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Essen
Paolo (links) und Giulio Bianchi führen
den Familienbetrieb im aargauischen
Zufikon bereits in vierter Generation.
«Fisch darf man
weiterhin geniessen!»
Der Fischkonsum steigt, die Bestände in den
Meeren schwinden. Dürfen wir noch Fisch essen? Ja!
Wir zeigen die von WWF erlaubten Sorten.
Und die Fischgrosshändler Bianchi erklären, was
sie für den Fortbestand der Fische tun.
Text Leandra Graf Fotos Alex Buschor
E
s herrscht Handlungsbedarf. Die
Fischbestände der Ozeane schwinden, und die Zahlen von WWF
Schweiz sind alarmierend (siehe
Box Seite 40). Das Bestreben der Umweltschützer liegt aber nicht nur in der Erhaltung der Fischbestände. Zu erhalten gilt es
eine ganze Branche, die vielen Menschen
auf der Welt die Existenz sichert. Auch
geht es den Umweltschützern des WWF
überhaupt nicht darum, Fischliebhabern
den Appetit zu verderben. Man will gemeinsam mit Unternehmen aus der Lebensmittelbranche einen Beitrag zum
Schutz der Meere leisten. Ziel ist es, das
Fischangebot schrittweise auf Fische und
Meeresfrüchte aus kontrollierten Beständen und umweltverträglichen Zuchten
umzustellen (siehe Box Seite 44).
Zu den Mitgliedern der WWF Seafood
Group gehören beispielsweise die Grossverteiler Coop und Migros. Sie bieten
keine Fische mehr an, die vom Aussterben
bedroht sind, wie etwa Hai oder roten
Thunfisch (Blauflossenthun). Für Fische
aus stark überfischten Beständen wie
Kabeljau aus dem Nordostatlantik oder
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Schweizer Familie 30/2008
für Arten, die sich nur langsam fortpflanzen, etwa Rotbarsch oder Seeteufel, müssen innerhalb eines Jahres Alternativen
aus ökologisch intakten Beständen gefunden werden. Diese Kriterien erfüllt sieht
der WWF bei Wildfischen aus einheimischen Gewässern sowie bei den zertifizierten und kontrollierten Produkten, die
die Label von MSC und Bio tragen (siehe
Box Seite 43).
Mangelndes Problembewusstsein wirft
der WWF besonders den (Spitzen-)Köchen vor. Das ist ein gewichtiger Vorwurf.
Denn 55 Prozent des Schweizer Fisch­
konsums werden über die Gastronomie
abgewickelt. Da ist es interessant zu erfahren, was einer der wichtigsten Lieferanten
der Gastronomie zu diesen Anschuldigungen sagt. Die über 100-jährige Fami­
lienfirma G. Bianchi AG in Zufikon gehört
zu den ersten Schweizer Importeuren, die
mit ausländischen Fisch handelten. Heute
ist mit den Brüdern Giulio, 49, und Paolo
Bianchi, 46, die vierte Generation am Ruder. Rund 250 Mitarbeitende sorgen dafür,
dass wöchentlich um die 40 Tonnen
Fische und Meeresfrüchte aus aller Welt in 
Schweizer Familie 30/2008
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Essen
«Es gibt etwa 100
thunFischaRten.
WWF und die Detaillisten
sprechen sich ab, welche
Sorten oder Fanggebiete
gesperrt oder
freigegeben sind.»
Giulio Bianchi
mitarbeitende vermitteln den frischen Fang von
schweizer Fischern und Fischereien aus der ganzen
Welt sofort an ihre Restaurant-Kunden weiter.
frischem Zustand zur Kundschaft gelangen. Die Bianchis sind mit dem WWF in
stetem Kontakt. Die «Schweizer Familie»
hat die beiden Familienväter Giulio und
Paolo Bianchi zu einem Gespräch getroffen.
SchWEiZER FAMiLiE: Die Schweizer
essen immer mehr Fisch und Meeresfrüchte. Dabei sind die Meere zu drei
Vierteln leer gefischt. Wie sehen Sie
als grösster Fischhändler der Schweiz
die Situation?
