische REITBranche durch eine ausgeprägte geographische Diversifizierung aus. Hierbei ist allerdings der in weiten Teilen der Niederlande sehr hohe Urbanisierungsgrad zu beachten.
Im Vereinigten Königreich konkretisieren sich gegenwärtig auch auf Seiten der politischen Entscheidungsträger Überlegungen über die Etablierung eines “UK-REITs“.
So wurde kürzlich vom britischen Finanzministerium ein Diskussionspapier veröffentlicht, das auf intensiven Konsultationen basiert, in die auch Akteure der Immobilienbranche involviert waren. Auf der Grundlage dieses Papiers zeichnen sich die
künftigen REIT-Strukturen im Vereinigten Königreich deutlich ab. Favorisiert wird für
die betreffenden Gesellschaften der Status einer Closed-ended-Company mit fixem
Grundkapital, was es Anlegern ermöglicht, ihren Kapitalanteil über den Kauf oder
Verkauf von Aktien zu erhöhen bzw. zu verringern. Des Weiteren empfehlen die Autoren des Konzeptpapiers eine Börsennotierung der REITs. Diese ist zum Ersten
der Kapitalanlage von Seiten der Kleinanleger förderlich. Zum Zweiten veranlasst
eine Notierung an der Börse die Immobilienanlagegesellschaften dazu, sich der
Bewertung auf einem breiten und vergleichsweise transparenten Markt auszusetzen
und die hierzu vorgeschriebenen Publizitätspflichten zu erfüllen. Zudem beinhalten
die Vorschläge einen Mindestanteil des Immobilienvermögens am gesamten Gesellschaftsvermögen von 75 %, und zwar ohne Eingrenzung der Nutzungsarten oder der räumlichen Schwerpunktlegung. Ferner sollten den Empfehlungen zufolge
mindestens 75 % der Unternehmenseinnahmen aus Immobilienvermögen resultieren (vgl. HM TREASURY (2005), S. 8 ff).
166
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Auch wenn im Vereinigten Königreich zwischen der Regierung, der Financial Services Authority (FSA) und Vertretern der Immobilienbranche in den vorgenannten
Punkten weitgehend Übereinstimmung herrscht, so bestehen doch hinsichtlich mehrerer Aspekte noch immer Unklarheiten. Dies betrifft vor allem den Größenrahmen
der Aufnahme von Fremdkapital, die steuerliche Behandlung sowie die zulässige
Ausgestaltung von Konzernstrukturen, zumal diese Gesichtspunkte in mehrfacher
Hinsicht zusammenhängen. So will die britische Regierung vermeiden, dass es Immobilienanlagegesellschaften über die Schaffung von komplexen Mutter/TochterGesellschaftsstrukturen gelingt, ihre Steuerlast merklich zu reduzieren. Ähnlich
komplex sind Fragen der Besteuerung ausländischer Aktionäre. Gleichwohl strebt
die britische Regierung an, noch im Laufe des Jahres 2005 eine Gesetzesgrundlage
für REITs zu konstituieren (vgl. NOWAK, M., UND G. SIMON (2005), S. 14-19).
In der Diskussion über einen Regulierungsrahmen für REITs spielen darüber hinaus
Aspekte der Wettbewerbspolitik eine bedeutende Rolle. Insbesondere gilt dies für
die USA, die einen sehr weit entwickelten Markt für Immobilienanlagegesellschaften
aufweisen, mit den entsprechenden Tendenzen zu immer größeren Unternehmen.
In diesem Zusammenhang wird die Frage nach einer fortwährend zunehmenden
Konzentration auf dem US-amerikanischen Markt für REITs schon seit längerem
kontrovers diskutiert. Eine derartige Konzentration hätte gegebenenfalls unterschiedliche Folgewirkungen. Erstens verringern sich für die Investoren die Wahlmöglichkeiten zwischen einzelnen Immobilienanlagegesellschaften, was beim Vorhandensein von Marktmacht unter Umständen die Konditionen der Kapitalanlage
tangieren würde. Zweitens geht die Anzahl der Nachfrager auf den Immobilienmärkten zurück, was unter Umständen eine Senkung der Immobilienpreise zur Folge hätte.
Auch wenn gegenwärtig die gesamte Marktkapitalisierung der REITs in den USA
etwa 14-mal so hoch ist wie in Frankreich, so soll doch nachfolgend vor dem Hintergrund der Wettbewerbsproblematik ein Vergleich der jeweiligen Marktstrukturen in
beiden Ländern angestellt werden (vergl. Tabelle 41). Rückschlüsse über die Marktkonzentration lassen sich etwa aus einem Vergleich der Anteile der fünf von der
Kapitalisierung her größten Gesellschaften ziehen. In Frankreich, wo trotz der im
innereuropäischen Vergleich höchsten aggregierten Marktkapitalisierung lediglich
13 REITs am Markt sind, beträgt der Gesamtanteil der fünf größten Gesellschaften
gut 80 %.
167
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
Tabelle 41: Die in Bezug auf die Marktkapitalisierung bedeutensten
Immobilienanlagesellschaften in den USA, Frankreich und Deutschland, 2005
USA
Gesellschaft (REITs)
Vorrangiges
Marksegment
Marktkapitalisierung,
Mrd. US-$ 1)
Anteil an der gesamten
Marktkapitalisierung in v. H. 1)
Simon Property Group, Inc.
Einzelhandel
13,391
4,9
Equity Office Properties Trust
Büro
12,140
4,4
Vornado Realty Trust
Gemischt
8,707
3,2
General Growth Properties, Inc.
Einzelhandel
7,458
2,7
Equity Residential
Wohnen
9,025
3,3
Frankreich
Gesellschaft (REITs)
Vorrangiges
Marktsegment
Marktkapitalisierung,
Mrd. US-$ 1)
Anteil an der gesamten
Marktkapitalisierung in v. H. 1)
Gecina
Gewerbe/ Wohnen
7,055
27,2
Uniball
Büro/Einzelhandel
5,592
21,6
Klepierre
Einzelhandel
4,297
16,6
Societe Foncière Lyonnaise
Büro
2,314
8,9
Silic
Büro/Gemischt
1,659
6,4
Deutschland
Gesellschaft (nichtsteuerbegünstigte AG)
Vorrangiges
Marktsegment
Marktkapitalisierung,
Mrd. US-$ 2)
Anteil an der gesamten
Marktkapitalisierung in v. H. 2)
IVG Immobilien AG
Büro/Gewerbe
2,166
48,9
Deutsche Wohnen AG
Wohnen
0,943
21,3
Deutsche Euroshop AG
Einzelhandel
0,873
19,7
Vivacon AG
Wohnungen
0,272
6,1
AIG Interrnational Real Estate
Wohnungen/Büro
0,117
2,6
1)
Stand April 2005.
2)
Stand Juni 2005.
Quelle: Mitropoulos (2005), NAREIT (2005), Nowak/Simon (2005).
Hingegen vereinen auf dem sehr breiten und diversifizierten Markt in den USA die
fünf größten Unternehmen in der Summe nur einen Anteil von 18 % auf sich. Allerdings übertreffen die jeweiligen US-amerikanischen Gesellschaften die französischen von der Dimension her um ein mehrfaches. So ist die Marktkapitalisierung
des größten US-amerikanischen REIT – der Simon Property Group – etwa dreimal
so groß wie diejenige des größten französischen REIT – der Groupe Gecina. Im
Falle der jeweils fünftplazierten Gesellschaften – nämlich der Equity Residential und
168
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
der Groupe Silic – beläuft sich das analoge Größenverhältnis sogar auf das Zehnfache.
Ebenfalls in der Tabelle abgebildet ist das Marktsegment börsennotierter Immobilien-AGs in Deutschland, die nicht in einer REIT-Struktur operieren. Dieses wird
sehr stark von drei Gesellschaften dominiert, die in der Summe 90 % der gesamten
Marktkapitalisierung auf sich vereinen. Auf die fünf größten AGs entfallen nahezu
99 % der Kapitalisierung. Im Falle einer Einführung von REITs in Deutschland käme
es jedoch aller Voraussicht nach zu einem Wandel in der Marktstruktur.
Falls sich die REIT-Branche tatsächlich durch eine zunehmende Unternehmenskonzentration auszeichnete, wäre dies auch für die in Europa ansässigen Immobilienaktiengesellschaften von Relevanz. Gegebenenfalls müsste die Thematik der
Wettbewerbserhaltung dann wohl auch hierzulande diskutiert werden. CHANDRASHEKARAN und YOUNG (Vgl. CHANDRASHEKARAN, V. und M. S. YOUNG (1999), S. 1-8)
belegen allerdings im Hinblick auf die Marktstruktur anhand unterschiedlicher Konzentrationsmaße, dass im Laufe der 1990er Jahre die Konzentration innerhalb der
US-amerikanischen REIT-Branche nur unwesentlich zugenommen hat. Zudem waren in den fünf von den Autoren berücksichtigten Jahren (1990, 1992, 1994, 1996,
1998) der jeweilige Grad der Konzentration der Marktkapitalisierung wie auch der
Buchwert des Anlagevermögens in dieser Branche doch deutlich niedriger als in
anderen Wirtschaftsbereichen. Genannt seien hier etwa die Automobilhersteller oder der Bankensektor.
Vor dem Hintergrund der in anderen Ländern zu beobachtenden dynamischen Entwicklung steuerbegünstigter Immobilienanlagegesellschaften wird auch in Deutschland intensiv über die Konstituierung eines Regulierungsrahmens diskutiert. Laut
den Beschlüssen der hessischen Landesregierung bei der Kabinettssitzung am
17. Januar 2005 sollten bei der Einführung von REITs folgende Eckpunkte Beachtung finden:
• Börsennotierung von REITs;
• Weitgehende Steuerbefreiung von REITs: Die Erträge sollen beim Anleger so
besteuert werden, als ob er sie als Direktanleger erzielt hätte;
• Vermeidung von Steuerschlupflöchern, insbesondere bei internationalen Verflechtungen;
• Vermeidung unverhältnismäßiger Reglementierungen (vgl. BUNDESRAT (2005)).
Die Empfehlungen der Initiative Finanzstandort Deutschland zur Etablierung von
REITs in Deutschland gehen in eine ähnliche Richtung wie die vom britischen Finanzministerium vorgestellten Konzeptvorschläge. Den von der IFD geäußerten
Vorstellungen zufolge sollten 75 % des Gesellschaftsvermögens in Immobilien in-
169
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
vestiert sein und 75 % der Bruttoerträge eines REITs aus der Vermietung und Verpachtung bzw. der Veräußerung von Immobilien stammen. Die angestrebte Ausschüttungsquote liegt bei 90 %. Um einen Anreiz zur Mobilisierung von stillen Reserven zu geben, ist eine Reduzierung der gesamten Steuerbelastung (Körperschaftssteuer, Gewerbesteuer) auf etwa 20 % vorgesehen. Von der IFD werden
ebenfalls eine obligatorische Börsennotierung und eine Orientierung an den Bilanzierungsregeln gemäß IFRS empfohlen. Eine Beschränkung des Einsatzes von
Fremdkapital ist nicht geplant (INITIATIVE FINANZSTANDORT DEUTSCHLAND (2005b)).
Im Fazit sind aus der Einführung von REITs in Deutschland für den Finanzplatz
Frankfurt in mehrfacher Hinsicht erhebliche Entwicklungsschübe zu erwarten. Dies
lässt sich vor allem damit begründen, dass sich Deutschland hinsichtlich des Anlagevermögens durch den größten Immobilienmarkt in Europa auszeichnet und seit
langem etablierte Kapitalanlagegesellschaften aufweist, die in sehr unterschiedlich
diversifizierte Immobilienfonds investieren. Auch wurden die gesetzlichen Grundlagen für Kapitalanlagegesellschaften, die auf Immobilien spezialisiert sind, bereits
1957 im Rahmen des Kapitalanlagegesetzes konstituiert und im Jahre 2003 mit
dem Investmentgesetz und dem Investmentmodernisierungsgesetz modifiziert. Auf
dieser Gesetzesgrundlage konnte sich in den vergangenen fünf Jahrzehnten eine
professionelle und ertragsorientierte Immobilienbewirtschaftung herausbilden.
Zudem lässt das in anderen Ländern beobachtete dynamische Wachstum der REITBranche darauf schließen, dass in Deutschland durchaus eine ähnlich verlaufende
Entwicklung zu erwarten ist. Gleichwohl sind die Gegebenheiten der Immobilienmärkte in anderen Ländern, in denen bislang REIT-Strukturen etabliert worden sind,
nur zum Teil auf die deutsche Immobilienwirtschaft übertragbar. So nimmt der Immobiliensektor in den USA allein schon aufgrund seiner Größe und der dortigen politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen eine weltweite Sonderposition
ein. Bei Belgien und den Niederlanden handelt es sich wiederum um relativ kleine
und stark urbanisierte Länder, die eine ausgeprägte räumliche Verdichtung immobilienwirtschaftlicher Aktivitäten aufweisen. In Frankreich fokussieren die REITs ihre
Immobilienanlage im Wesentlichen auf zwei wirtschaftliche Großräume, nämlich auf
die Ile de France und, mit weitem Abstand, auf den Großraum Lyon. Im Vergleich
hierzu ist der deutsche Immobilienmarkt in geographischer Hinsicht wesentlich stärker dispergiert und konzentriert sich – insbesondere im Bereich der Büronutzung –
auf mehrere Agglomerationen, deren jeweilige regionalwirtschaftliche Entwicklung
aufgrund struktureller Disparitäten sehr unterschiedlich verläuft. Hieran müssen sich
auch die Manager der Immobilienportfolios im Rahmen ihrer Risiko/ErtragsKalkulationen orientieren.
Ein besonderes Augenmerk sollten die politischen Akteure in Deutschland auf die
Entwicklung im Vereinigten Königreich richten, denn die dortigen Immobilienmärkte
sind in vielerlei Hinsicht durchaus mit denjenigen in Deutschland vergleichbar, ins170
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
besondere was ihre Dimensionen anbelangt. In ähnlicher Weise gilt dies für ihre
raumwirtschaftliche Streuung, auch wenn im Vereinigten Königreich ein deutlicher
Fokus der Immobilienbewirtschaftung auf dem südenglischen Ballungsraum liegt.
Weil die britische Regierung noch im Laufe des Jahres 2005 den Regulierungsrahmen für einen UK-REIT erarbeitet haben möchte, liegt auch für den deutschen Gesetzgeber ein erheblicher politischer Handlungsdruck vor. Zudem wird gegenwärtig
in den Niederlanden intensiv über eine Reform der dortigen REIT-Struktur diskutiert.
Hierbei geht es etwa um eine Öffnung des Marktes für ausländische Investoren und
eine Lockerung der Vorschriften über die Dividendenausschüttung. Mit Sicherheit
kann der deutsche Gesetzgeber gerade die in den Niederlanden gemachten Erfahrungen mit Immoblienaktiengesellschaften bei der Konstituierung eines Regulierungsrahmens für REITs umsetzen.
1.4
Beteiligungskapital als Instrument zur Unternehmensfinanzierung
Der Markt für Beteiligungskapital (Private Equity) ist gerade in jüngerer Zeit auch in
Deutschland wieder in den Mittelpunkt des allgemeinen Interesses gerückt. Einen
Anlass hierzu hat beispielsweise der mittlerweile beschlossene Verkauf des Berliner
Verlags an zwei Finanzinvestoren geboten. Beteiligungskapital ist vornehmlich dort
von Relevanz, wo es um besonders risikoreiche und kapitalintensive Investitionen
geht, für die eine Finanzierung über Bankkredite oder Schuldverschreibungen kaum
in Frage kommt.
Letztlich beruht der Markt für Beteiligungskapital auf einer Mischung aus Elementen
eines kapitalmarktbasierten ebenso wie eines bankenbasierten Finanzsystems. Zu
nennen sind hier auch die so genannten „Mezzanine-Finanzierungsinstrumente“, die
von ihrer Funktion her zwischen dem reinen Eigenkapital und dem reinen Fremdkapital einzuordnen sind. Hierbei handelt es sich beispielsweise um Genussscheine,
stille Beteiligungen, Gesellschafterdarlehen oder Vorzugsaktien. Im Vergleich zur
langfristig orientierten Geschäftsbeziehung zwischen einer Bank und einem Firmenkunden orientiert sich das Engagement von Beteiligungsgesellschaften eher an mittelfristigen Motiven, woraus sich – gerade im Hinblick auf die im konkreten Fall involvierten Unternehmensleitungen und Belegschaften – ganz spezifische und unter
Umständen auch sehr heftige Interessenkonflikte ergeben. So waren etwa im Jahre
2004 in Deutschland etwa 600.000 Beschäftigte von Unternehmensaufkäufen durch
Private Equity-Gesellschaften betroffen (vgl. FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG
(27.10.05), S. 21; KFW (2005b), S. 67-85).
Innerhalb Europas hat der Markt für Private Equity vor allem im Zuge der Einführung
des Euro eine deutliche Belebung erfahren, zu der jedoch auch der Technologieboom gegen Ende der 1990er Jahre erheblich beitrug (siehe Abbildung 23). Während der jüngeren Vergangenheit beliefen sich die jährlich eingeworbenen Finanz171
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
mittel auf etwa 28 Mrd. Euro. Das jährliche Transaktionsvolumen der MezzanineFinanzierungen lag bei etwa 5-6 Mrd. Euro. Darüber hinaus war in den Jahren 2003
und 2004 ein Überhang des investierten Kapitals in Relation zu den eingeworbenen
Finanzmitteln festzustellen, was auf eine weitere Marktbelebung schließen lässt. Offenbar existierte bis dahin in Europa nur ein begrenztes Reservoir an lohnenswerten
Investitionsobjekten, so dass ein Großteil des von den Anlegern akquirierten Kapitals in außereuropäische Märkte floss (vgl. EUROPEAN PRIVATE EQUITY AND VENTURE
CAPITAL ASSOCIATION (2005); KFW (2005a).
Auch wenn sich gegenwärtig das Geschäftsklima auf dem Markt für Beteiligungskapital in Deutschland durchaus positiv darstellt, so werden doch im Vergleich zu anderen Ländern beachtliche Unterschiede hinsichtlich des Investitionsvolumens deutlich (siehe Abbildungen 22 und 23). Während sich nämlich im Jahre 2004 gemäß
den Angaben der European Venture Capital Association die im Vereinigten Königreich und in Schweden getätigten Private Equity-Investitionen auf 1,1 % bzw. 0,6 %
des BIP beliefen, lag der analoge Anteilswert in Deutschland bei gerade einmal
0,2 %. Im Vergleich zu den außereuropäischen Märkten werden ebenfalls erhebliche Unterschiede deutlich. So lag etwa im Jahre 2004 das Gesamtvolumen der von
Private Equity-Gesellschaften getätigten Investitionen in den USA bei 21 Mrd. US-$
und in der EU bei 46 Mrd. US-$ (vgl. NATIONAL VENTURE CAPITAL ASSOCIATION
(2005).
Abbildung 21: Die Entwicklung des Private Equity-Marktes innerhalb der EU, 1995 bis 2004
Mrd. Euro
50
40
30
Fundraising
20
Investiertes
Fondskapital
10
0
1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004
Quelle: EVCA (2005), Statistics Private Equity.
172
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Was die regionalen Schwerpunkte der Private Equity-Aktivitäten innerhalb der EU
anbelangt, so entfiel im Jahre 2004 auf das Vereinigte Königreich gut die Hälfte aller
investierten Finanzmittel. Frankreich konnte 16 % des Beteiligungskapitals auf sich
vereinen, während Deutschland einen Anteil von 10 % aufwies (vgl. EUROPÄISCHE
ZENTRALBANK (2005c), S. 22-23). Von den gegenwärtig rund 200 Mitgliedsunternehmen des Bundesverbands deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften haben
rund 40 ihren Sitz im Rhein-Main-Gebiet. Hierunter sind auch eine Reihe an Unternehmen ausländischer Provenienz zu nennen, so etwa Tochtergesellschaften der
ABN-Amro Bank, der Axa-Versicherungen oder der 3i-Gruppe. Weitere bedeutende
Zentren sind München und der Großraum Rhein-Ruhr mit jeweils rund 30 Gesellschaften. Die geographische Verteilung der investierten Kapitalmittel konzentriert
sich derzeit allerdings auf vornehmlich auf Bayern und Nordrhein-Westfalen (jeweils
28 % des Investitionsvolumens in 2004), Baden-Württemberg (16 %) sowie Niedersachsen (14 %). Hinsichtlich der Anzahl der Unternehmen lagen im Jahre 2004 die
Schwerpunkte in Baden-Württemberg 819 (Unternehmen) und Bayern (177 Unternehmen). Somit erfolgen die getätigten Investitionen zwar mehrheitlich außerhalb
Hessens, die operierenden Private Equity-Gesellschaften sind jedoch zum großen
Teil im Rhein-Main-Gebiet ansässig (vgl. BUNDESVERBAND DEUTSCHER KAPITALBETEILIGUNGSGESELLSCHAFTEN (2005).
