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Essen Paolo (links) und Giulio Bianchi führen den Familienbetrieb im aargauischen Zufikon bereits in vierter Generation. «Fisch darf man weiterhin geniessen!» Der Fischkonsum steigt, die Bestände in den Meeren schwinden. Dürfen wir noch Fisch essen? Ja! Wir zeigen die von WWF erlaubten Sorten. Und die Fischgrosshändler Bianchi erklären, was sie für den Fortbestand der Fische tun. Text Leandra Graf Fotos Alex Buschor E s herrscht Handlungsbedarf. Die Fischbestände der Ozeane schwinden, und die Zahlen von WWF Schweiz sind alarmierend (siehe Box Seite 40). Das Bestreben der Umweltschützer liegt aber nicht nur in der Erhaltung der Fischbestände. Zu erhalten gilt es eine ganze Branche, die vielen Menschen auf der Welt die Existenz sichert. Auch geht es den Umweltschützern des WWF überhaupt nicht darum, Fischliebhabern den Appetit zu verderben. Man will gemeinsam mit Unternehmen aus der Lebensmittelbranche einen Beitrag zum Schutz der Meere leisten. Ziel ist es, das Fischangebot schrittweise auf Fische und Meeresfrüchte aus kontrollierten Beständen und umweltverträglichen Zuchten umzustellen (siehe Box Seite 44). Zu den Mitgliedern der WWF Seafood Group gehören beispielsweise die Grossverteiler Coop und Migros. Sie bieten keine Fische mehr an, die vom Aussterben bedroht sind, wie etwa Hai oder roten Thunfisch (Blauflossenthun). Für Fische aus stark überfischten Beständen wie Kabeljau aus dem Nordostatlantik oder 38 Schweizer Familie 30/2008 für Arten, die sich nur langsam fortpflanzen, etwa Rotbarsch oder Seeteufel, müssen innerhalb eines Jahres Alternativen aus ökologisch intakten Beständen gefunden werden. Diese Kriterien erfüllt sieht der WWF bei Wildfischen aus einheimischen Gewässern sowie bei den zertifizierten und kontrollierten Produkten, die die Label von MSC und Bio tragen (siehe Box Seite 43). Mangelndes Problembewusstsein wirft der WWF besonders den (Spitzen-)Köchen vor. Das ist ein gewichtiger Vorwurf. Denn 55 Prozent des Schweizer Fisch konsums werden über die Gastronomie abgewickelt. Da ist es interessant zu erfahren, was einer der wichtigsten Lieferanten der Gastronomie zu diesen Anschuldigungen sagt. Die über 100-jährige Fami lienfirma G. Bianchi AG in Zufikon gehört zu den ersten Schweizer Importeuren, die mit ausländischen Fisch handelten. Heute ist mit den Brüdern Giulio, 49, und Paolo Bianchi, 46, die vierte Generation am Ruder. Rund 250 Mitarbeitende sorgen dafür, dass wöchentlich um die 40 Tonnen Fische und Meeresfrüchte aus aller Welt in Schweizer Familie 30/2008 39 Essen «Es gibt etwa 100 thunFischaRten. WWF und die Detaillisten sprechen sich ab, welche Sorten oder Fanggebiete gesperrt oder freigegeben sind.» Giulio Bianchi mitarbeitende vermitteln den frischen Fang von schweizer Fischern und Fischereien aus der ganzen Welt sofort an ihre Restaurant-Kunden weiter. frischem Zustand zur Kundschaft gelangen. Die Bianchis sind mit dem WWF in stetem Kontakt. Die «Schweizer Familie» hat die beiden Familienväter Giulio und Paolo Bianchi zu einem Gespräch getroffen. SchWEiZER FAMiLiE: Die Schweizer essen immer mehr Fisch und Meeresfrüchte. Dabei sind die