PAoLo BiAnchi: Man muss unterscheiden zwischen der Hochseefischerei und
der Küstenfischerei. Hochseefischerei ist
ein Problem. Diese Fische werden für die
industrielle Produktion verwendet, zum
Beispiel für gefrorene Fischstäbchen.
Ganz anders die Küstenfischerei. Diese
Bestände sind noch nicht bedroht. Wir
beziehen unsere Fische und Meeresfrüchte ausschliesslich aus der Küstenfischerei.
Dort, wo der Rhythmus des Meeres noch
stimmt und die natürlichen Schwärme
noch erhalten sind.
Worin besteht der Unterschied
zwischen Küstenfischerei und hochseefischerei?
GiULio BiAnchi: In der Fangmethodik.
Was uns bei der Hochseefischerei sehr
stört, sind die Schleppnetze, mit denen
diese Hochseekähne als schwimmende
Fischfabriken durch die Weltmeere ziehen
und alles mitnehmen, was ihnen in die
Quere kommt. Der Anteil des Beifangs ist
fast fünfmal so hoch wie der verwertete
Fang. Das kritisiert man beim WWF zu
Rund 40 tonnen Fisch und
meeresfrüchte gelangen bei
den Bianchis jede Woche zur
Kundschaft.
Recht. Die Angelfischerei kann sich auf
bestimmte Sorten konzentrieren.
Woher stammen ihre Fänge?
GiULio BiAnchi: Von verschiedenen Orten, zum Beispiel aus Portugal. Dort arbeiten wir mit Fischern zusammen, die mit
ihren kleinen Booten morgens um vier
Uhr rausfahren und zwischen 10 und
12 Uhr wieder zurück im Hafen sind.
Was ist, wenn der Fang zu gering
ausfällt?
Fotos: Bab.ch/Stockfood
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Schweizer Familie 30/2008
Und zu den Lieblingen auf
unsern Tellern gehören Arten,
deren Bestände teilweise massiv gefährdet sind. Etwa der
Thunfisch, dessen Konsum
um fast 40 Prozent auf
8300 Tonnen angestiegen ist.
Die höchste Zuwachsrate ist
bei Crevetten aus tropischen
Zuchtbetrieben zu verzeichnen: plus 563 Prozent seit
1988, rund 3500 Tonnen
pro Jahr. Der Pangasius, ein
Zuchtfisch, den man vorher
Sie haben alles unter Kontrolle?
GiULio BiAnchi: Ja, grösstenteils. Ein
Mitarbeiter von uns ist ständig unterwegs
und besucht unsere Vertragspartner.
55 Prozent des Fischkonsums in der
Schweiz laufen über die Gastronomie, die Bianchi ja hauptsächlich
beliefert. Laut WWF-Studie fehlt es
vielen Köchen an Umweltbewusstsein.
ist es diesen egal, woher ihre Ware
stammt?
PAoLo BiAnchi: Das kann ich so nicht
stehen lassen. Heute ist es vor allem die
Gastronomie, die die Produkte hinterfragt. Sei es beim Fleisch oder beim
Fisch.
informiert Bianchi die Kundschaft über
die herkunft eines jeden Fisches?
PAoLo BiAnchi: Ja, wir deklarieren auf
jedem Lieferschein, aus welcher Fangzone
ein Produkt stammt. Wir können zu jedem Fisch stehen, den wir verkaufen.

Diese Süsswasserfische dürfen in die Pfanne
WWF alarmiert: Ozeane in Gefahr!
Die Schweizer konsumieren 56 000 Tonnen Fische
und Meerestiere im Jahr, das
sind 7,6 Kilo pro Kopf. Dies
bedeutet eine Zunahme von
20 Prozent in den letzten
20 Jahren. Erhoben wurden
die Zahlen vom WWF Schweiz
in einer Studie zur Entwicklung des Fisch- und SeafoodKonsums von 1988 bis 2006.
Nur knapp 5 Prozent der verzehrten Fische stammen aus
einheimischen Gewässern.
