Tiergartendialoge 2012 - Senatsverwaltung für Stadtentwicklung

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Tiergartendialoge 2012 - Senatsverwaltung für Stadtentwicklung
© berlin.de
Freiraumplanung
Tiergartendialoge 2012
»Strategien zur Zukunfsfähigkeit des
Großen Tiergartens«
Protokoll zum dritten Tiergartendialog vom 16. November 2012
in der Akademie der Künste anlässlich der Lenné-Preisverleihung
012
Anmeldung
Ich nehme am Fachsymposium ab 13 Uhr teil.
Veranstaltungsort
Akademie der Künste, Pariser Platz 4, 10117 Berlin
www.adk.de
Begleitausstellung zum Wettbewerb
17. bis 30. November 2012, Mo bis So 12 bis 18 Uhr
im Amerikahaus, Hardenbergstraße 22–24, 10623 Berlin
Auslober
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt
Stadt- und Freiraumplanung
Am Köllnischen Park 3, 10179 Berlin
Geschäftsstelle: Grün Berlin GmbH,
Columbiadamm 10, Turm 7, 12101 Berlin
Informationen
www.stadtentwicklung.berlin.de/aktuell/wettbewerbe/
lenne
Kooperationspartner
Akademie der Künste Berlin
Technische Universität Berlin
Beuth-Hochschule Berlin
Bund Deutscher Landschaftsarchitekten
Karl-Foerster-Stiftung
Förderer/Unterstützer
Garden Club of Bavaria
Katharina von Ehren International Tree Broker GmbH
Deutsche Bundesgartenschau Gesellschaft mbH
Landesgartenschau Prenzlau 2013 gGmbH
Fachsymposium
im rahmen der Tiergartendialoge
Ich nehme an der Preisverleihung ab 18 Uhr teil.
Teilnehmer/-in
Titel
Vor- und Nachname
Festakt zur Verleihung
des Peter-Joseph-lenné-Prei
strategien zurInstitution/Firma
zukunftsfähigkeit des großen Tiergartens
E-Mail
13:00 bis 16:00
Uhr
Anschrift
Preisverleihung
18:00 bis 20:00 Uhr
Moderation Begleitperson
Titel
Hellmuth Henneberg
Moderation
Prof. Manfred Eichel
(Aufgrund der begrenzten Platzanzahl max. eine Person möglich)
Vor- und Nachname
Begrüßung Institution/Firma
E-Mail
Reiner Nagel, Abteilungsleiter
Stadt- und Freiraumplanung,
Anschrift
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt
Katharina von Ehren
Bitte anmelden unter
grußwort
E-Mail [email protected]
Carsten Spallek,
Fax Bezirksstadtrat
030/280 18 300
Post
Runze & Casper Werbeagentur GmbH
214
Bezirksamt Mitte Linienstraße
von Berlin
10119 Berlin
International Tree Broker GmbH
BUNDESINGENIEUR
KAMMER
®
CATERING
Kommunikation
Am Köllnischen Park 3, 10179 Berlin
Inhaltliche Einführung
Zusammenfassung der vorangegangenen Tiergartendialoge
Reiner Nagel, Abteilungsleiter Stadt- und Freiraumplanung
[email protected]
Parkpflegewerk
Das Parkpflegewerk für den Großen Tiergarten –
Stand der Aktualisierung
Klaus Lingenauber, Landesdenkmalamt Berlin
das strategische rahmenkonzept
Handlungsansätze für den Tiergartenraum
Henrik Michalski, ARGE TOPOS/gruppeF
Internationaler Parkvergleich
Managing City Park Landscapes in London
and their future (Vortrag in englischer Sprache)
Sue Ireland, Director of Open Spaces, City of London
Kaffeepause
Was sagen uns internationale Parkvergleiche
für den Tiergarten?
Andrea Gebhard, Präsidentin des BDLA
diskussionsrunde
resümee
Christian Gaebler, Staatssekretär
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt
Begrüßung
Nele Hertling
Vizepräsidentin der Akademie der Küns
Ansprache
Freiraumplanung
Ephraim
Gothe, Staatssekretär
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung
Einladung
Festrede
zur Preisverleihung 2012
Pascale Hugues, französische Journalist
undEinladung
Schriftstellerin
zum dritten
Tiergartendialog
2012 im Rahmen
Erläuterung
zum Wettbewerb
der Lenné-Preisverleihung
Gabriele Kiefer, Juryvorsitzende
Präsentation der siegerentwürfe
Landschaftspark Hochrhein/Schweiz
Vorstellung der 3 nominierten Entwürfe
anschließender Preisverleihung
Stadtraum Urania/Berlin
Vorstellung der 3 nominierten Entwürfe
anschließender Preisverleihung
Sonderpreis der Karl-Foerster-Stiftung
Vorstellung der beiden Nominierungen
Anschließend Empfang
in der Dachlounge der Akademie der Kü
Musik
Anna Marlene Bicking
Ausstellung
Alle nominierten Entwürfe sind im Foye
detailliert dargestellt.
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Tiergartendialoge 2012
Kurzprotokoll zum dritten Tiergartendialog der Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung und Umwelt am 16. November 2012 im Rahmen
der Verleihung des Peter-Joseph-Lenné-Preises in der Akademie der
Künste
Moderation: Helmuth Henneberg
(Moderator und Journalist beim TV-Sender RBB)
Reiner Nagel
Leiter der Abteilung Stadt- und Freiraumplanung,
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt
Reiner Nagel begrüßt die Gäste und stellt die Ehrengäste und Redner vor. Er gratuliert Prof. Dr. Erhard Mahler zur Lenné-Medaille der Lenné-Akademie, die er eine
Woche zuvor verliehen bekam und bezieht sich in seiner thematischen Einleitung
auf dessen Dankesrede:
„Erstens hatten Sie gesagt, Sie beklagen einen Bedeutungsverlust der Grünplanung. Dies macht sich auch fest am Bedeutungsverlust bzw. an der Zukunft von
Funktionsträgern, beispielsweise die Leitung der Gartendenkmalpflege, deren
Nachbesetzung offen ist. Zweitens nannten Sie den Stellenabbau im Öffentlichen
Dienst, die Neuorganisation insbesondere bezirklicher Dienststellen und den Verlust von Fachlichkeit in diesem Zusammenhang. Drittens nannten Sie das Problem
der Ausbildung, der Nachwuchsförderung gerade im öffentlichen Dienst. (...) Ich
würde Ihnen in allen drei Punkten Recht geben. Das sind relevante Themen
Reiner Nagel
Kein gesellschaftlicher Bereich ist von ähnlichen Frustrationserlebnissen ausgenommen. Und wir haben nur eine Chance auf Besserung, wenn wir den Themen,
mit denen wir arbeiten, eine Konjunktur verleihen. Ich glaube, wenn Gesellschaft
und Politik die Chance erkennen, wie man mit unserem Thema des Freiraums bei
vergleichsweise niedrigem Aufwand große Erfolge für die Lebensqualität in der
Stadt erzielen kann, dann werden wir auch die erforderlichen Strukturen und die
notwendigen Ressourcen für unsere Themen bekommen.“
Reiner Nagel verweist in diesem Zusammenhang auf die Strategie Stadtlandschaft,
auf zunehmend interdisziplinäre Arbeitsstrukturen, den wirkungsvollen Einsatz
von Landschaftsplanern auch in bezirklich gemischten Ämtern wie den Tiefbauund Landschaftsplanungsämtern, die der Disziplin zunehmende Bedeutung verleiht. Er übergibt das Wort an Herrn Staatssekretär Gothe.