Abbildung 22: Private Equity- Investitionen (in v. H. des BIP) in ausgewählten europäischen
Ländern 2004
UK
Schweden
Frankreich
Niederlande
Spanien
Dänemark
Deutschland
Italien
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
1,2
v. H.
Quelle: EVCA (2005), Statistics Private Equity.
173
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
Die derzeitige Debatte über die volkswirtschaftlichen Implikationen von Kapitalbeteiligungsgesellschaften entzündet sich in erster Linie an den so genannten Buy-outInvestitionen, auf die im Jahre 2004 fast drei Viertel des gesamten Finanzvolumens
entfallen sind (siehe Abbildung 23). Allerdings stellt sich der Markt für Beteiligungskapital weitaus vielschichtiger dar, denn er umfasst auch Segmente wie Gründungs(“Seed“) bzw. Wachstumsfinanzierungen (“Expansion“).
Abbildung 23: Struktur der innerhalb der EU getätigten Private Equity- Investitionen, bezogen
auf ausgewählte Länder bzw. Finanzierungsphasen
Regional
Finanzierungsphasen
3%
UK
12%
5%
Frankreich
6%
Buyout
21%
Seed
Deutschland
51%
10%
Spanien
Niederlande
16%
Andere
Start-up
6%
0%
Expansion
70%
Replacement
Capital
Quelle: EVCA (2005), Statistics Private Equity.
Alles in allem erfüllt die Private Equity-Branche mehrere bedeutende volkswirtschaftliche Funktionen. Zum ersten dient sie vor allem solchen Unternehmen als
wertvolle Finanzierungsquelle, die sich noch in ihrer Gründungsphase befinden und
sich durch lukrative Gewinnperspektiven, jedoch auch durch hohe Ertragsrisiken
auszeichnen. Eine wichtige Rolle spielen Kapitalbeteiligungsgesellschaften zudem
bei Unternehmensumstrukturierungen, wobei sie i. d. R. eigene ManagementVorstellungen und fach- bzw. branchenbezogenes Know-how mit einbringen. Wesentlich für die Weiterentwicklung der Märkte für Wagniskapital ist vor allem das Ineinandergreifen der informellen, institutionalisierten und schließlich börsenbasierten
Finanzierungsformen, die in den einzelnen Entwicklungsphasen eines Unternehmens von ganz unterschiedlicher Bedeutung sind (vgl. DEUTSCHE BUNDESBANK
(2000a), S. 14-29). Das Ziel der Beteiligungsgesellschaften besteht letztlich darin,
nach einer Erhöhung des Unternehmenswertes aus dem betreffenden Finanzierungsengagement wieder auszusteigen, so etwa nach einem Börsengang. Die infolge des Beteiligungsverkaufs freigewordenen Finanzmittel stehen dann wieder für
neue gewinnträchtige Investitionsvorhaben zur Verfügung. Allerdings sollte bei einer
Analyse der Private Equity-Branche auch beachtet werden, dass die involvierten Finanzierungsgesellschaften i. d. R. nur kapitalkräftigen Großanlegern den Einstieg in
174
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
ihre Beteiligungsfonds ermöglichen. In Deutschland ist gleichwohl ein wachsendes
Zukunftspotenzial an Private Equity-Finanzierungen allein schon deswegen wahrscheinlich, weil hierzulande das Volumen dieser Finanzierungsform im Vergleich zur
Wirtschaftsleistung noch vergleichsweise gering ist. Weil die Private EquityGesellschaften bzw. -Experten ihren Standort zu einem großen Teil am Finanzplatz
Frankfurt haben, sind positive Entwicklungsimpulse aus diesem Geschäftsfeld zu
erwarten.
1.5
Kreditderivate und Kreditverbriefungen
Finanzprodukte, die auf dem Transfer von Kreditrisiken basieren, existieren auf den
Kapitalmärkten in unterschiedlichsten Formen zumindest schon seit den 1970er
Jahren, als sich zunächst die Syndizierung von Darlehen und hierauf folgend die
Kreditverbriefung etablierte. Eine weit längere Tradition hat der Risikotransfer über
Kreditversicherungen oder über herkömmliche Sicherheiten wie Bürgschaften und
Garantien. Die gegenwärtige Entwicklung des Handels mit Kreditrisiken wird auf
längere Sicht mit Sicherheit zu einer nachhaltigen strukturellen Veränderung des
Bankgeschäfts führen. Einerseits kann der Kreditrisikotransfer einen erheblichen
Beitrag zur Robustheit des Finanzsystems leisten, denn eine breitere Verteilung von
Kreditrisiken verbessert insgesamt die Fähigkeit eines Finanzsystems, Schocks zu
absorbieren. Andererseits können aufgrund der Zunahme der Wirkungskanäle auf
den Finanzmärkten über den Transfer von Kreditrisiken zusätzliche Risiken entstehen (vgl. DEUTSCHE BUNDESBANK (2004i), S. 43-58).
Die Produktvielfalt des Kreditrisikotransfers (Credit Risk Transfer bzw. CRT) ergibt
sich im Wesentlichen aus der Möglichkeit, Risiken nicht nur voneinander zu isolieren, sondern auch gezielt neu zusammenzustellen. Der eigentliche Transfer von
Kreditrisiken vollzieht sich dadurch, dass ein Gläubiger als Sicherungsnehmer von
einem ursprünglichen Finanzierungsvorgang das Kreditrisiko ablöst und es an einen
Dritten, den Sicherungsgeber, überträgt. Werden einzelne Risiken gehandelt (oder
ein Korb mit einer eng begrenzten Anzahl von Einzelrisiken), so erfolgt dies über
Kreditderivate. Das vom Marktvolumen her bedeutendste Kreditderivat ist der Credit Default Swap (CDS), mit dem das Adressenausfallrisiko an einen Sicherungsgeber transferiert wird, der jedoch auch als Instrument zur Sicherung gegen
Spreadrisiken dienen kann. In der spezifischen Variante eines Total Return Swaps
(TRS) hat ein Kreditderivat das gesamte wirtschaftliche Risiko einer Kreditbeziehung zum Gegenstand. Bei der Variante der Credit Linked Notes (CLN) handelt es
sich um von Seiten des Sicherungsnehmers emittierte Anleihen, deren Rückzahlungsbetrag vom Eintritt des Kreditereignisses abhängt.
Bindet ein Kreditgeber eine Vielzahl von Kreditbeziehungen zu einem Sondervermögen zusammen, um das Kreditrisiko zu separieren und weiterzureichen, so han175
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
delt es sich um eine Verbriefungsstruktur. Während Finanzinstitute Kreditderivate in
erster Linie zur Vermeidung von Klumpenrisiken einsetzen, transferieren sie bei
Verbriefungen Risiken aus größeren Kreditportfolios, die bereits eine erhebliche
Diversifizierung aufweisen. Diese Transferinstrumente lassen sich aufgrund ihrer
grundsätzlichen Eigenschaften der Kategorie der Strukturierten Produkte zuordnen.
Für Verbriefungen existieren zahlreiche Strukturen und Produktkategorien. Im konkreten Fall transferiert eine Bank das Kreditrisiko aus dem Sondervermögen, das
der Verbriefung zu Grunde liegt, an eine zu diesem Zweck gegründete Finanzierungsgesellschaft. In Form von Asset Backed Securities (ABS) erfolgt dies über
die Bündelung einer Vielzahl jeweils homogener Einzeltitel, so zum Beispiel Forderungen aus Kreditkarten- oder Leasinggeschäften. Die mittlerweile ebenfalls bedeutsamen Collaterized Debt Obligations (CDO) umfassen hingegen i. d. R. weniger, jedoch heterogenere Einzeltitel, wobei es sich zumeist um Forderungen an
Unternehmen handelt. Eine True-Sale-Verbriefung liegt dann vor, wenn die involvierte Gläubigerbank ihre Forderungen inklusive der Ausfallrisiken an eine Zweckgesellschaft veräußert (vgl. DEUTSCHE BUNDESBANK (2004e), S. 27-469.
Bei den Märkten für Verbriefungen und Kreditderivate handelt es sich um global verflochtene Märkte, auf denen in erster Linie Banken, jedoch auch Investmentfonds,
Rückversicherer und Kreditversicherungen ebenso wie Hedgefonds und größere
nichtfinanzielle Unternehmungen operieren. Die an den Märkten partizipierenden
Kontrahenten sind häufig in unterschiedlichen Ländern angesiedelt. Gegen Ende
des Jahres 2003 entfielen weltweit 80 % der Geberpositionen und 90 % der Nehmerpositionen auf Banken, während die Anteile der Versicherungen 9 % bzw. 4 %
betrugen (vgl. FITCH RATINGS (2004)).
Was das Geschäftsvolumen anbelangt, so belief sich zur Mitte des Jahre 2005 der
weltweite Gesamtwert allein der CDS auf schätzungsweise 12,4 Billionen US-$,
verglichen mit 1,8 Billionen US-$ zur Mitte des Jahre 2001 (siehe Abbildung 26).
Demnach ist der Markt für Kreditderivate – so etwa im Vergleich zum Markt für
Zinsderivate – zwar immer noch klein, er zeichnet sich jedoch, sicherlich auch begründet in einem geringeren Ausgangsniveau, durch eine weit höhere Dynamik auf.
In dem hier untersuchten Zeitraum hat sich das Gesamtvolumen der CDS in Relation zum Anfangswert nahezu verzwanzigfacht, während sich das aggregierte Volumen der Zins-Swaps und Währungs-Swaps verdreieinhalbfacht hat (vgl. INTERNATIONAL SWAPS AND DERIVATIVES ASSOCIATION (2005)).
Detaillierte Einblicke in die europäischen Märkte für Kreditderivate und Kreditverbriefungen lassen sich aus einer Studie der Europäischen Zentralbank gewinnen,
die im Herbst 2003 in Kooperation mit den Zentralbanken der EU-Länder durchge-
176
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
führt wurde.23 Im Rahmen dieser Untersuchung wurden zahlreiche europäische
Kreditinstitute zum Geschäftsfeld des Kreditrisikotransfers befragt. Hierbei stellte
sich heraus, dass innerhalb der EU-Länder der Handel mit Kreditrisiken in deutlich
unterschiedlichem Ausmaß etabliert ist. Bei den involvierten Banken spiegelt sich
dies im Größenverhältnis zwischen den transferierten Positionen und dem Kreditvolumen wider (vgl. Tabelle 42).
Abbildung 24: Entwicklung des weltweiten Volumens an Kreditderivaten*
Kapitalisierung, Mrd. US-$
14.000
12.000
10.000
8.000
6.000
4.000
2.000
0
Jun.
2001
Dez.
2001
Jun.
2002
Dez.
2002
Jun.
2003
Dez.
2003
Jun.
2004
Dez.
2004
Jun.
2005
* Wert der bestehenden Kontrakte, jeweils zum Monatsende.
Quelle: International Swaps and Derivatives Association (2005).
Für die Mehrzahl der befragten Geschäftsbanken stellt der Transfer von Kreditrisiken ein eher unbedeutendes Geschäftsfeld dar. Allerdings finden sich gegenwärtig
in Frankreich, Deutschland und dem Vereinigten Königreich insgesamt etwa 10
Großbanken, die sich auf den weltweiten CRT-Märkten betätigen.
23 Vgl zu den nachfolgenden Ausführungen insbesondere Europäische Zentralbank (2004a).
177
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
Tabelle 42: Relative Bedeutung des Kreditrisikotransfers für Kreditinstitute in der EU
Sicherungsnehmerposition, GeschäftsSicherungsgeberposition, Geschäftsvolumen, Anteil am Kreditvolumen in v. H. volumen, Anteil am Kreditvolumen in v. H.
Kreditderivate
Deutschland 1)
Frankreich
Strukturierte Produkte
7,8
Kreditderivate
Strukturierte Produkte
8,7
10
0,6-12,9
0,2-1,5
0,3-9,6
0,1-8,5
Irland
0,13 -4
1-10
0,6-7
0,2-0,6
Italien
0,5-5
0-6,5
0,1-5
0,2-7,5
0,5
0,5-1
1,7
1,5-2,5
Portugal
5-30
2-3
Spanien
3-15
Luxemburg
1)
n. v.
Anzahl der befragten
Kreditinstitute
3
Sicherungsnehmer: 6
Sicherungsgeber: 9
4
Branchenschätzung
4
4
Im Durchschnitt der befragten Kreditinstitute.
Quelle: Europäische Zentralbank (2004a).
Gut 80 % des von den befragten Banken ausgewiesenen Transaktionsvolumens
entfallen auf Transferbeziehungen, bei denen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer in jeweils unterschiedlichen Ländern ansässig sind. Der vom Geschäftsvolumen her bedeutendste europäische Standort für den Handel mit Kreditrisiken ist
der Finanzplatz London. Banken, die sich durch besonders umfangreiche Größenrelationen aufweisen, finden sich jedoch auch in Spanien und Portugal. Demgegenüber engagieren sich die Banken in Luxemburg und in Irland bezogen auf ihr Kreditvolumen nur in vergleichsweise geringem Maße im Transfer von Kreditrisiken. Die
französischen und die deutschen Banken nehmen diesbezüglich eine mittlere Position ein (EUROPÄISCHE ZENTRALBANK (2004a)).
Der Anteil deutscher Banken am weltweiten Gesamtmarkt für Kreditrisikotransfers
ist vergleichsweise gering. Ende 2003 lag das betreffende Geschäftsvolumen bei
566 Mrd. Euro, wovon 303 Mrd. Euro auf Sicherungsgeberpositionen und 263 Mrd.
Euro auf Sicherungsnehmerpositionen entfielen. Damit entsprachen die Sicherungsgeberpositionen 8 % und die Sicherungsnehmerpositionen 7 % des Kreditvolumens der involvierten Geschäftsbanken. Die hier bezifferten Positionen beziehen
sich allerdings auf den Nominalwert des zugrundeliegenden Geschäftsvolumens,
der in der Regel weit über dem tatsächlichen Marktwert der Geschäfte liegt. Mit einem Anteil am Transaktionsvolumen der deutschen Banken von knapp 90 % haben
unter den eingesetzten Instrumenten die Credit Default Swaps das größte Gewicht,
während auf Credit Linked Notes und auf Total Return Swaps jeweils etwa 5 % der
Geschäftspositionen entfallen. Die deutliche Dominanz der Credit Default Swaps
liegt vor allem darin begründet, dass diese Instrumente auf den weltweiten Finanz178
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
märkten am längsten etabliert und zudem weitgehend standardisiert sind (vgl. DEUTSCHE BUNDESBANK (2004d), S. 27-46).
Zum weit überwiegenden Teil handelt es sich beim Handel von Kreditrisiken um einen Interbankenmarkt, denn als Kontrahenten der deutschen Banken fungieren zu
etwa zwei Dritteln ausländische Banken und zu einem guten Zehntel inländische
Banken. Das restliche Transfervolumen verteilt sich zu ungefähr gleichen Teilen auf
Versicherer, Hedgefonds und sonstige Unternehmen. Was die Struktur der zugrundeliegenden Kreditbeziehungen betrifft, so weisen die betreffenden Referenzaktiva
größtenteils Teil eine gute bis sehr gute Bonität aus. Zudem fällt die ausgeprägt internationale Ausrichtung auf, jedoch kann man diesbezüglich merkliche Unterschiede zwischen den einzelnen Bankengruppen erkennen. So hielten sich Ende 2003
bei den deutschen Großbanken europäische und amerikanische Referenzaktiva etwa die Waage. Hingegen weisen die Zentralinstitute ein Übergewicht der europäischen Referenzaktiva auf. Bei den Großbanken waren die Forderungen an Unternehmen mit einem Anteil an den Aktiva von 79 % am bedeutsamsten, mit weitem
Abstand gefolgt von den Forderungen an den Finanzsektor (9 %), den Hypothekarkrediten und den Forderungen an die Öffentliche Hand (siehe Abbildung 25). Zudem
existiert nur eine geringe regionale Differenzierung. Die Zentralinstitute zeichnen
sich durch eine andere Struktur der Referenzaktiva aus. Bei ihnen entfallen nämlich
auf die Kredite an Unternehmen 45 % und auf Hypothekarkredite 32 %. Die Ausleihungen an den Finanzsektor haben mit einem Anteil von 17 % ebenfalls ein merklich höheres Gewicht (vgl. DEUTSCHE BUNDESBANK (2004c), a. a. O.).
Abbildung 25: Struktur der Referenzaktiva von Kreditderivaten in Deutschland
(Sicherungsgeberpositionen), 2003
Staaten
Großbanken
9%
7%
5%
Unternehmen
Banken und
Versicherungen
79%
Hypothekar- und
sonstige
Zentralinstitute
23%
8%
8%
61%
Quelle: Deutsche Bundesbank (2004d).
Darüber hinaus weisen die deutschen Zentralinstitute eine im Vergleich zwischen
den einzelnen Kategorien durchaus unterschiedliche regionale Diversifizierung der
Referenzaktiva aus. Dass bei den Zentralinstituten für die europäischen Referenz-
179
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
aktiva eine deutlich geringere Proportion der Hypothekarkredite festzustellen ist als
für die amerikanischen, lässt sich mit den spezifischen Bedingungen auf den deutschen Wertpapiermärkten erklären. Hierzulande existiert nämlich mit dem Pfandbrief ein sehr gängiges Finanzierungsinstrument, das den Zentralinstituten schon
seit langem ein umfangreiches Engagement auf den europäischen Märkten für Hypothekarforderungen ermöglicht. Ob sich die im neuen Pfandbriefgesetz vorgesehene Öffnung des Pfandbriefgeschäfts auf die privaten Großbanken in eine ähnliche
Richtung auswirken wird, bleibt abzuwarten. Aus demselben Grunde ist derzeit auch
kaum abzusehen, ob die jüngste Verbriefungsinitiative der deutschen Kreditwirtschaft tatsächlich zu einer Ausweitung der True-Sale-Verbriefungen führen wird. In
Zukunft wird der sich dynamisch entwickelnde Handel mit Kreditrisiken allerdings
nicht allein eine Finanzierungsfunktion erfüllen, sondern vor allem auch eine wichtige Rolle als Indikator für Kreditrisiken spielen. So gelten Kreditderivate schon heute
als unverzichtbare Instrumente zur Preisfindung auf den Kreditmärkten und leisten
somit einen wichtigen Beitrag zur Früherkennung von Finanzmarktrisiken.
1.6
Fazit und Ausblick
Die vorstehenden Ausführungen machen deutlich, dass sich am Finanzplatz Frankfurt während der vergangenen zwei Jahrzehnte innerhalb der Produktpalette merkliche Strukturverlagerungen vollzogen haben. Diese erfolgten nicht allein zwischen
den einzelnen Kategorien von Finanzprodukten, sondern auch innerhalb dieser Kategorien. Beispiele hierfür sind bei den festverzinslichen Wertpapieren die Verlagerung in Richtung langlaufende Anleihen oder die Expansion des Geschäfts mit Industrieobligationen. Wesentliche Triebkräfte für die beobachteten Veränderungsprozesse waren die Forcierung der Faktorproduktivität über den technologischen
Fortschritt, die zunehmende Standardisierung bzw. Industrialisierung einzelner Produktsegmente und die Vergrößerung der Märkte bei gleichzeitiger Steigerung der
Wettbewerbsintensität.
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass der Finanzplatz Frankfurt in ganz unterschiedlicher Weise mit anderen Finanzzentren um die Ansiedlung von neuen Geschäftsfeldern der Finanzbranche konkurriert. In einigen Marktsegmenten wie etwa dem Investment Banking steht Frankfurt vornehmlich in einem Wettbewerb mit London. In
anderen Geschäftsfeldern wiederum, wie beispielsweise der Vermögensverwaltung,
besteht eine ausgeprägte Konkurrenz zu Luxemburg. In nahezu sämtlichen der gegenwärtig erörterten Produktsegmente ist der Finanzplatz Frankfurt hinsichtlich seiner Innovationskraft wohl eher als „Nachzügler“ einzuordnen. Die betreffenden Finanzprodukte sind zum weit überwiegenden Teil in anderen Ländern seit Jahrzehnten etabliert. Anzuführen sind hier beispielsweise Real Estate Investment Trusts,
Hedgefonds oder Instrumente des Kreditrisikotransfers. Im Vergleich zu den USA
beläuft sich der zeitliche Rückstand nicht selten sogar auf vierzig bis fünfzig Jahre.
