DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE
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DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE
ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge als Erster zu sehen, bedeutet die Strecke auswendig zu kennen und auch bei 290 km/h nicht die Nerven zu verlieren. Man handelt instinktiv und verlässt sich ganz auf Wagen und Reifen. Und wer in der DTM fährt, hat auch allen Grund dazu. Denn Dunlop rüstet die DTM exklusiv mit Reifen aus. Rennreifen, seit Jahren im Motorsport getestet und weiter entwickelt. Immer mit derselben Überzeugung: Jeder Rekord kann gebrochen werden. DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE www.dunlop.de Vorwort des Autors Helden vergisst man nicht … as macht eigentlich der Böhringer, der alte Greger oder der Linge? Solche Fragen, gestellt von Fans und Freunden, geisterten immer wieder durch die Gegend. Antworten wusste meist niemand, es sei denn, man machte sich gezielt ans Recherchieren. Aus dieser Ratlosigkeit heraus entstand vor gut vier Jahren die Idee, eine Serie über die Befindlichkeit unserer Rennsporthelden, Manager und Macher der 60er-, 70erund 80er-Jahre dauerhaft zu platzieren. Mit kurzen, knackigen Texten und Fotos von damals und heute. ei den Kollegen von «MOTORSPORT aktuell» habe ich für die Idee auf Anhieb viel Begeisterung vorgefunden – und schon war die Serie «Hallo, wie geht’s?» geboren. Seit Januar 2000 sind exakt 182 Folgen erschienen, in den beiden ersten Jahren begleitet von Bilstein, danach bis heute von Partner und Präsenter Dunlop. Der Hanauer Reifenhersteller passt mit seiner über 100-jährigen Motorsporttradition sowieso bestens zu unseren Serienhelden, von denen viele ihre Siege und Meistertitel auf Dunlops schwarzem Gold erzielt haben. Bereits seit letztem Jahr können übrigens alle «Hallo, wie geht’s?»-Folgen auch im Internet über die Homepage www.dunlop.de aufgerufen und heruntergeladen werden. ie unverändert gute Resonanz hat dafür gesorgt, dass die Serie bei den Fans fast schon Kultstatus hat und dank Dunlop und MSa nun ins fünfte Jahr durchstarten kann. Dunlop und MSa präsentieren überdies hiermit auch die vierte Auflage des beliebten Sonderdrucks mit allen bisher erschienenen 182 Einzelbeiträgen. W B D rotz zeitraubender Kleinarbeit beim Recherchieren der Wohnorte und Telefonnummern sowie bei der Beschaffung alter und neuer Fotos ist der Spassfaktor für mich als Autor unverändert gross. Wenn man die meisten Karrieren derer selbst miterlebt hat, die man jetzt zu ihrer Befindlichkeit ausfragt, ist schon allein das Gespräch ein Erlebnis. Vergleichbar mit einer kurzen Reise in eine Rennsportzeit, die sicher nicht die schlechteste war. Der Motorsport hat mit und von den Helden von damals gut gelebt, verdammt gut sogar. Deshalb haben sie es auch nicht verdient, in Vergessenheit zu geraten. o ist diese Serie für mich im Laufe der Zeit auch zu einer Art Verpflichtung geworden, die Erinnerung an jene wach zu halten, die uns seinerzeit viel Freude auf und neben der Rennpiste bereitet haben. Zusammen mit unseren Partnern Dunlop und der Messe Essen wurde deshalb auch das jährliche «Klassentreffen» initiiert, zu dem alle vorgestellten ehemaligen PS-Fürsten am zweiten Samstag der Motorshow nun schon zum vierten Mal nach Essen kommen. Der Zuspruch ist ernorm, die Wiedersehensfreude gross. Vor allem bei denen, die sich 30 Jahre und länger aus den Augen verloren hatten. Allgemeiner Tenor: «Eine wunderbare Gelegenheit, wenigstens einmal im Jahr alte Freunde zu treffen. Und weitaus besser, als sich immer nur aus traurigem Anlass auf diversen Friedhöfen über den Weg zu laufen.» ans, Freaks und Freunden von «Hallo, wie geht’s?» wünsche ich auch mit der vorliegenden 4. Auflage des Nostalgie-Booklets viel Spass. Rainer Braun T S F 3 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis MSa-Jahrgang 2000 MSa-Jahrgang 2001 Abt, Johann †: Allgäuer Vollgastier 6 Ahrens, Kurt: Der Formel-Fighter 7 Bartels, Willi: Der Berg-König 8 Berger, Jochen: Röhrls Opel-Co 9 Bergmann, Kurt: Der Kaimann 10 Bergmeister, Willi: Schumis Meister 11 Bodmer, Gerhard †: Der Glas-Bläser 12 Böhringer, Eugen: Der grosse Kleine 13 Foitek, Karl: Die Alfa-Bank 14 Fritzinger, Klaus: Der Multisportler 15 Fröhlich, Dieter: Zweites Leben 16 Glemser, Dieter: Der Schwabenpfeil 17 Herrmann, Hans: Der Hans im Glück 18 Heyer, Hans: Der Tausendsassa 19 Huber, Günther: Der Einzelkämpfer 20 Kauhsen, Willi: Der 1000-PS-Mann 22 Kelleners, Helmut: Die Nas aus Moers 23 Knupp, Willy: Der RTL-Pionier 24 Kottulinsky, Freddy: Alter Schwede! 25 Kranefuss, Mike: American Dream 26 Linge, Herbert: Die Allzweckwaffe 27 Löwinger, Willy: Wiener G’schichten 28 Luck, Jochen: Die Renn-Stimme 29 Mander, Dr. Helmut: Der Bergdoktor 30 Meeuvissen, Annette: «Second Lady» 31 Moll, R./Schock, W.: Das Dream-Team 32 Odenthal-Stöhr, Waltraud: Turbo-Maus 33 Perrot, Xavier: Mosleys Kunde 34 Pfuhl, Albert: Der Herrenfahrer 35 Philipp, Dr. Gunther †: Film, Funk, Ferrari 36 Pinske, Lothar: Das Arbeitstier 37 Plankenhorn, Axel: Der 2-Meter-Hüne 38 Rosorius, Klaus-Peter: Der Aussteiger 39 Schetty, Peter: Der Chef-Tester 40 Schickentanz, Clemens: Der Zuverlässige 41 Schmid, Günther: Der ewige Grantler 42 Schommers, Werner: Der Spassvogel 43 Schüler, Gerd: Der Karrieremann 44 Schurti, Manfred: Schneller Beamter 45 Schütz, Udo: Der Stier von Selters 46 Senne, Karl: Der DTM-Fan 47 Spiess, Siegfried: Der PS-Zauberer 48 Strähle, Paul Ernst: Der Allrounder 49 Treser, Walter: Der Technik-Freak 50 Trint, Manfred: Der wilde Flieger 51 Werner-Hennerici, Hannelore: Vorbild für Ellen 52 Ammerschläger, Thomas: Edel-Techniker 53 Basche, Dieter: Bayern-Sportler 54 Bellof, Georg: Der grosse Bruder 55 Bitter, Erich: Der Renn-Konfektionär 56 Bovensiepen, Burkard: Mister Perfect 57 Dechent, Hans-Dieter: Der Elegante 58 Falk, Peter: Porsche-General 59 Gebhardt, Günther: Das Kraftpaket 60 Grähser, Jürgen: Der längste Kampf 61 Greger, Sepp: König der Berge 62 Hahne, Hubert: Der Rekordbrecher 63 Hainbach, Reinhard: Verpasster Hattrick 64 Heidegger, Max: Liechtensteiner Hexer 65 Hezemans, Toine: Der grosse Trickser 66 Jelinski, Frank: Verkanntes Talent 67 Kleint, Jochi: Der Weltenbummler 68 Kling, Karl †: Der Grandseigneur 69 Krebs, Albrecht: Der «Fast-Meister» 70 Liedl, Heinz: Der Berg-Floh 71 Mahle, Eberhard: Der Alleskönner 72 Mariosi, Enrico: Die Seele vom Ring 73 Menzel, Harald: Die Kurz-Karriere 74 Mohr, Manfred: Der Furchtlose 75 Neuhaus, Jürgen: Kernige Frohnatur 76 Nöcker, Peter: Der stille Star 77 Nodes, Beate: Haugs Bezwingerin 78 Obermoser, Jörg: Der Nostalgiker 79 Ostlender-Weiss, Claudia: Power-Lady 80 Pankl, Gerold: Der Unzerstörbare 81 Petit, Peter: Der nett’ Franzos’ 82 Scharmann, Peter: Der Renningenieur 83 Schmidt, Rolf: Vive la France! 84 Schütz, Wolfgang: Das Cup-Schlitzohr 86 Schwägerl, Hans: Der Rallye-Papst 87 Seufert, Hans Peter: Der Buschmann 88 Steinemann, Rico †: Der Multi-Mann 89 Surer-Tavoli, Yolanda: Das neue Leben 90 von Wendt, Karl: Sauerland-Baron 91 Warmbold, Achim: Der Quertreiber 92 Weber, Georg: Der Unbeugsame 93 Weber, Gerhard: Herr der Reifen 94 Weber, Michel: Der Gebirgsjäger 95 Wehner, Hans: Der VW-Pionier 96 Weiss, Heiner: Schneller Präsident 97 Abt, Johann † 2003 (MSa 04/2000) 6 Allgäuer Vollgastier wischen 1954 und 1975 tobte der «wilZMaschinen de Hund aus Kempten» zuerst mit Crossund dann mit den Tourenwagen von Sieg zu Sieg. Wo immer der Allgäuer antrat, resignierte die Konkurrenz alsbald. Fünf Gelände- und Motocross-Titel für DKW, an die 200 Siege auf zwei und über 100 auf vier Rädern machten Johann Abt zu einem der erfolgreichsten bayerischen Motorsportler überhaupt. Seine Leidenschaft waren Bergrennen. Wenn er mit dem DKW F 12 und später mit dem Abarth 1000 TC die europäischen Berge hochdonnerte, war er in seinem Element. Und auch auf der Rundstrecke stand er seinen Mann. Im Abarth 1000 schaffte er 1970 den Tourenwagen-EM-Titel in der kleinen Division. Heute ist er 64 Jahre alt und erfolgreicher Geschäftsmann. Stolz verfolgen er und Ehefrau Thea (seit 38 Jahren verheiratet), wie die Söhne Christian und Hans-Jürgen die Abt-Erfolgstradition fortsetzen. Zwei Kemptener DKW-Piloten hatten vor allem in den 60er-Jahren am Berg das Sagen beim Siegen: Johann Abt und sein Kumpel Michael Endress. Ihre Spielplätze waren die Tourenwagenklassen 850 und 1000 ccm. Ohne Siegerkranz gingen die Auftritte der beiden Naturburschen nie ab, einer gewann immer, meistens beide. Später trennten sich die Wege, Abt stieg auf den 1000er-Abarth um, bekam sogar einen Werksvertrag von Carlo Abarth und fuhr fortan auch auf den permanenten Rennstrecken und Fluplätzen auf Siegeskurs. Schon in seiner DKW-Zeit bereitete der gelernte Kfz.-Meister seine Renngeräte übrigens selbst vor, schliesslich arbeitete er in der PKW-Versuchsabteilung bei DKW/Auto Union und kam logischerweise an die besten Teile. «Meine Ausfallquote war fast Null, soweit es die Technik betrifft.» 1975 beendete er seine Rennfahrerlaufbahn mit einem weiteren Titelgewinn in der Tourenwagen-EM. Danach kümmerte er sich konsequent um Ausbau und Führung seines VAG-Autohauses. Inzwischen haben sich die «Äbte» ein kleines Imperium in Kempten geschaffen. Eine prachtvolle VW- und Audi-Niederlassung mit Werkstatt, dazu Abt Sportsline mit angeschlossenem Tuning- und Rennbetrieb. Trotz einer Herzoperation vor acht Jahren gibt Johann Abt unverdrossen weiter Vollgas. Mit Begeisterung verfolgt er vor allem den sportlichen Weg von Christian («des isch genauso a wilder Hund wie i»). Keinerlei Zweifel gibt es für Abt senior, wenn es um einen Vergleich der Generationen geht: «Die Buben haben’s heute viel leichter als wir, ihre Perspektive als Sportler ist viel besser.» Abt in den 60ern: Ausfallquote fast null Abt heute: Im Geschäft weiter Vollgas DKW im Grenzbereich: Johann Abt 1964 auf dem Flugplatz Mainz-Finthen Ahrens, Kurt (MSa 25/2000) Der Formel-Fighter urt Ahrens galt im Formel-Rennsport K der 60er-Jahre als deutscher Qualitätsbegriff. Von der Formel Junior über 7 die Formeln 3 und 2 bis zu vier Formel-1Einsätzen liess er in der Einbaum-Liga nichts aus. Dreimal (1961, 1963 und 1965) wurde der Braunschweiger Deutscher Rennwagen-Meister, 1967 Formel-3-Nationencup-Sieger. Unvergessen die Formel-2-Schlachten, in denen er Gegner vom Kaliber eines Rindt, Clark, Mitter oder Siffert bezwang. Jack Brabham vertraute ihm 1968 einen seiner Wagen für den Deutschland-Grand-Prix an. Porsche holte ab 1969 den Eisenfuss für zwei Jahre ins Werksteam. Dort gelangen ihm im 917 und 908 mit Jo Siffert und Vic Elford als Partner grandiose Erfolge in der Sportwagen-WM. Zirka 300 Rennen, an die 150 Siege – und im Rennbetrieb nie ein Auto verschrottet, nie ein ernster Unfall. Nur einmal hats richtig gekracht, beim Testen auf dem VW-Testgelände in Ehra-Lessien, wo wegen Aquaplanings ein Porsche 917 zu Bruch ging. Im April wurde Ahrens 60, erfreut sich bester Gesundheit und lebt mit Frau Resi (seit 39 Jahren verheiratet) und den vier Kindern in Sassenburg. Ein traumhaftes Anwesen, 15 000 qm Gartenlandschaft in der Heide, mittendrin fünf Bungalows. Ein Hüttchen fürs Familienoberhaupt, die anderen für jedes der vier Kinder. Containergeschäft und Schrotthandel hat der Vorruheständler an seine Nachkommen übertragen, er selbst hat Spass an den vier Enkeln und am geruhsamen Leben. Aber noch immer ist er bestens informiert über alles im Rennsport, versäumt im Fernsehen keinen Formel-1-Lauf und fährt traditionell einmal im Jahr zum Monaco-GP. Warum hört ein so erfolgreicher Pilot wie er mit 32 Jahren auf? «Weil ich Angst vor einem schweren Unfall hatte. Ich war schockiert über den Verlust guter Freunde.» Tatsächlich fiel die Ahrens-Ära in die schlimmsten Jahre des Rennsports, das Sicherheitsdenken steckte noch in den Kinderschuhen. Fast ein ganzes Startfeld verunglückte damals tödlich: Bandini, Mitter, Clark, Siffert, Spence, Schlesser, Rindt, Hawkins, Scarfiotti, Courage, Pedro Rodriguez. «Die meisten waren Gegner in der Formel 2, mit vielen war ich befreundet. Meiner Familie und mir gegenüber konnte ich das nicht mehr verantworten. Ich bin dankbar und glücklich, dass ich überlebt habe.» Das ist auch der Grund, warum keiner der zwei Söhne den Weg in den Rennsport gesucht hat. Dafür spielen sie mit Begeisterung Fussball. Kurt Ahrens: Eine echte Formel-Grösse Ahrens heute: Vorruhestand mit 60 Jahren Eifelrennen 1968: Kurt Ahrens bezwang in der Formel 2 so ziemlich alle Asse seiner Zeit Bartels, Willi (MSa 08/2000) 8 Der Berg-König wollte Willi Bartels eine RalEweiligentlich lyefahrer-Laufbahn anstreben, aber er sich so oft verfuhr, wechselte er in den reinen Rennsport. 20 Jahre lang bezwang er ab 1960 die Berge Deutschlands und Europas. Als Porsche-Privatfahrer gelangen ihm an die 200 Siege und zwei Titelgewinne in der GT-Wertung der BergEM. Nur die Deutsche Bergmeisterschaft hat er nicht geschafft, «obwohl ich gerade die in all den Jahren wenigstens einmal gewinnen wollte». Der klassische Porsche 911 in allen Variationen, der Carrera 6, der 904 GTS und der 908/3 waren seine Wettbewerbsgeräte. Heute ist Willi Bartels fast 73 Jahre alt, wohnt im sauerländischen Plettenberg und freut sich über die Rennerfolge seines Sohnes Michael. Auch beruflich hat er noch immer Kontakt zur schnellen Zunft. Der Bergrennsport der 60er- und 70erJahre hatte einen viel höheren Stellenwert als heute, bis zu 30 000 Zuschauer verfolgten die Husarenritte der Bergstars Bartels, Greger, Joest & Co. Von April bis Oktober zogen die Akteure wie Nomaden von Berg zu Berg, fuhren ein Rennen nach dem anderen. Schauinsland, Rossfeld, Eberbach oder Wallberg, Trento, Ollon-Villars, Montseny oder Timmelsjoch waren die berühmtesten Schauplätze grosser Berg- schlachten. Viele der damaligen Konkurrenten wie Edgar Barth, Rolf Stommelen oder Gerhard Mitter leben nicht mehr, mit anderen wie Sepp Greger oder Reinhold Joest hat Bartels noch heute Kontakt. Bis auf einen deftigen Überschlag am Schauinsland gab es übrigens keine erwähnenswerte Zwischenfälle oder sogar ernste Verletzungen. Auch heute sieht man Willi Bartels noch oft an den Rennstrecken. Da ist einmal sein berufliches Engagement (er ist Ausrüster von Fahrerlager-VIP-Zelten und PaddockClubs mit Bodenbelägen seines Unternehmens «Heimtex»), und zum anderen natürlich das rennsportliche Treiben seines in der DTM aktiven Sohnes Michael. Der macht dem alten Herrn «immer wieder viel Freude, weil er so ein irrsinnig grosser Kämpfer ist». Trotz des beruflichen Engagements achtet Bartels Senior stets auf genügend Zeit für privaten Freiraum. Zwei quirlige Enkelkinder (8 und 13 Jahre) von Tochter Manuela fordern Opas Aufmerksamkeit immer wieder aufs Neue ein. «Das hält dich jung, fit und gesund», sagt Bartels, der seit 32 Jahren mit seiner Frau Luise verheiratet ist und fast genauso lang in seinem heissgeliebten alten Bauernhof im Sauerland wohnt. Bartels 1965: Legende am Berg Bartels 1987: Rat für Sohn Michael Leben wie die Nomaden: Bartels ’66 im Carrera 6 beim EM-Lauf in Trento Berger, Jochen (MSa 47/2000) Röhrls Opel-Co ochen Berger wurde als Co-Pilot erst an Jberühmt. der Seite von Walter Röhrl so richtig Mit einem Irmscher-Ascona A 9 holten die beiden 1974 für Opel die erste Rallye-Europameisterschaft, nachdem sie ein Jahr zuvor den Titelgewinn nur verpassten, da die Benzinkrise zur Absage aller noch ausstehenden Läufe führte. Obwohl Berger auch anderen Stars wie Jochi Kleint oder dem Schweden Anders Kulläng die rechten Wege wies, wurde die Ehe mit Röhrl zum Qualitätsbegriff. «Neben Walter habe ich mich immer sicher gefühlt», schwärmt der Hesse, «er war der perfekteste Pilot seiner Zeit.» Nur ein Mal musste Berger die Luft anhalten: «Da ging’s kopfüber in einen Bach, weil uns ein Traktor in die Quere kam.» Mit Gesamtrang 4 bei der Monte 1976 endete die Profi-Laufbahn des RallyeBeifahrers Jochen Berger, nicht aber seine Zugehörigkeit zu Opel. Dort übernahm er im selben Jahr die Leitung der Rallyeabteilung, schuf in der Folge den OpelJunior-Rallyecup und setzte die Nachwuchsformel Opel Lotus in Marsch. Mittlerweile ist für den 54-Jährigen das Kapitel Motorsport beendet – seit einigen Jahren arbeitet er im Technischen Entwicklungszentrum in der Vorausentwicklung. «Dass Opel 1992 die Rallyeabteilung zugunsten des Rennsports aufgab, war eine Riesenenttäuschung. Die Rundstrecke ist halt nicht mein Ding.» Zu den schönsten Erlebnissen zählt Berger jenen Moment, als er und Walter Röhrl 1974 bei der Rallye Lugano morgens um 6 Uhr talwärts in Richtung Ziel rollten. «Die Sonne ging auf, der Job war getan, wir hatten unseren sechsten Saisonsieg sicher und genossen das Gefühl, Europameister zu sein. Einfach gigantisch!» Bergers Liebe gehört jetzt der historischen Rallyeszene. Als Co bei Röhrl und anderen bestreitet er regelmässig Traditionswettbewerbe. Im Wochenend-Domizil im Eifelort Mannebach hegt er Oldtimer, streichelt den 74er-EM-Ascona, pflegt den Volvo PV 444 und tuckert mit einem 11 PS starken Einzylinder-Lanz-Traktor (Baujahr 1956) durch die Gegend. Weitere Hobbys: Modelleisenbahnen, ferngesteuerte Trucks und eine Sammlung von 80 Fahnen aller Nationen und Automobilmarken. Zum nahen Nürburgring kommt er vor allem, um alte Freunde zu treffen. Die Rennen interessieren nur am Rande. Seine Wünsche: «Gesund bleiben, viele historische Events bestreiten, mit Freunden die Welt bereisen, gutes Essen und Weine geniessen. Und zwischendurch immer wieder zurück in die Eifel.» Genialer Copilot: Jochen Berger 1974 Quertreiber: Mit Röhrl im Opel Ascona A Wiedersehen alter Kämpen: Jean-Claude Andruet, Jochen Berger und Jean Ragnotti Bergmann, Kurt (MSa 46/2000) 10 Der Kaimann urt Bergmann steht inmitten eines K wohlgeordneten Chaos. Sechs FormelV-Rennwagen sind auf einer Wiese, sprich Fahrerlager, in ihre Einzelteile zerlegt. Nichts entgeht dem kleinen Mann mit der hochgeschobenen Brille. Plötzlich wirds gefährlich: Schlurfenden Schrittes nimmt er Kurs auf einen Mechaniker – die gerade gelegte Schweissnaht gefällt dem «Master» nicht. Schludrigkeiten wurden nicht geduldet, schliesslich sollten Rennen gewonnen werden. Und gewonnen wurde im Team von «Kurtl» Bergmann oft. 13 Meisterschaften, darunter eine WM und mehrere EM-Titel sowie mehr als 100 Einzelsiege sind der Beleg. In der Blütezeit der Formel V und Super V Ende der 60er-, Anfang der 70er-Jahre hatten die legendären Kaimann-Renner das Sagen beim Siegen. Erst die Konstruktionen der grossen Chassisbauer wie Lola, March und Ralt bremsten Bergmanns Monoposti ab 1973 ein. Bergmanns Stall begründete nicht nur die weltweite Überlegenheit der Österreicher in der Formel V, sondern auch den frühen Ruhm vieler späterer Weltklassepiloten. Ein Niki Lauda oder ein Keke Rosberg zeigen noch heute Bewunderung für den Mann mit dem Stoppelschnitt. «Das erste, was der Niki abgeliefert hat», erinnert sich der 71-jährige Bergmann grinsend, «war ein krummes Auto nach einem Looping.» Seine Lieblingspiloten waren die Österreicher Erich Breinsberg («der war am längsten bei mir und am pflegeleichtesten»), Helmut Marko («der Schnellste, aber auch Schwierigste») und Günter Huber («technisch der Beste»). Am meisten getroffen hat Bergmann der Tod von Helmut Koinigg im Surtees-Formel 1 in Watkins Glen 1974 und die Massenkarambolage 1973 am Nürburgring. Wegen eines lokal begrenzten Regenschauers auf der Döttinger Höhe krachte das halbe Super-V-Feld ungebremst ineinander, einige Autos brannten, es gab viele Verletzte. Nach dem Ende der Formel-V-Ära 1982 wurde Bergmann einige Jahre von VW als Technischer Kommissar für den Polo-Cup eingesetzt, ehe er sich aus dem Motorsport zurückzog. Seine Opel-Werkstatt in Wien-Essling wird längst von Sohn Peter (45) geleitet. Die finanzielle Kontrolle aber obliegt nach wie vor der Senior-Chefin – Johanna Bergmann und ihr Kurtl sind seit 46 Jahren verheiratet. Der Master selbst pflegt neue Hobbys: Er baut ferngesteuerte ModellHubschrauber und fährt mit viel Ehrgeiz Ski. Und er ist kerngesund, «was die Hauptsache ist». Der Master: Kurt Bergmann 1975 Unverändert: Kurt Bergmann heute Geordnetes Kaimann-Chaos: So sah im Jahre 1974 ein Formel-V-Fahrerlager aus Bergmeister, Willi (MSa 22/2000) Schumis Meister illi Bergmeister liess es eigentlich nie W so richtig krachen. Nicht quer und nicht mit Qualm, nicht mit wilden Drifts 11 und Drehern. Seine Stärke waren die blitzsaubere Linie, der grundsolide Strich, die unauffällige Schnelligkeit. Der Langenfelder heisst nicht nur Bergmeister, er wurde es auch. Mit einem NSU TT entschied er 1974 den Titelkampf, eine zweite Meisterschaft stand 1976 mit dem gerade frisch geborenen VW-Scirocco-Cup ins Haus. Er half mit, für Audi den Markentitel in der Tourenwagen-Europameisterschaft zu gewinnen, und er beendete die Fahrerwertung des Championats zweimal als Vizemeister. Im September wurde Willi Bergmeister 51, gesundheitlich belasten ihn allerdings unangenehme Herzrhythmusstörungen (ausgelöst durch eine verschleppte Virusinfektion, die er sich beim Skiurlaub im letzten Jahr eingefangen hat). Zusammen mit Ehefrau Anni – sie sind seit 28 Jahren verheiratet – steht er als Chef seines Autohauses weiterhin an vorderster Front des rheinischen Geschäftslebens. Und an den Wochenenden kümmert er sich um seine beiden rennfahrenden Söhne Tim (25) und Jörg (24). Die haben schon eine erfolgreiche Laufbahn in den Nachwuchsformelklassen König, Renault und Opel hinter sich. Jörg brachte es immerhin schon bis zum KönigMeister, Tim zum F3-Vize der früheren B-Kategorie. In der laufenden Saison standen für Jörg Supercup und Carrera-Cup und für Tim die Formel-3-DM auf dem Programm. Mit viel Hingabe und Begeisterung ist der Ex-Rennfahrer für seine Söhne da, wenn Rat und Tat gefragt sind. Das war schon so, als ein Bürschlein namens Michael Schumacher vor 13 Jahren im Betrieb des Kfz-Meisters seine Mechanikerlehre absolvierte. «Er war ein guter Lehrling», erinnert sich Bergmeister, «aber er wollte wegen der Rennerei die Ausbildung vorzeitig abbrechen. Wir haben dann eine vorgezogene Gesellenprüfung für ihn beantragt, und die hat er auch locker bestanden.» Was die wenigsten wissen: Willi Bergmeister hat den talentierten, aber damals mittellosen Knaben aus Kerpen 1988 in seinem ersten Rennjahr (Formel König, Formel Ford) auch finanziell unterstützt. «So einem Talent wie ihm musste man einfach helfen, und ich hab’s wirklich nicht bereut. In all den Jahren wars schön mit anzusehen, was aus meinem ehemaligen Lehrbuben geworden ist. Ich bin sehr stolz auf ihn.» Bergmeister 1976: Sieg für den jungen Willi Bergmeister heute: Für Firma und Familie Willi Bergmeister im Jägermeister-VW: Klassensiege in der Tourenwagen-EM 1977 Bodmer, Gerhard † 2002 (MSa 52/2000) 12 Der Glas-Bläser erhard Bodmer und die Erfolgsstory G einer One-Man-Show. Man stelle sich vor: Die Rennabteilung eines Automobilherstellers besteht aus zwei Mann, der eine fährt, der andere kümmert sich um den Rest. Dabei kommen gut 150 Siege und ein Meistertitel raus. So geschehen beim Dingolfinger Familien-Unternehmen Glas in den Jahren 1959– 1968. Hauptdarsteller Bodmer, gebürtiger Schwabe, erfolgreicher Motocross- und Geländefahrer für DKW, steigt von zwei auf vier Räder um und mischt fortan die Tourenwagenszene in den kleinen Klassen auf. Mit dem Nachfolger des legendären Goggo, einem 60PS-Glas-Isar 600, wird der Mann zum Schrecken der siegverwöhnten SteyrPuch- und NSU-Prinz-Armada. Weiter gehts in den stärkeren GlasModellen 1204 und 1304 TS sowie 1300 GT-Coupé, die immerhin schon rund 120 PS leisten. Bodmer wird 1965 Deutscher Rundstreckenmeister, ein Jahr später kreuzen drei Glas 1304 TS auf den Plätzen 1, 2 und 3 die Ziellinie bei den 24 Stunden in Spa. Bodmer und Kollegen, darunter Helmut Kelleners, holen den Königspokal. Das Treiben geht erst mit der Einverleibung des kleinen Werks durch BMW zu Ende. Die Zwei-Mann-Rennabteilung fällt der Fusion zum Opfer. «Wir haben alles selbst erledigt, es gab weder Etat noch Gage. Zum normalen Gehalt als Angestellter kamen nur die Erstattung der Reisekosten und eine kleine Siegprämie.» Trotzdem hat der mittlerweile 68Jährige diese Zeit in bester Erinnerung. Bis auf jenen Tag, an dem die Konkurrenz das Innenleben seines Motor zu sehen begehrte. Aber Bodmer hatte strikte Anweisung, das Triebwerk nur im Werk öffnen zu lassen. Darauf liessen sich die Sportkommissare nicht ein, die Weigerung führte zu Wertungsausschluss und einem Jahr Sperre. «Das ärgert mich noch heute, ich schwöre, alles war in Ordnung.» Unweit des Nürburgrings hat sich Bodmer zusammen mit seiner Ehefrau Hannelore und Sohn Andreas (31) eine neue Existenz aufgebaut. Seit 1969 betreibt er in Adenau eine Alfa- und Mazda-Niederlassung. Der Mann ist nicht kleinzukriegen: Nachdem ihn in der Motocross-Zeit ein Schädelbasisbruch in die Intensivstation beförderte, brachte ihn eine Magen-Operation vor zwei Jahren erneut in Lebensgefahr. Wenn der Langstreckenpokal oder das 24-Stunden-Rennen über die Nürburgring-Nordschleife toben, steigt er aufs Fahrrad und fährt spezielle Mutpunkte an. «Ein Blick, und du weisst, wer’s kann und wer’s nie lernt.» Damals: Schrecken der Grossen Heute: Mit dem Rad an den Ring Glas-Kasten: Gerhard Bodmer im 1304 TS beim Schauinsland-Bergrennen Böhringer, Eugen (MSa 20/2000) Der grosse Kleine Böhringer wird bei Mercedes noch EDerugen heute liebevoll gehegt und gepflegt. nur 1,60 m grosse Schwabe hat den 13 Stern besonders hell leuchten lassen, als er die 220- und 300-SE-Limousinen weltweit zu Rallye- und Rennerfolgen trieb. In seiner aktiven Zeit zwischen 1957 und 1967 hat er wohl mehr von der Welt gesehen und erlebt als andere im ganzen Leben. Cleverness, Improvisationstalent und ein von Natur aus fröhliches Wesen haben ihm einen legendären Ruf eingebracht. Für Journalisten war Böhringer eine ständige Fundgrube. Wenn er ein Auto rausgefeuert hatte, pflegte er in breitestem Schwäbisch zu sagen: «Der wo net schnell fahrt, fliegt au net raus, gell?» Im Januar wurde der gelernte Koch 78 Jahre alt, lebt mit Frau Luise (seit 45 Jahren verheiratet) wie eh und je am Stuttgarter Rotenberg und fühlt sich trotz zwei Bypass-Operationen pudelwohl. «Der Wein schmeckt noch, des isch dHauptsach.» Rund um das Anwesen Böhringers finden sich die übrigen Mitglieder des Clans in Gestalt seiner vier Töchter Beate (44), Isabell (41), Mercedes (39) und Eva (36), dazu drei Enkelkinder. Das Restaurant mit Hotel hat er seiner Ältesten übergeben, während der alte Geniesser hinterm Haus im eigenen Weinberg grössere Mengen Riesling und Trollinger erntet. Regelmässig geht der Rallye-Europameister von 1962 in Stuttgart zum Stammtisch. Die Runde mit Eberhard Mahle, Walter Schock, Hans Herrmann und Co. hat sich viel zu erzählen. Etwa, wie das Team Böhringer/Glemser 1964 beim 6-h-Rennen am Nürburgring mit dem 300er die hochfavorisierten Jaguar MK 2 und BMW 1800 TI bügelte. Oder wie die zwei mit fünf Runden Vorsprung beim 24-h-Rennen in Spa führten, bevor ein paar Minuten vor Schluss ein Vorderrad abbrach. «Das war meine grösste Enttäuschung überhaupt, das geht mir heut’ noch nach.» Einen der tollsten Husarenritte lieferte er bei der Rallye Monte Carlo (wo ihm fünf Jahre in Folge Klassen- und Gruppensiege gelangen). Das Team Böhringer/Wütherich wollte 1965 beweisen, dass man mit dem Porsche 904 GTS die wendigen BMC-Minis besiegen kann. Ein Schneesturm (den nur 18 von 300 Autos überlebten) gleich zu Beginn bescherte einen unaufholbaren Rückstand, doch dann drosch Böhringer den Sportwagen von Bestzeit zu Bestzeit und galt als Zweiter hinter Timo Mäkinens Mini als moralischer Sieger. Es gibt so viele Anekdoten über ihn, dass sie ein Buch füllen würden. 1965: Eugen Böhringers grösste Zeit Böhringer 1999: Noch immer viel Freude Leuchtender Stern 1964: Böhringer drischt den 300er um die Nürburgring-Nordschleife Foitek, Karl (MSa 39/2000) 14 Die Alfa-Bank arl Foitek war für Alfa Romeo immer K eine Bank, wenns um wichtige Tourenwagen- und GT-Siege ging. Giulietta TI, Sprint Veloce und Zagato trieb er vor allem im Dreiländereck Deutschland/Schweiz/ Österreich zum Erfolg. Eigentlich war der Mann unschlagbar, wenn er nicht abflog oder die Technik streikte. Höhepunkt seiner Husarenritte war der Sieg im verregneten Rahmenrennen des deutschen Grand Prix 1960 auf der Nürburgring-Südschleife: Mit einer Alfa Romeo Giulietta TI liess er das gesamte GT-Feld mit hochkarätigen Stars hinter sich. Was immer das Ausnahmetalent zwischen 1955 und 1971 anpackte, endete meist unterm Lorbeerkranz. Das galt auch für seine GT- und Sportwagen-Starts mit dem Lotus-Elan, Ferrari GTO, Lotus 23 und Lola. An die 200 Siege und vier Schweizer Meistertitel sind ein Zeugnis dafür. Den persönlich wertvollsten Tag erlebte der gebürtige Österreicher und zugewanderte Schweizer am 23. Mai 1971 bei einem seiner letzten Rennen in Bremgarten: Kurz nachdem er seinen Lola zum Sieg getrieben hatte, meldete ihm Gattin Sonja telefonisch die Geburt der Zwillinge Frank und Markus. Die beiden sind heute mit 29 Jahren die jüngsten der fünf Foitek-Kinder. Carmen (37), Gregor (35) und Reto (34) komplettieren die Grossfamilie. «Zum Glück wollte nur Gregor Rennfahrer werden, sonst wärs richtig teuer geworden.» Teuer genug geriet bereits Gregors Karriere, die nach erfolgreichen Stationen im Tourenwagen, der Formel Ford, Formel 3 und Formel 3000 in zwei schlechten Formel-1-Teams ihr Ende fand. Im August 1990 zog der Papa die Notbremse, «weil es wirtschaftlich nicht zu vertreten war. Leider haben wir bei dem Abenteuer viele Millionen für nichts bezahlt.» Foitek wird im April 70 Jahre alt und ist immer noch auf Titeljagd – in der Winterdisziplin Curling. Schon zweimal liess er sich als Landesmeister bei den Senioren feiern. Mit Golfen und Lachsfischen in Norwegen, Alaska und Kanada rundet Foitek sein Erholungsprogramm ab. Denn beruflich gibt der Unverwüstliche noch immer Gas: Über die Ferrari-Challenge ist Foitek weiterhin mit dem Rennsport verbunden. Das seit 1962 (dem Hochzeitsjahr der Foiteks) als Familienunternehmen geführte Autohaus «Garage Foitek» in der Nähe von Zürich mit Vertretungen für Alfa Romeo, Ferrari und Maserati hört nach wie vor auf sein Kommando. «Irgendwann in nächster Zeit sollte ich anfangen kürzer zu treten und das Geschäft an die Kinder übergeben.» 