Meere zu drei Vierteln leer gefischt. Wie sehen Sie als grösster Fischhändler der Schweiz die Situation? PAoLo BiAnchi: Man muss unterscheiden zwischen der Hochseefischerei und der Küstenfischerei. Hochseefischerei ist ein Problem. Diese Fische werden für die industrielle Produktion verwendet, zum Beispiel für gefrorene Fischstäbchen. Ganz anders die Küstenfischerei. Diese Bestände sind noch nicht bedroht. Wir beziehen unsere Fische und Meeresfrüchte ausschliesslich aus der Küstenfischerei. Dort, wo der Rhythmus des Meeres noch stimmt und die natürlichen Schwärme noch erhalten sind. Worin besteht der Unterschied zwischen Küstenfischerei und hochseefischerei? GiULio BiAnchi: In der Fangmethodik. Was uns bei der Hochseefischerei sehr stört, sind die Schleppnetze, mit denen diese Hochseekähne als schwimmende Fischfabriken durch die Weltmeere ziehen und alles mitnehmen, was ihnen in die Quere kommt. Der Anteil des Beifangs ist fast fünfmal so hoch wie der verwertete Fang. Das kritisiert man beim WWF zu Rund 40 tonnen Fisch und meeresfrüchte gelangen bei den Bianchis jede Woche zur Kundschaft. Recht. Die Angelfischerei kann sich auf bestimmte Sorten konzentrieren. Woher stammen ihre Fänge? GiULio BiAnchi: Von verschiedenen Orten, zum Beispiel aus Portugal. Dort arbeiten wir mit Fischern zusammen, die mit ihren kleinen Booten morgens um vier Uhr rausfahren und zwischen 10 und 12 Uhr wieder zurück im Hafen sind. Was ist, wenn der Fang zu gering ausfällt? Fotos: Bab.ch/Stockfood 40 Schweizer Familie 30/2008 Und zu den Lieblingen auf unsern Tellern gehören Arten, deren Bestände teilweise massiv gefährdet sind. Etwa der Thunfisch, dessen Konsum um fast 40 Prozent auf 8300 Tonnen angestiegen ist. Die höchste Zuwachsrate ist bei Crevetten aus tropischen Zuchtbetrieben zu verzeichnen: plus 563 Prozent seit 1988, rund 3500 Tonnen pro Jahr. Der Pangasius, ein Zuchtfisch, den man vorher Sie haben alles unter Kontrolle? GiULio BiAnchi: Ja, grösstenteils. Ein Mitarbeiter von uns ist ständig unterwegs und besucht unsere Vertragspartner. 55 Prozent des Fischkonsums in der Schweiz laufen über die Gastronomie, die Bianchi ja hauptsächlich beliefert. Laut WWF-Studie fehlt es vielen Köchen an Umweltbewusstsein. ist es diesen egal, woher ihre Ware stammt? PAoLo BiAnchi: Das kann ich so nicht stehen lassen. Heute ist es vor allem die Gastronomie, die die Produkte hinterfragt. Sei es beim Fleisch oder beim Fisch. informiert Bianchi die Kundschaft über die herkunft eines jeden Fisches? PAoLo BiAnchi: Ja, wir deklarieren auf jedem Lieferschein, aus welcher Fangzone ein Produkt stammt. Wir können zu jedem Fisch stehen, den wir verkaufen. Diese Süsswasserfische dürfen in die Pfanne WWF alarmiert: Ozeane in Gefahr! Die Schweizer konsumieren 56 000 Tonnen Fische und Meerestiere im Jahr, das sind 7,6 Kilo pro Kopf. Dies bedeutet eine Zunahme von 20 Prozent in den letzten 20 Jahren. Erhoben wurden die Zahlen vom WWF Schweiz in einer Studie zur Entwicklung des Fisch- und SeafoodKonsums von 1988 bis 2006. Nur knapp 5 Prozent der verzehrten Fische stammen aus einheimischen Gewässern. PAoLo BiAnchi: Das kann passieren, etwa wenn sie nicht rauskönnen, weil