hofbericht - Gut Wulfsdorf
Transcription
hofbericht - Gut Wulfsdorf
HOFBERICHT 2011 Bornkampsweg 39 • 22926 Ahrensburg Wir machen Ihnen den Hof GUT WULFSDORF 2 Inhaltsverzeichnis 3 Vorwort > Georg Lutz 4 Bilanz 2011 > Georg Lutz 5 Zu Gast im Petitionsausschuss > Imrick Wolfart 6 Wer wohnt im Hexenhaus? > Christa Lutz 7 Vom Hof auf die Alp > Mareike Hollerbach 8 Wohnen bei den Wilden Rosen > Astrid Korth 10 Arbeiten mit Betty > Jutta Sonnenberg 11 Waldorfpraktikum > Lisa Dettmer 12 Landleben > Paul und Luca Rauhaus 13 Ein Jahr für die Umwelt – und für mich > Tobias Hunger 14 Mit 63 noch ein Hofpraktikum? > Holger Scharre 16 Baumpatenschaften > Georg Lutz 16 Agrarpolitik > Georg Lutz 18 Gut Wulfsdorf als Zuhause > Helene Lutz 20 Neues aus der Gärtnerei > Constantin Maftei 21 Sauerkrautherstellung > Tobias Otto 22 Der Zitronenfalter entpuppt sich > Christoph Ahsendorf 24 Einkauf – kinderleicht > Edda Lehnert 25 Backen auf Deutsch > Aiko Hishida 26 Innovation Currywurst > Josef Koning 27 Hilfe es brennt! > Frank Backhaus, Christian Marwedel 28 Nutztiere halten und essen > Martina Sträßer 30 Zu unseren Schweinen > Georg Lutz 31 Im nächsten Jahr ist es so weit! > Volker Andresen 32 Kompost > Harro Tiede 33 Photovoltaik > Georg Lutz 34 Was wäre ein Tag ohne Abwasch? > Jan Koning, Anya Getrost 36 Hofführungen > Das Hofführungsteam 38 Arbeit am Stein > Astrid Köhn 39 Ausblick > Georg Lutz Hofbericht 3 Vorwort U nser letzter Hofbericht liegt zwei Jahre zurück. Seine Herausgabe und die Arbeit daran hatte uns Freude bereitet. Der Bericht wurde von vielen Lesern positiv kommentiert. Als wir uns einen weiteren Hofbericht für dieses Jahr vorgenommen haben, war die anfängliche Begeisterung in der Hofgemeinschaft nicht gerade hoch. Sich in der Freizeit als Schreiber zu üben ist doch ein gewisser Aufwand. Die Texte trudelten dann doch nach und nach ein. Es waren weit mehr und sie sind textlich umfangreicher als erwartet. Gemeinsam etwas gestalten spornt eben auch an und verbindet. Eine Arbeit, die wir vom Ziel her für Sie als Leser tun, die aber auch uns selbst die Fülle und den Reichtum unserer Lebenssituation stärker ins Bewusstsein rückt. Es gibt wieder viele verschiedene Berichte zum Hof mit seinen verschiedenen Schwerpunkten und Themenfeldern. Darüber hinaus sind Texte von Menschen dabei, die uns mehr von außen erleben. So berichten eine Schülerin und ein „Ruheständler“ von ihren Erfahrungen während eines Praktikums. Impressum Herausgeber: Georg Lutz Gut Wulfsdorf, Bornkampsweg 39 22926 Ahrensburg, Tel: 04102-51109 www.gutwulfsdorf.de Redaktion: Martina Sträßer Bornkampsweg 38a, 22926 Ahrensburg Satz und Gestaltung: Marlies Kaesler Grindelhof 35/1, 20146 Hamburg Fotos: Archivmaterial Gut Wulfsdorf, sowie freundlicherweise zur Verfügung gestellte Aufnahmen von Margot Berger und Barbara Thormählen. In den vergangenen zwei Jahren haben wir mit drei bis vier Personen Landschaftsbauarbeiten für das Wohnprojekt „Wilde Rosen“ durchgeführt und so ein 30 Jahre altes Gebäude erworben, sind dadurch jetzt Projektmitglied geworden. Unser dortiges Arbeiten hat auch zu persönlichen Kontakten mit den neu zugezogenen Wulfsdorfern geführt. Ich freue mich, dass eine Bewohnerin der „Wilden Rosen“ von ihren Motiven und Erlebnissen berichtet. Die Kinder von Elisabeth und mir sind nun alle erwachsen und drängen in die Welt. Helene, unsere