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Grußwort – Ephraim Gothe
Staatssekretär, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung
und Umwelt
Ephraim Gothe fasst in seiner Rede die Geschichte des Tiergartens zusammen,
vom Wildgehege zum Park, vom Zweiten Weltkrieg bis zur Teilung der Stadt. „Berlin ist wieder Hauptstadt geworden. Der ganze Ort rund um den Großen Tiergarten
ist dadurch aufgewertet worden und so stehen wir vor der Aufgabe, dieses Verhältnis zwischen der Stadt und dem Park neu zu justieren. Deshalb ist es gut, dass wir
diesen Tiergartendialog machen. Und dass wir auf einem hohen Niveau versuchen,
das möglichst gut für die Zukunft zu gestalten. (...)“
Ephraim Gothe
Grußwort – Carsten Spallek
Bezirksstadtrat Berlin-Mitte
Carsten Spallek weist auf seine persönliche Beziehung zum Tiergarten hin, sowohl
als „Ureinwohner“ des Bezirks als auch als Stadtrat im Bezirk Mitte. „Der Große
Tiergarten als Deutschlands bedeutendstes Gartendenkmal ist seit Jahrhunderten in seiner Gestalt geprägt von seinen Nutzungen. Das Bezirksamt Mitte ist sich
trotz seiner immer geringer werdenden Ressourcen, sowohl in finanzieller als auch
in personeller Hinsicht, bewusst, dass für die weitere Entwicklung des Großen Tiergartens alle Anstrengungen unternommen werden müssen, um auch für die nachkommenden Generationen die bisherige hochqualitative Parkstruktur zu erhalten
und weiterzuentwickeln. (...)
Carsten Spallek
Leider berücksichtigen die immer geringer werdenden Ressourcen des Bezirksamtes Mitte – und das ist ja auch ein gesamtstädtisches Thema – nicht mehr den notwendigen finanziellen Rahmen, der für eine solche Parkanlage, für ihre Pflege und
Unterhaltung benötigt wird. Deswegen möchte ich an dieser Stelle alle Verantwortlichen in Berlin herzlich bitten daran mitzuarbeiten, dass eine Lösung für dieses
wundervolle Gartendenkmal gefunden werden kann. Der Bezirk Mitte kann bzw.
wird auf absehbare Zeit nicht mehr alleine für Berlin und seine Besucher diese Parkanlage so erhalten können, wie es der Bedeutung dieser Parkanlage entspricht.“
Inhaltliche Einführung – Reiner Nagel
Reiner Nagel fasst die bisherigen zwei Tiergartendialoge, die 2012 im Amerikahaus
stattfanden, zusammen. „Wo stehen wir mit dem Tiergartendialog? Die Handlungsgrundlage für die entwickelnde Pflege ist das Parkpflegewerk für das Gartendenkmal Tiergarten, in den 80er und 90er Jahren von Gustav Wörner erarbeitet
und nun aktualisiert wird. Wir haben zwischenzeitlich an vielen Themen gearbeitet, u. a. auch an Stadtentwicklungsplänen, wie dem Stadtentwicklungsplan „Klima“. Sie sehen, dass der Tiergarten eine erhebliche Bedeutung für die Ventilation,
also Kaltluft, in einer zunehmen wärmeren Stadt hat. (...)
Der Tiergarten hat zunehmend auch strategische Bedeutung in der Strategie
Stadtlandschaft unter dem Gesichtspunkt von Natur, von schöner Stadt, von aktiver Landschaft. Muss man aber nicht begleitend zum Parkpflegewerk, begleitend
zu einer Rahmensetzung, über Sinnfragen nachdenken? (...) Wir haben daran gearbeitet und beim letzten Mal gesagt, wir machen die Tiergartendialoge absichtsvoll,
aber zweckfrei. Wir wollen hier nicht eine fertige Planung durchsetzen, sondern
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sind offen, im Dialog zu überlegen, welche Bedeutung dieser Tiergarten künftig
haben wird. Wenn wir vom Tiergarten selbst ausgehen, hat er Bedeutungsringe für
das direkte Umfeld und auch für die gesamte Stadt, die wir erkennen wollen, um
sie gegebenenfalls zu aktivieren.“
Weitere Themen seiner Zusammenfassung sind die Nachbarschaften und die Thematik des Gartendenkmals, die bisher in Konkurrenz zur Naturschutzfachlichkeit
stand. „Das hat sich über viele Jahre durch die Arbeit im Tiergartenbeirat normalisiert und harmonisiert. Das funktioniert inzwischen gut.“ Die Arbeitsgemeinschaft
stellt eine Zusammenfassung der Anforderungen vor, identifizierte Nachbarschaften erster und zweiter Reihen und die Möglichkeiten zur Aktivierung dieser Nachbarschaften.
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Das Fehlen von einem Besuchermonitoring und der Analyse von lokalen Funktionszuweisungen wurde in den vorangegangenen Dialogen erörtert. „Wir wissen gar
nicht, wie viele Menschen täglich im Park sind. Wir wissen auch nichts über Funktionszuweisungen: Welche Funktion soll wo am besten erledigt werden. Das ist im
Vergleich zu anderen internationalen Beispielen, über die wir heute reden wollen,
beim Tiergarten noch ein Thema. (...)“
Reiner Nagel kündigt für den heutigen Tiergartendialog an, erste Überlegungen für
ein Rahmenkonzept vorzustellen, das später wiederum Einfluss auf die Aktualisierung des Parkpflegewerks nehmen wird. Ebenso soll das Rahmenkonzept auf das
Thema der räumlichen Qualifizierung des Tiergartens eingehen und Rückschlüsse
ermöglichen auf die Stadtentwicklung im Umfeld des Tiergartens. „Wir wollen den
Stand eines nicht nur räumlichen, sondern auch eines strategischen Rahmenkonzeptes erstmals diskutieren. Wie weit können wir diesen Denkrahmen stecken?“
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Klaus Lingenauber Landesdenkmalamt Berlin
Klaus Lingenauber stellt den aktuellen Stand des neuen Parkpflegewerkes vor. Aufgrund der knappen Zeit ist keine detaillierte Darstellung des Arbeitsstandes möglich. Er beginnt mit einem Zitat aus den Leitlinien zur Erstellung von Parkpflegewerken von 1990, für das Prof. Mahler das Vorwort verfasst hat. Da heißt es zu
Parkpflegewerken: „Historische Gärten bedürfen stetiger Pflege und Unterhaltung, also vor allem gärtnerischer Betreuung. Hinzu kommt die Instandhaltung
baulicher Elemente, von Bildwerken und anderen Ausstattungselementen. Weil
historische Gärten die Kulturdenkmäler darstellen, müssen diese Arbeiten darauf
abzielen, zu erhalten, was einer Anlage Denkmalwert verleiht. Darüber hinaus sind
in vielen Fällen Restaurierungsarbeiten geboten, weil die Gärten zeitweilig dem
Verfall preisgegeben sind, ihr Denkmalwert früher nicht erkannt oder missachtet
wurde, und es dadurch zu Schäden und Entstellungen kam. Ein Instrument zur Erhaltung und Restaurierung ist das Parkpflegewerk.“
Klaus Lingenauber
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Klaus Lingenauber ergänzt diese Erläuterung: „Grundlage für unsere Arbeit, der
Fortschreibung des Parkpflegewerks, war das wirklich traditionelle und sehr sorgfältig erarbeitete Parkpflegewerk von Rose und Gustav Wörner, was etwa zur Wendezeit zum Abschluss kam, und insofern war der Fortschreibungsbedarf schon
immanent. (...) Wenn Sie sich den östlichen Tiergarten anschauen, ist hier die
Stadt, die sich weiter entwickelt hat, überhaupt nicht berücksichtigt. (...) Maßstab
ist für uns immer noch Wörlitz: „Wanderer, achte Natur und Kunst und schone ihre
Werke“. Da ist alles drin, der Naturschutz, der Kunstwert dieses Gartens und auch
die Nutzung – aber die schonende Nutzung.“
Klaus Lingenauber stellt grafisch die Strukturen und die Beteiligten am Parkpflegewerk vor, wie Naturschutzverbände, Restauratoren und die ARGE TOPOS/gruppeF.
Er zeigt Pläne zu Alt- und Baumbeständen, Gehölzen, offenen und geschlossenen
Bereichen, Biotoptypenkartierungen, Baum- und Gewässergutachten, zu Brücken,
Alleesystemen und Wegeoberflächen, barocken Strukturen und zu den Veränderungen im östlichen Tiergarten in den letzten 20 Jahren nach dem Mauerfall.
Eine ebenso wichtige Aufgabe besteht in der Digitalisierung. „Wir wollen keine Informationen verlieren, die wir schon einmal teuer erarbeitet haben. Wir wollen
alles vom Parkpflegewerk „Wörner“ hinüberretten. Die Pläne werden digitalisiert
und es werden Überlagerungen gemacht, in Teilen ist diese Arbeit schon geleistet.