es zu windig ist. In solchen Fällen müssen wir ausweichen auf andere Häfen, andere Länder. Das können Sie jederzeit? GiULio BiAnchi: Ja, wir sind tagtäglich mit unseren Vertragsfischern in engem Kontakt und können schnell reagieren. Kennen Sie alle ihre Lieferanten? PAoLo BiAnchi: Ja, wir arbeiten nur mit Leuten, die wir kennen. nicht kannte, konnte seine Beliebtheit von 0 auf 3500 Tonnen steigern. Damit verdrängte er die Zuchtklassiker Forelle (minus 61 Prozent) und Lachs (minus 27 Prozent) von den Spitzenplätzen. Dennoch bleibt der Lachs der beliebteste Zuchtfisch. Bei den Zuchten sind grosse Fortschritte zu verzeichnen, doch tauchen auch neue Probleme auf (mehr auf Seite 44). Angespannt ist die Situation aber vor allem beim Wildfang. Zum Problem der Überfischung kommt hinzu, dass Millionen von Fischen und Meerestieren als unerwünschter Beifang in den Schleppnetzen der schwimmenden Fischfabriken landen. Insgesamt werden für die 56 000 Tonnen in der Schweiz konsumierten Fische 250 000 Tonnen lebende Nahrung aus dem Meer verbraucht. eGli Wildfang: schweiz ZanDeR msc-Wildfang: hjälmarensee (schweden) Wildfang: schweiz, Westeuropa KaRPFen Zucht: Frankreich, Deutschland, italien Felchen Wildfang: schweiz und irland FoRellen-aRten Bio-Zucht: schweiz Schweizer Familie 30/2008 41 Essen «Unsere Beteiligung an die Zanderzucht in Estland ist eine investition in Die ZuKunFt, damit wir weiterhin mit Fisch versorgt werden.» Paolo Bianchi Wildsalm wird mit der haut filetiert. GiULio BiAnchi: Es gibt etwa 100 Thunfischarten. WWF und die Detaillisten sprechen sich ab, welche Sorten oder Fanggebiete gesperrt oder freigegeben sind. So ist der rote Tuna aus dem Mittelmeer tabu oder der Blauflossen-Tuna, hingegen wird der Gelbflossen-Tuna nachhaltig gefischt. Darauf kann man vertrauen? Ja. Alles, was bei den Partnern der WWF Seagroup in den Vitrinen liegt, sind erlaubte Fische, sei es Tuna, Kabeljau oder Red Snapper. Es gibt ja immer Ersatzgebiete, die freigegeben sind. Sind denn nicht immer die gleichen Gebiete gesperrt oder erlaubt? Das ändert sich dauernd und wird von den Partnern der WWF Seagroup immer wieder neu definiert. Manche Bestände erholen sich rascher als andere. seezungen werden enthäutet und für den transport bereitgestellt. Gibt es auch positive nachrichten bezüglich der Fischbestände? PAoLo BiAnchi: Ja, die hört man seltener. Etwa jene, dass sich der Heringsbestand in der Nordsee erholt hat. Das wirkt sich wiederum auf die Nahrungskette aus. Sind die Kleinfische da, kommen auch die Grossfische wieder. GiULio BiAnchi: Auch in der norwegischen Baringsee wachsen die Bestände des Klein-Kabeljaus wieder nach. Wie schaffen Sie es, der Umwelt gerecht zu werden und gleichzeitig die Wünsche ihrer Kunden zu erfüllen? PAoLo BiAnchi: Wir sind ja nicht in gefährdeten Gebieten tätig. Das Problem liegt eher darin, dass wir dies immer wieder erklären müssen, weil die Unterschiede in der Fischerei nicht bekannt sind. Kommt dazu, dass der Qualitätsstandard in der Schweiz sehr hoch ist. Das können wir nur mit sorgfältiger Küsten- Erlaubte Meeresfische heRinG lachsaRten KaBelJau msc-Wildfang: Östliche Beringstrasse, aleutische inseln (alaska) DoRaDe Wildfang: nordost-Pazifik, nordost-atlantik, alaska. Bio-Zucht: irland. msc-Wildfang. Zucht: Frankreich WeisseR thun saRDine WolFsBaRsch Zusammenhang ist die Zucht von Fischen sehr wichtig. Zuchtfische haben einen schlechten Ruf, man hört von haltungen ähnlich wie Käfighühner. PAoLo BiAnchi: Das war früher, heute sind die Standards für anerkannte Bio-Betriebe vom WWF neu definiert. Es muss ein geschlossener ökologischer Kreislauf gewährleistet sein, der die Umwelt nicht belastet. Dabei ist klar festgehalten, wie WWF-Ratschläge für Konsumenten Wildfang: nordwest atlantik Bio-Zucht: Frankreich. fischerei gewährleisten. Dies betrifft vor allem die frischen Fische und Meerestiere. Bei den Tiefkühlprodukten ist es etwas anders, da versuchen wir immer mehr, mit Labels wie MSC zusammenzuarbeiten. Die garantieren nachhaltige Fischerei auch auf den Weltmeeren. Denken Sie dabei auch an die Zukunft ihrer Firma? GiULio BiAnchi: Nachhaltigkeit in jeder Beziehung ist unser Interesse. In diesem Wildfang: nordostatlantik KaP-seehecht msc-Wildfang: südafrika msc-Wildfang: nordpazifik, südpazifik maKRele Wildfang: nordost atlantik. msc-Wildfang: englische südwestküste Um die Fischbestände der Meere zu schützen, hat der WWF seinen handlichen Einkaufsratgeber Fische und Meeresfrüchte ergänzt und neu aufgelegt. Anhand von farbigen Punkten sind Produkte ohne MSC- oder BioLabel bewertet: Grün für unbedenklich, gelb für akzeptabel, orange für nicht empfohlen, rot für Hände weg. Die Bewertungen werden im Internet laufend aktualisiert: www.wwf.ch Um sich im Alltag unkompliziert orientieren zu können, rät der WWF: ■ Fische und meeresfrüchte nicht täglich geniessen. ■ Bei Wildfang: Fisch mit dem Label MSC (Marine Stewardship Council) kaufen, diese tragen Sorge zu den Fischbeständen und minimieren den Beifang. ■ ■ Bei Zuchten: Fische und Meeresfrüchte mit BioLabel wählen. Bei BioZuchten wird nur Fischmehl aus Speisefischabfällen gefüttert, und die Vorschriften für den Einsatz von Medikamenten wie Antibiotika sind streng. einheimische Seefische bevorzugen. Empfohlene Labels: Schweizer Familie 30/2008 Fotos: Bab.ch/Stockfood Wie kann der Konsument im Detailhandel sicher sein, dass sein Fisch aus sauberer Quelle stammt? PAoLo BiAnchi: Er muss seinem Fischhändler vertrauen. Wie weiss ich, ob ich meinem Fischhändler vertrauen kann? GiULio BiAnchi: Indem Sie bei Detaillisten einkaufen, die in der WWF-Seafood Group mitarbeiten und ihre Produkte entsprechend kennzeichnen. Wir sind daran, eine Zusammenarbeit aufzubauen. Sind ihre Produkte auch im Detailhandel erhältlich? GiULio BiAnchi: Vereinzelt. Jedoch nicht bei den Grossverteilern. Was ist davon zu halten, wenn Partner der WWF-Seagroup den als kritisch eingestuften Thunfisch anbieten? 