jüngste Tochter, blickt in ihrem Beitrag auf ihre Kindheit zurück. Sie können vom Eindruck eines Sommers auf der Alp lesen und vieles weitere mehr. Die verschiedenen individuell formulierten Berichte, machen die Vielschichtigkeit von Hof und Umfeld erlebbar. Haben Sie Freude beim Lesen! |< Mit Dank für ihr Interesse und besten Wünschen Georg Lutz GUT WULFSDORF 4 Rückblick Bilanz 2011 E in ausgesprochen schwieriges und ereignisreiches Jahr neigt sich dem Ende zu. Die Witterung war geprägt durch ein extrem sonniges, aber damit auch trockenes Frühjahr. Wir mussten so früh und so umfangreich beregnen wie noch nie zuvor, um zumindest teilweise einen Ausgleich zu schaffen. Dem folgte ein extrem nasser Sommer mit kaum vorhandenen Zeitfenstern für die Getreide- und Heuernte. Ein goldener Herbst sorgte für einen gewissen Ausgleich, so dass wir ertraglich und kräftemäßig doch noch ganz gut durchs Jahr gekommen sind. Neben der ausgesprochen schwierigen Witterung wurden wir betrieblich und persönlich durch ein von außen kommendes Ereignis ordentlich „durchgeschüttelt“. So hatte die Stadt Hamburg als Eigentümerin, allen voran Herr Gedatschko als Wirtschaftssenator, geplant, das Gut Wulfsdorf im Rahmen der Haushaltskonsolidierung zu verkaufen. Dank des politischen Wechsels wurde die Verkaufsabsicht nicht umgesetzt und ist seit Ende November abschließend vom Tisch. Dringend erforderliche Sanierungsarbeiten am Haupthaus wurden von der Stadt Hamburg begonnen, dann aber wegen der Verkaufsabsichten gestoppt, obwohl Haushaltsmittel bereitgestellt waren. Die Arbeiten wurden noch nicht wieder aufgenommen. Dem steht nun nichts mehr im Wege. Ein weiteres „Schockerlebnis“ war der Zugriff des Zolls wegen Schwarzarbeit. Ich hatte nicht alle Beschäftigungsverhältnisse vollständig und korrekt gemeldet. Ein schwerwiegendes Fehlverhalten, das zwischenzeitlich aufgearbeitet und berichtigt wurde. Anfang dieses Jahres bescherte uns der Skandal durch die Dioxinverseuchung von konventionellen Futtermitteln mit technischen Fetten kräftige Umsatzzuwächse im Hofladen und auf den Märkten. Im ersten Quartal war die Steigerung gegenüber dem Vorjahr 25 %. Im Mai, als die ersten größeren Salatsätze zur Ernte anstanden, dämpfte die EHEC-Krise auch bei uns den Salatumsatz. Deutlich war zu beobachten, dass sich der Umsatzeinbruch umso gravierender auswirkte, je anonymer die Vermarktungswege unseres Salates waren. Während es im Hofladen kaum zu einem Umsatzrückgang bei bei Hof-Salat kam, konnte der Naturkostgroßhandel nur noch 20 % der mit uns vereinbarten Abnahmemenge absetzen. Nach ca. 3 Wochen normalisierte sich dann wieder alles. Es war eine sehr unruhige Zeit, weil versucht wurde, EHEC dem ökologischen Anbau anzulasten, da dieser die Felder mit Jauche, Mist und teilweise auch mit Gülle dünge. Eigenartig, da doch die konventionelle Landwirtschaft weit größere Tierbestände im Vergleich zur Fläche hat und deren “tierische Ausscheidungen“ in der Regel in höheren Konzentrationen auf die Böden ausgebracht werden. Glücklicherweise hat sich das EHEC-Thema dann doch bald wieder beruhigt. Das staatliche Krisenmanagement habe ich dennoch als kopflos und wenig zielführend in Erinnerung. Statt inhaltlich aufzuklären, wo und in welcher Größenordnung es statistisch signifikante Zusammenhänge gibt und es dem mündigen Bürger zu überlassen, selbst zu entscheiden, wurden Verzichtsempfehlungen ausgesprochen. Dann wurden Sprossen als Ursache ausgemacht und Gemüse „durfte“ wieder gegessen werden. Kommentar eines Kunden: „Frau Merkel hat gesagt, wir dürfen wieder Salat essen“- und die als Kanzlerin musste es ja wissen. |< Georg Lutz Hofbericht Drei Wulfsdorfer in Berlin 5 Zu Gast im Petitionsausschuss A m 26.08. 