1957: Karl Foitek mit seiner heutigen Gattin 1999: Karl Foitek (rechts) mit Jean Todt Siege in Serie: Karl Foitek 1962 im Alfa Romeo Sprint GT 1300 auf dem Nürburgring Fritzinger, Klaus (MSa 13/2000) Der Multi-Sportler laus Fritzinger ist ein Alleskönner. Das K gilt für seine Profizeit als Fussballer beim 1. FC Kaiserslautern, für seine Auf- 15 tritte als Rennfahrer am Berg und auf der Rundstrecke, und erst recht für seine Darbietungen als Rallye-Pilot. Mit einem privat eingesetzten Capri RS entpuppte er sich für Werksfahrerkollege Hans Stuck im DRM-Premierejahr 1972 als zäher Brocken und wurde immerhin Vizemeister. Einige Jahre später schnappte er im selbst vorbereiteten Toyota bei der Bavaria-Rallye einem Kaliber wie Walter Röhrl im WerksStratos um zwei Sekunden den Gesamtsieg weg. Ganz zu schweigen davon, dass er die Mammut-Fernfahrt «Tour d’Europe» gleich dreimal gewonnen hat. Und zwar jedesmal mit einem anderen Toyota-Modell (Celica, Corolla, Starlet). Klaus Fritzinger ist jetzt 63, lebt unverändert in Kaiserslautern, hat sein Autohaus an den den 38-jährigen Sohn übergeben und erfreut sich gerade seiner vierten Karriere als Konstrukteur. Ein Energiebündel war der Bastler und Tüftler schon immer – und daran hat sich bis heute nichts geändert. So meldete er eine geniale Idee als Patent an: Ein Begrenzungssystem aus Recycling-Kunststoff für Indoor-Kartbahnen. Inzwischen haben schon über 40 Betreiber in ganz Europa, darunter auch die Schumi-Bahn in Kerpen, die Altreifen gegen die FritzingerErfindung ausgetauscht. Und gerade ist er dabei, auch die Karts mit einer High-TechVariante aus Kohlefaser und Elektroantrieb zu revolutionieren. Sein Motto: «Suche die Herausforderung – und du findest sie.» Die Herausforderung hat er im Motorsport wirklich immer und überall gesucht. Da waren die Wahnsinns-Ritte mit dem Shelby-Mustang und der AC Cobra. Oder seine Exoten-Rallyes in der Wüste von Arabien, bei den Ölscheichs im Orient oder im tibetanischen Hochland am Himalaya. Die «Monte» hat er sogar mal mit der SWR-3-Moderatorin Stefanie Tücking als Co-Pilotin in Angriff genommen. Wie kaum ein anderer hat es der Mann verstanden, den Sport zu leben, zu geniessen und dabei erfolgreich zu sein. Und das 27 Jahre lang. Über seine zehn Toyota-Rallyejahre mit Co-Pilot Henning Wünsch gerät der Pfälzer in Verzückung: «Eine wunderbare Zeit, wir haben viel von der Welt gesehen und Riesenerlebnisse gehabt, einfach traumhaft.» Kontakt mit der Rennszene hat Fritzinger hauptsächlich noch via TV, hin und wieder reicht’s auch mal für einen Besuch an der Strecke. Ganz heiss ist er auf seinen Lieblingskurs Nordschleife. «Da würde ich gerne nochmal mit ein paar flotten Jungs die 24 Stunden mitfahren.» Allround-Ass: Klaus Fritzinger anno 1971 Genialer Tüftler: Klaus Fritzinger heute Quertreiber: Klaus Fritzingers Toyota fürchtete auch Walter Röhrl Fröhlich, Dieter (MSa 40/2000) 16 Zweites Leben ieter Fröhlichs Auftritte hatten stets D hohen Unterhaltungswert: Mal bestellte er einen missliebigen Journalisten zum Rapport, mal bedrängte er Funktionäre und Gegner. Vor dem Start schüttete er gerne noch rasch eine Literflasche Cola in sich rein und rauchte dazu in bester Winkelhock-Manier ein paar Marlboros im Schnelldurchgang. Mit seiner Unnahbarkeit hielt er die Konkurrenten («wer mir dumm kam, hatte ein Problem») auf Distanz. Dazu trug sein Erscheinungsbild ebenso bei wie der berühmte «BananenDampfer», die 500-PS-Corvette mit Chiquita-Werbung. Aber auch mit anderen Autos gelangen dem Essener Kaufmann innerhalb seiner zwölfjährigen Laufbahn bis 1974 viele Siege. So gehörten diverse DKW-Modelle, Alfa Romeo Giulia und GTA, Opel Commodore und fast alle Porsche911-Varianten zu seinem Fuhrpark. Im Januar wurde Fröhlich 60 Jahre alt, aber den wichtigsten Geburtstag feierte er drei Jahre zuvor: «Da war ich fünfmal tot.» Nach einem schweren Herzinfarkt mussten ihn die Ärzte mehrmals reanimieren. Erst nach dem fünften Versuch war der Kampf um sein Leben gewonnen. Sein grösster Wunsch ist daher nur allzu verständlich: «Ich will einfach nur noch ein paar Tage leben.» Dies tut er sehr bewusst: Tabak ist tabu, die Waage zeigt heute nur noch rund 100 Kilogramm. Über sein Leben referiert er nicht mehr mit jener bedrohlichen Langsamkeit, die früher stets Alarmstimmung signalisierte. «Je langsamer und leiser ‹Porky› sprach», weiss sein langjähriger Weggefährte Harald Grohs, «desto brisanter war die Lage.» Grohs, klein und schmächtig, genoss vor allem während der wilden Anfangszeit als Nachwuchsrennfahrer im Renault-R5Pokal die schützende Hand des kräftig gebauten Kumpels. «Wenn mir einer an die Wäsche wollte», erinnert sich Grohs, «war Porky immer zur Stelle. Ausserdem hat er mir alle Tricks für die Rennerei beigebracht, auch die weniger feinen.» Motorsport und Autos sind für Fröhlich noch immer Thema Nummer 1. Ein Stammtisch mit alten Kollegen wird ebenso gepflegt wie Besuche am Nürburgring und der jährliche Gang zur Essener Motorshow. Die hat er zusammen mit Wolfgang Schöller und dem verstorbenen Bilstein-Chef Hugo Emde 1967 erstmals «mit 30 Autos auf 600 Quadratmetern» organisiert. Vor vier Jahren hat Fröhlich «nach abgeschlossener Testphase» seine Lebensgefährtin Jutta (sie ist Inhaberin eines Hundesalons) geheiratet. Der Test dauerte immerhin 32 Jahre … Fröhlich 1970: Wehe, einer kam ihm dumm Fröhlich 2000: Im zweiten Leben ruhiger 1969 im 911: Auch im Rennwagen war Dieter Fröhlich ein allseits sehr gefürchteter Gegner Glemser, Dieter (MSA 12/2000) Der Schwabenpfeil ieter Glemser war für jeden Teamchef D ein Glücksfall: Souverän, pflegeleicht, kein Materialfahrer und trotzdem unglaublich schnell. Ob Porsche Super 90, Carrera, oder 906, ob Mercedes 300 SE, Ford Escort oder Capri RS – am Ende stand er fast immer unterm Lorbeerkranz. An die 100 Siege fuhr er zwischen 1959 und 1974 ein, fühlte sich bei Rallye-Marathons genauso wohl wie auf der Rundstrecke. Der Schwabe bescherte der Ford-Rennabteilung 1969 den ersten Titel im Escort 1600, wurde im Zakspeed-Escort RS zweimal DRM-Titelgewinner und im Capri RS Tourenwagen-Europameister. Glemser ist heute 61, seit 38 Jahren mit Helga verheiratet (drei Töchter, sechs Enkel), lebt in Warmbronn bei Leonberg und ist restlos zufrieden. Aus dem Tagesgeschäft der Grossgärtnerei hat er sich ausgeklinkt («das macht jetzt mein Bruder»), um Zeit fürs Skilaufen, Reisen, Radfahren und die Enkel zu haben. Das Ende seiner aktiven Zeit ging nahtlos über in Berater-Funktionen. Zuerst als Pate des R5-Pokals, dann als Ford-Berater, ab 1986 als Porsche-Cup-Manager und zuletzt fast zehn Jahre als DTM-Koordinator bei Mercedes. Noch immer fährt er Funktionstest für AMG und ist Instruktor bei Fahrsicherheitslehrgängen. «Der Kontakt zum Sport ist eigentlich nie abgerissen.» Glücksgriff: Dieter Glemser 1973 17 Das gilt auch für seine alten Freunde aus den Jahren als Mercedes-Werkspilot zwischen 1962 und ’64. «Das war die schönste Zeit, mit Karl Kling als Rennleiter, mit Hans Herrmann, Eugen Böhringer oder Martin Braungart als Teamkollegen.» Mit Böhringer bildete Glemser ein DreamTeam: Im schweren 300 SE gewannen sie 1963 sensationell den 6-h-TourenwagenGP am Ring, und fast wäre ihnen das auch bei den 24 Stunden von Spa geglückt. «Aber 15 Minuten vor dem Ende verlor Eugen in Führung liegend ein Vorderrad. Meine grösste Enttäuschung überhaupt.» Glemsers Lieblingsrennstrecke war die Nürburgring-Nordschleife, «obwohl mir da öfter die Muffe ging». Hier ereilte ihn 1973 ein Riesenabflug. Nach Lenkungsbruch im Bergabstück «Wehrseifen» flog sein Capri RS meterhoch durch die Luft und überschlug sich mehrfach. Mit schweren Prellungen und Rippenbrüchen lernte er erstmals in seiner Karriere das Adenauer Krankenhaus von innen kennen. Ein weiterer böser Unfall 1974 in Macau schockte ihn derart, dass er seine Karriere auf der Stelle beendete. Wegen eines geplatzten Reifens hatte sein Escort die Absperrung durchbrochen und mehrere Zuschauer verletzt. «Das hat mich so bedrückt, dass mir der Spass schlagartig vergangen ist.» Glemser 1999: Das Haar wird lichter Glanzjahre 1973/74: Glemser holt zwei DRM-Titel im Ford Escort von Zakowski Herrmann, Hans (MSa 19/2000) 18 Der Hans im Glück ans Herrmann bekam das grösste KomH pliment ausgerechnet vom schweigsamen Rennstallchef Carlo Abarth: «Ich kenne keinen Rennfahrer, der mit so wenig Risiko so schnell Auto fahren kann.» Dafür, dass der Mann seine Piloten regelmässig beschimpft und zum Teufel gejagt hat, ist dieses Zitat eine Sensation. «Ich hab’s selbst kaum glauben können, als er das gesagt hat», feixt der gelernte Konditormeister Herrmann noch heute. Seine Rennen und Siege für Mercedes, Porsche und Abarth, für BRM, Borgward, Cooper und Maserati sind Legende. Aber noch heute ist seine Popularität ungebrochen. Der dreimalige deutsche Sportwagenmeister hat zwischen 1952 und 1970 alle Fegefeuer des Rennsports erlebt. In der Formel 1 und im Sportwagen fuhr und siegte er gegen die Besten seiner Epoche. Er hat Horrorunfälle auf der Avus und in Monaco überlebt, sich dabei fast alle Knochen gebrochen. «Überleben heisst auch Glück haben», sagt Herrmann, «und davon hatte ich reichlich.» Das gilt auch für die spektakuläre Entführung vor zehn Jahren, wo er bis zu seiner Befreiung 48 Stunden gefesselt und geknebelt in einem Kofferraum Todesängste ausstand. «Wenn du das alles überlebt hast, weisst du, was Glück bedeutet.» Sogar im letzten Rennen begleitete ihn das Glück, als er 1970 mit Dick Attwood im Porsche 917 die 24 Stunden von Le Mans gewann – den ersten Sieg für Porsche in diesem Klassiker. «Le Mans zu gewinnen und dann aufzuhören, ist wie ein schöner Traum.» Im Februar feierte Hans Herrmann seinen 72. Geburtstag und lebt mit Gattin Magdalena, mit der er seit 38 Jahren verheiratet ist, als erfolgreicher Geschäftsmann in Sindelfingen. Sein Unternehmen «HH Autotechnik» fertigt AluminiumFahrwerksteile und Räder für die Autoindustrie. Sein jüngster Sohn Kai (30) arbeitet kräftig im väterlichen Betrieb mit, der ältere (Dino, 34) lebt als Musikproduzent in Los Angeles. Die Verbindung zum Rennsport ist für Hans Herrmann nie abgerissen. Dafür sorgen schon die vielen Mercedes-Einladungen und regelmässigen Treffen mit der alten Truppe, «der ganzen SchwabenMafia halt». Formel-1-Übertragungen sind für ihn Pflichtübung, egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit. Die neue DTM will er sich hin und wieder live vor Ort ansehen. Für die Zukunft wünscht er sich vor allem dies: «Gesund bleiben, die Firma auf Erfolgskurs halten und nicht mehr entführt werden …» Hans im Glück: 1955 im Mercedes-Team Hans Herrmann: Keine Entführung mehr! GP Frankreich 1954: Hans Herrmann im Mercedes-Silberpfeil mit der Startnummer 22 Heyer, Hans (MSa 09/2000) Der Tausendsassa eine Feier ohne Heyer». Dieser FahrerlaK gerslogan begleitete den Tausendsassa des deutschen Rennsports, wo immer er 19 antrat. 33 Jahre lang hat er Freund und Feind mit seinem Ideenreichtum überrumpelt. Erst im Kart, ab 1970 im Tourenwagen, zwischendurch in GT und Sportwagen. Die Trickkiste des Mannes mit dem berühmten Tirolerhut war unergründlich, mit diebischer Freude genoss er die Ratlosigkeit der Konkurrenz. Genau 999 Rennen ist er bis zu seinem Rücktritt Ende 1992 gefahren, rund 500 davon hat er gewonnen. Mit Ford und Lancia holte er drei DRM- und einen EM-Titel, dazu liess er sich achtmal als Kart-Champion krönen. Mitte März feiert Hans Heyer seinen 57. Geburtstag, dirigiert vom rheinischen Wegberg aus die 130 Bitumen-LKW seines Strassenbaubetriebs und ist unverändert Fussball-Fan. Er hat nichts verloren von der Spitzbübigkeit, ist noch immer derselbe durchtriebene Hund, der seine Gesprächspartner lauernd fixiert. Noch immer gehört seine Liebe dem Rennsport, dem Fussball und seit einigen Jahren seiner kleinen Yacht, die vor Spanien liegt. Via TV verfolgt er alles, «was über den Bildschirm kommt». Und er träumt davon, «nochmal die Paris– Dakar zu gewinnen». Das gelang ihm 1986 mit Yörn Pugmeister in der LKW-Wertung. Rückblickend stellt der Vater von Matthias (30), Kenneth (20) und Alissa (16) fest, dass es ihm «verdammt gut gegangen ist in all den Jahren». Seine schönste Zeit hat er bei Ford und Erich Zakowski verlebt («der war auch mein bester Teamchef»). Die Lancia-Siege und den DRM-Titel 1980 betrachtet er «als wertvollste Erfahrung, weil ich da beweisen konnte, dass man auch mit einem völlig neuen Projekt auf Anhieb erfolgreich sein kann». Als MinusRekord vermerkt Heyer, dass er zwar 15 Mal in Le Mans gestartet, aber nicht einmal angekommen ist. Trotz einem halben Dutzend böser Crashs – der Horror-Überschlag im Lancia am Norisring 1980 ist wahrscheinlich der berühmteste – gab es nie ernsthafte Verletzungen. Eine tückische Hepatitis nach seiner aktiven Zeit machte ihm da schon weit mehr zu schaffen, fast zwei Jahre lang laborierte er damit herum. Wenn es mal einen neuen Rennfahrer Heyer geben sollte, dann Kenneth. Der allerdings interessiert sich derzeit eher für Fussball und spielt schon in der Oberliga. Sehr zur Freude von Mama Marion: «Das ist nicht so aufregend wie der Rennsport.» Heyers Erscheinen an den Rennstrecken hatte zuletzt Seltenheitswert. Jetzt will er wieder häufiger Gast im Fahrerlager sein: «Ich freue mich tierisch auf die neue DTM.» Heyer ’77: Der Mann mit dem Hut In Ehren ergraut: Heyer anno ’99 «Meine schönste Zeit»: Heyer im Zakspeed-Escort 1976 in Mainz-Finthen Huber, Günther (MSa 49/2000) 20 Der Einzelkämpfer ünther Huber gehört zur Gruppe jener G wilden und weltweit gefürchteten Österreicher, die den Erfolg der ersten Formel-Vau-Jahre entscheidend geprägt haben. Während die Landsleute in den Werksteams von Porsche Salzburg (Austro V) und Bergmann (Kaimann) im Kollektiv auftraten, entschied sich der stille und introvertierte St. Pöltener für die Rolle des Einzelkämpfers. «Ich ging auch technisch eigene Wege», erinnert sich Huber. Dazu gehörte auch die Entwicklung geeigneter Stossdämpfer. «Damals waren alle ziemlich testfaul. Ich habe das mit Hugo Emde von Bilstein ausgenutzt. Die Zusammenarbeit mit diesem Mann war toll.» Schon bald war klar: Wer gewinnen wollte, musste Bilstein fahren. Als die Vau-Bewegung ’66 richtig in Schwung kam, gehörte Huber zu den Frontrunnern, siegte bei den EM-Läufen auf dem Nürburgring und führte in Monaco mit Riesenvorsprung bis zum Ausfall wegen Bremstrommelbruchs. Trotz harter Gegenwehr von Marko, Peter und Co. holte er sich 1967 den EM-Titel. Davon schwärmt er noch heute: «Es war eine ungeheure Genugtuung, als Einzelkämpfer den Rest der Welt abzuduschen.» Schon bald wurde Alpina-Chef Burkhard Bovensiepen aufmerksam und holte den jungen Mann mit dem Bubengesicht in sein Team. Fortan driftete Huber mit den gelbschwarzen BMW 2002 und CSL Coupés aus Buchloe bei den Topstars mit. «Wir FormelVau-Piloten dachten damals, uns gehört die Welt, und so fuhren wir auch.» Diesen Übermut musste Huber am Nürburgring im Streckenabschnitt Wippermann denn auch mit seinem ersten und einzigen MegaCrash bezahlen: Frontalaufprall ohne Gurte an einen Baum, drei Tage Adenauer Krankenhaus. Kaum wieder fit, holte er sich mit Helmut Kelleners im Alpina-CSL Coupé den Gesamtsieg bei den 24 Stunden von Spa. Noch bevor die 1,6-Liter-Super Vau ab 1971 richtig in Schwung kam, beendete Huber seine Karriere nach nur sechs Jahren, um Verantwortung im elterlichen Automobil-Betrieb zu übernehmen. Heute ist er 58 Jahre alt und Chef einer grossen Chrysler-, Subaru- und Hyundai-Niederlassung mit angeschlossenem IvecoLKW-Bereich. Seine Gattin Hannelore hat eine Praxis für Kinder-Psychologie. Seit 27 Jahren verheiratet, haben sie zwei Söhne (25 und 22). Jagen und Skifahren füllen die Freizeit Hubers aus, der sich noch einen grossen Wunsch erfüllen will: «Ich würde gerne mal einen historischen Formel 1 fahren. Nur einmal, egal wo.» 1968: Braves Bubengesicht, starker Wille Huber heute: Auch mit 58 jugendlich Ein Einzelkämpfer als Ring-König: Huber 1967 im Kaimann-Formel Vau am Karussell Dieser Slogan war schon für den unvergessenen Bilstein-Rennsportchef Hugo Emde († 1995) Plattform und Basis seines engagierten Wirkens für unser Unternehmen. Was er in mehr als 30 Jahren vor allem im Tourenwagensport aufgebaut hat, ist für uns heute mehr denn je Vermächtnis und Verpflichtung zugleich. Viele der ehemals erfolgreichen Rennfahrer und Teamchefs, die in diesem Booklet vorgestellt werden, hatten mit Bilstein einen treuen und verlässlichen Wegbegleiter. Und wir sind auch für die Zukunft ein starker Partner – mit neuen Ideen und High Tech-Kompetenz. Bilstein. Ein starker Partner im Motorsport. www.bilstein.de 0180 -5 60 08 60 Kauhsen, Willi (MSa 26/2000) 22 Der 1000-PS-Mann illi Kauhsen – dieser Name bürgte W zwischen 1963 und 1974 für Unterhaltung auf und neben der Piste. Die rheinische Frohnatur gehörte nicht nur zu den erfolgreichsten Porsche-Piloten seiner Zeit, sondern war wegen seiner kernigen Sprüche für die Presse stets eine Fundgrube. Erste Schlagzeilen machte der bärtige Aachener 1965 im Abarth 1000 TC als Tourenwagen-Europameister. Danach prägten nahezu alle gängigen PorscheModelle vom 911 über Carrera 6 und 908 bis hin zum 917/10-Turbo mit 1000 PS seine Karriere. Als Werkspilot gewann er im 914 die 84 Stunden am Nürburgring, siegte im 911 bei den 24 Stunden von Spa und fuhr mit Gerard Larousse im Langheck917er in Le Mans auf Platz 2. «Das waren drei echte Highlights, an die man sich immer gerne erinnert.» Weniger gute Erinnerungen hat Kauhsen an die Jahre als Teamchef. Zwar gewann seine von Alfa Romeo geleaste und von Manager Domingos Piedade betreute Sportwagentruppe mit dem Tipo 33 die Prototypen-WM 1975, dafür lief sein Engagement in der F2-EM nicht gut. Und das Formel-1-Projekt «WK 1» endete mit der «grössten Enttäuschung meines Lebens». Aufgrund geplatzter Sponsorendeals war der Traum vom eigenen Formel-1-Team zu Ende, bevor er richtig losging. Das Abenteuer Formel 1 kostete ihn knapp fünf Millionen Mark und brachte ihn an den Rand des Ruins. Im Mai wurde Kauhsen 61, lebt mit seiner zweiten Frau Uschi («keine Kinder, aber ein Hund») wechselweise in Aachen und im Feriendomizil in Spanien. Er spielt begeistert Golf (Handicap 19) und pflegt seine Oldtimer. Das Transportgeschäft hat er vor Jahren an seine Nichte übergeben. Über den aktuellen Motorsport informiert er sich vorm Fernsehgerät: «Da wird alles geguckt, was im Angebot ist, und einmal im Jahr geht’s zum Grand Prix nach SpaFrancorchamps.» Bei aller Freude über die Erfolge der deutschen GP-Fraktion trauert er noch immer Ayrton Senna nach, mit dem ihn eine persönliche Freundschaft verband. Dabei wird ihm immer wieder bewusst, wie viel Glück er selbst bei zwei HorrorUnfällen gehabt hat. Bei einem Aquaplaning-Crash auf der VW-Versuchsstrecke Ehra-Lessien flog er samt Sitz in eine Böschung, während vom Werks-917er «nur noch Einzelteile rumlagen». Und am Nürburgring brannte der eigene 1000-PSPorsche ab, als bei Tempo 270 am Flugplatz ein Reifen platzte. «Das war der absolute Super-Gau.» Bärtige Frohnatur: Willi Kauhsen 1968 Heute: Vor allem Freude an Golf und Autos Wahre Höllenritte: Willi Kauhsen im 1000-PS starken Porsche 917/10 1972 in Hockenheim Kelleners, Helmut (MSa 11/2000) Die Nas aus Moers eine Karriere begann im Slalomsport mit Swagenrennen einem Glas 1304 TS. Die ersten Tourenabsolvierte er in einem Alfa 23 GTA. Ein Engagement im Koepchen-BMWRennstall wurde zum Ausgangspunkt für eine der erfolgreichsten deutschen Rennfahrerlaufbahnen. Mit Ehrgeiz, Präzision und Zuverlässigkeit steuerte der Mann aus dem niederrheinischen Moers-Kapellen alle im Sport eingesetzten BMW-Modelle, aber auch bis zu 1000 PS starke Sportwagen auf Erfolgskurs. Mit drei Titelgewinnen in Folge ist «die Nas», wie ihn Mitbewerber wegen seines ausgeprägten Riechorgans nannten, Rekordhalter aus deutscher Sicht in der Tourenwagen-EM. Kelleners ist mittlerweile 61 Jahre alt und verfolgt mit Stolz die Rennerfolge seines Sohnes Ralf. Zwei renommierte und kerngesunde BMWBetriebe sowie ein BMW-Tuning-Unternehmen sichern die Existenz. An die 150 Siege hat Kelleners zwischen 1961 und 1984 eingefahren. Trotz der vielschichtigen Anforderungsprofile der von ihm pilotierten Autos erwies er sich als Meister der Zuverlässigkeit, baute kaum Unfälle und zog sich in all den Jahren nie eine Verletzung zu. Seine Lieblingsstrecken waren der alte Spa-Kurs und natürlich die Nordschleife. Dort erlebte er auch sein persönliches Highlight, als er sich im Mc- Laren-Chevy im 300-km/h-Tempo mit dem Schweizer Herbert Müller im 1000-PS-Porsche 917/10 duellierte. Rad an Rad donnerten die beiden ab Schwalbenschwanz bis zur Döttinger Höhe zum finalen Showdown, «jeder fuhr dem anderen mindestens dreimal in die Seite». Kelleners siegte um eine Wagenlänge und bezeichnet seine Sportwagenzeit (Ford GT 40, March-Chevy 707, McLaren-Chevy M8, Ferrari 512 M, Porsche 908 und 917/10) zwischen 1969 und 1974 als die schönste seiner Karriere. Sohn Ralf sorgt schon seit 1987 dafür, dass der Name Kelleners auf der Rennpiste weiterhin für Qualität und Erfolg bürgt. Der weissgott nicht unkritische Papa bescheinigt dem Sohnemann «eine grössere Grundschnelligkeit, als ich sie damals hatte». Und das will nun wirklich was heissen. Helmut Kelleners ist inzwischen ausgewiesener Formel-1-Fan vorm TV-Gerät, reist jedes Jahr traditionell zu den 24 Stunden nach Le Mans und trifft seine alten Weggefährten Manfred Trint und ExMäzen Hans-Günther Lehmann beim Golfen (Handicap 15) auf Mallorca. Seit 1987 zum zweiten Mal verheiratet mit Ute, fühlt er sich dank regelmässigem Fitnesstraining «topfit und viel jünger, als in meinem Ausweis steht». «Die Nas»: Helmut Kelleners 1972 Formel-1-Fan: Helmut Kelleners Allrounder: Helmut Kelleners siegte auch in Sportwagen, hier 1970 im March-Chevy 707 Knupp, Willy (MSa 41/2000) 24 Der RTL-Pionier illy Knupp und sein RTL-Mikrofon W waren bereits in den 60er-Jahren stets in vorderster Front, wenn es bei «Radio Tele Luxemburg» um Motorsport ging. Mit Frank Elstner etablierte er MotorsportReportagen als fixes Programmelement im Radio und platzierte seinen Sender als Partner von Teams und Veranstaltern. So prangte das RTL-Logo lange Zeit auf den Ford-Escort- und Capri-Tourenwagen des Zakspeed-Rennstalls, und das Eifelrennen erhielt über Jahre Werbung durch eine RTLPartnerschaft mit dem ADAC Nordrhein. Das Düsseldorfer RTL-Studio wurde oft zum Prominenten-Treff, denn wenn Willy rief, dann kamen sie alle. «Die Zeit mit Frank Elstner beim Radio war die schönste überhaupt», blickt der Kölner fast ein bisschen wehmütig zurück. Die Gründung von RTLplus TV in Köln brachte für Knupp den Wechsel ins neue Medium. Er holte nicht nur die Formel 1 ab 1983 ins Haus, sondern begleitete die GP bis 1992 als Kommentator. «Wir haben echte Pionierarbeit geleistet», erinnert sich Knupp. «Die Formel 1 war bei uns anfangs ein Ein-Mann-Betrieb. Da war ich schon froh, wenn mir Werner Heinz oder Norbert Haug etwas assistiert haben.» Seit 1992 hat er nach fast 800 Einsätzen das Mikrofon zur Seite gelegt, um Platz für 1970: Man beachte den Kragen … Heiko Wasser zu machen. Vom ehemaligen RTL-Chef Dr. Thoma wurde er zum Gesamtkoordinator für Motorsport-Kommunikation berufen. Seither vertritt er den Sender bei den meisten GP als Botschafter. Für Ende 2001 hat Knupp den «langsamen Übergang in ruhigeres Fahrwasser» anvisiert: «Dann bin ich 65, will mehr Zeit für die Familie und für meine Tochter Lisann haben». Mit seiner langjährigen Lebensgefährtin und TV-Kollegin Birgit Lechtermann ist er seit 1995 verheiratet und geniesst jede freie Minute. «Auch in Zukunft möchte ich dem Motorsport in beratender Funktion verbunden bleiben. Und das eine oder andere Buch schreiben», sagt der ehemalige Hobby-Renn- und Rallyepilot (BMW, Abarth Irmscher-Opel, Ford). Bisher sind 23 Titel unter seiner Mitwirkung erschienen, zuletzt «50 Jahre Formel 1». Mit Hans Heyer, Jochen Mass und vielen Weggefährten hält Knupp noch immer engen Kontakt. Und seinem Arbeitgeber macht er ein dickes Kompliment: «Ich bekam die Chance, mit der Formel 1 bei RTL etwas Neues aufzubauen. Dafür bin ich dankbar. Und stolz auf das Resultat.» Die ersten Grand-Prix-Übertragungen hatten um die 100000 Zuseher. Heute sind es zwischen 9 und 13 Millionen. Heute: Noch immer voll im Saft Nicht nur wortgewandt: Knupp/Breiter im Ford Capri 1971 bei der Monte Kottulinsky, Freddy (MSa 16/2000) Alter Schwede! reddy Kottulinsky wurde in England F(Ellbogen-Freddy) wegen seiner Fahrweise «Freddy Elbow» gerufen, auch anderswo 25 wurden die Gegner bleich, wenn sie nur seinen Namen in der Startliste entdeckten: Wo Freddy Graf Kottulinsky antrat, flogen die Fetzen. Wenn’s krachte, war er meist mittendrin, aber nur einmal hat er sich nach einem Überschlag in Mallory Park/GB wehgetan. Was Kampfgeist und Mut betrifft, eilte ihm ein Ruf wie Donnerhall voraus. 33 Jahre hat der Schwede mit Wohnsitzen in Deutschland und Österreich in allen möglichen Cockpits zugebracht. Dabei fühlte er sich im Monoposto am wohlsten. So wurde er viermal in Folge mit seinen Landsleuten Ronnie Peterson (1968) und Torsten Palm (1969–71) Formel-3Team-Europameister. Mit Niki Lauda teilte er sich in der Sportwagen-WM 1971 einen Porsche 908. Die Formel Super VW mischte er im ATS-Lola derart wild und überlegen auf, dass man ihn nach dem EM-Titel ’74 diskret bat, diese Kategorie zu verlassen. Weder Siege noch Starts hat er gezählt. «Ich habe immer nur Gas gegeben, alles andere war Nebensache.» Formel 3, Formel 2, Formel Super VW, Sportwagen, DTM, Tourenwagen-EM, Rallye-DM, Seat-Ibiza-Cup, Paris–Dakar – eigentlich gibt es nichts ausser der Formel 1, wo er nicht erfolgreich gewesen wäre. Ein Wunder an Fitness war er immer – noch als 60-jähriger fuhr er sein letztes Rennen in der Formel-Opel-EM. Im Juli wurde der ewig jugendliche Graf 68, hat vor fünf Jahren wieder geheiratet und lebt seitdem in Schleiz am Rande der ältesten deutschen Natur-Rennstrecke. Dass es ihn ans Schleizer Dreieck verschlug, ist das Resultat eines Renn-Flirts. 