43 Essen Diese Meeresfrüchte dürfen auf den Teller austeRn Zucht: Frankreich, niederlande JaKoBsmuschel vonGole miesmuschel Zucht: mittelmeer, nordost-atlantik ein Kilo Zuchtfisch zu produzieren. Womit füttern ihre Produzenten die Fische? PAoLo BiAnchi: In der Bio-Zucht braucht es keine 6 Kilo, unsere Partner in Cannes sprechen von 1,5 bis 1,8 Kilo, je nach Nahrung, Wassertemperatur und Fischart. Zudem werden in Bio-Zuchten vorwiegend Abfallprodukte wie Resten von zu Filets verarbeitetem Fisch, Köpfe und Gräten als Futter verwertet. GiULio BiAnchi: Ein anderes Beispiel für einen geschlossenen Kreislauf: Seit kur- Fotos: Food Photography Gising, Bab.ch/Stockfood Zuchtfische sind die Zukunft 44 Bereits heute stammen 43 Prozent der weltweit produzierten Fische und Meeresfrüchte aus Zuchten, und es werden immer mehr. 1970 waren es knapp vier Prozent. Damit ist die moderne Aquakultur der Lebensmittelbereich, der am rasantesten wächst. Mit 19 000 Tonnen pro Jahr legten die Produkte aus Zuchtfarmen auch hierzulande stark zu. Sie machen einen Drittel der konsumierten Menge aus. Durch die Fütterung mit Fischöl und -mehl entsteht die Situation, dass in der konventionellen Zucht mehr Fische und Meeresfrüchte verbraucht als gewonnen werden: Um 1 Kilo Zuchtfisch zu produzieren, braucht es etwa 6 Kilo Futterfische aus Wildfang. Konventionelle Schweizer Familie 30/2008 Aquakultur hat demzufolgen keine Zukunft, denn sie beinhaltet weitere Probleme: ■ Massiver Einsatz von Chemikalien und Antibiotika. ■ Überdüngung natürlicher Gewässer durch Abwässer. ■ Zerstörung oder Beeinträchtigung empfindlicher Ökosysteme. ■ Gefahr des Biodiversitätsverlustes in der Umgebung von Zuchtanlagen durch entweichende Zuchtfische, Keime und Parasiten. Zuchtfische mit dem Bio-Label gelten als veranwortbare Alternative, sie erfüllen die Bedingungen für eine umweltgerechte Fischhaltung und können laut WWF bedenkenlos gegessen werden. Das Bio-Label bei Zuchtfisch garantiert: ■ Fischfutter aus nachhaltigen Quellen. Einsatz von Fischmehl nur aus Abfällen der Speisefischproduktion. Keine Fischerei eigens zu Futterzwecken. ■ tiergerechte Haltung. ■ strenge vorschriften im Umgang mit Medikamenten wie Antibiotika und Hormonen. Bei Crevetten sind Antibiotika verboten. ■ Keine Gentechnologie. ■ möglichst geringe Beeinträchtigung der Umwelt. Schutz der umliegenden Ökosysteme wie etwa Mangrovenwälder. ■ verbot von aromazusätzen und Farbstoffen, Einschränkungen bei Konservierungsstoffen. Wildfang: italien zem beteiligen wir uns am Aufbau einer Zanderzucht in Estland. Inspiriert von einem dänischen Projekt, geht man dort nun daran, den Fischkot zu Bio-Gas zu verarbeiten und überhaupt jeden Baustein nach den umweltfreundlichsten Methoden zu realisieren. Das ist doch fantastisch! Sind Zuchtfische von gleich guter Qualität wie wild lebende Fische? GiULio BiAnchi: Zuchtfische sind etwas fetter und weicher im Fleisch. Sie werden jung, in praktischen Grössen verkauft. Wild gefangene, langsam gewachsene Fische sind grösser und geschmackvoller. Was wird bei ihnen mehr verlangt? PAoLo BiAnchi: In der Top-Gastronomie legt man Wert auf Wildfang. Das hängt auch von der Saison ab, mit der wir sehr stark arbeiten. Wird viel wilder Loup de mer gefangen, können wir den Fisch zu guten Preisen vermarkten. Nach einem Monat ist das vorbei, dann steigt der Preis wieder und wird für manchen Wirt zu teuer. Der Zuchtfisch hat den Vorteil, dass er klar kalkulierbar ist. Es liegt also an ihnen, den Kunden einzelne Fische schmackhaft zu machen? GiULio BiAnchi: Ja, klar. Warum sollen wir im Sommer, in