PDF - Deutsche Gesellschaft für Ordenskunde e. V.
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55 10. JAHRGANG JUNI 2008 In diesem Heft Das hessen-darmstädtische Allgemeine Ehrenzeichen mit der Inschrift Für Tapferkeit Verleihungen des Königlich Preußischen Schwarzen AdlerOrdens an Belgier Eine Rettungsmedaille von 1925 OHNE Umschrift? Der Stuttgarter Juwelier Otto Wennberg Eine Studie zu den preußischen Dienstaltersabzeichen Die Königlich Preußische Rote Kreuz-Medaille erster Klasse Etui zum Allgemeinen Ehrenzeichen bis etwa 1905 in der typischen hessischen achteckigen Form; Überzug aus graublauem Kunstleder. Im Unterdruck: Erster Typ der Verleihungsurkunde zum Allgemeinen Ehrenzeichen mit Originalunterschrift des Großherzogs Ernst Ludwig. (hier „Für treue Arbeit“; Georg Reinheimer aus Rüsselheim am 3. Dezember 1898). Das Magazin für Freunde der Phaleristik AUF Inhalt EIN WORT Dr. K. P. Christian Spath, Hohenstein: Das hessen-darmstädtische Allgemeine Ehrenzeichen mit der Inschrift FÜR TAPFERKEIT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 Dietmar Raksch Leiter der Regionalgruppe Neumünster Stijn David / Dr. Peter Sauerwald, Tielt / Kaarst: Verleihungen des Königlich Preußischen Schwarzen Adler-Ordens an Belgier . . . . . . . . . . 133 Erast Schubersky / Wolfgang Thamm, Karlsruhe: St. Johannes führt auf den rechten Pfad . . . . . . . 139 Thema: Jugendarbeit Liebe Leserinnen und Leser, Wir sind alle nur Besitzer von geschichtlichen Exponaten auf Zeit. Dieser Sinnspruch gilt für alle materiellen Dinge und somit auch für die Stücke, die eine Sammlung so begehrenswert machen. Hat man nun diese Tatsache verinnerlicht, kommt man bald zu der Feststellung, wie wichtig auch in unserm Bereich die Jugendarbeit bei den Nachwuchssammlern ist. Andere Vereine in Deutschland, wenn es nicht gerade Fußballvereine sind, können davon zur Genüge berichten. Denn irgendwo sollen die Dinge, die man sein Leben lang erforscht und aufgearbeitet hat, auch wieder hin. Darum ist es wichtig für die Mitglieder des BDOS – Deutsche Gesellschaft für Ordenskunde e.V. sich der Jugend-/Nachwuchsarbeit zu widmen. Das ist wie immer leichter gesagt, als getan. Was kann also der Einzelne tun? Ausstellungen in für die Öffentlichkeit zugängigen Gebäuden über bestimmte Themenkreise sind sicherlich ein gutes Mittel, das Interesse bei jungen Leuten zu wecken. Einen anderen Weg habe ich gewählt und vielfach genutzt. Meine Töchter beklagten sich früher über den langweiligen Geschichtsunterricht in der Schule. Da lag es nahe, dass ich mich mit den jeweiligen Lehrern absprach, um im Unterricht eine Doppelstunde zum Thema Orden und Ehrenzeichen in der geschichtlichen Entwicklung zu halten. Das ist relativ einfach. Man packt einige Stücke als Anschauungsmaterial ein, dazu eventuell noch eine Pickelhaube (hat für Jugendliche immer noch einen besonderen Reiz!) und erzählt dann geschichtliche Zusammenhänge und Geschichten mit phaleristischem Hintergrund. Selbst in den liberalen, integrierten Gesamtschulen gelte ich nicht als Militarist, sondern als Geschichtsfachmann mit Wissen über Orden. Man wird bei so einem Vortrag ein Drittel interessierte, ein Drittel weniger interessierte und ein Drittel desinteressierte Schüler finden. Mehr ist auch nicht zu erwarten. Dass man mit solchen Aktionen nicht gleich Mitglieder für den BDOS – Deutsche Gesellschaft für Ordenskunde e.V. rekrutiert, versteht sich von selbst. Man hat aber einen Fuß in die Tür gesetzt und ist im Gespräch. Junge Sammler haben es heute erheblich schwerer als die alten Hasen vor 40 Jahren. Bei der heutigen Preisgestaltung ist es nicht mehr so einfach, eine größere Sammlung aufzubauen. Wirkliche Schnäppchen gibt es heute kaum noch und dazu kommt die permanente Verunsicherung durch Kopien und Verfälschungen, die im Handel, auf Börsen und zunehmend auch im Internethandel zu finden sind. Um jungen Mitgliedern unseres Vereins hilfreich zur Seite zu stehen, können die Regionalgruppen daher wertvolle Dienste leisten, indem ältere Mitglieder dort Orden und Ehrenzeichen vorstellen, aber auch neue Bücher und Auktionskataloge mitbringen sowie etwa alte Bücher ausleihen. Vielleicht erringt dann einer ihrer Schützlinge den (z. Z. leider eingeschlafenen) vom BDOS verliehenen Dr. Klietmann Jugendpreis. In diesem Sinne Mike Estelmann, Hohen Neuendorf: Eine Rettungsmedaille von 1925 OHNE Umschrift? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 Matthias Vollmer, Stuttgart: Der Stuttgarter Juwelier Otto Wennberg . . . . . . 144 Lothar Tewes, Bernau: Eine Studie zu den preußischen Dienstaltersabzeichen an den Allgemeinen Ehrenzeichen in Silber und Gold . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 Prof. Walter A. Schwarz, Wien: Die österreichische Militär-Anerkennungsmedaille (MilAM) und die Milizmedaille (MiMed) . . . 154 Dr. Tilo Wahl, Berlin: Die Königlich Preußische Rote Kreuz-Medaille erster Klasse. Eine zeitgenössische Anfertigung der Hofjuweliere Godet in Berlin . . . . . 157 Franz Hannesschläger, Bad Herrenalb: Ein badischer Damenstifts-Orden – Adeliges Albertus-Carolinen-Stift zu Freiburg i. Br. . . . . . . 160 Fragen an die Leser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 Neue Bücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 Auktionsnachberichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 Vereinsteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 Ihr Dietmar Raksch 121 K. P. Christian Spath Das hessen-darmstädtische Allgemeine Ehrenzeichen mit der Inschrift FÜR TAPFERKEIT und seine Einbettung in das hessische Auszeichnungswesen Vom Allgemeinen Ehrenzeichen zur Tapferkeitsmedaille Parallel zu den Medaillen des Lud(e)wigordens verordnete Ludwig II. (reg. 1830–1848), Großherzog von Hessen und bei Rhein, am 25. September 1843 die Einführung einer (silbernen) Civil-Ehrenmedaille. Erst sein Sohn Ludwig III. (reg. 1848–1877) konnte nach dem Tode seines Vaters unter Zurücknahme der Verordnung die Stiftung verwirklichen, nachdem bis zu diesem Zeitpunkt erst wenige Medaillen verliehen worden waren. Anfang 1850 wurden die ersten Silbernen Verdienstmedaillen verausgabt, die, mit Statuten (Abb. 1) vom 14. November 1849 versehen, in Allgemeines Ehrenzeichen (AE) umbenannt worden waren und damit auch prinzipiell dem Militär zugänglich wurden. Die Auszeichnung war für Personen „ohne besonderen Rang”1 zur Belohnung und Anerkennung ausgezeichneter Verdienste namentlich rühmlicher Handlungen und außerordentlicher Leistungen bestimmt. Das Allgemeine