1969 gewann er dort ein internationales Formel-3-Meeting, was ihm das obligate Siegerbussi der Dame am Podium einbrachte. Man kam sich näher, sah sich zwei Jahre später wieder und dann nie mehr – bis 1995. Der Zufall führte Freddy und sein Siegerehrungsmädel erneut zusammen – und diesmal endete dies mit Hochzeit und Hausbau. Mountainbiken, Kochen und Gartenarbeit sind seine Hobbys. Den Kontakt zum Rennsport hält er über die Fachpresse. «Ich lese MOTORSPORT aktuell, da weiss ich alles.» Fürs Audi-Sicherheitsprogramm ist er noch 130 Tage im Jahr als Trainer tätig. So ganz ist Kottulinsky mit dem Motorsport noch nicht fertig. Mit einem Volvo 122 S ist er in der historischen Rallye-EM auf Titelkurs. Tausendsassa: Freddy Kottulinsky 1976 Der Graf heute: Ruhe in Schleiz Gegner fürchteten ihn: «Freddy Elbow» ’70 im Formel 3 auf der Nürburgring-Nordschleife Kranefuss, Mike (MSa 18/2000) 26 American Dream as Mike Kranefuss erreicht hat, kann W man getrost als Traumkarriere bezeichnen. Vom Hobby-Piloten (Mini Cooper, Abarth 1000, Ford Escort) der 60er-Jahre und Assistenten des ersten Kölner Ford-Rennleiters Jochen Neerpasch brachte es der stets zu derben Scherzen aufgelegte Münsteraner bis zum Direktor für den weltweiten Motorsport des FordKonzerns. In seinen Amtszeiten als DeutschlandSportchef in Köln (1973 bis 1975), als Europa-Direktor in Köln und England (1976 bis 1980) und ab 1981 schliesslich als weltweit verantwortlicher Manager in Detroit führte er das Unternehmen nach jeweils dürren Jahren in allen wichtigen Motorsport-Disziplinen zurück an die Spitze. Und das alles mit der ihm eigenen Lockerheit. Dennoch wurde Kranefuss 1996 zum Aussteiger, um sich einen Traum zu erfüllen: ein eigenes NASCAR-Team. Erst mit Carl Haas, später mit Roger Penske als Kompagnon. Heute zählt die Allianz mit den Piloten Jeremy Mayfield und Rusty Wallace zu den Besten. Im Juli wurde der Mann mit der immer köchelnden Pfeife 62. Mit Gattin Immy und seinen Söhnen Danny (27) und Phillip (24) lebt er in der Nähe von Charlotte. Vor 30 Jahren: Weniger methodisch Längst ist er Ami aus Überzeugung, schwärmt vom Lebensstil, vom «easy going» und von der Freundlichkeit der Menschen. «Die Zeit in Deutschland war toll, aber das hier ist eine andere, faszinierende Welt.» Noch immer bezeichnet er sich als «Racing-Verrückten», der 35 Wochenenden im Jahr auf Rennstrecken zubringt. «Wenn du das nicht aus Spass machst, frisst der Stress dich auf. Für die Kohle macht das keiner freiwillig.» Immy, seit 31 Jahren an Mikes Seite, erträgt es mit Fassung, zumal auch die Söhne schon Rennluft schnuppern. Danny ist Finanz- und Personalchef in der 60 Mann starken Firma des Vaters. Und Phillip brachte es 1999 in der ASA-Serie (eine NASCAR-Vorstufe) zum «Rookie of the Year». «Der weiss genau, was er tut und will. Ich war als Rennfahrer impulsiver und weniger methodisch», so der stolze Papa. Die Frage nach Hobbies wird im Keim erstickt: «Der stramme Rennkalender lässt keine Spielräume. Mein Hobby ist Racing. Ich bin wunschlos glücklich.» Zukunftspläne? «Alles soll bleiben, wie es ist.» Und Immy Kranefuss ergänzt aus dem Hintergrund mit beissender Ironie: «Wenn der Mike mal die Augen für immer zumacht, dann wahrscheinlich auch auf einer Rennstrecke.» Ein halber Ami: Kranefuss heute Rennfahren als Hobby: Kranefuss in seiner heissen Abarth-Knutschkugel Linge, Herbert (MSa 06/2000) Die Allzweckwaffe erbert Linges Name ist untrennbar mit H Porsche verbunden. Rund 120 Siege, der Titel des deutschen Rundstreckenmeisters im Carrera, WM-Titel mit der PorscheWerksmannschaft, erfolgreiche Teilnahme an fast allen Langstrecken-Klassikern stehen auf dem Konto des Porsche-Piloten. Sogar das Bundesverdienstkreuz hat er bekommen. Sein Lebenswerk freilich ist die ONS/DMSB-Rettungsstaffel, deren Aufbau auf seine Initiative zurückgeht. Heute ist Linge 71 Jahre alt, und genauso lange lebt er in Weissach, bei Porsche um die Ecke. «Meine Frau und ich sind gesund, wir sind glücklich, das ist die Hauptsache.» Lilo ist seit 42 Jahren an seiner Seite. Zuverlässig, sauschnell, souverän, technisch hoch begabt, durch nichts aus der Ruhe zu bringen: So beschreiben Gegner von damals ihren Konkurrenten. Der Urschwabe war in der Tat für Porsche eine Art Allzweckwaffe und fuhr seine Rennen nach dem Motto «In der Ruhe liegt die Kraft». Ob Rallye oder Rundstrecke, ob GT oder Sportwagen – Linge war mit jedem Porsche schnell und erfolgreich. Die Verbindung mit dem Stuttgarter Sportwagenunternehmen hat nicht nur seine sportliche Laufbahn, sondern auch sein ganzes Leben geprägt. So arbeitete er seit seinem 15. Lebensjahr ausschliess- Linge damals: Immer auf Porsche 27 lich für Porsche und steuerte im Laufe seiner Karriere nur Porsche-Rennautos. Bis zur Pensionierung war Linge Betriebsleiter im Weissacher Techniktempel. Einen richtigen Werksfahrer-Vertrag mit Gage hat er übrigens nie bekommen. Und das ärgert ihn noch heute. «Der Huschke hat damals den Standpunkt vertreten, dass der Linge sowas nicht braucht, weil er als PorscheMitarbeiter sowieso immer da ist.» Von allen Porsche wurde der 904 GTS zu Linges Liebling. Damit holte er sich auch seine wertvollsten Erfolge wie die GTRundstreckenmeisterschaft oder die Tour de France, die er mit dem Franzosen Robert Buchet gewann. Auf den Sieg bei der damals berühmt-berüchtigten FrankreichRundfahrt für Automobile ist er besonders stolz, «weil das das Härteste überhaupt war. Da gab es allein zehn Bergprüfungen und ein Dutzend Rundstreckensprints.» Genauso wie der 904 GTS ist Linge auch die Nordschleife ans Herz gewachsen. Noch hat er zwar Kontakt zur Renn-Clique aus dem Grossraum Stuttgart, aber zu den Rennstrecken kommt er kaum noch. Auch die Leitung der Rettungsstaffel ist längst in andere Hände übergegangen. Sein Hobby sind jetzt Oldtimer, mit denen er gerne noch einige Wettbewerbe wie die «Ennstal Classic» bestreiten würde. Linge heute: Oldtimer als Hobby Porsche und sonst nichts: Herbert Linge im Porsche Abarth-Carrera auf GT-Titelkurs 1963 Löwinger, Willy (MSa 34/2000) 28 Wiener G’schichten illy Löwinger hat als Funktionär und W Organisator Motorsport-Geschichte geschrieben. Als allgewaltiger und diktatorisch amtierender Präsident des Österreichischen Automobil Sport Clubs (ÖASC) verhalf er dem Rennsport in den 60erJahren zu neuer Akzeptanz. Rindt, Quester, Lauda und Marko absolvierten ihre Debüts bei Löwingers Veranstaltungen. Dazu zählten die Flugplatzrennen WienAspern und Innsbruck wie die Berg-EMLäufe am Gaisberg, Dobratsch oder Timmelsjoch. Seine grösste Tat war der Bau des Salzburgrings Ende der 60er-Jahre. Lange blieb der einstige Eisschnelläufer Alleinherrscher in Österreichs Szene. Erst als dem Salzburgring mit der KnittelfeldZeltweg-Connection um Dr. Tiroch Konkurrenz durch den neuen Österreichring erwuchs, wurde seine Regentschaft beschnitten. Damals musste er sich anhören, wie sein geliebter Kurs durch einheimische Stars als «längste Pissrinne der Welt» verhöhnt wurde. Dass der Formel-1-GP am Österreichring blieb, hat er nie verwunden. Bühnenreife Auftritte und Anekdoten des heute 84-Jährigen begleiteten seine Amtszeit von 1955 bis 1990. Ein typisches Szenario: Ein Tisch, darauf die eiserne Handkasse und der Ticket-Koffer, dahinter der ÖASC-Chef mit dicker Zigarre im Mund. «Wer sind Sie, was wollen Sie, wo schreiben Sie?» herrschte er ihm unbekannte Journalisten an. Wer Anmache und Taxierung überstand, bekam ein Ticket und durfte passieren. Ein Ausweis für die Begleitung? «Kaufens dem Hasen a Stehplatz-Karten», beschied er und liess den Nächsten vortreten. Gendarmen, die an Rennwochenenden nur auf Löwingers Kommando hörten, zogen auf sein Geheiss auch mal den Revolver, um aufsässige Rennfahrer zur Ordnung zu rufen. Mit dem Amerikaner Masten Gregory wälzte er sich am Boden, weil der Pole-Sitter am Renntag kein Ticket vorweisen konnte. Einen Deutschen bestellte er «für 500» als Streckenreporter nach Innsbruck, um hernach zu erklären, dass es sich bei der Gage natürlich um Schilling und nicht um D-Mark handle … «Der Willy war so eine Art Bernie Ecclestone für Arme», erinnert sich Dieter Quester. «Ich war immer ein Diktator, und das war gut so», blickt Pensionär Löwinger zurück. Die Zigarren schmecken noch immer, die Gesundheit ist im grünen Bereich. Gelegentlich reist er noch zur BergEuropameisterschaft, deren Mitbegründer er ebenso ist wie der Tourenwagen-Europameisterschaft. Sonst ist er mit sich und der Welt zufrieden. 1971: Wer sind Sie, was wollen Sie? Löwinger 1999: Ich war immer ein Diktator Dreier-Talk: ADAC-Mann Schaaf, Willy Löwinger und MSa-Autor Rainer Braun im Jahr 1964 Luck, Jochen (MSa 24/2000) Die Renn-Stimme ochen Lucks Stimme gehörte 38 Jahre JAutomobil-Veranstaltungen lang zu den grossen Motorrad- und in Deutschland. Zwischen 1949 und 1987 kommentierte der stimmgewaltige Mann aus Kassel als Streckenreporter mehr als 500 Rennen, darunter 20 Formel-1-GrandsPrix, 19 1000-km-Rennen, 36 Motorrad-GP und 33 Motocross-WM-Läufe. Inzwischen ist er 75 Jahre alt, sieht aus wie 60 und fährt noch immer historische MotorradRennen. Luck ist ein Paradebeispiel dafür, wie man mit positiver und gesunder Lebenseinstellung auch jenseits der 70 noch jung, gesund und vital bleiben kann. «Die Liebe zum Sport», glaubt er, «hat mich bis heute fit gehalten.» Bei schönem Wetter schwingt er sich auf die Enduro-Maschine oder fährt Mountainbike. Im Winter geht er zweimal die Woche Schlittschuh-Laufen und spielt sogar Eishockey. «Das Alter ist kein Unglück, sondern ein Geschenk. Also muss man es dankbar annehmen und nutzen, so gut es geht.» Mit seiner Reporterzeit verbindet Luck viele schöne Erinnerungen. So arbeitete er besonders gerne auf der Avus. «Das war mein Lieblingsrennen, wegen der ganz speziellen Stimmung, die das Berliner Publikum verbreitete.» Jochen Luck: 38 Jahre am Mikrophon 29 Am meisten ging Jochen Luck der Tod von Jim Clark im April 1968 beim Formel2-Rennen in Hockenheim unter die Haut. «Als ich das Bulletin der Rennleitung verlesen habe, erhoben sich 70000 Menschen im Motodrom schweigend und ohne Aufforderung von ihren Plätzen. Das hat mich ungeheuer mitgenommen.» Die heutigen Kollegen beneidet Luck insofern, als ihnen alle erdenklichen elektronischen Hilfsmittel bei der Reportage zur Verfügung stehen. Dass er trotzdem zu seiner Zeit nie ins Schleudern kam und immer auf der Höhe des Renngeschehens war, verdankt er seiner Frau Hildegard, mit der er seit 1964 verheiratet ist. «Sie war mein Computer, führte ihre Rundentabelle mit äusserster Präzision und half mit ihren Aufzeichnungen auch schon mal der Zeitnahme aus der Bedrängnis. Ohne sie wäre ich am Mikrofon nur die Hälfte wert gewesen», versichert «Jochen, the Voice». Heute noch macht Jochen Luck rund zehn Motorrad-Grand-Prix-Besuche pro Jahr zu seinem Pflichtprogramm. «Wenn ich einen Wunsch frei hätte», so der langjährige Leiter der MAN-NutzfahrzeugNiederlassung Kassel, «dannn würde ich gerne mal bei der Dakar-Rallye in einem Begleitfahrzeug dabei sein.» Luck: Auf zwei und vier Rädern versiert Auf rutschigem Parkett: Auch mit 74 Jahren führt nur er selbst Jochen Luck aufs Glatteis Mander, Dr. Helmut (MSa 31/2000) 30 Der Bergdoktor r. Helmut Mander beherrschte zwei D Disziplinen schon immer besonders gut: Motorsport und Tennis. Hätte es in seiner besten Zeit als Rennfahrer so viele Opel-Fans gegeben wie heute, wäre er vermutlich auf Händen getragen worden. Als treuer und erfolgreicher Irmscher-Kunde prügelte er seinen meist grell-bunt lackierten Zweiliter-Kadett so brutal über die Bergrennstrecken Europas, dass die Rivalen reihenweise resignierten. So gelangen ihm allein im Kadett 104 Klassenund acht TW-Gesamtsiege, Letztere vorzugsweise im Regen. Dazu liess er sich mehrfach als VizeEuropameister feiern. Die zweite Paradedisziplin bescherte dem belesenen Volkswirt Dr. rer. pol. Mander jede Menge Erfolg mit dem Tennis-Racket. Noch vor zehn Jahren holte er die hessische SeniorenMeisterschaft. Inzwischen ist der mittlerweile 60-Jährige bekennender FerrariFan, lebt in Dietzenbach bei Offenbach und dirigiert bei Ferrari Deutschland in Wiesbaden das europaweite Management der beliebten Challenge. Für das springende Pferd arbeitet Mander seit 20 Jahren, erst als Marketingleiter, jetzt als Sportmanager. Auch Sohn (15) und Tochter (12) Mander entwickeln sich zu Sportskanonen, allerdings nicht am Lenkrad. «Sie spielen sehr gut Tennis», lobt der Papa. «Das Mädchen wird sogar vom Verband gefördert.» Dass der Nachwuchs mit Motorsport nichts am Hut hat, stört Mander nicht: «Dann wird’s nicht so teuer.» An die 70er erinnert sich Mander besonders gerne. «Das erste Jahr mit dem ZweiliterOpel Kadett 1971 war das schönste, da haben wir im Regen so manchen GT niedergemacht und auch einige TourenwagenGesamtsiege eingefahren.» Die grösste Enttäuschung seiner Laufbahn erlebte Mander beim EM-Lauf in Andorra. In der ersten Kurve lag der Kadett im Acker, und der anvisierte EM-Titel war futsch. Sein Lieblingskurs war der EM-Parcours Bozen–Mendola. Alles in allem hat der Bergspezialist in 25 Jahren gut 200 Siege erreicht, die meisten mit Opel Kadett und Commodore von Irmscher. Seine Zukunftspläne sind abgesteckt: «Als Erstes will ich Gewicht abspecken, dann so viele Erdteile wie möglich mit dem Wohnmobil bereisen und schliesslich nur selten Krawatte und Sakko tragen. Spätestens in fünf Jahren will ich beginnen.» Einen Strich durch die Rechnung könnte ihm nur der leicht angeschlagene Bewegungsapparat machen: «Die Hüfte zwickt, und die Bandscheibe ist nach einem Vorfall auch nicht mehr so stabil.» 1973: Eine der vielen Ehrungen 2000: Erfolgreicher Ferrari-Repräsentant Früher Strycek: Helmut Mander im Irmscher-Kadett beim Sauerland-Bergpreis 1973 Meeuvissen, Annette (MSa 44/2000) «Second Lady» nnette Meeuvissen wird das Szenario A jenes Sonntags im September 1982 auf dem Flughafen Siegerland wohl nie ver- 31 gessen: Endspurt im Premierenjahr des Ford-Fiesta-Ladies-Cups, ihr Auto droht im Kampf um die Führung umzukippen, wundersamer Weise bleibt der Überschlag aus, sie gewinnt sogar noch knapp. Im Ziel der Eklat: Annette wird von der Besiegten beschimpft, statt Gratulation gibts böse Worte: «Schau mal in den Spiegel, blöde Kuh, und schmink’ dich richtig.» Das Finale am Nürburgring lässt Böses zwischen den Rivalinnen befürchten, aber dann geht’s doch versöhnlich aus. Beide stehen punktgleich unterm Siegerkranz, der von Ford ausgelobte Preis (ein neues Auto) wird verdoppelt, beide sind zufrieden. Da ist es auch wurscht, dass Annette auf Grund schlechterer Einzelplatzierungen trotzdem nur «Second Lady» wird. Das war die Begleitmusik des Einstiegs der Sportlehrerin in den Rennsport. «Erst war ich schockiert, dann habe ich begriffen, wohin die Reise geht.» Zielstrebig arbeitete sie sich bis zum BMW-Werksvertrag für DTM (Zakspeed) und Tourenwagen-WM (Schnitzer) hoch. «Die WMSaison 1987 bei Schnitzer war die schönste und professionellste, die ich je erlebt habe», sagt sie. Trotzdem endete die Profi- Karriere 1992 «mit Frust und Enttäuschung, weil es keine Perspektiven mehr gab». Die Düsseldorferin heuerte bei der LTU als Flugbegleiterin an, verliebte sich in das afrikanische Land Namibia und träumte von einer Farm für heimatlose oder verletzte Tiere. Die Liaison mit einem Einheimischen bestärkte sie in ihrem Plan, sich in Südafrika niederzulassen. «Leider ging das daneben, es war ein schöner Traum.» Der Trennung vom Partner folgte die Rückkehr nach Deutschland. Hier ordnet Annette Meeuvissen in München ihr Leben gerade neu. Als allein erziehende Mutter des einjährigen Max stellt sie sich «einer grossen Verantwortung mit neuer Prioritäten-Orientierung». Über kurz oder lang will sie wieder als Flugbegleiterin arbeiten. Unter das Kapitel Motorsport hat die 38-Jährige einen Schlussstrich gezogen, auch die Kontakte zum Rennsport sind abgerissen. «Gelegentlich schaue ich mir noch ein Formel1-Rennen im TV an, aber die ganz grosse Faszination ist weg.» Stattdessen schwingt sie neuerdings den Golfschläger und findet wieder Spass in ihren früheren Lehrberufen Aerobic und Fitness. «Ich habe ein neues Leben begonnen und bin nicht unzufrieden.» Damals: Die Ford-Fiesta-Lady anno 1982 Heute: Neues Leben in München Resultat ihrer Zielstrebigkeit: Annette Meeuvissen im Zakspeed-M3 in der DTM 1988 Moll, Rolf/Schock, Walter (MSa 32/2000) 32 Das Dream-Team alter Schock und Rolf Moll können in W Anspruch nehmen, im Rallyesport Geschichte geschrieben zu haben. Als erste Deutsche gewannen sie 1960 auf Mercedes 220 SE die Rallye Monte Carlo, wurden zweimal Europameister und siegten bei fast allen Rallye- und MarathonKlassikern wenigstens einmal. Kein Wunder, dass die Schwaben sechs Jahre lang (1954 bis 1960) als das «Dream Team» des Rallyesports galten. Ihrer Hausmarke Mercedes-Benz blieben sie stets treu – die Modelle 220 SE und 300 SL waren Sieggarant und Verpflichtung. Der Renn- und Rallyebaron Huschke von Hanstein hat über die Mannschaft Schock/Moll einst gesagt: «Die beiden sind wie ihr Auto – ein deutsches Markenzeichen für Qualität und Siege.» An Cleverness, Zuverlässigkeit und Präzision übertrafen Fahrer Schock und Co Moll alle, auch wenn die schneller oder mutiger waren. «Hirn einschalten, keine Fehler machen und ankommen», lautete ihre Devise. Silbernes Lorbeerblatt und Bundesverdienstkreuz krönten die Laufbahn. Danach machten die Stuttgarter als Sportfunktionäre Karriere. Schocks Zugehörigkeit als DMSB-Berufungsrichter geht bereits ins 35. Jahr. Und Moll lenkte den deutschen Motorsport über viele Jahre als AvD-Sportpräsident und ONS-Präsident. Inzwischen hat der Ex-Vorstands-Vorsitzende der DEKRA den Wohnsitz ins schweizerische Wollerau am Zürichsee verlegt. Der 72-Jährige will mit Frau Edith (seit 43 Jahren verheiratet) in erster Linie «die Schweiz erforschen, reisen und Golf spielen». Die Töchter Vera (43) und Claudia (40, verheiratet mit DTM-Regelfuchs Michael Bernard) blieben in Stuttgart. A propos DTM: «Die Premiere in Hockenheim», so Moll, «habe ich mir als alter DTM-Fan natürlich nicht entgehen lassen.» Walter Schock feierte im April in Stuttgart den 80. Geburtstag. «Ich bin froh, dass der liebe Gott mir so viele schöne Jahre geschenkt hat.» Immerhin überstand er letztes Jahr einen Oberschenkelbruch und erst kürzlich eine schwierige Nierenoperation. Wann immer es geht, schaut er sich die wichtigsten Rennen in Hockenheim live vor Ort an. «Alles andere findet vorm Fernseher statt, da wird keine Sendung versäumt.» Und wenn’s um ihn herum mal nicht brummt, findet man ihn in seinem Garten. Unterstützt wird er von seiner Gattin Ruth, mit der er seit fast biblischen 55 Jahren verheiratet ist. Sein Fazit: «Ein guter Schwabe wechselt weder Ehefrau noch den Co-Piloten…» Dream-Team: Schock (links) und Moll Wiedersehen: Moll (links) und Schock Schwäbische Tugenden: Schock/Moll bei ihrem Rallye-Monte-Carlo-Sieg anno 1960 Odenthal-Stöhr, Waltraud (MSa 36/2000) Die Turbo-Maus altraud Odenthal trat fast nahtlos W Hannelore Werners Nachfolge als schnellste deutsche Rennlady der 70er- 33 Jahre an. Die Tochter eines Ford-Händlers aus Siegburg startete ihre MotorsportLaufbahn 1969 im Escort-Cup, wechselte danach in einen Gruppe-2-Capri und gehörte ab 1972 im Gruppe-5-Capri RS zur Elite der Deutschen Rennsport-Meisterschaft (DRM). Immer wieder erstand der Herr Papa für die Tochter einen ausrangierten Werks-Capri aus dem Vorjahr. Bemerkenswerte Kämpfe gegen die männliche Konkurrenz vom Schlage eines Ludwig, Fritzinger oder Stommelen brachten der sommersprossigen, löwenmähnigen Dame den Spitznamen «TurboMaus» ein. Allerdings flossen auch dicke Tränen, wenn der teure Capri RS neben der Piste lag. «Ich habe nur deshalb geheult, weil ich Angst hatte, dass Vater den Geldhahn zudrehen könnte.» Die Befürchtung wurde besonders akut, als die schnelle Waltraud am Ring eine brandgefährliche Luftnummer fabrizierte. Auf dem Bergabstück in Richtung Wehrseifen absolvierte sie eine beängstigende Flugreise und überschlug sich bei der Landung dreimal. Resultat: Totalschaden, zwei angebrochene Rückenwirbel. «Da dachte ich, das wars.» Mit dem Nürburg- ring ist auch ihre grösste Enttäuschung verbunden. Eine Stunde vor Ende des 24Stunden-Rennens feuerte ihr Co-Pilot auf Gesamtrang 2 liegend den Capri in die Botanik. Die Hochzeit mit dem einstigen CastrolRenndienstleiter Jochen Stöhr liess die Vollgas-Zeit der Turbo-Maus 1974 ausklingen. 1977 war endgültig Schluss. Gemeinsam führt das Ehepaar heute drei FordAutohäuser in Siegburg, Troisdorf und Altenkirchen. Eine weitere Aufgabe wird womöglich schon bald hinzukommen, denn zwei der drei Odenthal-Kids drängen mit Macht in Richtung Racing: Philipp (19) und Jessica (21) wollen Tourenwagen fahren. «Nicht auszuschliessen», sagt die Mama mit gemischten Gefühlen, «dass sich zumindest der Sohn durchsetzt. Nur die älteste Tochter hat damit zum Glück nichts am Hut.» Kontakt mit Konkurrenten und Freunden von früher hat sie nur noch selten. «Eigentlich schade, doch der tägliche Geschäftsbetrieb lässt dir einfach keine Zeit dafür.» Trotzdem bleibt ein Wunsch, den sie sich unbedingt erfüllen möchte: «Ich würde gerne einen meiner ehemaligen Capri RS von den jetzigen Besitzern zurückkaufen. Da hängen doch verdammt viele Erinnerungen dran.» Odenthal 1970: Was waren das für Brillen 2000: Der Nachwuchs drängt nach Triumph und Tränen: Turbo-Maus Waltraud Odenthal 1972 im Ex-Werks-Capri am Ring Perrot, Xavier (MSa 43/2000) 34 Mosleys Kunde avier Perrot gehörte in den Formel-2XKlientel, Glanzjahren 1969 bis 1972 zu jener die dem damaligen March-Mitinhaber und heutigen FIA-Boss Max Mosley immer wieder die Firmenkasse füllte. Als weltweit erster March-Kunde holte sich der zweifache Schweizer Meister alljährlich das neueste Chassis samt Teilevorrat in Bicester ab. Bei den Formel-2-EM-Läufen und in der Berg-EM gehörte der Zürcher Autohaus-Besitzer zum Fahrerstamm. Seinen grössten Auftritt hatte der Schweizer am 2. August 1970 am Nürburgring. Während die Formel-1-Piloten Rindt, Stewart & Co. zum Entsetzen des Veranstalters AvD einen Streik wegen fehlender Sicherheit auf der Nordschleife anzettelten und der deutsche Grand Prix in Hockenheim stattfand, siegte Perrot im knallgelben March-Ford beim vom AvD aus Protest als «Gegenveranstaltung» ausgeschriebenen «Grand Prix von Deutschland für Formel-2-Rennwagen». AvD-Sportstratege Schmitz polterte damals: «Wir machen auf der Nordschleife einen Grand Prix für richtige Männer.» Dass den «Harte-Männer-Grand-Prix» mit Hannelore Werner beinahe eine Frau gewonnen hätte, verhinderte nur Perrot: Er profitierte vom Ausfall des führenden Derek Bell in der letzten Runde. «Das war ein echtes Geschenk», erinnert sich der 68-Jährige heute. Nach fast zehn Jahren in verschiedenen Sportwagen und Formel-Autos beendete Xavier Perrot 1972 seine Laufbahn. In dieser Zeit gelangen ihm rund 70 Siege und neben den zwei nationalen auch der Titel in der Europa-Bergmeisterschaft 1972. Einer seiner wenigen Unfälle hätte übrigens fast die Verschiebung des Hochzeitstermins erzwungen: Beim F2-EM-Lauf 1970 in Hockenheim brach er sich den Fuss. «Ein Unglück kommt selten allein», alberten seine Freunde daraufhin lautstark, als er wenige Tage später mit Gipsbein zur Trauung antrat. Mit seiner Manuela ist er inzwischen seit 30 Jahren verheiratet. Kaum hatte der Zürcher sein Autohaus vor fünf Jahren verkauft, erlitt der Vorruheständler zwei gesundheitliche Rückschläge: Gerade von einer HerzklappenOperation genesen, zwang ihn eine Gehirn-Embolie erneut ins Spital. Inzwischen hat er sich so erholt, dass er wieder Sport treiben kann. Mit Interesse schaut sich «Xavi» nach wie vor alle Formel-1- und Motorrad-Grands-Prix im Fernsehen an. Hochtrabende Pläne und Wünsche hat er nicht: «Wenn ich halbwegs gesund bleibe und Tennis spielen kann, wäre dies das grösste Geschenk.» Perrot 1970: Feste Grösse in der Formel 2 Perrot heute: Die Rückschläge sind verdaut 1972 im March-Ford 722: Zu Max Mosleys Ärger fabrizierte Xavier Perrot selten Schrott Pfuhl, Albert (MSa 45/2000) Der Herrenfahrer lbert Pfuhl hat Motorsport stets mit A jener fast unverschämten Lockerheit gelebt, die bei jedem Ehrgeizling Kopf- 35 schütteln auslöste. Der Geschäftsmann (Inhaber mehrerer Patente für die Papier verarbeitende Industrie) fuhr nie bewusst um einen Titel und trat stets nur da an, wo es ihm gefiel. Kein Wunder, dass Pfuhl in seiner aktiven Zeit zwischen 1953 und 1985 Motorradrennen, Rallyes und Autorennen in mehr als 70 Ländern bestritten hat. «Das sind Erlebnisse», so der Weltreisende, «die schwerer wiegen als alle Meisterschaftspunkte und Titeljagden.» In rund 400 Automobil-Wettbewerben bewegte Pfuhl edelste PS-Geräte, darunter alle gängigen Mercedes vom 280 SE bis zum 450 SLC, einen Ferrari 250 GT, Lotus 30 und die drei leistungsstärksten Porsche (Carrera 6, 908 und 917). 1965 erwarb er als erster Kunde der jungen Tuning-Firma Aufrecht, Melcher Grossaspach (AMG) einen Mercedes 300 SE Direkteinspritzer. Seine Villa in Darmstadt hat der 65-Jährige gegen ein riesiges Grundstück in Otzberg/Odenwald mit Bauernhof und Forsthaus, Landwirtschaft, viel Getier und Fischgewässer eingetauscht. Das Anwesen liegt nur ein paar Minuten vom Wohnort seines alten Kumpels Reinhold Joest entfernt. Pfuhl und Gattin Edeltraut («nach 20 Jahren Probezeit haben wir 1975 geheiratet») bewirtschaften das Anwesen mit viel Hingabe, der Hausherr fährt das Heu mit dem eigenen Traktor ein. Kinder haben sie nicht, dafür aber zwölf Tierarten. Pfuhls Tierliebe sorgte schon früher für Schrecksekunden. Wer begrüsst seine Gäste schon mit einem Schimpansen auf der Schulter und einem zahmen Gepard daneben…? Noch immer unternimmt Albert Pfuhl mindestens einmal im Jahr eine Abenteuer-Weltreise. Zuletzt bretterte er mit zwei Freunden im Jeep 12 000 km quer durch Australien, demnächst steht ein ähnlicher Trip durch Südamerika an. Als schönste Zeit gilt für ihn die Ära der grossen Bergrennen in den 60er-Jahren. Als wertvollsten Erfolg sieht Pfuhl den sechsten Gesamtrang bei der «Vuelta de la Sud» über 30 000 km durch Südamerika, die er 1977 zusammen mit Alfred Kling im Mercedes 280 SE bestritt. Zur Marke Mercedes hat der Herrenfahrer seit den Tagen des ersten AMG-Einkaufs ein besonders herzliches Verhältnis: 1982 verleibte sich Albert Pfuhl den gesamten Fahrzeugbestand der Rallyeabteilung «zum Freundschaftspreis» ein, nachdem Mercedes die Rallyeaktivitäten überraschend beendet hatte. Albert Pfuhl 1969: Treuer Mercedes-Kunde Albert Pfuhl heute: Viel Platz fürs Getier Er war der erste AMG-Kunde: Albert Pfuhl 1967 im getunten Mercedes-Benz 300 SE Philipp, Dr. Gunther † 2003 (MSa 35/2000) 36 Film, Funk, Ferrari r. Gunther Philipp – wer kennt den BotD schafter des Frohsinns nicht aus unzähligen Filmen und Theaterstücken. Was seinen Fans jedoch meist verborgen blieb: In den 60ern zählte der Österreicher zu den besten Sportwagen-Piloten des Landes. Mit den edlen Gerätschaften aus dem eigenen Rennstall wurde er dreimal Staatsmeister – einmal im Mercedes 300 SL, zweimal im Ferrari 250 GT. Der Name Dr. Gunther Philipp steht in den Resultatlisten dieser Jahre oft vor berühmten Zeitgenossen. Dass der Mann, der in mehr als 150 Filmen («Wenn Poldi ins Manöver zieht», «Der Manöver-Zwilling») mit Peter Alexander pausenlose Angriffe auf die Lachmuskeln startete, nebenher einen Fuhrpark mit zeitweise sechs Ferrari unterhielt, war schon damals nur Insidern bekannt. Dies gilt auch für seinen eigentlichen Beruf – Gunther Philipp ist nämlich Neurologe. Heute lebt der Theater-Star wahlweise in Köln und der Toskana. Im Juni wurde er 82 Jahre alt und steht noch immer jeden Abend auf der Bühne. An der «Kleinen Komödie» in Wien ist er ebenso zu Hause wie im Kölner «Theater am Dom» oder auf den Bühnen in Bonn, Bochum, Essen, Düsseldorf und Bad-Godesberg. Sieben Abende die Woche. Ob der grossen Nach- frage gibt es oft sogar zwei Vorstellungen am Tag. Seine selbst inszenierte Boulevard-Komödie «Da wird Daddy staunen» ist der Renner schlechthin. «Seit September gastiere ich mit dem Stück in Berlin – und bin dort schon bis 2002 ausgebucht.» Woher nimmt Philipp die Power? «Ich habe vor 20 Jahren zum vierten Mal geheiratet, meine junge Frau und der 17-jährige Sohn halten mich auf Touren.» Zwei weitere Söhne (57 und 33) aus früheren Ehen sind mit Film, Theater und Rennsport nicht in Berührung gekommen. Der Ältere ist Uniprofessor für Medizin, der Jüngere Ingenieur. Gerne erinnert sich Ferrari-Fan Philipp, der noch immer jede mögliche F1-, Sportund Tourenwagen-Übertragung im TV ansieht, an seine aktive Zeit. «Am schönsten waren die Rennen auf dem Zeltweger Flugplatz, diesem Rumpelacker.» Mit Jochen Rindt ist er dort nicht nur angetreten, sondern hat mit ihm auch die Sendung «Motorama» moderiert. Nach Rindts Tod 1970 lief das Magazin drei Jahre mit Philipp alleine weiter, «aber der Jochen hat uns allen sehr gefehlt. Das hat verdammt weh getan.» Zukunftswünsche? «Gesund bleiben, nie aufhören zu lernen und solange wie möglich auf der Bühne stehen.» Sieg im Lotus: Gunther Philipp anno 1965 Fit und vital: Der Doktor mit 82 Jahren Flugplatz Zeltweg 1964: Gunther Philipp wird Österreichischer Meister im Ferrari 250 GTO Pinske, Lothar (MSa 29/2000) Das Arbeitstier Pinskes Liebe zum Motorsport hat Lalsothar ihn nie auf die Uhr gucken lassen. Mehr 30 Jahre brachte er bei Ford in Köln zu: erst Einkäufer in der Datenverarbeitung, ab 1973 Assistent von Sportchef Mike Kranefuss, und ab 1981 Leiter der Motorsportabteilung. Mit Dienstantritt als Sportassistent musste er geloben, seine eigenen Rennambitionen (Rallye und Langstrecke auf Gruppe-1-Capri 3,0 sowie 2,6-Liter-Capri RS) einzustellen. Wer mit Pinske arbeitete, war beeindruckt von seiner Konsequenz. Für Kranefuss war er der «beste zweite Mann, den ich je hatte». Der heutige Sportchef Jürgen Klauke beschreibt seinen Vorgänger als «engagierten Sportmanager, der gute Basisarbeit geleistet und dem Ford sehr viel zu verdanken hat». 1996 endete das Ford-Kapitel für Pinske: «Es gab keine Perspektive für grossen Motorsport mehr. Wenn du keinen Etat und keine Leute hast, kannst du nichts bewegen.» Vier Jahre zuvor bereits war seine Motorsport-Abteilung aufgelöst worden. Dennoch werkelte er als Solist und Etat-Zauberer im Unterholz des Konzerns weiter. Nach drei Jahren als selbstständiger Berater hat der inzwischen fast 57-Jährige wieder eine Herausforderung gefunden: Lothar Pinske 1974: Schnauz ist heute weg 37 Für die neue «V8-STAR-GmbH» in Essen leitet er seit 1. April das Ressort Organisation. Mit im Boot sitzt sein alter FordWeggefährte Thomas Ammerschläger, der den Technik-Part übernommen hat. «Wir wollen», so Pinske, «die V8-STAR bis 2001 auf die Bahn bringen und ihr eine erfolgreiche, langfristige Zukunft sichern.» Neben dem neuen Job sind Frau Eva (28) und Sohn Adam (7) sein Lebensmittelpunkt. Vor sieben Jahren hat Pinske den Junggesellenstatus endlich aufgegeben und geheiratet. Pferde und Reiten sind sein Hobby – der Sohnemann hat inzwischen jenes Pony übernommen, das ihm seine DTM-Junioren Frank Biela, Manuel Reuter und Bernd Schneider 1987 geschenkt haben. An die 80er-Jahre erinnert er sich gerne: «Das war die schönste Zeit, die Titel mit Klaus Ludwig im Turbo-Capri und im Sierra-Cossie, Ladies-Cup, DTM und Tourenwagen-WM.» Nicht zu vergessen das «Race of Champions» in Diepholz, wo der verstorbene Bilstein-Chef Hugo Emde Stars aus ganz Europa in 20 identische Escort XR3i setzte. Dabei gab’s viel Spass und reichlich Kleinholz. Enttäuschend findet der Ex-Ford-Sportchef, «wie viele ‹gute Freunde› nix mehr von sich hören lassen, wenn man nicht mehr in exponierter Position ist». Pinske heute: Von Müdigkeit keine Spur 1971: Seine Renn-Ambitionen (hier im 2,3-l-Capri) musste Lothar Pinske bald aufgeben Plankenhorn, Axel (MSa 14/2000) 38 Der Zwei-Meter-Hüne xel Plankenhorns Karriere bekam ihren A Schub in der Formel-Vau-Zeit der 70erJahre. Zwar war der Zwei-Meter-Mann zuvor schon im NSU TT herumgetobt, aber das war nichts gegen die Schlachten, die in den Formeln Vau 1300 und Super Vau geschlagen werden mussten, wo er mehrere Titel und Vize-Meisterschaften an Land zog. Danach stand er auch in der Formel 2 seinen Mann. Bis zum Ende seiner Laufbahn ’84 entwickelte er sich zum schnellen und zuverlässigen Porsche-Piloten. Jetzt ist Plankenhorn 48, wohnt in Kornwestheim bei Stuttgart und ist Inhaber eines Konstruktionsbüros für Büroeinrichtung. Rund 60 Siege hat er in 15 Jahren errungen. Da waren die grossen Jahre in der Super-Vau-EM gegen Arie Luyendyk, John Nielsen oder Helmut Henzler. Oder die ebenso teure wie lehrreiche Zeit der F3und F2-EM. Immerhin gehörte Plankenhorn noch zu jenen Furchtlosen, die die Nordschleife («meine Lieblingsstrecke») im Formel 2 umrundeten. Schliesslich der Schnitt: Ende der Formelkarriere wegen fehlender Perspektiven, 1979 Umstieg auf geschlossene Autos, Vertrag bei PorscheKremer für Starts im 700 PS starken 935 Turbo in der Rennsportmeisterschaft. Plankenhorn wurde Teamkollege von Klaus Ludwig, erlebte dessen legendären 79er-Siegeszug und erreichte mit ihm bei einigen WM-Läufen Erfolge. Aber plötzlich war bei Kremers Schluss mit Lustig: Ludwig wechselte vor Saisonbeginn 1980 zu Ford und wurde mit dem neuen Super Capri in der grossen DRM-Division direkter Gegner von Plankenhorn. Der war plötzlich die Nummer 1 des Teams. Sein Pech war, dass diese Saison die streitbarste und unfreundlichste der DRM-Historie wurde. Zoff mit Ford wegen der Heckflügel, gespanntes Verhältnis zu Ludwig, Proteste, Klagedrohungen, Wertungen unter Vorbehalt etc. Nur ungern erinnert sich Plankenhorn an den Eklat beim dritten Rennen in Hockenheim. «Da hat mich der Klaus mit einem wüsten Rempler in der letzten Kurve um den Sieg gebracht.» Turbulente Szenen danach, die Kremer-Brüder wollten Ludwig an die Wäsche, und Ford-Rennchef Mike Kranefuss musste seinen Fahrer in Sicherheit bringen. Trotz vorzeitiger Trennung von Kremer gab es danach auch noch viele positive Ereignisse wie etwa die Starts in Le Mans (etwa mit Rolf Stommelen) oder die Sportwagen-WM im Porsche 956. «Alles in allem hatte ich eine tolle Zeit», resümiert Plankenhorn, der sich im PorscheSupercup 2000 zurückmeldete. Mit Bruno Eichmann leitet er unter dem Namen «Carsport Racing» ein eigenes Team. Freunde: Arie Luyendyk, Axel Plankenhorn Heute mit 48: Debüt als Teamchef Eklat 1980 in Hockenheim: Plankenhorn führt im Porsche vor Ludwig im Ford Rosorius, Klaus-Peter (MSa 30/2000) Der Aussteiger laus-Peter Rosorius hat in seinem Job K als Conti-Sportchef (1962–1971) und als Leiter von VW Motorsport in Hannover 39 (1972–1995) zwei der vielleicht schönsten Epochen im deutschen Motorsport miterlebt und mitgeprägt. In seine Conti-Zeit fielen Einführung, Aufbau und Glanzzeit der Formel-Vau-Bewegung. Und als VWSportchef gelang ihm die Etablierung der Wolfsburger Marke im internationalen Sportgeschehen. Zu den Highlights zählten die Eroberung des nationalen und internationalen Formel-3-Marktes mit dem 2-Liter-GTI-Motor und die Rallye-Präsenz mit dem Golf GTI. Die erfolgreiche Platzierung mehrerer VWMarkenpokal-Serien mit Scirocco, Golf und Polo rundeten die Ära Rosorius bei Volkswagen ab. Seit fünf Jahren ist der heute 60-jährige Hannoveraner im Vorruhestand und hat ein zweites Mal geheiratet. «Obwohl ich dem Motorsport viel verdanke, habe ich einfach einen Schnitt gemacht, ein neues Leben mit neuen Freunden begonnen. Und das bekommt mir sehr gut.» Langeweile hat der Ex-Hobby-Rennfahrer (Borgward, NSU TT, BMW 700 in den 60er-Jahren) keineswegs. Seit er das Golfspiel «als faszinierenden Sport und echte Competition» entdeckt und mittler- weile Handicap 23 hat, bereist er zusammen mit Gattin Susanne die schönsten Anlagen der Welt. Sein Jaguar-Oldtimer und klassische Musik beanspruchen die übrige Freizeit. Mit Stolz und Begeisterung blickt Rosorius vor allem auf die Zeit mit VW zurück. Der Durchmarsch des Formel-3-Motors gegen die Alfa- und Toyota-Dominanz mit Titelgewinnen in nahezu allen Landesmeisterschaften, dazu der EM-Titel und der erste Sieg beim Grand Prix in Macau waren seine wertvollsten Renn-Erlebnisse. Gerne erinnert er sich auch an den Rallye-WMTitel mit dem Gruppe-A-Golf und den Gewinn des deutschen Championats. «Ich glaube, dass wir alle einen guten Job getan und das maximal Machbare herausgeholt haben.» Natürlich ist der heisse Draht zum Rennsport nicht abgerissen. Mit Formel-3-Papst Bertram Schäfer (dessen Mannschaft jahrelang als offizielles VW-Werksteam antrat), dem Ex-VW-PR-Mann Anton Konrad (betreibt heute eine eigene Agentur) und dem ehemaligen Castrol-Sportchef Dieter Hardt (im Ruhestand) pflegt er weiterhin freundschaftliche Kontakte. Die Formel-1Grands-Prix konsumiert er zumeist vor dem Fernsehgerät, persönliche Besuche an den Rennstrecken verkneift er sich dagegen. 