Wir wollen gleichzeitig auch die Änderungen feststellen. Da ist eine ganze Menge
passiert.“
Klaus Lingenauber weist darauf hin, dass diese Pläne Grundlage für die spätere
Ableitung von Pflegeklassen und Pflegeerfordernissen sind. Auch die bisherige
Dokumentation des Parkpflegewerks mit den Maßnahmen seit den 80er Jahren
fließt mit ein. Er nennt zwei Beispiele von bisherigen Restaurierungsmaßnahmen:
die Louiseninsel und das Umfeld Floraplatz/Venusbassin, die erkennen lassen,
dass sich Zeitschichten überlagern. „Wir bügeln die Dinge nicht glatt auf eine Zeitschicht, sondern wir schauen sehr sorgfältig auf die verschiedenen Zeitschichten,
die zu berücksichtigen sind.“
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Klaus Lingenauber stellt weiter Veränderungsbeispiele vor, z. B. verschobene Gehölzränder und ehemals hainartige Bestände, die sich zu sehr verdichtet haben. Er zeigt
Fotobeispiele vom Neuen See, der in den 20er Jahren licht und frei zugänglich war,
heute aber von einer geschlossenen Gehölzkulisse umgeben ist und stellt einige konkrete Beispiele von Veränderungen vor, an denen er arbeiten möchte.
„Der Floraplatz war einmal vor 1918 mit Tierdenkmälern besetzt. Die sind bis auf
zwei überall im Tiergarten verstreut und wir haben die Hoffnung, dass dieser Floraplatz noch einmal eine Chance haben wird, in seiner ganzen Schönheit wieder zu
erblühen. Der beschädigte Elch ist da ganz scheu irgendwo im Gebüsch und wartet
darauf, vielleicht wieder seinen Sockel zu besteigen und an die richtige Stelle zurückzukommen. Ein Projekt, das weder finanziell noch organisatorisch durchgeplant ist. (...) Natürlich setzen wir uns auch überall mit den Nutzungen auseinander, mit der Verknüpfung mit dem Umfeld, der Begleitung des Konzeptes der
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touristischen Rundwege, der Installation eines Leitsystems – das aber alles denkmalgerecht, nicht überladen, eher aufräumen, eher die Dinge beruhigen, denn wir
wollen uns in Kunst und Natur genussvoll bewegen. (...)“
Wie erreichen wir eine kontinuierliche Denkmal-, Naturschutz- und nutzungsge rechte Pflege? Das ist die Aufgabe für die Zukunft. Sonst macht die Arbeit am Park pflegewerk keinen Sinn und wir schreiben in zehn, fünfzehn Jahren wieder weiter
und stellen die Defizite fest. Fortscheiben müssen wir, immer. Aber wir wollen na türlich auch Erfolge sehen und wir möchten eine Verstetigung der Prinzipien, die
im Pflegewerk definiert werden.“
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Henrik Michalski (ARGE Topos/gruppeF)
zum strategischen Rahmenplan
Henrik Michalski stellt die ersten Ergebnisse der Arbeitsgemeinschaft zum Strategischen Rahmenkonzept für den Großen Tiergarten vor, das die Senatsverwaltung
begleitend zur Aktualisierung des Parkpflegewerks beauftragt hat. Die ARGE hat
den Fokus bewusst über den Tiergarten hinaus auf den umliegenden Stadtraum
erweitert. „Der Tiergarten ist keine Insel, sondern ist vielfältig mit dem Umfeld
verknüpft, verbunden über Straßen und Wege, über Nutzungsbeziehungen. Wir
haben natürlich zu Beginn eine Analyse gemacht. Wo hat der Tiergarten und sein
Verflechtungsbereich Potenziale, wo gibt es Stärken, wo gibt es Schwächen, wo
gibt es Handlungsbedarf? Und nicht überraschend: Es gibt sowohl Stärken als auch
Schwächen. Wir können Potentiale entwickeln, wir müssen aber Defizite, die da
sind, auch beheben.“
Henrik Michalski
Als Stärken werden beispielsweise die gute ÖPNV-Anbindung des Parks samt Fernbahnanschluss genannt. Zu den Schwächen zählt Henrik Michalski zahlreiche Barrieren und Hindernisse, Wasserläufe und Bahntrassen, die den Weg in den Tiergarten erschweren, ebenso die Zerschneidung des Parks durch Hauptverkehrsstraßen.
Auf Basis der Analyse hat die ARGE vier Leitlinien für die zukünftigen Handlungsfelder erstellt:
1.Der Tiergarten soll eine besondere Adresse mit einem definierten, positiven
Image werden. (Imagebildung und bessere Wahrnehmbarkeit der Grünen Mitte)
2.Der Park soll nicht isoliert betrachtet werden, seine Wirkung in die angrenzenden Stadträume, z. B. Regierungsviertel und Kulturforum, soll in die Planung
eingeschlossen sein. (Nutzungs- und Synergieplanung)
3.Durch Förderung der Biodiversität, durch Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen wird ein Modellraum für Nachhaltigkeit entwickelt. (Nachhaltige
Stadtentwicklung)
4.Der Tiergarten soll Teil eines vernetzten Raums ohne Barrieren sein. Angrenzende Grünflächen, z. B. Zoologischer Garten und Schlosspark Bellevue, können als zusammenhängend nutzbarer Raum erlebbar gemacht werden. (Barrierenbeseitigung und Vernetzung mit Nachbargrünflächen)
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„Im Moment liegen bestimmte Nutzungen völlig isoliert neben einander, könnten
aber letztlich von einander profitieren. Zur Frage, wie ich eine neue Adresse entwickeln kann, muss man sich auch fragen: Was macht die Grüne Mitte von Berlin aus?
Charakteristisch ist der Gürtel von Orten mit ganz besonderen Nutzungen, die um
den Tiergarten und um die grüne Mitte herum angrenzen, wie Kulturforum, Regierungsviertel, Diplomatenviertel, historische Stadtmitte und City West.
Welche Maßnahmen müssen nun zur besseren Wahrnehmung ergriffen werden?
Ein Beispiel ist das Thema Internetauftritt. Der Tiergarten verfügt bis heute über
kein gebündeltes Informationsangebot. Wir wünschen uns einen Internetauftritt,
der wirklich über Nutzungsangebote informiert, über Veranstaltungen, der Kartenmaterial bereitstellt, der eine Möglichkeit eröffnet, wie ich mich selbst als Privatperson engagieren kann. Es wird zunehmend wichtig, auch auf privates Engagement zurückzugreifen. Andere internationale Parkflächen machen das erfolgreich.
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, wie man dieses Engagement integrieren
kann. Über Spenden und Patenschaften, beispielsweise für eine Bank oder für Blumenrabatten. Es gibt die Möglichkeit, sich bei Pflanz- oder Reinigungsaktionen
aktiv einzubringen. Es gibt die Möglichkeit, sich dauerhaft in einer Organisation
dem Tiergarten zu widmen. Sei es in einem Verein der Freunde, wie es beispielsweise beim Vondelpark in Amsterdam der Fall ist, sei es über eine Stiftung. Auch hier
gibt es nicht DAS Modell, das wir auf den Tiergarten übertragen wollen. Uns ist es
aber wichtig, dass wir dieses private Engagement in Zukunft stärker fördern und
auch integrieren.“
Henrik Michalski benennt ebenso die vorhandenen Organisationsstrukturen und
die unterschiedlichen Zuständigkeiten als Hindernisse und vergleicht die Struktur
mit New York und dem Central Park, die bürgerschaftliches Engagement einfacher
ermöglichen.
Auch das Thema „Nachhaltiges Stadtzentrum“ wird unterlegt mit konkreten
Maßnahme¬vorschlägen, wie die Herstellung übergeordneter Grünzüge, die Qualifizierung und Verbindung einzelner Flächen, die Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen.