Ehrenzeichen stellte damit die Auszeichnung des „niederen” Bürgertums2 in Hessen-Darmstadt für die unterschiedlichsten Anlässe dar. Die verschiedenen Rückseitenprägungen brachten dies zum Ausdruck. Die Medaillen trugen seit dieser Zeit im Avers das Profil des (jeweils) regierenden Großherzogs mit entsprechender Umschrift. Im Revers befand sich innerhalb eines Eichen- und Lorbeergebindes eine mehrzeilige Inschrift z. B. FÜR / TREUE / DIENSTE oder FÜR / TAPFERKEIT. Das moirierte Band war 35–40 mm breit und hellblau mit 2–3 mm breiten ponceauroten Seitenstreifen bei erkennbarer Webkante aus der Grundfarbe. Die „Hessische Tapferkeitsmedaille”, d. h. das Allgemeine Ehrenzeichen mit der Inschrift FÜR TAPFERKEIT, wurde bis 122 Abb. 1: Statuten des Allgemeinen Ehrenzeichens vom 14. November 1849 mit den Nachträgen vom 2. Mai 1896, Ausgabe 1901. zum Beginn des Ersten Weltkrieges nur sparsam verliehen. Neben ihr existierte das Silberne Kreuz des Orden Philipps des Großmütigen (nachfolgend kurz Philipporden), für Militärs mit Schwertern, und die Medaillen des Ludwigordens, als Tapferkeitsauszeichnung, deren Verleihungspraxis, wie die nachfolgenden Ausführungen belegen, Mitte des vorigen Jahrhunderts unterschiedlich gehandhabt wurde. Die Tapferkeitsmedaille war jedoch unter Ludwig III. immer eine Auszeichnung der Mannschaftsdienstränge bis zu Orden und Ehrenzeichen 10. Jg., Nr. 55 (Juni 2008) niederen Unteroffiziersdiensträngen. Die Medaille wurde erstmals in den italienischen Einigungskriegen3 am 30. Juli 1859 an 18 Unteroffiziere und neun Soldaten der österreichischen Italienarmee, insbesondere für die Schlacht bei Solferino4, verliehen. Ausgezeichnet wurden dabei u. a. 17 Angehörige des 14. IR „Ludwig III Großherzog von Hessen und bei Rhein”, dessen Inhaber der Großherzog war, und acht Angehörige des 4. IR „Hochund Deutschmeister”.5 Parallel zu diesen Auszeichnungen wurden acht silberne Verdienstkreuze des Philippordens6 an höhere Unteroffiziere und 32 Dekorationen des Ludwig- bzw. Philippordens an Offiziere, im Wesentlichen an die gleichen Regimenter, vergeben. Die Medaillen des Ludwigordens in ihren beiden Stufen kamen als „höhere Stufe” der Tapferkeitsmedaille nicht zum Einsatz. Im Jahre 1860 erfolgten neun und 1861 noch einmal zwei Verleihungen ebenfalls an das 14. IR für die Kämpfe in Oberitalien. Der deutsche Einigungskrieg 1866 fand Hessen-Darmstadt an der Seite der anderen süddeutschen Staaten und Österreichs gegen Preußen und dessen Verbündete. Obwohl darüber kein schriftlicher Nachweis mehr existiert: Der Großherzog hatte offensichtlich seine Meinung zum internen „Ranking” der Tapferkeitsauszeichnungen geändert. Kein Soldat der „Südkoalition” wurde mit der Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet, dafür aber die eigenen Soldaten (im Rang bis Gefreiter) mit zwölf Verleihungen geehrt. Die Unteroffiziersdienstgrade bis zum Korporal wurden mit sieben silbernen und die höheren Ränge (Oberfeldwebel) mit sieben goldenen Ludwigmedaillen ausgezeichnet. Die Verleihung des silbernen Kreuzes des Philippordens mit Schwertern erfolgte 1866 nicht als höhere Stufe. Dieses „Rangschema” wurde bereits 1871, nach Abschluss des DeutschFranzösischen Krieges, wieder durchbrochen.7 Das am 12. September 1870 gestiftete Militär Verdienstkreuz (MVK) ersetzte die Tapferkeitsmedaille für diesen Feldzug und wurde in über 500 Exemplaren primär an Hessen aller Ränge verliehen – ein Novum bei den hessischen Auszeichnungen. HessenDarmstadt folgte hier seltsamerweise streng dem preußischen Beispiel. Auch in Preußen war die Verleihung der „normalen” Tapferkeitsauszeichnungen für Mannschaften und Unteroffiziere für die Zeit des Krieges ausgesetzt – es gab ja das Eiserne Kreuz. Zusammen mit diesem preußischen EK, das auch an die seit Abschluss der Militärkonvention mit Preußen im April 1867 in die preußische Armee „einverleibten” Hessen verliehen wurde, war damit offenbar das gewünschte Auszeichnungsspektrum abgedeckt. Die Tapferkeitsmedaille war im Prinzip überflüssig. Verleihungen erfolgten deshalb nur an einen speziellen Personenkreis außerhalb Hessens: Ludwig III. vergab vier Tapferkeitsmedaillen an Angehörige des 4. Westfälischen IR Nr. 17 und zehn an Angehörige des 5. Königlich Bayrischen IR (zwei Unteroffiziere und zwölf Mannschaftsdienstgrade), deren Chef er ebenfalls war, analog der Praxis vor 1866. Parallel wurden acht bzw. fünf silberne Ludwigmedaillen an Sergeanten und zwölf bzw. neun silberne Kreuze (mit Schwertern) des Philippordens an Feld- Abb. 2: Auszug aus dem Militärpass des Telegraphen Sebastian Löblein, zuletzt bei der Fernsprechabteilung 30. Eintrag der Tapferkeitsmedaille als H.A.E. I (verliehen am 25. Februar 1918 vor dem EK II). Abb. 3: Bescheinigung (d. h. vorläufiges Besitzzeugnis) über die Verleihung der „Großherzoglich Hessischen Tapferkeitsmedaille“ für den Reservisten Julius Fürst des IR 117 vom 1. Februar 1916. Orden und Ehrenzeichen 10. Jg., Nr. 55 (Juni 2008) 123 webel und Sergeanten der gleichen Regimenter verliehen. Auch hier wieder eine Inkonsistenz gegenüber der Praxis von 1866. Um den Hintergrund der Verleihungsgründe in dieser Zeit deutlich zu machen, seien exemplarisch zwei Beispiele für „tapfere Taten” herausgegriffen, die mit der hessischen Tapferkeitsmedaille belohnt wurden. Nach KIESSLING zeichnete sich der Korporal Adolf Fuchs aus Gräfenberg vom KB 5. IR für das Gefecht von Chatillon (Belagerung von Paris) am 13. Oktober 1870 bei der Rückeroberung von Bagneux durch Tapferkeit in einem 4stündigen wütenden Straßen-, Häuserund Barrikadenkampf besonders aus. Er erhielt neben der hessischen Medaille gleichzeitig das preußische EK II. Kl., aber keine bayrische Auszeichnung. Dem Gefreiten Nicolaus Völk aus Schney (ebenfalls KB 5. IR) wurde nach Abschluss des Waffenstillstandes am 28. Januar 1871 für sein dauernd braves Verhalten während des Feldzuges und sein ermunterndes Beispiel für seine Kameraden die Tapferkeitsmedaille ebenfalls zuerkannt. Die Tapferkeitsmedaille unter Ludwig III. war ein Spiegel ihrer Zeit. Der Großherzog war militärischen Dingen nie sehr zugetan. Er hatte andere Sorgen – die Souveränität des Landes stand auf dem Spiel und er taktierte zwischen Preußen, Österreich und Frankreich. Die sprunghafte Auszeichnungspraxis über den Zeitraum von zwölf Jahren hinweg, macht das Dilemma des Allgemeinen Ehrenzeichens mit der Inschrift Für Tapferkeit deutlich: Es hat in dieser Zeit nie seinen festen Platz und seine Anerkennung im hessischen Auszeichnungswesen gefunden, wie