dem es nun mal keinen Kabeljau gibt, krampfhaft danach fahnden? Dann verkaufen wir eben Steinbutt oder St. Petersfisch. Im Frühling gab es zum Beispiel keine Rotzungen, da war nichts zu machen. Nun sind sie wieder zu haben. Wir leben mit diesen Wellenbewegungen und wehren uns deshalb dagegen, dass der Gastronomie mangelndes Umweltbewusstsein unterschoben wird. Was tun Sie, wenn die Köche unbedingt eine rare Spezialität wollen? cRevetten Bio-Zucht: ecuador, Peru, vietnam GiULio BiAnchi: Dann suchen wir nach Alternativen. Die meisten Köche sind vernünftig. Hai zu bestellen ist seit mindestens 10 Jahren kein Thema mehr. Was hat sich in den letzten Jahren markant verändert? PAoLo BiAnchi: Die Nachfrage und damit die Preise beim wilden Fisch sind rasant gestiegen. Und es wird für Normal- anruft, dann benachrichtigen wir unseren Chauffeur, der dort auf Liefertour ist. Wenn die Schweizer weiterhin gesunden Fisch essen wollen, bleibt ihnen nur der import? PAoLo BiAnchi: Ja, das ist unsere einzige Alternative. Deshalb engagieren wir uns stark im Ausland und leisten Vorfinanzierungen. Unsere Beteiligung an der Zanderzucht in Estland ist eine Investition in die Zukunft, damit wir weiterhin mit Fisch versorgt werden. Dort und auch in Russland läuft heute alles über Quotenfang. Sind diese von der «National Resources Administration» festgelegten Mengen ausgeschöpft, gibts nichts mehr. Deshalb ist dort jemand unterwegs, der Quoten für uns aufkauft. Quotenfischerei ist gut für die Natur, denn sie kann sich wieder erholen, wenn das zugestandene Kontingent weg und die Fischerei gestoppt ist. Wer kontrolliert das? GiULio BiAnchi: Das Fischen in der Ostsee wird vom ICES (International Council ANZEIGE - 1 / Zucht: usa, europa verbraucher immer teurer. Wir beziehen Fische und Meeresfrüchte aus aller Welt, auch die Transportkosten sind enorm gestiegen. Und sie werden noch teurer, wenn es so weitergeht mit dem Ölpreis. Warum konsumieren die Schweizer nicht mehr einheimische Fische? PAoLo BiAnchi: Es gibt einfach viel zu wenig davon. Wir würden gerne mehr Schweizer Fisch anbieten, fahren an jeden Schweizer See, um auch kleinste Mengen abzuholen. Unsere Seen sind zu sauber – Fische brauchen Algen als Rückzugsmöglichkeit und Plankton als Nahrung – deshalb gibt es rückläufige Bestände. Wir nehmen alles, was wir kriegen können. Fünf Seeforellen in einer Woche sind ja romantisch, aber nicht gerade viel. Macht das ökologisch Sinn, für ein paar Fische an einen See zu fahren? GiULio BiAnchi: Wir fahren nicht extra irgendwohin. Wir sind logistisch gut ausgerüstet und können rasch umdisponieren. Wenn ein Fischer aus Neuenburg * " 9 " viele Quadratmeter einem Fisch zur Verfügung stehen müssen. Bei Crevetten ist Medikamentenfütterung verboten. Das wird heute überall von den Behörden streng überwacht. Wir hatten solche «Käfighaltungsprodukte» nie im Angebot. Woher beziehen Sie ihre Zuchtfische? GiULio BiAnchi: In Cannes haben wir eine Bio-Zucht mit Doraden und Loup de mer, die vom WWF und von Coop als gut eingestuft und zertifiziert wurde. In Vietnam sind wir an einer Bio-CrevettenZucht beteiligt, mit eigenem Büro vor Ort, um die Einhaltung aller