2011 fuhren wir, Martina Sträßer, Theresa Trapp und ich, Imrick Wolfart, in unsere Bundeshauptstadt, um den Bundestag aufzusuchen. Aus Berlin kam der Aufruf, sich an dem Petitionsausschuss gegen 24 gentechnisch veränderte Kulturen, die in der EU beantragt wurden, zu beteiligen. Da die Presse vor Ort war, durfte es keine leeren Plätze geben. Eine Petition befasst sich mit einem Thema, das durch eine Unterschriftensammlung an das Parlament gebracht wird. Während der einstündigen Ausschuss-Sitzung stellt der Petitionsleiter sie vor und es können Fragen und Antworten zum Thema geliefert werden. Gibt es einen Willen im Volke, so kann dieser so vor der Regierung Gehör finden. Dies kann zu neuen Gesetzesentwürfen bis hin zu Verboten führen, auf gesamter EU-Ebene. Im Petitionsausschuss waren mehrere Politiker vertreten wie auch einige Ministerien. Eine Dame führte die Diskussion und erteilte das Wort. Prinz zu Löwenstein, Vorstandsvorsitzender des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft, brachte die Petition ins Rollen. Im Ausschuss konnte er sich gut verteidigen, fand die richtigen Argumente und ließ an der Glaubwürdigkeit der Gentechnik befürwortenden Politiker zweifeln. Es war sehr beeindruckend, welche Meinungen die Politiker vertraten. Der gesamte Saal bebte - trotz Anordnung von totaler Ruhe, sofern man nicht das Wort erteilt bekommen hat - als eine FDP-Politikerin davon sprach, dass Gentechnik für Mensch und Tier keine nachweislichen Schäden verursacht. Es bebte noch mehr, als eine Sprecherin des Bundesumweltministeriums dies dementierte. Es ist sehr wichtig, dass jedermann sich mit dem Thema Gentechnik auseinandersetzt. Unsere Ernährung macht uns, zum großen Teil, zu dem was wir sind! Jeder kann noch so ökologischen Anbau betreiben, ist eine Fläche mit gentechnisch veränderten Pflanzen eines konventionellen Bauern in der Nähe, so wird, durch Bestäubung aller Art, die Gentechnik auch auf den Ökoflächen „eingeführt“. Viele Argumente oder Behauptungen die für gentechnisch veränderte Pflanzen sprechen, wurden durch belegte Studien zunichte gemacht. Ich bin Lehrling im Gemüseanbau vom Gut Wulfsdorf, wir produzieren hochwertiges ökologisches Gemüse. Ich möchte, dass dies weiterhin möglich ist! Falls Gentechnik eingeführt wird, kann man dafür nicht mehr garantieren. |< Imrick Wolfart GUT WULFSDORF 6 Wer wohnt im Hexenhaus ? W ir, Rudolf und Christa Lutz, sind die Eltern von Georg Lutz, dem Pächter von Gut Wulfsdorf. Seit Oktober 1995 leben wir in dem kleinen Haus am Waldrand. Wir kommen beide aus der Landwirtschaft und haben unseren Hof im Kreis Rendsburg-Eckernförde an unseren ältesten Sohn abgegeben. Mein Mann hat hier gleich ein breites Arbeitsfeld gefunden. Ich fand eine Aufgabe in der Küche und mit den Kindern von Georg und Elisabeth. Zweimal in der Woche habe ich für alle gekocht. Mit den zwei Frauen aus Polen, Katarina und Barbara, hat es mir Freude gemacht. Ebenso war es schön, das Heranwachsen der Kinder zu begleiten. So