beispielsweise die Tapferkeitsauszeichnungen der anderen deutschen Länder. Die wenigen inländischen Verleihungen (12) bei insgesamt 648 in einem Zeitraum von 13 Jahren, konnten die Auszeichnung nicht bekannt machen, wozu auch ihr äußeres Erscheinungsbild mit beitrug: Die Tapferkeitsmedaille war optisch an der Ordensschnalle von den anderen Allgemeinen Ehrenzeichen nicht zu unterscheiden. Die Einbindung in das militärische Kastendenken machte sie ebenso wenig populär,9 wie auch eine Rangerhöhung oder ein Ehrensold mit ihr nie verbunden war. In der langen Friedenszeit nach dem Deutsch-Französischen Krieg ergab sich keine Gelegenheit zur Verleihung einer Auszeichnung für Tapferkeit. Es existieren deshalb auch keine ver- 124 Abb. 4: Erster Typ der Verleihungsurkunde zum Allgemeinen Ehrenzeichen mit Originalunterschrift des Großherzogs Ernst Ludwig. In das nicht bedruckte freie Feld wird die jeweilige Rückseiteninschrift der Medaille d. h. der Verleihungsanlass handschriftlich eingetragen (hier „Für treue Arbeit“; Beliehener: Georg Reinheimer aus Rüsselheim am 3. Dezember 1898). liehenen Exemplare der Tapferkeitsmedaille mit dem Porträt Ludwigs IV. (reg. 1889–1892), des preußen- und militärfreundlichen Nachfolgers seines Oheims. Dem Autor ist auch kein Exemplar bekannt. Möglich ist jedoch, dass bei der Umstellung des Vorderseitenstempels des Allgemeinen Ehrenzeichens auf das Porträt des neuen Großherzogs 1889, auch eine Anzahl Tapferkeitsmedaillen, zumindest als Vorlage – oder Vorratsstücke für die Ordenskanzlei, mit dem alten Rückseitenstempel geprägt wurden. Nach dem Regierungsantritt Ernst Lud- wigs (reg. 1892–1918) wurde auch das Allgemeine Ehrenzeichen mit seinem Porträt versehen und änderte sich in Form und Aussehen nicht mehr bis zum Zusammenbruch 1918. Wie die Medaillen des Ludwigsordens wurde es mit dem neuen Vorderseitenstempel (ohne Stempelschneidername) ab 1894 verliehen.10 Wie bisher wurden die Rückseitenstempel beibehalten, so dass sich auch unter Ernst Ludwig die Medaillen des Ludwigordens und das Allgemeine Ehrenzeichen nur durch das Band und eventuell durch das Metall/die Metallfarbe unterschieden. Orden und Ehrenzeichen 10. Jg., Nr. 55 (Juni 2008) Unter Ernst Ludwig ergab sich für die Kämpfe in und um die Kolonialgebiete erneut Gelegenheit zur Verleihung der Tapferkeitsmedaille (Tab. 1). Bis 1909 wurden 81 Verleihungen an Hessen und sieben an Preußen und Bayern11 ausgesprochen, davon in der kaiserlichen Marine acht, dem Ostasiatischen Expeditionskorps 19 und der Schutztruppe für Südwestafrika 61. Im gleichen Zeitraum wurden sieben silberne Kreuze mit Schwertern des Philippordens an höhere hessische Unteroffiziersdienstränge in der Schutztruppe vergeben. Am 4. Januar 1902 (vgl. v. HESSENTHAL/SCHREIBER: Die tragbaren Ehrenzeichen des Deutschen Reichs (…). Berlin 1940) wurde durch die Kampfhandlungen in den Kolonien in einem Statutennachtrag die Funktion der Tapferkeitsmedaille als reine Kriegsauszeichnung „vor dem Feind” noch einmal bekräftigt und durch die Einführung eines „Kriegsbandes” ihre Sonderstellung gegenüber den restlichen Allgemeinen Ehrenzeichen – analog der Rettungsmedaille – auch optisch hervorgehoben.12 Am 10. Mai 191313 erfolgten die ersten Verleihungen der Tapferkeitsmedaille an Frauen, mitten in der „Friedenszeit” und dazu noch am Kriegsband! Ausgezeichnet wurden zwei Damen14 des Alicen-Frauenvereins für Krankenpflege für die tapfere Haltung bei ihrem humanitären Einsatz während des Balkankrieges in Griechenland. Diese zwei außergewöhnlichen Verleihungen sollten auch zugleich die letzten vor dem großen Verleihungsjahr 1859 1859 1860 1866 1871 1900 1901 1902 1905 1906 1907 1908 1909 1913 1914–1918 Weltbrand sein. Die Vergabe an Frauen während des Ersten Weltkrieges, insbesondere in der Verwundetenfürsorge im Feld, konnte vom Autor bisher zwar noch nicht nachgewiesen werden, ist aber in Analogie zum Eisernen Kreuz wahrscheinlich. Damit wurden bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges 154 Verleihungen (Ludwig III.: 64; Ernst Ludwig: 90) ausgesprochen. Die Hessische Ordensliste von 1914 weist noch 85 lebende Träger der Tapferkeitsmedaille aus. Da diese aber die Verleihung vor 1871 nicht mehr berücksichtigt, die Information über das Ableben insbesondere ausländischer Träger jedoch eher mangelhaft gewesen sein dürfte, ist diese Zahl kaum verlässlich. Der Erste Weltkrieg War das Allgemeine Ehrenzeichen mit der Inschrift FÜR TAPFERKEIT bis 1914, mit den beschriebenen Ausnahmen, ausschließlich für Unteroffiziere und Abb. 5: Letzter Typ der Verleihungsurkunde zur Tapferkeitsmedaille vom Anfang des Krieges. Verleihungen 27 9 2 12 14 2 6 19 3 17 14 23 4 2 30–40.000 Tab. 1: Zeitliche Abfolge der Verleihungen der Hessischen Tapferkeitsmedaille während ihres gesamten Verleihungszeitraumes von 1859–1871 unter Ludwig III. und 1900–1918(20) unter Ernst Ludwig. Abb. 6: Modifizierter letzter Typ der Verleihungsurkunde zur Tapferkeitsmedaille. Hergestellt aus Vordrucken der Urkunde anderer Allgemeiner Ehrenzeichen (hier „Für Kriegsverdienste“) durch Überdruck der ursprünglichen Zweckinschrift. Orden und Ehrenzeichen 10. Jg., Nr. 55 (Juni 2008) 125 Mannschaften bestimmt – die Offiziere erhielten hessische Schwerterorden –, so wurde diese Praxis mit Ausbruch des Krieges geändert. Entscheidend sollte nur noch die tapfere Tat sein. Wie das Eiserne Kreuz oder 1870/71 das MVK wurde es nun bestimmungsgemäß für Tapferkeit vor dem Feind und – unabhängig von Stand und Rang – auch an Offiziere15 verliehen. Damit einher ging eine de facto Ausgliederung aus der Systematik des Allgemeinen Ehrenzeichens, beginnend mit dem erwähnten Statutennachtrag. Es erfolgte eine Verselbständigung wie bei der Rettungsmedaille16, bei der dieser Prozess bereits 1896 vollzogen wurde. Wie in den übrigen deutschen Staaten, war damit aber auch in Hessen kein allgemeiner Paradigmenwechsel des militärischen Auszeichnungswesens verbunden, der etwa einherging mit einer Demokratisierung. Dies blieb dem nächsten Weltkrieg und seiner „Marschallstab-im-Tornister-Ideologie” und der Stiftung des Ritterkreuzes zum Eisernen Kreuz vorbehalten! Es handelt sich um eine mehr symbolische Geste der Gleichstellung von Offizier und Soldat analog den beiden ersten Klassen des Eisernen Kreuzes und den meisten Kriegsstiftungen der anderen deutschen Staaten, wie sie sich praktisch in den schlammigen Schützengräben Flanderns und den russischen Sümpfen vollzog, vergleichbar dem Kaiserwort: Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche!17 Die Ausführungsbestimmungen zur Verleihung der Tapferkeitsmedaille und ihrem Pendant für das Sanitätspersonal, dem Militär-Sanitäts-Kreuz, wurden am 12. Mai 1915 erstmals präzisiert (vgl. Armee-Verordnungsblatt 49, Abb. 7a und 7b: Allgemeines Ehrenzeichen „Für Tapferkeit“ unter Ernst Ludwig (Vorder- und Rückseite). 