180
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
In weiten Teilen des Finanzwesens ist eine ausgeprägte Spezialisierung zu verzeichnen, was sich vor allem in einer gezielten Diversifizierung einzelner Produktkategorien nach Ertrags- und Risikoaspekten manifestiert. Im Zuge von Innovationsprozessen werden hierbei herkömmliche Produkte wie Aktien oder Anleihen in ihre
funktionalen Bestandteile zerlegt. Kaufte früher ein Aktionär oder Obligationär einen
Verbund von Markt-, Zins- und Kreditrisiken, so kann sich ein Investor heute ein
weitaus differenzierteres Risikopaket zusammenstellen. Dies gilt für ganz unterschiedliche Marktsegmente, wie etwa für das Geschäft mit Investmentfonds oder mit
festverzinslichen Wertpapieren, jedoch auch für die Anlage in Immobilien, die etwa
in den USA oder in den Niederlanden wesentlich stärker als hierzulande nach regionalen und branchenmäßigen Gesichtspunkten gegliedert ist. Ferner hat es den
Anschein, dass in anderen Ländern Innovations- und Differenzierungsprozesse zügiger auf neuartige Geschäftsfelder übergreifen. Zum Beispiel wird in Deutschland
gegenwärtig intensiv über die Etablierung von Real Investment Trusts diskutiert,
während in Nordamerika die Idee von spezifischen steuerbefreiten Investitionsgesellschaften schon längst auf weitere Märkte übertragen worden ist. Zu nennen sind
hier insbesondere die “Income Trusts“, die sich vor allem in der Energiewirtschaft
bereits in den 1980er Jahren etabliert haben. Im Bereich der Kapitalbeteiligungsgesellschaften lässt sich ein weiteres prägnantes Beispiel finden. So existieren in
Nordamerika schon seit geraumer Zeit so genannte Vulture-Fonds, die gezielt in finanziell angeschlagene Unternehmen investieren, um die verbleibenden Vermögenswerte möglichst gewinnträchtig zu verwerten. Das Bewusstsein für derartig diversifizierte Anlageprodukte ist auf Seiten sowohl der Finanzindustrie als auch der
Anleger offenkundig in anderen Ländern stärker verankert als in Deutschland. Hierzulande zeigen weite Teile der Bevölkerung ein eher risikoaverses Anlageverhalten,
was sich auch mit Erfahrungen aus der Vergangenheit begründen lässt. Der Kenntnisstand über die Eigenschaften einzelner Finanzprodukte ließe sich sicherlich erhöhen, was auch an der gegenwärtigen Debatte über die Hedgefonds oder PrivateEquity-Gesellschaften deutlich wird.
Gleichwohl lassen sich auch Ausnahmen erkennen. Ein prägnantes Beispiel ist das
neu etablierte Marktsegment der Short Liquid Money Market Bonds („SLIMBOS“),
bei denen es sich um unbesicherte Schuldverschreibungen mit einer Laufzeit von
höchstens zwei Jahren handelt. Zu erwähnen ist ferner das Pfandbriefgeschäft, wo
im vergangenen Jahrzehnt bedeutende Entwicklungsimpulse zu beobachten waren,
die dann auch andere europäischen Kapitalmärkte tangiert haben. Dies hatte allerdings zur Folge, dass mittlerweile der überwiegende Teil der innerhalb Europas
durchgeführten Pfandbriefemissionen nicht mehr in Deutschland erfolgt, was einmal
mehr die hohe Wettbewerbsintensität auf den Finanzmärkten verdeutlicht. Neuartige
Produkte finden i.d.R. umgehend Nachahmer und werden dann in adaptierter Form
auf weiteren Märkten zu teilweise wesentlich günstigeren Konditionen vermarktet.
Umgekehrt tun sich in Frankfurt ansässige Finanzunternehmen nicht selten schwer
181
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
damit, in anderen Wirtschafsräumen Fuß zu fassen, wie das Beispiel der USamerikanischen Tochtergesellschaft der deutsch-schweizerischen Terminbörse
EUREX zeigt. Um Finanzprodukte nachhaltig auf den Märkten etablieren zu können,
bedarf es letztlich nicht allein einer ausreichenden Innovationskraft. Hierzu sind eine
fundierte Marktforschung und eine schlagkräftige Vermarktung ebenfalls unabdingbar.
In innovativen Finanzproduktsegmenten hat sich Deutschland in der jüngeren Vergangenheit – auch aufgrund der regulatorischen Rahmenbedingungen – nur allmählich gegenüber neuen Marktsegmenten geöffnet. Zu beachten ist hier auch, dass ein
enger Regulierungsrahmen zwar einerseits dem Anlegerschutz Rechung trägt, andererseits jedoch die für Produktinnovationen notwendigen Gestaltungsspielräume
einschränkt. Letzteres hat zur Folge, dass kreative Finanzexperten an andere
Standorte wie etwa London, Dublin oder Luxemburg abwandern. Generell ist es
notwendig, dass in Deutschland genügend Fachleute für die Entwicklung von Finanzprodukten tätig sind. Dies kann einerseits über eine Anwerbung aus dem Ausland erreicht werden, wofür jedoch bestimmte Anreize geboten werden müssen, so
etwa im Bereich der Einkommensbesteuerung. Andererseits ist hierfür zudem eine
Gewährleistung von Bildungsinfrastruktur am Standort Frankfurt unabdingbar.
Ob das Investmentmodernisierungsgesetz merkliche Impulse für die Entwicklung
und die Vermarktung innovativer Finanzprodukte bewirken kann, ist derzeit noch
nicht abzusehen. Nicht wenige der darin enthaltenen Neuerungen haben einen eher
restriktiven Charakter, was beispielsweise auf die Zulassung von Produkten ausländischer Anbieter oder die Vermarktung von Single-Hedgefonds zutrifft. Gleichwohl
hat allein die grundsätzliche Erlaubnis zur Vermarktung von Hedgefonds zu einer
Belebung in diesem Marktsegment geführt.
Hinsichtlich der Geschäftsfelder der Vermögensverwaltung und der privaten Altersvorsorge wird viel davon abhängen, ob innerhalb der Bevölkerung die Notwendigkeit
einer Vermögensbildung tatsächlich erkannt wird und inwieweit die staatliche Förderpolitik mit den Vorstellungen der Bürger übereinstimmt. In einzelnen Kapitalmarktsegmenten sind darüber hinaus neben der eigentlichen Finanzmarktregulierung auch weitere gesamtwirtschaftliche Einflussgrößen von hoher Relevanz. Zum
Beispiel spielen für Kapitalbeteiligungsgesellschaften neben unmittelbaren Regulierungen auch mittelbare Faktoren wie etwa steuerliche Anreize oder die Ausbildung
einer Gründermentalität eine wichtige Rolle. Im Bereich der Industrieobligationen
sind Unterschiede im nationalen Insolvenzrecht und beim Gläubigerschutz zu nennen, die einer weiteren Expansion in andere europäische Länder entgegenstehen.
Eine schrittweise Harmonisierung innerhalb der EU könnte hier sicherlich zu einer
Erhöhung der Liquidität bzw. zu einem Marktwachstum beitragen. Was den Transfer
von Kreditrisiken anbelangt, so bleibt abzuwarten, wie sich die neuartigen Mindest-
182
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
anforderungen an die Eigenkapitalunterlegung im Rahmen von Basel II auswirken
werden. Die neuen Regeln fördern die Verbesserung der Risikomanagementsysteme bei den Banken, was sicherlich zu einer Erhöhung der Anzahl der Markteilnehmer führen wird. Des Weiteren werden sie einen wachsenden Anteil geringerer Bonitäten an den transferierten Kreditrisiken zur Folge haben.
In der Entwicklung und Vermarktung von Finanzprodukten ist innerhalb Europas die
Dominanz des Finanzzentrums Londons auf lange Sicht unangefochten. Für den
Finanzplatz Frankfurt muss es vor allem das Ziel sein, sich im Wettbewerb mit anderen kontinentaleuropäischen Finanzzentren wie Zürich, Paris oder Luxemburg zu
behaupten. Hierzu gilt es Zielvorstellungen darüber auszuformulieren, in welchen
Geschäftsfeldern Frankfurt derzeit komparative Vorteile gegenüber anderen bedeutenden Finanzplätzen aufweisen oder sich erarbeiten könnte. Differenziert nach unterschiedlichen Geschäftsfeldern muss erkannt werden, wo einerseits Standortnachteile vorliegen und wo sich andererseits neue Innovations- und Vermarktungschancen ergeben. Die identifizierten Innovationspotenziale sind anschließend gezielt auszubauen.
183
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
2
Zukunftsperspektiven der privaten Altersvorsorge in Deutschland
und ihre Bedeutung für den Kapitalmarkt
2.1
Vorbemerkungen
Im Rahmen der Diskussion über die Zukunft der Rentenversicherung in Deutschland nimmt der Ausbau der betrieblichen und der individuellen Altersvorsorge mittlerweile einen sehr hohen Stellenwert ein. So empfehlen Interessenvertreter aus unterschiedlichsten finanzwirtschaftlichen Institutionen bzw. Unternehmungen den
verstärkten Ausbau einer kapitalgedeckten Altersvorsorge. Dies zeigt sich auch in
den Stellungnahmen der Finanzplatzakteure, die in der Finanzplatz-Datenbank des
HMWVL enthalten sind (vgl. Grundlagen und Aufbau der Arbeit). Unter anderem
handelt es sich hierbei um folgende Vorschläge:
¾ Eine Ausdehnung des Kreises der Antragsberechtigten auf sämtliche unbegrenzt steuerpflichtigen Privatpersonen zwischen 16 und 65 Jahren.
¾ Eine Vereinfachung und höhere Transparenz der Fördersystematik, und dies
beispielsweise durch eine Berechnung der erwarteten Rentenleistungen mit
vereinfachter Rechenmethodik und durch einheitliche und vergleichbare
Rentenauskünfte.
¾ Einführung eines Altersvorsorgekontos, das sämtliche Anlageformen umfasst.
¾ Die Vereinheitlichung der Besteuerung unterschiedlicher Formen der privaten Altersvorsorge.
¾ Eine vereinfachte steuerunschädliche Umschichtung zwischen unterschiedlichen Anlagearten.
¾ Förderung des Immobilienerwerbs, und dies unter anderem durch eine günstige Besteuerung von Einkommensbestandteilen, die für den Eigenheimerwerb aufgewandt werden.
Demnach werden von den Finanzplatz-Akteuren ganz unterschiedliche Formen der
privaten Altersvorsorge angesprochen. Um jedoch konsistente politische Reformen
zur Förderung der privaten Altersvorsorge durchführen zu können, benötigen die
Sozialpolitiker vor dem Hintergrund der hiermit verbundenen erheblichen gesellschaftspolitischen Risiken Informationen über das zur Vermögensbildung angelegte
Kapitalvolumen und das Ausmaß und die Ertragsvolatilität in den einzelnen Teilbereichen der privaten Altersvorsorge.
Im Vergleich unterschiedlicher Formen der Vermögensbildung gilt grundsätzlich,
dass langfristig höhere Erträge mit einem höheren Risiko einhergehen. Im Hinblick
184
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
auf das bislang in Deutschland dominierende umlagefinanzierte Rentenversicherungssystem ist dies von erheblicher Relevanz, denn dieses gewährt, solange das
System in sich tragfähig ist, den Bürgern eine in finanzwirtschaftlicher Hinsicht kontinuierliche Auszahlung der Rentenleistungen. Auf Seiten der Bevölkerung spielt
dieser Aspekt in der Beurteilung unterschiedlicher Sozialversicherungssysteme eine
wesentliche Rolle.
Im Zusammenhang mit der Forcierung der privaten Altersvorsorge finden die Auswirkungen einer verstärkten Kapitaldeckung auf die Finanzmärkte ein immer größeres Interesse. Dies bezieht sich nicht zuletzt auf den Einfluss auf die gesamtwirtschaftliche Ersparnis und zum anderen auf die Strukturveränderungen auf den Kapitalmärkten. Letztere betreffen sowohl die Anbieter von Finanzdienstleistungen als
auch die angebotenen Altersvorsorgeprodukte. Beide Gesichtspunkte sind für die
Entwicklungsperspektiven des Finanzplatzes Frankfurt von erheblicher Relevanz.
Im Hinblick auf besagte Strukturveränderungen lassen die in anderen Ländern gemachten Erfahrungen darauf schließen, dass eine stärker kapitalgedeckte Alterssicherung zu einer ausgeprägteren Institutionalisierung der Kapitalanlage führt, so
etwa in Form von Pensionsfonds. Hinsichtlich der Anlageformen unterscheidet sich
die private Altersvorsorge von anderen Sparmotiven nämlich vor allem durch ihre
sehr langfristige Ausrichtung und einen besonders hohen Stellenwert der Sicherheit
der Kapitalanlage, wovon merkliche Impulse auf das Verhalten der Akteure an den
Finanzmärkten ausgehen dürften. Eine wichtige Rolle spielen hierbei die Risiko/Ertrags-Relationen innerhalb einzelner Segmente der privaten Altersvorsorge und
der Umgang mit Ertragsrisiken auf Seiten der Kapitalanleger (vgl. DEUTSCHE BUNDESBANK, 2002a).
Was den Ausbau der privaten Altersvorsorge angeht, so sind im Hinblick auf den
Finanzplatz Frankfurt zwei vorrangige Tätigkeitsfelder absehbar. Zum Ersten sind
dies die Vermarktung und Konzeption eigener Finanzprodukte im Rahmen des
AVmG-begünstigten Bereichs und die Fortführung „AVmG-freier“ Produkte wie etwa
klassischer Banksparpläne, Investmentfonds oder Sparbriefe. Zum zweiten handelt
es sich hierbei um den zukünftig mit Sicherheit stark wachsenden Markt der Vermögensverwaltung. Gerade in diesem Geschäftsfeld hat der Finanzplatz Frankfurt
schon gegenwärtig eine herausragende Position inne, die sich in Zukunft noch verstärken wird. (vgl. SPAHN/VAN DEN BUSCH, 2002). Diese günstige Wettbewerbsstellung lässt sich insbesondere im Vergleich mit den Finanzzentren London, Zürich
und Luxemburg feststellen.
185
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
2.2
Potentiale der privaten Altersvorsorge
Die in weiten Teilen der deutschen Bevölkerung grundsätzlich vorhandene Skepsis
über die zukünftige Entwicklung der öffentlichen Rentenversicherung wird sicherlich
nicht unwesentlich dazu beitragen, dass das Sparen zum Zwecke der Einkommenssicherung im Alter in Zukunft deutlich an Bedeutung gewinnen wird. Auch die bereits
beschlossenen Leistungseinschränkungen im gesetzlichen Rentensystem erhöhen
die Notwendigkeit zur zusätzlichen Eigenvorsorge. Hiermit dürfte ebenfalls ein positiver Effekt auf die private Sparquote verbunden sein, insofern die Absenkung der
Sparquote nicht schon vorher in die individuellen Anlageplanungen mit eingebunden
war. Allerdings dürfte das hierdurch zusätzlich mobilisierte Kapitalangebot bei weitem nicht den Umfang der umlagefinanzierten Rentenansprüche erreichen. Selbst in
Ländern mit einem vergleichsweise hohen Anteil kapitalgedeckter Alterseinkommen
wird nämlich etwa immerhin die Hälfte der Einkommen durch die erste Säule der Altersvorsorge gedeckt. So beziffert BRUGIAVINI (2002) den Anteil der öffentlichen
Rentenversicherung an den Einkommen für die USA mit 45 %, für die Niederlande
mit 50 % und für das vereinigte Königreich mit 65 %.
Inwieweit sich über eine politische Förderung der privaten Altersvorsorge das gesamtwirtschaftliche Sparaufkommen tatsächlich erhöhen lässt, hängt von zahlreichen Einflussgrößen ab, so beispielsweise von der Teilnahmebereitschaft des antragsberechtigten Personenkreises, der Tendenz zu Mitnahmeeffekten oder den
negativen Folgewirkungen der Förderpolitik auf die gesamtwirtschaftliche Vermögensbildung. Letztere können insbesondere aus Substitutionseffekten resultieren.
Nach Umfrageergebnissen möchte ein erheblicher Teil des für eine Förderung infragekommenden Personenkreises keinen Sparvertrag abschließen. Außerdem
können Mitnahmeeffekte das zusätzliche Sparaufkommen begrenzen. Bei einer
Sparquote in Deutschland von derzeit gut 10 % des verfügbaren Einkommens der
privaten Haushalte könnte beispielsweise eine Vorsorgeersparnis von 4 % der Bruttolöhne, die ja unter Berücksichtigung von Steuern und Sozialabgaben gut 2,5 %
der verfügbaren Einkommen entspräche, vollständig aus den „laufenden“ Ersparnissen bestritten werden. Zudem erscheint es fraglich, ob Haushalte mit niedrigen Einkommen über den geförderten Sparbetrag hinaus Ersparnisse bilden können. Nicht
zu vergessen ist auch, dass die Finanzierung des staatlichen Förderanteils letztendlich von den Steuerzahlern aufgebracht werden muss. Um die Förderbeträge zur
Verfügung zu stellen, muss der Staat entweder seine Einnahmen erhöhen oder anderweitig seine Ausgaben senken. All diese Aspekte lassen die tatsächlichen Konsequenzen einer staatlichen Förderung der privaten Altersvorsorge eher unsicher
erscheinen (vgl. DEUTSCHE BUNDESBANK, 2002a). Dies bestätigen auch die Erfahrungen mit der Förderpolitik in anderen Ländern. So lassen die Ergebnisse einer
Untersuchung von MACKENZIE, GERSON und CUEVAS (1997) darauf schließen, dass
186
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
beispielsweise in den USA die gezielte staatliche Förderung der privaten Altersvorsorge nur eine geringe Erhöhung der gesamtwirtschaftlichen Sparquote bewirkt hat.
Sollte sich als Folge der kapitalgedeckten Altersvorsorge die im internationalen Vergleich in Deutschland ohnehin schon hohe Sparquote erhöhen, so sind auch Konsequenzen für das Zinsniveau und das Wirtschaftswachstum möglich. Je nach Annahme über das Investitionsverhalten in einer alternden Gesellschaft zeigen Simulationen mit makroökonomischen Modellen zunächst einen Rückgang der Realzinsen
und einen positiven Effekt auf das Wirtschaftswachstum (vgl. DAVIS, 2002). Kommen aber die geburtenstarken Jahrgänge ins Rentenalter, wird das damit voraussichtlich einhergehende Absinken der Sparquote zu einem Anstieg der Realzinsen
führen, was wiederum das Wirtschaftswachstum beeinträchtigen könnte.
Darüber hinaus sind vom teilweisen Übergang vom Umlageverfahren zum Kapitaldeckungsverfahren in der Altersvorsorge noch weitere Effekte auf die Kapitalmärkte
zu erwarten. Gerade aus einer verstärkten Institutionalisierung der Vermögensverwaltung in großen und international ausgerichteten Finanzdienstleistungsunternehmen dürfte sich nämlich eine ganze Reihe von Folgeeffekten für die Kapitalmärkte
ergeben, wie beispielsweise eine erhöhte Innovationsfähigkeit, eine gesteigerte Effizienz der Informationsverarbeitung und eine verbesserte Handhabung von Kontrollproblemen (vgl. DEUTSCHE BUNDESBANK, 2002a).
2.3
Die Entwicklung der Vermögensbildung der privaten Haushalte in Deutschland
Um das zukünftige Potential in der privaten Altersvorsorge abschätzen zu können,
benötigt man Informationen über die quantitative Bedeutung einzelner Formen der
Kapitalanlage der privaten Haushalte. Gemäß Tabelle 43 ließ sich in Deutschland
im Bereich der privaten Vermögensbildung während der vergangenen Jahre eine
verstärkte Hinwendung zu Investmentzertifikaten und Versicherungsverträgen feststellen. So hat sich zwischen 1991 und 2004 der Wert der von den privaten Haushalten gehaltenen Investmentanteile mehr als vervierfacht, während sich das Anlagevolumen im Versicherungsgeschäft immerhin noch mehr als verdoppelte. Im Zuge
der jüngeren Entwicklung an den Aktienbörsen erfolgte eine merkliche Korrektur des
in Aktien investierten Kapitalvolumens, was mit einem Bedeutungsgewinn risikoärmerer Anlageformen einherging. Demgegenüber stieg das in Rentenwerten investierte Kapitalvolumen kontinuierlich an. Trotz alledem ist seit 1991 der Anteil des
insgesamt in Aktien oder in Investmentfonds gehaltenen Vermögens am Gesamtvermögen deutlich angestiegen, und zwar von 11 % auf 18 %.
187
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
Tabelle 43: Strukturdaten zum Geldvermögen der privaten Haushalte in Deutschland
Geldvermögen in Mrd. Euro
1991
1993
1995
1997
1999
2001
2002
2003
2004
Veränderung
2004/1991 in %
Bei Banken
927
1.089
1.128
1.210
1.266
1262
1.341
1.399
1.451
56,5
kurzfristig
617
760
782
877
963
957
1.041
1.111
1.159
87,8
langfristig
309
329
346
333
303
305
300
288
292
-5,5
Bei Versicherungen
401
479
573
684
808
916
981
991
1.040
159,4
In Wertpapieren
572
722
844
1.050
1.327
1344
1.204
1.296
1.344
135,0
Rentenwerte
266
297
348
367
369
389
421
439
477
79,3
Aktien
143
191
204
321
484
349
192
245
251
75,5
Sonstige Beteiligungen
80
99
102
119
112
170
167
149
152
90,0
Investmentzertifikate
84
136
190
244
362
436
425
464
464
452,4
123
138
152
161
175
203
204
228
233
89,4
2.022
2.428
2.697
3.105
3.576
3.725
3.731
3.915
4.067
101,1
Aus Pensionsrückstellungen
Insgesamt
Quelle: Deutsche Bundesbank (2005a).