Bedingungen kontrollieren zu können. crevetten sind hierzulande besonders beliebt, obwohl manche Zuchten als kritisch eingestuft werden. GiULio BiAnchi: Ja. Deshalb engagieren wir uns in Vietnam. Weil wir die Zucht von Anfang an begleiten, können wir für eine artgerechte Haltung garantieren. Zudem sind wir so auch stets über den technischen Entwicklungsstand solcher Fischfarmen informiert. Der WWF sagt, in konventionellen Fischfarmen brauche es 6 Kilo Wildfisch, um Essen «In Bio-Zuchten werden vorwiegend Abfallprodukte wie Resten von zu Filets verarbeitetem Fisch, Köpfe und Gräten verwertet.» Paolo Bianchi for the Exploration of the Sea) streng überwacht. In Russland wurde in den letzten Jahren wieder einiges gutgemacht. Die haben gelernt aus dem Trauerspiel mit dem Stör, dessen Kaviar früher bis zum Geht-nicht-mehr ausgebeutet wurde. Bieten Sie russischen Kaviar an? Paolo Bianchi: Wilden schon lange nicht mehr. Heute verkaufen wir zu 90 Prozent Zuchtkaviar. Ein gutes Produkt, nicht ganz so wertvoll wie wilder Kaviar. Dürfen wir weiterhin Fisch geniessen? Paolo Bianchi: Unbedingt. Es braucht einfach weiterhin viel Information für die Konsumenten. In diesem Punkt unterstützen wir den WWF. Fachleute sagen zudem, dass wir bis 2020 zu 80 Prozent Zuchtfisch konsumieren werden. Das finden wir gut. Es gelingt immer besser, die Lebensräume der Fische naturnah aufzubauen. Immer mehr Sorten lassen sich züchten. Manche Sorten, etwa der Kabeljau, reproduzieren sich schnell, andere wie der Seeteufel benötigen länger dazu. Nebst dem WWF gibt weitere Organisationen, die den Fischbestand schützen wollen. Etwa die Tierschützer von Fairfish, die behaupten, dass in den USA gefährdete Arten unter dem MSCLabel gehandelt würden. Paolo Bianchi: Für mich ist der WWF die einzige ernst zunehmende Organisa tion, weil sie international vernetzt und überall vor Ort ist. Wie ist denn der Zustand des Mittelmeeres, das uns am nächsten liegt? Giulio Bianchi: Das Mittelmeer ist eine der grössten Problemzonen. Wir arbeiten schon seit langem nicht mehr mit Mittelmeerfisch. Doch auch da ist nicht alles verloren. Wenn die Politik hier etwas vorwärtsmacht und tatsächlich Anstrengungen sichtbar werden, würden wir das unterstützen. Denn da geht es ja nicht nur um unsere Nahrung, sondern auch um Arbeitsplätze von Menschen, die dort leben. Da ist eine ganze Branche, der die Arbeitslosigkeit droht. Sie glauben fest an die Zukunft der Fischerei? Paolo Bianchi: Ich bin sehr zuversichtlich, dass der Fisch Zukunft hat. Es ist unsere Aufgabe, unsere Überzeugung und ein ehrliches Anliegen, unsern Kindern keine leer gefischten Meere zu hinter lassen. Anzeige @ejg\bkfi Alip Y`kk\k qld KXeq %%% Ã%BT 3jUTFM EBT +VSZ IJFS OBDI VOE OBDI BVG EFDLU JTU TP DMFWFS BVTHFIFDLU EBTT FT TFMCTU EFO BOTQSVDITWPMMTUFO -FTFS CFS[FVHFO XJSE² 1VCMJTIFST 8FFLMZ 8lZ_ Xcj ?iYlZ_ Y\` IXe[fd ?flj\ 8l[`f NXck\i J`kkc\i c`\jk + :;j s j=i *-#0' \dg]% MB$Gi\`j 0./$*$/--'+$//+$* <`e ^\_\`de`jmfcc\i Dfi[# qn\` m\i]_i\i`jZ_\ =iXl\e1 [\i kliYlc\ek\jk\ 9\jkj\cc\i [\i ÙHl\\e f] :i`d\jÈ% n n n% d X i k _ X $ ^ i ` d \ j % [ \ IfdXe s ;\lkjZ_ mfe :fie\c`X :% NXck\i */+ J\`k\e s *((), j=i *+#0' \dg]% MB$Gi\`j