1915). Demnach mussten die Auszuzeichnenden würdig erachtet werden, hessische Staatsangehörige sein oder in hessischen Formationen stehen bzw. längere Zeit gestanden haben. Vorherige Verleihung des EK II war Praxis, aber nicht Bedingung.18 Parallelverleihung mit dem EK sollten jedoch ausgeschlossen werden, erneutes Verdienst wurde vorausgesetzt. Ausnahmen behielt sich der Großherzog ausdrücklich vor. Diese wurden später eher zur Norm, als die Verantwortung mehr und mehr an die Stäbe delegiert wurde. Die Generalkommandos sollten Vorschlagslisten an die Großherzogliche Generaladjudantur in Darmstadt auf Grundlage des im Armee-Verordnungsblatt aus dem Jahre 1915 veröffentlichten Musters19 einreichen. Dieses enthielt folgende Daten: 1.) Abb. 8: Große Ordensspange mit EK II. Kl.; hessische Tapferkeitsmedaille; Philipporden RI; RAOIV und LDAII des Kriegsgerichtsrates der 25. ID Dr. Heß. 126 Dienstgrad/Truppenteil; 2.) Name; 3.) Geburtsdatum/-ort und Staatsangehörigkeit; 4.) Stand/Gewerbe/ Wohnort; 5.) Besitz des EK I./II. Kl. und seit wann; 6.) Gegebenenfalls (!) Begründung. Eine Begründung war also nicht Voraussetzung, man ging davon aus, dass die Verleihungsbestimmungen vor Ort geprüft und eingehalten wurden. Auf Basis dieser Listen wurden die Verleihungsdokumente ausgestellt und zusammen mit den Medaillen dem jeweiligen Generalkommando zugestellt. In der Generaladjudantur wurde eine Matrikel geführt und später der Ordenskanzlei überstellt. Wurde die Tapferkeitsmedaille Anfang des Krieges noch sparsam verliehen, so machten sich bereits 1915 durch die zunehmenden Kämpfe die Mängel des hessischen Auszeichnungswesens bemerkbar. Es fehlte eine Kriegsverdienstmedaille. Dies hatte zu einer Aufweichung der Vergaberichtlinien bzw. praxis bei der Tapferkeitsmedaille und analog beim Militär-Sanitäts-Kreuz geführt. Der legitime Anspruch des hessischen Soldaten auf Auszeichnung im großen Völkerringen konnte nur durch diese beiden Auszeichnungen befriedigt werden, selbst wenn das Verdienst nicht direkt vor dem Feinde erworben wurde. Der Großherzog stiftete deshalb am 17. September 1915 das Allgemeine Ehrenzeichen mit der Inschrift Für Kriegsverdienste, das diesem Mangel abhelfen sollte.20 Es wurde am statutengemäßen Bande des AE für Nichtmilitärs und am Kämpferbande für die Soldaten aller Dienstränge verliehen. Die Ausführungsbestimmungen folgten am 8. Dezember 1915. Demnach Orden und Ehrenzeichen 10. Jg., Nr. 55 (Juni 2008) wurde das „Allgemeine Ehrenzeichen für Tapferkeit (Tapferkeitsmedaille)”21 unter den bisherigen Bedingungen weiter verliehen: (…) [die] einer Auszeichnung für würdig erachtet werden. Offensichtlich ging man davon aus, dass der Name bereits vor dem Feind implizierte, was aber durch die Praxis widerlegt wurde. Explizit wird ausgeführt: Der Besitz des Eisernen Kreuzes ist nicht Vorbedingung; (…). Folgerichtig war das AE Für Kriegsverdienste für militärische Verdienste, die nicht vor dem Feinde erworben sind bestimmt. Es konnte auch von einem anderen Personenkreis erworben werden.22 Vorschläge für alle hessischen Kriegsauszeichnungen konnten nun nach dem alten Muster von allen Behörden und Truppenteilen auf dem Dienstweg vorgelegt werden, die in der Lage sind, die auszuzeichnenden Leistungen zu beurteilen. Damit konnten bis auf die Regiments- und Bataillonsebene hinunter eigene Vorschlagslisten eingereicht werden. Der gewünschte Effekt trat jedoch nicht im erhofften Umfange ein, da eine Tapferkeitsauszeichnung attraktiver war und die Stäbe, als Verleihungsinstanz, dem Druck der „Basis”, d. h. der Regimenter, nicht widerstehen konnten. Eine erneute Verschärfung bzw. Präzisierung der Verleihungsbestimmungen wurde notwendig. Ab April 1916 wurde folgerichtig die Verleihungspraxis für die Tapferkeitsmedaille auf Kampftätigkeit bei der fechtenden Truppe für Auszeichnung im feindlichen Feuer eingeschränkt.23 Auch die Verleihungsbedingungen für das AE Für Kriegsverdienste wurden eingeschränkt, jedoch nicht so, dass Heimat„Verdienste“ ausgeschlossen blieben. Die Reihenfolge der Verleihungen zwischen EK II. Kl. und Tapferkeitsmedaille bei den Regimentern wurde mittlerweile unterschiedlich gehandhabt, je nachdem welches „Verleihkontingent”24 bereits erschöpft war. Die letzte Veränderung der Verleihungsbestimmungen der hessischen Kriegsauszeichnungen erfolgte im März 1917.25 In den Allgemeinen Bestimmungen sollte dem Wildwuchs des Jahres 1916 und einer weiteren Inflation im Auszeichnungswesen Einhalt geboten und das neu gestiftete Kriegerehrenzeichen in Eisen eingeordnet werden. Festgeschrieben wurde noch einmal, dass nur hessische Staatsangehörige oder solche Personen, die in hessischen Verbänden stehen oder früher standen Anspruch haben sollten. Aufgeweicht wurde diese Prämisse Abb. 9: Miniaturen zu Tapferkeitsmedaille: oben Miniaturspange; unten links Anstecknadel u. a. mit dem hessischen Kriegerehrenzeichen; unten rechts 16 mm-Miniatur an einem emaillierten Metallbandstreifen für das Knopfloch (Rückseite mit D.R.Pa. - und Herstellerpunze). Abb. 10: Frackspange des Sebastian Löblein mit EK II. Kl., Tapferkeitsmedaille und Kreuz des Marinekorps Flandern (inoffiziell) mit Gefechtsspange „Durchbruchsschlacht“ und „Flandernschlacht“. Orden und Ehrenzeichen 10. Jg., Nr. 55 (Juni 2008) 127 durch den Zusatz: Hessische Auszeichnungen werden neben denen anderer Bundesstaaten nur ausnahmsweise (…) verliehen. Dies hob erstere Einschränkung teilweise wieder auf, wie die Praxis der nächsten Jahre bewies. Nach wie vor bereiteten die vielen Anfragen der Etappen- und Heimatfront Schwierigkeiten, was zu einer Einschränkung auch beim AE für Kriegsverdienste führte, ohne jedoch Schlupflöcher ganz zu schließen. Um den Offiziersanfragen der Stäbe Einhalt zu gebieten, wurde klargestellt, dass die Unterstellung hessischer Mannschaften und Verbände keine Vorschläge für die vorgesetzten Stellen begründet. Auch diese Vorschrift hatte auf Dauer keinen Bestand! Das Ehrenzeichen entwickelte sich aufgrund dieser Verleihungspraxis im weiteren Verlauf des Weltkrieges immer mehr zu einer Massenauszeichnung analog des preußischen Eisernen Kreuzes II. Klasse, wenn auch nicht mit dessen