Während „klassische“ Versicherungsprodukte in der jüngeren Vergangenheit von
den Anlegern rege nachgefragt wurden, blieb das Geschäftsvolumen im Bereich der
privaten „Riester-Rente“ hinter den anfänglichen Erwartungen zurück. Im Jahre
2004 hat sich im Vergleich zur Vorperiode die Anzahl der neu abgeschlossenen
Verträge erneut verringert, nämlich von 520.000 auf 294.000. Der über „Riester“Verträge gehaltene Vermögensbestand ist allerdings von Ende 2003 bis Ende 2004
von 0,5 Mrd. Euro auf 1,2 Mrd. Euro angestiegen. Gleichwohl hat diese öffentlich
geförderte Form der Altersvorsorge bisher vergleichsweise wenig zur Geldvermögensbildung der Privathaushalte beigetragen. Ferner ist bemerkenswert, dass sich
im Bereich der Bankeinlagen eine erhebliche Verschiebung von den langfristigen
Anlageformen zu den kurzfristigen Anlageformen vollzogen hat. Offenbar haben also Sparbuch und Sparbriefe deutlich an Attraktivität eingebüßt, während verhältnismäßig günstig verzinste Termingelder an Bedeutung gewonnen haben. Inwieweit all
dies tatsächlich ein Indiz für eine Präferenz der Anleger zugunsten einer umfangreicheren kapitalgedeckten Altersvorsorge darstellt, lässt sich nicht definitiv feststellen
(vgl. DEUTSCHE BUNDESBANK, 2004f).
2.4
Vergleich der Renditen unterschiedlicher Teilbereiche der privaten Altersvorsorge
Die vorstehend aufgezeigte Entwicklung der einzelnen Bereiche der privaten Vermögensbildung wird vor allem davon beeinflusst, wie sich für die Anleger die mit
den jeweiligen Anlageinstrumenten erzielbare Rendite darstellt. Dies trifft auch auf
die private Altersvorsorge zu, die ja ein Teilsegment innerhalb der Vermögensbil-
188
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
dung insgesamt darstellt. Bei Entscheidungen der Anleger über ihr Vermögensportfolio berücksichtigen diese nicht allein die absolute Rentabilität einer Anlage, sondern auch das Ertragsrisiko. Je nach Präferenzen des Anlegers wird dieser die Nettoverzinsung und das Ertragsrisiko unterschiedlich gegeneinander abwägen. Hierbei
lässt sich im Grundsatz zwischen drei verschiedenen Anlegertypen unterscheiden,
nämlich dem risikoaversen Anleger, dem risikoneutralen Anleger sowie dem risikofreundlichen Anleger. Ein risikoaverser Anleger wird bei seiner Vermögensbildung
Kapitallebensversicherungen, Rentenpapiere und Investmentfonds präferieren. Für
einen risikoneutralen Anleger steht demgegenüber allein der Ertrag einer Vermögensanlage im Vordergrund. Der risikofreundliche Anleger schließlich, für den das
Risiko als solches einen Nutzen darstellt, dürfte wohl in erster Linie risikobetonte
Anlageformen bevorzugen, wie etwa Aktien, Optionsscheine oder Hedgefonds.
Vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Präferenzen der Anleger soll nachfolgend ein entsprechender Vergleich zwischen Ertragshöhe und Ertragsrisiko im Hinblick auf Kapitallebensversicherungen und Investmentfonds angestellt werden (vgl.
SCHRADIN/REICHENBACH, 2003). In Bezug auf Lebensversicherungen sind hierbei
die Renditen von Lebensversicherungsunternehmen (LVU) ausgewiesen. Bei den
Investmentfonds wird zudem zwischen Aktienfonds und Rentenfonds unterschieden. Die Tatsache, dass die Renditen von Unternehmungen mit solchen von Investmentanteilen nicht direkt vergleichbar sind, fällt hinsichtlich der Aussagekraft
der Ergebnisse nicht stark ins Gewicht. Das Ertragsrisiko der Kapitalanlage wird statistisch in zweierlei Hinsicht ausgewiesen, nämlich als Standardabweichung vom
Mittelwert und als Variationskoeffizent.
Aus Tabelle 44 ist ersichtlich, dass die Nettoverzinsung der Lebensversicherer –
gemessen an der Standardabweichung bzw. am Variationskoeffizienten – im Zeitverlauf wesentlich stabiler war als diejenige der Rentenfonds bzw. Aktienfonds. Ferner musste der Anleger – nicht überraschend – bei der Investition in Rentenfonds
ein erheblich geringeres Ertragsrisiko in Kauf nehmen als bei derjenigen in Aktienfonds. Allerdings ging in allen drei Kapitalmarktsegmenten bei längerfristiger Betrachtung die zeitliche Streuung der Erträge merklich zurück. Ein Vergleich der
durchschnittlichen Nettoverzinsung ergibt allerdings ein anderes Bild. Diesbezüglich
liegen über alle Bezugsperioden hinweg die Aktienfonds – erwartungsgemäß – an
erster Stelle, und zwar in der Reihenfolge vor den Versicherungsunternehmen und
den Rentenfonds. Gleichwohl überrascht das Ergebnis, dass die Versicherungsunternehmen eine durchweg höhere Rentabilität aufweisen als die Rentenfonds.
189
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
Tabelle 44: Rendite-Risikoprofile unterschiedlicher Instrumente der privaten Altersvorsorge
Rendite-Risko-Profile 1980-2001
Bezugsperiode
einjährig
fünfjährig
Statistisches Maß
Ø 2)
Standardabw. 3)
Varationskoeff. 2)
Ø 2)
Standardabw. 3)
Variationskoeff. 2)
LVU 1)
7,71
0,43
5,58
7,76
0,27
3,48
Aktienfonds 1)
11,31
21,82
192,93
13,31
6,75
50,71
Rentenfonds 1)
7,14
5,05
70,73
7,31
2,04
27,91
Rendite-Risko-Profile 1980-2001
Bezugsperiode
Statistisches Maß
LVU 1)
Aktienfonds
1)
Rentenfonds 1)
zehnjährig
Ø 2)
Standardabw. 3)
15-jährig
Variationskoeff. 2)
Ø 2)
Standardabw. 3)
Variationskoeff. 2)
7,71
0,11
1,43
7,76
0,03
0,39
11,59
2,76
23,81
11,69
1,92
16,42
7,05
0,50
7,09
7,07
0,07
0,99
gleichgewichtetes Portfolio aus 20 (bzw. 15/23) berücksichtigten Lebensversicherern (bzw. Aktienfonds/Rentenfonds).
Angaben in Prozent
3) Angaben in Prozentpunkten.
Quelle: SCHRADIN/REICHENBACH (2003), teilweise Berechungen der Hessen Agentur.
1)
2)
Die vorstehend erörterten Ergebnisse bestätigen im Wesentlichen das Fundamentalgesetz der Kapitalmärkte. Dieses besagt, dass üblicherweise der Mittelwert und
die Schwankungsbreite der Kapitalerträge negativ miteinander korreliert sind. Darüber hinaus wird deutlich, dass bei der Anlage in Kapitallebensversicherungen im
Gegensatz zur Investition in Aktienfonds oder Rentenfonds ein so genanntes „Timing-Risiko“ kaum zu beachten ist. So hatte während der hier untersuchten Zeiträume der Termin des Abschlusses einer Lebensversicherung auf die Rentabilität
des eingesetzten Kapitals nur einen unwesentlichen Einfluss. Demgegenüber gibt
es bekanntermaßen vergleichsweise günstige bzw. ungünstige Zeitpunkte für den
Einstieg in die Aktienmärkte und Rentenmärkte.
Gemäß Tabelle 45 bestätigt sich das vorstehend aufgezeigte Rendite-Risiko-Muster
auch im Vergleich der drei hier erörterten Teilbereiche der privaten Altersvorsorge
bezüglich einzelner Lebensversicherer bzw. Fonds. Die Fonds bzw. Versicherungsunternehmen mit dem höchsten Ertrag weisen somit auch das höchste Ertragsrisiko
auf.
190
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Tabelle 45: Einjährige Renditen und zehnjährige Renditen unterschiedlicher Instrumente der privaten
Altersvorsorge
Einjahresrenditen 1980-2001
Lebensversicherer
Statistisches Maß
Aktienfonds
Rentenfonds
Ø
Standardabw.
Ø
Standardabw.
Ø
Standardabw..
Maximum*
7,99
0,96
13,28
24,94
7,89
6,83
Median*
7,68
0,56
11,54
22,26
7,14
5,43
Minimum*
7,26
0,39
8,61
19,38
6,07
3,15
Verhältnis Max./Min.
1,10
2,46
1,54
1,29
1,30
2,17
Zehnjahresrenditen 1980-2001
Lebensversicherer
Statistisches Maß
Aktienfonds
Rentenfonds
Ø
Standardabw.
Ø
Standardabw.
Ø
Standardabw.
Maximum*
8,02
0,22
13,93
3,89
7,52
1,26
Median*
7,71
0,15
11,78
3,01
7,15
0,60
Minimum*
7,28
0,07
9,21
2,11
6,04
0,39
Verhältnis Max./Min.
1,10
3,14
1,51
1,84
1,25
3,23
* bezüglich desjenigen Lebensversicherers, Aktienfonds oder Rentenfonds, der sich durch den Maximalwert/ Medianwert/Minimumwert der
geometrisch annualisierten Rendite bzw. der zeitlichen Standardabweichung auszeichnet.
Quelle: SCHRADIN/REICHENBACH (2003), teilweise Berechungen der Hessen Agentur.
Zudem lassen sich zwischen den berücksichtigten Versicherungsunternehmen wesentlich geringere absolute Renditedifferenzen beobachten als zwischen den untersuchten Aktienfonds bzw. Rentenfonds. Dies gilt ebenso für die zeitliche Streuung
der Erträge. Nimmt man allerdings das Verhältnis des Maximalwerts zum Minimalwert als Maßstab, so zeigt sich, dass die Größendifferenz zwischen den Standardabweichungen im Marktsegment der Aktienfonds am niedrigsten ausfällt, während
Rentenfonds und Lebensversicherer diesbezüglich nahezu gleichauf liegen. Offenbar ist der Unterschied in der zeitlichen Streuung zwischen dem Fonds mit der
höchsten Rendite und dem mit der niedrigsten Rendite bei den Aktienfonds im Vergleich zu den beiden anderen Vorsorgeformen eher niedrig.
2.5
Fazit
Die vorstehenden Ergebnisse der Analyse der zeitlichen Entwicklung der Vermögensbildung der privaten Haushalte weisen darauf hin, dass sich die quantitativen
Gewichte der einzelnen Komponenten der Vermögensbildung während der vergangenen zehn Jahre doch erheblich verändert haben. So war insbesondere ein Bedeutungsgewinn der Investmentfonds zu verzeichnen.
191
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
Hinsichtlich der privaten Altersvorsorge beleuchten die vorstehend präsentierten Ergebnisse zudem die Rendite/Risiko-Relationen innerhalb einzelner Kapitalmarktsegmente. Hierbei zeigt sich, dass Aktienfonds im Vergleich zu Rentenfonds bzw.
Lebensversicherungen zwar durch ein weit höheres Ertragsniveau, jedoch auch
durch eine wesentlich ausgeprägtere Volatilität der Erträge gekennzeichnet sind.
Für die zukünftige Entwicklung der privaten Altersvorsorge ist daher von erheblicher
Bedeutung, wie die Bürger im Rahmen ihres Anlageverhaltens auf derartige Relationen zwischen Ertrag und Risiko reagieren. Es ist wohl davon auszugehen, dass
die überwiegende Mehrheit der Bürger tendenziell risikoavers agiert. Demzufolge
dürfte wohl auch noch in näherer Zukunft das Schwergewicht der privaten Altersvorsorge auf Kapitalversicherungen, Rentenpapieren und Investmentfonds liegen.
Allerdings stellt sich die Frage, in welcher Weise sich das Risikoverhalten der Bürger in Zukunft entwickeln wird. Gemäß den Ergebnissen einer Studie des Zentrums
für Europäischen Wirtschaftsforschung (SCHRÖDER/SCHÜLER, 2004) wird nämlich
nach Einschätzung von 247 Finanzmarktexperten im Zuge des gegenwärtigen demographischen Wandels das Bewusstsein für das Risiko-Ertrags-Verhältnis zunehmen, was vor allem in zukünftig höheren Renditeerwartungen der Kapitalanleger
begründet liegt. Zukünftig dürften danach Anlageprodukte mit geringem Risiko – wie
Bausparen, Geldmarktkonten und Festgeldanlagen sowie Banksparpläne und
Bankeinlagen – relativ an Bedeutung verlieren. Demgegenüber wird sich wohl der
Stellenwert von Investmentfonds und Fondssparplänen erhöhen. Dies gilt ebenfalls
für solche Produkte der betrieblichen Altersvorsorge, die zwar ein höheres Risiko
aufweisen, jedoch stark diversifiziert sind. Des Weiteren ist auch im Hinblick auf
hochriskante Anlageformen wie Derivate und Hedgefonds eine Steigerung des Anteils am Altersvorsorgeportfolio zu erwarten. Letztendlich werden sich also auf lange
Sicht die Anteile der unterschiedlichen Anlageformen an der Vermögensbildung der
privaten Haushalte noch weiter verschieben. Für den Finanzplatz Frankfurt bedeutet
dies, dass sich langfristig das Geschäftsvolumen der Vermögensverwaltung vor allen in den risikoreicheren Segmenten der privaten Altersvorsorge vergrößern wird.
Hinsichtlich der Versicherungsmärkte für die private Altersvorsorge ist es erstaunlich, dass sich diese in zahlreichen Industriestaaten weitaus weniger dynamisch
entwickeln, als es in Anlehnung an die Wirtschaftstheorie eigentlich zu erwarten wäre. Hierfür lässt sich unter anderem das Argument anführen, dass eine grundsätzliche Diskrepanz zwischen Kapitalanlegern und Versicherungsgesellschaften hinsichtlich der Einschätzung von Risiken bzw. Zeithorizonten besteht. In psychologischer Hinsicht mögen zudem in weiten Bevölkerungsteilen immer noch vorherrschende generelle Vorbehalte gegenüber privaten Versicherungsunternehmen eine
nicht unwesentliche Rolle spielen (vgl. VON GAUDECKER/WEBER 2003).
192
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Für eine Rentenpolitik, die ein besonderes Augenmerk auf die Forcierung einzelner
Teilbereiche der privaten Altersvorsorge legt, ist das von einzelnen Bürgern bzw.
Haushalten bevorzugte Anlageverhalten von besonderer Relevanz. Die Kapitalanleger werden bei ihren individuellen Portfolioentscheidungen einer bestimmten Form
der Altersvorsorge nämlich nur dann den Vorzug geben, wenn diese Anlageform die
von ihnen bevorzugte Rendite-Risiko-Konstellation aufweist. Um die Bürger zu einer
wesentlichen Ausdehnung der privaten Altersvorsorge zu veranlassen, ist es also
notwendig, ihnen den Zusammenhang zwischen Ertragshöhe und Ertragsrisiko gezielt zu verdeutlichen. Demzufolge erscheint es angeraten, nicht allein immer wieder
gleichsam „gebetsmühlenhaft“ die politische Notwendigkeit einer privaten Altersvorsorge zu betonen, sondern die finanzwirtschaftlichen Zusammenhänge zwischen
Ertragsniveau und Ertragsrisiko zu verdeutlichen.
Vor dem Hintergrund der zunehmenden Institutionalisierung der Vermögensanlage
ist eine geeignete Aufsicht und Regulierung der Anbieter von Anlageprodukten unabdingbar. So ist eine ausreichende Dokumentation der von den Bank- und Versicherungsmanagern getroffenen Anlageentscheidungen notwendig, um dem Anleger
bei seiner Vermögensbildung eine Einsicht und Kontrolle über die Qualität der Vermögensverwaltung zu ermöglichen. Die Forderung von Finanzplatzakteuren nach
mehr Transparenz im Bereich der privaten Altersvorsorge ist daher von hoher Relevanz. Dies könnte dazu betragen, die Entwicklungschancen, die sich für den Finanzplatz Frankfurt im Bereich der privaten Altersvorsorge ergeben, positiv zu beeinflussen. Nach Ansicht von Finanzplatz-Akteuren liegen diese vor allem in der Beratung der privaten Anleger. Insofern erscheint der von Finanzplatz-Akteuren geäußerte Vorschlag einer Ausdehnung des im Rahmen der Vorsorgepolitik geförderten
Personenkreises sinnvoll. Im Unterschied zu den in Frankfurt ansässigen Vermögensverwaltern ist das Finanzgewerbe in London schon seit langem vornehmlich
auf die Bedürfnisse institutioneller Anleger ausgerichtet.
Ferner eröffnen sich in Zukunft auch weitere Möglichkeiten, am Finanzplatz Frankfurt entwickelte Altersvorsorgeprodukte auch im Ausland zu vermarkten, und hierbei
insbesondere innerhalb der EU. Hierzu ist es allerdings erforderlich, immer noch
bestehende protektionistische Grenzbarrieren im Bereich der Finanzdienstleistungen abzubauen. Nicht nur im Hinblick auf die private Altersvorsorge wäre eine entsprechende politische Inangriffnahme der Beseitigung dieser Hindernisse für den
Finanzplatz Frankfurt zweifellos von Vorteil.
193
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
3
Finanzierungsstruktur und Kapitalausstattung
mittelständischer Unternehmen in Deutschland
3.1
Vorbemerkungen
3.1.1
Potentiale, Forderungen und Vorschläge aus Sicht von Finanzplatz-Akteuren
Die wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen für die Unternehmensfinanzierung bilden eine bedeutsame Einflussgröße für die Entwicklungsmöglichkeiten der mittelständischen Wirtschaft. Dies betrifft bezüglich der Innenfinanzierung
die Stärkung der unternehmerischen Ertragskraft und bezüglich der Außenfinanzierung die spezifisch mittelstandsorientierten Finanzierungsmöglichkeiten zur Deckung des Bedarfs an Fremdkapital und Eigenkapital. Die haftende Kapitalbasis der
mittelständischen Unternehmen wird nicht zuletzt im Hinblick auf das infolge von
umfangreichen Kreditausfällen gestiegene Risikobewusstsein der Banken zukünftig
ein wirtschaftspolitischer Aspekt von hoher Bedeutung sein. Gleichermaßen gilt dies
für die weiter forcierte Standardisierung der Risikokalkulation, was im Wesentlichen
aus den vom Baseler Komitee beschlossenen Eigenkapitalvorschriften herrührt.
Konzeptionelle Vorschläge von Vertretern der Finanzwelt zur Thematik der Mittelstandsfinanzierung betreffen u. a.:24
¾ Die grundlegende wirtschaftspolitische Betonung der gesamtwirtschaftlichen
Bedeutung kleiner und mittlerer Unternehmen.
¾ Die Eröffnung neuartiger Möglichkeiten zum Aufbau von Eigenkapital im Mittelstand. Beispielsweise wird von der Initiative Finanzstandort Deutschland
die Auflegung von spezifischen Mittelstandsfonds genannt, so etwa eines
„Private-Equity-Pilotfonds Hessen“ durch hessische Kreditinstitute und die
Wirtschaftsförderung des Landes Hessen.
¾ Zusammenführung der öffentlichen Fördermöglichkeiten auf wenige transparente Programme.
¾ Eine Erhöhung der Transparenz über die Folgewirkungen des Ratings bei
der Kreditinanspruchnahme mit Hilfe einer regelmäßigen Veröffentlichung
von Zinskonditionen entlang einer Rating-Skala.
¾ Beratung von mittelständischen Unternehmen in Finanzierungsfragen nicht
allein durch öffentliche Institutionen, sondern auch im Rahmen regionaler
Netzwerke unter Beteiligung erfahrener Unternehmer und Geschäftsleiter.
24 In der nachstehenden Auflistung sind die zur Thematik in der Finanzplatzdatenbank des HMWVL enthaltenen Vorschläge
und Forderungen der Finanzplatz-Akteure inhaltlich zusammengefasst.
194
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
¾ Die gezielte Beratung mittelständischer Firmenkunden bei der Vorbereitung
auf ein „Going Public“ anhand eines transparenten Kriterienkatalogs der Finanzwirtschaft.
¾ Steuerpolitische Maßnahmen zur Stärkung der Eigenkapitalbasis. Hierunter
fallen etwa ein ermäßigter Steuersatz auf thesaurierte Gewinne oder eine
steuerliche Erleichterung bei Betriebsveräußerungen und Betriebsübergaben.
¾ Erweiterung der Produktpalette innerhalb des Geschäftsfeldes der Mittelstandsfinanzierung, so beispielsweise um Mezzanine-Finanzierungsinstrumente, und dies auch in Verbindung mit bereits bestehenden Förderprogrammen.