PAoLo BiAnchi: Das kann passieren, etwa
wenn sie nicht rauskönnen, weil es zu windig ist. In solchen Fällen müssen wir ausweichen auf andere Häfen, andere Länder.
Das können Sie jederzeit?
GiULio BiAnchi: Ja, wir sind tagtäglich
mit unseren Vertragsfischern in engem
Kontakt und können schnell reagieren.
Kennen Sie alle ihre Lieferanten?
PAoLo BiAnchi: Ja, wir arbeiten nur mit
Leuten, die wir kennen.
nicht kannte, konnte seine
Beliebtheit von 0 auf 3500
Tonnen steigern. Damit verdrängte er die Zuchtklassiker
Forelle (minus 61 Prozent)
und Lachs (minus 27 Prozent)
von den Spitzenplätzen. Dennoch bleibt der Lachs der beliebteste Zuchtfisch.
Bei den Zuchten sind grosse
Fortschritte zu verzeichnen,
doch tauchen auch neue Probleme auf (mehr auf Seite 44).
Angespannt ist die Situation aber vor allem beim Wildfang. Zum Problem der Überfischung kommt hinzu, dass
Millionen von Fischen und
Meerestieren als unerwünschter Beifang in den Schleppnetzen der schwimmenden
Fischfabriken landen. Insgesamt werden für die 56 000
Tonnen in der Schweiz konsumierten Fische 250 000 Tonnen lebende Nahrung aus
dem Meer verbraucht.
eGli
Wildfang: schweiz
ZanDeR
msc-Wildfang: hjälmarensee (schweden)
Wildfang: schweiz, Westeuropa
KaRPFen
Zucht: Frankreich,
Deutschland, italien
Felchen
Wildfang:
schweiz und irland
FoRellen-aRten
Bio-Zucht: schweiz
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41
Essen
«Unsere Beteiligung
an die Zanderzucht
in Estland ist eine
investition in Die
ZuKunFt, damit
wir weiterhin mit Fisch
versorgt werden.»
Paolo Bianchi
Wildsalm wird mit der
haut filetiert.
GiULio BiAnchi: Es gibt etwa 100 Thunfischarten. WWF und die Detaillisten sprechen sich ab, welche Sorten oder Fanggebiete gesperrt oder freigegeben sind. So ist
der rote Tuna aus dem Mittelmeer tabu
oder der Blauflossen-Tuna, hingegen wird
der Gelbflossen-Tuna nachhaltig gefischt.
Darauf kann man vertrauen?
Ja. Alles, was bei den Partnern der WWF
Seagroup in den Vitrinen liegt, sind erlaubte Fische, sei es Tuna, Kabeljau oder
Red Snapper. Es gibt ja immer Ersatzgebiete, die freigegeben sind.
Sind denn nicht immer die gleichen
Gebiete gesperrt oder erlaubt?
Das ändert sich dauernd und wird von
den Partnern der WWF Seagroup immer
wieder neu definiert. Manche Bestände
erholen sich rascher als andere.
seezungen werden
enthäutet und für den
transport bereitgestellt.
Gibt es auch positive nachrichten
bezüglich der Fischbestände?
PAoLo BiAnchi: Ja, die hört man seltener.
Etwa jene, dass sich der Heringsbestand in
der Nordsee erholt hat. Das wirkt sich
wiederum auf die Nahrungskette aus. Sind
die Kleinfische da, kommen auch die
Grossfische wieder.
GiULio BiAnchi: Auch in der norwegischen Baringsee wachsen die Bestände
des Klein-Kabeljaus wieder nach.
Wie schaffen Sie es, der Umwelt
gerecht zu werden und gleichzeitig die
Wünsche ihrer Kunden zu erfüllen?