Verleihungszahlen – und wurde vielfach auch innerhalb nichthessischer Truppenteile „per Kontingent”, wie z. B. das hamburgische Hanseatenkreuz,26 verliehen. Eine Auswertung der Rangliste des Deutschen Reichsheeres (Stand: 1. April 1924) ergibt das in Tab. 2 dargestellte Bild. Demnach wurde das Hamburger Hanseatenkreuz zwei bis dreimal so häufig an Offiziere verliehen wie die hessische Tapferkeitsmedaille. Fast hundert Prozent der ausgewerteten Offiziere waren Inhaber des EK I. Kl., aber nur ca. 6% trugen die hessische Tapferkeitsmedaille, mit Schwerpunkt bei den höchsten Chargen und den Oberstleutnants. Geht man von etwa 218.000 verliehenen EK I. Kl. im Verleihungszeitraum 1914–1924 aus27 und setzt diese Zahl in Relation zu den 6%, so ergibt sich als untere Abschätzung Dienstrang Anz. Offiziere General Oberst Oberstleutnant Major Hauptmann Oberleutnant Leutnant 35 106 190 373 1098 626 877 Summe 3305 eine Verleihungszahl von ca. 13.000 für die Tapferkeitsmedaille in diesem Zeitraum. Dies Zahl ist jedoch eindeutig zu niedrig, da das EK I. Kl. relativ häufiger an Offiziere verliehen wurde und das Schwergewicht der Verleihungen bei der Tapferkeitsmedaille, auch im Ersten Weltkrieg, naturgemäß bei Unteroffizieren und Soldaten lag.28 Obwohl kein Nachweis erbracht werden konnte, ist eine Verleihung über das Kriegsende bis in die zwanziger Jahre hinaus wahrscheinlich, wie es bei den meisten Auszeichnungen des Weltkrieges üblich war. Die genauen Verleihungszahlen sind nicht mehr nachvollziehbar, da die Akten der Hessischen Ordenskanzlei in den Bombennächten des Jahres 1944 in Darmstadt untergegangen sind. Es dürften jedoch im Weltkrieg einige zehntausend Verleihungen mehr vorgenommen worden sein. So weist z. B. die Regimentsgeschichte des Leibgarde-Infanterieregimentes Nr. 115 2.568 Verleihungen im Weltkrieg aus,29 womit 13% oder jeder siebte Regimentsangehörige mit der Tapferkeitsmedaille dekoriert war. Ein typisches hessisches Reserve-Infanterieregiment wie das 254te,30 erhielt immerhin noch 1.251 Tapferkeitsmedaillen,31 obwohl es erst im Frühjahr 1915 aufgestellt wurde. Hochgerechnet auf die anderen hessischen Einheiten ergibt dies allein etwa 20.000 Verleihungen an hessische Regimentsangehörige. Damit dürften insgesamt 30.0000–40.000 Verleihungen stattgefunden haben. Im Gegensatz zum Eisernen Kreuz existierte bei der Tapferkeitsmedaille keine „höhere Klasse”, z. B. eine goldene Medaille wie beim Ludwigorden oder Tapferkeitsmedaillen anderer deutscher Staaten. In den hessischen Regimentern wurde deshalb das EK I Hess. TM bis 1917 auch als „höhere Stufe” der Tapferkeitsmedaille angesehen, da die Medaillen des Ludwigordens mittlerweile eine andere Zweckbindung32 hatten und für Tapferkeit nicht (mehr) verausgabt wurden. Diesem Mangel im Auszeichnungsgefüge, der durch die Ausweitung der Kämpfe zunehmend spürbar wurde, versuchte der Großherzog durch die Stiftung des KriegerEhrenzeichen[s] in Eisen erst relativ spät abzuhelfen.33 Gelegenheit hierzu bot sich am 13. März 1917 anlässlich seines 25-jährigen Regierungsjubiläums.34 Das Ehrenzeichen hat, mit Ausnahme der Kreuzform, alle Attribute des EK I. Klasse: die Wahl des Metalls als Symbol der „Eisernen Zeit” (Gold gab ich für Eisen!) und seine Trageweise, angesteckt wie ein Offizierskreuz oder ein Bruststern unter der Ordensschnalle. Die Anlehnung an die Medaillenform dokumentiert einerseits den hessischen Eigenweg und den in Darmstadt gepflegten und vom Großherzog geförderten Jugendstil, schlägt aber auch die Brücke zur Tapferkeitsmedaille. Die spärlichen Angaben, die sich vereinzelt in der Literatur finden,35 lassen den Schluss zu, dass pro (hessischem) Regiment etwa 100–300 Verleihungen dieses Ehrenzeichens vorgenommen wurden, das an der Front ab September 1917 zur Verausgabung kam. Verleihungen an Nichthessen waren nach den Statuten zwar untersagt, sind jedoch nach dem oben gesagten wahrscheinlich, insbesondere da Verleihungsurkunden für Angehörige nichthessischer Regimenter nachgewiesen sind. Diese könnten jedoch auch hessische Staatsangehörige gewesen sein, was aber die Praxis der Verleihung an Nichthessen prinzipiell nicht in Frage stellt, da dies auch Usus bei allen anderen Ländern war. Die hohe Anerkennung anderer Tapferkeits- Hamb. Hsk. % Hess.TM % Hamb.Hsk. 10 17 32 33 63 24 29 18 47 71 96 191 60 49 28,6 16,0 16,8 8,8 5,7 3,8 3,3 51,4 44,3 37,4 25,7 17,4 9,6 5,6 208 532 6,3 16,1 Tab. 2: Verteilung der Hessischen Tapferkeitsmedaille und des Hamburgischen Hanseatenkreuzes auf Basis der Auswertung der Rangliste des Reichsheeres von 1924. 128 Orden und Ehrenzeichen 10. Jg., Nr. 55 (Juni 2008) auszeichnungen blieb dem hessischen Krieger-Ehrenzeichen in Eisen jedoch versagt, obwohl die Verleihungsbedingungen erheblich höhere Maßstäbe anlegten als bei den meisten anderen Kriegsauszeichnungen.36 Dies lag wohl primär an der relativ kurzen Verleihungszeit an einen engen Personenkreis. Im Gegensatz zu den Medaillen des Ludwigordens waren das AE und die Tapferkeitsmedaille nach dem Ableben des Beliehenen nicht rückgabepflichtig; offenbar um die Exklusivität der Ludwigsmedaillen zu betonen, da ansonsten – zumindest für die silberne Ludwigsmedaille – kein sachlichmaterieller Grund vorlag. Verliehen wurde die Tapferkeitsmedaille wie das AE mit einer Urkunde. Die Statuten von 1849 bzw. die späteren revidierten Fassungen als Ergänzungen wurden bis Anfang des Krieges mit überreicht. Eine offizielle Umbenennung des Allgemeinen Ehrenzeichens mit der Inschrift FÜR TAPFERKEIT in Tapferkeitsmedaille ist nach Auffassung des Autors nie erfolgt. Die Ranglisten des Deutschen Reichsheeres weisen nach dem Krieg jedoch nur letztere Bezeichnung auf, während die Ranglisten der königlich preußischen Armee vor 1915 nur das Allgemeine Ehrenzeichen kennen. Der Deutsche Ordensalmanach 1908/937 weist jedoch bereits die Tapferkeitsmedaille separat neben dem AE und der Rettungsmedaille aus, obwohl dort nach GEILE kein Träger verzeichnet ist.38 Auch hessische Dokumente (Vorschriften über den Rang und das Tragen der großherzoglich Hessischen Orden und Ehrenzeichen vom 24.VI.1914) weisen bereits vor Ausbruch des Weltkrieges die Benennung Tapferkeitsmedaille neben dem AE und der Rettungsmedaille aus. Im zitierten Armee-Verordnungsblatt aus dem Jahre 1917 beispielsweise wird folgende Benennung gebraucht: Das Allgemeine Ehrenzeichen „Für Tapferkeit” (Tapferkeitsmedaille), H.A.E.1,39 (Vgl. Abb. 2). Die Umbenennung erfolgte jedoch wohl primär durch den Landser im Felde, dem der ursprüngliche