1974: VW-Sportchef Klaus-Peter Rosorius 2000: Ruheständler Klaus-Peter Rosorius Klaus-Peter Rosorius 1963 im Borgward: Der VW-Sportchef wusste, von was er redete Schetty, Dr. Peter (MSa 48/2000) 40 Der Chef-Tester r. Peter Schetty dürfte der bislang einD zige Rennleiter bei Ferrari gewesen sein, dem eine Doppelfunktion zugestanden wurde. «Ich war sowohl offizieller Rennleiter als auch Testpilot», berichtet der Schweizer voller Stolz. Bevor seine Piloten bei den Tests einstiegen, drehte der Chef erst mal selbst einige Funktionsrunden und legte Zeiten vor. «Das hatte den Vorteil, dass mir keiner meiner Fahrer Phantasiegeschichten übers Auto erzählen konnte.» Seine Fahrer damals: Ickx, Regazzoni und Andretti in der Formel 1 und im Sportwagen, zusätzlich Peterson, Redman und Merzario nur für die Sportwagen-WM. «Es war eine gigantische Truppe», schwärmt Schetty. Dennoch dauerte der RennleiterJob bei Ferrari für den stets gut gelaunten Schweizer nur zwei Jahre (1970/71), weil ihn sein Vater in die eigene Firma zurückbeorderte. Als Doktor der Wirtschaftswissenschaften war er für die Führung des väterlichen Unternehmens prädestiniert. Die Schetty AG in Basel stellt glasfaserverstärkte Polyesterrohre für Frisch- und Abwasser-Systeme her. Heute spielt sich das Leben des inzwischen 58-Jährigen hauptsächlich am Schreibtisch und in der Luft ab. Mit dem Pilotenschein für Jets und Hubschrauber ausgestattet, ist das Fliegen seine neue grosse Leidenschaft. Dennoch ist ihm die Liebe zum Rennsport nie abhanden gekommen. «Die Formel-1-Rennen sind für mich Pflichtprogramm, allerdings nur noch vor dem Fernseher – die Faszination Ferrari ist noch immer ungebrochen.» Schliesslich hat er mit den Sportwagen der Roten die grössten Erfolge seiner nur fünf Jahre dauernden Karriere (1966 bis 1970) eingefahren. Zuerst in einem Ford Mustang und einem Abarth SP mit sensationellen Resultaten als Privatier unterwegs, bot ihm Ferrari schon bald ein Werksauto für die Berg-EM an. Mit dem 212E holte er 1969 auf Anhieb den Titel nach Maranello. Später wurde er zusammen mit Ickx, Giunti & Co. in der Sportwagen-WM im 312P und 512S eingesetzt. «Wir waren in ständige Kämpfe mit dem Porsche-Werksteam und dessen Stars verstrickt.» Für die Zukunft wünscht sich der Schweizer mehr Zeit für seine Hobbys Skilaufen, Fliegen und Reisen. Häufige Aufenthalte in seinem Wochenendhäuschen zwischen Nizza und Cannes sind ihm überdies behilflich, ein ganz persönliches Motto immer wieder umzusetzen: «Lebe gern, lache gern, esse gern. Dann bist du ein glücklicher Mensch.» Peter Schetty 1971: Der Chef testet selbst Schetty heute: «Lebe gern, lache gern» Berg-EM im Werks-Ferrari 212 E: Peter Schetty am Start zum Schauinslandrennen 1969 Schickentanz, Clemens (MSa 23/2000) Der Zuverlässige er erste richtig grosse Knaller gelang D Clemens Schickentanz 1971 an der Seite von Hans Heyer beim 24-Stunden- 41 Rennen in Spa-Francorchamps: Mit dem wuchtigen, 500 PS starken AMG-Mercedes 300 SEL 6,3 fuhren die beiden sensationell auf Platz 2 des Gesamtklassements. Die Tage von Spa blieben für den langen Schlacks mit der stets gleich bleibenden «Prinz Eisenherz»-Haartracht das schönste Erlebnis seiner knapp 20 Rennfahrerjahre. Obwohl es da noch andere Highlights gab: Zum Beispiel den Gewinn der GTEuropameisterschaft 1973 mit einem Porsche Carrera RSR oder die Plätze 3 und 4 bei den 24 Stunden von Le Mans. Der heute 55-jährige Rheinländer hat seinen Wohnsitz mittlerweile in die USA verlegt, wo er zusammen mit Gattin Brigitte (seit 35 Jahren verheiratet, zwei Söhne – beide sind erfolgreiche Kaufleute – im Alter von 33 und 35) die meiste Zeit lebt. Obwohl Schickentanz neben dem kurzzeitigen AMG-Engagement auch mit BMWund Alfa-Romeo-Tourenwagen sowie im 2Liter-Chevron-Sportwagen überaus erfolgreich war, wurde er eigentlich immer der Porsche-Privatfahrergemeinde zugerechnet. Tatsächlich verbrachte der grosse Blonde die meiste Zeit in Porsche-Cock- pits. Vom 911 über den 935 Turbo bis hin zum 956 blieb ihm kaum etwas fremd von dem, was in Weissach für die Rennpiste so gebaut wurde. So an die 100 Siege hat der Willicher zwischen 1967 und 1984 eingefahren, die meisten natürlich mit einem Porsche. Als grösste Enttäuschung sieht er noch heute den verlorenen Gesamtsieg beim 500-km-Rennen Anfang der 70er-Jahre auf dem Nürburgring. Locker in Front liegend, wurde sein Alfa Romeo GTA in der letzten Runde hinter der Breidscheid-Brücke von einem gerade überrundeten Mini-Cooper von hinten angerempelt und überschlug sich dabei mehrfach. Ansonsten blieben solche «Big Moments» die Ausnahme – Schickentanz galt stets als zuverlässiger Siegfahrer und Ankommer. Kontakt mit den Rennkumpels von damals hat Clemens Schickentanz heute nur noch, «wenn ich den einen oder anderen mal zufällig in Zolder, am Nürburgring oder bei Historic-Veranstaltungen treffe». Mit seinen beiden Oldtimern, einem alten 911 Turbo und einem Jaguar D-Type, tritt er hin und wieder bei einigen Oldie-Klassikern an. «Ansonsten geniesse ich das Leben in den USA und pflege meine Hobbies Wintersport und Wasserski.» Schickentanz 1973: Typische Haartracht 1999: Geniesst das Leben in den USA Einer der Karriere-Highlights: GT-Europameister 1973 im Porsche 911 Carrera RSR Schmid, Günther (MSa 15/2000) 42 Der ewige Grantler ünther Schmids Karriere als GeschäftsG und Sportsmann begann in den 60ern mit einem Formel-VW-1300-Rennauto, drei Blumenläden und einem Transportunternehmen. Aus dem Ex-Hobby-Piloten wurde erst ein Super-VW-, dann ein Formel-1-Teamchef, aus den Blumenläden ein boomendes Felgen-Unternehmen (ATS, Rial). «Die ersten Aluräder haben wir im Keller gebaut, bis 1987 wurden wir zum Marktführer weltweit.» Die ATS-LolaSuper-Vau wurden von Topleuten wie Freddy Kottulinsky, Manfred Trint und Gerd Schüler chauffiert, die ATS- und Rial-F1Renner kamen mit Stars wie Gerhard Berger, Christian Danner, Jochen Mass, Hans Stuck, Keke Rosberg oder Manfred Winkelhock auf 119 GP-Starts. Längst hat Schmid einen Schnitt gemacht: 1987 Verkauf der ATS-Felgenfabrik, 1989 Ende mit der Formel 1, danach Übergabe von Rial an seinen Sohn. Heute lebt der 59-Jährige wechselweise in Florida, auf Malta und Mallorca, frönt dem Golfspiel – und wettert noch immer über einige seiner Piloten und die Presse. Das F1-Engagement beendete Schmid nicht, weil seine Autos in 15 Jahren nur 15 WM-Punkte holten, sondern aus Ärger über das negative Presseecho. «Die Artikel waren eine Frechheit. Das wollte ich mir nicht länger antun – ich gebe einen Haufen Geld aus und werde dafür auch noch niedergemacht.» Noch heute, erklärt der ewig grantelnde Mannheimer, leide er wegen des Ärgers und der Hektik unter Bluthochdruck und anderen Wehwehchen. «Aber es gab auch viele positive Erlebnisse. Bernie war stets fair zu mir, noch immer krieg’ ich von ihm jedes Jahr mein FOCA-Ticket.» Trotzdem verfolgt Günther Schmid die meisten Grands Prix nicht vor Ort, sondern am Fernsehgerät. Einige Freunde von damals trifft er noch heute, so zum Beispiel Fernsehregisseur Bernd Krämer oder die alte Mannheimer Clique mit Gerd Schüler, Jochen Mass und Co. Überhaupt Schüler. Der erinnert ihn an die Formel Super VW, wo die ATS-Lola jahrelang von Sieg zu Sieg eilten. Freddy Kottulinsky wurde Europa-, Manfred Trint Deutscher Meister. «Die Jungs waren gut, und Spass gab’s auch reichlich.» Seit zwei Jahren ist Schmid geschieden, lebt mit «einer Dame aus Hawaii» zusammen. Seine Pläne: «Die übrigen Immobilien in Deutschland verkaufen, weil die Verwaltung zu viel Stress macht. Ansonsten viel reisen und Freunde besuchen.» Dann klappt’s vielleicht auch mit dem Blutdruck … Grantler: Schmid als Teamchef Weltreisender: Schmid heute Schnell, aber anfällig: Manfred Winkelhock im Turbo-befeuerten ATS-BMW Schommers, Werner (MSa 50/2000) Der Spassvogel erner Schommers hat in den zehn W Jahren als Rennfahrer (1969–1978) nichts ausgelassen. Sportlich wie beruflich 43 auf der Sonnenseite des Lebens, sorgte er auf und neben der Piste immer für beste Unterhaltung. Mit dem äusserst bescheidenen Slogan «wer mich nicht kennt, hat nie gelebt» stellte sich Schommers gerne jenen Leuten vor, die ihn auf Anhieb nicht einzuordnen wussten. Derbe Sprüche und schräge Spässe gehörten zum Repertoire. Als erfolgreicher Ford-Pilot steuerte er vor allem den Escort BDA bei renommierten Teams wie Grab, Zakspeed und Wooding. Ein Highlight dieser Tage war sein Gesamtsieg beim GP der Tourenwagen auf dem Nürburgring 1978 zusammen mit Armin Hahne und Jörg Denzel. Auch mit dem Capri RS gelangen ihm grosse Auftritte in der Rennsportmeisterschaft. Gastspiele auf Alfa GTA und BMW CSL Coupé gehörten ebenso zur Karriere des Rheinländers wie eine Berufung als Werkspilot für das Formel-3-Projekt von Renault Deutschland. Die roten Alpine-Monoposti mit Schommers und Dieter Kern räumten 1972 richtig ab, bevor Renault wegen explodierender Kosten mitten in der Saison 1973 ausstieg. «Dieser Beschluss», so Schommers, «war für mich nie nachvollziehbar und die grösste Enttäuschung meiner Laufbahn.» Seit 22 Jahren hat er nun kein Rennauto mehr angerührt, lebt wechselweise im spanischen Alicante und in der WesterwaldGemeinde Bad Marienberg. In Spanien führt er ein Immobilien-Büro, im Westerwald die Hotels «Wildpark» und «Glockenspitze». Bei der Ausstattung legt Schommers grossen Wert auf ein umfangreiches Fitness- und Freizeitangebot. «Ohne Tennisplätze, Fitnessraum und Schwimmbad geht heute nichts mehr. Deshalb sind wir auch mit Tagungen, Seminaren und Events ausgelastet.» Seit sechs Jahren ist der frühere «Casanova vom Dienst» endlich verheiratet, Kids gibts noch keine. Gesundheitlich ist alles weiterhin im grünen Bereich, «nur mit den Kilos» jammert der einst schlanke Sportler, «führe ich einen Dauerkrieg, den ich bisher leider noch nicht gewonnen habe.» Mit der Motorsportszene steht der heute 53-Jährige unverändert in Kontakt, mit DTC-Pilot Dirk Adorf und seinem alten Teamchef Bernhard Grab ist er befreundet. Einmal jährlich gönnt er sich Besuche am Ring und in Hockenheim, um alte Kumpels zu treffen. Alles andere schaut er sich im TV an. «Sag’ allen», beschliesst er feixend, «dass der Schommers noch immer die besten Sprüche und Witze draufhat. Und dass im Rennsport heute zu wenig gelacht wird.» 1975: Immer einen Spruch auf Lager Heute: Der Kampf mit den Pfunden … Goldene Ford-Jahre: Schommers im Capri RS beim Flugplatzrennen in Mainz-Finthen Schüler, Gerd (MSa 28/2000) 44 Der Karrieremann erd Schüler gehört zu der Mannheimer G Clique der 60er-Jahre, die das Eberbacher Bergrennen zu ihrem alljährlichen Happening erhob. An seinem Alfa Romeo Giulia schraubte der Kfz-Mechanikerlehrling Jochen Mass, sein Teamchef war der rennsportbegeisterte Alfa-Händler Helmut Hähn. Der darf für sich in Anspruch nehmen, für manche Rennfahrerkarriere den Grundstein gelegt zu haben. Das gilt sowohl für Schüler als auch für Jochen Mass, Harald Ertl und einige andere. «Das war eine wahnsinnig gute Zeit», schwärmt Schüler heute: «Keine Kohle, aber Spass ohne Ende.» Im Laufe der Zeit wurde aus dem BergSpezialisten einer der vielseitigsten und erfolgreichsten deutschen Rennfahrer. Herausragend sind sein Bergtitel 1965 im Alfa Romeo und seine zehn Siege bei zehn Starts als Ford-Werkspilot im Bergchampionat 1969. Gerd Schüler ist zwischenzeitlich 58 Jahre alt, lebt mit Gattin Tamara (seit 34 Jahren verheiratet) in Frankfurt und führt zusammen mit seinem Partner Michael Presinger ein Gastronomie-Imperium. Eigentlich hat Schüler zwei Traumkarrieren hingelegt – als Rennfahrer von 1962 bis 1974 und als Geschäftsmann. Als ganz grossen Höhepunkt auf der Strecke bezeichnet er den zweiten Platz im Porsche 908 beim 1000-km-Rennen 1972 in Monza zusammen mit Reinhold Joest. «Im Regen haben wir uns ein tolles Duell mit dem Ferrari von Ickx/Regazzoni geliefert.» Ausgerechnet Monza, wo er vier Jahre zuvor beim Tourenwagen-EM-Lauf als AlfaWerkspilot um Haaresbreite einer Katastrophe entging. Nach haarsträubendem Crash zog man ihn mit einem doppelten Rückenwirbelbruch aus dem zerstörten GTA. «Ich hatte Glück, dass ich nicht im Rollstuhl gelandet bin.» Ob Abarth TC, Alfa Giulia und GTA, Ford Escort RS, Opel Kadett oder Commodore, Porsche Carrera 6 und 908 oder der Lola Formel Super VW im ATS-Rennstall seines Kumpels Günther Schmid – rückblickend hat Schüler jedes seiner Rennautos «irrsinnig Spass gemacht». Schauinsland und Nordschleife waren seine Lieblingskurse, mit Jochen Mass, Reinhold Joest und Schmid pflegt er noch immer regen Kontakt. Ansonsten hat das tägliche Business den Gross-Gastronom fest im Griff. Gut 40 Edel-Restaurants und Discos in ganz Deutschland wollen geleitet werden. Dazu zählt auch der älteste seiner Betriebe, das «Dorian Gray» im Frankfurter Flughafen. Ein fester Treffpunkt seit 21 Jahren für JetSet und Sport-Prominenz. ’67: Mannheimer Cliquen-Mitglied Schüler heute: Gross-Gastronom Wilde Alfa-Zeit der 60er-Jahre: Gerd Schüler im Hähn-Alfa Romeo GTA Schurti, Manfred (MSa 33/2000) Schneller Beamter anfred Schurti ist Staatsbeamter des M TÜV in Liechtenstein, erst zuständig für die Kfz-Abnahme, seit 1980 Leiter der Dienststelle. Heute hat er 15 Leute, und die Kundenabfertigung findet auch tatsächlich statt. Früher lief das anders. Da gab’s ausser dem Chef nur einen Mitarbeiter. Und wenn der schnellste Bürger des Fürstentums in den 60er- und 70erJahren zu Rennen ausrückte, war der TÜV halt geschlossen – denn der zweite Mann war zugleich Schurtis Mechaniker. Und das Schönste: Keiner im Fürstentum hat sich je darüber aufgeregt. Schöne, heile Welt. In den wildesten Jahren der Formel VW und Super VW gehörte Schurti zu den Besten. Europameister im Werks-Royale 1972, Weltpokal-Sieger in Daytona. Unvergessen das Finish beim Europa-Finale 1970 in Salzburg: Mit verkeilten Vorderrädern sahen er und Kontrahent Erich Breinsberg die Zielflagge. Schurti landete als Laufsieger hinter der Ziellinie in der Leitplanke, Breinsberg als Titelgewinner gegenüber in der Böschung. Der Aufstieg ging zügig weiter: Als Partner von Rolf Stommelen wurde er ins Porsche-Werksteam berufen, fuhr zusätzlich für die Teams von Georg Loos und Max Moritz den 935 Turbo in der DRM. Dreimal gewann er mit Ickx, Mass und Stommelen Schurti 1970: Da war der TÜV geschlossen 45 die Marken-WM. Seinen persönlich wertvollsten Sieg holte er 1980 auf der Berliner Avus im BMW-M1-Procar-Lauf vor allen F1Stars. 1982 beendete der einstige Schweizer Motocross-Meister seine Rennsportkarriere. Der Competition ist Schurti treu geblieben. Inzwischen ist er 58 Jahre alt, seit 1998 zum zweiten Mal verheiratet und bis auf einen Tennisarm kerngesund. Er spielt Tennis bis zum Abwinken, fährt Motorrad (BMW 1100 RS, Honda CBR 900) und geht mit einem Sportflugzeug in die Luft. Im August startete er zu einer zweiwöchigen Harley-Gruppentour quer durch die USA – was er fast bereut, weil er so nicht am Formel-Vau-Treffen beim Oldtimer-GP am Ring teilnehmen konnte. «Wirklich schade, denn die Formel-VauZeit war neben der im Porsche-Werksteam die schönste. Ich hätte die Jungs gerne mal wieder gesehen.» Mehrmals im Jahr reist Motorrad-Freak Schurti zu WM-Läufen, und wenn sichs ausgeht, gehört auch ein F1-GP ins Programm. Auf die neue DTM ist er ganz scharf, «da möchte ich mir unbedingt ein paar Läufe vor Ort ansehen». Zukunftswünsche? «Die Welt bereisen, Tennisturniere spielen, viel fliegen und Motorrad fahren. Und gesund und fit bleiben.» Schurti heute: Mit der Harley in die USA Norisring 1979: Liechtensteins schnellster Bürger im gewaltigen Loos-Porsche 935 Schütz, Udo (MSa 37/2000) 46 Der Stier von Selters do Schütz hat mit den Gegnern nie U lange gefackelt. Einsteigen, ans Limit und Siegen – so hiess die Devise des Hünen aus Selters im Westerwald. Brutal und präzise wuchtete er nahezu alle gängigen Porsche vom 904 GTS bis zum 917 um die Strecken. Die Mutkurse Spa und Nürburgring-Nordschleife mochte er besonders. Bis auf ein kurzes Alfa-Gastspiel blieb er Porsche treu. Erst als Privat-, dann als Werkspilot. So konsequent, wie er fuhr, beendete er dieses Kapitel nach acht Jahren. Anlass war der Tod seines Partners und Freundes Gerhard Mitter 1969 beim Formel-2-Lauf auf dem Nürburgring. Selbst ein Ferrari-Angebot für die SportwagenWM konnte ihn nicht umstimmen. «Mir fiel das zwar schwer, aber ich hatte auch Verantwortung gegenüber Familie und Firma.» «Stier von Selters» nannte die PSBranche das Kraftpaket ehrfurchtsvoll. Gut 50 Siege, die Sportwagen-DM 1966 und die Langstrecken-WM 1969 zieren seine kurze Laufbahn. Zu den wertvollsten Erfolgen gehören der Gewinn der 1000 km vom Nürburgring 1967 (zusammen mit Jo Buzetta im 910) und der Targa-Florio-Sieg 1969 mit Mitter im 908. Aber es gab auch üble Unfälle, die er mit viel Glück überstand. «Nur einmal war ich ein bisschen angekokelt», erinnert Schütz an Le Mans 1969. Auf der Hunaudières-Geraden kollidierten sein Langheck-908 und der 917 von Gérard Larrousse bei Tempo 380. «Ich flog beim ersten Überschlag aus dem brennenden Auto, die Trümmer lagen über 800 Meter verstreut. Ich hatte wohl gleich zwei Schutzengel.» Im Januar wird Udo Schütz 64. Mit Ehefrau Else (die zwei sind seit 40 Jahren verheiratet) lebt er unverändert in Selters, die Söhne (37 und 34) haben sich längst eigene Existenzen aufgebaut. Schütz, dessen Betrieb für Container-Bau und Spezialverpackungen inzwischen gut 2000 Mitarbeiter und Niederlassungen in 26 Ländern hat, ist immer noch topfit. Dafür sorgt seine zweite grosse Disziplin HochseeSegeln. Hier hat er es ähnlich weit gebracht wie im Rennsport. Seine Yacht «Container» gewann sowohl mit angeheuerten Topstars als auch mit ihm selbst als Skipper bis 1993 alle wichtigen Wettfahrten inklusive dem berühmten Admiral’s Cup. Heute segelt er nur noch zum Vergnügen. Formel 1, Motorrad-WM und DTM geniesst Schütz vorm TV-Gerät. Zwar haben Rennbesuche Seltenheitswert, «aber wenn die Formel 1 nach Indy geht, will ich mir das Spektakel vor Ort ansehen.» Gestern: Der «Stier von Selters» anno 1969 Heute: Schütz auch als Segler erfolgreich Ein Mann und sein Porsche: Udo Schütz im 908er auf der Nordschleife des Nürburgrings Senne, Karl (MSa 42/2000) Der DTM-Fan arl Senne ist ein Mann der ersten ZDFK Sportstunde. Als Renn-Experte hat er seine Begeisterung auf den Sender über- 47 tragen. Mit engagierten Weggefährten holte er während 33 ZDF-Jahren (bis 1995) grosse Events wie die Formel-2-Schlachten der 70er-Jahre in Hockenheim, die Motorrad-WM und die Formel 1 nach Mainz. Mit Niki Lauda als Experte kommentierte er in den 80er-Jahren die F1-WM-Läufe und zementierte so die Kompetenz der ZDF-Berichterstattung. Wenn der Hobby-Rennfahrer (der auch als Segelflieger erfolgreich war und zwölf Weltrekorde erzielte) eines seiner insgesamt 130 Sportstudios moderierte, fehlte selten ein Gast aus der Rennerei. Den grössten Coup landete Senne 1989, als er, gerade zum Sportchef berufen, die DTM für sieben Jahre zum ZDF und zu 3sat holte und mit einer engagierten Truppe neue Massstäbe in der Qualität der Übertragung von Automobilrennen setzte. Gerne erinnert er sich: «Der Verbund ZDF/3sat mit WIGE-TV-Chef Geishecker und ITR-Präsident Aufrecht war eine solide Partnerschaft, in der alle fair miteinander umgingen. Auch im kritischen Jahr 1993.» Besonders stolz ist der bekennende DTMFan auf die erste Live-Übertragung vom 24-Stunden-Rennen Nürburgring 1988 in 3sat. «Wir haben rund um die Uhr gesendet, das war damals ein absolutes Novum.» Überhaupt faszinierte ihn die Atmosphäre der 24 Stunden: Zehnmal startete er mit BMW, Ford, VW und Opel am Ring. Einmal legte er einen Capri aufs Dach, moderierte am selben Abend aber unverdrossen das Sportstudio. Ein anderes Mal fiel er kurz vor Schluss im BMW M3 GTR an zweiter Position aus. Mit Norbert Haug teilte er sich einen Ford Capri 3.0, mit vielen anderen Stars holte er vordere Ränge. Senne musste allerdings auch die dunkle Seite erleben: «Anfang August 1985 waren Manfred Winkelhock und Stefan Bellof meine Gäste im Sportstudio. Wenige Wochen später waren sie tot. Das hat mich sehr berührt.» Seit einigen Jahren lebt Senne, inzwischen 66 Jahre alt, im Ruhestand in St. Julians auf Malta. Mit seiner zweiten Frau Astrid, die er 1999 heiratete, verfolgt er via TV alle wichtigen Rennereignisse, vor allem seine Lieblingsdisziplinen Formel 1, Motorrad-WM und DTM. Sonst pflegt er die Hobbys Golf, Segelfliegen und Radeln. Gesundheitlich geht’s ihm blendend, auch der Rücken ist dank Schwimmtherapie wieder in Schuss. «Es ging mir nie so gut. Wenn’s so bleibt, bis ich 90 bin, kann ich nicht klagen.» Karl Senne 1969: Die frühen ZDF-Jahre Karl Senne 2000: Reif für die Insel… Faszination 24 Stunden-Rennen: BMW-Pilot Senne (rechts) und sein Teamkollege Braun Spiess, Siegfried (MSa 27/2000) 48 Der PS-Zauberer iegfried Spiess ist mit 65 Jahren umSreichsten triebig wie eh und je. Einer der erfolgTourenwagen-Piloten der 60erJahre bedient in seinem Tuning-Betrieb in Ditzingen bei Leonberg erlesene Kundschaft. Grösster Auftraggeber ist Opel. Für die Rüsselsheimer haucht Spiess seit vielen Jahren Formel-3- und TourenwagenMotoren Power ein. So auch für die neuesten DTM-V8-Aggregate. Obwohl die Söhne Holger (33) und Jürgen (30) voll in den 30-Mann-Betrieb integriert sind, laufen beim Senior immer noch alle Fäden zusammen. «Ich bin jeden Tag 14 Stunden im Büro, kümmere mich um technische Weiterentwicklungen und Qualitätskontrolle.» Dabei bringen ihn speziell die englischen Zulieferer oft zur Verzweiflung, weil das, was an Teilen ins Haus kommt, oft nicht seinen Vorstellungen entspricht. «Solche Schlampereien machen mich wahnsinnig.» Ein Perfektionist war der Schwabe Zeit seines Lebens. So erreichten seine eigenen Rennautos mit den selbst getunten, infernalisch gehenden Spiess-Triebwerken fast immer das Ziel, die Ausfallquote war gering. Zwischen 1962 und 1973 ist er der Marke NSU stets treu geblieben. Ob Prinz I, TT, TTS oder Wankel-Spider – Sigi Spiess trieb alle NSU-Modelle zu Sieg und Titel. Vier Deutsche Bergmeisterschaften und an die 140 Einzelsiege am Berg und auf der Rundstrecke stehen zu Buche. Am liebsten fuhr er in Spa (beim 24-Stunden-Rennen siegte er 1967 mit elf Runden Vorsprung in seiner Klasse) und am Schauinsland. «Die Bergrennen in Freiburg und am Rossfeld bei Berchtesgaden gehören zu meinen schönsten Erinnerungen», blickt Spiess zurück, «da konntest du mit dem kleinen und wendigen 1000er-NSU auch mal alle GT-Porsche abhängen. Das hat mir getaugt.» 1997 feierte er mit vielen Freunden 25Jahr-Firmen-Jubiläum, und dieses Jahr gibts schon wieder ein Fest – Sigi und Gattin Brigitte haben 40. Hochzeitstag. Zu den Rennen reist er, so oft er kann, lässt sich sonst von Sohn Holger vertreten. Mit den alten Weggefährten hat er kaum noch Kontakt. «Leider verliert man sich irgendwann aus den Augen, eigentlich müsste man die ganze Bande mal wieder zusammenholen.» Wünsche für die Zukunft? «Aber ja», platzt es aus Spiess heraus, «einen neuen Betrieb aufbauen und eine USA-Reise.» Fit dazu ist er allemal, sein Kampfgewicht liegt unverändert bei 68 Kilogramm. Wie zu seinen besten Zeiten als aktiver Rennfahrer. 1966: Siegfried Spiess als erfolgreicher Pilot 1999: Ein echter Qualitäts-Fanatiker Spiess im NSU TT: In den 60er-Jahren gab’s Siege und Titel am laufenden Meter Strähle, Paul Ernst (MSa 07/2000) Der Allrounder it seinen zwei Porsche Carrera (KennM zeichen: WN-V 1 und WN-V 2) fuhr der Schorndorfer Siege am Fliessband ein. 49 Deutscher GT-Meister, Vize-Rallye-Europameister und Deutscher Rallye-Champion sind einige der zahlreichen Karriere-Highlights. Dabei wirkte der Schwabe eher gemütlich, doch gerade dieser Eindruck täuschte seine Gegner immer wieder. Der Mann war stets hellwach, sauschnell und technisch bestens gerüstet. Es gibt fast keinen internationalen Klassiker im GTund Sportwagenbereich, den er zwischen 1951 und 1963 nicht wenigstens einmal gewonnen hätte. Strähle ist mittlerweile 72 Jahre alt und «bis auf ein ramponiertes Kreuz» putzmunter. Er betreibt mehrere Porsche- und VW/Audi-Autohäuser und startet immer noch bei Oldtimer-Events. Solide Vorbereitung der Strähle-Autos und der Grundspeed des Piloten waren die Basis für eine der erfolgreichsten deutschen Motorsportkarrieren der 50er- und 60er-Jahre. Die Aufstellung seiner Einzelsiege umfasst sechs DIN-A4-Blätter. In der Bilanz finden sich fünf GT-Siege im Porsche Carrera und Abarth-Carrera auf der Nürburgring-Nordschleife. Dazu drei GT-Erfolge bei der Mille Miglia, zwei bei der Targa Florio und ein Gesamtsieg beim Marathon Lüttich-Rom-Sofia-Lüttich. Strähle zählte zu den wenigen Allroundern, die alle drei grossen Disziplinen beherrschten. Rallye, Berg, Rundstrecke – der Carrera-Pilot fuhr und siegte überall. Und das ohne viel Aufhebens, ohne Riesentross, aber mit schwäbischer Ruhe und Präzision. Noch heute hält er Kontakt zu Kumpels und Gegnern von damals, soweit sie aus dem Grossraum Stuttgart kommen. Wie etwa Hans Herrmann, Eberhard Mahle, Eugen Böhringer, Herbert Linge, Dieter Glemser und Peter Falk. «Es war eine saugute Clique damals», schwärmt Strähle. Deshalb startet er immer wieder bei Oldtimer-Veranstaltungen, «denn da triffst du die meisten Freunde regelmässig wieder». Zusätzlich engagierte sich der Schwabe mit einem eigenen Team viele Jahre im Porsche-944-Turbo- und Carrera-Cup. Und auch dort wurden Strähles Porsche zum Alptraum für die Konkurrenz: Fünf Titel gingen im Laufe der Zeit nach Schorndorf: 1986 siegte Jockel Winkelhock im CupPremierejahr, danach wurde Roland Asch viermal Titelträger und Weltcup-Gewinner. Die Zukunftspläne von Strähle, der begeisterter Luftbild-Fotograf ist und ein historisches Archiv besitzt, nehmen sich bescheiden aus: «Ich will endlich meine vielen Kisten mit den Fotos und Filmen von den Rallyes und Rennen sortieren.» Zeitreise: Strähle im Jahre 1959 … … bis heute: Mit 72 Jahren topfit Heimspiel: Der gefürchtete Strähle-Porsche 1962 auf der Stuttgarter Solitude Treser, Walter (MSa 17/2000) 50 Der Technik-Freak alter Treser und seine Berg- und W Talfahrten. Die aktive Laufbahn als Tourenwagenpilot schnörkellos und erfolgreich, die Zeit als Techniker mit Highlights und Abstürzen. Er hat alles erlebt, was man in der PS-Branche erleben kann. Da war die erfolgreiche Zeit als Rennfahrer in den 60ern. Im Tourenwagen (DKW, BMW Alpina) ein echter Frontrunner, in der Formel 3 (mit einem Lotus-DKW) wegen ständig geplatzter Motoren nur Mittelmass. Auf der anderen Seite: Der Konstrukteur und Industriemann Treser. Stationen bei Pirelli (Versuchsfahrer), Audi und Opel (jeweils Sportchef). Und eigene Unternehmen: Der florierende Audi-Tuningbetrieb und das Abenteuer Treser Automobilbau GmbH in Berlin. Dort wurde der TR1Roadster gebaut. Aber leider nicht lange, der Betrieb ging in Konkurs. «Daran hab’ ich heute noch zu beissen. So etwas geht dir ans Gemüt.» Im April wurde Treser 60, lebt jetzt in Wiesbaden und hat trotz aller Nackenschläge nichts von seinem Kampfgeist verloren. «Zwei Dinge will ich noch erledigen – die Schmach von Berlin ausmerzen und erfolgreich Autos bauen.» Zumindest beim Auto bauen bietet ihm Opel eine solide und gesicherte Plattform. Nach der Ablösung als Sportchef Ende 1995 wechselte er als Konstrukteur innerhalb des Unternehmens in die Vorausentwicklung zu Professor Fritz Indra. Als der Österreicher vor drei Jahren als Leiter der gesamten General-Motors-Vorausentwicklung nach Detroit berufen wurde, übernahm Walter Treser dessen Position in Rüsselsheim. Dass der schon fast fanatische Technik-Freak bis heute nicht untätig war, zeigt Opels jüngste SportwagenKreation «Speedster» mit einem 2,2-LiterMittelmotor und einem AluminiumChassis. Zum aktuellen Motorsportgeschehen hat der gebürtige Odenwälder ein klar definiertes Verhältnis. «In erster Linie bin ich Formel-1-Fan und guck’ mir jede Fernsehübertragung an.» Zur Rennstrecke kommt er so gut wie nicht mehr, zu bitter sind die Erinnerungen an das abrupte Ende als Opel-DTM-Feldherr. Die STW-Übertragungen verweigerte er bewusst, weil ihn das nie vom Hocker gerissen hat. Die neue DTM will er sich «mit Begeisterung ansehen, weil da endlich wieder richtige Autos fahren und ich immer gesagt habe, dass die DTM das einzig Wahre ist». Die Antwort auf die Frage nach seinen Hobbys kommt ohne Zögern: «Autos, Autos, Autos.» 