PAoLo BiAnchi: Wir sind ja nicht in gefährdeten Gebieten tätig. Das Problem
liegt eher darin, dass wir dies immer wieder erklären müssen, weil die Unterschiede in der Fischerei nicht bekannt
sind. Kommt dazu, dass der Qualitätsstandard in der Schweiz sehr hoch ist. Das
können wir nur mit sorgfältiger Küsten-
Erlaubte Meeresfische
heRinG
lachsaRten
KaBelJau
msc-Wildfang: Östliche
Beringstrasse, aleutische
inseln (alaska)
DoRaDe
Wildfang: nordost-Pazifik, nordost-atlantik,
alaska. Bio-Zucht: irland. msc-Wildfang.
Zucht: Frankreich
WeisseR
thun
saRDine
WolFsBaRsch
Zusammenhang ist die Zucht von Fischen
sehr wichtig.
Zuchtfische haben einen schlechten
Ruf, man hört von haltungen ähnlich
wie Käfighühner.
PAoLo BiAnchi: Das war früher, heute
sind die Standards für anerkannte Bio-Betriebe vom WWF neu definiert. Es muss
ein geschlossener ökologischer Kreislauf
gewährleistet sein, der die Umwelt nicht
belastet. Dabei ist klar festgehalten, wie 
WWF-Ratschläge für Konsumenten
Wildfang: nordwest
atlantik
Bio-Zucht: Frankreich.
fischerei gewährleisten. Dies betrifft vor
allem die frischen Fische und Meerestiere.
Bei den Tiefkühlprodukten ist es etwas
anders, da versuchen wir immer mehr,
mit Labels wie MSC zusammenzuarbeiten. Die garantieren nachhaltige Fischerei
auch auf den Weltmeeren.
Denken Sie dabei auch an die Zukunft
ihrer Firma?
GiULio BiAnchi: Nachhaltigkeit in jeder
Beziehung ist unser Interesse. In diesem
Wildfang: nordostatlantik
KaP-seehecht
msc-Wildfang: südafrika
msc-Wildfang:
nordpazifik,
südpazifik
maKRele
Wildfang: nordost atlantik.
msc-Wildfang: englische südwestküste
Um die Fischbestände
der Meere zu schützen, hat
der WWF seinen handlichen
Einkaufsratgeber Fische und
Meeresfrüchte ergänzt und
neu aufgelegt. Anhand von
farbigen Punkten sind Produkte ohne MSC- oder BioLabel bewertet: Grün für unbedenklich, gelb für akzeptabel, orange für nicht
empfohlen, rot für Hände
weg. Die Bewertungen werden im Internet laufend
aktualisiert: www.wwf.ch
Um sich im Alltag unkompliziert orientieren zu
können, rät der WWF:
■ Fische und meeresfrüchte
nicht täglich geniessen.
■ Bei Wildfang: Fisch mit
dem Label MSC (Marine
Stewardship Council) kaufen, diese tragen Sorge zu
den Fischbeständen und
minimieren den Beifang.
■
■
Bei Zuchten: Fische und
Meeresfrüchte mit BioLabel wählen. Bei BioZuchten wird nur Fischmehl aus Speisefischabfällen gefüttert, und die
Vorschriften für den Einsatz von Medikamenten
wie Antibiotika sind streng.
einheimische Seefische
bevorzugen.
Empfohlene Labels:
Schweizer Familie 30/2008
Fotos: Bab.ch/Stockfood
Wie kann der Konsument im Detailhandel sicher sein, dass sein Fisch aus
sauberer Quelle stammt?
PAoLo BiAnchi: Er muss seinem Fischhändler vertrauen.
Wie weiss ich, ob ich meinem Fischhändler vertrauen kann?
GiULio BiAnchi: Indem Sie bei Detaillisten einkaufen, die in der WWF-Seafood
Group mitarbeiten und ihre Produkte entsprechend kennzeichnen. Wir sind daran,
eine Zusammenarbeit aufzubauen.
Sind ihre Produkte auch im Detailhandel erhältlich?
GiULio BiAnchi: Vereinzelt. Jedoch nicht
bei den Grossverteilern.
Was ist davon zu halten, wenn Partner
der WWF-Seagroup den als kritisch
eingestuften Thunfisch anbieten?