Wichtige strukturelle Maßnahmen sind die Schaffung eines vernetzten, zusammenhängenden Stadtraums, der die Grüne Mitte vor allem für Fußgänger und Rad12
fahrer besser erreichbar und durchquerbar machen soll. Zudem die Schaffung von
mehr Verkehrssicherheit und von schönen Wegen, die entlang von schönen städtebaulichen Ensembles geführt werden. Parallel könnten die nachteiligen Auswirkungen des Kfz-Verkehrs minimiert und der Straßenverkehr im Park beruhigt werden. Die verbesserte Erreichbarkeit und die Verkehrsberuhigung soll auch über die
neue Gestaltung von öffentlichen Plätzen und vorhandene Eingangsbereichen, die
Schaffung von Brücken und neuen Parköffnungen, sowie die zeitweise Straßensperrung erreicht werden. „Warum können wir nicht überdimensionierte Verkehrsflächen, die den Tiergarten durchschneiden, zumindest an Wochenenden oder zu
bestimmten Uhrzeiten dem Park und seinen Nutzern zurückgeben. Wir reden über
temporäre Straßensperrungen, z. B. der Straße des 17. Juni, die ohnehin für Veranstaltungen häufig geschlossen wird. Wir haben hier ein prominentes Beispiel aus
dem Central Park in New York.“
Um die Grüne Mitte Berlins als Stadt- und Landschaftsraum besser zu profilieren, untersucht die ARGE die bestehenden Funktionen: „Hauptstadtfunktion, Kulturfunktion, Erinnerungsfunktion und Gedenkstätten, Bildungsfunktion mit dem
Campus Charlottenburg. Die gilt es zu vernetzen und weiter zu qualifizieren. (...)
Wir müssen zudem durch ein kluges Veranstaltungskonzept schaffen, dass langfristig auch die Großveranstaltungen als Teil des Tiergartens wahrgenommen werden. Nicht als Ufos, die an einem Tag landen und dann wieder wegfliegen, sondern
als selbstverständliche, integrierte Bestandteile einer Parkfläche. Ohne die negativen Auswirkungen. Wir müssen natürlich besonders auf die Nutzungskonflikte
achten. Und wie gehen wir mit den Einnahmen um? Ideal wäre es, wenn die Einnahmen aus Sondernutzungen des Parkes auch dem Park zugute kommen, langfristig.
Hier müssen wir ansetzen.“
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Als letztes wichtiges Beispiel nennt Henrik Michalski die Schaffung eines Informationszentrums im Park, wie es bei den internationalen Vergleichsparks schon vorhanden ist und erfolgreich betrieben wird. „Seine Funktion als Anlaufpunkt für
Touristen und Gäste des Parks, wo man sich Informationen und Kartenmaterial
holen kann, wo Veranstaltungen stattfinden, wo man eventuell auch einmal einen
Kaffee trinken und auf die Toilette gehen kann. Ein solches Besucher- und Informationszentrum wäre auch für den Tiergarten ein großer Gewinn. Ich muss ein letztes Mal den Central Park in New York bemühen: Hier hat man es geschafft, in einem historischen Gebäude dieses Besucherzentrum unterzubringen. Wir hätten
vergleichbare Objekte auch im Tiergarten und seinem Umfeld.“
Abschließend erläutert Henrik Michalski das weitere konkrete Vorgehen der ARGE:
„Wir haben jetzt eine Fülle von Maßnahmen aufgeführt, wir haben Konzepte erstellt, die aber nicht alle gleich wichtig sind oder sofort passieren müssen. Das
ganze ist auch räumlich nicht gleichmäßig verteilt, sondern es fokussiert sich.
Vor diesem Hintergrund haben wir fünf Strategieräume entwickelt, in denen jetzt
schwerpunktmäßig Maßnahmen ergriffen werden müssen. Das ist der Tiergarten,
das ist der Bereich um das Hansaviertel, der Bereich mit dem Regierungsviertel und
dem Spreebogen, der Bereich um das Kulturforum und um den Hardenbergplatz,
letztlich der Hauptzugang von der City West, der bisher völlig unter seinen Möglichkeiten bleibt. (...) Wir befassen uns mit konkreten Projekten, die wir realisieren
wollen, Beispiel „Kommunikations- und Leitsystem“. Wir müssen über Organisations- und Finanzierungsstrukturen nachdenken. Und wir müssen weiterhin in Veranstaltungen wie dieser Ergebnisse und Ideen austauschen.“
Sue Ireland
Sue Ireland Director of Open Spaces, City of London
Der Redebeitrag von Frau Ireland liegt in vollständiger Form im englischsprachigen Original und in der deutschen Übersetzung in einem separaten Dokument als
Download bereit.
Pause
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Andrea Gebhard Präsidentin des BDLA
Andrea Gebhard spricht über die Impulse aus anderen Parks in Metropolen, die
hier als Vergleichsparks von der ARGE Topus/gruppeF genannt wurden. Sie stellt
die Vergleichbarkeit aufgrund von Größe oder Besucherzahl zunächst in Frage.
Andrea Gebhard
„Es wurde ja intensiv untersucht, was die Unterschiede zwischen den verschiedenen Parks sind, was man daraus lernen kann? Da sind zunächst die Flächengrößen.
Der Tiergarten hat 210 ha, der Englische Garten in München 375 ha, der Hyde Park
140 ha, der Central Park 340 ha. Wir wissen nicht, wie viele Besucherinnen und Besucher der Tiergarten hat. Aber wir wissen, wie viele Einwohner Berlin hat und da
sehen wir diese interessanten Verhältnisse – wenn wir vergleichen, wie klein z. B.
München oder Manhattan ist und wie viele Besucher in diesen Parks sind. Jeder,
der New York besucht, besucht auch den Central Park. Er hat 35 Millionen Besucherinnen und Besucher und es sind dort alle Aktivitäten möglich. Bedeutet das,
dass diese Parks anders gemanagt werden? Bedeutet es, dass diese Parks mehr in
der Mitte der Gesellschaft angekommen sind? Bedeutet es auch, dass diese Parks
anders von den Bewohnern und Touristen wahrgenommen werden?“
Andrea Gebhard zeigt unterschiedliche Wiesen- und Blumen-Szenen aus verschiedenen Parkanlagen und erläutert, dass sich diese Bilder fast ähneln. Sie sieht die
Unterschiede eher in den Rändern und Zerschneidungen. Der Tiergarten im Herzen
Berlins mit der Straße des 17. Juni, dem Regierungsviertel und den strukturell sehr
unterschiedlichen Rändern und Eingangssituationen unterscheidet sich von anderen Parks insbesondere dadurch, dass er nicht überwiegend von Wohnbebauung
gerahmt ist wie der Central Park, der Hyde Park oder der Englische Garten..
Sie bezieht auch den emotionalen Faktor eines Park-Images mit ein. „Wenn meine Kinder in München sind, dann treffen sie sich im Englischen Garten mit ihren
Freunden, gerade im Sommer an der Welle oder man schwimmt in dem kleinen
Gewässer. Oder man fährt dann im Badeanzug mit der Straßenbahn von einer Stelle zur anderen. Also ein Park, der viele Möglichkeiten bietet, ihn in sein Herz zu
schließen und damit als ein wichtiges Stück der Stadt zu beschreiben.“
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Andrea Gebhard erläutert, wie ein Freiraum ebenso das Bild der Stadt prägt wie die
Architektur. „Ich führe als Beispiel immer den Englischen Garten an, weil der Englische Garten für München dieses prägende Element hat. In Berlin käme es mir nicht
in den Sinn. Warum ist dieser Tiergarten nicht so im Herzen, im Wissen der Menschen verankert, wie es eben zum Beispiel der Englische Garten ist? Oder der Hyde
Park, den auch jeder kennt, in dem auch das Memorial für Prinzessin Diana angebracht wurde. Ich denke, es ist auch ein besonderes Zeichen, dass jemand, der so
im Herzen der Menschen war, sich im Herzen von so einem Park wieder findet.