¾ Vermeidung von politischen Rahmenbedingungen, die einseitig bestimmte
Branchen wie beispielsweise den Schiffbau, die Windkraft oder die Filmproduktion bevorzugen. Dies gilt sowohl für die Branchen als solche als auch für
Fonds, deren Kapital in diesen Wirtschaftszweigen investiert ist.
3.1.2
Abgrenzung des Mittelstandes in Deutschland
Der Terminus „Mittelstand" ist eine deutsche Besonderheit. In den meisten anderen
Staaten ist die Bezeichnung „Kleine und Mittlere Unternehmen" (“Small and Medium
Enterprises“) üblich. Unabhängig von der Benennung wird unter Mittelstand in der
Regel ein mit Hilfe von Schwellenwerten für die Unternehmensgröße statistisch definierbarer Teilbereich der Volkswirtschaft verstanden.
Um als „Kleinstunternehmen“, „kleines Unternehmen“ oder „mittleres Unternehmen“
zu gelten, müssen gemäß der Definition der Europäischen Kommission drei wesentliche Kriterien gleichzeitig erfüllt sein. So weisen Kleinstunternehmen bis zu 9 Beschäftigte auf. Als „klein“ gelten Unternehmen mit einer Anzahl der Beschäftigten
von 10 bis 49 und als „mittel“ solche mit 50 bis 249 Beschäftigten. Darüber hinaus
gelten als weitere Kriterien zur Definition kleiner und mittlerer Unternehmen die Höhe des Umsatzes und die Bilanzsumme. Diese beiden finanzwirtschaftlichen Messgrößen kommen fakultativ zur Anwendung, womit den Unterschieden zwischen einzelnen Branchen Rechnung getragen wird (z.B. Handel im Vergleich zum produzierenden Gewerbe). Ein weiteres Kriterium ist die völlige oder doch zumindest weitgehende Konzernunabhängigkeit bzw. die rechtliche und wirtschaftliche Selbständigkeit. Nach Definition der Europäischen Kommission muss ein etwaiger Beteilungsanteil unter 25 % liegen. Das qualitative Kriterium der engen (persönlichen) Bindung
zwischen Unternehmer und Unternehmen spielt in der Definition der EU keine Rolle.
195
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
Tabelle 46: Mittelstandsdefinition der EU
Kriterium
Beschäftigung
Unternehmensgröße
Anzahl der
Mitarbeiter
Mittelstand
Großunternehmen
1 Hiervon
Finanzen1
Umsatz
Konzernunabhängigkeit
Bilanzsumme
Kleinst
Bis 9
Bis 2 Mill. Euro
Bis 2 Mill. Euro
Klein
10 bis 49
2 Mill. bis 10 Mill. Euro
2 Mill. bis 10 Mill. Euro
Mittel
50 bis 249
10 Mill. bis 50 Mill.
Euro
10 Mill. bis 43 Mill.
Euro
-
250 und mehr
50 Mill. Euro und mehr
43 Mill. Euro und mehr
Zugehörigkeit zu anderen
Unternehmen
Das Unternehmen darf nicht zu
25 % oder mehr des Kapitals oder
der Stimmanteile im Besitz von
einem oder mehreren weiteren
Unternehmen gemeinsam sein, die
die Mittelstandsdefinition nicht
erfüllen.
-
ist fakultativ ein Kriterium zu erfüllen.
Quelle: Amtsblatt der Europäischen Union, L 124/36, 20.05.2003
In Deutschland existierten im Jahre 2003 nach der EU-Definition rund drei Millionen
mittelständische Unternehmen, in denen im Durchschnitt 10 Beschäftigte tätig waren. In Frankreich und im Vereinigten Königreich ist die durchschnittliche Unternehmensgröße vergleichbar mit der deutschen. So gab es in Frankreich 2,5 Mio. mittelständische Unternehmen mit durchschnittlich 8 Beschäftigten und im Vereinigten
Königreich 2,2 Mio. Unternehmen mit im Durchschnitt 11 Arbeitnehmern. In Italien
ist der Mittelstand weitaus kleiner strukturiert, denn dort existierten im Jahre 2003
4,5 Mio. Unternehmen, in denen im Mittel 4 Beschäftigte tätig waren. Der Anteil der
mittelständischen Unternehmen an der Gesamtzahl der umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen beläuft sich in allen vier Ländern auf 99 %. (EUROPÄISCHE KOMMISSION,
2004, EUROSTAT, 2003).
Gegenwärtig sind in Deutschland knapp 70 % der Beschäftigten bei einem mittelständischen Betrieb tätig. In Frankreich sind dies rund 60 % und in Italien gut 80 %,
während im Vereinigten Königreich nur knapp die Hälfte der Beschäftigten im Mittelstand arbeitet. Demnach ist die Wirtschaft im Vereinigten Königreich im Vergleich
zu den anderen drei Vergleichsländern deutlich stärker durch große Unternehmen
geprägt. (Vgl. BAUER, 2004, EUROSTAT, 2003).
196
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
3.2
Bedeutung der Mittelstandsfinanzierung für den Finanzplatz Frankfurt
Gegenwärtige Entwicklungen im Finanzwesen wie etwa Globalisierungs- und Internationalisierungstendenzen, eine fortschreitende Deregulierung der Märkte und
neuartige Informations- und Kommunikationstechnologien haben gravierende Strukturveränderungen am Finanzplatz Frankfurt ausgelöst und nicht zuletzt zu einem
erhöhten Ertragswettbewerb im Bankensektor geführt. Auf die Geschäftspolitik der
Frankfurter Großbanken, jedoch auch des Sparkassensektors und der Volks- und
Raiffeisenbanken hat dies Konsequenzen, was vor allem die Vergabe von Krediten
betrifft. Zwar sind die Kreditbeziehungen in Deutschland immer noch durch eine
ausgeprägte Dominanz der Bankkredite und eine vergleichsweise geringe Bedeutung von Unternehmensanleihen geprägt. Verschiedene aktuelle Studien weisen jedoch darauf hin, dass sich die Kreditvergabepolitik der Banken in jüngerer Zeit differenzierter gestaltete und in der Grundtendenz restriktiver geworden ist. Insbesondere hinsichtlich der Mittelstandsfinanzierung wird über einen teilweisen Rückzug der
Geschäftsbanken bei der Kreditvergabe diskutiert. Dies erscheint vor dem Hintergrund einer vergleichsweise geringen Eigenkapitalquote gerade der kleinen und
mittleren Unternehmen kritisch (vgl. BUNDESMINISTERIUM FÜR FINANZEN, 2003b,
DEUTSCHE BUNDESBANK, 2003).
Es ist allerdings nicht eindeutig zu belegen, ob bezüglich des Firmenkreditgeschäfts
tatsächlich ein so genannter “Credit Crunch“ vorliegt. Maßgebliche Vertreter aus der
Frankfurter Finanzbranche wehren sich gegen den generellen Vorwurf, die Banken
seien in der Kreditvergabe übermäßig zurückhaltend und sorgten für eine Kreditklemme. Sie begründen dies mit den nachstehenden Argumenten:
• Die meisten Investitionsvorhaben würden problemlos finanziert.
• Vielmehr liege die fehlende Dynamik am Kreditmarkt in der Nachfrageseite
der Firmenkunden begründet, zumal in Deutschland die Investitionstätigkeit
der Unternehmen gegenwärtig auf einem historischen Tiefststand sei.
• Weitere Einflussfaktoren seien die Korrektur früherer Überinvestitionen und
das im europäischen Vergleich niedrige deutsche Wirtschaftswachstum.
• Darüber hinaus könne man die schwächere Kreditnachfrage auch als Indiz für
eine Normalisierung ansehen, weil einerseits Ende der neunziger Jahre ein
hoher Anteil des Kreditgeschäfts kapitalmarktgetrieben gewesen sei und sich
andererseits die Verschuldungssituation der deutschen Unternehmen derzeit
normalisiere (vgl. BÖRSENZEITUNG, 16.9.04, S. 8).
Demgegenüber belegen jüngere Studien (DEUTSCHE BUNDESBANK, 2002b, DIHK,
2002, KfW, 2003a), dass gegenwärtig zwar von einer generellen „Kreditklemme“
nicht gesprochen werden kann. Gleichwohl bestätigen die aus den betreffenden Untersuchungen gewonnenen Ergebnisse, dass in den vergangenen Jahren die deut197
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
schen Geschäftsbanken in der Tat bei der Kreditvergabe restriktiver waren und sich
für die Unternehmen die Kreditkonditionen offenbar verschlechterten. So war in jüngerer Zeit eine deutliche Zurückhaltung der Privatbanken in der Mittelstandsfinanzierung zu verzeichnen. Der Anteil dieser Bankengruppe am durchgeleiteten Zusagevolumen der KfW-Programme für den Mittelstand lag 2002 bei 30 %. 1991 belief
er sich noch auf 70 %. Dieser Rückgang konnte jedoch teilweise durch eine umfangreichere Kreditausreichung der Sparkassen und Genossenschaftsbanken kompensiert werden. Deren Anteile am Kreditvolumen betrugen 2002 41 % bzw. 28 %,
während sie 1991 bei lediglich 20 % bzw. 10 % lagen.
Zudem hat sich das Spektrum der Finanzierungsinstrumente erweitert und die Anforderungen an die Banken und Kreditkunden bei der Kreditvergabe sind – vor allem
aufgrund neuartiger detaillierter Bewertungsmethoden bzw. Rating-Verfahren – erheblich gestiegen. Im Hinblick auf neue Formen der Unternehmensfinanzierung,
welche die Banken als Finanzintermediäre sozusagen „überflüssig“ machen, sind
vor allem die Aktivitäten von Venture-Capital-Gesellschaften zu nennen. Diesbezüglich ist allerdings zu fragen, ob für den Finanzplatz Frankfurt zukünftig nennenswerte Geschäftspotentiale in dieser Branche zu erwarten sind. Offenbar hat dieses Geschäftsfeld, das beispielsweise zum Ende des Jahres 2003 ein verwaltetes Kapitalvolumen von knapp 40 Mrd. Euro umfasste, im Hinblick auf die mittelständischen
Firmenkunden seine räumlichen Schwerpunkte eher in Bayern, Nordrhein-Westfalen
und Baden-Württemberg (BVK, 2004).
Im Zusammenhang mit den Kriterien der Kreditvergabe geht von der vom Baseler
Ausschuss für Bankenaufsicht ausgearbeiteten Rahmenvereinbarung über die neue
Eigenkapitalempfehlung für Kreditinstitute („Basel II“) ein weiterer Anpassungsdruck
auf die Bankbranche aus. Die vereinbarten Neuregelungen umfassen aber eine reduzierte Kapitalanrechnung für Kredite an mittelständische Unternehmen. Kredite
an kleine und mittlere Unternehmen unterhalb eines Betrages von 1 Mio. Euro dürfen nämlich dem Retail-Portfolio zugerechnet werden, für das wegen der besseren
Risikodiversifizierung geringere Eigenkapitalanforderungen gelten. Zudem wurde
das langfristige Kreditgeschäft deutscher Banken mit Unternehmen, deren Umsatz
bzw. Bilanzsumme auf konsolidierter Ebene 500 Mio. Euro nicht überschreitet,
durch eine Modifizierung der Regelungen für die Laufzeitzuschläge entlastet (vgl.
BUNDESMINISTERIUM FÜR FINANZEN, 2003a).
Eine zentrale Rolle bei der Bewertung von Unternehmen und der Aufnahme von
Fremdkapital durch Unternehmen wird der Ausstattung mit Eigenkapital zugeschrieben. Im internationalen Vergleich zeichnen sich mittelständische Unternehmen in
Deutschland „traditionell“ durch eine niedrige Eigenkapitalquote aus (vgl. BUNDESMINISTERIUM FÜR FINANZEN, 2003b). Allerdings weisen mittelständische Unternehmen in Deutschland hinsichtlich ihrer Finanzierungsstruktur und ihrer Finanzie-
198
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
rungsgewohnheiten verschiedene Besonderheiten auf, die sich zu einem gewissen
Teil mit dem deutschen Finanzierungs-, Insolvenz- und Steuersystem erklären lassen. Zu nennen sind hier etwa das für Deutschland charakteristische Hausbankprinzip und die relativ hohen stillen Reserven, die in den Unternehmensbilanzen typischerweise nicht ausgewiesen werden. Zu berücksichtigen sind hier zudem – allerdings in erster Linie im Hinblick auf mittlere Unternehmen – langfristige Rückstellungen, die einen ähnlichen Charakter wie Eigenkapital haben, weil sie keinem Zinsänderungs- und Kündigungsrisiko unterliegen.
Darüber hinaus lässt sich die relativ geringe Ausstattung mit Eigenkapital in kleinen
und mittleren Unternehmen im Vergleich zu Großunternehmen auf eine ganze Reihe gesamtwirtschaftlicher und betriebswirtschaftlicher Einflussfaktoren zurückführen. So wurden die Erträge kleiner und mittlerer Unternehmen von der gegenwärtigen gesamtwirtschaftlichen Wachstumsschwäche weitaus stärker in Mitleidenschaft
gezogen als die Erträge der Großunternehmen. Ursächlich hierfür dürfte vor allem
die vergleichsweise wenig ausgeprägte internationale Ausrichtung bzw. die starke
Abhängigkeit mittelständischer Unternehmen von der Binnenkonjunktur sein.
Außerdem sind kleine und mittlere Unternehmen insbesondere im Technologiebereich nicht selten in Märkten aktiv, die durch frühe Produktlebensphasen und hiermit
verbundene Unsicherheiten in der Vermarktung geprägt sind. Auch sind die Möglichkeiten zur Diversifizierung von Geschäftsfeldern oder zu betriebsorganisatorischen Umstrukturierungen, mit denen Großunternehmen üblicherweise konjunkturelle Schwächeperioden überbrücken, kleinen und mittleren Unternehmen aufgrund
ihres Größenrahmens weitgehend verwehrt.
Zudem besteht bei zahlreichen mittelständischen Unternehmenseigentümern eine
grundsätzliche Skepsis gegenüber Kapitalbeteiligungen externer Investoren, was
vor allem aus der Sorge um einen etwaigen Verlust an maßgeblichen Entscheidungsspielräumen herrührt (vgl. OECD, 2000, oder DEUTSCHE BUNDESBANK,
2003b). Weil in Deutschland mittelständische Unternehmen ihren Kapitalbedarf im
internationalen Vergleich in eher hohem Maße über Fremdkapital decken, ist außerdem zu bedenken, ob eine Forcierung der Eigenkapitalversorgung – gleichsam
„auf Kosten“ der Fremdkapitalfinanzierung über die Geschäftsbanken – im Ergebnis
tatsächlich zu einer merklichen Ausdehnung des Geschäftsvolumens am Finanzplatz Frankfurt führen wird.
199
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
3.3
Finanzierungsstruktur mittelständischer Unternehmen
Zur Finanzierungsstruktur deutscher Unternehmen existiert eine ganze Reihe von
Untersuchungen, die teilweise in periodischer Veröffentlichung vorliegen. Anzuführen sind hier vor allem die Studien der DEUTSCHEN BUNDESBANK (2003a, 2003b),
der KfW (2003a), des VERBANDES DER VEREINE CREDITREFORM (2004) und des
DEUTSCHEN SPARKASSEN- UND GIRO-VERBANDES (2003). Nachfolgend soll auf die
Untersuchungen der DEUTSCHEN BUNDESBANK und der KfW eingegangen werden.
Die erörterten Größenordnungen der Eigenkapitalausstattung mittelständischer Unternehmen lassen in bilanzanalytischer Hinsicht immer auch analoge Rückschlüsse
auf den Fremdmittelanteil an der Bilanzsumme bzw. den Verschuldungsgrad in den
untersuchten Unternehmen zu.
Die von der Deutschen Bundesbank (2003b) im jährlichen Turnus veröffentlichte
Untersuchung zur Ertragslage und zu den Finanzierungsverhältnissen deutscher
Unternehmen basiert auf rund 17.000 Jahresabschlüssen. Über Hochrechnungen
wird der Aussagewert der hieraus gewonnen Ergebnisse erhöht, so dass diese einen sehr breiten Ausschnitt der deutschen Unternehmenslandschaft repräsentieren.
Bezogen auf sämtliche ausgewählten Unternehmen belief sich 2001 der Anteil des
Eigenkapitals an der Bilanzsumme auf 17,5 %.
Auch die KfW führt Untersuchungen über die Eigenkapitalausstattung unterschiedlicher Branchen in Deutschland durch, wofür als Datenbasis die jüngste Bilanzanalyse der KfW (2003a) dient. Diese beruht auf nahezu 35.000 Jahresabschlüssen von
KfW-Kreditnehmern aus den Jahren 1998 bis 2001, die einen Investitionskredit beantragt und erhalten haben. Demzufolge weist die Stichprobe im Vergleich zur
Grundgesamtheit sämtlicher deutscher Unternehmen hinsichtlich der Unternehmensbonität durchaus einen “Bias“ auf, was bei der Interpretation der Untersuchungsergebnisse zu berücksichtigen ist. Die KfW bezeichnet die von ihr untersuchten Unternehmen zwar als „mittelständisch“. Laut der von ihr zugrunde gelegten Definition des Begriffes „Mittelstand“ zeichnen sich die ausgewählten Unternehmen jedoch durch einen Umsatz bzw. eine Bilanzsumme von bis 500 Mio. Euro aus. Dieses Kriterium unterscheidet sich bedeutend von demjenigen der Mittelstandsdefinition der Europäischen Kommission und der Bundesbank, die eine Umsatzgrenze von
50 Mio. Euro ziehen. Somit werden von der KfW zu einem gewissen Teil Unternehmen in die Kategorie „Mittelstand“ eingeordnet, die von ihrem Umsatz her bei der
Bundesbank als Großunternehmen erfasst werden, was sich auch in den von KfW
veröffentlichten Bilanzstrukturkennzahlen niederschlägt. In den von der KfW analysierten Unternehmen betrug der Anteil der Eigenmittel an der Bilanzsumme im Jahre 2001 im Durchschnitt 28,4 %. Somit übertrifft er den durchschnittlichen Anteilswert der von der Bundesbank untersuchten Unternehmen um gut 10 Prozentpunkte.
200
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Betrachtet man die Eigenkapitalquoten differenziert nach der Rechtsform der Unternehmen, sind erhebliche Unterschiede auszumachen. Gemäß den Daten der Bundesbank war die Eigenkapitalquote im Jahre 2000 bei den Kapitalgesellschaften mit
23,5 % am höchsten, gefolgt von den Personengesellschaften mit 12 % und – mit
erheblichem Abstand – von den Einzelunternehmen mit -10% (vgl. Abbildung 26).
Negative Quoten weisen auf eine bilanzielle Überschuldung hin, lassen sich jedoch
zu einem gewissen Teil mit spezifischen Charakteristika der Einzelunternehmen erklären. So umfassen die Jahresabschlüsse von Einzelgesellschaften üblicherweise
nicht sämtliche Vermögenswerte, die gegebenenfalls als haftende Mittel zur Verfügung stehen. Außerdem können die Unternehmenseigentümer beispielsweise Teile
der Unternehmensaktiva – etwa aus steuerlichen Gründen – ihrem Privatvermögen
zurechnen. Auf der anderen Seite lassen sich wiederum Bestände des Privatvermögens zur Besicherung von Firmenkrediten heranziehen. Diese Aspekte gelten auch
für die Gesellschafter einer OHG und die Komplementäre innerhalb einer KG. Allerdings haften in Personengesellschaften je nach Rechtsform alle (Einzelfirma oder
OHG) oder zumindest ein Eigentümer (der Komplementär einer KG) mit ihrem Privatvermögen.
Abbildung 26: Eigenmittelausstattung* deutscher Unternehmen im Vergleich unterschiedlicher
Rechtsformen – Untersuchungsergebnisse der Deutschen Bundesbank und der
KfW für das Jahr 2000
Anteil an der
Bilanzsumme in v. H.
Deutsche Bundesbank
40
27,9
30
20
29,6
KfW
28,8
23,5
17
14,6
12
10
0
-10
-10
-20
Alle Rechtsformen
Kapitalgesellschaften
Personengesellschaften
Einzelunternehmen
Rechtsform
* gemessen als Anteil des Eigenkapitals an der Bilanzsumme
Quelle: Darstellung der Hessen Agentur, Deutsche Bundesbank (2003a), KfW (2003).
Ähnlich wie die von der Bundesbank publizierten Daten lassen die Untersuchungsergebnisse der KfW darauf schließen, dass in Kapitalgesellschaften die Eigenkapitalquote typischerweise weit höher ist als in Personengesellschaften und Einzelun201
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
ternehmen. Allerdings liegen die in Abbildung 26 dargestellten Anteilswerte der KfW
doch beachtlich über den von der Bundesbank ausgewiesenen Quoten. Auch sind
die Abstände zwischen den verschiedenen Rechtsformen weitaus geringer. Beides
lässt sich nicht zuletzt mit den Unterschieden zwischen den zwei Stichproben begründen.