1963: Walter Treser in seiner aktiven Zeit Der Sportchef: Nicht nur Freude bei Opel Walter Treser als Rennfahrer: Im DKW von 1963 feierte er am Berg zahlreiche Erfolge Trint, Manfred (MSa 05/2000) Der wilde Flieger enn Manfred Trint zu erzählen beW ginnt, landet er immer wieder bei der Formel Super-VW. Dort fuhr er seine besten 51 Rennen, seine Gegner hiessen Keke Rosberg, Kenneth Persson oder Bertram Schäfer. Er war einer der Wildesten, liess keine Rauferei aus und holte sich 1973 im ATSLola die Super-VW-DM. «Der blanke Wahnsinn. Wir waren ein verrückter Haufen, fuhren die irrwitzigsten Rennen und hatten trotzdem viel Spass miteinander.» Als denkwürdigstes Ereignis sieht er seinen Herzschlag-Sieg im ATS-Lola beim EMSaisonfinale 1975 in Hockenheim. «Gleich in der ersten Ecke fuhr mir einer über die Schnauze, ich kam nur als 18. aus der ersten Runde zurück. Danach habe ich mir jede Runde einen oder zwei geschnappt. Die beiden Leader waren in der letzten Runde dran.» Danach gehörte er im Ford Mustang zu den Besten der frühen DTM und schaffte vier Laufsiege. Als grösste Enttäuschung bezeichnet Trint das DTM-Premierejahr 1984 im 300-PS-Ringshausen-Mustang. «Ich hab‘ mir den Allerwertesten aufgerissen, aber die vielen technischen Ausfälle haben alles verdorben. Mit der Power und vier Laufsiegen hätte ich Meister werden müssen, stattdessen hat es nur zu Platz 6 gereicht, und Strycek wurde im BMW- Coupé ohne Sieg Titelträger.» Vier Jahre zuvor lief’s besser, als er im Audi 80 mithalf, für die Ingolstädter den Markentitel in der Tourenwagen-EM einzufahren. Dabei war es nicht einfach, seinen Job als Lufthansa-Pilot und die Rennerei unter einen Hut zu bringen. Geschickt nutzte er die Pausen zwischen den Flügen für das Hobby am Boden. «Von Ruhepause konnte da eigentlich keine Rede sein, aber das war eben meine Art der Entspannung.» Seit 1987 fährt er keine Rennautos mehr, ist heute 58 und Flugkapitän. Sein Arbeitsplatz ist das Cockpit einer CondorBoeing 757/767, seine Flugstrecken sind meist reizvolle Überseeziele. 20 Jahre Rennsport, seit 35 Jahren in der Luft, erst Flugingenieur, dann Pilot, seit Anfang 1999 Kapitän – das schnelle Leben des Manfred Trint ist kaum steigerungsfähig. Noch immer hat er sein altes Kampfgewicht, fühlt sich topfit und will «Fliegen bis zum Abwinken». Mit Karin ist er in zweiter Ehe seit zehn Jahren verheiratet, lebt in Moers und fühlt sich «restlos happy». Hobbies: Golf und Kunst. Nun will er an der Uni einen Gasthörerplatz für Kunstgeschichte und Astronomie belegen. «Wenn man den Sternenhimmel so oft in 12 000 Meter Höhe erlebt, will man einfach mehr darüber wissen.» 1973: Meister in der Formel Super-VW 1999: Kapitän auf dem Condor-Jumbo Hockenheim 1975: Trint stürmt im ATS-Lola von Position 18 an die Spitze Werner-Hennerici, Hannelore (MSa 10/2000) 52 Vorbild für Ellen it Hannelore Werner verhielt es sich M zwischen 1960 und 1972 etwa so wie heute mit Ellen Lohr: Kein Mann konnte sich sicher fühlen – rennsportlich gesehen natürlich. Was die blonde Zahntechnikerin damals so alles aufführte, war in der Tat bemerkenswert. Ob im Formelauto oder Tourenwagen als BMW- und Ford-Werkspilotin, überall fuhr sie ganz vorne mit und trieb ihre männlichen Konkurrenten oft genug an den Rand der Verzweiflung. Zu den Highlights ihrer Laufbahn gehörten die Starts im DKW F 11, in der Formel Vau 1300, in der Formel 3 und der Formel 2. Hannelore Werner (58) lebt heute im Wallfahrtsörtchen St. Jost bei Langenfeld in der Eifel, ist seit 1979 mit Günther Hennerici verheiratet, und hat zwei Söhne (27, 20) und eine Tochter (25). «Das Weib fährt jenseits von Gut und Böse», empörte sich Formel-Vau-Pilot Helmut Bross 1967 in Zolder, als ihm die Dame im Olympic kurz vor der Zielflagge mit einem haarsträubenden Überholmanöver über den begrünten Seitenstreifen den schon sicher geglaubten Sieg entrissen hatte. Solche Situationen gab es mehr als einmal im schnellen Leben der Hannelore W. Und so mancher auf diese Art Blamierte stand hinterher wie ein begossener Pudel neben der frech grinsenden Blondine auf dem Podest. Dieter Quester empfahl den düpierten Formel Vau-Kollegen einst, «das Weib doch mal mit einem richtigen Kerl zu verkuppeln, damit sie endlich schlapp macht im Rennbetrieb». Ein Mann erschien tatsächlich bald an ihrer Seite, aber anders als sich Quester & Co. das so vorgestellt hatten. WohnwagenFabrikant und Formel-3-Mäzen Günther Hennerici (heute 75) zeigte sich höchst angetan von den Leistungen der Rheinländerin und holte sie in sein «Eifelland»F3-Team. Dort kamen sich beide auch menschlich näher, was bei Hannelore direkt noch einen zusätzlichen Leistungsschub bewirkte. Hennerici ermöglichte ihr fortan eine professionelle Formel-Karriere, die sie bis in die Formel-2-Europameisterschaft führte. Ihr absolutes Husarenstück lieferte sie beim F-2-GP 1970 auf der NürburgringNordschleife. Hinter dem Schweizer Xavier Perrot kam sie mit einem March-Ford des Eifelland-Teams als Sensationszweite ins Ziel. Dies war das beste Resultat einer Frau in der Geschichte der Formel-2-EM. Seit vier Jahren arbeitet Hannelore Werner wieder in ihrem erlernten Beruf als Zahntechnikerin, betreibt zudem mit ihrem Mann eine kleine Gaststätte und widmet sich ansonsten ihren vier Pferden. Schnelle Blondine: Werner 1969 30 Jahre später: Hannelore Werner Einer ihrer Formel-2-Husarenritte: Werner 1971 im Eifelland-March-Ford Ammerschläger, Thomas (MSa 18/2001) Der Edel-Techniker Ammerschläger kann gleich auf Tcken.homas zwei erfolgreiche Karrieren zurückbliErst flotter Renn- und Rallyefahrer 53 mit allem, was NSU hiess. Und dann der fast nahtlose Übergang zum Techniker und Entwickler. Vier markante Stationen ragen aus dem Berufsleben des Diplom-Ingenieurs heraus. Bei NSU (1965–1971) baute er mit kleiner Mannschaft den RO 80 und den K 70, bei Ford (1972–1981) leitete er die Entwicklung Motorsport und galt als Vater des legendären Renn-Capri in den letzten RS-Varianten und der Turbo-Ausführung. Bei Audi (1981–1985) trieb er als Chef des Serien-Fahrversuchs die Quattro-Entwicklung voran, und bei BMW (1985–1997) schob er als Technischer Geschäftsführer der Motorsport GmbH zusammen mit Paul Rosche den legendären M3 als Strassen- und Rennauto an. «Der Capri und der M3», so Ammerschläger, «waren wunderbare Tourenwagen, die mich als Techniker stark geprägt und fasziniert haben. Beim Turbo-Capri haben wir ’80 durch die Adaption des Groundeffects die gleichen Abtriebswerte wie die Formel 1 erzielt. Und der M3 wurde zum erfolgreichsten Renntourenwagen der Welt.» Seine Jahre als Rennfahrer hat Ammerschläger 1958–1970 am Steuer vergleichsweise schmalbrüstiger NSU Prinz 4, Sport- Prinz, TT und TTS verbracht. Gegner waren neben den Markenkollegen wie Spiess & Co. die Abarth-1000-Treter wie Bitter, Hezemans oder Kauhsen. Kurzzeitig führte Ammerschläger mit dem NSU TT sogar mal die Tabelle der Rundstrecken-Meisterschaft an. Und die aufgestellte TT-Heckhaube zur besseren Luftzirkulation im Motorraum ist auch eine Erfindung von ihm. Nach dem altersbedingten Ausscheiden bei BMW lebt der 63-Jährige mit seiner Frau Sigrid als rastloser Pensionär in München. Da es weder Enkelkinder noch andere Hobbys gibt, ist der Techniker aus Leidenschaft schon längst wieder bei seinem Lieblingsthema gelandet. Für die Organisatoren der V8STAR-Serie bastelte er nicht nur ein modernes, wasserdichtes Technik-Reglement, sondern auch die gesamte Fahrzeug-Konzeption. Überdies zählt er zu den Gründervätern des Projekts. «Wenn auch noch die V8STAR ein Hit wird», reibt er sich schon freudig die Hände, «wäre sie nach Capri und M3 mein drittes persönliches Highlight als Techniker. Mehr kann man von seinem Berufsleben nicht erwarten.» Und fügt lächelnd hinzu: «Eigentlich habe ich mein Leben lang nichts anderes gemacht, als meinem Hobby zu frönen. Schön, dass das auch noch so gut bezahlt wurde …» 1969: Ammerschlägers NSU-Zeit 2000: Mitbegründer der V8STAR Seine wilden Jahre: Ammerschläger 1970 im legendären NSU TT 1100 Basche, Dieter (MSa 17/2001) 54 Bayern-Sportler ieter Basche pflegte zeitlebens eine D ebenso enge wie herzliche Verbindung zu den Autos bayerischer Rennwagenbauer. Audi und BMW bestimmten über weite Strecken seine Laufbahn als Rennfahrer, Ingenieur und Sportchef. Bei den Weiss-Blauen in München verlebte er «eine wunderbare Zeit» als Rennfahrer und Leiter der Sportabteilung. Erfolgreiche Einsätze als BMWTourenwagenpilot brachten ihn bis ins Formel-2-Werksteam, das er 1970 sogar selbst leitete. Im selben Jahr musste er allerdings auch die «grösste Enttäuschung überhaupt» erleben, als BMW «überraschend und ohne Not» den F2-Rückzug beschloss. Noch einmal setzte Basche mit BMW persönliche Highlights, als er in der DRM 1972/73 mit einem 2002 des GS-Teams jeweils Dritter wurde und 1973 sogar um den Titel mitkämpfte. Erst im Finallauf verlor er unglücklich gegen die Ford-Kollegen Glemser und Heyer. Starts in diversen anderen Autos schlossen sich in der Folge an, bevor der rennende Diplom-Ingenieur 1979 bei den vier Ringen in Ingolstadt erst als Ingenieur, dann als Technik-Chef und schliesslich als Rennleiter andockte. «Im Laufe der Jahre bin ich Audianer mit Haut und Haaren geworden, und das gilt noch heute.» Als herausragende Ereignisse seiner Ingolstädter Zeit nennt Basche den US- Durchmarsch mit Stuck im 600-PS-IMSATurbo-Audi sowie die zwei DTM-Titel 1990 und 1991 mit Stuck und Biela im bärenstarken Audi V8 quattro. Seit seiner Pensionierung lebt der heute 64-jährige Racing-Freak im bayerischen Eichstätt. Da auch seine Frau Margret ihre Praxis als Allgemeinärztin aufgegeben und den Ruhestand vorgezogen hat, können beide jetzt ein Leben ohne Stress und Hektik geniessen. Die Kinder sind aus dem Haus, beide Söhne (32 und 30) haben solide Berufe als Dipl. Ing. und Dipl. Volkswirt. «Wir haben jetzt viel Zeit für uns», so Basche, «und wir nutzen sie auch.» Zwar holte Audi Sport seinen ExFrontmann ’99 noch mal für knapp zwei Jahre als Berater für das Sportwagenprojekt zurück, weil der Tod von Cheftechniker Norbert Weber eine gewaltige Lücke gerissen hatte. Aber das war nur ein Intermezzo, das Engagement ruht schon seit einiger Zeit. Dafür wurde das eigene Segelschiff mehr zum Lebensmittelpunkt. «Wir unternehmen viele Segeltörns und sind überhaupt sehr oft auf dem Wasser.» Skilaufen, Tennis, Fitness und Computer («in Sachen PC bin ich Neueinsteiger») füllen die Tagesabläufe aus. Auch gesundheitlich ist fast alles im Lot, «nur ein bisschen Tinnitus im Ohr, aber damit kann man leben.» Motorsportler: Basche anno 1970 Wassersportler: Basche heute Nostalgie: Dieter Basche ’68 im Werks-BMW 2002 auf dem Norisring Bellof, Georg (MSa 41/2001) Der grosse Bruder eorg Bellof befällt jedes Mal Traurigkeit, G wenn er im Fernsehen die faszinierenden Formel-1-Duelle zwischen Michael und Ralf 55 Schumacher verfolgt. «So einen Bruderkampf hatten Stefan und ich schon jahrelang im Kartsport», erinnert sich der Deutsche Kart-Meister von 1978 und kurzzeitige Formel-3-Pilot mit Wehmut. «Auch im Formelauto hätten der Stefan und ich sicher viel Spass gekriegt.» Die Fortsetzung kam nie zu Stande, weil Georgs F3-Gastspiel 1979 trotz ordentlicher Resultate nach einer Saison wegen Geldmangels endete. Um diese Zeit startete sein ein Jahr jüngerer Bruder Stefan ins erste Formel-Ford-Jahr. Was folgte, war eine der aussergewöhnlichsten Karrieren in der Historie des deutschen Motorsports. Obwohl beide Bellof-Buben nach Auffassung vieler Experten ein gleich hohes Niveau hatten, entschied der Familienrat, die knappen Eigenmittel ab 1980 auf Stefan zu konzentrieren. «Für beide hat’s einfach nicht gereicht», sagt Georg ohne Bitterkeit, «unsere Eltern waren ja schliesslich keine Millionäre.» Der Ältere konzentrierte sich fortan auf seinen erlernten Beruf als Zahntechniker, begleitete Stefan aber so oft es ging zu dessen Rennen. «Obwohl es sehr weh getan hat, selbst nicht mehr fahren zu können, war sein rasanter Aufstieg für uns alle ein Traum.» Dieser endete am 1. September 1985 jäh: Stefan verunglückte beim Sportwagen-WMLauf in Spa tödlich. Elf Jahre später traf den älteren Bruder der nächste Schicksalsschlag – seine Frau Uta, mit der er 14 Jahre verheiratet war, verlor den Kampf gegen den Krebs. «Das musst du alles erst wegstecken», so Georg, der trotz aller Tiefschläge sein Leben gemeistert hat. Inzwischen ist er 45 Jahre alt und hat als Geschäftsmann Karriere gemacht. In Giessen besitzt der ZahntechnikerMeister ein Dental-Labor, dazu einen Getränke-Grossmarkt und einen Supermarkt, deren Gebäude er auf dem Gelände des früheren Lackierbetriebs der Familie bauen liess. Er spielt leidenschaftlich Golf (Handicap 16) und Senioren-Fussball. Und er pflegt das Familienleben mit Lebensgefährtin Michaela und den Kindern (zwei Mädchen, 14 und 12, ein Sohn, 4). Gelegentlich hat er noch Kontakt zu früheren Rennsport-Gefährten seines Bruders wie Franz Tost, Manfred Jantke oder Masseur Axel Nahmmacher. «Meine Grundeinstellung zum Leben hat sich geändert, ich freue mich über jeden Tag, an dem ich gesund bin, ich geniesse mehr und lebe viel bewusster als früher.» Kartsport-Grösse: Bellof 1978 Tiefschläge gemeistert: Bellof 2001 Galt als deutsches Top-Talent: Bellof bei der Kart-WM ’78 in Le Mans Bitter, Erich (MSa 49/2001) 56 Der Renn-Konfektionär rich Bitter gehörte zehn Jahre lang (1959 ESportwagen bis 1969) am Steuer von Touren-, GT- und zur absoluten Rennfahrerelite Deutschlands. Vor allem der italienische Abarth-Rennstall setzte immer wieder auf den Mann aus Ennepetal, dessen Erfolgsbilanz rund 120 Siege und zwei Meistertitel umfasst. NSU-Prinz, alle Abarth-Versionen, Porsche 906, Ferrari 250 GT und Saab waren seine Cockpit-Stationen. Überdies war der Rheinländer in den 60er-Jahren mit seiner Firma «Rallye Bitter» auch deutscher Monopolist für Rennbekleidung und -Zubehör. Sein Sortiment war ausgesprochen preiswert. Für 110 Mark gab es einen schlichten Overall («zweiteilig, feuerabweisend, hellblau»), 99 Mark kostete ein offener Helm («robust, silbergrau, mit Blendschirm»), ein Paar Handschuhe («strapazierfähig, griffig») waren für ganze 25 Mark zu haben. Seine damalige Ehefrau Ulla organisierte seinerzeit den Verkauf. Seine Rennfahrerlaufbahn beendete Bitter schlagartig nach dem dritten schweren Unfall. So flog er mitsamt seinem Abarth GT auf der Nordschleife des Nürburgrings ausgangs des Streckenabschnitts «ExMühle» durch die Büsche fast bis in die ersten Vorgärten von Breidscheid. «Ich war eingeklemmt, erst nach einer Ewigkeit kam gemütlich ein Posten und rief ‹Hallo, ist da wer?›.» Ebenfalls am Ring hob sein offener Abarth-Sportwagen vor dem «Brünnchen» auf einer Bodenwelle ab und krachte brennend in den Wald. «Wenn ich mich da nicht selbst befreit hätte, wäre ich unweigerlich verbrannt.» Die Narben der Brandwunden erinnern ihn noch heute an den fatalen Crash. Nach geschäftlicher Berg- und Talfahrt als Autobauer (unter anderem Bitter CD und SC auf Basis des Opel-Diplomat) hat der ExRennfahrer längst wieder festen Boden unter den Füssen. Der Mitarbeiterstab seiner Braunschweiger Montage- und Entwicklungsfirma «Bitter GmbH» erledigt Forschungsaufträge für VW, Seat und Audi. Der 68-Jährige, in den 50er-Jahren Rad-Profi und bis vor kurzem noch Marathon-Läufer, ist nach wie vor jeden Tag im Büro und fit wie in seinen besten Tagen. «Nachts hab’ ich einen Ruhepuls von 30, das ist schon fast beängstigend.» Seine dritte Ehe mit Tanja bescherte ihm mit den Kids Lara (6) und Billy (8) nochmals spätes Vaterglück, die erwachsenen Töchter aus erster und zweiter Ehe haben ihn bereits zum achtfachen Opa gemacht. Jetzt träumt der einstmals schnelle Mann davon, sein Leben «irgendwann mal auf einem Bauernhof mit Landwirtschaft und vielen Tieren zu verbringen». 1969: Abarth-Werkspilot Bitter Ruhepuls 30: Erich Bitter heute Rennflöhe: Abarth-Werksfahrer Bitter und Hezemans 1966 im Nahkampf Bovensiepen, Burkard (MSa 20/2001) Mister Perfect urkard Bovensiepen ist nicht nur Chef B der BMW-Edelschmiede Alpina in Buchloe im Allgäu, sondern ein Mann mit 57 bewegter Rennsport-Vergangenheit. Zwar ist der Name Alpina heute untrennbar verbunden mit exklusiven HochleistungsSerienautos, aber in den 60ern, Mitte der 70er- und gegen Ende der 80er-Jahre hatte «BuBo» einen schlagkräftigen Rennstall. Bovensiepens Renntourenwagen siegten in der EM, in der DRM und in der DTM. In den legendären BMW-CSL-Leichtbau-Coupés sassen Superstars wie Hunt, Lauda, Ickx, Stuck, Bell und Hezemans. Auch Marko, Ertl, Quester, Kelleners und Pankl standen auf der Alpina-Gehaltsliste. Als 1973 die Benzinkrise durchschlug, pausierte das Alpina-Team für einige Jahre, um sich 1977 mit Quester als EM-Titelgewinner glanzvoll zurückzumelden. Danach zog sich Bovensiepen für zehn Jahre aus dem Rennsport zurück, um sich dem weiteren Ausbau des Unternehmens und der Gründung seines Weinimports zu widmen. Mit Beginn der DTM-Blütezeit kehrte Alpina 1987/88 mit dem M3 und dem Fahrerquartett Danner/Oberndorfer/Giroix/Lohr für zwei weitere Jahre auf die Rennpiste zurück. Das neue DTM-Reglement hatte Bovensiepen als ITR-Vizepräsident massgeblich mitgestaltet. Danach war endgültig Schluss mit der Rennerei, der Chef konzentrierte alle Kräfte und Geldmittel auf die Alpina-Modellpalette und den exklusiven Weinhandel. «Wir hatten eine wunderbare Zeit im Rennsport», rekapituliert Bovensiepen (64), «und konnten BMW mit unseren Autos und Fahrern zu manchem Titelgewinn verhelfen.» Seine Liebe zum Detail, die perfekte Fahrzeugvorbereitung und pedantische Teamführung übertrafen damals oft genug sogar den Standard der Werksteams. Heute ist der Name Bovensiepen im Rennsport nur noch durch gelegentliche Starts seines Sohnes Andy (38) vertreten. Dessen Bruder Florian (34) unterstützt den Vater in der Alpina-Geschäftsführung, seine Tochter Angela (36) lebt auf Mallorca. «BuBo», seit 40 Jahren verheiratet mit Hildegard, hat noch immer alle Fäden in der Hand, das Unternehmen steht prächtig da. «Wir sind kerngesund, haben 150 Mitarbeiter, stellen pro Jahr rund 850 Autos her und sind mit unseren Edelmarken aus Italien, Frankreich und Kalifornien der erfolgreichste Weinhandel Deutschlands.» Bleiben noch Wünsche offen? «Aber ja. Ich träume von einem Alpina-Luxus-Mini für höchstens 70 000 Mark. Und ich will unsere Politiker mit bösen Briefen ein wenig wachrütteln.» 1970: Der junge Alpina-Chef Weine und Wagen: «BuBo» heute Tolle EM-Jahre: Toine Hezemans ’73 im Alpina-BMW gegen zwei Capri Dechent, Hans-Dieter (MSa 37/2001) 58 Der Elegante ans-Dieter Dechent hatte das Glück, als H Privatfahrer den Rennsport völlig frei von Geldsorgen zu betreiben. Der frühere Chef des damals grössten Opel- und GMAutohauses in Saarbrücken leistete sich sogar den Luxus einer kleinen Rennabteilung innerhalb seines Betriebs. Dort liess er die Sportgeräte warten und für jene Starts vorbereiten, die er von 1962 bis 1971 mit Brabham-F3-Rennwagen, AlfaRomeo-Tourenwagen, Abarth-GT-Autos und Porsche-Sportwagen absolvierte. Überdies verpasste er als deutscher Brabham-Exklusiv-Händler dem biederen Opel Kadett eine kräftige PS-Kur mit Bauteilen des gleichnamigen Weltmeisters. Der «Brabham-Kadett» ging bestialisch und erschreckte neben Polizei und TÜV manch stolzen Porsche-Fahrer der 60er-Jahre. Als Rennfahrer trat der Saarländer stets elegant auf und nur mit erstklassigem Material an. Trotz vieler Siege blieben dem Alfa-Fan Meisterehren mit seiner Lieblingsmarke versagt, dafür reichte es aber mit dem Abarth-Simca GT Coupé gleich zu zwei deutschen GT-Titelgewinnen auf der Rundstrecke (1964/1965). Die damals von seinen Konkurrenten kolportierte Vermutung, er könne oder wolle im Regen nicht schnell sein, führt Dechent übrigens auf ein Miss- verständnis zurück. «Meine Frau hat mir vor dem Start zu einem Regenrennen lediglich mal gesagt, dass sie keine Lust habe, früh Witwe zu werden. Da bin ich ihr zuliebe dann halt ein bisschen langsamer gefahren …» Nach seiner aktiven Zeit fand Dechent zunehmend Spass an Management-Aufgaben in den Porsche-Rennställen «Scuderia Lufthansa» und «Martini Racing Team». Später stiess er zur Joest-Truppe und war dort 18 Jahre lang «Reinholds linke Hand». Noch immer ist der 61-Jährige mit dem Rennsport verwurzelt: Nach 20 Jahren als Präsident der Interserie-Organisation übernahm er nach dem Tod von Paul Goppert dessen Amt als Promoter der Sportwagen-Serie. Zudem betreut er ein Privatteam in der Langstreckenmeisterschaft. Mit dem Autohaus hat er schon lange nichts mehr zu tun, stattdessen betreibt er einen Exoten- und Oldtimer-Handel. Nachdem seine erste Ehe geschieden wurde und seine zweite Frau leider verstarb, möchte er «ein drittes Mal nicht mehr heiraten». Sein Sohn (36) arbeitet als Gastronom. «Jetzt möchte ich gesund alt werden», wünscht sich Dechent, «und wenigstens einmal mit der Concorde in die USA fliegen und auf einem Kreuzfahrtschiff zurückreisen.» Rank und schlank: Dechent 1965 Treuer Dackelblick: Dechent 2001 Zwei Mal Champion im Abarth 1300: Dechent 1966 in Mainz-Finthen Falk, Peter (MSa 09/2001) Porsche-General eter Falk war nie ein Mann grosser Worte Perledigte und Gesten. Mit Ruhe und Gründlichkeit er den Job bei Porsche: Ab 1959 59 im Fahrversuch, dann als Renningenieur, später als Leiter des Fahrwerksversuchs und von 1982 bis 1988 als Chef der Rennabteilung fand er seine berufliche Erfüllung im Motorsport. Er assistierte dem grossen Huschke von Hanstein, arbeitete mit dem genialen Rennstrategen Professor Helmut Bott, erlebte 30 Mal Le Mans mit allen Höhen und Tiefen. In seine Amtszeit als Rennleiter fielen vier Gesamtsiege bei den 24 Stunden von Le Mans, vier Teamund fünf Fahrer-WM-Titel plus unzählige Einzelsiege mit dem fast unschlagbaren Porsche 956/962. Als wertvollsten Erfolg betrachtet Falk den Dreifach-Sieg ’82 in Le Mans. «Mit dem nagelneuen 956er auf Anhieb den 1-2-3Sieg zu schaffen, war für mich und das Team grandios.» Zwei weitere Ereignisse stuft er als «besonders wertvoll» ein: Der Sieg im ersten Antritt bei der Rallye Paris–Dakar ’84 («unerprobtes Auto auf unbekanntem Terrain») und sein fünfter Gesamtrang bei der Rallye Monte Carlo ’65 als Co von Herbert Linge im Werks-911 – auch das ein Premierenerfolg, denn Porsche trat damals mit dem Elfer erstmals in der Rallye-WM an. Negativerlebnisse? «Leider zu viele. Wir haben so manchen guten Fahrer verloren, vor allem Stefan Bellofs Unfalltod 1985 beim Sportwagen-WM-Lauf in Spa-Francorchamps hat mich arg mitgenommen.» Seit acht Jahren führt Technik-Freak und Naturfreund Falk (68) im Städtchen Tamm bei Ludwigsburg ein nur bedingt beschauliches Leben. Abenteuerreisen, Exkursionen im Mitsubishi Pajero, Bergwanderungen und Alpenüberquerungen beherrschen die Tage des Mannes, der damals wie heute von Gattin Ruth begleitet wird. Beide sind seit beinahe 40 Jahren verheiratet. «Wir sind ständig unterwegs; die Natur in ihrer Urform zu erforschen, ist einfach faszinierend.» Aber auch den aktuellen Rennsport verfolgt er mit Interesse, lässt sich gelegentlich am Nürburgring oder in Hockenheim sehen. Einmal im Monat trifft er die alten Weggefährten beim berühmten Stuttgarter PS-Stammtisch. Nebenbei berät er die Veranstalter der Oldtimer-Events Silvrettaund Ennstal-Classic und entert gelegentlich selber das eine oder andere PorscheSchmuckstück. Ein weiteres grosses Hobby sind Computer und Internet geworden, die den Späteinsteiger seit 1992 begeistern. Falk ist ein rundum glücklicher Mensch, gesund, aktiv, zufrieden. Alles im Lot: Falk ’68 in Le Mans Unruhestand: Peter Falk heute Porsche-Generäle: Peter Falk und Huschke von Hanstein ’65 in Le Mans Gebhardt, Günther (MSa 25/2001) 60 Das Kraftpaket ünther Gebhardt erlebte seine besten G Rennfahrerjahre im Kreis der wilden Formel-V- und Super-VW-Clique. Schon der blosse Auftritt des Sinsheimers verschaffte ihm Respekt, denn wer wollte sich schon mit einem 90-Kilo-Mann anlegen. Mit seinem eigenen Rennstall, in den auch Günthers zwei Jahre jüngerer Bruder Fritz als Manager eingebunden wurde, holte er sich 1979 mit einem blitzsauber vorbereiteten March die Vizetitel in EM und DM. Ein Jahr später gelang ihm der deutsche Super-VW-Titel, parallel gönnte er sich Erfolgserlebnisse in der Formel 3. Eine Einladung zum F3-GP nach Monaco beantworteten er und sein March-VW mit einem sensationellen fünften Platz im Qualifying. «Da haben einige Stars ganz schön blöd geguckt», feixt Gebhardt noch heute. «Das war eines meiner schönsten Erlebnisse überhaupt.» Bald öffnete sich auch eine Tür zur Formel-2-EM, die er 1983 mit dem ExBoutsen-March bestritt. Dann begeisterte er sich für die Sportwagen, fuhr mit seinem italienischen Geschäftspartner Giampiero Moretti («Momo») zusammen im Porsche 962 und präsentierte mit dem «Gebhardt C2» eine eigene Sportwagen-Konstruktion. Während der Chef Ende 1984 den Helm an den berühmten Nagel hängte, setzte sein Team weiterhin Autos in Eigenregie ein. Letzte Station war Anfang der 90er-Jahre die damals neue Formel ADAC Junior, in der bis zu fünf Youngster unter Gebhardts Regie antraten. Inzwischen darf sich Günther Gebhardt (47) verstärkt um seinen eigenen Junior Peter kümmern. Der ist mittlerweile 16, rennt schon sehr erfolgreich in der JvO-KartChallenge und hat laut dem stolzem Papa «viel technisches Verständnis, gute Anlagen und genauso viel Talent wie der Alte». Der «Alte» selbst, nach wie vor Inhaber des Sinsheimer Unternehmens «Gebhardt Fördertechnik», ist gesund, fit und seit 1996 zum zweiten Mal verheiratet. Gewichtsmässig hat sich insofern was geändert, als er nun mit der 100-Kilo-Marke kämpft. Während sein Bruder Fritz den «Momo Racing Shop» in Sinsheim leitet, möchte Günther «in absehbarer Zeit beruflich etwas anderes machen, auf jeden Fall wieder was mit Technik». Und dann gibt es noch ein grosses Hobby in Gestalt einer 130-PS-Yamaha 1300, die regelmässig bewegt werden will. Obwohl er noch immer Renn-Freak ist und nur ein paar Kilometer von Hockenheim entfernt wohnt, lässt er sich dort nur selten sehen. «Warum auch – das Fernsehen liefert ja alles frei Haus, und den Rest lese ich dienstags in MSa.» Kampf mit dem Gegner: GG 1978 Kampf mit den Kilos: GG heute F3-Erinnerungen: Gebhardt im Ralt vor Stefan Bellof am Salzburgring Grähser, Jürgen (MSa 13/2001) Der längste Kampf Grähser liess nie etwas anbrennen, Jderürgen wenn es bei den Tourenwagenschlachten 60er-Jahre um Siege am Berg und auf der Rundstrecke ging. Der saarländische BMW-Privatfahrer legte sich mit Freund und Feind an, prügelte vor allem sein 700erBMW-Coupé im Stil eines Kamikazefliegers von Sieg zu Sieg. Seiner Münchener Hausmarke blieb der BMW-Händler aus Dudweiler bis zum Karriereende 1972 treu – vom 1602 über den 1800 TISA bis hin zu 2002 und CSCoupé rollte er nahezu alle gängigen Modelle zum Start. Die wildesten Ritte absolvierte er freilich im legendären 700er-Kampfgeschwader mit Klaus Miersch, Manfred Behnke, Kurt Pfnier oder Toni Fischhaber. Dass man damals im Kampf um Plätze und Punkte ziemlich rüde und trickreich miteinander umging, belegt die lächerliche Affäre um einen Aschenbecher: Weil das Zubehör im Grähser-BMW 700 fehlte, wurde ihm «wegen Entfernens eines serienmässigen Teils» ein Sieg aberkannt, was ihn letztlich auch den Gewinn der Bergmeisterschaft 1964 kostete. «Das war meine grösste Enttäuschung», erinnert sich Grähser, «und der zweite Tiefpunkt war am Rande der Bergpiste von Eberbach ein stämmiger Baum.» Um denselben wickelte er 1965 einen 1800 TISA, musste schwer verletzt aus dem Grähser: Kämpfer par excellence 61 Wrack geschnitten werden und lag vier Wochen auf der Intensivstation. Erst nach einem Jahr Zwangspause kehrte er auf die Rennstrecke zurück. Seine zweite Karriere machte Grähser als erfolgreicher Unternehmer und Kaufmann. Zusammen mit BMW-Rennfahrerkollege Albrecht Krebs realisierte er grosse Immobilien- und Bauprojekte. Den grössten und längsten Kampf gewann der jetzt 61-Jährige kürzlich – nach einem Rechtsstreit über fast 30 Jahre mit der Stadt Saarbrücken. Die Saar-Metropole muss dem Ex-Rennfahrer wegen eines unrechtmässig verfügten und mit kommunalpolitischem Hintergrund durchgesetzten Baustopps seines Einkaufszentrums 142 Millionen Mark Schadenersatz zahlen. Mit diesem letztinstanzlichen Urteil endete einer der längsten Zivilprozesse in der deutschen Justizgeschichte. «Endlich bin ich zu meinem Recht gekommen», gibt sich Grähser erleichtert, «aber ich habe dabei mehr persönliche Substanz verloren als in 13 Jahren Rennsport. Jetzt brauch’ ich erst mal Ruhe, Frieden und frische Luft.» Diesen Wunsch erfüllt sich der begeisterte Jäger auf seinem Landsitz im Nordsaarland, wo ein 500-Hektar-Revier stets gute Dienste bei der täglichen Frust- und Stressbewältigung leistet. Heute: Saarbrücken muss bluten Wilde BMW-Jahre: Grähser ’66 im 2002 Ti beim Flugplatzrennen Trier Greger, Sepp (MSa 10/2001) 62 König der Berge Greger war zu besten Sportlerzeiten S1990epp ein Phänomen, und er ist es noch heute. fuhr er mit 75 Jahren im Porsche RSR sein letztes Rennen am Berg von Les Rangiers, jetzt ist er 86, spielt Golf wie ein Profi und sieht aus wie ein Jungbrunnen. «Die Rennerei», sagt der Ur-Bayer, «hat mich jung gehalten.» 40 Jahre lang bezwang der VW- und Porsche-Händler aus München deutsche und andere Berge im Rekordtempo, fuhr an die 600 Siege und 900 Pokale ein, war dreimal Berg-Europameister, dreimal Vizeund dreimal Deutscher Sportwagen-Meister. Der legendäre Franz-Josef Strauss, Rennfan durch und durch, überreichte ihm den bayerischen Verdienstorden, vom ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss bekam er das Silberne Lorbeerblatt. Gregers Karriere begann 1950 in einem VW Käfer, danach enterte er in schneller Folge alle möglichen Porsche-Modelle vom 356 über den RSK, die Carrera-GT- und Sportwagen-Palette bis hin zum 910. 