43
Essen
Diese Meeresfrüchte dürfen auf den Teller
austeRn
Zucht: Frankreich,
niederlande
JaKoBsmuschel
vonGole
miesmuschel
Zucht: mittelmeer,
nordost-atlantik
ein Kilo Zuchtfisch zu produzieren. Womit füttern ihre Produzenten die Fische?
PAoLo BiAnchi: In der Bio-Zucht braucht
es keine 6 Kilo, unsere Partner in Cannes
sprechen von 1,5 bis 1,8 Kilo, je nach Nahrung, Wassertemperatur und Fischart.
Zudem werden in Bio-Zuchten vorwiegend Abfallprodukte wie Resten von zu
Filets verarbeitetem Fisch, Köpfe und
Gräten als Futter verwertet.
GiULio BiAnchi: Ein anderes Beispiel für
einen geschlossenen Kreislauf: Seit kur-
Fotos: Food Photography Gising, Bab.ch/Stockfood
Zuchtfische sind die Zukunft
44
Bereits heute stammen
43 Prozent der weltweit
produzierten Fische und
Meeresfrüchte aus
Zuchten, und es werden
immer mehr. 1970 waren
es knapp vier Prozent.
Damit ist die moderne
Aquakultur der Lebensmittelbereich, der am rasantesten wächst. Mit
19 000 Tonnen pro Jahr
legten die Produkte aus
Zuchtfarmen auch hierzulande stark zu. Sie
machen einen Drittel der
konsumierten Menge aus.
Durch die Fütterung mit
Fischöl und -mehl entsteht
die Situation, dass in der
konventionellen Zucht
mehr Fische und Meeresfrüchte verbraucht als
gewonnen werden: Um
1 Kilo Zuchtfisch zu produzieren, braucht es etwa
6 Kilo Futterfische aus
Wildfang. Konventionelle
Schweizer Familie 30/2008
Aquakultur hat demzufolgen keine Zukunft, denn
sie beinhaltet weitere Probleme:
■ Massiver Einsatz von
Chemikalien und Antibiotika.
■ Überdüngung natürlicher Gewässer durch
Abwässer.
■ Zerstörung oder Beeinträchtigung empfindlicher Ökosysteme.
■ Gefahr des Biodiversitätsverlustes in der Umgebung von Zuchtanlagen durch entweichende
Zuchtfische, Keime und
Parasiten.
Zuchtfische mit dem
Bio-Label gelten als veranwortbare Alternative,
sie erfüllen die Bedingungen für eine umweltgerechte Fischhaltung und
können laut WWF bedenkenlos gegessen werden.
Das Bio-Label bei Zuchtfisch garantiert:
■ Fischfutter aus nachhaltigen Quellen. Einsatz von Fischmehl
nur aus Abfällen der
Speisefischproduktion.
Keine Fischerei eigens
zu Futterzwecken.
■ tiergerechte Haltung.
■ strenge vorschriften
im Umgang mit Medikamenten wie Antibiotika
und Hormonen. Bei
Crevetten sind Antibiotika verboten.
■ Keine Gentechnologie.
■ möglichst geringe
Beeinträchtigung der
Umwelt. Schutz der
umliegenden Ökosysteme wie etwa Mangrovenwälder.
■ verbot von aromazusätzen und Farbstoffen, Einschränkungen
bei Konservierungsstoffen.
Wildfang:
italien
zem beteiligen wir uns am Aufbau einer
Zanderzucht in Estland. Inspiriert von
einem dänischen Projekt, geht man dort
nun daran, den Fischkot zu Bio-Gas zu
verarbeiten und überhaupt jeden Baustein
nach den umweltfreundlichsten Methoden
zu realisieren. Das ist doch fantastisch!
Sind Zuchtfische von gleich guter
Qualität wie wild lebende Fische?
GiULio BiAnchi: Zuchtfische sind etwas
fetter und weicher im Fleisch. Sie werden
jung, in praktischen Grössen verkauft.
Wild gefangene, langsam gewachsene Fische sind grösser und geschmackvoller.
Was wird bei ihnen mehr verlangt?