Große Unterschiede hinsichtlich der Eigenkapitalquote lassen sich laut Abbildung 2
zwischen Großunternehmen einerseits und kleinen und mittleren Unternehmen
(KMU) andererseits feststellen. Als Maßstab zur Größenkategorisierung gilt hierbei
der Unternehmensumsatz. Gemäß EU-Definition werden dabei von der Bundesbank
Unternehmen mit einem Umsatz bis 50 Mio. als KMU, Unternehmen mit einem Umsatz über 50 Mio. Euro als Großunternehmen eingestuft.
Bei vielen kleinen und mittleren Unternehmen wurde in jüngerer Zeit der Vermögensaufbau vermehrt mit Eigenmitteln finanziert, was sich auch in der Entwicklung
der Eigenkapitalquote widerspiegelt. Gemäß Abbildung 27 belief sich im Jahre 2001
der Anteil der Eigenmittel im Querschnitt aller mittelständischen Unternehmen auf
7,5 % und war somit einen halben Prozentpunkt höher als im Jahre 1994. Die entsprechende Quote im Durchschnitt der Großunternehmen war allerdings mit 24,5 %
mehr als dreimal so hoch.
Abbildung 27: Eigenmittelausstattung* deutscher Unternehmen im Vergleich zwischen Großunternehmen
und KMU bzw. unterschiedlichen Rechtsformen – 1994 bis 2001
Anteil an der
Bilanzsumme in v. H.
35
30
25
24,3
25,5 25,5 24,5
1994
26,6 27,5 26
20
14,6
1999
17 17,5
13,6
15
2000
2001
15,5 16
7 6,5 7 7,5
10
2,1
5
0,5
0
-0,5
-5
Großunternehmen
gesamt
Großunternehmen
(Kap.ges.)
Großunternehmen
(Pers.ges.)
* gemessen als Anteil des Eigenkapitals an der Bilanzsumme
Quelle: Darstellung der Hessen Agentur, Deutsche Bundesbank (2003b).
202
KMU gesamt
KMU (Kap.ges.)
KMU (Pers.ges.)
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Ein anderes Bild zeigt sich im Hinblick auf solche KMU, die als Kapitalgesellschaften geführt werden. Deren durchschnittlichen Eigenmittelanteile waren nämlich bedeutend höher und lagen im Jahre 2000 bei 16 %, verglichen mit 13,6 % in 1994.
Auch die Untersuchung der KfW verdeutlicht den positiven Zusammenhang zwischen der Eigenkapitalausstattung und der Unternehmensgröße. Beispielsweise
übertraf gemäß Abbildung 28 im Jahre 2001 die Eigenkapitalquote in den Unternehmen mit 50 bis 250 Mio. Jahresumsatz die Eigenkapitalquote der Unternehmen
mit 2,5 bis 10 Mio. Euro Jahresumsatz um gut 18 Prozentpunkte. Darüber hinaus
stieg in den größeren Unternehmen der Anteilswert merklich an, während er in den
kleineren Unternehmen nahezu konstant blieb. Typischerweise sind kleinere Unternehmen in ausgeprägtem Maße auf Fremdmittel angewiesen, und dies vor allem in
Form von Bankkrediten. Angesichts der eingehend skizzierten jüngeren Entwicklung
in der Kreditvergabe durch die Geschäftsbanken stehen zahlreiche kleinere mittelständische Unternehmen vor dem Problem, dass die eher geringen Eigenkapitalquoten wiederum Schwierigkeiten in der Aufnahme von Fremdkapital zur Folge haben.
Abbildung 28: Eigenmittelausstattung* mittelständischer Unternehmen in Deutschland im
Vergleich zwischen unterschiedlichen Größenklassen des Jahresumsatzes –
1999 bis 2001
Anteil an der
Bilanzsumme
in v. H.
45
40
35
30
25
20
15
10
5
0
1999
18,9
2000
19
2001
33,8
34,7
36,9
18,6
2,5 bis 10 Mio. Euro
50 bis 250 Mio. Euro
Jahresumsatz
* gemessen als Anteil des Eigenkapitals an der Bilanzsumme
Quelle: Darstellung der Hessen Agentur, KfW (2003).
203
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
Differenziert man in der Betrachtung der Finanzierungsverhältnisse nach einzelnen
Branchen, so wird laut Abbildung 29 eine erhebliche Streuung des Eigenmittelanteils deutlich, was seine Ursache im Wesentlichen in der unterschiedlichen Produktionsstruktur bzw. Realkapitalintensität in den jeweiligen Wirtschaftsbereichen haben dürfte.
Gemäß den Untersuchungsergebnissen der Bundesbank zeichneten sich im Jahre
2000 erwartungsgemäß die Energie- und Wasserversorgung und das Verarbeitende
Gewerbe mit 22,5 % bzw. 24,5 % durch vergleichsweise hohe Eigenkapitalquoten
aus. Mit 3 % bzw. 2 % waren die Quoten im Einzelhandel und im Baugewerbe demgegenüber besonders niedrig. Auch die von der KfW veröffentlichten Bilanzkennzahlen belegen eine beachtliche Variation der Eigenkapitalquote zwischen unterschiedlichen Wirtschaftszweigen. Jedoch ist ein direkter Vergleich mit den von der
Bundesbank veröffentlichten Ergebnissen nur eingeschränkt sinnvoll, weil die jeweiligen Brancheneinteilungen stark voneinander abweichen. Dennoch lässt sich feststellen, dass das Verarbeitende Gewerbe im Jahre 2000 mit einem Anteil von 31,3
% von allen untersuchten Branchen die höchste Eigenkapitalquote aufwies, gefolgt
vom Handel mit 20,7 %. Hierauf folgen die Dienstleistungen mit 18,1 % und das
Baugewerbe mit 17,7 %. Die im Vergleich zur Untersuchung der Bundesbank weitaus höhere Eigenkapitalquote des Baugewerbes liegt wohl im Wesentlichen in der
Verschiedenartigkeit der beiden Stichproben begründet.
Abbildung 29: Eigenmittelausstattung* deutscher Unternehmen im Vergleich zwischen unterschiedlichen
Branchen im Jahre 2000
Anteil an der
Bilanzsumme in v. H.
40
Deutsche Bundesbank
35
30
25
22,5
KfW
31,3
24,5
20
15,5
17,7
15,5
20,7
18,1
15
10
3
2
5
0
Verarb. Gew. Energie- und
Wasservers.
Baugew.
Großh.
Einzelh.
Verkehr
Branche
* gemessen als Anteil des Eigenkapitals an der Bilanzsumme
Quelle: Darstellung der Hessen Agentur, Deutsche Bundesbank (2003a), KfW (2003).
204
Verarb. Gew.
Baugew.
Handel
Dienstleist.
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Die vergleichsweise umfangreiche Eigenmittelausstattung im Verarbeitenden Gewerbe hat mehrere Ursachen. Zum ersten sind die Unternehmen dieses Sektors
durch eine relativ hohe Anlagequote gekennzeichnet. Der Anteil der Sachanlagen
an der Bilanzsumme im Unternehmensdurchschnitt beläuft sich nämlich auf knapp
ein Viertel. Darüber hinaus ist in Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes der
Anteil von Beteiligungen und Wertpapieren typischerweise verhältnismäßig hoch.
Eine derartige Struktur der Aktiva erfordert ein hohes Gewicht langfristiger Finanzierungsformen auf der Passivseite (vgl. DEUTSCHE BUNDESBANK, 2003a).
Alles in allem kommt die Bundesbank zum Schluss, dass die Ausstattung mit eigenen Mitteln in den untersuchten Unternehmen während des von ihr betrachteten
Zeitraums durchaus stabil war. Zudem deuten neben der Eigenkapitalquote auch
andere wichtige Bilanzkennziffern darauf hin, dass sich die Kapitalstruktur der Unternehmen auch 2001 nicht verschlechtert hat. So belief sich das langfristig verfügbare Kapital – wie bereits 2000 – auf 42,5 % der gesamten Passiva und lag erneut
um 2% über dem Anlagevermögen. Gleichwohl sieht die Bundesbank eine weitere
Stärkung der Eigenkapitalbasis als notwendig an, um die Widerstandsfähigkeit der
Unternehmen gegen konjunkturelle Abschwünge zu verbessern und den Zugang zu
Fremdkapital zu erleichtern.
Neben den Untersuchungen der Bundesbank und der KfW sind noch einige andere
namhafte Studien zum Thema Mittelstandsfinanzierung zu nennen. So veröffentlicht
auch die IKB Deutsche Industriebank, deren Kundenkreis überwiegend dem gehobenen Mittelstand und den Großunternehmen zuzuordnen ist, Kennzahlen zur Bilanzstruktur. Diesen zufolge ist die durchschnittliche Eigenkapitalquote der ausgewählten Unternehmen, die lediglich teilweise dem Mittelstand zuzuordnen sind, von
2001 auf 2002 von 31,7 % auf 32,7 % angestiegen (IKB, 2003).
Hingegen beziffert der Deutsche Sparkassen- und Giroverband, dessen Datengrundlage mehrheitlich auf kleinen Unternehmen beruht, die durchschnittliche Eigenkapitalquote der untersuchten Unternehmen mit 6,1 %. Im Gegensatz zu den
von der KfW und von der IKB veröffentlichten Daten ist der Eigenmittelanteil bis
2002 leicht zurückgegangen. Unter den ausgewählten Unternehmen sind allerdings
Einzelunternehmen sehr zahlreich vertreten, was die Aussagekraft der Ergebnisse
beeinflusst (DSGV, 2003).
Die Untersuchungen des Verbandes der Vereine Creditreform beruhen auf einer Befragung von rund 4.500 Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten aus sämtlichen Wirtschaftszweigen. Diese Unternehmen entsprechen somit von ihrer Größe
her nicht der Mittelstandsdefinition der EU. Laut den hieraus gewonnenen Angaben
stieg der Anteil der befragten Unternehmen mit einer vergleichsweise niedrigen Ei-
205
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
genkapitalquote (weniger als 10 %) von 2000 bis 2002 um rund 2,5 Prozentpunkte
auf 41 % an. (VVC, 2004).
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat den Versuch unternommen, die
Eigenkapitalausstattung der Unternehmen in Deutschland unter Miteinbezug der in
den Unternehmen vorhandenen stillen Reserven zu bemessen. Hierbei wird auf der
Basis der Gewerbesteuer- und Einheitswertstatistik für das Jahr 1995 der durchschnittliche Eigenkapitalanteil an der Bilanzsumme – und zwar einschließlich der
stillen Reserven aus Betriebsgrundstücken – mit rund 40 % beziffert (BACH/BARTHOLOMAI, 2001).
Das in den vorab erörterten Untersuchungen vermittelte Bild zur Kapitalstruktur mittelständischer Unternehmen illustriert deutlich die sehr heterogenen Finanzierungsverhältnisse in dieser Größenkategorie der Unternehmenslandschaft. Die aufgezeigten Unterschiede in den Untersuchungsergebnissen haben ihre Ursache dabei in
erster Linie in den jeweils analysierten Unternehmenssegmenten.
Allerdings wird in sämtlichen der oben genannten Studien auf den Zusammenhang
zwischen den Finanzierungsverhältnissen in den mittelständischen Unternehmen
einerseits und dem makroökonomischen Rahmen bzw. der Konjunkturentwicklung
andererseits hingewiesen. In diesem Kontext ist es also von Belang, mit welchen
Geschäftsstrategien die Eigentümer bzw. Geschäftsleiter mittelständischer Unternehmen auf die gegenwärtige gesamtwirtschaftliche Lage reagieren, um auf die Finanzierungssituation des Unternehmens einzuwirken. Hieraus lassen sich wiederum
Anhaltspunkte für einen etwaigen politischen Handlungsbedarf herleiten. Zu dieser
Thematik sind aus dem aktuellen “ENSR Survey on SME“ detaillierte Umfrageergebnisse verfügbar, die aus einer Gesamtheit von 7.837 Interviews mit Unternehmensvertretern aus 19 ausgewählten europäischen Ländern stammen (vgl. EUROPÄISCHE KOMMISSION, 2004).
Was die Entwicklung der Anzahl der in den mittelständischen Unternehmen Beschäftigten anbelangt, so lässt sich Tabelle 47 entnehmen, dass vor allem mittlere
Unternehmen auf eine negative Konjunkturentwicklung mit dem Abbau von Beschäftigten reagieren, während die ganz kleinen („micro“) Unternehmen größtenteils an
ihren gegenwärtigen Beschäftigten festhalten. Dies hängt gewiss damit zusammen,
dass gerade die ganz kleinen Unternehmen typischerweise schon einen sehr geringen Personalbestand aufweisen, der für den Fortbestand der Unternehmung unerlässlich ist. Darüber hinaus tendieren gerade mittlere Unternehmungen in starkem
Maße dazu, bereits geplante Investitionen aufgrund von Konjunkturerwartungen
aufzuschieben, wohingegen Kleinstunternehmen zum überwiegenden Teil an ihren
Investitionsplänen festhalten.
206
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Bemerkenswerte Unterschiede zwischen den verschiedenen Unternehmensgrößenkategorien werden auch hinsichtlich weiterer Anpassungsstrategien deutlich. Beispielsweise werden Senkungen der Arbeitskosten bzw. anderer Kosten weniger in
Kleinstunternehmen, sondern vielmehr in kleinen und mittleren Unternehmen vorgenommen, was wiederum auf die sicherlich eher geringen Kostensenkungspotentiale
in ganz kleinen Unternehmen hinweist.
Tabelle 47: Geschäftsstrategien kleiner und mittlerer Unternehmen in Reaktion auf
konjunkturelle Schwächephasen
Anteil der von Unternehmensvertretern gegebenen Antworten (v. H.)
Unternehmensgrößenkategorie gemäß ENSR Survey
“micro“
“small“
“medium“
Auswirkungen auf die Anzahl der Beschäftigten
Verringerung
17
28
38
Beibehaltung
71
57
49
Erhöhung
10
15
12
2
1
1
„Weiß nicht“/keine Antwort
Auswirkungen auf die Investitionspläne
Verwerfung
13
12
6
Aufschub
18
24
38
Forcierung
13
14
7
Keine Änderung
55
48
49
1
1
1
„Weiß nicht“/keine Antwort
Sonstige Auswirkungen
Verringerung der Arbeitskosten
23
36
40
Verringerung anderer Kosten
46
53
66
Verringerung der Produktpreise
19
22
28
Reduzierung der Arbeitsstunden
11
16
16
Erschließung neuer Märkte/
Erweiterung der Produktpalette
42
53
53
5
5
9
17
8
8
Schließung des Betriebs
bzw. der Unternehmung
„Weiß nicht“/keine Antwort
Quelle: Europäische Kommission (2004).
207
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
Eine Erschließung neuer Märkte oder die Verbreiterung der Produktpalette wird
ebenfalls eher in den größeren mittelständischen Unternehmen angestrebt. Allerdings sind derartige Strategien mit den Geschäftsfeldern zahlreicher Kleinstunternehmen auch kaum kompatibel. Eine Schließung des Betriebs wird nur in einer
Minderheit der befragten Unternehmen erwogen, hierbei allerdings eher in den mittleren Unternehmen.
Die genannten Geschäftsstrategien eröffnen mittelständischen Unternehmen Spielräume, um ihre Ertrags- und Finanzsituation gezielt an die Entwicklung der Gesamtwirtschaft und auf den für sie relevanten Produkt- und Faktormärkten anzupassen. Darüber hinaus existieren Alternativen zu herkömmlichen Finanzierungsformen
über Eigenkapital oder Fremdkapital. Diese werden mittelständischen Unternehmern nicht zuletzt von privaten Venture Capital-Unternehmen angeboten, die sich
gezielt in bereits bestehenden Unternehmen oder in Unternehmensgründungen engagieren. Hierunter fallen auch sogenannte „Mezzanine“-Finanzierungsmittel, die
gegebenenfalls eine Finanzierungslücke zwischen Fremd- und Eigenkapital in der
Kapitalstruktur schließen, wie beispielsweise Gesellschafterdarlehen, Vorzugsaktien
oder Genussscheine. Insgesamt umfasst der Bundesverband deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK) derzeit ungefähr 170 ordentliche Mitgliedsunternehmen, von denen etwa 40 am Finanzplatz Frankfurt oder an anderen Standorten des
Rhein-Main-Gebietes (Mainz, Kronberg/Ts., Dieburg) ansässig sind.
Zum Jahresende 2004 verwaltete die Venture Capital-Branche, in der rund 1.500
Beschäftigte tätig waren, in Deutschland ein Kapitalvermögen von knapp 45 Mrd.
Euro, wovon 28 Mrd. Euro auf pan-europäische Fonds entfielen. Die im Jahre 2004
eingesetzten Kapitalmittel wurden in knapp 5.500 Unternehmen angelegt und konzentrierten sich im Wesentlichen auf Buy-out-Finanzierungen (72 % der Bruttoinvestitionen), Expansionsfinanzierungen (16 %) und “Early Stage“-Finanzierungen (9 %).
Letztere betreffen in ausgeprägtem Maße mittelständische Unternehmensgründungen. Somit ist bemerkenswert, dass offenbar das Hauptgewicht der Venture CapitalFinanzierungen in Deutschland nicht auf neugegründeten Unternehmen liegt. Im
Gegensatz hierzu werden gegenwärtig in Kanada und den USA drei Viertel des gesamten Venture Capitals gezielt Unternehmungen, die sich in der Startphase befinden, zur Verfügung gestellt oder Unternehmenserweiterungen zugeführt, während in
Europa insgesamt der entsprechende Anteilswert weniger als die Hälfte beträgt. Offenbar hängen in Europa, aber auch in Japan Unternehmensgründungen immer
noch weitgehend von der Bereitstellung von Fremdkapital ab.
Typischerweise kommt das Venture Capital in erster Linie innovativen bzw. technologieintensiven Wirtschaftszweigen zugute. Die hierbei bevorzugten Branchen waren in Deutschland im Jahre 2004 die Sonstigen Dienstleistungen (18 % der Neuinvestitionen), der Maschinen- und Anlagebau (9 %), die Konsumgüterindustrie
208
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
(11 %) sowie der Wirtschaftsbereich Medizin (20 %). Hightech-Branchen (Informations- und Kommunikationstechnologie, Biotechnologie, Medizin-Bereich) konnten
30 % der Neuinvestionen auf sich vereinen. Analog hierzu fokussiert sich das derzeit in den USA investierte Venture Capital ebenfalls zum überwiegenden Teil auf
technologieintensive Branchen.
Um die gegenwärtige Dynamik dieses Geschäftsfeldes aufzuzeigen, ist in Abbildung
30 die zeitliche Entwicklung der Investitionen bzw. Desinvestitionen aufgezeigt. So
wurden 2004 nahezu 3,9 Mrd. Euro und 2003 gut 2,5 Mrd. Euro an Finanzmitteln
neu investiert, während es 1991 und 1992 jeweils etwa 500 Mio. Euro gewesen waren (vgl. BVK, verschiedene Jahrgänge).
Abbildung 30: Entwicklung des Investitionsvolumens und Desinvestitionsvolumens innerhalb
der Venture Capital-Branche in Deutschland – 1991 bis 2004
Mio. Euro
5.500
4.435
4.500
3.500
Investitionen
Desinvesitionen
2.816 2.553
2.500
1.500
3.850
3.816 3.816
1.211
509
528
512
537
541
1.700
611
500
-500
-1.500
-173
-196
-332
-353
-409
-359
-728
-538
-2.500
-771
-1.262
-820
-1.855
-1.481
-2.132
-3.500
1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004
Jahr
Quelle: Darstellung der Hessen Agentur, BVK (verschiedene Jahrgänge).
Grundsätzlich umfasst das Aktivitätenspektrum von “Venture Capitalists“ nicht nur
Kapitalbeteiligungen oder die punktuelle Zuführung zusätzlicher haftender Mittel,
sondern auch die gezielte Beratung des Managements oder das Monitoring der Unternehmensentwicklung (vgl. BVK, 2004, und OECD, 2000).
In Tabelle 48 sind die unterschiedlichen Finanzierungsmöglichkeiten für bestimmte
Unternehmenskategorien zusammengefasst.
209
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
Tabelle 48: Finanzierungsmöglichkeiten für unterschiedliche Kategorien von Unternehmen
Innenfinanzierung
Existenzgründungen
Kreditfinanzierung
Beteiligungen
X
X
Junge und wachtumsbzw. technologieorientierte
Unternehmen
X
X
X
Kleine Unternehmen
X
X
(X)
Große Unternehmen
X
X
X
Etablierte größere
Unternehmen
X
X
X
Börsengang
Anleihen
Leasing
Factoring
X
(X)
X
X
(X)
X
(X)
(X)
X
X
X
X
X
„(X)“ bedeutet nur bedingt einsetzbar.
Quelle: Bundesministerium der Finanzen ( 2003).