70 Prozent seiner rund 1200 Starts absolvierte er am Berg, den Rest auf der Rundstrecke und bei Rallyes. «In ganz Deutschland», erinnert sich der einstige ONS-Geschäftsführer Sigismund von Kahlen, «gab es fast keine Bergpiste, auf der er nicht wenigstens vorübergehend den Rekord hielt. Sepp dürfte der erfolgreichste deutsche Bergpilot aller Zeiten sein.» Als persönlich wertvollsten Erfolg nennt Greger den Sieg im Porsche RS 60 über Ferrari-Star Ludovico Scarfiotti in Ollon-Villars. Als schönste Zeit empfand er die 60er-Jahre mit den Bergrennen Eberbach, Rossfeld, Wallberg, Ratisbona oder Sudelfeld. Sein Lieblingsparcours war der Mont Ventoux in Frankreich. Den Winter verbringt Greger stets in Florida, im Sommer lebt er in München. Seit 1962 ist er mit der 20 Jahre jüngeren Traudl verheiratet, die sich mit den Söhnen Sepp jun. (37) und Andreas (35) um die geschäftlichen Dinge in der Bayernmetropole kümmert. Beide Autohäuser sind verpachtet, aber die Greger-Racing-Show ist alljährlich ein überaus arbeitsintensiver Event. Vor zehn Jahren hätt’s fast keinen Greger Sepp mehr gegeben: Tüchtige Ärzte retteten ihn vor dem Krebstod. Seither lebt er ohne Magen, «aber es geht mir bestens, der Krebs ist besiegt.» Nach wie vor guckt er alles, was an Racing über die Bildschirme flimmert. So ganz kann er’s ohnehin nicht lassen – mit dem ebenfalls unverwüstlichen Paul Ernst Strähle startet er gerne bei Oldtimer-Veranstaltungen. Greger 1975: Mit Hut geht’s gut Rüstiger Rentner: Greger heute Der Berg ruft: Porsche-Pilot Greger 1971 auf Rekordfahrt am Wallberg Hahne, Hubert (MSa 1–3/2001) Der Rekordbrecher ubert Hahne hat sich mit einer RennH runde ein Denkmal gesetzt. Tatort: Nürburgring. Noch heute erinnern sich 63 Nordschleifen-Fans des denkwürdigen August-Wochenendes 1965, als die 10-minSchallmauer für Tourenwagen fiel. Weit über 100 000 Zuschauer waren beim deutschen Grand Prix Zeugen, als der BMWWerkspilot im Tourenwagenlauf am Steuer eines 2000 Ti seine 9:58,6 min auf die Piste knallte. Dutzende Weltklassepiloten waren zuvor an dieser Hürde gescheitert. Hahne und BMW hatten danach im deutschen Blätterwald fettere Headlines als F1-Sieger Jim Clark. Mit dieser Glanzleistung untermauerte Hahne seine Position als einer der weltbesten Tourenwagenpiloten der 60er-Jahre. Der «schöne Hubert» aus Moers begann seine Karriere 1960 zunächst im NSU Prinz, stieg später in einen BMW 700 um und rückte sodann zügig ins BMW-Werksteam vor. Danach gab’s kein Halten mehr – mit den silbergrauen 1800 TI, 1800 TISA und 2000 TI startete er zur Eroberung der Tourenwagenwelt. Einziger Knick in dieser grandiosen Zeit war ein übler Testunfall auf der Südschleife, bei dem er schwere Wirbelsäulenverletzungen erlitt und gar um die Fortsetzung seiner Karriere bangen musste. Parallel setzte ihn BMW ab 1967 auch in der Formel 2 ein. Mit deren Monoposto wurde Hahne Vize-Europameister – für einen ausgewiesenen Tourenwagenpiloten ein echtes Kunststück. Zumal die Gegner vom Kaliber Ickx, Stewart, Beltoise, Bell, Ahrens und Mitter waren. Zahlreiche Ausfälle durch technische Probleme raubten Hahne jedoch immer mehr den Spass, wozu auch ein völlig missglückter Formel-1-Deal mit March beitrug. Nachdem ihm beim F2-EM-Lauf in Enna 1970 mal wieder der Motor hochging, stieg Hahne frustriert aus und beendete seine Karriere auf der Stelle. Im März 2001 wurde der einstige BMWVorzeigerennfahrer 66 Jahre alt. Als Experte für Marketing und Öffentlichkeitsarbeit lebt Hahne seit längerem in Genua/I, berät von dort aus AuslandsKonzerne und schreibt für deutsche Tageszeitungen. Seit 20 Jahren ist er in zweiter Ehe mit Eva verheiratet und hat zwei Söhne (Patrick, 25, und David, 12). «Der Grosse wird sicher kein Rennfahrer, aber bei David ist es nicht auszuschliessen. Der ist ein echter Racer.» So wie die übrigen Mitglieder der Hahne-Grossfamilie: Seine Brüder Wilhelm, Bernd, Armin und Tim sind ebenfalls mehr oder weniger heftig mit dem Virus Auto und Rennsport infiziert. Mädchenschwarm: Hahne 1968 Italien-Fan: Hubert Hahne heute Multitalent: Auch im F2 düpierte der Tourenwagenpilot die Formelasse Hainbach, Reinhard (MSa 33/2001) 64 Verpasster Hattrick einhard Hainbach aus dem oberhessiR schen Schotten war immer ein stiller und verhaltener Zeitgenosse. Mit Akribie und Routine ging er seine Rallyes an, die Beifahrer auf dem heissen Sitz des Opel-, BMWund Ford-Escort-Piloten zeigten sich stets voll des Lobes über die unaufgeregte Lenkradarbeit ihres Chauffeurs. So gelangen Hainbach zwischen 1970 und 1980 rund 40 Gesamt- und jede Menge Klassensiege. Mit zwei deutschen Meistertiteln im Ford Escort 1800 BDA erlebte er 1978 (mit Peter Linzen) und 1979 (mit Klaus Fabisch) einen wahren Höhenflug. Als Krönung sollte im Jahr darauf eigentlich der dritte Titel her, aber der glanzvolle Hattrick scheiterte letztlich an einer läppischen Sekunde. Die fehlte Hainbach im Opel Ascona 400 gegenüber der Toyota-Equipe Warmbold/Inhester, als nach dem Finale bei der Baltic-Rallye zusammengezählt wurde. «Darüber», gibt er unumwunden zu, «ärgere ich mich noch immer.» Ansonsten gab es kaum Verdruss in Hainbachs Rallyezeit. So konnte er sich zusammen mit Co Wulf Biebinger 1971 darüber freuen, dass man samt Opel Kadett zu jenen neun von 273 Besatzungen gehörte, die beim brutalen WM-Lauf in Portugal ins Ziel kamen. «Wir wurden Fünfte, und darauf waren wir mächtig stolz.» Seine Lieblingsrallye jedoch blieb immer die «Hunsrück» mit dem Truppenübungsplatz Baumholder als Dreh- und Angelpunkt. «Die spannende Frage lautete dort immer, wer wann und wo seinen Plattfuss kriegt. Und das war dann ja auch meist die Entscheidung zu Gunsten des einen oder des anderen.» Nach dem Ende seiner eigenen Karriere übernahm Hainbach die motorsportliche Betreuung seines Sohnes Jens. Der machte seinen Weg zunächst im Motocross und wechselte danach auf vier Räder in die Formel-Opel-Lotus-Challenge. Heute beschränkt sich der Filius rein sportlich nur noch auf die Zweirad-Disziplin Supermoto, während er als Junior-Chef des väterlichen Opel-Autohauses nebst Tankstelle in der Pflicht ist. Der Papa, mittlerweile 52 und seit 25 Jahren mit Annegret verheiratet, restauriert derweil mit Begeisterung alte Autos und startet gelegentlich bei historischen Rallyes. Gerne düst er mit schweren Maschinen (Suzuki ST 1100, Honda 750) durch die Gegend. Über Fachlektüre und Fernsehen bleibt er auf der Höhe des Geschehens und würde «wahnsinnig gern mal bei einer Marathon-Rallye die Betreuung eines Teams übernehmen». Rallye-Star: Hainbach anno 1979 Motorrad-Freak: Hainbach heute Kontrolliertes Spektakel: Hainbach/Fabisch 1979 bei der «Hunsrück» Heidegger, Max (MSa 47/2001) Liechtensteiner Hexer ax Heidegger aus Triesen im Fürstentum M Liechtenstein gehörte bis 1982 zur kleinen Elite international gefragter Motoren- 65 Tuner. Der eigenwillige Techniker, von 1968 bis 1972 selbst mit einem BMW 2002 vor allem am Berg erfolgreich, galt mit seinem Einfallsreichtum als Genie der Zunft. Schon sein Auftritt war beeindruckend: Ein Mann wie ein Baum, fester Blick, ehrliches Wesen. Sein Händedruck signalisierte die pure Kraft – schraubstockähnlich pflegte er die Hand des Gegenübers zusammenzuquetschen. Richtig bekannt wurde er Anfang der 70erJahre durch unzählige Rennsiege seiner Formel-V- und Super-Vau-Triebwerke. «Manfred Schurti war einer unserer ersten Kunden, ihm habe ich fast alles zu verdanken. Seine Erfolgsserie hat uns erst richtig ins Gespräch gebracht.» Nach der Formel-V-Ära mit vielen Titelgewinnen widmete sich Heidegger der Marke BMW, die er auch als Alpina-Importeur in seinem Liechtensteiner Autohaus vertrat. Kraftvolle BMW-Motoren von Heidegger im Tourenwagen, in der Formel 2 oder in der M1-Procar-Serie wurden zum Qualitätsbegriff. Marc Surer verblies im Gruppe-5-BMW 320 und im M1 die Stars, Stefan Bellof fuhr seine beiden ersten Formel-2-Sensationssiege 1982 mit dem Wundermotor aus Liechtenstein ein. Dennoch erinnert sich Heidegger an sein Engagement im grossen Formelsport nur mit Bitternis: «Das Maurer-Team hat F2-Motorenrechnungen für eine Viertelmillion nicht bezahlt, und McLaren hat mich trotz eines leider nur mündlich deponierten Entwicklungsauftrags für einen Formel-1-Turbomotor hängen lassen. Das hat uns 1,8 Millionen Schweizer Franken und beinahe die Existenz gekostet.» Frustriert beendete der Firmenchef daher Ende 1982 alle Engagements im Rennsport. Heute lebt Max Heidegger (64) als Ruheständler für mindestens sechs Monate im Jahr in seiner zweiten Heimat Irland. Die Autohaus-Geschäfte hat er vor Jahren an Jacob (37) und Yasmin (35), die ältesten seiner fünf Kinder, übergeben. Jeweils in den Wintermonaten schaut er in Liechtenstein nach der Familie. Zur rennsportlichen Vergangenheit hat er alle Verbindungen gekappt – zu tief sitzt die Enttäuschung über «das Geschäftsgebaren einiger Herrschaften». Lediglich im Fernsehen verfolgt er Formel 1 («sehr faszinierend») und V8STARSerie («tolle Idee»). In Irland baut der einstige PS-Zauberer aus Liechtenstein gerade ein Haus und bewirtschaftet ein Stückchen Land. «Hier bin ich glücklich und zufrieden und geniesse das Leben.» BMW-Fan: Max Heidegger 1962 Irland-Fan: Max Heidegger heute Hier wirkte das Genie: Heideggers Tuningwerkstatt in den 70er-Jahren Hezemans, Toine (MSa 16/2001) 66 Der grosse Trickser oine Hezemans als Nebenmann in den TGegner vorderen Startreihen – das war für jeden die Höchststrafe. Und zwar wegen der fast unerschöpflichen Trickkiste des Holländers, dessen Überrumplungstaktik täglich neue Facetten hatte. Das Resultat blieb immer das gleiche: Startduelle, Ausbremsmanöver und Nahkämpfe gewann «Toine, der Trickser» nach Belieben. Für manchen der auf der Piste Vorgeführten folgte die zweite Niederlage gleich hinterher: Bei der abendlichen Backgammonoder Pokerrunde zog Hezemans den Mitspielern in der Regel das letzte Hemd aus. Erreichte schon der Glücksspielerlös stattliche Dimensionen, so fiel die Bilanz der 16 Hezemans-Jahre im Rennsport (1964–1980) sensationell aus: Dreimal Europameister mit drei verschiedenen Herstellern (Alfa, BMW, Porsche), Siege mit jedem der etwa 15 Auto-Typen, die man ihm anvertraute. Als Highlight ragt aus den rund 140 Einzelsiegen der Targa-Florio-Erfolg mit Nino Vaccarella im Alfa heraus. Die deutschen Fans erfreute er vor allem durch seine Auftritte in der Rennsport-Meisterschaft der 70er-Jahre als Ford-Werkspilot im Capri und Escort RS sowie im Porsche-Rennstall des Kölners Georg Loos. «Die schönste Zeit», blickt Hezemans zurück, «habe ich allerdings 1971 bei Alfa zusammen mit Rolf Stommelen verlebt. Das war einfach gigantisch.» Genauso erfolgreich wie die Rennfahrerkarriere gestaltete Hezemans auch seine Laufbahn als Unternehmer. Aus dem Hobby-Diamantenhändler von damals ist ein Immobilien-Grossunternehmer geworden, dessen Hotel-Resorts, Büro- und Appartement-Häuser über die ganze Welt verteilt sind. Im eigenen Jet pendelt der 58Jährige zwischen den beiden Wohnsitzen Laren/NL und der Antillen-Insel Bonaire in der Karibik, wo er ebenfalls eine Hotelanlage betreibt. Seit 1997 ist er zum zweiten Mal verheiratet, seine junge Frau Christiane hat ihm mit Sohn Loris (3) noch mal spätes Vaterglück geschenkt. Aus erster Ehe mit Marlene stammen Mike (31) und Tochter Davy (27). Nach Mikes knapp verpasstem FIA-GT-Titel im Vorjahr droht der Teamchef heuer die grosse Attacke an: «Wir sind fahrerisch und technisch stark wie nie. Alle dürfen sich schon mal warm anziehen.» Mit solch vorsaisonalen Kriegserklärungen hat der clevere Toine die Konkurrenz schon in den 70ern oft genug erfolgreich eingeschüchtert. Einziger Unterschied zu damals: Die Zockerei ist vorbei, kein Poker, kein Backgammon mehr. Toine: «Sogar als ich kürzlich in Las Vegas war, habe ich nicht mal ans Spielen gedacht.» Gefürchteter Trickser: Hezemans Toine heute: Kein Zocken mehr Hezemans’ grösster Erfolg: Targa-Florio-Sieg 1971 im Alfa Romeo 33 Jelinski, Frank (MSa 19/2001) Verkanntes Talent rank Jelinski stand als 19-Jähriger vor FTitelgewinner einer grossen Karriere: Shooting-Star und in der Formel Super VW 1979, im direkten Anschluss nahtlos zweimal Deutscher Formel-3-Meister 1980/81 im Ralt-Toyota bei Bertram Schäfer. Danach Formel-2-EM, beim ersten Rennen in Silverstone nach turbulentem Kampf um die Führung in Front – bis ihm kurz vor Schluss der Motor hochging. Stefan Bellof, ebenfalls F2-Debütant, siegte sensationell. «Das war’s bereits für mich», kramt Jelinski in bitterer Erinnerung. «Dieser Bellof-Sieg und der nachfolgende in Hockenheim waren mein Verhängnis.» Ab da konnte sich der Aufsteiger noch so abrackern, neben der Lichtgestalt Bellof gingen selbst heroische Leistungen unbeachtet unter. «Der Frust war gross», gesteht Jelinski, «denn auch danach beim Kampf um einen Platz im Porsche-Werksteam zog ich gegen Stefan den Kürzeren. Er war ein Riesentyp, aber karrieremässig mein ganz persönliches Pech.» Bald resignierte der Norddeutsche und fuhr querbeet alles, was ihm in die Hände kam. Um dann doch noch in einer Art HappyEnd im Porsche-956/962-Cockpit zu landen. Zuerst bei Walter Brun, dann bei Reinhold Joest. Spät, aber nicht zu spät konnte er zeigen, was er wirklich konnte, reifte zu 1982: Viel Frust durch Bellof 67 einem der zuverlässigsten und schnellsten Sportwagenpiloten. Als Höhepunkte gelten der Gewinn der Team-Weltmeisterschaft 1986 mit Brun und der Sieg beim 24Stunden-Rennen von Daytona 1991 (mit Bob Wollek und Louis Krages). Im gleichen Jahr beendete er seine Profi-Laufbahn als Audi-Werksfahrer in der DTM. Längst ist Frank Jelinski, inzwischen 42 Jahre alt, auch als Geschäftsmann erfolgreich. Zusammen mit seiner Frau Kerstin (mit der er seit 15 Jahren verheiratet ist und zwei Söhne hat) führt er eine Event-Agentur im norddeutschen Springe, organisiert KartRennen, hat die Indoor-Bahn in Sinsheim aufgebaut und ist dort noch immer Organisationsleiter der renommierten «24 Stunden von Le Sinsheim». Jan, mit 11 Jahren der jüngere der zwei Jelinski-Buben, sitzt schon im Kart, während dieses Thema den drei Jahre älteren Arnd noch kalt lässt. Hin und wieder schlendert Jelinski noch durch das eine oder andere Fahrerlager, stattet mal der DTM, mal den Sportwagen, mal dem Langstreckenpokal einen Besuch ab. «Den grossen Rest guck’ ich mir im Fernsehen an, und dienstags verschlingt man MSa auch noch wie früher.» Visionen für die Zukunft? «Klar, einmal mit einem NASCARAuto über das Oval des EuroSpeedway Lausitz donnern.» Heute: Indoor-Kart-Ecclestone Formel-3-Überflieger: 1981/82 holte Jelinski im Ralt-Toyota den Titel Kleint, Jochi (MSa 31/2001) 68 Der Weltenbummler ochi Kleint gehörte zu den erfolgreichsJDeutschland. ten und dienstältesten Rallye-Profis in Immerhin kann der Hamburger auf eine 27-jährige Rallyekarriere (1966 bis 1993) zurückblicken. Dabei begleiteten ihn viele Werksteams und die besten Copiloten des Landes. So sassen Willi Pitz, Jochen Berger, Gunther Wanger, Andy Hänsch, Manfred Hiemer oder Werner Hohenadel neben ihm auf dem heissen Sitz. Was Ende der 60er-Jahre mit bescheidenen Privat-Engagements im Saab 96 und im Ford Capri RS begann, gipfelte bald in einem Prestigeduell mit Walter Röhrl um die Führungsrolle in Deutschland. Beide pilotierten um diese Zeit wechselweise Capri RS aus dem Rennstall von Jochis Bruder und Manager Ernie, der 1989 bei einem Flugzeugabsturz starb. Mit Röhrls rasantem Aufstieg in die Weltspitze konnten in der Folge weder Kleint noch andere Schritt halten. «Wenn es mich nicht gäbe», tröstete der Superstar seinen Weggefährten gelegentlich bei Journalistengesprächen, «wäre Jochi in Deutschland klar die Nummer 1.» Für den grossen Schweiger aus dem Norden blieben dennoch reichlich Erfolgserlebnisse. Mit Opel wurde er 1979 Europameister und erreichte 1981 bei der Rallye Monte Carlo Platz 3. Ein Jahr später kämpfte er im Ascona 400 sogar mit Dauerrivale Röhrl um den Gesamtsieg, bis er kurz vor Schluss am Turini ausrutschte und auf Rang 7 abstürzte. Erfolgreiche Jahre mit Datsun in Südafrika, mit VW Motorsport und mit Lancia im deutschen Championat rundeten die lange und wechselvolle Karriere ab. «Meine schönste Zeit hatte ich bei Opel und VW, da stimmte alles», sagt der heute 53-Jährige, der sich seit 1983 ein zweites berufliches Standbein als Instruktor bei der «Audi Driving Experience» geschaffen hat. Noch immer ist er mit Begeisterung und Engagement Mitglied der InstruktorenElite, reist als Audi-Botschafter für sicheres Fahren um die Welt und schult sogar Audi-Kunden in China, Chile, Argentinien oder Neuseeland. Etwa 260 Tage im Jahr ist er unterwegs, um rund um den Globus mehr Sicherheit im Umgang mit dem Auto zu vermitteln. Und wenn er zufällig mal zu Hause in Halstenbek bei Ehefrau Birgit und Tochter Lena (15) ist, wird er zumindest vorübergehend zum Familienmensch und pflegt mit Vorliebe seinen Garten. Schlusswort eines Weltenbummlers in Sachen Sicherheit: «Ich fühle mich topfit, mag meinen Job und bin restlos überzeugt von der Philosophie des Sicherheitstrainings – es gibt dafür dringenden Bedarf.» Schnelles Fahren: Kleint 1979 Sicheres Fahren: Kleint heute «Meine schönste Zeit»: Jochi Kleint 1987 im VW Golf auf DM-Titeljagd Kling, Karl † 2003 (MSa 12/2001) Der Grandseigneur arl Kling und Mercedes-Benz sind genauK so untrennbar miteinander verbunden wie der Name des einstigen Stern-Piloten mit dem legendären «Geier-Unfall» bei der Carrera Panamericana 1952 in Mexico. Die Fotos des 300 SL mit der durchschlagenen Frontscheibe und dem eilends als Schutz vor weiteren Geierattacken angebrachten Schutzgitter haben weltweite Berühmtheit erlangt. Der in Giessen geborene dreimalige deutsche Sportwagen-Meister begründete seine ungeheure Popularität aber keineswegs nur mit dem oft zitierten Geier-Zwischenfall, sondern in erster Linie mit seiner Mitgliedschaft in der offiziellen SilberpfeilMannschaft an der Seite von Fangio, Moss, Herrmann und Lang. Kling beherrschte jedes Auto in jeder Disziplin perfekt, wobei unter all den Formel 1, Sport- und Tourenwagen eigentlich der 300 SL «sein» Auto war. Mit dem Urvater aller Flügeltürer hatte er in den 50er-Jahren seine grössten und spektakulärsten Erfolge. Die Fahrerei liess ihn selbst dann noch nicht los, als er 1958 die Leitung der MercedesRennsportabteilung übernahm. So gewann er 1959 mit ZDF-Reporter Rainer Günzler als Co in einem 190er Diesel die beinharte Abenteuer-Rallye Algier–Kapstadt durch Zentralafrika. Diesen Sieg wiederholten beide zwei Jahre später nochmals mit einem Legende: Karl Kling vor 40 Jahren 69 220 SE. Das Treiben hatte erst ein Ende, als 1968 die Pensionierung anstand. Im gesegneten Alter von mittlerweile 91 Jahren verbringt Karl Kling seinen Lebensabend in Gaienhofen am Bodensee. Noch immer sieht er sich im Fernsehen jede Formel-1- und DTM-Übertragung an, studiert Fachlektüre und chauffiert sogar seinen Mercedes CLK nach wie vor persönlich. Die Liebe zum Auto und speziell zu «seinem Daimler» hat ihn bis heute nicht losgelassen. Seine grösste Liebe hat er allerdings schon vor zehn Jahren verloren, als seine Frau Wilma nach einem halben Jahrhundert gemeinsamer Wegstrecke starb. Eine Haushälterin kümmert sich seitdem um die wichtigsten Dinge und wacht vor allem über die gesundheitliche Entwicklung, die nach einem Schlaganfall seit einiger Zeit zur Sorge Anlass gibt. Deshalb lässt er heute nur noch ganz wenige enge Vertraute an sich heran. Dieter Glemser, der als 22-Jähriger von Kling seinen ersten Vertrag als Werksfahrer bekam, ist von seinem ehemaligen Chef noch immer begeistert: «Er war und ist ein echter Gentleman, mit Stil, Kompetenz, Charme und Menschlichkeit. Seine Amtsführung hat mich in meinen Mercedes-Jahren tief beeindruckt.» Kling heute: Immer noch Autofan Schwer gezeichnet: Klings Beifahrer Hans Klenk nach dem Geierangriff Krebs, Albrecht (MSa 27/2001) 70 Der «Fast-Meister» lbrecht Krebs macht noch heute keinen A Hehl daraus, dass die Enttäuschung damals verdammt tief sass. Mit zwei Punkten Vorsprung auf Ford-Escort-Pilot Hans Heyer kam er mit seinem BMW CSL Coupé als Tabellenführer zum DRM-Finale 1975 nach Hockenheim. Doch nachdem der BMW zur Halbzeit mit geplatztem Motor in Führung liegend ausfiel, blieb statt des Titels nur grenzenloser Frust. Heyer wurde Meister, und auch Klaus Ludwig im Capri RS zog noch nach Punkten vorbei. «Bei Ford hat man ja schliesslich auch alles getan, um mir ein Bein zu stellen. Bei den drei letzten Läufen haben sie den Ludwig auf mich angesetzt, damit der Heyer voll punkten konnte. Vor allem in Kassel-Calden gab es sehr unschöne Szenen.» Dennoch bezeichnet Krebs die Saison 1975 mit dem Schnitzer-Coupé als die erlebnisreichste und schönste seiner 17-jährigen Rennfahrer-Laufbahn: «Es gab tolle Kämpfe, das war einfach Rennsport pur.» Als Trost blieben immerhin drei Saisonsiege und die Genugtuung, das brutale Hitzerennen auf der Nürburgring-Nordschleife gewonnen zu haben. An gleicher Stelle durchbrach er ein Jahr später im BMW 2002 Turbo als erster Fahrer der Nürburgring-Geschichte mit 7:58,2 min die Schallmauer für 2-Liter-Tourenwagen. Gegen Ende seiner PS-Karriere holte sich der Hanauer Architekt zu seinen gut 150 Einzelsiegen am Berg und auf der Rundstrecke noch einen Titel – 1981 wurde er mit einem Osella-BMW Sieger des Deutschen Sportwagen-Pokals. Heute lebt der ehemalige DSK-Präsident und ONS-Fahrervertreter wechselweise in Hanau und in seiner Finca auf Mallorca. Sein Immobilien-Managementbüro betätigt sich bundesweit als Bauträger für Geschäftsund Wohnhäuser sowie Supermärkte. «Ich bin kerngesund, treibe viel Sport und mache gute Geschäfte», vermeldet der 57-jährige Ex-BMW-Pilot. 1998 hat er zum dritten Mal geheiratet und freut sich über Tochter Ciara (1). Die erwachsenen Kinder (37, 34) aus erster Ehe haben ihm bereits drei Enkel beschert. Golf (Handicap 12) und Tennis sind seine grossen Hobbys, den aktuellen Rennsport verfolgt er noch immer mit Begeisterung via Fernseher und Fachlektüre. An die Rennstrecke kommt er aber nur noch selten, «weil ich keine Lust habe, ständig den Tickets nachzurennen». Wann immer es seine Geschäfte zulassen, nimmt sich Krebs eine Auszeit. «Denn etwas Zeit für sich selbst zu haben ist heutzutage ein sehr wertvolles Gut.» Wohl wahr. Und wohl dem, der sich’s leisten kann … Krebs: Ring-Rekordhalter 1976 2001: Erfolgreicher Unternehmer Titel knapp verpasst: Krebs im BMW CSL Coupé 1975 in Hockenheim Liedl, Heinz (MSa 40/2001) Der Berg-Floh einz Liedl brachte mit seinem SteyrH Puch 650 TR die BMW-700-Fraktion jahrelang an den Rand der Verzweiflung. 71 Wenn er mit seinem «Alpen-Carrera» bei den Läufen zur Deutschen Berg-Meisterschaft antrat, blieb sogar für die werksunterstützten BMW-Piloten oft nur Frust. So entschied er 1964, 1965 und 1966 hintereinander den Titelkampf zu seinen Gunsten, und 1967 reichte es noch mal zur Vizemeisterschaft. Gelegentlich brannte der Kfz-Meister aus Grasslfing bei Regensburg mit dem 60-PS-Bergfloh sogar die Bestzeit aller Tourenwagen auf die Piste. Über derart gelungene Glanzstückchen konnte sich Liedl genauso diebisch freuen wie über die vier Motorrad-Gelände-Meisterschaften, die er parallel zu den Automobil-Aktivitäten ebenfalls für Steyr-Puch einfuhr. Insgesamt brachte es der bayerische Tausendsassa in einem Zeitraum von zehn Jahren zu der eindrucksvollen Bilanz von sieben Titelgewinnen, 54 Siegen auf zwei und 89 Erfolgen auf vier Rädern. Stolz merkt er an, «dass ich sowohl meine Motorräder als auch meine Autos immer selbst präpariert habe». Sein Lieblingsberg übrigens war der Trento-Bondone, wo er zwischendurch immer mal gerne die europäische Elite aufgemischt hat. Und wer glaubte, dass Liedl nur am Berg ordentlich Gas geben konnte, sah sich auf der Rundstrecke schnell eines Besseren belehrt. Noch heute hält Liedl seiner Hausmarke die Treue, in dem er die Ersatzteil-Versorgung für die Steyr-Puch-Restbestände an Mofas, Mopeds, Motorräder und Autos aufrecht erhält. Überdies restauriert er mit Begeisterung Oldtimer. Unverändert wohnt er in Grasslfing, ist inzwischen 61 Jahre alt und kerngesund. Mit seiner Frau Angelika ist er seit 31 Jahren verheiratet, (ein Sohn, 30, und eine Tochter, 22). Mit Mountain-Biking und Rennrad im Sommer und Ski-Langlauf im Winter hält sich Liedl zu jeder Jahreszeit fit. Und wenn’s ihn mal juckt, richtig Gas zu geben, ruft er seine alten Spezis an und düst mit dem Eichhammer Franz oder dem Hering Walter zum Nürburgring. «Auf der Nordschleife toben wir uns ein paar Stunden lang aus, das reicht dann wieder für eine Weile.» Zum Pflichtprogramm des sonntäglichen TV-Nachmittags gehören alle Formel-1- und Tourenwagen-Übertragungen. Als einzigen Luxus leistet er sich ein Wochenendhäuschen in Tirol, ansonsten ist Heinz Liedl das geblieben, was er schon immer war: Ein echter Bayer aus altem Schrot und Korn. Liedl 1966: So brav, so schnell … 2001: Noch immer echter Bayer Gefürchteter Bergfloh: Heinz Liedl ’67 im Steyr-Puch 650 TR in Aktion Mahle, Eberhard (MSa 22/2001) 72 Der Alleskönner Mahle war in jeder Disziplin Eundberhard perfekt: Rennen und Rallyes, Sprints Marathon, Rundstrecke und Berg. Ob am Steuer von Touren-, GT- oder Sportwagen – gegen den Spross des Stuttgarter Kolbenproduzenten gab es nur eine Siegchance, wenn er ausfiel. So kam das 58-Kilo-Fliegengewicht zwischen 1954 und 1968 mit 150 Siegen in 210 Starts zu einer Traumquote. Dazu war er Deutscher GT-Meister 1957 auf Alfa Romeo, Deutscher Bergmeister 1959 im BuckelVolvo und GT-Europa-Bergmeister 1966 auf Porsche 911. Mahle gehörte zu den wenigen Piloten der 50er- und 60er-Jahre, die immer einen Werksvertrag hatten. Die Hersteller vertrauten ihm ihre besten Autos an: DKW, Alfa, Borgward, Volvo, Mercedes, Fiat, Abarth, Porsche. Ein Horrorunfall abseits der Rennpiste erzwang im besten Alter von 35 Jahren das Ende der Bilderbuch-Laufbahn: Bei einem Presse-Fototermin auf einem Stuttgarter Kasernengelände bestieg er ein Kart, donnerte in die erste Kurve und geradewegs in einen am Rand geparkten Schützenpanzer – das Gaspedal war auf Vollgas stecken geblieben. Schwerste Verletzungen und Brüche erzwangen zwei Jahre Krankenhaus-Aufenthalt mit insgesamt fünf Operationen. «Zwischendurch bin ich immer wieder mal ins Rennauto gestiegen, aber das war alles sehr mühsam und machte nicht mehr so viel Spass.» Die Spätfolgen begleiten Mahle als «körperliches Fahrwerksproblem» noch heute. Vor drei Jahren musste er sich einer Knie-OP unterziehen, kürzlich erhielt er ein künstliches Hüftgelenk. Mit seiner zweiten Frau Karin lebt der 68-Jährige wechselweise in Leonberg und Lech, spielt gelegentlich Golf (Handicap 36), versucht sich im Ski-Langlauf und geniesst ein sorgenfreies Leben. Bis zur Pensionierung war Mahle, der eine Schwester und zwei Brüder hat, Exportleiter im eigenen Unternehmen, das als grösster Kolbenhersteller der Welt 26 000 Mitarbeiter beschäftigt. Mit Interesse verfolgt der ehemalige Alleskönner des deutschen Rennsports via TV auch heute noch die wichtigsten Ereignisse: «Formel 1, Rallye-WM und DTM sind Pflichtprogramm.» Mit den schwäbischen Renn-Kumpanen von damals trifft er sich regelmässig am ersten Montag jedes Monats beim «Oldtimer-Stammtisch» in Stuttgart. «Da wird immer viel gelacht, viel Benzin geredet und das eine oder andere Viertele getrunken.» Sofern der Altmeister fit bleibt, will er in naher Zukunft einige grosse Reisen antreten. Wunschziele: Australien und Neuseeland. Siege am Fliessband: Mahle 1963 Klemmendes Fahrwerk: Mahle 2001 Kult-Buckel: Mahle im Volvo PV544 beim Flugplatzrennen Trier 1960 Mariosi, Enrico (MSa 36/2001) Die Seele vom Ring nrico Mariosi ist ein Stück NürburgringEgrossen Inventar. Als Oberkellner hat er alle und kleinen Rennfahrer der letz- 73 ten 40 Jahre an der Eifelrennstrecke bedient. Der bekennende Ferrari-Fan aus Modena kam mit 20 nach Deutschland, um Erfahrungen zu sammeln. Vom Kölner Nobelhotel «Excelsior» zog es ihn 1961 in die Eifel, wo man ihn als Oberkellner einstellte. Im altehrwürdigen Sporthotel Tribüne, das der legendäre ADAC-Rennleiter Kurt Bosch gerne als «Frikadellen-Bruchbude» titulierte, brachte der liebenswürdige Italiener den Stars der PS-Zunft fortan Salat, Suppe, Pommes, Dessert – und jedem Gast die Rechnung. «In dieser Zeit war alles sehr locker», erinnert sich Enrico. «Die F1Fahrer hatten Zeit für ein persönliches Gespräch und zechten auch mal bis weit in die Nacht. Heute ist alles so steril, hektisch und unpersönlich.» Kein Wunder, dass sich der nette Herr im schwarzen Frack stets freut wie ein Kind, wenn die Altstars Jacky Ickx, Jackie Stewart, Clay Regazzoni, Hans Herrmann oder Phil Hill in die Eifel kommen und dabei nie vergessen, im Hotel nach Enrico zu fragen. So war das Management des neuen «Dorint am Ring» gut beraten, die treue Seele zum Start des Restaurantbetriebs ’89 von seinem Verlegenheitsjob abzuwerben. Immerhin mussten 14 Monate überbrückt und die Familie ernährt werden. Jetzt geht Enrico in Pension und damit ein sehr menschliches Stück NürburgringGeschichte zu Ende. Unter dem spassigen Motto «Der erste Mafioso in der Eifel» bereitet ihm sein Arbeitgeber am 2. September ab 10 Uhr im Dorint am Ring eine grosse Abschiedsparty. Viele Freunde und Gäste aus fünf Jahrzehnten sind eingeladen. «Ich freue mich auf das Fest, auf die alten Weggefährten und auf meinen Ruhestand», sagt der 64-jährige Enrico, dessen Heimat seit 1967 das kleine Örtchen Müllenbach am Fusse der ehemaligen Nürburgring-Südschleife ist. Dort lernte er auch Renate kennen, mit der er seit 38 Jahren verheiratet ist. Die drei Töchter (36, 34, 28) sind aus dem Haus. «Ich werde sicher keine Langeweile haben», weiss der quirlige Mann mit dem herzlichen Wesen. «Die Pflanzen im Garten müssen gepflegt und die Pilze im Wald gesucht werden.» Vor allem kann er nun endlich in Ruhe seiner Lieblingsmarke Ferrari beim Siegen zuschauen. Schlusswort eines glücklichen Mannes: «Ich danke allen, die ich am Ring bedienen und kennen lernen durfte. Es war eine wundervolle Zeit.» Wer kann das nach 40 