Name zu lang und nicht genügend aussagekräftig war, in Anlehnung an die Praxis in anderen deutschen Staaten. Wahrscheinlich wurde der Name aber bereits wesentlich früher in den Kolonien geprägt. Auf dem Autor vorliegenden offiziellen Verleihungsdokumenten ist die Bezeichnung Anfang 1916 nachweisbar, während andere Urkunden bis nach dem Zusammenbruch 1918 noch die ursprüngliche Bezeichnung beibehielten. In Hessen nahm man es offensichtlich mit den Bezeichnungen nicht ganz so ernst wie in anderen Ländern. Dies zeigt auch das Beispiel des Philippordens, dessen offizielle Umbenennung 1876 sich nur selten im offiziellen Schriftverkehr oder den Verleihungsdokumenten niedergeschlagen hat. Beschreibung der Medaillen Die Medaillen des letzten Typs haben einen Durchmesser zwischen 33 und 33,5 mm und wiegen mit Bandring 13– 14 g bei einer Dicke von etwa 2,2–2,5 mm. Unter Ludwig III. waren die Medaillen etwas dicker und hatten ein entsprechend höheres Gewicht (ca. 15,5 g). Dieser schwere Typ kommt vereinzelt auch noch unter Ernst Ludwig vor. Die Medaillengrundfläche ist vor der “Massenverausgabung” in polierter Platte ausgeführt, während die erhöht geprägten Teile – z. B. das Porträt des regierenden Fürsten – mattiert sind. Der erste Typ40 zeigte auf der Vorderseite das Bild Ludwigs III. mit der Umschrift LUDWIG III GROSSHERZOG VON HESSEN, im Halsabschnitt die Stempelschneidersignatur C. VOIGT (klein). Der letzte Typ zeigt im Avers den Kopf des 25-jährigen Großherzogs Ernst Ludwigs nach rechts blickend, mit der Umschrift ERNST LUDWIG GROSSHERZOG VON HESSEN, umgeben von einer erhöhten doppelten Linien(Rand-) einfassung ohne Stempelschneiderangabe41 (Abb. 7a und 7b). Das Revers zeigt einen durch einen Eichen- (rechts) und Lorbeerbruch (links) gebildeten Kranz, der unten durch eine Doppelschleife gebunden ist. In seiner Mitte befindet sich in zwei Zeilen die Inschrift FÜR / TAPFERKEIT. Die gewöhnliche Drahtöse (quer zur Medaille) ist separat angelötet (Innendurchmesser 2 mm, bei 1 mm Materialstärke) und nimmt den unverlöteten Bandring (Durchmesser etwa 10 mm) auf. Wie alle deutschen Staaten waren auch die Hessen bereits 1917 aus Rohstoffmangel gezwungen, den Silber(fein)gehalt der Medaille von 900 auf bis zu 250 zu senken. Gegen Ende des Krieges und bis zum Abschluss der Verleihungen über das Kriegsende hinaus kamen auch versilberte Tombaklegierungen zur Verausgabung bei etwas geringerem Gewicht. Auch die Tapferkeitsmedaille konnte nach dem Weltkrieg privat nach beschafft werden. Wie bei vielen dieser Auszeichnungen weisen diese sehr unterschiedliche Material- und Prägequalitäten auf und unterscheiden sich mehr oder weniger Orden und Ehrenzeichen 10. Jg., Nr. 55 (Juni 2008) Abb. 11: Oberst Freiherr von Maltzahn (Kommandeur des IR 118 vom 9. November 1914 bis 30. Januar 1915) mit den Bändern des EK und HEZ1 im 2. Knopfloch der Uniformjacke. von den offiziell verausgabten Stücken Miniaturen (z. B. 16 mm Durchmesser) waren ebenfalls für den „kleinen“ Gesellschaftsanzug üblich (Abb. 9). Diese mussten privat beschafft werden. Trageweise Wie üblich wurde die Medaille auf der linken Brust oder an der Großen Ordensspange an der vorgeschriebenen Stelle angesteckt. (Abb. 8 und 10). Obwohl nie offiziell gestattet, wurde das Band allein auch im Knopfloch der Uniform unter dem des EK getragen (Abb. 11). Die Miniatur wurde in der üblichen Form an einer Bandschleife oder an der Miniaturkette bzw. -schnalle getragen. Anstecknadeln kamen in den 20er Jahren aus Kosten- und Praktikabilitätsgründen ebenfalls in Mode. 129 Band und Etui Verliehen wurde die „Tapferkeitsmedaille“ bis 1902 am Band des AE, danach nur noch am 35 mm breiten „Kriegsbande“ (hellblau mit 7 mm breiten hellroten (=ponceauroten) Seitenstreifen bei 2 mm Seitenabstand), das sich im Verlauf des Krieges bis auf 25 mm (bei 5 mm Seitenstreifen) verschmälerte. Dieses hessische „Kriegsband“ war das Band des MVK von 1870 und wurde aus Traditionsgründen wieder aufgegriffen. Die Medaille Abb. 12: Etui zum Allgemeinen Ehrenzeichen bis etwa 1905 in der typischen hessischen achteckigen Form; Überzug aus graublauem Kunstleder. wurde noch in den Kolonialkämpfen, wie die anderen Ausführungen des AE, im achteckigen, typisch hessischen, grau-blauen Etui mit Deckelprägung (tief geprägtem goldenen hessischen Wappen und Aufdruck Allgemeines Ehrenzeichen) der Größe (etwa) 77 x 62 x 24 mm verausgabt (Abb. 12). Das Etui hat eine schwarze, tief geprägte Samteinlage zur Aufnahme der Medaille und einen Druckverschluss. Etwa um 1905 erfolgte – sicher aus Kostengründen und im Zuge der Einführung des modernisierten Staatswappens – eine Umstellung des Etuityps (viereckig, schwarz, nicht mehr so tief geprägtes neues Wappen mit neuer runder Krone); Größe (etwa) 73 x 58 x 19 mm und der bisherigen Inschrift oder mit der neuen Für Tapferkeit (Abb. 13), der bis Anfang des Weltkrieges beibehalten wurde. Einlage war nun roter Samt und vereinfachter Überwurfverschluss (Abb. 14). Die Etuis tragen keine Hersteller- oder Lieferbezeichnung. Infolge der inflationären Verleihungszahlen und der allgemeinen Ressourcenverknappung konnte diese Praxis jedoch nicht beibehalten werden. Die Medaillen wurden ab 1915/16 nur noch in einem etwa 71 x 57 mm großen Briefchen42 aus derbem, kräftigem, graublauem Papier mit Einstecklasche ausgeliefert (Abb. 15a). Dieses trug den – bei späteren Stücken fehlenden – Aufdruck Tapferkeits=/medaille in zwei Zeilen in gotischen Lettern. Die Innenseite der Einstecklasche trägt häufig den querovalen (Vertreiber-)Stempel Ernst Macholdt / JUWELIER/DARMSTADT (Abb. 15b). Ob Macholdt auch Hersteller oder gar offizieller Alleinhersteller war, konnte nicht ermittelt werden.43 Urkunden Abb. 13: Etui (2. Typ) zur Tapferkeitsmedaille (schwarz). 