„Was unterscheidet diese Parks noch? Das Management und damit wahrscheinlich
auch das Geld. Ich habe gestern einen kleinen Artikel gelesen, dass die Ausgaben
im Bezirk Mitte wieder gekürzt worden sind. Diese Ausgaben betreffen natürlich
auch den Tiergarten. Und wenn ich dann sehe, dass die Gelder, die über den Tiergarten selbst eingenommen werden – wenn dort Veranstaltungen sind – nicht dem
Tiergarten direkt zugute kommen, sondern dem Bezirk Mitte oder dem Land Berlin, dann finde ich das eine sehr schwierige Situation!“
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Als Vergleich mit internationalen Parks erläutert Andrea Gebhard nun Beispiele
aus New York, das in den 70er und 80er Jahren finanziell und imagemäßig „völlig
unten“ war. „New York war eine Stadt, in der man verschiedene Bezirke kaum betreten konnte und nur durch diesen Turn-Around, die Sicherheit und die Sauberkeit, ist es gelungen, die Stadt wieder zu verändern. Ich denke, da spielen die Grünflächen und die Freiflächen auch eine ganz entscheidende Rolle.“ Andrea Gebhard
zeigt Beispiele vom Byron Park und dessen hervorragenden Pflegezustand. „Es
sind überall Stühle und Bänke. Have a seat heißt das große Schlagwort in New
York.“ Ein aktuelles Beispiel ist der Highline Park, der in der Öffentlichkeitsarbeit
von New York eine große Rolle spielt und der mit starker Unterstützung der Bevölkerung, auch in finanzieller Hinsicht, entstand. „Sie lesen überall über den Highline
Park. Das ist das Wichtigste: diese Frage des Managements und des Marketings –
zu sagen, das ist ein Park, der uns wichtig ist. Dort wird natürlich auch extrem viel
Geld in die Pflege investiert, Sie sehen dort überall Gärtner, es ist immer blitzsauber. Die Anlagen und die Staudenpflanzungen von Piet Oudolf sind wirklich in einem hervorragenden Zustand – und die Stadt lässt dort auch nicht nach, weil sie
um die Attraktion dieses Parks weiß.“
Andrea Gebhard vergleicht nun diese New Yorker Entwicklung mit Berlin. Die aktuelle Änderung in der Parkplanung und -finanzierung für die Tempelhofer Freiheit
wird genannt und bedauert. Ebenso die unterschiedliche Haltung gegenüber Experimenten im Umgang mit öffentlichen Flächen. „Was wir aus New York lernen
können, ist das Experiment. Hier sehen Sie eine New Yorker Straßenkreuzung, die
temporär abgeriegelt ist. Dort sind auch wieder diese Stühle und Tische aufgestellt. Es war ein regnerischer Tag, es sind Schirme da, es sind einige Pflanzungen
da und so schaut es normalerweise aus, dieses Experiment in New York mit der
Eroberung des öffentlichen Raums – die Nutzung für die Menschen, ohne etwas
konsumieren zu müssen.“ Der Vortrag schließt mit Bildern von öffentlichen Freiflächen in New York.
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Anschluss Podiumsdiskussion
Frage des Moderators Hellmuth Henneberg an Bernhard Wiens: Was geht Ihnen
durch den Kopf, wenn Sie die Tiergartendialoge verfolgen? Was betrifft Sie da am
stärksten?
Bernhard Wiens: Ich habe auch bei den vergangenen Tiergartendialogen zugehört
und mir ist eine Aussage im Kopf geblieben von Wolfram Putz vom Architekturbüro
GRAFT. Er sagte: „Geschichten sind die soziale Währung der Stadt.“ Geschichte erzählen, ich greife das jetzt sinngemäß auf. Wodurch wird der Tiergarten zukunftsfähig? Der Rekurs auf die Geschichte regt bei mir die Zukunftsfantasien an. Der
Tiergarten ist aus dem tabula rasa heraus entstanden. In der ursprünglich barocken Anlage ist er aus den Sümpfen und aus dem Wald herausgeschlagen worden.
(...) Lenné hat nicht die Achsen von Knobelsdorff zurückgebaut, sondern er hat sie
wegen der besseren Erschließung übernommen. (...) Und er hat den Gedanken der
Salons aufgegriffen. Das ist sozusagen der erste Ansatz einer Überformung. Wenn
ich jetzt noch den großen Sprung mache, hin zur Nachkriegszeit: Alverdes hat einen naturnahen landschaftlichen Erholungspark geschaffen. Aber er hat auch viele
Elemente wiederum von Lenné aufgegriffen. Dieser Gedanke der Salons, den man
jetzt historisch, kulturgeschichtlich vielleicht am Barock festmachen könnte, der
hat sich im Tiergarten durch alle Stile hindurch erhalten. (...) Ich gehe hindurch von
einem Salon in den anderen, da sind diese Rahmenbäume, und die rahmen immer
ein Bild, das mich erheitert. (...)
Bernhard Wiens
Moderator: Wenn ich das richtig verstehe, also ein leidenschaftliches Plädoyer dafür: Da ist ein Ort mit einem Gedächtnis, das man nicht außer Acht lassen sollte,
wenn man in Planungen gehen will.
Bernhard Wiens: Ja, und dieses Gedächtnis ist genau mit der Stadtgeschichte aufs
Engste und Großartigste verknüpft. 1848 war der Tiergarten der Park der Revoluzzer. Die haben sich vor der Stadt getroffen. In die Stadt durften sie nicht. Es gab
aber damals schon eine große Gastronomie in Zelten. Wo sonst treffen sich Revoluzzer. 1919 wieder die Revoluzzer. Nach 1848, als die Revolution einschlief, hat
man die Prostitution vor die Stadt verbannt, in den Tiergarten. Traditionsvereine
davon gibt es bis heute noch. Ich würde den Vorschlag von Frau Ireland aufgreifen
und sagen, da könnte man ja einen kleinen Teich für das Cruising dort bauen, für
Abkühlungen oder sonstige Lustbarkeiten. Der Tiergarten ist auch der Garten der
Reaktion, also der Revolution und der Reaktion. Stellen Sie sich vor, was passiert
ist. Die Siegesallee: die Kurfürsten, die Könige, Standbilder, 2,70 m hoch gestaltet.
Heinrich Zille hat Modell gestanden für den alten preußischen Ritter Wedigo. Die
Könige und ihre Vasallen sind an der Siegesallee 1944/45 zerschossen worden,
verschwunden, dann im Schloss Bellevue im Boden vergraben worden, wieder
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ausgegraben worden, dann in das Lapidarium gewandert und stehen heute in der
Zitadelle Spandau und bewachen da offensichtlich den Schatz. Also, die Geschichte
ist zu heben.
Moderator: Ein leidenschaftliches Plädoyer. Ich bin bei dem, was Reiner Nagel sagte: Es ist ein offenes Gespräch. Herr von Krosigk, was macht Sie nachdenklich?
Klaus von Krosigk, Tiergartenbeirat: Das Stichwort hatte ja auch Frau Gebhard
schon gegeben: Parkmanagement. Sie hat dabei nach London und richtigerweise
auch nach New York geschaut. Auch schon vor 20 Jahren, als wir Peter Josef Lennés 200. Geburtstag gefeiert haben, holten wir die Gartenamtsleiterin des Central
Parks nach Berlin. Sie hat uns damals schon sehr interessant berichtet, wie die
Kollegen in New York ihren Park pflegen. (...) Der Tiergarten ist ein Gartenschatz,
der wirklich nationale Bedeutung hat, an dem alle Verantwortlichen sich hoch engagieren. Er ist wirklich der zentrale Park in Deutschland – alle Verfassungsorgane
liegen rundherum – ich meine, man müsste wirklich neue Wege im Parkmanagement gehen, um diesem Park in seiner extremen Beanspruchung, in seiner extremen Bedeutung noch besser gerecht zu werden.
Prof. Klaus von Krosigk
Und zweitens denke ich, man müsste auch überlegen, ob man nicht dem Tiergarten wieder einen besonders befähigten – auch im politischen Raum aktiven – exzellenten Fachmann, also einen Parkdirektor zurück gibt, der dann auch in der Lage
ist, die anrainende verantwortliche Politik, aber auch Geldgeber, Banken mit ins
Boot zu holen, um nach dem Vorbild des Central Parks dann auch einmal im Jahr
die Millionen einzusammeln, die man braucht.
Moderator: Ein Parkdirektor mit Befugnissen?
Klaus von Krosigk: Ja, das kann nicht die normale Verwaltung machen. Ich war 30
Jahre selbst in der Verwaltung. Ich weiß, wovon ich spreche. Ich wünschte mir da
wieder einen Boss, der ausschließlich verantwortlich ist, einen hochkompetenten
Mann nur für den Berliner Tiergarten. (...) Wir haben 30 Jahre klug genutzt um ihm
seine Würde, seine Schönheit, seine gartenkünstlerische Bedeutung zurückzugeben. Heute jedoch braucht es jemand kompetentes, der das Ganze bündelt, der die
Finanzen einsammelt und der auch mal im Ernstfall dem Senator sagt: „So nicht,
sondern so wird es gemacht!“. Danke.
Moderator: Herr Nagel, viele Leute finden es ja bemerkenswert, dass mit diesen
Tiergartendialogen der Versuch unternommen wird, einen Diskurs herzustellen
mit Leuten, die sich aus ganz unterschiedlichen Gründen und sehr breit dafür interessieren. Ohne Zeitdruck, ohne dass ein ganz großes Bauvorhaben geplant wird.