Kellner-Jahren schon sagen … Die Pflicht ruft: Mariosi 1961 Der Ruhestand ruft: Mariosi 2001 Ferraristi unter sich: Enrico Mariosi im Plausch mit Clay Regazzoni Menzel, Harald (MSa 21/2001) 74 Die Kurz-Karriere arald Menzel brachte als Privatier im H kleinen Abarth 1000 die grosse FordWerksmannschaft gehörig ins Schwitzen, als er sich beim Finale um die RundstreckenMeisterschaft 1969 anschickte, den Kölnern den Titel vor der Nase wegzuschnappen. Erst die damals berühmt-berüchtigte «Gutpunkte-Regelung» verhalf Dieter Glemser im Escort TwinCam mit der Winzigkeit von 0,6 Zählern zur Meisterschaft. Menzel trug’s mit Fassung und freute sich über die Vizemeisterschaft. Zumal er sich so gut verkauft hatte, dass ihn Ford-Statthalter Erich Zakowski sogleich als neuen Werksfahrer engagierte. Mit dem grün-gelben Zakspeed-Escort 1300 mischte der Norddeutsche fortan die Alfa-, NSU- und Mini-Cooper-Szene kräftig auf. Mit dem stärkeren BDA gelangen ihm in der DRM 1972 sogar fünf Divisionssiege, was den von Ford zu BMW gewechselten Rennchef Jochen Neerpasch ermutigte, den vielversprechenden Nachwuchsmann von Köln nach München mitzunehmen. Aber so richtig glücklich wurde Menzel nicht, zu gross war der Erfolgsdruck mit dem CSL-Coupé im gnadenlosen Schlagabtausch der Tourenwagengiganten Ford und BMW. Mit drei Saisonsiegen in der grossen DRMDivision verabschiedete sich der 25-Jährige zum Saisonende 1973 aus dem Rennsport. «Die Motivation war weg, das BMW-Werksteam wurde sowieso reduziert, und ich habe keine Perspektive mehr gesehen.» Stattdessen heiratete er 1974 seine Freundin Anke und bereitete sich auf die Übernahme des elterlichen Fiat-Autohauses in seiner Heimatstadt Dannenberg vor. Längst ist aus dem heute 53-jährigen Menzel ein erfolgreicher Geschäftsmann und aus der Fiat-Vertretung eine straff geführte Renault-Niederlassung geworden. Die 24-jährige Tochter und der 21-jährige Sohn unterstützen die Eltern nach Kräften, «denn man muss sich mächtig reinhängen, um im täglichen Kampf auf dem Markt zu bestehen». Mit Mountainbiking und Schwimmen hält sich der Chef fit, eine Rennstrecke sieht er heute, wenn überhaupt, höchstens mal zufällig. Auch alle Kontakte zu ehemaligen Renn-Kollegen sind abgerissen. «Allerdings schau’ ich mir im Fernsehen alle Formel-1und DTM-Läufe an, denn so ganz löst man sich ja doch nie von dem Sport, den man selbst betrieben und geliebt hat.» So blickt Harald Menzel denn auch gerne zurück auf seine fünf Jahre als Rennfahrer: «Die zweifellos schönste Zeit hatte ich 1968/69 als Privatfahrer im Abarth. Da sind wir noch mit 600 bis 800 Mark pro Wochenende ausgekommen …» Bitte lächeln 1: Menzel anno ’72 Bitte lächeln 2: Menzel heute Hoch das Bein: 1970 im Zakspeed-Escort beim Flugplatzrennen in Ulm Mohr, Manfred (MSa 43/2001) Der Furchtlose anfred Mohr stand vor einer glanzvollen M Formel-Karriere, als ein «Big Shunt» 1968 in Brands Hatch alle Träume zerstörte. Sein Brabham-Formel 3 stieg in der Startrunde nach Berührung mit einem Konkurrenten auf, überschlug sich mehrfach und krachte brutal in einen Erdwall. Mit offenen Brüchen, einem zerfetzten Oberschenkel und Lähmungserscheinungen bargen Helfer den besten deutschen Formel-3-Piloten seiner Zeit. Während der Zwangspause wurde dem Schwarzwälder klar, dass dieser Unfall nicht nur seine Gesundheit, sondern auch seine Profi-Laufbahn im Formel-Sport ruiniert hatte. So war der unterschriftsreife Werksvertrag mit Tecno für die Formel-2-EM an der Seite von Clay Regazzoni ebenso hinfällig wie andere ehrgeizige Pläne. Bis dahin hatte Mohr bis zu 25 F3Rennen pro Saison bestritten. Er raufte mit Stars wie Piers Courage, Ronnie Peterson, den Brüdern Brambilla oder Derek Bell auch im grössten Gemetzel furchtlos um Siege. So stand er in Monza auf der Pole und bezwang in Enna auf Sizilien die komplette Weltelite. Ein Unfall dieses Kalibers bringt selbst einen harten Hund wie Mohr ins Grübeln: Zweifel, Zukunftsängste und Schmerzen prägten die monatelange Rekonvaleszenz. Mohr 1969: Neuer Start mit Ford 75 Neuen Mut gab ihm 1969 eine Offerte aus Köln. Als Werkspilot wurde er als Rückendeckung für den auf den Titel angesetzten Dieter Glemser in Jochen Neerpaschs Escort-Offensive im 1,6-Liter-Twin Cam eingebunden. Zwar war das rechte Bein noch immer halb gelähmt, aber um «die Rolle des Mohrs, der seine Schuldigkeit tut» zu spielen, reichte es allemal. Wichtig war für ihn nur, wieder im Geschäft zu sein – wenn auch nur im Tourenwagen. Zwar fand er nochmal zu seiner alten Liebe Formel 3 zurück und gewann zweimal hintereinander den ADAC-Cup (Vorläufer der heutigen F3-DM), aber mit der grossen Karriere war’s vorbei. Nach weiteren rastlosen Jahren in allen möglichen Tourenwagenteams beendete er 1980 seine Laufbahn und kümmerte sich nur noch um seine Vertriebsfirma «Mohr Racing Parts» für Rennbekleidung, Helme, Zubehör. Erst vor zwei Jahren wurde der heute 63-Jährige mit neuen Schicksalsschlägen konfrontiert. Erst erlitt seine zweite Frau Olena einen Schlaganfall, danach musste er sich einer BandscheibenOperation unterziehen. «Mein Sohn wird mit Sicherheit kein Rennfahrer», stellt Mohr klar, «denn heute weiss ich mehr denn je, dass die Gesundheit das Wichtigste im Leben ist.» Mohr 2001: Weitere Tiefschläge Hockenheim 1968: Mohr (2) gegen die internationale Formel-3-Elite Neuhaus, Jürgen (MSa 44/2001) 76 Kernige Frohnatur Neuhaus zählte wie Willi Kauhsen Jdenürgen oder Leo Kinnunen in den 70er-Jahren zu verwegenen Bändigern des SuperSportwagens Porsche 917. Als Höhepunkt seiner Karriere holte sich der Wuppertaler Diskotheken-Besitzer mit dem PS-Ungetüm den Meistertitel in der damals sehr populären Interserie. Schon in den Jahren zuvor hatte der grossgewachsene, stets gut aufgelegte und nie um kernige Sprüche verlegene Rheinländer in seiner Carrera-6- und 911-Zeit ordentlich abgesahnt. «Es gab kaum ein Wochenende ohne Sieg oder Podiumsplatz», erinnert sich Neuhaus an seine Erfolgsserie am Berg und auf der Rundstrecke. Seine persönlich wertvollsten Resultate erzielte er ’70 mit dem Sieg im 917 Coupé bei den 200 Meilen von Nürnberg, dem Vizetitel in der GT-Europameisterschaft (Porsche 911) und mit dem dreifachen Gewinn der GT-Klasse beim 1000-km-Rennen auf dem Nürburgring (u. a. mit den rheinischen Weggefährten Helmut Kelleners und Dieter Fröhlich als Partner). Am selben Ort und beim gleichen Rennen erlebte er jedoch auch die grösste Enttäuschung: Zum Karriereende den Gesamtsieg vor Augen, blieb sein Porsche 935 Turbo stehen. «Das wäre das Sahnehäubchen zum Abschluss gewesen. Man kann nicht alles haben. Wenn man 17 tolle Rennsport-Jahre gesund und erfolgreich überstanden hat, gibt’s wirklich nichts zu meckern.» Der heute 60-jährige Neuhaus lebt unverändert in Wuppertal und geht seinen Hobbys Wintersport, Tennis und Wasserski nach. Seine Disco «Dudelsack», speziell in den 70ern beliebter Treffpunkt für VollgasFreaks, hat er nach «25 Jahren anstrengenden Nachtlebens» längst verkauft. Verbindungen zum Rennsport gibt es allerdings noch immer reichlich: Für die Scuderia Hanseat begleitet er seit 20 Jahren die Sportfahrerlehrgänge am Nürburgring als Instruktor, gleiches gilt für das Renntraining des BMW-Clubs. Zum Langstreckenpokal fährt er so oft es geht, auf Schleichwegen pirscht er sich per Motorroller zum Schwedenkreuz und anderen selektiven RingAbschnitten. Favoriten punkto TV-Konsum sind Formel-1-, V8STAR- und Motorrad-WMÜbertragungen. Zum Thema Ehe hat Jürgen Neuhaus seine eigene, ganz spezielle Meinung: «Ich war Gott sei Dank nur für ein paar Jahre verheiratet, seit 1973 führe ich ein wunderbares Single-Dasein. Ich habe auch niemals bereut, wieder ein freier Mann zu sein. Einmal Ehemann hat mir völlig gereicht – das muss ich wirklich nicht noch mal haben …» Ein echter Neuhaus eben … Siege am Laufmeter: Neuhaus 1969 Single aus Überzeugung: Neuhaus 2001 Erfolge im 917: Neuhaus beim Interserie-Rennen 1970 in Hockenheim Nöcker, Peter (MSa 46/2001) Der stille Star eter Nöcker war genau genommen so P60er-Jahre: eine Art Dieter Glemser der 50er- und Sauschnell, ruhig, gelassen und unspektakulär, ein erklärter Feind der Show und des Rummels um die eigene Person. Und damit genau das Gegenteil seines langjährigen Partners Peter Lindner, mit dem er sich bei den Tourenwagenschlachten über sechs und zwölf Stunden am Nürburgring und anderswo das Cockpit des Jaguar MK II mit dem berühmten Kennzeichen WI-PL 1 teilte. Lindner, Jaguar-Importeur und James-Dean-Typ, liebte jede Art von Showeffekten, zelebrierte seine Auftritte wie ein Filmstar, fuhr wild und oft überm Limit. Das Dream-Team Lindner/Nöcker gewann nach Belieben, je zwei Mal die 6 und die 12 Stunden sowie jede Menge EM-Läufe. Die Siegesserie brachte Nöcker 1963 mit der Deutschen Rundstrecken-Meisterschaft und der Tourenwagen-Europameisterschaft zwei wichtige Titelgewinne, die er um eine GTMeisterschaft im Ferrari 250 GT ergänzte. Ingesamt gelangen dem asketischen Rheinländer von 1956 bis 1966 gut 80 Einzelerfolge. Neben dem Jaguar MK II und dem Jaguar E Coupé in Leichtmetallbauweise galt Nöcker auch im Mercedes 300 SL und in Porsche-Sportwagen als sichere Bank. Daher holte ihn Porsche für die zwei letzten Jahre seiner Karriere ins Werksteam, wo er Dream-Team: Lindner/Nöcker 1962 77 mit dem Gewinn der Index-Wertung bei den 24 Stunden von Le Mans zusammen mit Herbert Linge seinen persönlich wertvollsten Triumph feierte. Der heute 73-jährige Inhaber einer Baustoff-Grosshandlung lebt mit seiner dritten Frau Marlene in Meerbusch bei Düsseldorf und erfreut sich bester Gesundheit. Sohn Peter jr. (37) kümmert sich verstärkt um die Führung des Betriebs, zwei weitere Nöcker-Söhne sind im Alter von 20 und 26 Jahren bei Verkehrsunfällen ums Leben gekommen. Zwei Töchter (40 und 41) komplettieren die Familie. Neben und nach dem Rennsport war Nöcker leidenschaftlicher Sportflieger. Erst vor kurzem hat er seine Fluglizenz verfallen lassen («Das ist etwa so, als wenn du deinen Führerschein freiwillig abgibst»). Dafür steht nun Golf hoch im Kurs, allerdings ist er auf Handicap 12 abgesackt. «Zu meiner besten Zeit hatte ich Handicap 7.» Eine Rennstrecke hat er seit dem Ende seiner aktiven Zeit nie mehr besucht, auch der Kontakt zu alten Weggefährten ist abgerissen. Selbst im Fernsehen ist der Motorsportkonsum auf die Formel 1 begrenzt. «Was die Jungs da so aufführen», urteilt er, «ist allerbeste Unterhaltung – aber Fliegen und Golfen ist trotzdem noch schöner.» Stiller Rheinländer: Nöcker heute Kennzeichen WI-PL 1: Der berühmteste Jaguar-Tourenwagen der 60er Nodes, Beate (MSa 15/2001) 78 Haugs Bezwingerin eate Nodes hat zu ihrer besten Zeit als B Rennfahrerin so manchen männlichen Konkurrenten ins Grübeln gebracht. Zu denen, die aus dem Staunen schier gar nicht mehr rauskamen, zählte auch der heutige Mercedes-Rennchef Norbert Haug, der Mitte der 80er-Jahre mit der tierisch schnellen Ford-Lady das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring bestritt. Die beiden teilten sich einen 90-PS-Fiesta XR2 und gewannen ihre Hubraumklasse souverän. «Der Norbert war völlig fertig», erinnert sich Beate feixend, «weil ich pro Runde drei Sekunden schneller fuhr als er. Das war mein schönster und wertvollster Erfolg überhaupt.» Zehn Jahre hat das hübsche FrankenMädel mit Ford im Rennsport zugebracht, fuhr in der Formel Ford, gewann den LadiesCup, stieg als Werkspilotin sogar in die DTM auf und siegte gegen Ende ihrer Laufbahn zusammen mit Thomas Beyer erneut im Fiesta-Mixed-Cup. Ihre DTM-Karriere im Sierra Turbo begann gleich bei der ersten Testfahrt in Hockenheim mit einem sechsfachen Überschlag. «Eigentlich habe ich den Sierra nie geliebt, das war nicht mein Auto. Hingegen waren Fiesta und Escort für mich massgeschneidert.» Dennoch steuerte sie den ungeliebten DTM-Sierra 1986 in Berlin auf einen vielbeachteten dritten Rang. «Alles, was ich im Rennsport erreicht habe, verdanke ich Ford und vor allem meinem Team um Bernhard Grab. Ich hatte dort die schönste Zeit meines Lebens.» 1994 beendete sie ihre Laufbahn als eine der erfolgreichsten Frauen im Rennsport überhaupt. Heute ist Beate Nodes (37) erfolgreiche Geschäftsfrau, leitet als Geschäftsführerin im fränkischen Bürgstadt ein grosses Schuhhaus mit 2000 qm Verkaufsfläche und 60 Angestellten. Besonders stolz ist sie auf ihre Fitness, «die noch genauso gut ist wie zu meinen besten Zeiten im Rennsport». Sie fährt regelmässig Mountainbike und Rennrad, schwimmt, joggt und trainiert jetzt sogar für ihren ersten Halb-Marathon. «Von der körperlichen Verfassung her könnte ich mich sofort wieder in ein Rennauto setzten, die DTC wäre gerade die richtige Kragenweite für mich. Aber mir fehlt wegen des Jobs leider die Zeit.» Wenigstens pflegt sie intensiven Kontakt zur Rennszene und den Grab-Mechanikern, saugt via TV jede Übertragung gierig auf und ist einfach nur stolz darauf, «mal dazugehört zu haben». Familie, Kinder? «Da tut sich noch nichts, ich bin noch ledig und habe keine Eile.» Stattdessen träumt Beate von neuen Zielen – irgendwann will sie die höchsten Berge besteigen. «Muss ja nicht gleich ein Achttausender sein …» Nodes 1986: Was für ein Blick … Mit Hund und Haus: Beate heute Im Fiesta fast unbezwingbar: Nodes 1990 im Mixed-Cup-Lauf am Ring Obermoser, Jörg (MSa 28/2001) Der Nostalgiker örg Obermoser denkt oft und gerne an JRennsport seine Auftritte in der Deutschen Meisterschaft (DRM) zurück. Zwischen 1972 und 1977 war er in der 2Liter-Division eine feste Grösse. Zuerst im Escort BDA, dann im BMW 2002. Wenn’s um die Podiumsplätze ging, war mit dem leidenschaftlichen Fighter aus Bruchsal immer zu rechnen. «Die Rennen gegen Glemser, Heyer, Ludwig oder Basche waren gigantisch, da stimmte einfach alles», schwärmt Obermoser noch heute. Erst die Turbo-Ära verdarb ihm zusehends den Spass am Tourenwagen, deshalb widmete er sich mit seiner TOJ-Eigenkonstruktion verstärkt der Sportwagen-Szene, wo er schon parallel zu den DRM-Starts schöne Erfolge einfuhr. Als die Sportwagen in eine Krise gerieten, beendete er 1979 seine zehnjährige Rennfahrer-Laufbahn. Vor seiner Tourenwagenzeit hatte er bereits als Mitglied der deutschen Kart-Nationalmannschaft zusammen mit Hans Heyer & Co. oft genug die Kohlen aus dem Feuer geholt. Die positiven Erinnerungen des DRMVizemeisters von 1974 («das war definitiv mein schönstes Jahr») haben ihn dazu ermuntert, die Glanzzeit der DRM mit den Gruppe-5-Autos nochmals aufleben zu lassen. Deshalb baut er heute nahezu alle zwischen 1972 und 1980 eingesetzten 2- Obermoser ’74: «Das beste Jahr!» 79 Liter-Autos als Kunststoff-Modelle im Massstab 1:24 nach. Und zwar in Original-Lackierung und mit Original-Sponsor-Beschriftung. «Erst war’s nur ein ganz persönliches Hobby», so Obermoser, «aber es gab so viele Anfragen, dass inzwischen ein richtiges Geschäft daraus geworden ist.» Den schwunghaften Handel mit den begehrten Nachbauten will er weiterhin pflegen, zumal der 57-jährige Technik-Freak wegen schwerer Diabetes noch dieses Jahr vorzeitig in Rente geht. Fans wie Nostalgiker können ihr Wunschauto bei Obermoser als Bausatz oder fertig montiert ordern – zu Preisen zwischen 190 und 400 DM. Nach beruflicher Berg- und Talfahrt, unter anderem in Frankreich, lebt Jörg Obermoser jetzt wieder in Pforzheim. Vor zwei Jahren hat er zum dritten Mal geheiratet. Zwei erwachsene Töchter (34, 32) aus erster Ehe machten ihn bereits zum dreifachen Opa, dazu gibt es noch einen 16jährigen Sohn («der wird aber bestimmt kein Rennfahrer») aus zweiter Ehe. Der Rennsport fasziniert den einstigen BMWStar noch immer, aber persönlich sehen lässt er sich kaum noch. «Ich schau’ mir alles genüsslich im Fernsehen an, von der Formel 1 über die DTM bis zur MotorradWM.» Dazu studiert er die einschlägige Lektüre – natürlich auch MSa. Obermoser 2001: Bald Rentner Goldene DRM-Jahre: 1974 im GS-BMW 2002 in Mainz-Finthen Ostlender-Weiss, Claudia (MSa 07/2001) 80 Die Power-Lady laudia Ostlender hat im Verlauf ihrer CKopfzerbrechen kurzen Rennkarriere einigen Leuten bereitet. Erst fuhr sie im Fiesta-Ladies-Cup den Konkurrentinnen und anschliessend auch der rennenden Männerwelt um die Ohren. Die sportive und hübsche Aachenerin, von Beruf Werkstoffprüferin, kam ohne jede Vorkenntnis 1983 in den Ladies-Cup und holte auf Anhieb den Titel. Nach zwei weiteren FordJahren lockte der VW-Polo-Cup. Dort trieb sie bis zum Ende ihrer Laufbahn ihr Unwesen und brachte gestandene Mannsbilder zur Verzweiflung. Schliesslich gewann sie als einzige Frau in der Historie des Polo-Cups 1988 den Lauf auf ihrer Lieblings- und Hausstrecke in Zolder. Zwischendrin liess es die flotte Lady beim Langstreckenpokal Nürburgring im Golf GTI und Escort RS krachen und stellte auf der VW-Versuchsstrecke EhraLessien im Corrado mit 217 km/h einen Geschwindigkeits-Weltrekord auf, bevor sie Ende der Saison 1989 den Renn-Overall endgültig auszog. «Es gab zwar ein konkretes BMW-Angebot, aber für den Verbleib im Rennsport hätte ich meinen Beruf aufgeben müssen. Und das war’s mir nicht wert.» Dafür arbeitete sie weiter als Assistentin der Geschäftsleitung beim VW- und Audi- Betrieb Zabka in Alsdorf. Dem Unternehmen fühlte sie sich schon deshalb verbunden, weil man ihr dort den Einstieg in den Polo-Cup technisch wie finanziell geebnet hatte. Heute allerdings gibt es im Leben der 42-Jährigen andere Prioritäten. Seit vier Jahren ist sie verheiratet, heisst jetzt Weiss und ist stolze Mutter des fast dreijährigen Leonard. Ihr Mann Georg ist Druckereibesitzer in Monschau. In seinem Betrieb wird unter anderem auch die MOTORSPORT aktuell gedruckt, die Sie, liebe Leser, jeden Dienstag in Händen halten. Logisch, dass sie über alles bestens informiert ist, was im Rennsport gerade so läuft. Dazu gönnen sich Claudia und ihr Mann drei bis vier Formel-1-Rennbesuche pro Jahr, der Rest wird via TV konsumiert. Der Kontakt zu ehemaligen Rennfahrerkolleginnen und -kollegen ist dagegen «leider abgerissen». Aber auch so gibt’s keine Langeweile: Kind und Mann versorgen, etwas Golf (Handicap 23) und immer wieder prüfende Blicke auf das im Bau befindliche Häuschen. Der Einzug ist für Sommer geplant. Wenn der ganze Wirbel überstanden ist, möchte sie sich einen Wunsch erfüllen: «Einmal zum Golfen nach Hawaii, das wär’s.» 1983: Ostlender als Fiesta-Lady Heute: Mama Weiss mit Leonard Da staunten die Buben: Claudia ’88 beim Polo-Cup-Laufsieg in Zolder Pankl, Gerold (MSa 39/2001) Der Unzerstörbare erold Pankls Rennkarriere war kurz, aber G heftig. Vor allem heftig, was die haarsträubenden Unfälle des Österreichers in 81 den wilden Tagen der Formel-VW-Frühzeit zwischen 1966 und 1968 betraf. Jedes Rennauto, das Pankl in die Finger bekam, bewegte er am und überm Limit. Ob AustroVW- oder McNamara-F3-Rennwagen, ob BMW Alpina 2002 oder Porsche Carrera 6 – wo der stämmige Naturbursche drin sass, wurde gesiegt, oder es flogen die Fetzen. So krachte es während seiner sechs Jahre währenden Pistenpräsenz derart oft, dass auch die hartgesottenen Kumpels und Teamgefährten Niki Lauda und Helmut Marko ins Grübeln gerieten. Binnen kurzer Zeit flog Pankl in Spa und am Nürburgring «jeweils in Baumhöhe wie eine Granate» aus dem Cockpit seines VWRenners. Gurte gab’s zu jener Zeit nicht. Beide Crashs überlebte er mit Wirbelsäulenbruch, durchtrennten Muskeln, komplizierten Beinbrüchen und Prellungen am ganzen Körper. Als er schliesslich mit einem Alpina-BMW 2002 beim EM-Lauf in Brands Hatch gegen einen Erdwall krachte und «es mir dabei das halbe Gesicht weggefetzt hat», verging dem FahrschulInhaber aus Bruck in der Steiermark der Spass an der Rennerei. So zog er sich 1972 zurück, ohne einen Meistertitel erreicht zu haben. «Wie sollte ich auch? Wenns um die Wurst ging, lag ich ja immer im Krankenhaus.» Es blieben aber auch gute Erinnerungen. Etwa der Formel-VW-1300-EM-Laufsieg in Thruxton oder zwei Gesamtsiege im AlpinaBMW bei den 24 Stunden auf dem Nürburgring. Mit Pankls Rücktritt ging dem Motorsport eine schillernde Figur verloren. 62 Jahre ist der Mann jetzt alt, über den man sich einst respektvoll zuraunte, dass er weder Tod noch Teufel fürchte und unzerstörbar sei. Ruhiger ist er geworden, spielt leidenschaftlich Tennis und hat das Rauchen («80 am Tag im 15-Minuten-Takt») aufgegeben. Heute ist er Besitzer einer Schweinezuchtfarm in Ungarn (80 000 Jungferkel pro Jahr) und Herr über 1200 Mitarbeiter. Der Betrieb läuft prächtig. Das gilt auch für die «Pankl Racing Systems AG» mit Sitz in Bruck, ein Börsen-Highflyer, der Formel-1Rennställe, die DTM-Truppe von Opel und mehrere Flugzeugfirmen mit hochwertigen Präzisionsteilen beliefert. Firmenchef ist der älteste Pankl-Sohn Gerold jr. (40). Derweil droht der Senior mit sarkastischem Unterton seinen Rückzug aufs Altenteil an, «um mich endlich mal richtig auszuruhen». Verdient hätte er’s ja – nur glaubt’s ihm keiner … Triumph oder Crash: Pankl 1968 Ferkel statt Formel: Pankl heute Immer am Limit oder drüber: Gerold Pankl 1968 im Formel Super Vau Petit, Peter (MSa 48/2001) 82 Der nett’ Franzos’ eter Petit gehörte ein Vierteljahrhundert PRoadbook lang vor allem zur Rallyeszene wie das zum Copiloten. Aus dem Nichts baute der liebenswürdige Franzose den Pirelli-Renndienst auf und profilierte sich schon bald als unentbehrlicher Experte. Dabei kam der Sportchef des hessischen Reifenherstellers eher unfreiwillig zu seinem Job im Odenwald-Städtchen Höchst: Denn eigentlich wollte sich der kleine Mann aus Paris mit dem Gardemass von 165 Zentimetern nach seiner GastronomieLehrzeit als Koch oder Hotelier niederlassen. Dann durchkreuzte die deutsche Wehrmacht seine Berufspläne und verschleppte ihn 1943 als Zwangsarbeiter in die Reifenfabrik Veith. Dort machte Petit aus der Not eine Tugend: Über verschiedene Stationen hangelte er sich bis zu einer leitenden Position im Kundendienst nach oben, heiratete seine Odenwälder Freundin Selma, und begann Anfang der 60er-Jahre, sich um den Aufbau einer hauseigenen Sportabteilung zu kümmern. Seitdem spurtete der Pirelli-Sportler von einer Rallye zur anderen sowie zu Berg- und Rundstreckenrennen und kam dabei locker auf 40 bis 50 Veranstaltungen pro Saison. Mit seinen Vertragsteams feierte er jede Menge Titel, darunter mehrmals die Rallye- Le grand chef: Peter Petit 1964 WM, -EM und –DM. Seine schönste Zeit hat Petit «mit Walter Röhrl in der Rallye-WM» erlebt, seine Lieblingsrallye war «eindeutig die Monte». Noch heute schwärmen einstige Top-Piloten von der Kompetenz, Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft des hessischen Franzosen. Dessen Sprachmix aus Odenwälder Slang und französischer Betonung, der oft Silben zum Opfer fallen («mein schön’ Beruf»), machten ihn noch sympathischer. Seit ’83 lebt er in Höchst «gleich neb’ dem Pirelli» im Ruhestand. «Aber auch als Rentner», sagt der inzwischen 77-jährige Petit, «hast du nie Zeit.» Sein Tagespensum ist beängstigend: Jugendarbeit, Vereinsleben, Tischtennis, Radfahren, Musikgruppe, Haus- und Gartenpflege, fünf Enkel und ein Peugeot-Oldtimer halten ihn auf Trab. Dazu seine Reisen: Mal drei Monate Australien, mal sechs Wochen Frankreich. Mit vielen Fahrern hat er noch regelmässig Kontakt, «obwohl ja leider auch so viel gestorb’ sind». Mit seiner Selma ist er jetzt 55 Jahre verheiratet, von den beiden Söhnen verstarb der ältere 1993 an Krebs. Den alten Wegbegleitern verspricht der noch immer kerngesunde Petit: «Zu mein’ 80. Geburtstag in drei Jahr’ werd’ ich alle für ein gross’ Fest einlad’.» Wir freuen uns schon drauf. Heute: Peter Petit als Pensionär Bravo: Die ONS ehrte Petit ’78 für seine Verdienste um den Rennsport Scharmann, Peter (MSa 30/2001) Der Renningenieur eter Scharmann gehörte in den 70erPgnadenlos Jahren zu jener berüchtigten Clique schneller Österreicher, die vor 83 allem in der Formel V1300, der Formel Super Vau und später auch in der Formel 3 von Erfolg zu Erfolg eilten. Im Gegensatz zu seinen Landsleuten war der gelernte Maschinenbau-Ingenieur eher ein ruhiger Vertreter, der sich zumeist geschickt aus den üblichen Raufereien heraushielt. Bevor er in der Saison 1973 das erste Formel-V1300-Eigenbau-Cockpit enterte und auf Anhieb die Europameisterschaft gewann, arbeitete er bei Porsche als Jungingenieur für die Bereiche Fahrwerk und Motor. Seine einschlägigen Kenntnisse aus dem lehrreichen Job in der Weissacher Denkfabrik übertrug der Österreicher mit deutscher Lizenz auf die Abstimmung seiner eigenen Rennautos. Der Siegeszug setzte sich in der Formel Super Vau fort und gipfelte 1977 im Gewinn des Deutschen Formel-3-Championats. Diesen wichtigen Titel sicherte er sich gleich in seinem ersten F3-Jahr und dazu noch mit einer Neukonstruktion (TOJ-Toyota). Die anschliessend ins Visier genommene Formel-2-Karriere geriet durch Geldmangel schon bald ins Stocken. «Nachdem es keine Perspektive mehr gab, hab’ ich kurzerhand beschlossen, mit der Rennerei aufzuhören und mich wieder meinem Beruf zuzuwenden.» Seitdem ist Peter Scharmann Sales Manager und Geschäftsführender Direktor der schweizerisch-österreichischen HOBASWerke in Klagenfurt, an denen der ehemalige Berg-Europameister und Ex-FerrariRennleiter Peter Schetty eine 50-ProzentBeteiligung hält. Das Unternehmen produziert glasfaserverstärkte Polyesterrohre für die Wasserwirtschaft. Beruflich hat der 51-Jährige noch ehrgeizige Pläne, ohne dabei Privatleben und Hobbys zu kurz kommen zu lassen. «Ich spiele seit fünf Jahren Golf, halte mich fit mit Mountainbiking, Skifahren und Joggen und steige auch gerne mal ins Indoor-Kart.» Mit seiner Frau Sigrid ist er seit 26 Jahren verheiratet, die erwachsenen Kinder (24, 21) studieren Handelswissenschaft in Wien. Gelegentlich gönnt sich Peter Scharmann Besuche bei seinen Lieblings-GP Monza, Monaco und A1-Ring, den Rest des Formel1-Programms konsumiert er vor dem Fernsehgerät im häuslichen Wohnzimmer. Schade findet es der ehemalige Rennfahrer, dass alle Kontakte zu den alten Weggefährten aus Formel V und Formel 3 abgerissen sind. «Vielleicht meldet sich der eine oder andere ja jetzt mal – ich würde mich riesig darüber freuen.» Der Rennfahrer: Scharmann 1977 Der Manager: Scharmann heute Grosse Sprünge: Scharmann im TOJ-Toyota-F3 auf der Nordschleife Schmidt, Rolf (MSa 11/2001) 84 Vive la France! olf Schmidt erwies sich für Renault und R den Sport in Deutschland als Glücksgriff. Als der Mann mit der bewegten Vergangenheit und der ausgeprägten Vorliebe für Frankreich Ende der 60er-Jahre in der deutschen Niederlassung in Brühl bei Köln anheuerte, konnte noch niemand ahnen, was er alles in Gang setzen würde. Zumal ihn seine Vorgeschichte nicht gerade als Experten fürs Sportive auswies: Nach dem Krieg schlug er sich in Frankreich durch – als Hauptfeldwebel der Fremdenlegion in Indochina, als Bergwerksarbeiter, Spediteur und Direktor einer tunesischen Obstplantage. Bei einem Autounfall verlor er fast sein Leben, brach sich den 11. und 12. Brustwirbel und sass beinahe drei Jahre im Rollstuhl. Doch er war und blieb ein Fighter: Bei Renault baute er eine funktionsfähige Sportabteilung auf, schickte hauseigene Alpine 1600 GT und Formel-3-Renner auf Siegestour und bugsierte Renault-Deutschland zu einer festen Grösse im nationalen Sportgeschehen. 1974 setzte er sich mit der grandiosen Idee des Renault-5-Pokals selbst ein Denkmal. Seit acht Jahren lebt Rolf Schmidt (73) im Ruhestand, aber die Verbindung zu Renault ist nie abgerissen. Noch immer arbeitet er Reglements und technische Handbücher aus, übersetzt komplizierte Texte und liefert Ideen. Überdies ist auch sein Sohn Kai (34) als EDV- und PC-Experte bei Renault in der Händlerbetreuung gelandet. Schmidt selbst hat sich einen Tag nach der Pensionierung einen PC gekauft und gilt seitdem als Freak. Zusammen mit seiner Frau Lou bewohnt Schmidt im Kölner Vorort Rodenkirchen ein schmuckes Häuschen, macht zwei bis drei Mal pro Jahr Urlaub in Frankreich und lässt sich auch durch allerlei gesundheitliche Rückschläge wie eine komplizierten Herzoperation nicht aus der Ruhe bringen. Allerdings hat ihn Ende letzten Jahres die Krankheit seiner Frau, mit der er seit fast 30 Jahren verheiratet ist, mehr getroffen als alle eigenen Gesundheitsprobleme zusammen. «Lou hat mein Leben geprägt, ich verdanke ihr so viel und hoffe inständig, dass sie den Kampf gewinnt. Wir wollen gemeinsam alt werden.» So gibt es für den Ex-Sportchef in diesen Tagen nur eine Aufgabe: «Ich will in dieser schweren Zeit für meine Frau da sein und ihr täglich Mut machen. Alles andere ist unwichtig.» Wenn alles gut geht, werden die Schmidts hoffentlich bald zum nächsten Urlaub aufbrechen und ihrem Lebensmotto frönen: «Geniesse den Tag bei gutem Essen und gutem Wein.» Natürlich in Frankreich. 