130 Die Verleihungsurkunden zum Allgemeinen Ehrenzeichen unter Ernst Ludwig glichen zunächst denen unter seinen Vorgängern (Abb. 4) und unterschieden sich kaum von Verleihungsurkunden anderer Staaten. Sie entsprachen damit dem Stil der Zeit, der sich aus den tradierten Dokumentenvorstellungen vergangener Jahrhunderte entwickelt hatte: In den hochformatigen (21 x 33 cm) Vordruck mit Schmuckschrift (Großherzoglicher Namen, Titel usw.) und großherzoglichem Prägesiegel wurde Name, Stand usw. des Beliehenen durch die Ordenskanzlei handschriftlich eingetragen. Da es sich um eine „Einheitsurkunde“ für das Allgemeine Ehrenzeichen handelte, wurde auch noch die Rückseitenin- Abb. 14: Etui wie Abb. 13: Innenansicht mit Medaille und Band. schrift der Medaille (d. h. der Verleihungsgrund) handschriftlich nachgetragen. Ausstellungsdatum und Unterschrift des Ordenskanzlers sind obligatorisch, ebenso die Originalunterschrift des Großherzogs. Dem kunstsinnigen Großherzog – er war nicht nur großherziger Förderer des Jungendstiles und des Bauhauses in Darmstadt, sondern entwarf beispielsweise auch selbst Bühnenbilder zu Opernaufführungen – genügten diese Urkunden jedoch bald nicht mehr. Bereits mit den Stiftungen des Erinnerungszeichens an die zweite Vermählung des Großherzogs 1905 und später mit dem Orden des Sterns von Brabant kurz vor Kriegsausbruch, bewies Hessen-Darmstadt, dass auch neue künstlerische Formen und Stilelemente auf das Auszeichnungswesen zu übertragen sind. Dabei wurden jedoch die Form der Ehrenzeichen und deren Trageweise prinzipiell nicht in Frage gestellt. Für die Kriegsauszeichnungen des Großherzogtums im bevorstehenden Krieg wurden neue Urkunden geschaffen, die mit den bisherigen stilistischen Vorstellungen brachen (Abb. 5). Die nunmehr querformatige, 29 x 23 cm Orden und Ehrenzeichen 10. Jg., Nr. 55 (Juni 2008) große Verleihungsurkunde (Dreifarbendruck) ist vom zweifarbigen Kriegsbande (moiriert) eingerahmt, das oben mit der hessischen Großherzogskrone belegt ist.44 Der Text ist in klaren Versalien zweifarbig gestaltet, wobei die Zeilen ALLGEMEINES EHRENZEICHEN und FÜR TAPFERKEIT rot gedruckt sind.45 Die Unterschrift des Großherzogs ist jetzt faksimiliert. Die Urkunden wurden nach wie vor durch die Ordenskanzlei verausgabt und der offizielle Sprachgebrauch als Allgemeines Ehrenzeichen usw. beibehalten. Manche Urkunden tragen auf der Rückseite Übersend- und Bearbeitungsvermerke, insbesondere für Angehörige nichthessischer Einheiten. Abb. 15a und 15b: Verleihungsbriefchen zur Tapferkeitsmedaille aus graublauem, kräftigem Papier. Verausgabung ab 1916/17. Die Rückseite mit Einstecklasche und Vertreiberstempel. Im Felde – insbesondere bei den hessischen Einheiten – wurde eine „Bescheinigung“ über die Verleihung der Medaille, analog den Vorläufigen Besitzzeugnissen anderer Ehrenzeichen, bei der Überreichung der Medaille mit ausgehändigt, wenn die Originalurkunde noch nicht vorlag (Abb. 3). Diese sollte später durch die Urkunde ersetzt werden, was – durch die Praxis verlorener Kriege bestätigt – häufig nicht mehr stattfand. Das Papier dokumentiert aber auch die Macht des Faktischen: Vom Allgemeinen Ehrenzeichen ist nicht mehr die Rede, die Tapferkeitsmedaille wird verliehen! 14 15 16 17 18 19 20 Anmerkungen: 1 Nach der Hofrangordnung. 2 Entsprechend den niedrigsten Rängen der Hofrangordnung. 3 Das Königreich Sardinien unter Victor Emanuel, verbündet mit den Franzosen unter Napoleon III. (der seine außenpolitischen Erfolge suchte) gegen die Österreicher um deren oberitalienische Eroberungen. 4 Bei Solferino holten sich die Österreicher eine blutige Nase. Nur das VIII. Korps unter Benedikt konnte der piemontesischen Armee Paroli bieten. 5 Zu den Hoch- und Deutschmeistern musste jeder deutsche Fürst eine besondere Beziehung haben, wie überhaupt Ludwig III. ein Freund der Österreicher und deren Kaiser war. 6 Die Dekorationen des Philippordens wurden bis März 1893 an Militärpersonen nur mit Schwertern verliehen und sind damit bis zu diesem Zeitpunkt nicht als Kriegsauszeichnung anzusehen. 7 Während der Kämpfe erfolgten keine Verleihungen. Erst nach dem Waffenstillstand wurden am 3. April 1871 die Verleihungen ausgesprochen. 8 Die bei V. HESSENTHAL und SCHREIBER angegebene Zahl von 49 konnte nicht nachvollzogen werden. Die Hof- und Staatshandbücher weisen für den Zeitraum zwischen 1866 und 1871 nur 26 Verleihungen aus. 9 Dies gelang dagegen dem MVK von 1870, das dem Eisernen Kreuz in Form und Verleihungspraxis nachempfunden wurde. 10 Vgl. Hessenthal, Waldemar Hess Edler von/Schreiber, Georg: Die tragbaren Ehrenzeichen des Deutschen Reichs (…). Berlin 1940. S. 163. Analog zu anderen Ländern gab es längere Überschneidungszeiträume beim Regierungswechsel, in denen die Medaillen mit den alten Großherzogsporträts der Vorderseite weiter verliehen wurden. 11 Wahrscheinlich an Angehörige aus den Inhaberregimentern. 12 Vgl. Statuten des Großherzoglich Hessischen allgemeinen Ehrenzeichens. Darmstadt 1906. 13 Vgl. Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt 1913, Beilage Nr. 10 v. 11.7.1913. Orden und Ehrenzeichen 10. Jg., Nr. 55 (Juni 2008) 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 Oberschwester Margarete Haster und Schwester Anna Knaf, beide aus Gießen. Eine offizielle Verlautbarung hierzu konnte nicht ermittelt werden. Die Rettungsmedaille war bereits am 2. Mai 1896 offiziell aus dem AE als selbständiges Ehrenzeichen ausgegliedert worden. Dies hatte den praktischen Nebeneffekt einer erheblichen Verbilligung des Auszeichnungswesens, da die teueren emaillierten Orden reduziert wurden. Hier unterschied sich die Tapferkeitsmedaille von vielen anderen Tapferkeitsauszeichnungen, die dies explizit vorschrieben. Diese Muster wurden später für die meisten Kriegsstiftungen auch der anderen deutschen Staaten verbindlich. Zur Stiftung vgl. Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt 1915, Nr. 17 v. 22.10.1915. Parallel erfolgte die Stiftung des „Ehrenzeichen[s] für Kriegsfürsorge“, um der Abwertung des Militär-Sanitätskreuzes entgegenzuwirken. Vgl. Armee-Verordnungsblatt. 49 (1915). Berlin. Wieder eine neue Bezeichnung, nachdem noch in der Verordnung vom 12. Mai merkwürdigerweise von einer Großherzoglich Hessische[n] Tapferkeitsmedaille Für Tapferkeit (!) gesprochen wurde, während die Stiftungsverfügung im Regierungsblatt von 1915 die ursprüngliche Bezeichnung enthält. Gemeint sind etwa Beamte. Vgl. Armee-Verordnungsblatt 50, Nr. 31 vom 16.04.1916. Den Regimentern gingen durch die Divisionen anlassbezogen oder für einen festgelegten Zeitraum eine bestimmte Anzahl Ehrenzeichen zur Verteilung an die Truppe zu, die diese dann wieder kontingentiert an die Kompanien unterverteilten. Vgl. Armee-Verordnungsblatt 51, Nr. 16; v. 24.03.1917. Berlin. S. 155–157. Das Hamburger Hanseantenkreuz unterscheidet sich von denen Lübecks und Bremens durch einen Zusatz in den Verleihungsbestimmungen vom 23. September 1915. Vgl. Armee-Verordnungsblatt. 49 (1915). Berlin. Demnach sind Ausnahmen bei den einschränkenden Bedingungen hinsichtlich der Anspruchsberechtigten aufgrund einer Verwundung zulässig. Diese Bestimmung führte hin zu einem Ehrenzeichen für Verwundete des ganzen deutschen Heeres mit den entsprechenden Verleihungszahlen. Klietmann, K.