Dennoch gefragt: Gibt es für Sie einen Zeitplan?
Hellmuth Henneberg
Reiner Nagel: Ich denke, dass das Thema jetzt aktuell ist und weil wir gerade aus
verschiedenen Richtungen mit dem Tiergarten umgehen. Es gibt keinen Zeitdruck.
Da ist übrigens auch kein Leidensdruck im Sinne von: Wir müssen unbedingt etwas
machen. Aber wir haben erkannt, dass sich gerade viele Chancen bieten, die Bedeutung des Tiergartens, die Qualität, die Nahbarkeit, die Verbindungsfunktion zu
heben. Und deshalb denke ich, dass wir jetzt mit der „Strategie Stadtlandschaft“,
die der Senat auch jährlich noch einmal mit zusätzlichem Geld ausgestattet hat,
dass wir mit dem Zieljahr 2017, in dem wir eine IGA in Marzahn machen, aber auch
die ganze Stadt in diesem Zusammenhang in eine grüne Farbe tauchen, dass wir
jetzt einen Korridor vor uns haben, vielleicht ein historisches Fenster, um das Thema Tiergarten noch besser in der Stadt zu verankern. Wenn Herr von Krosigk zu
Recht sagt: das ist wahrscheinlich der bedeutendste Park in Deutschland! und Frau
Gebhard zu Recht sagt: so nehme ich ihn eigentlich gar nicht wahr! – dann zeigt sich
doch, dass da noch etwas zu bearbeiten ist.
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Moderator: Frau Ireland: Wir sind so froh, Sie heute hier zu haben, um Impulse
aus London hören zu können. Gibt es einen Impuls, der sie heute nachdenklich
gemacht hat?
Sue Ireland: From what I have heard – even just with this discussion here – management is really important. And you do need leadership in that management.
Each of the sites that we manage has their own superintendent, the same for the
Royal Parks. Each park has its own manager. And they do help to bring all these
different demands together. They help the politicians find solutions. And as part of
that as well they make sure that each park has its own management plan. So you
need a park manager and you need a management plan using the strategies that
have been set by the politicians.
Reiner Nagel: Ich glaube, man muss nicht unbedingt das Management kritisieren,
sondern die Rahmenbedingungen. Ich finde, die Kollegen aus der Verwaltung und
dem Bezirk, machen einen exzellenten Job. Man muss eine Struktur haben, in der
Verantwortung gebündelt werden kann und nicht in unterschiedliche Bereiche zerfällt. Revolvierende Fonds sind immer gut, vor Allem, wenn das Geld ansonsten,
sozusagen dem Gesamthaushalt zur Verfügung gestellt wird und sehr mühsam
wieder auf den Tiergarten fokussiert werden muss.
Andrea Gebhard: Es geht nicht darum, zu kritisieren, wer was wie wann macht,
sondern es braucht eine Intendanz. Eine Intendanz bedeutet sogar noch mehr als
nur Management, es bedeutet auch, sich damit zu beschäftigen, welche Aktionen man im Park haben möchten. Wenn man sieht, welche Möglichkeiten an verschiedenen Veranstaltungen der Tiergarten vertragen würde, wenn genug Geld da
wäre, um ihn wirklich in einen hervorragenden Zustand zu versetzen, dann kann
der Tiergarten noch einmal richtig aufleuchten. Wie können wir diese Intendanz
verankern, so dass auch wirklich hervorragende Veranstaltungen hierher geholt
werden? Veranstaltungen, die die Idee dieser Parkanlage noch einmal überhöhen
und den Menschen nahebringen können. Das ist der eine Punkt. Und der andere
Punkt ist, diese Wertschätzung für die Grünanlagen in Berlin noch stärker zu verankern. (...) Ich denke, mit der Intendanz können Sie es auch schaffen, solche Dinge
wie die Highline – Tempelhof könnte so etwas werden – oder verschiedene andere
Parks zu bauen, die für Berlin eine große Besonderheit sind. Damit es nicht nur
heißt, Berlin ist „arm und sexy“, sondern es ist auch grün.
Sue Ireland
Andrea Gebhard
Moderator eröffnet die Diskussion mit dem Publikum (Auszüge)
Prof. Theodor Hoffjann, Beuth-Hochschule: Ich wohne direkt am Park und bin
Hochschullehrer an der Beuth-Hochschule. Ich kenne diesen Park und viele Aspekte, die jetzt auch in den Tiergartendialogen besprochen wurden, toll. Bei einem
Tiergartendialog hat Herr Kowarik darauf hingewiesen, dass es hier eine ganze Reihe von Tier- und Pflanzenarten gibt, die es zu schützen gilt. Seit 2002 gibt es eine
Strategie für die Biodiversitätsfrage. Hier hätte man eine sehr gute Möglichkeit,
aber darüber habe ich heute sehr wenig gehört. Viele Schulklassen gehen durch
den Tiergarten und wir wissen selbst, dass die Kinder darauf aufmerksam gemacht
werden müssten, was die Natur eigentlich liefert. Naturbildung, Umweltbildung.
Hier hätte man die Chancen dazu. Es gibt in Baden-Württemberg eine HabitatsPotential-Analyse. Das heißt, sie haben ermittelt, wo Habitate einzurichten wären.
Und trotz der in Teilbereichen sehr starken Nutzung des Tiergartens gibt es viele
Bereiche, die tatsächlich für die Entwicklung des Biotops genutzt werden können.
Es gibt einige Spielflächen, die könnten durchaus dazu beitragen, Naturerfahrungsräume zu werden.
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Moderator: Es hat heute in einem Vortrag ja auch eine Rolle gespielt, welche Möglichkeiten zur Umweltbildung angedacht werden sollten. Herr Nagel, ist das ein
Statement, zu dem Sie einfach nur „ja“ sagen können?
Reiner Nagel: Ganz genau: Ja und es findet statt! Prof. Kowarik ist heute nicht
da, hat aber beim letzten Tiergartendialog noch einmal erläutert, wie die Dinge
erarbeitet werden und das klang nicht nur schlüssig, das ist auch sehr harmonisch.
Wir haben gerade bei den Beispielen über ehrenamtliches Engagement gesehen,
dass aus diesem Thema heraus wahrscheinlich das größte Aktivierungspotential
für den Tiergarten möglich ist, im Sinne von Monitoring, von Pflege, im Sinne von
Mittun. Insofern noch einmal ein Hinweis auf das Thema „Intendanz“: Es ist richtig, aber Berlin ist natürlich nicht so, dass sich da ein Gartenbaudirektor oder eine
Gartenbaudirektorin mit großen Kompetenzen hinsetzt und das alles regelt. Es
geht auch darum, diese vielen Initiativen kleinräumig in den Sektoren des Tiergartens zu aktivieren und die Menschen zum Mitmachen zu bringen. (...)
Gast: Vergleiche sind zum einen wichtig, zum anderen hinken sie häufig. Meiner
Meinung nach ist Berlin schlecht mit München oder auch New York City um den
Central Park herum zu vergleichen, weil wir nicht nur einen Park haben. Wir haben
natürlich den einen großen Park, aber Berlin ist noch viel mehr. Ich hätte eine
direkte Frage an Sue Ireland, ob es auch in London so viele Parkpflegewerke und
Rahmenkonzepte gibt, bevor irgendetwas umgesetzt wird.
Sue Ireland: I am not sure that I can give you an honest answer, because I am not
sure that I understand well enough the arrangements in Berlin. But I can say that
in London we have strategic plans from the Mayor of London that look across the
whole of greater London. Then there are our own strategic plans, but underneath
those, there are management plans. And you need to have the whole framework.
You must have the strategic planning, because that sets the direction, but you
must have the management plans underneath those.
Gast: Ich habe eine Frage an Sue Ireland: Wir haben vorhin in Ihrem Vortrag sehr
viel über „voluntary work“ gehört, also über Freiwilligeneinsätze. Das ist ein Thema, das uns als Gesellschaft auch sehr interessiert. Wie schaffen Sie das „recruitment“, also wie bekommen Sie so viele freiwillige Arbeitsstunden in die Parks hinein? Es gibt sicherlich „Freunde-Gesellschaften“, aber was gibt es sonst noch?