PAoLo BiAnchi: In der Top-Gastronomie
legt man Wert auf Wildfang. Das hängt
auch von der Saison ab, mit der wir sehr
stark arbeiten. Wird viel wilder Loup de
mer gefangen, können wir den Fisch zu
guten Preisen vermarkten. Nach einem
Monat ist das vorbei, dann steigt der Preis
wieder und wird für manchen Wirt zu
teuer. Der Zuchtfisch hat den Vorteil, dass
er klar kalkulierbar ist.
Es liegt also an ihnen, den Kunden einzelne Fische schmackhaft zu machen?
GiULio BiAnchi: Ja, klar. Warum sollen
wir im Sommer, in dem es nun mal keinen
Kabeljau gibt, krampfhaft danach fahnden? Dann verkaufen wir eben Steinbutt
oder St. Petersfisch. Im Frühling gab es
zum Beispiel keine Rotzungen, da war
nichts zu machen. Nun sind sie wieder zu
haben. Wir leben mit diesen Wellenbewegungen und wehren uns deshalb dagegen,
dass der Gastronomie mangelndes Umweltbewusstsein unterschoben wird.
Was tun Sie, wenn die Köche unbedingt
eine rare Spezialität wollen?
cRevetten
Bio-Zucht: ecuador,
Peru, vietnam
GiULio BiAnchi: Dann suchen wir nach
Alternativen. Die meisten Köche sind vernünftig. Hai zu bestellen ist seit mindestens 10 Jahren kein Thema mehr.
Was hat sich in den letzten Jahren
markant verändert?
PAoLo BiAnchi: Die Nachfrage und damit die Preise beim wilden Fisch sind rasant gestiegen. Und es wird für Normal-
anruft, dann benachrichtigen wir unseren
Chauffeur, der dort auf Liefertour ist.
Wenn die Schweizer weiterhin gesunden Fisch essen wollen, bleibt ihnen
nur der import?
PAoLo BiAnchi: Ja, das ist unsere einzige
Alternative. Deshalb engagieren wir uns
stark im Ausland und leisten Vorfinanzierungen. Unsere Beteiligung an der Zanderzucht in Estland ist eine Investition in
die Zukunft, damit wir weiterhin mit Fisch
versorgt werden. Dort und auch in Russland läuft heute alles über Quotenfang.
Sind diese von der «National Resources
Administration» festgelegten Mengen
ausgeschöpft, gibts nichts mehr. Deshalb
ist dort jemand unterwegs, der Quoten für
uns aufkauft. Quotenfischerei ist gut für
die Natur, denn sie kann sich wieder erholen, wenn das zugestandene Kontingent
weg und die Fischerei gestoppt ist.
Wer kontrolliert das?
GiULio BiAnchi: Das Fischen in der Ostsee wird vom ICES (International Council 
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- 1 /
Zucht: usa,
europa
verbraucher immer teurer. Wir beziehen
Fische und Meeresfrüchte aus aller Welt,
auch die Transportkosten sind enorm
gestiegen. Und sie werden noch teurer,
wenn es so weitergeht mit dem Ölpreis.
Warum konsumieren die Schweizer
nicht mehr einheimische Fische?
PAoLo BiAnchi: Es gibt einfach viel zu
wenig davon. Wir würden gerne mehr
Schweizer Fisch anbieten, fahren an jeden
Schweizer See, um auch kleinste Mengen
abzuholen. Unsere Seen sind zu sauber –
Fische brauchen Algen als Rückzugsmöglichkeit und Plankton als Nahrung – deshalb gibt es rückläufige Bestände. Wir
nehmen alles, was wir kriegen können.
Fünf Seeforellen in einer Woche sind ja
romantisch, aber nicht gerade viel.
Macht das ökologisch Sinn, für ein
paar Fische an einen See zu fahren?