-G.: Pour le Merite und Tapferkeitsmedaille. Berlin 1966. Hessen selbst besaß keinen separaten Tapferkeitsorden. Vgl. v. Frankenberg/Ludwigsdorff, AlexVictor: Das Leibgarde-Infantrieregiment (1. Großherzoglich Hessisches) Nr. 115 im Weltkrieg 1914–1918. Stuttgart 1921. Verliehen wurden weiter 6.874 EK II, 248 EK I und 24 „Hohenzollern“ an 438 Offiziere und 18.791 Unteroffiziere und Mannschaften. Hünicken, Emil: Kriegsgeschichte des Großherzoglich Hessischen Reserve-Infanterie-Regiments Nr. 254. Zeulenroda o. J. 131 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 132 Verliehen wurden weiter 4.448 EK II, 136 EK I und 10 „Hohenzollern“. Primär humanitäre und künstlerisch-musische Verdienste. Oldenburg stiftete die erste Klasse des Friedrich-August-Kreuzes bereits am 24. September 1914; Mecklenburg sein KVK I am 28. Februar 1915. Das Jubiläum brachte auch andere Stiftungen hervor, beispielsweise die Kette zum Ludwigorden. Hünicken, Emil: Kriegsgeschichte des Großherzoglich Hessischen Reserve-Infanterie-Regiments Nr. 254. Zeulenroda o. J. Etwa ein- oder mehrmalige Verwundung. Deutscher Ordens-Almanach (Deutsche Ordensliste) 1908/9. Verlag „Deutscher Ordens-Almanach“. Berlin 1908. Vgl. Geile, Willi: Register zum Deutschen Ordens-Almanach 1908/09. Selbstverlag. Hagen 1992. Dies ist nicht verwunderlich, da die Medaille bis zum Ersten Weltkrieg eine Auszeichnung für Mannschaften und Unteroffiziere war, die im Ordensalmanach unterrepräsentiert sind. H.A.E. 2 war folgerichtig das Kürzel für des AE mit der Inschrift Für Kriegsverdienst, womit diese beiden Ehrenzeichen die ersten Rangstufen beim AE einnahmen. Ein originales Ehrenzeichen lag nicht vor. Unter Ludwig III. schnitt C. Voigt den Vorderseitenstempel für das AE. Ob auch zur Rückseite ist nicht bekannt. Es könnte auch der Darmstädter Hofmedailleur C. Schnitzspahn gewesen sein, zumindest für die späteren Ersatzstempel. Schnitzspahn schnitt auch die Stempel der ersten Reichsmünzen. Unter Ludwig IV. gravierte der Münchner Münzmedailleur J.A. Ries die neuen Vorseitenstempel, die auch mit seinem Namen (J. Ries) versehen waren. Er war ebenfalls Münzmedailleur für Hessen-Darmstadt. Für die Medaillen unter Ernst Ludwig ist in Ermangelung von Quellen und fehlender Stempelsignatur kein Nachweis zu führen. Wahrscheinlich ist jedoch der Berliner Bildhauer Uhlmann der Schöpfer, der auch 1895 die Stempel zur neuen Vorderseite der 2- und 5-Markstücke schuf. Diese zeigen eine große Ähnlichkeit zur Vorderseite des AE. Vgl. Jäger, Kurt: Die 42 43 44 45 deutschen Münzen seit 1871. Basel 1970. Ähnliche Briefchen, nur in anderer Farbe, wurden bei den anderen hessischen Ehrenzeichen im Verlaufe des Krieges verwandt. So kamen für das 1915 gestiftete Allgemeine Ehrenzeichen mit der Inschrift Für Kriegsverdienste graue und das Ehrenzeichen für Kriegsfürsorge bzw. das Kriegsehrenzeichen in Bronze rötliche Briefchen, bei sonst gleichen Abmessungen, zur Verausgabung. Hessen-Darmstadt hatte seit 1883 keine eigene Münzprägeanstalt mehr in Darmstadt. Die Münzen wurden seit dieser Zeit in Berlin geprägt. Vgl. Jäger, Kurt: Die deutschen Münzen seit 1871. Basel 1970. Ob dies auch für einzelne Ehrenzeichen – insbesondere für das AE – galt, konnte nicht festgestellt werden. Die Vergabe des Prägeauftrages an private Hersteller ist wahrscheinlicher. So wurde die Vermählungsmedaille von 1894 in der Berliner Medaillenmünze H. Oertel geprägt. Vgl. Hessenthal, Waldemar Hess Edler von/Schreiber, Georg: Die tragbaren Ehrenzeichen des Deutschen Reichs (…). Berlin 1940. In ähnlicher Form wurden auch andere hessische Verleihungsurkunden verausgabt, bei denen die Urkunde durch das entsprechende Band in der statutengemäßen Farbe umgeben ist. Es gibt auch (spätere) Urkunden, bei denen – bei sonst gleichen Abmessungen und gleichem Druck – die Inschrift FÜR TAPFERKEIT mit zwei Verzierungen in einem silbernen Feld steht (Abb. 6). Es handelt sich hierbei um Vordrucke für andere Allgemeine Ehrenzeichen (z. B. FÜR KRIEGSVERDIENSTE / AM KRIEGSBAND), die durch die zunehmenden Verleihungszahlen in solche der Tapferkeitsmedaille umfunktioniert wurden. Die Grundfarbe des umgebenden Kriegsbandes (hellblau) tendiert hier mehr zu einem bräunlichen Grün. Diese Praxis wurde übrigens auch bei dem Kriegsehrenzeichen in Bronze angewandt, dessen Urkunden durch Überdruck aus solchen des Ehrenzeichens für Kriegsfürsorge aus den Anfangsjahren geschaffen wurden. Quellen und Literatur: - Armee-Verordnungsblatt 49 (Berlin 1915). - Armee-Verordnungsblatt 50, Nr. 31 v. 16.4.1916. Berlin. S. 265?266. - Armee-Verordnungsblatt 51, Nr. 16 v. 24.03.1917. Berlin. S. 155?157. - Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt 1913; Beilage Nr. 10 v. 11.7.1913. - Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt 1915; Nr. 17 v. 22.10.1915. - Großherzoglich Hessische Ordensliste 1914, abgeschlossen am 10. September 1913. Darmstadt 1913. - Rangliste des Deutschen Reichsheeres, nach dem Stand vom 1. April 1924. Mittler und Sohn. Berlin 1924. - Statuten des Großherzoglich Hessischen allgemeinen Ehrenzeichens. Darmstadt 1906. - Vorschriften über den Rang und das Tragen der großherzoglich Hessischen Orden und Ehrenzeichen vom 24.VI.1914. - Brandenstein, Otto Freiherr von: Das Garde-Dragoner-Regiment (1. Großherzoglich Hessisches) Nr. 23. Darmstadt 1931. - Deutscher Ordens-Almanach (Deutsche Ordensliste) 1908/09. Verlag „Deutscher Ordens-Almanach“. Berlin 1908. - v. Frankenberg/Ludwigsdorff, Alex-Victor: Das Leibgarde-Infanterieregiment (1. Großherzoglich Hessisches) Nr. 115 im Weltkrieg 1914–1918. Stuttgart 1921. - Freund, Hans: Geschichte des InfanterieRegiments Prinz Carl (4. Groß. Hess.) Nr. 118 im Weltkrieg. Groß-Gerau 1930. - Geile, Willi: Register zum Deutschen Ordens-Almanach 1908/09. Selbstverlag. Hagen 1992. - Hünicken, Emil: Kriegsgeschichte des Großherzoglich Hessischen Reserve-Infanterie-Regiments Nr. 254. Zeulenroda o. J. - Hessenthal, Waldemar Hess Edlen von/Schreiber, Georg: Die tragbaren Ehrenzeichen des Deutschen Reichs (…). Berlin 1940. - Jäger, Kurt: Die deutschen Münzen seit 1871. Basel 1970. - Keim, A.: Geschichte des Infanterie-Leibregiments Großherzogin (3. Großherzogl. Hessisches) Nr. 117 und seiner Stämme 1677–1902. Berlin 1903. - Kiessling: Geschichte des Kgl. Bayrischen 5. Infanterieregimentes. München [?] 1897. - Klietmann, K.-G.: Pour le Mérite und Tapferkeitsmedaille. Berlin 1966. - Schneider, Louis: Das Buch vom Eisernen Kreuze. Berlin 1872. Orden und Ehrenzeichen 10. Jg., Nr. 55 (Juni 2008)