Sue Ireland: I took your comment about there being no residential area around
the Tiergarten, but I still believe from the type of people that we get as volunteers
that it is quite possible for the Tiergarten to have friends and volunteers. There
are people, who want to do this. My colleague here men­tioned the British ex-pats,
who are working here.
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What I would recommend is a fairly small injection, an individ al to pull a project
together. I personally believe in doing small things well and growing them. We
would be able to help and support that, by giving you the knowledge and experience we’ve got about how to communicate with people to get those volunteers
together. And we would be happy to help.
Gast: Ich möchte auf das Verwaltungsproblem abheben. Der Unterschied zu dem,
was uns aus England und Amerika vorgestellt worden ist, ist eine völlig andere
Verwaltungsgrundstruktur. Diese Parks, die der City of London gehören, aber
überhaupt nicht in der City liegen, sondern kilometerweit davon entfernt sind, die
könnte man nach unserem Rechtssystem als Eigenbetriebe oder als Stadtgüter
der City of London im äußeren Umland von London ansehen. Nicht ganz übertragbar. Der Central Park in New York wird von einer Park-Commission verwaltet.
Die Park-Commission ist eine eigenständige, kommunalähnliche Landesbehörde mit eigenen Haushaltsrechten. Könnte man dieses Prinzip auf den Tiergarten
übersetzen? Möglich wäre es. Durch Landesgesetz könnte eine Stiftung des öffentlichen Rechts gegründet werden, die den Tiergarten mit allen Vermögenswerten und allen Lasten übernimmt, an der sich möglicherweise der Bund beteiligen
könnte. Der jährliche Finanzzuweisungen bekäme, aber wie eine kommunale
Gebietskörperschaft mit dem Recht der Selbstverwaltung agiert, also Veranstaltungen zulässt oder nicht zulässt, eigenes Satzungsrecht hat – alles rechtlich
bei uns möglich. Aber das würde natürlich bedeuten, dass der Tiergarten dann
eine eigenständige Körperschaft innerhalb Berlins sein würde, abgesetzt und
ganz anders behandelt als alle übrigen Parks und Grünanlagen.
Gast: Für den Tiergarten müssen aus den Mitteln für die Parkpflege auch sehr erhebliche Mittel für die Stadtreinigung abgeführt werden. Ich wollte mal Richtung
München und London fragen, ob es da ähnliche Belas­tungen der Etats gibt, die ich
völlig unverständlich finde.
Gibt es konkrete Ansätze in die Richtung, dass Einnahmen, die aus Veranstaltungen
im Tiergarten generiert werden, auch tatsächlich dem Tiergarten zugute kommen?
Es ist mir völlig unverständlich, dass die in den allgemeinen Haushalten aufgehen.
Reiner Nagel: Es ist vollkommen richtig, wir haben das intern untersucht. Berlin
zahlt im Vergleich zu anderen Städten den höchsten Quotienten an Straßenreinigungsgebühren, die in den Pflegekosten beinhaltet sind. Es liegt daran, dass das
Berliner Straßenreinigungsgesetz keine Privilegierung für die Grünanlagen vorsieht. Wir zahlen über den Flächenmaßstab. Und der ist natürlich sehr groß und
wir haben wenig Reinigungsnot. Wenn man es umstellen würde auf Frontmeter, so
wie München das macht, dann könnten wir erhebliche Summen in Millionenhöhe
einsparen – und wenn Sie dann als Gebührenzahler einverstanden wären, dass Sie
die nicht zurückhaben wollen, sondern dass die bei den Grünanlagen bleiben, dann
hätten wir da eine Finanzierungsmöglichkeit.
Christoph Katerbau
Christoph Katerbau, Tiefbau und Landschaftsplanungsamt Bezirk Mitte: Herr Katerbau hatte bereits beim letzten Tiergartendialog auf die schwierige Finanz- und
Personalausstattung für den Tiergarten hingewiesen. Er möchte diese Gelegenheit
nutzen, um „Stellschrauben“ für die Planung vorzuschlagen (Auszüge):
Dass Planer uns Parkpflegewerke und Gutachten schreiben werden, ist okay, aber
womit können wir jetzt schon beginnen? Denn es gibt natürlich Zeitnot, Problemnot, es ist fünf nach zwölf. Warum?
Schraube Eins habe ich genannt: „grüne“ Mittel in Berlin. Hochbauer und Tiefbauer haben eine Zweckbindung, d. h., das Geld, das die Bezirke für die bauliche
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Unterhaltung bekommen, geht in Straßen und Häuser. Nicht bei Grünanlagen. Das
auch für den Großen Tiergarten zuständige Tiefbau- und Landschaftsplanungsamt, bekommt nur noch eine Million Euro Sachmittel im Jahr für ALLE Pflegeflächen und die Pflege ALLER Straßenbäume.
Schraube Zwei: Pflegeklassen in Berlin. Es gibt eine angemessene
Bewertung von Pflegeaufwendungen, z. B. im Treptower Park. Der Treptower Park
bekommt pro Quadratmeter, wegen seiner höheren Pflegeklasse, knapp das Doppelte in der Pflege und Unterhaltung gegenüber dem Großen Tiergarten. Warum
ist der Große Tiergarten, dass bedeutendste Gartendenkmal Deutschlands, in einer schwächeren Pflegeklasse? Das hat Auswirkung von jährlich 3,8 Millionen Euro,
die dem Bezirk allein im Tiergarten fehlen. Und das nur, weil er eine geringere
Pflegeklasse hat. Nächstes Thema: Straßenreinigungsgebühren. Der Tiergarten
zahlt ca. 1,2 Millionen Euro pro Jahr in einer sehr hohen Straßenreinigungsklasse,
der Treptower Park aufgrund seiner geringeren Reinigungsklasse nur ca. 300.000
Euro. Fazit: Der zweieinhalbfach kleinere Treptower Park bekommt fast genauso
viel Unterhaltungsmittel wie der Große Tiergarten.
So wird beispielhaft deutlich, dass das Finanzierungssystem Berlins, bezogen auf
die Grünflächenpflege, dringend überdacht werden muss.
Die dritte Schraube: Personal! Das Tiefbau- und Landschaftsplanungsamt versucht seit Jahren, mit dem noch vorhandenen Personal auszukommen, aber seit
20 Jahren geht das Personal zurück. Der Altersdurchschnitt des Personals liegt
bei über 50 Jahren im gewerblichen Bereich und hat 50 Azubis. Von denen kann
niemand unbefristet übernommen werden!
Die vierte Schraube: Neubesetzung und Wiederbesetzung von Stellen. Wenn Sie
zehn bis zwölf Jahre keine einzige Stelle besetzen und diesen Altersdurchschnitt
im handwerklichen Bereich haben, dann können Sie das auch nicht mehr schaffen.
Und deshalb muss ich hier ganz klar in Verantwortung für den Großen Tiergarten
und in Fürsorge für die Mitarbeiter deutlich fordern, dass wir endlich mit diesen
Schrauben beginnen, die ich gerade genannt habe. Den Fachleuten auf allen Ebenen sind diese Probleme und Lösungswege seit langem bekannt; warum bis heute
der personelle und finanzielle Niedergang der „grünen“ Ämter nicht gestoppt wird,
liegt nicht an der Fachkompetenz der zuständigen Führungskräfte! Nein : Es liegt
am politischen Willen in dieser Stadt.“
Moderator: Ich danke Ihnen. Herr Nagel, nach welchen Bedingungen wird bei den
Pflegeklassen klassifiziert? Wie wird das bewertet, wer trifft die Entscheidungen
dazu?
Reiner Nagel: Parks werden nach Pflegeklassen eingestuft hinsichtlich des Charakters der Anlage. Natürliche Anlagen haben die niedrigste Pflegestufe. Eine hochintensive Grünanlage hat die Höchste. Das ist fast eine Wissenschaft. Das machen
wir auf, für die Gesamtstadt, vorliegenden Daten und dann wird das runter gebrochen auf Flächenquoten usw. Es wird so transparent und neutral gemacht wie
möglich. (...)
Ich glaube, dass dieses fachlich nachvollziehbare, aber im Ergebnis nicht zureichende Finanzierungsthema nur der eine Aspekt ist. Und Herr Katerbau, ich gebe
Ihnen Recht, Sie machen eine exzellente Arbeit und wenn ich durch den Tiergarten
fahre, dann finde ich im Moment ausgezeichnete Wege vor, auch gut gepflegte
Grünanlagen. Dennoch, es braucht mehr Geld und ich würde nicht auf die anderen
gucken, sondern fragen, was man selbst tatsächlich machen kann.“ (...).