Neben der Finanzierung über die Aufnahme von Eigenkapital und Fremdkapital stehen mittelständischen Unternehmen außerdem die Möglichkeiten des Leasing und
des Factoring offen. Die betriebswirtschaftlichen Vorteile des Leasings liegen in einer generellen Verminderung des Kapitalbedarfs, der steuerlichen Abzugsfähigkeit
des Leasingsatzes als Betriebskosten und der hohen Flexibilität in der Inanspruchnahme. Beim Factoring, das in Deutschland bereits seit 1958 üblich ist, verkauft ein
Unternehmen kurzfristige Forderungen an ein Factorinstitut, das je nach Vertragsgestaltung gegebenenfalls auch das Ausfallrisiko (Delkrederefunktion) und die Debitorenbuchhaltung nebst Mahnwesen und Inkasso (Dienstleistungsfunktion) übernimmt.
3.4
Fazit
Die vorstehenden Ausführungen machen deutlich, dass sich die Finanzierungsverhältnisse kleiner und mittlerer Unternehmen in Deutschland sehr heterogen darstellen. Gleichwohl lassen sich grundsätzliche Folgerungen aus den erörterten Untersuchungsergebnissen ziehen:
• Die Eigenkapitalquote ist offenbar umso höher, je größer die betreffenden Unternehmen sind.
• Kapitalgesellschaften zeichnen sich durch höhere Eigenkapitalquoten aus als
Personengesellschaften und Einzelunternehmen. Allerdings ist bezüglich der
Einzelunternehmen der Aussagewert von Bilanzkennzahlen aufgrund bestimmter struktureller Ursachen eher begrenzt. In derartigen Unternehmungen sind
nämlich beispielsweise die haftenden Mittel oftmals nur zu einem gewissen Teil
ausgewiesen.
210
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
• Die festgestellten Eigenkapitalquoten variieren deutlich zwischen unterschiedlichen Wirtschaftszweigen, was seine Ursache vor allem in verschiedenen Produktionsstrukturen bzw. Realkapitalintensitäten hat. Diese betreffen wiederum
die Finanzierungsgewohnheiten.
Im Grundsatz erleichtert eine umfangreiche Eigenkapitalausstattung aus Gründen
der Bonität wiederum die Aufnahme von Fremdkapital. Hierbei steigt die Bedeutung
der Innenfinanzierung über eine Einbehaltung von Gewinnen an, was jedoch vor allem ertragreichen Unternehmen – also großen Mittelständlern, Unternehmen des
Verarbeitenden Gewerbes und Kapitalgesellschaften – möglich ist. Lediglich für
derartige Unternehmen bietet sich zudem eventuell die Möglichkeit eines Börsenganges an. Analoges gilt für die Aufnahme von Fremdkapital über die Emission von
Unternehmensanleihen. Kleinen mittelständischen Unternehmen bleiben hingegen
derartige Möglichkeiten der Kapitalaufnahme in der Regel verwehrt. Auch bieten
sich ihnen weitaus geringere Spielräume zu Ertragssteigerungen bzw. Kostensenkungen.
Alternativen in der Eigenkapitalzuführung eröffnen sich auch in Deutschland in der
Finanzierung über Venture Capital-Gesellschaften. Innerhalb der Finanzbranche hat
dieses Geschäftsfeld während der jüngeren Vergangenheit tatsächlich erheblich an
Bedeutung gewonnen, jedoch gilt dies nur für ein relativ kleines Segment innerhalb
des Mittelstandes, wie beispielsweise ausgeprägt technologieorientierte Unternehmen.
Spezielle Fördermaßnahmen für kleinere und mittlere Unternehmen bzw. für Unternehmensgründer sind sicherlich nicht als „Ersatz“ für makroökonomische Reformen
anzusehen, sie können jedoch einen Teilbeitrag zur Verbesserung der unternehmerischen Rahmenbedingungen leisten. In diesem Zusammenhang ist allerdings zu
beachten, dass staatliche Fördermaßnahmen unter Umständen zu Anreizverzerrungen und Fehlallokationen führen. Außerdem ist die Annahme umfangreicher Mitnahmeeffekte durchaus nicht unrealistisch. Nichtsdestoweniger lässt sich in der
Gestaltung der Förderungsmöglichkeiten in mehrfacher Hinsicht politisch ansetzen.
Dies gilt beispielsweise für:
• die – auch vor dem Hintergrund der generellen Knappheit an öffentlichen Finanzmitteln sinnvolle – Umstellung des politischen Instrumentariums von einer
Zuschussfinanzierung auf eine Förderung aus revolvierenden Töpfen (Darlehensfinanzierung), um etwaigen Anreizverzerrungen und Fehlallokationen entgegenzuwirken. Dies führt allerdings wiederum zu Folgewirkungen auf die Finanzierungsspielräume der mittelständischen Unternehmen, denn das Größen-
211
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
verhältnis zwischen Eigenkapital und Fremdkapital beeinflusst die Unternehmensbonität.
• Flexible Laufzeiten, um eine Finanzierung sicherzustellen, die kongruent zur
Absetzung für Abnutzung verläuft.
• Senkung der Kosten für die Förderintermediäre durch eine Standardisierung
und Automatisierung der Verfahren.
• Ausbau der Risikokapital- und Beteiligungsfinanzierung, weil der diesbezügliche
Bedarf bei mittelständischen Unternehmen ansteigen wird.
• Flexibilisierung des Kreditangebots durch flexiblere Konditionen, Verbriefung
der Förderkredite zur Eigenkapitalentlastung der Kreditinstitute und Globaldarlehen an Kreditinstitute.
• Die institutionell untermauerte Erweiterung der Märkte für Venture Capital.
Nicht zuletzt müssen politische Konzepte zur Verbesserung der Eigenkapitalbasis
wohl auch an den gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingen ansetzen und betreffen
somit zahlreiche wirtschaftspolitische Teilbereiche wie z. B. Arbeitsmarktreformen,
Maßnahmen zur Verminderung der Regulierungsdichte und zur Entbürokratisierung
oder Veränderungen des Steuerrechts. Letztere sollten vor allem auf die Besteuerung natürlicher Personen abzielen.
Insgesamt wird sich eine Stärkung der mittelständischen Wirtschaft in Deutschland
auch positiv auf den Finanzplatz Frankfurt auswirken. Die Finanzinstitute selbst
können hierzu vor allem durch eine Neuausrichtung ihres Firmenkundengeschäfts
einen wesentlichen Beitrag leisten, so z. B. durch generell breitere geschäftsbegleitende Beratungstätigkeiten für ihre Firmenkunden, die über die Gewährung von
Krediten hinausgehen.
212
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Tabellenverzeichnis
Tabelle
Seite
1
Anzahl der Kreditinsitute und der Zweigstellen in ausgewählten EU-Ländern,
2000 und 2004
2
Marktstruktur innerhalb des Bankensektors in ausgewählten EU-Ländern,
2000 und 2004
10
3
Entwicklung der Anzahl der Kreditinstitute in Deutschland und in Hessen
von 1995 bis 2004
12
4
Entwicklung der Anzahl der Bankzweigstellen in Deutschland und in Hessen
von 1995 bis 2005
13
5
Jährliche Anzahl der Mergers and Acquistions in der Kreditwirtschaft in
ausgewählten EU-Ländern, 2000 bis 2004
17
6
Anzahl der Bankbeschäftigten in ausgewählten EU-Ländern, 2000 und 2004
18
7
Entwicklung der Aufwand/Ertrag-Relation in Deutschland
23
8
Entwicklung der Eigenkapitalrentabilität der Banken in Deutschland
24
9
Frankfurter Wertpapierbörse (FWB) im internationalen Vergleich:
Aktienmarkt im Jahr 2004
30
10
Frankfurter Wertpapierbörse (FWB) im internationalen Vergleich:
Rentenmarkt im Jahr 2004
31
11
Eurex im internationalen Vergleich: Märkte für Optionen und Futures im
Jahr 2004
32
12
Gesamtumsatz und Orderbuchumsatz der deutschen Börsen nach
Anlageformen im Jahr 2004
38
13
Strukturdaten zur Versicherungswirtschaft 1) in Deutschland
43
14
Entwicklung des Bestands an förderfähigen Lebensversicherungen
(„Riester-Verträge“)
45
15
Struktur der Kapitalanlagen der Versicherungswirtschaft in Deutschland
47
16
Unternehmen der Versicherungswirtschaft in den einzelnen
Bundesländern, 2003
48
17
Beschäftigte am Arbeitsort in der Versicherungswirtschaft in den einzelnen
Bundesländern, 2003
49
18
Bedeutsame Versicherungsunternehmen mit Sitz in Hessen
52
19
Marktanteile ausländischer Versicherungsunternehmen auf dem deutschen
Erstversicherungsmarkt, 2000 (in v. H. des Prämienaufkommens)
54
20
Internationale Gremien der Finanzmarktaufsicht
83
21
Gremien der Finanzmarktregulierung und -aufsicht auf der Ebene der EU
86
22
Maßnahmen der Finanzmarktregulierung in der EU
88
23
Vergleich der in unterschiedlichen Industrieländern vorherrschenden
Bildungssysteme
96
24
Institutionen der auf das Finanzwesen ausgerichteten Forschung und Lehre
an den Universitäten Frankfurt, Darmstadt, Gießen, Mainz und Marburg
100
9
213
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
Tabelle
214
Seite
25
Entwicklung der Steuerquote und der Abgabenquote im Vergleich der
Finanzplätze Frankfurt, Paris und London von 1970 bis 2003
109
26
Steuersätze auf Unternehmensgewinne im Vergleich der Finanzplätze
Frankfurt, Paris und London
109
27
Einkommensteuerspitzensätze im Vergleich der Finanzplätze Frankfurt,
Paris und London
111
28
Belastung von Arbeitnehmereinkommen bzw. Lohnkosten mit
Einkommen/Lohnsteuer und Sozialabgaben im Vergleich der Finanzplätze
Frankfurt, Paris und London
113
29
Steuern auf Zinsen und Dividenden für Ansässige im Vergleich der
Finanzplätze Frankfurt, Paris und London
114
30
Steuern auf Zinsen und Dividenden für Nichtansässige im Vergleich der
Finanzplätze Frankfurt, Paris und London
115
31
Indirekte Steuern im Vergleich der Finanzplätze Frankfurt, Paris und London 116
32
Umlauf von festverzinslichen Wertpapieren im internationalen Vergleich
2005
134
33
Dimensionen der Investment-Branche in ausgewählten Ländern
138
34
Entwicklung der Anzahl der inländischen Investmentfonds von 1995 bis
2005
140
35
Entwicklung des in inländischen Investitionsfonds gehaltenen Vermögens
(in Mio. Euro) von 1995 bis 2005
141
36
Bestandsveränderung gegenüber dem Vorjahr der inländischen
Investmentfonds (in Mio. Euro) von 1995 bis 2005
142
37
Die in Bezug auf das Geschäftsvolumen bedeutendsten am Finanzplatz
Frankfurt ansässigen Publikumsfondsgesellschaften
143
38
Standorte der Fondsmanager, die innerhalb der EU registrierte Hedgefonds
verwalten*
154
39
Genehmigte und aufgelegte Dach-Hedgefonds in Deutschland 2005
155
40
Vergleich derzeit bestehender REIT-Strukturen in Europa
165
41
Die in Bezug auf die Marktkapitalisierung bedeutensten
Immobilienanlagesellschaften in den USA, Frankreich und Deutschland,
2005
168
42
Relative Bedeutung des Kreditrisikotransfers für Kreditinstitute in der EU
178
43
Strukturdaten zum Geldvermögen der privaten Haushalte in Deutschland
188
44
Rendite-Risikoprofile unterschiedlicher Instrumente der privaten
Altersvorsorge
190
45
Einjährige Renditen und zehnjährige Renditen unterschiedlicher
Instrumente der privaten Altersvorsorge
191
46
Mittelstandsdefinition der EU
196
47
Geschäftsstrategien kleiner und mittlerer Unternehmen in Reaktion auf
konjunkturelle Schwächephasen
207
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Abbildungsverzeichnis
Abbildung
Seite
1
Anzahl der Kreditinstitute am Finanzplatz Frankfurt
14
2
Anzahl der Beschäftigten bei den Frankfurter Kreditinstituten, 1995 bis 2004
20
3
Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Wirtschaftsbereich
Finanzierung, Vermietung und Unternehmensdienstleistungen in
ausgewählten Städten der Rhein-Main-Region, 2000 und 2004
21
4
Relatives Gewicht einzelner Ertrags- und Aufwandspositionen in
unterschiedlichen Bankengruppen, 2004
24
5
Entwicklung der Eigenkapitalrentabilität der jeweils fünf größten
Bankkonzerne in ausgewählten Ländern
25
6
Marktkapitalisierung heimischer Unternehmen nach Zeitzonen
28
7
Die Europäische Börsenlandschaft 2001 und 2005 im Vergleich
36
8
Anzahl der Unternehmen bzw. der Beschäftigten in der
Versicherungswirtschaft in Deutschland
50
9
Marktanteile großer Finanzkonglomerate in ausgewählten europäischen
Ländern
91
10
Verbreitung von Betriebsräten innerhalb unterschiedlicher
Betriebsgrößenklassen, 2000
122
11
Verbreitung von Betriebsräten innerhalb einzelner Branchen, 2000
123
12
Geldvermögen der Privathaushalte in Deutschland im Hinblick auf
ausgewählte Anlagekategorien, 1995, 2000 und 2004
129
13
Umlauf festverzinslicher Wertpapiere inländischer Emittenten, gegliedert
nach Wertpapierarten, 1985 bis 2005
131
14
Restlaufzeiten festverzinslicher Wertpapiere von Emittenten mit Sitz in
Deutschland, 2000 und 2005
136
15
Anzahl der Aktienfonds, gegliedert nach Fondstypen, 2000 und 2004
144
16
Anzahl der Rentenfonds, gegliedert nach Fondstypen, 2000 und 2004
145
17
Entwicklung der Anzahl der Hedgefonds bzw. des in Hedgefonds
angelegten Vermögens, weltweit 1988 bis 2005
149
18
Anteile unterschiedlicher Fondskategorien am weltweit in Hedgefonds
gehaltenen Vermögen, 1997 und 2004
152
19
Anteile der gegenwärtig fünf bedeutsamsten Prime Broker am weltweit in
Hedgefonds angelegten Kapitalbestand, 2004 und 2005
157
20
Entwicklung der Anzahl der REITs bzw. der in REITs gebundenen
Marktkapitalisierung in den USA, 1984 bis 2004
162
21
Die Entwicklung des Private Equity-Marktes innerhalb der EU,
1995 bis 2004
172
22
Private Equity- Investitionen (in v. H. des BIP) in ausgewählten
europäischen Ländern 2004
173
215
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
Abbildung
23
Struktur der innerhalb der EU getätigten Private Equity- Investitionen,
bezogen auf ausgewählte Länder bzw. Finanzierungsphasen
174
24
Entwicklung des weltweiten Volumens an Kreditderivaten
177
25
Struktur der Referenzaktiva von Kreditderivaten in Deutschland
(Sicherungsgeberpositionen), 2003
179
26
Eigenmittelausstattung deutscher Unternehmen im Vergleich
unterschiedlicher Rechtsformen – Untersuchungsergebnisse der Deutschen
Bundesbank und der KfW für das Jahr 2000
201
27
Eigenmittelausstattung deutscher Unternehmen im Vergleich zwischen
Großunternehmen und KMU bzw. unterschiedlichen Rechtsformen –
1994 bis 2001
202
Eigenmittelausstattung mittelständischer Unternehmen in Deutschland im
Vergleich zwischen unterschiedlichen Größenklassen des
Jahresumsatzes – 1999 bis 2001
203
29
Eigenmittelausstattung deutscher Unternehmen im Vergleich zwischen
unterschiedlichen Branchen im Jahre 2000
204
30
Entwicklung des Investitionsvolumens und Desinvestitionsvolumens innerhalb
der Venture Capital-Branche in Deutschland – 1991 bis 2004
209
28
216
Seite
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Literaturverzeichnis
ABI – Association of British Insurers (2004): ABI Statistics 2004. London.
Addison, J.T., C. Schnabel und J. Wagner (1998): Betriebsräte in der deutschen Industrie
– Verbreitung, Bestimmungsgrüne und Effekte. In: Gerlach, K., O. Hübler und W. Meyer
(Hrsg.): Ökonomische Analysen betrieblicher Strukturen und Entwicklungen. Das Hannoveraner Firmenpanel. Frankfurt/New York. S. 59-87.
Bach, S.; B. Bartolomai (2001): Vermögenswert der Unternehmen – Besitz und
Beteiligung privater Haushalte. DIW-Wochenbericht 48/2001.
Bauer, C. (2004): Hessischer Mittelstandsbericht 2004. Report Nr. 669. (Hrsg. Forschungs-und Entwicklungsgesellschaft Hessen mbH – jetzt HAHessen Agentur GmbH –),
Wiesbaden.
Berthold, N.; Stettes, O. (2001): Die betriebliche Mitbestimmung in Deutschland. In: Wirtschaftliches Studium – WiSt, Jg. 30, S. 506-512.
Bikker; Haf (2002): Competition, Concentration and their Relationship. An Empirical
Analysis of the Banking Industry. In: Journal of Banking and Finance, Jg. 26, Heft 1.
Börsenzeitung (9.12.03): Notiert in Paris: Prüfung des Schulwesens. S. 8.
Börsenzeitung (31.3.04): Mär von der Konsolidierung. S. 8.
Börsenzeitung (2.7.04): Fusionsdruck bei den öffentlichen Versicherern, S. 5.
Börsenzeitung (16.9.04): Ansichtssache von Klaus-Peter Müller, Vorstandssprecher der
Commerzbank: Der Vorwurf der Kreditverweigerung ist absurd. S. 8.
Börsen-Zeitung (18.11.05).
Brabänder, B. (2005): EU-Finanzmarktintegration – Noch zu früh für Europamüdigkeit. In:
Die Bank, Oktober 2005.
Brugiavini, A. (2002): Aging and saving in Europe. In: A. Auerbach und H. Herrmann: Ageing, Financial Markets and Monetary Policy. Berlin u. a., S. 9-48.
Buch, C. M.; Lipponer, A. (2004): FDI versus Cross-Border Financial Services: The Globalisation of German Banks. Discussion Paper 05/2004, Deutsche Bundesbank.
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht - BaFin (2004): Jahresbericht 2003.
Bonn, Frankfurt.
217
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
Bundesgesetzblatt (2004): Finanzkonglomeraterichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 21. Dezember 2004 (BGBl. I, S. 3610).
Bundesministerium der Finanzen (2003a): Mittelstandsfinanzierung in Deutschland. In:
Monatsbericht 12/2003, S. 39-48, Berlin.
Bundesministerium der Finanzen (2003b): Eigenkapitalquoten deutscher Unternehmen.
In: Monatsbericht 8/2004, S. 67-74, Berlin.
Bundesministerium der Finanzen (2005): Die wichtigsten Steuern im internationalen Vergleich, Berlin.
Bundesrat (2001): Drucksache 971/01 – Mitteilung der Kommission der Europäischen
Gemeinschaften an den Rat, das Europäische Parlament und den Wirtschafts- und Sozialausschuss: Ein Binnenmarkt ohne steuerliche Hindernisse (Strategie zur Schaffung einer konsolidierten Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage für die grenzüberschreitenden Unternehmenstätigkeit in der Europäischen Union).
Bundesrat (2005): Drucksache 105/05 – Antrag des Landes Hessen auf Entschließung
des Bundesrates – Initiative zur Stärkung des Immobilienmarktes in Deutschland, Einführung von Real Estate Investment Trusts (REITs) in Deutschland.
Bundesverband deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften – BVK (2004): BVK-Gesamtstatistik 2003, Berlin.
Bundesverband deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften – BVK (2005), BVK-Statistik
2004, Berlin.
Bundesverband Investment und Asset Management – BVI (2004): Investment 2004 – Daten, Fakten, Entwicklungen, Frankfurt a. M.
Bundesverband Investment und Asset Management – BVI (2005): Investment 2005 – Daten, Fakten, Entwicklungen, Frankfurt a. M.
Center for Economics and Business Research (2005).
Center for the Study of Financial Innovation – CSFI (2003): Sizing up the City – London’s
Ranking as a Financial Center, London.
Chandrashekaran, V.; Young, M. S. (1999): Industry Concentration: The Case of Real Investment Trusts. In: Real Estate Finance, Jg. 16, Heft 3.
Claessens; Laeven (2004): What Drives Bank Competition? Some International Evicence.
In: Journal of Money, Credit and Banking, Jg. 36.
218
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
DAI – Factbook (August 2004).
Dauchy, C. ; Gouteroux, C. (2005) : Les résultats de grandes banques internationales en
2004 et au première semestre de 2005. In : Bulletin de la Banque de France, Nr. 142, Oktober 2005.
Davis, E. P. (2002): Ageing and Financial Stability. In: Auerbach, A. J., und H. Hermann:
Ageing, Financial Markets and Monetary Policy. Berlin u. a., S. 199-227, S. 201 ff.)
Deutsche Börse Group (2005): Factbook 2004.
Deutsche Börse Group (2005b), Geschäftsbericht 2004.
Deutsche Bundesbank (verschiedene Jahrgänge): Kapitalmarktstatistik.
Deutsche Bundesbank (verschiedene Jahrgänge): Die Ertragslage der deutschen Kreditinstitute.