1974: Neue Impulse für Renault Heute: Nur Lous Gesundheit zählt Schmidts beste Idee: Der Renault-5-Pokal entwickelte sich zum Renner Mit vollem Einsatz: Renault 5-Legende Jo Weber 1975. Drei Jahrzehnte Markenpokale in Deutschland Viel ist passiert seit dem ersten Lauf zum Renault 5 elfPokal 1974 in Hockenheim. Eines hat sich jedoch nicht geändert: Die Markenpokal-Rennserien des „Créateur d’Automobiles“ bieten ebenso spektakulären wie professionellen Motorsport für Ein- und Aufsteiger. Sorgt stets für Aufsehen: Renault Clio Speed Trophy 2003. Bleiben Sie uns treu – die Erfolgsstory geht weiter. Renault Nissan Deutschland AG Abteilung MotorSport Renault Nissan Straße 6 – 10 50 321 Brühl 30 Jahre und kein bisschen leise… Renault MotorSport Schütz, Wolfgang (MSa 24/2001) 86 Das Cup-Schlitzohr olfgang Schütz gilt noch heute als erW folgreichster deutscher Renault CupPilot. Mehr als 100 Siege, zwei EM- und ein DM-Titel bescherten ihm einen Ruf wie Donnerhall und dazu eine rekordverdächtige Preisgeldsumme. Ob im Renault 5, R5 Turbo, Alpine V6 oder R21 Turbo – der ebenso listige wie schlitzohrige Schwabe aus Hildrizhausen bei Böblingen mischte zwischen 1974 und ’90 jedes Renault-CupStartfeld gnadenlos auf. Sein ganz spezieller Platz zum Siegen hiess Monaco. Hier gewann er als einziger Renault-Pilot mit jedem im Eurocup eingesetzten Modell mindestens einmal. Ein typischer Schütz-Monaco-Auftritt der 70erJahre: «Nachts mit Hänger und Rennauto durchgefahren, um 5 Uhr Abnahme, um 6 Training, um 7 Bestzeit, um 8 Zelt aufgebaut, geschlafen, Rennen gewonnen.» Mindestens zwei EM-Titel seien ihm entgangen, jammert Schütz noch heute, «weil sich regelrechte Seilschaften gegen mich gebildet hatten. Die sind dann immer gemeinsam über mich hergefallen.» Vor allem die berüchtigte «Viererbande» mit Sigala, Lammers, Gouhier und Bleekemolen machten dem Schwaben schwer zu schaffen. So wie etwa 1984 in Brands Hatch, als sich Schütz nach einem brutalen GouhierFoul bei 200 mehrfach überschlug und erst im Krankenwagen wieder zu sich kam. Auf dem Weg zur Klinik nutzte er einen Stau zur Flucht aus dem Krankenwagen, enterte eine Taxe zurück ins Fahrerlager, sammelte seinen Schrott ein und fuhr noch nachts mit Wohnmobil und Hänger nach Hause. Als er 1990 beim EM-Lauf in Le Mans schuldlos in eine Startkollision verwickelt und in lebensbedrohlichem Zustand aus dem R21-Turbo-Wrack geborgen wurde, war allerdings Schluss mit Lustig. Erst nach einer Woche erwachte er aus dem Koma, trat danach eine mehrjährige Rehabilitations-Phase an und musste seine Rennfahrerkarriere beenden. Die Unfallfolgen hat der heute 51Jährige nahezu völlig überwunden, Sprachzentrum und Gedächtnis arbeiten wieder zufriedenstellend. Unverdrossen betreibt der Kfz-Meister bereits im 30. Jahr seinen Gebrauchtwagenhandel, legt für dringende Reparaturarbeiten auch mal selbst Hand an, wenn gute Kunden darum bitten. Seine Ehe allerdings ging vor fünf Jahren in die Brüche, die beiden Kinder (Sohn 19, Tochter 17) leben bei seiner Ex-Frau Marion. Seine Zukunft hat Wolfgang Schütz schon klar vor Augen: «Ich will viel Urlaub machen, so oft wie möglich in die USA reisen, und mein zweites Leben bewusster geniessen.» Früher: Schütz als wilder Hund Heute: Schütz als feiner Herr Ende mit Schrecken: Das R21-Wrack nach dem Crash 1990 in Le Mans Schwägerl, Hans (MSa 34/2001) Der Rallye-Papst ans Schwägerl war schon immer ein H Mann weniger Worte und grosser Taten. Der Weinhändler und Hotelier gehörte 87 1951 zu den Gründern des MSC Marktredwitz, fuhr erfolgreich Motorrad- und Autorennen sowie Rallyes und wechselte nach seiner aktiven Zeit 1960 in den Organisationsbereich des ADAC. Seither widmete er sich Aufbau und Wachstum des deutschen Rallyesports, war 25 Mal Fahrtleiter der Winterrallye Marktredwitz und Projektmanager für die Fahrtleiter-Ausbildung im Rallye-Sport. Sein Meisterstück machte Schwägerl als Chef-Organisator und Fahrtleiter der legendären Olympia Rallye ’72, dem grössten ONS/ADAC/AvD-Gemeinschaftsprojekt aller Zeiten: Sieben Bundesländer, 17 Regierungsbezirke, 87 Landkreise und 900 Ortschaften wurden berührt, 45 000 km zur Streckenplanung abgefahren, dazu 5000 Helfer rekrutiert. 407 Nennungen gingen ein, 347 davon wurden akzeptiert. Fast eine Million Zuschauer säumten die Rallyestrecke zwischen Kiel und München. «Eine Veranstaltung dieser Dimension hatte es bis dahin in Deutschland nie gegeben – und wird’s auch nie mehr geben», blickt er fast wehmütig zurück. «Das war die grösste Herausforderung in meiner Funktionärs-Laufbahn.» Auch die erste ADAC-Rallye Deutschland lief 1982 natürlich unter Oberaufsicht von Schwägerl. Jahrzehntelang war er ADACWagenreferent, Mitglied der ONS-Sportsowie FIA-Rallyekommission und Sportkommissar bei allen wichtigen Events. Obwohl der heute 76-Jährige offiziell längst als Pensionär gilt, wird er immer noch als Sportkommissar berufen. Selbstverständlich ist er zusammen mit Walter Röhrl nun auch ADAC-Repräsentant für das WM-Lauf-Projekt Deutschland-Rallye. Ansonsten kümmert sich der Unruheständler in seiner Heimatstadt Marktredwitz um seinen Weinhandel. Jeder neue Wein wird von ihm persönlich verkostet, bevor er in den Verkauf geht. Sein 65Betten-Hotel hat er schon vor 20 Jahren verkauft, «weil die Knochenarbeit irgendwann ein Ende haben musste». Mit Ehefrau Lilo ist er seit 50 Jahren verheiratet, Sohn Michael (48) ist Anwalt und Justitiar des unterfränkischen Hotel- und Gaststättenverbands. Überdies hat sich der junge Schwägerl als Sportkommissar bei der DTM und Rennleiter des Nürburgring-GP einen Namen gemacht. Und der nächste Schwägerl kommt bestimmt – Michael (9) interessiert sich auch bereits brennend für die Abteilung «Brumm-Brumm». Rallye-Pionier: Schwägerl 1976 Botschafter: Schwägerl heute Mann der Praxis: Schwägerl (r.) mit Co Grafenhorst 1968 im Rallyeziel Seufert, Hans Peter (MSa 05/2001) 88 Der Buschmann ans Peter Seufert und seine Liebe zur H Rennsport-Fotografie – eine Story, die 1957 begann und 20 Jahre später allmählich zu Ende ging. An die 600 Rennen hat der quirlige Schwabe besucht, von der Formel 1 über die Sport- und Tourenwagenschlachten bis zum Bergrennen war die ganze Palette dabei. Wo immer ein langes, schwarzes Rohr aus dem Strauchwerk am Streckenrand ragte, war jedem vorbeidriftenden Piloten klar: «Da sitzt der Seufert im Busch.» Mit schwerem Equipment, Fotokoffer und mehreren Teleobjektiven als Handgepäck, umrundete er während eines 1000-km-Rennens oft die halbe Nordschleife zu Fuss. Pro Rennen schoss Seufert, der als bester Action-Fotograf der 60er-Jahre galt, bis zu 800 Bilder, die dann im eigenen Kellerlabor entwickelt und an Presse und Fahrer verschickt wurden. Der Verkauf an die Akteure war gängige Praxis, aber Reichtümer konnte man nicht anhäufen, «zumal die Zahlungsmoral der schnellen Kundschaft nicht immer die beste war». Aussenstände von mehreren 1000 Mark erinnern Seufert noch heute an den nervenaufreibenden Bildversand. Nach dem Tod seines Kollegen Julius Weitmann trat Seufert dessen Nachfolge bei «auto motor und sport» als Cheffotograf für die Ressorts Test und Specials an. Einsätze bei den Rennen rückten immer mehr in den Hintergrund. Und seit sein Schwiegersohn Manfred Winkelhock 1985 tödlich verunglückte, hat Seufert keine Rennstrecke mehr besucht. Dennoch ist er dem Sport noch immer verbunden, schaut sich im Fernsehen alle F1-, Tourenwagenund Champ-Car-Übertragungen an. «Ausserdem bin ich regelmässiger MSa-Leser, denn ich muss ja wissen, was die übrigen Winkelhocks so anstellen – Jockel, Tommi und vor allem mein Enkel Markus.» Seufert, 67, lebt mit Ehefrau Gerlinde in Korb bei Waiblingen. Die beiden sind seit 43 Jahren verheiratet. Zwei Söhne (Rudi, 43, und Hans-Dieter, 33) und zwei Töchter (Martina, 41, und Christiane, 39) erfreuen die Eltern mit zahlreichen Enkelkindern. Rudi und Hans-Dieter sind auch bei ams gelandet, der eine verwaltet die Testwagen, der andere trat als Fotograf die Nachfolge seines Vaters an. Während Tochter Martina mit ihren Kindern gleich um die Ecke in Berglen-Steinach wohnt, lebt Christiane mit ihrem Mann in Kapstadt. Obwohl längst im Ruhestand, hilft Familienoberhaupt Seufert immer wieder bei ams aus, wenns dort eng wird. Ansonsten sitzt er am Klavier, werkelt im Garten oder baut Modellautos. «Mir gehts richtig gut, ich bin gesund und bester Dinge.» 1968: Fast jeder Schuss war ein Treffer Seufert 2000: Nicht ohne meine Kamera Seufert mit langem Rohr: Der beste Action-Fotograf 1965 in typischer Arbeitspose Steinemann, Rico † 2003 (MSa 32/2001) Der Multi-Mann ico Steinemann hat in seiner bewegten R Berufslaufbahn rund ums Thema Motor und Racing fast alles gemacht, was in dieser 89 Branche reizvoll ist: Journalist und Rennfahrer, Rennleiter und Sportchef, Verlagsgründer und Chefredakteur, Autotester, TVKommentator und als letzte Berufsstation 25 Jahre lang PR-Direktor für Mercedes-Benz Schweiz. Überdies war der polyglotte MultiMann, der sechs Sprachen fliessend spricht, auch Gründer, Mitverleger und erster Chefredakteur der «Powerslide», aus der 1975 MOTORSPORT aktuell hervorging. In seiner Rennfahrerzeit liess er sich 14 Geschwindigkeits-Weltrekorde gutschreiben – neun mit dem C111-Prototyp von Mercedes, fünf mit dem Porsche 911 R. Als PorscheRennleiter holte er fünf WM-Titel nach Stuttgart (drei Mal Sportwagen-WM, je ein Mal Rallye- und GT-WM). Seine gut 30 persönlichen Siege errang der Schweizer zwischen 1962 und 1968 mit Mini Cooper, Lotus-Elite, Ferrari 275 GTB und den Porsche-Typen 906, 907, 908, 910 und 917. In der SportwagenWM teilte er sich das Porsche-Cockpit vorzugsweise mit seinen Landsleuten Jo Siffert und Dieter Spoerry. Als schönsten Erfolg nennt er den LeMans-GT-Sieg im Ferrari 275 GTB. «Das war ein Traum – der Sieg mit der total veralteten Kiste, das Wetter, die Zuschauermassen, die ganze Atmosphäre.» Aber es gab leider auch oft genug Anlass zu Trauer, etwa als seine Freunde Jo Siffert, Ludovico Scarfiotti und Pedro Rodriguez nacheinander tödlich verunglückten. Steinemann nachdenklich: «Es sind Momente, wo du diesen wunderbaren Sport nur noch verfluchst.» Als Vorruheständler lebt Rico Steinemann (62) mit Gattin Marianne in Russikon bei Zürich. Die zwei sind seit 37 Jahren verheiratet. Sohn Dieter (28) war zunächst Eishockey-Profi, heute ist er Bankier in Zürich. Zwei Herzinfarkte und ein Lungendefekt bescheren Steinemann seit einiger Zeit leider massive gesundheitliche Probleme. Dennoch gönnt er sich noch immer die Formel-1-GP in Kanada und Monaco vor Ort. Seine Eindrücke: «In Kanada wirst du wie ein Fürst empfangen, in Monaco wie der letzte Depp.» Den grossen Rest des weltweiten PSSpektakels (neben der Formel 1 auch alle DTM- und ChampCar-Läufe) geniesst er via Fernsehgerät – und da hört er sehr genau zu. Schliesslich hat er in den 80er-Jahren an die 100 Formel-1-GP für das Schweizer Fernsehen als Kommentator begleitet. Für die Zukunft wünscht er sich, «noch viele gute Rennen zu sehen, ein paar Reisen zu machen und Hochseesegeln zu gehen, so oft es die Gesundheit erlaubt.» Porsche-Dirigent: Steinemann 1969 Frühpensionär: Steinemann heute Rico Steinemann: Viele Erfolge im Langheck-Carrera der 60er-Jahre Surer-Tavoli, Yolanda (MSa 42/2001) 90 Das neue Leben Tavoli legt viel Wert darauf, unter Yoderolanda dem Namen Surer nirgends mehr in Wort Schrift zu erscheinen. Ihre Ehe mit ExF1-Pilot und TV-Kommentator Marc Surer wurde 1993 nach achtjähriger Dauer geschieden, seit 1997 ist sie mit dem Schweizer Geschäftsmann Patrick Tavoli verheiratet. Die einstige Finalistin der «MissSchweiz»-Wahl hat sowohl unter ihre erste Ehe als auch unter die zehn RennsportJahre einen Schlussstrich gezogen. «Ich bin ein rundum glücklicher Mensch, habe einen wunderbaren Ehemann und zwei ganz süsse Kinder.» Die Ex-BMW-Werkspilotin hat in ihrer Glanzzeit auf der Piste gewiss keine schlechte Figur gemacht. Nach Gastspielen im Kart, in der Formel Ford und der Formel 3 stiess sie 1992 zur BMW-Tourenwagenmannschaft und konnte nach kurzer Eingewöhnung im 325i Coupé schon bald mit einem M3 in der DTT um Podestplätze kämpfen. So gewann sie 1993 auf der Avus ihre Klasse über 2500 ccm, fuhr insgesamt drei Mal auf Pole und holte sich weitere Plätze im Vorderfeld. Parallel zu ihrem Renn-Engagement war sie als Instruktorin in das BMW-Fahrertraining eingebunden. 1996 steuerte diese Verbindung langsam, aber sicher ihrem absehbaren Ende entgegen. Ihren persönlich wertvollsten Erfolg und zugleich glanzvollen Schlusspunkt erreichte sie mit Gesamtrang 4 bei den 24 Stunden in Spa. Partnerinnen im BMW M3 waren Florence Duez und Kathy Raffanelli. Danach absolvierte sie unter ihrem neuen Namen Tavoli noch einige Starts im Renault-Spider-Eurocup, bevor sie mitten in der Saison 1997 feststellte, dass Nachwuchs unterwegs war. «Ab diesem Zeitpunkt habe ich kein Rennauto mehr angerührt, weil es für mich jetzt andere Prioritäten gab.» Heute bestimmen ihre Kinder Gregory (3) und Morgan (2) sowie die Rückkehr in den Beruf als Journalistin ihren Tagesablauf. Während Gatte Patrick als Direktor die «Multiplex-Kino GmbH» in Luzern leitet, arbeitet Yolanda als Gesellschafts-Reporterin für ein Schweizer Blatt. «Aber ich möchte auch anspruchsvolle Themen behandeln», verweist sie auf ihre Zukunftsplanung, «deshalb würde ich sehr gerne ein Kinderbuch oder auch mal einen Roman schreiben.» Für ihre Hobbys Theater, Film und Fitness findet sie auch noch Zeit. Dagegen ist alles rund um den Rennsport Vergangenheit. «Er hat mir viele schöne Jahre gegeben, aber auch manche Enttäuschung beschert. Jedenfalls bin ich ganz weit weg davon und weiss gar nichts über die aktuelle Lage.» Tavoli 1990: Stolze Werkspilotin Tavoli heute: Stolze Mutter Tavolis Highlight: Der Damen-M3 fuhr 1996 in Spa auf Gesamtrang 4 von Wendt, Karl (MSa 23/2001) Sauerland-Baron arl von Wendt lagen zwei Themen stets K ganz besonders am Herzen – der Motorsport und das Sauerland als seine Hei- 91 matregion. Von Schloss Gevelinghausen aus plante und dirigierte der renn- und heimatverrückte Baron eine Fülle von Aktivitäten: Der Rennstall mit Formel 3, Sport- und Tourenwagen, das Rennstreckenprojekt Sauerlandring, die Sport- und Freizeitanlage Fort Fun, das Schlosshotel mit Skigebiet, Kutsch- und Planwagen, Vorsitz und Führung des Fremdenverkehrsverbandes Sauerland, die Verpflichtungen als Stadt- und Gemeinderat von Olsberg. Trotz des Mammutprogramms nahm sich der Gutsherr Zeit für die Rennerei. Er fuhr von 1959 bis 1971 erfolgreich Kart, Rallye, Tourenwagen, Formel 3, GT- und Sportwagen. Und er liess fahren – Stars der PSZunft kletterten in seine Autos: Jochen Neerpasch pilotierte seinen F3-Lotus, Helmut Marko den 2-Liter-Lola in der Sportwagen-EM, Gerhard Mitter und Willi Kauhsen die Porsche-Sportwagen. Der Freiherr persönlich chauffierte ’67 einen Porsche 911 zum Europa-Titel. Doch dann wurden die Zeiten schlechter für Karl Freiherr von Wendt und seine Unternehmungen. Das Projekt Sauerlandring blieb im Gestrüpp der kommunalen Genehmigungsverfahren stecken, Fort Fun geriet in finanzielle Schieflage, der Rennstall musste aufgelöst werden. Dann wurden die Banken nervös und erzwangen Zug um Zug den Verkauf fast aller Besitztümer. Von Wendt stand vor dem Nichts, verlassen von allen, die sich zu besseren Zeiten um ihn scharten. «Karl», ist aus seinem Umfeld zu hören, «war viel zu gutmütig. Die meisten haben ihn nur ausgenutzt.» Frustriert verliess der Baron sein geliebtes Sauerland, wanderte vor 20 Jahren nach Kanada aus und baute in der Provinz Quebec eine neue Existenz auf. Heute arbeitet der knapp 64-Jährige als SoftwareSpezialist und gestaltet für seine Auftraggeber mehrsprachige Webseiten im Internet. Das Thema Motorsport ist für ihn beendet. Als einziger der alten Weggefährten hält Ex-Porsche-Pilot Willi Kauhsen (mit dem er mit einem dritten Platz bei der Targa Florio auch einen seiner grössten Erfolge feierte) noch Kontakt. «Willi kommt mich öfter mal besuchen und erzählt, was sich so tut. Ansonsten habe ich den Überblick in Sachen Racing verloren.» Dafür ist der vom Leben arg gebeutelte Adelsmann nach wie vor topfit, wiegt wie zu besten Zeiten 70 kg und hat den Segelsport für sich entdeckt. «Ich träume von einem 41-Fuss-Katamaran, mit dem ich in die Karibik abdüsen würde.» Ohne Sorgen: Von Wendt 1968 Heute: Neues Leben in Kanada Goldene Zeiten: Von Wendt 1966 im Formel-3-Lotus in Mainz-Finthen Warmbold, Achim (MSa 14/2001) 92 Der Quertreiber chim Warmbold und seine traumhafte A Rallye-Karriere: Er hatte die besten Autos, die besten Teams, die besten Copiloten. BMW, Renault, Opel, Toyota und Mazda statteten ihn mit Top-Material aus. Beifahrer-Stars wie Jean Todt, John Davenport, Christian Geistdörfer oder Henry Liddon wiesen ihm den rechten Weg. So sammelte der hagere Mann zwischen 1970 und 1985 auf nationalem und internationalem Parkett gut 80 Gesamterfolge sowie unzählige Klassen- und Gruppensiege. 1971 (mit Christoph Mehmel im BMW 2002) und ’80 (mit dem heutigen DaimlerChrysler-Pressechef Wolfgang Inhester im Toyota Celica) holte er zweimal die Rallye-DM. Dreimal war er Europameister. Oft war er nur mit üblen Tricks zu stoppen. Wie bei der österreichischen Alpenfahrt 1973, als der damalige Alpine-Rallyechef Jacques Cheinisse auf einer Sonderprüfung einen verschlossenen Pkw querstellte, um die flotte Fahrt des Deutschen zu blockieren. Der Sieg war dahin, Cheinisse wurde als Übeltäter entlarvt, die FIA musste dem BMW-Team Warmbold/Todt nachträglich den Gewinn des WM-Laufs zusprechen. Warmbold: «Die Zeit mit BMW und Jean Todt war ein Traum, wir hatten ein wunderbares Auto.» Dass Jochen Neerpasch den Rallyebetrieb bei BMW Ende 1973 «ohne Not einstellte, gehört allerdings zu meinen grössten Enttäuschungen». Für das schlimmste Erlebnis sorgte 1970 ein Betrunkener, der ihm in Ungarn frontal ins Auto krachte. Es gab drei Tote, darunter auch sein erster Copilot Rainer Strunz. Warmbold kam mit einem Beckenbruch davon und hat seither eine dauerhafte Gehbehinderung. Mit Gattin Nicole und Sohn Antony (22) lebt der 59-Jährige seit vielen Jahren wechselweise in Spanien und Monaco. Der Rallyesport hat ihn bis heute nicht losgelassen – dafür sorgt schon der Filius, den er mit viel Engagement und Begeisterung zum Rallye-Profi ausbildet. «Antony hat mehr Talent als ich, durfte schon mit 15 in den USA den Führerschein machen und hat bereits fünf Rallyejahre als Beifahrer hinter sich. Jetzt bereite ich ihn konsequent auf die Profi-Laufbahn vor.» Schon bei der RAC-Rallye 2000 startete das Vater/Sohn-Team im Toyota Corolla WRC, schied aber aus. Mit diesem Auto soll Warmbold Junior 2001 Gas geben und bei ausgesuchten Rallyes in ganz Europa den Feinschliff bekommen. Das Fernziel ist die komplette Rallye-WM in einem Werksteam. «Ich bin ziemlich sicher», so der Papa, «dass der Name Warmbold dem Rallyesport erhalten bleibt. Der Junge wird mal richtig gut.» 1971: Traumkarriere mit BMW Noch immer fit: Warmbold 2000 Immer schön quer bleiben: Warmbold/Mehmel 1972 im BMW 2002 Weber, Georg (MSa 08/2001) Der Unbeugsame eorg «Joe» Weber galt in den gut 30 G Jahren seiner Karriere als wilder Hund. Freund und Feind begegneten ihm mit Res- 93 pekt, denn im Nahkampf war mit dem Allgäuer nicht zu spassen. Seine etwa 300 Siege hat er von 1968 bis 1997 mit allem geholt, was vier Räder hat – ausser Formelautos. Nachdem er im Abarth 850 TC und NSU TTS die Gegner auf Flugplätzen und am Berg in Angst und Schrecken versetzt hatte, ging’s in den Markenpokalen der 70er-Jahre rund. Weber verschaffte sich den Ruf des gnadenlosen, trickreichen Fighters, der mit den Rivalen bisweilen recht ruppig umsprang. 1976 gewann er mit einer Rekordsiegesserie den Renault-5-Pokal, anschliessend den deutschen Alfasud-Cup. Beachtlich die Zahl der verschrotteten Autos, aber ernsthaft wehgetan hat er sich nie. Überdies war er 16 Jahre lang Leiter der ADAC-Rennfahrerschule, betreute die Junioren bei Renault und trainierte Testfahrer und Ingenieure der Auto- und Reifenindustrie auf der Nürburgring-Nordschleife. Seit dem 10. März 1998 jedoch ist im Leben von Joe Weber (58) nichts mehr, wie es mal war. Morgens um 6 kippte er beim Joggen ohne Vorwarnung um, wurde erst spät gefunden und entging nur knapp dem Tod. Nach wochenlangem Kampf der Ärzte begann der langsame Weg der Genesung in kleinsten Schritten. Ein Schlaganfall, ausgelöst durch einen Herz-Tumor, hat aus dem Fitness-Fanatiker einen Pflegefall gemacht. Sein Motto «Wer aufgibt, hat verloren» lässt ihn mit bewundernswerter Einstellung seinem Schicksal trotzen. Gattin Liz pflegt den teilweise gelähmten Joe mit liebevoller Hingabe, animiert und begleitet ihn zu den täglichen RehaÜbungen. Sein Zustand ist inzwischen stabil, die wichtigsten Hirnfunktionen und das Erinnerungsvermögen sind zurück, er kann fast normal sprechen und freut sich über jeden Besuch oder Anruf in seinem Haus in Börwang bei Kempten. «Anfangs», so seine Frau, «haben sich viele erkundigt, jetzt ist es sehr ruhig geworden.» Liz, seit 23 Jahren mit ihrem Joe verheiratet, ist in dieser harten Zeit mehr als nur die Frau an seiner Seite: Als einfühlsame Motivationskünstlerin geht sie mit ihm den langen, beschwerlichen Weg zurück in ein neues Leben. Was sie seit jenem unheilvollen Tag psychisch und physisch leistet, sprengt jede Vorstellungskraft, wie Joe am besten weiss: «Ohne sie könnt’ ich mir gleich die Kugel geben.» Weber: Schon ’74 ein Kämpfer … … und nun im Rollstuhl erst recht Joe Weber 1970: Im Fiat Abarth gelangen ihm so manche Berg-Siege Weber, Gerhard (MSa 04/2001) 94 Herr der Reifen erhard Weber galt 30 Jahre lang als der G grosse Guru der Renn- und Rallye-Reifenkunde. Als Chef des deutschen DunlopRenndienstes in Hanau war er von 1965 bis 1994 für die Topstars Anlaufstelle und Ratgeber. Kaum ein Werksteam, kaum ein Spitzenpilot, der nicht irgendwann in Webers Amtszeit Partner des Unternehmens gewesen wäre. Selbst Formel-1-Grössen wie Jackie Stewart, das Matra- und TyrrellTeam, die Porsche-Werksmannschaft, die Tourenwagen-Rennställe von Ford, BMW oder Mercedes sowie unzählige Privatiers gehörten zu seiner Kundschaft. Vor allem am wetterlaunischen Nürburgring war der Rat des erfahrenen Dunlop-Strategen oft die halbe Miete zum Sieg. Zu Webers persönlichen Highlights zählen die vielen Le-Mans-Siege mit Porsche, der erste DRM-Titel 1972 mit Hans Stuck im Capri RS, und natürlich die Erfolge bei der Rallye Monte Carlo. Dort war Dunlop in den 60er- und 70er-Jahren auf Gesamtsiege abonniert. Noch heute schwärmen Fotografen und Journalisten von der einmaligen Atmosphäre am Dunlop-Servicepunkt «Saint Sauvers» in den Seealpen. Seit 1994 ist Gerhard Weber, heute 67, in Pension und pflegt sein Hobby, die Jagd. Im Revier seines Heimatstädtchens Bruchköbel bei Hanau hat der leidenschaftliche Waidmann Rehe, Füchse und Wildsauen im Visier. Oft begleitet von alten Weggefährten wie dem Ex-Rennfahrer Günther Besier, sind Jagdvergnügen und Streifzüge durch die Natur für Weber jetzt die wahre Erfüllung. Hin und wieder ist er auch Gast bei Klaus Ludwig in dessen Jagdrevier in der Nähe des Nürburgrings. Gesundheitlich gehts ihm «alles in allem ganz gut, wenngleich eine Runderneuerung auch nicht übel wäre». Zusammen mit Ehefrau Helga, mit der er seit 1973 verheiratet ist, unternimmt er gerne ausgedehnte Radtouren oder Reisen nach England und Schottland. «Ich habe keine Sekunde Langeweile, aber die Kisten mit Fotos aus den letzten 30 Jahren sind immer noch nicht sortiert.» Regelmässig pflegt Weber Kontakte zum Rennsport. Mit dem ehemaligen CarreraPiloten und Bergspezialisten Michel Weber aus dem benachbarten Offenbach und mit Ex-ONS-Geschäftsführer Siggi von Kahlen verbinden ihn langjährige Freundschaften. Bei seiner alten Dunlop-Truppe in Hanau schaut er ab und an mal auf einen Kaffee rein. Besondere Freude empfindet Weber darüber, «dass Dunlop nun auch wieder im Spitzensport als Alleinausrüster der neuen DTM präsent ist». Überhaupt die DTM 2000: «Endlich wieder richtige Renntourenwagen, da lohnt sich das Zusehen wieder.» Weber 1968: Ein Mann für Rat und Tat Weber heute: Jagden mit Klaus Ludwig Weber, Michel (MSa 06/2001) Der Gebirgsjäger ichel Weber und die wilden 60er-Jahre M am Berg. Todesmutig erklomm der Offenbacher mit seinen stets rot lackierten 95 Porsche die berühmtesten Bergkurse Europas. Ohne Netz und doppelten Boden, null Sicherheit, und schon gar keine Leitplanken. Ob Schauinsland, Eberbach, Ratisbona, Sudelfeld oder Wallberg, ob Trento, Sestrieres oder Mont Ventoux – der Porsche-Pilot hat jeden dieser Riesen mindestens einmal mit einem Siegerkranz verlassen. Allerdings ging’s dabei auch oft genug ausserplanmässig abwärts: entweder die Böschung runter, oder eben im freien Flug durchs Unterholz mit Endstation Baum. Bis auf einen Alfa-Abstecher blieb der Hesse seiner Hausmarke Porsche während seiner ganzen Karriere treu. Super 90, Carrera 1600 und 904 GTS waren seine bevorzugten Berg-Autos. Das Resultat konnte sich wahrlich sehen lassen: Deutscher Bergmeister 1963, dazu je zweimal Vizemeister in Berg-EM und -DM. Energisch trat Weber der Vermutung entgegen, er sei nur am Berg schnell. Mit einem Porsche 917 gewann er vor dem Schweden Joakim Bonnier am Norisring, in Le Mans fuhr er zusammen mit seinem alten Berg-Spezi Reinhold Joest im Langheck-908 auf den dritten Rang. Nach zehn Jahren endete 1971 Webers Rennfahrerkarriere auch deshalb, weil die Bandscheibe nicht mehr mitspielte. Die folgende Operation war ebenso erfolgreich wie der Aufbau eines Autohauses. Heute ist der fast 63-Jährige etablierter FerrariHändler in Offenbach und seit 1997 zum dritten Mal verheiratet. Sohn «Wolli» (38, benannt nach Webers früherem Wollladen) hat das Textilgeschäft übernommen, die 32-jährige Tochter ist AutomobilKauffrau. Vor fünf Jahren hat Weber das Rauchen aufgegeben – mit dem Resultat, «dass ich jetzt 105 Kilo wiege, vorher waren’s nur 80». Per TV informiert er sich von der DTM aufwärts über alles, was über den Äther geht. Auch persönlich lässt sich Weber noch gelegentlich an der Rennstrecke sehen, vorzugsweise in Hockenheim. Überdies ist er Veranstalter von Sportfahrer-Lehrgängen für die geschätzte Ferrari-Kundschaft. Mit ehemaligen Kumpels wie Pfuhl, Schütz, von Kahlen oder Ex-Dunlop-Rennchef Weber hält er regelmässig Kontakt – soweit dem mittlerweile dreifachen Opa zwischen Geschäft, Reisen, Skilaufen und Angeln Zeit bleibt. Wünsche für die Zukunft? «Abnehmen, gesund bleiben und so oft wie möglich mein Lieblingsland Italien besuchen.» 1971: Strahlender Sportsmann 2000: Strahlender Geschäftsmann Nicht nur am Berg schnell: Weber/Joest im Langheck-908 in Le Mans Wehner, Hans (MSa 29/2001) 96 Der VW-Pionier ans Wehner kann für sich in Anspruch H nehmen, dass sein Gesamtsieg bei der Tour d’Europe 1960 das Volkswagen-Werk in Wolfsburg inspirierte, erstmals einen Motorsport-Erfolg werblich zu nutzen. Das war damals, gelinde gesagt, eine kleine Sensation. So erschienen in den auflagenstärksten Illustrierten ganzseitige Anzeigen über das gelungene Husarenstück, welches der Wiesbadener VW-Pilot und sein Co Horst Wilhelm mit einem 34-PS-«Export» zuwege gebracht hatten. Nicht nur die 12 000 Tourd’Europe-Kilometer hielt der nahezu serienmässige Käfer klaglos durch, auch andere Klassiker wie Spa–Sofia–Lüttich oder LyonCharbonnières bewältigte der blaue VW mit den amtlichen Kennzeichen WI-HW 65 klaglos in vorderster Front. Dass Finanz-Inspektor Wehner mit dem erprobten Rallye-Gefährt wochentags im strammen Drift quer durch die Landeshauptstadt seine Dienststelle ansteuerte, sei nur am Rande erwähnt. Neben und nach der VWKäfer-Ära prügelte er während seiner aktiven Zeit (1958–73) NSU-Prinzen, Simca und Alfa über Rallyes, Berge und Rundstrecken. Nahtlos auch der Übergang ins MotorsportManagement: Sportleiter des ADAC Hessen, Rennleiter in Kassel-Calden, Hockenheim und bei Motorboot-Events sowie Fahrtleiter bei der Hessen-Rallye. Der schnelle Steueramtsrat lebt zusammen mit seiner zweiten Frau Barbara nach wie vor in Wiesbaden und betätigt sich seit seiner Pensionierung vor 16 Jahren als gewiefter Steuerberater für heikle Problemfälle aus dem Automobilsportbereich. So erstritt der 76-jährige Experte für Finanzrecht im Jahre 1998 ein bedeutsames Grundsatzurteil beim Bundesfinanzhof zur Anerkennung der Gemeinnützigkeit des Motorsports. In einem weiteren Verfahren kämpft er gerade um die steuerliche Abzugsfähigkeit der sportbedingten Kosten von Veranstaltern und Rennfahrern. Die erste Runde hat er bereits gewonnen, auch hier wird es wohl auf ein letztinstanzliches Urteil des BFH hinauslaufen. Seine beiden Söhne (54 und 46 Jahre alt) sind ebenfalls Steuerberater mit jeweils eigener Kanzlei. Dem Motorsport ist Wehner nach wie vor als Sportkommissar verbunden, gerne pflegt er nach wie vor die Kontakte zu alten Weggefährten aus dem Rennsport, und sein Fahrstil, so verlautet aus seinem näheren Umfeld, ist noch immer «furchterregend». Als einzigen Luxus gönnt er sich zweimal Urlaub pro Jahr, «im Winter auf den Kanaren und im Sommer in den Vereinigten Staaten von Amerika». Ansonsten ist VW-Pionier Wehner «gesund, munter und guter Dinge». Harter Gegner: Wehner 1966 Harter Gegner: Anwalt Wehner 2001 Dann halt ohne Frontscheibe: Wehner 1963 bei Lüttich–Sofia–Lüttich Weiss, Heiner (MSa 45/2001) Schneller Präsident einer Weiss dürfte wirtschaftspolitisch H gesehen der wohl ranghöchste deutsche Hobby-Rennfahrer gewesen sein, der 97 sich hinters Lenkrad schneller GT- und Tourenwagen geklemmt und dabei auch reichlich Erfolg eingefahren hat. Der Vorstands-Vorsitzende des Düsseldorfer Maschinenbau-Konzern SMS AG (ca. 10 000 Mitarbeiter) startete seine Motorsportlaufbahn im Jahr 1984 im fortgeschrittenen Alter von 42 Jahren mit einem Porsche 924 T. Damals war er bereits Vorsitzender des Wirtschaftsrats der CDU und Präsident im Arbeitskreis China des Asien-Pazifik-Wirtschaftsausschusses. Zwei Jahre nach seinem Rennsporteinstieg gelang Weiss mit zehn Siegen aus zwölf Läufen in einem privat eingesetzten Mercedes 190E 2.3 16V der Gewinn der ONS-Rundstrecken-Trophäe. Der erste Rundstrecken-Titel eines Mercedes-Piloten in Deutschland seit Mitte der 60erJahre erfreute vor allem den damaligen Mercedes-Chef Werner Niefer. Der nahm den Erfolg zum Anlass, das 1987 noch halboffizielle Mercedes-DTM-Engagement zu forcieren und Weiss für ein drittes Auto im Team von Dr. Marko zu empfehlen. Im Jahr darauf sass Weiss bei AMG sogar in einem reinrassigen Werksauto. Danach wechselte der Industrie-Manager, inzwi- schen auch BDI-Präsident und Aufsichtsrat in diversen Grossunternehmen, in den Langstrecken-Pokal zum Ford-Team von Walter Wolf, bevor er «schweren Herzens» wegen beruflicher Inanspruchnahme nach der Saison 1995 den rennsportlichen Schlussstrich zog. Auf flotte Fortbewegung musste der Wirtschaftskapitän trotzdem nicht verzichten – eine Citation-Düse und ein BellLongranger-Helikopter sorgen täglich für neue Herausforderungen. Denn beide Fluggeräte steuert der mit den wichtigsten Pilotenlizenzen ausgestattete Vielflieger auf seinen Europa-Reisen nach wie vor persönlich. Überhaupt ist das Fliegen für ihn zu einem ebenso dauerhaften Hobby geworden wie der Rennsport oder seine heissgeliebten Havanna-Zigarren, deren Rauchschwaden ihn seit dem 19. Lebensjahr begleiten. Privat lebt Heiner Weiss (59) mit seiner zweiten Frau Susan und Sohn Georg (10) am Rande von Düsseldorf und verfolgt die grossen Rennsport-Ereignisse am TV. «Und als MSa-Leser bleibt man sowieso auf der Höhe des Geschehens.» Eines Tages, wenn der Terminkalender es zulässt, möchte er sich einen lang gehegten Wunsch erfüllen: «Die Mille Miglia in einem historischen Sportwagen mitfahren.» 1987: DTM-Pilot Heiner Weiss 2001: Nur Fliegen ist schöner Im Serien-Mercedes 190E zum Titelgewinn: Weiss ’86 in Mainz-Finthen