GiULio BiAnchi: Wir fahren nicht extra
irgendwohin. Wir sind logistisch gut ausgerüstet und können rasch umdisponieren. Wenn ein Fischer aus Neuenburg
* " 9 "
viele Quadratmeter einem Fisch zur Verfügung stehen müssen. Bei Crevetten ist
Medikamentenfütterung verboten. Das
wird heute überall von den Behörden
streng überwacht. Wir hatten solche «Käfighaltungsprodukte» nie im Angebot.
Woher beziehen Sie ihre Zuchtfische?
GiULio BiAnchi: In Cannes haben wir
eine Bio-Zucht mit Doraden und Loup de
mer, die vom WWF und von Coop als gut
eingestuft und zertifiziert wurde. In Vietnam sind wir an einer Bio-CrevettenZucht beteiligt, mit eigenem Büro vor Ort,
um die Einhaltung aller Bedingungen
kontrollieren zu können.
crevetten sind hierzulande besonders
beliebt, obwohl manche Zuchten als
kritisch eingestuft werden.
GiULio BiAnchi: Ja. Deshalb engagieren
wir uns in Vietnam. Weil wir die Zucht
von Anfang an begleiten, können wir für
eine artgerechte Haltung garantieren. Zudem sind wir so auch stets über den technischen Entwicklungsstand solcher Fischfarmen informiert.
Der WWF sagt, in konventionellen Fischfarmen brauche es 6 Kilo Wildfisch, um
Essen
«In Bio-Zuchten werden vorwiegend Abfallprodukte
wie Resten von zu Filets verarbeitetem
Fisch, Köpfe und Gräten verwertet.» Paolo Bianchi
for the Exploration of the Sea) streng
überwacht. In Russland wurde in den letzten Jahren wieder einiges gutgemacht. Die
haben gelernt aus dem Trauerspiel mit
dem Stör, dessen Kaviar früher bis zum
Geht-nicht-mehr ausgebeutet wurde.
Bieten Sie russischen Kaviar an?
Paolo Bianchi: Wilden schon lange
nicht mehr. Heute verkaufen wir zu 90
Prozent Zuchtkaviar. Ein gutes Produkt,
nicht ganz so wertvoll wie wilder Kaviar.
Dürfen wir weiterhin Fisch geniessen?
Paolo Bianchi: Unbedingt. Es braucht
einfach weiterhin viel Information für die
Konsumenten. In diesem Punkt unterstützen wir den WWF. Fachleute sagen
zudem, dass wir bis 2020 zu 80 Prozent
Zuchtfisch konsumieren werden. Das finden wir gut. Es gelingt immer besser, die
Lebensräume der Fische naturnah aufzubauen. Immer mehr Sorten lassen sich
züchten. Manche Sorten, etwa der Kabeljau, reproduzieren sich schnell, andere
wie der Seeteufel benötigen länger dazu.
Nebst dem WWF gibt weitere Organisationen, die den Fischbestand schützen
wollen. Etwa die Tierschützer von
Fairfish, die behaupten, dass in den
USA gefährdete Arten unter dem MSCLabel gehandelt würden.
Paolo Bianchi: Für mich ist der WWF
die einzige ernst zunehmende Organisa­
tion, weil sie international vernetzt und
überall vor Ort ist.
Wie ist denn der Zustand
des Mittelmeeres, das uns am
nächsten liegt?
Giulio Bianchi: Das Mittelmeer ist eine
der grössten Problemzonen. Wir arbeiten
schon seit langem nicht mehr mit Mittelmeerfisch. Doch auch da ist nicht alles
verloren. Wenn die Politik hier etwas vorwärtsmacht und tatsächlich Anstrengungen sichtbar werden, würden wir das unterstützen. Denn da geht es ja nicht nur
um unsere Nahrung, sondern auch um
Arbeitsplätze von Menschen, die dort leben. Da ist eine ganze Branche, der die
Arbeitslosigkeit droht.
Sie glauben fest an die Zukunft
der Fischerei?
Paolo Bianchi: Ich bin sehr zuversichtlich, dass der Fisch Zukunft hat. Es ist unsere Aufgabe, unsere Überzeugung und
ein ehrliches Anliegen, unsern Kindern
keine leer gefischten Meere zu hinter­
lassen.
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