Deutsche Bundesbank (1999): Hedge-Fonds und ihre Rolle auf den Finanzmärkten. In.
Monatsberichte der Deutschen Bundesbank, März 1999.
Deutsche Bundesbank (2000a): Der Markt für Wagniskapital in Deutschland. In: Monatsbericht, Oktober 2000.
Deutsche Bundesbank (2000b): Die Beziehung zwischen Bankkrediten und Anleihemarkt
in Deutschland. In: Monatsbericht Januar 2000.
Deutsche Bundesbank (2002a): Kapitalgedeckte Altersvorsorge und Finanzmärkte. In:
Monatsbericht der Deutschen Bundesbank, Juli 2002, S. 25-39.
Deutsche Bundesbank (2002b): Zur Entwicklung der Bankkredite an den privaten Sektor.
In: Monatsbericht Oktober 2002, S. 29-48.
Deutsche Bundesbank (2003a): Die Ertrags- und Finanzierungsverhältnisse
Deutscher Unternehmen im Jahr 2001. In: Monatsbericht April 2003. S. 49-71.
Deutsche Bundesbank (2003b): Zur wirtschaftlichen Situation kleiner und mittlerer Unternehmen in Deutschland. In: Monatsbericht Oktober 2003. S. 29-46.
Deutsche Bundesbank (2004a): Vierteljahreszahlen der Hauptverwaltung Frankfurt am
Main. 1. Quartal 2004.
Deutsche Bundesbank (2004b): Monatsbericht März 2004. Frankfurt am Main.
219
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
Deutsche Bundesbank (2004c): Neuere Entwicklungen auf dem Markt für Unternehmensanleihen. In: Monatsbericht April 2004.
Deutsche Bundesbank (2004d): Instrumente zum Kreditrisikotransfer: Einsatz bei deutschen Banken und Aspekte der Finanzstabilität. In: Monatsbericht April 2004.
Deutsche Bundesbank (2004e): Die gesamtwirtschaftlichen Finanzierungsströme im Jahr
2003. In: Monatsbericht Juni 2004.
Deutsche Bundesbank (2004f): Die gesamtwirtschaftlichen Finanzierungsströme im Jahr
2003. In: Monatsbericht der Deutschen Bundesbank, Juni 2004, S. 45-60.
Deutsche Bundesbank (2004g), Zur Neuregulierung der Europäischen Wertpapiermärkte.
In: Monatsbericht Juli 2004.
Deutsche Bundesbank (2004h): Monatsbericht Oktober 2004. Frankfurt am Main.
Deutsche Bundesbank (2004i): Credit Default Swaps – Funktionen, Bedeutung und Informationsgehalt. In: Monatsbericht Dezember 2004.
Deutsche Bundesbank (2005a): Bankstellenbericht 2005.
Deutsche Bundesbank (2005b): Direktinvestitionen und grenzüberschreitende Dienstleistungen deutscher Banken. In: Monatsbericht Januar 2005.
Deutsche Bundesbank (2005c): Die Aufsicht über Finanzkonglomerate in Deutschland. In:
Monatsbericht, April 2005.
Deutsche Bundesbank (2005d): Vermögensbildung und Finanzierung im Jahr 2004. In:
Monatsbericht Juni 2005
Deutsche Bundesbank (2005e): Die Wirtschaftslage in Deutschland 2005. In: Monatsbericht August 2005.
Deutsche Bundesbank (2005f): Die Ertragslage der deutschen Kreditinstitute im Jahr
2004. In: Monatsbericht September 2005.
Deutsche Bundesbank (2005g): Kapitalmarktstatistik Juni 2005.
Deutsche Bundesbank (2005h): Bankenplatz Frankfurt.
http://www.bundesbank.de/download/hv/frankfurt/bankenplatz_frankfurt.de
Deutscher Industrie- und Handelskammertag – DIHK (2002): MIttelstandsfinanzierung in
schwierigem Umfeld, November 2002.
220
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Deutscher Sparkassen- und Giroverband – DSGV (2003): Diagnose jetzt! Für nachhaltige
Reformen im Mittelstand. Berlin.
Devenow, A.; Welch, I. (1996): Rational Herding in Financial Economics. In: European
Economic Review, Jg. 40.
Dietl, H.; Pauli, M.; Royer, S. (1999): Frankfurts Position im Internationalen Wettbewerb –
Eine ressourcenorientierte Analyse. CFS Working Paper No. 1999/10.
Dilger, A. (1998): Betriebsratstypen und Personalfluktuation. Wirtschaftswissenschaftliche
Diskussionspapiere der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Ernst-MoritzArndt-Universität Greifswald, Nr. 5/99.
Dilger, A. (2002): Ökonomik betrieblicher Mitbestimmung. Die wirtschaftlichen Folgen von
Betriebsräten. München und Merling.
Eichengreen, B. J.; Mathieson, D. J. (2003): Hedge Funds and Financial Markets: Implications for Policy. In: Evaluating and Implementing Hedge Fund Strategies, London.
Eidgenössische Steuerverwaltung (2004): Steuerbelastung 2003 im internationalen Vergleich, Bern.
Eidgenössische Steuerverwaltung (2005): Mehrwertsteuer-Sätze im internationalen Vergleich 2005, Bern.
Ellguth, P. (2002): Betriebsräte in Kleinbetrieben – ein bislang eher seltenes Phänomen.
In: IAB-Materialien, 1/2002, S. 10-11.
Engerer, H.; Schroten, M. (2005): Deutschlands Bankensektor. (Hrsg. DIW, Berlin).
Ernst & Young (2005): Tax Treatment of REITs).
Europäische Kommission (3.3.03): Vermerk der Kommissionsdienststellen, Entwurf eines
künftigen Aufsichtssystems in der EU – Empfehlungen der Kommissionsdienststellen,
Brüssel.
Europäische Kommission (19.9.03): Note to the Solvency Subcommittee, Solvency II –
Reflections on the General Outline of a Framework Directive and Mandates for Further
Technical Work, Brüssel.
Europäische Kommission (2004): 2003 Observatory of European SMEs, Brüssel.
Europäische Union (2003): Amtsblatt der Europäischen Union, L 124/36, 20.05.2003.
221
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
Europäische Zentralbank EZB (2002), International Supervisory Co-operation. In: Monthly
Bulletin, May 2002, S. 55-66.
Europäische Zentralbank EZB (2004a): Credit Risk Transfer by EU-Banks: Activities,
Risks and Risk Management.
Europäische Zentralbank EZB (2004b): Developments in the EU Framework for Financial
Regulation, Supervision and Stability. In: Monthly Bulletin, November 2004, S. 81-93.
Europäische Zentralbank EZB (2005a): Consolidation and Diversification in the Euro Area
Banking Sector.
Europäische Zentralbank EZB (2005b): EU Banking Structures 2005.
Europäische Zentralbank EZB (2005c): The Development of Private Equity in Europe. In:
Monatsbericht, Oktober 2005.
Europäisches Parlament (2002): EU-Richtlinie 2002/87/EG im Rahmen des FSAP.
European Private Equity and Venture Capital Association (2005): Annual Survey 2004.
Eurostat (2003): Business in Europe. Statistical Pocketbook, Data 1995-2002.
Luxemburg.
Farny, D. (2002): Die Marktanteile „ausländischer“ Versicherer auf dem deutschen Erstversicherungsmarkt 1993 bis 2002. Mitteilung 1/2002 des Instituts für Versicherungswirtschaft der Universität zu Köln.
FFSA – Fédération Francaise des Sociétés D’Assurances (2004) : L’Assurance Francaise
2003. Paris.
Financial Times Deutschland (29.4.04): Versicherer laufen Kreditinstituten den Rang ab.
S. 11.
Fitch Ratings (2004): Global Credit Derivatives Survey.
Fitzroy, F. R.; K. Kraft (1987): Efficiency and Internal Organization: Work Councils in
German Firms. In: Economica, Vol. 54, S. 493-504.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.1.04, S. 45.
Frankfurter Allgemeine Zeitung (28.8.04): Spiel mit den Garantien, S. 9.
Frankfurter Allgemeine Zeitung (25.10.04): Finanzplatzinitiative bringt Mittelstandsfinanzierung voran.
222
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Frankfurter Allgemeine Zeitung (5.11.04): „Im Privatkundengeschäft liegt die Zukunft für
Frankfurt“.
Frankfurter Allgemeine Zeitung (10.8.05): Fondsbranche gewinnt nur allmählich mehr
Freunde
Frankfurter Allgemeine Zeitung (31.8.05): Neuerlicher Betrugsfall bei amerikanischem
Hedge-Fonds.
Frankfurter Allgemeine Zeitung (22.9.05): Die erste indizierte Fünfzigjährige.
Frankfurter Allgemeine Zeitung (27.10.05): der deutsche Beteiligungsmarkt bleibt in
Schwung.
Frankfurter Allgemeine Zeitung (2.11.05): Hessen verkauft seine Behördengebäude.
Freeman, R. B.; J. L. Medoff (1979): The two Faces of Unionism. In: The Public Interest,
Vol. 57, S. 69-93.
Freund, B. (2001): Hochqualifizierte Migranten im Rhein-Main-Gebiet. In: Frankfurter Statistische Berichte 3, 2001. S. 207-220.
Fung, W.; Hsieh, D. A. (1999): A Primer on Hedge Fonds. In: Journal of Empirical Finance, Jg. 6, Heft 3.
Fung, W.; Hsieh, D. A. (2000): Measuring the Market Impact. In: Journal of Empirical Finance, Jg. 7, Heft 1.
Garbaravicius, T.; Dierick, F. (2005): Hedgefunds and their Implications for Fiancial Stability. Europäische Zentralbank (Hrsg.), Occasional Paper Series, Nr. 34, August 2005.
Gaudecker, H.-M. von; Weber, C. (2003): Surprising in Growing Market Niche: Evaluation
of the German Private Annuities Market. Diskussionspapiere des Mannheim Research Institute for the Economics of Aging an der Universität Mannheim, Nr. 29-03. Mannheim.
Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft GDV (2005a): Jahrbuch 2005.
Berlin.
Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft GDV (2005b): Statistisches Jahrbuch der Versicherungswirtschaft 2005. Berlin.
Gerlach, K.; Jirhan, U. (2001): Employer Provided Training: Evidence from German Establishment Data. In: Schmollers Jahrbuch, Jg. 121, S.139-164.
223
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
Große, E. U. (1993): Das Bildungssystem: Traditionen und Innovationen. In: Große, E. U.,
H.H. Lüger: Frankreich verstehen. Darmstadt, S. 219-268.
Helaba; HA Hessen Agentur GmbH (Hrsg.) (2005): Die 100 größten Unternehmen in Hessen. Report Hessen Agentur 679.
Hessisches Kultusministerium (28.9.04): Deutschlandweit einmaliges Projekt: Internationale Schule in öffentlicher Trägerschaft. Pressemeldung.
Hessisches Statistisches Landesamt – HSL (2004a): Daten zur Versicherungswirtschaft.
Hessisches Statistisches Landesamt – HSL (2004b): Hessische Kreiszahlen. 2003, Band
2, Wiesbaden.
Hilbert, J.; Sperling, H. J.; Fretschner, R. (1999): Interessenvertretung in Klein- und Mittelbetrieben. In: W. Müller-Jentsch (Hrsg.): Konfliktpartnerschaft – Akteure und Institutionen
der industriellen Beziehungen. 3. Auflage, München, Mering. S. 257-272.
Hildebrand, P. M. (2005): Jüngste Entwicklungen in der Hedge-Fonds-Branche. In:
Schweizerische Nationalbank (Hrsg.), Quartalsheft 1/2005.
HM Treasury (2005): UK Real Investment Trusts: a discussion paper. London.
Hott, C.; Kunkel, A. (2003): Kreditpolitik der Banken. In: ifo Schnelldienst 19/2003, S. 5154.
Hübler, O. (2003): Fördern oder behindern Betriebsräte die Unternehmensentwicklung?
In: Perspektiven der Wirtschaftspolitik, Jg. 4 (4), S. 379-397.
Hübler, O.; Jirhan, U. (1998): Zeit-, Leistungs- und Gruppenentlohnung - Empirische Untersuchung mit Betriebsdaten zur Entlohnungsart. In: Gerlach, K., O. Hübler und W. Meyer (Hrsg.): Ökonomische Analysen betrieblicher Strukturen und Entwicklungen. Das Hannoveraner Firmenpanel. Frankfurt/New York. S. 148-172.
Hübler, O.; Jirhan, U. (2002): Arbeitsproduktivität, Reorganisationsmaßnahmen und Betriebsräte. In: Bellmann, L.; Kölling, A. (Hrsg.): Betrieblicher Wandel und Fachkräftebedarf,
Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung, Nürnberg, S. 1-45.
Hübler, O.; König, A. (1999): Betriebliche Weiterbildung, Mobilität und Beschäftigungsdynamik. In: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, Jg. 219, S. 165-193.
Hübler, O.; Meyer, W. (2001): Industrial Relations and Wage Differentials within Firms. In:
Schmollers Jahrbuch, Jg. 121, S. 285-312.
224
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Hughes, F. (2005): Pan-European REIT – A long, long road. Herausgegeben von der
EPRA – European Public Real Estate Association, Schiphol Airport.
IHK Frankfurt (2005): Versicherungsplatz Frankfurt. Frankfurt am Main.
IKB (2003): IKB-Bilanzanalyse: Schwieriges konjunkturelles Umfeld für mittelständische
Unternehmen. Unternehmerthemen, 11/2003.
Initiative Finanzstandort Deutschland (2005a): Finanzstandort Bericht Nr. 1.
Initiative Finanzstandort Deutschland (2005b): Einführung eines G-REIT – Abschlussbericht und Empfehlung der IFD.
Institut der Deutschen Wirtschaft (2001): Unternehmenssteuer-Last im internationalen
Vergleich. In: IW-Trends, 4, 2001, S. 55-63.
Institute for International Bankers (2003): Global Survey 2003.
International Swaps and Derivatives Association (2005): ISDA Mid-Year Market Survey
2005.
Investmentmodernisierungsgesetz § 112 (1).
Investmentmodernisierungsgesetz, §§ 112 bis 120.
IWF (2005): Global Financial Stability Report. April 2005.
Jirhan, U. (1998): Effizienzwirkungen von Erfolgsbeteiligung und Partizipation. Frankfurt
und New York.
Jirhan, U. (2003): Betriebsräte, Tarifverträge und betriebliches Lohnniveau. In: Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, 4/2003. S. 649-660.
KfW (2003a): Unternehmensfinanzierung in schwierigem Fahrwasser.
KfW (2003b): Finanzierungsstruktur und Ertragslage mittelständischer Unternehmen
1998-2001. In: KfW-Research Nr. 30, S. 48-76.
KfW (2005a): Mezzanine Finanzierungen für den Mittelstand. Der Markt ist in Bewegung.
WirtschaftsObserver online, Nr. 1, Juli 2005
KfW (2005b): Entwicklungstendenzen in der Vertragsgestaltung auf dem deutschen Beteiligungskapitalmarkt. In: Mittelstands- und Strukturpolitik, Nr. 33.
Kothoff, H.; Reindl, J. (1990): Die soziale Welt kleiner Betriebe. Wirtschaften, Leben und
Arbeiten im Industriebetrieb. Göttingen.
225
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
KPMG (2004): Steuerliche Sonderregelungen für ausländische Arbeitnehmer (sogenannte
Expatriates) in Europa.
Lamberti, H.-J. (2004): Industrialisierung des Bankgeschäfts. In: Die Bank, H. 6/7, 2004.
Lindbeck, A.; Snower, D. J. (1996): Reorganization of Firms and Labor Market Inequality.
In: American Economic Review, Jg. 86, S. 315-321.
Mackenzie, G. A.; Gerson, P.; Cuevas, A. (1997): Pension Regimes and Saving. International Monetary Fund Occasional Paper, Nr. 153. S. 17.
MARKUS-Datenbank (2004).
Mitchie, R. C. (Hrsg.) (2000,): The Development of London as a Financial Centre. I. B.
Tauris, London.
Mitropoulos, S. (2005): Einführung von REITs in Deutschland. In: Deutsche Bank, Private
Wealth Management (Hrsg.), Immobilienaktien – Aktien mit Fundament.
Munsberg, F. (2005): Zehn Jahre Jumbo-Pfandbrief – Wie alles begann. In: Die Bank,
Heft 6/2005.
NAREIT - National Association of Real Estate Investment Trusts (2005): NAREIT Real Estate Chart Book.
National Venture Capital Association (2005): Industry Statistics.
Neue Zürcher
S. 21.
Zeitung
(27.1.04):
Steuerreform
verleiht
Wien neuen Schwung.
Neue Zürcher Zeitung (4.2.04): Reflexe: Einheitsbrei in der EU bei der Unternehmensbesteuerung? S. 24.
Neue Zürcher Zeitung (28.5.04): Deutsche Lebensversicherung mit halbiertem Steuerprivileg. S. 13.
Neue Zürcher Zeitung (1.9.05): Die Man Group kritisiert Hedge-Funds-Regeln.
Neue Zürcher Zeitung (15.9.05): Wie Luxemburg die Schweiz im Fondsgeschäft überholt
hat.
Neue Zürcher Zeitung (25.10.05): Arbeitsteilige Finanzindustrie.
Neue Zürcher Zeitung (1.11.05): Reges Interesse an Jumbo-Pfandbriefen.
North American Free Trade Agreement (2004): Financial Services.
226
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschafts- und Regionalforschung –
Nowak, M.; Simon, G. (2005): Real Estate Investment Trusts – Neue Impulse. In: Die
Bank, Jg. 45, Heft 8.
OECD (1994): Employment Outlook 1994. Paris.
OECD (2000): Small and Medium-sized Enterprises: Local Strength, Global Reach. Policy
Brief, Juni 2000. Paris.
OECD (2001): Knowledge and Skills for Life – First results from PISA 2000.
OECD (2005a): OECD-Revenue Statistics 1965-2004. Paris.
OECD (2005b): Taxing Wages 2003 – 2004. Paris.
Petschnigg, R. (2005): The Institutional Framework for Financial Market Policy in the USA
seen from an EU Perspective. ECB Occasional Paper, Nr. 35/September 2005.
PriceWaterhouseCoopers (2004): The Regulation and Distribution of Hedge Fonds in
Europe, Changes and Challenges: Update, May.
PriceWaterhouseCoopers/ZEW (2004): International Taxation of Expatriates. Frankfurt a.M.
Quitzau, J. (2004): Wer trägt die Last von Unternehmenssteuern? Deutsche Bank Research (Hrsg.), Aktuelle Themen, Nr. 288.
Schnabel, C.; Wagner, J. (2001): Die betriebsratsfreie Zone und die Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes aus ökonomischer Sicht. In: Gewerkschaftliche Monatshefte,
Jg. 52, Heft 4, S. 235-243.
Schradin, H. R.; Reichenbach, B. (2003): Private Altersicherung in der Bundesrepublik
Deutschland. Mitteilungen des Instituts für Versicherungswirtschaft an der Universität zu
Köln, Nr. 1/2003. Köln.
Schröder, M.; Schüler, M. (2004): Kapitalmärkte und Demographie. Eine Umfrage unter
Finanzexperten. Hrsg. ZEW Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung, Mannheim.
Schwirten, C. (2005): Refinanzierung – Pfandbriefgesetz schafft neue Möglichkeiten. In:
Die Bank, Heft 1/2005.
Smith, S. C. (1991): On the Economic Rational for Codetermination Law. In. Journal of
Economic Behavior and Organization, Vol. 12. S. 261-281.
227
Finanzplatz Frankfurt – Perspektiven
Spahn, B.; van den Busch, Uwe (2003): Position und Entwicklungsperspektiven des Finanzplatzes Frankfurt. Report 645 (Hrsg. Forschungs- und Entwicklungsgesellschaft Hessen mbH – jetzt HA Hessen Agentur).
Statistisches Bundesamt (2004): Daten zur Versicherungswirtschaft.
Stöffler, Gabriele (2004): Beaufsichtigung von Finanzkonglomeraten. In: Finanzmarkstabilitätsbericht Nr. 8 der Österreichischen Nationalbank.
van Hedge Fond Advisors (2004): Hedge Funds – An Overview of the Universe.
van Lelyveld, I.; Schilder, A. (2002): Risk in Financial Conglomerates: Management and
Supervision. Research Series Supervision 49. de nederlandsche Bank, November 2002.
Vaughan, D. A. (2003): Selected Definitions of Hedge Fund. Comments for the US SEC
Roundtable on Hedge Funds, 14-15 May 2003.
Verband der Vereine Creditreform – VVC (2004): Wirtschaftslage und Finanzierung im
Mittelstand, Frühjahr 2004. Neuss.Literatur
Wiesbadener Kurier (3.4.04): Renten-Ängste beflügeln R+V. S. 27.
Wiesbadener Kurier (8.7.04): SV startet ins Eheleben. S. 25.
World Federation of Exchanges (2005): Annual Report and Statistics 2004.
Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschnung – ZEW (2005): Effektive Steuerbelastung
von Unternehmen in Europa.
228