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Klaus von Krosigk: Der Tiergarten macht trotz aller Probleme einen vorzüglichen
Eindruck und es macht Freude – nachdem die Alleen und Wege instand gesetzt sind
– durch den Park zu gehen. Aber, man muss auch sagen, das sind natürlich Sondermittel, die wir gemeinsam eingeworben haben: immerhin über 16 Millionen Euro
Tourismusfördermittel aus der EU in Brüssel. Die machen diese Defizite, die das
Land Berlin produziert, wett. Aber das bedarf auch eines enormen Managements.
Erst mal um die Mittel einzuwerben aus Brüssel, vom Bund oder woher auch immer.
Und wir sind leider bald in einer Situation – das gilt für uns als Senatsverwaltung,
aber auch für die Bezirke – dass wir kaum noch Mitarbeiter haben fürs Einwerben,
geschweige denn fürs Ausgeben und für die korrekten Verwendungsnachweise am
Jahresende. Auch da braucht man einen Kernbesatz an gutem Personal, dass das
Management macht. Auch da schließt sich der Kreis wieder. (...)
Bernhard Wiens: (...) Die aufgeklärte Lösung, die Herr von Krosigk vorgeschlagen
hatte, an die möchte ich noch einmal erinnern. Es gilt, die Empfindung der Menschen für den Tiergarten zu wecken, so wie er ist. Empfindsamkeit, ein historischer
Begriff, in den Menschen zu wecken. Und wenn die Menschen empfindsam sind,
dann ist das die beste Voraussetzung für den Naturschutz. Dann gibt es Sympathieübertragungen von der Natur des Tiergartens auf die Menschen. Und das ist
die erzieherische Qualität des Tiergartens. Mir gefällt der Begriff nicht, der da letzte Mal gefallen ist, des „Bespielens“. „Wie bespielen wir diesen Park?“, denn das
nimmt uns sozusagen die Kraft, genau hinzuschauen. Das Bespielen ist komfortabel. Das Bespielen ist so eine Art Entertainment, das in Richtung der Virtualität
geht, also ich kann mich bequem hinsetzen und alles geschieht. Stadterfahrungen
virtualisieren sich heute mehr denn je. Der Tiergarten hat die Qualität, dieser Virtualisierung der Stadterfahrung eine physische Erfahrung entgegenzusetzen.
Klaus von Krosigk: Was wir im Moment machen, gemeinsam mit dem Naturschutz,
mit der Abteilung I, mit dem Bezirksamt Mitte und der Gartendenkmalpflege –
glaube ich, dass wir da auf ganz gutem Weg sind, vor allem, was eine stärkere
Akzeptanz des Naturschutzes angeht. Es geht gerade beim Tiergarten um KulturUND Naturschutz. Und trotzdem meine ich auch, dass dieser Tiergarten wieder in
besonderer Weise eine Art Direktor braucht, der wirklich für die Arbeit vor Ort zuständig ist. Der das auch nach außen vertritt, der auch die Mittel einwirbt und der
vor allen Dingen auch organisiert – das, was vorhin anklang und was wir bewundernd im angelsächsischen Raum sehen – das Miteinander, das bürgerschaftliche
Engagement. Ich glaube, das schafft auch eine Verwaltung alleine nicht.
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Reiner Nagel: Wir müssen dem Thema Konjunktur verschaffen. Es gibt so viele Facetten, die sind naheliegend. Aber diese Verbindungsfunktion, die Wegeräume, die
der Tiergarten letztendlich bündelt – auch das Thema „Wasser“ ist noch einmal
sehr wichtig – wenn das noch stärker ins Bewusstsein kommt, mit allen Nutzungsangeboten und mit ganz vitalem Leben, dann haben wir ein ganz tolles Projekt,
wirklich eine grüne Mitte in der Stadt.
Schlusswort – Ephraim Gothe
Vielen Dank, sehr geehrte Damen und Herren, wir haben in sehr komprimierter
Form eine ganze Reihe von Aspekten zum großen Tiergarten heute noch mal Revue passieren lassen. Es wurde nochmals betont, dass der Große Tiergarten viele
Funktionen zu erfüllen hat: Gartendenkmal, Erholungsfläche, Naturraum, Veranstaltungsmeile, die da mitten drin liegt. Wir sind noch mal auf die Historie eingegangen und ich glaube, es war auch noch einmal wichtig, dass hier in der Diskussionsrunde hervorgehoben wurde, dass die Besonderheit dieses Parks eben darin
liegt, dass hier so viele historische Schichten überein­ander liegen. Das Wildgehege,
die Knobelsdorff-Verfassung, die Lenné’sche Fassung, die Kaiserzeit Alverdes und
am Ende sozusagen Gusenburger nicht allein, sondern in guter Beratung durch den
Tiergartenbeirat, den will ich hier auch noch mal erwähnen.
Ephraim Gothe
Der Tiergartenbeirat ist ein Gremium, in dem Verwaltungsstellen, aber auch Externe mit versammelt sind und die, glaube ich eigentlich, einen sehr guten Job gemacht haben für die jetzige Fassung, die wir umsetzen mit den Tourismusmitteln,
die gerade noch erwähnt worden sind.
Es ist gelungen, eben nicht zu sagen: „Wir heben jetzt eine Schicht aus dieser Vielschichtigkeit heraus und stellen jetzt wieder Lenné pur her!“ Sondern die Idee war
ja gerade, dass man alle wichtigen Spuren nebeneinander zur Geltung kommen
lässt. Das ist das Besondere und auch die besondere Her­ausforderung für die Zukunft – diese Vielschichtigkeit abzubilden und damit eben tatsächlich diesen Ort
als ein Gedächtnis und als einen Gartenschatz zu bewahren. Das erscheint mir
ganz wichtig. (...)
Ich bin Herrn Katerbau sehr dankbar dafür, dass er hier noch einmal dieses engagierte Plädoyer für das Bezirksamt Mitte gehalten hat. Ich kann nur bestätigen,
mit welchem Herzblut die zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für den
Tiergarten arbeiten. In der Tat muss man das noch einmal auf objektive, vergleichbare Datengrundlagen stellen: „Was wollen wir eigentlich mit wie vielen Mitteln
erreichen?“ Da könnte es sinnvoll sein, die Vergleiche mit anderen großen Parks
auf Euro pro Quadratmeter oder auch in Manpower pro Quadratmeter umzurechnen. Auf den Vergleich wäre ich in der Tat sehr neugierig. Ich glaube, wir arbeiten hier tatsächlich am Rande des Limits und man muss darüber nachdenken,
wie man die Rahmenbedingungen dafür verbessern kann. Herr Katerbau hat da
ein paar wichtige Dinge gesagt, z. B. die Zweckbindung der Mittel ist ein Punkt,
den man durchaus noch einmal besprechen muss. Das gilt ja generell für Berlin,
für alle zwölf Bezirke. Es geht noch einmal darum, die Pflegeklasse, die hier angesetzt ist, zu überprüfen und zu schauen, ob das richtig ist. Und es geht vielleicht auch noch mal darum, so ein Thema wie die Sondernutzungsgebühren und
die Verwendung für den Park zu überdenken. Das ist ein bisschen schwierig, weil
man ja hier die Straße vom Park trennen muss. Wenn man genau hinschaut, gibt
es ja keine Veranstaltung im Großen Tiergarten, sondern nur auf der Straße des
17. Juni. (...)
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Ich bin offen, über weitere Dinge nachzudenken: Parkdirektor, Intendanz, Stiftung.
Und zwar deshalb, weil es eben tatsächlich so ist, dass durch die prominenten
Nachbarschaften wie die Bundesregierung, das Parlament, der Potsdamer Platz,
das Kulturforum tatsächlich ein Umfeld vorhanden ist, wo man durch Fundraising
vielleicht neue Quellen erschließen könnte. Und deshalb sollte man sich über eine
Form verständigen, um dieses Potenzial möglicherweise zu heben.
Ja, wir haben vieles richtig erkannt, haben viele Ziele für die Zukunft richtig definiert. Da steckt aber auch noch viel Arbeit drin und in dem Sinne kann ich nur alle
ermutigen, mit starkem Engagement weiter für den Großen Tiergarten zu arbeiten. Vielen Dank.
Abmoderation
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