haben wir, in den nun 16 Jahren, die Entwicklung des Hofes miterlebt. Mein Mann hat lange Jahre in den Treibhäusern Tomaten und Gurken angebaut, Kartoffeln sortiert und was sonst so anfiel. Arbeit gab es immer in Hülle und Fülle. Nun sind wir beide über 80 Jahre alt. Ich habe mich schon länger aus dem Arbeitsleben zurückgezogen und gehe meinen Hobbys nach. Mein Mann betreut noch bei Bedarf die Schweine und unseren Garten. Bei uns am Haus haben wir ein Stück Land auf dem mein Mann verschiedene Blumen anpflanzt, wie Zinnien, Löwenmäulchen, Ringelblumen, Astern und Sonnenblumen. Diese bieten wir im Sommer zum Selbstpflücken an. Ich habe Freude am Binden von Sträußen, die ich dann zum Kauf im Laden anbiete. Sie finden immer guten Absatz. Für die Hoffeste mache ich den Tischschmuck. An Betätigungen fehlt es auf so einem Betrieb nie! |< Christa Lutz Hofbericht ... nämlich die Freiheit 7 Vom Hof auf die Alp A ls Mutter von drei Kindern und des Bäckermeisters Frau hat man eigentlich immer etwas zu tun. Auf dem Hof dabei zu leben, ist wunderbar. Und doch hat etwas gefehlt, nämlich die Freiheit. Wer einmal das Älplerleben kennen gelernt hat, der will es entweder nie mehr oder immer wieder erleben und sei es, wie in meinem Fall, schon zehn Jahre her. eine Menge zu tun: Milch zur Käserei fahren, einstallen, ausstallen, füttern, Kälber tränken, misten, spülen und ein nicht unerheblicher Teil der Zeit wurde von der Hausarbeit beschlagnahmt, auch wenn wir von vier Monaten mindesten drei Monate zum Abendessen nur Grießbrei gegessen haben und des Bauern Waschmaschine den Großteil unserer Wäsche gewaschen hat. Pünktlich am 1. Juni sind Moritz(9), Raphael(4), Auguste(1), Familie Lutz‘ Berner Sennenhund Lotta, der Hahn Caruso und ein sehr vollgepackter Volvo auf der Unteregg-Alp am Jaunpass im Schnee angekommen. Es war so kalt, so ungemütlich, dass bei den Kindern die Vorfreude wie weg geblasen war. Aber kommt Zeit, kommt Kraft. Und so schafften es der Hund und die Kinder nach einigen ersten Rückschlägen, das Tempo der Kühe und Ziegen im Gebirge mitzuhalten. Es gab Tage, da habe ich nur noch gebeten, dass jetzt endlich nichts mehr kaputt geht. Hier ein kleiner Auszug aus den täglichen Katastrophen: Zum Beispiel als Raphael das Auto von innen mit der Zentralverriegelung verschloss, dabei eine Tür offen ließ, dann heraus kletterte und die Tür zuschlug und der Schlüssel noch im Zündschloss steckte. Oder als die Toilettenbürste durch das WC in die Güllegrube fiel. Etliche Male haben die Katzen das Nachspülbecken der Melkgeschirre zu Boden befördert, so dass zwei kaputt gingen. Einmal legte sich die Kuh Sonja während des Melkens ab, so dass das Sammelstück des Melkgeschirrs zerbrach (300 Schweizer Franken!!). Als der Generator streikte, waren unsere Nerven schon ziemlich blank. Nach einer Woche wurden wir aber von dieser Qual durch einen neuen erlöst. 20 Kühe, 11 Kälber, 28 Rinder, 13 Milchziegen, acht Zicklein, drei Schweine, ein Hahn, sechs Hühner, vier Katzen und ein Hund waren die Anfangsbesetzung und machten nicht gerade wenig Arbeit! Auf einer der zwei Hütten gab es Strom, die andere hatte einen Generator für die Melkmaschinen. Außer dem Melken gab es noch Coli-Keime in der Milch, lahme Kühe, verlorene Klauenschuhe, kranke und verschwundene Tiere, Plattfüße am Auto just vor der Milchabgabe, eine Kuh auf Moritz‘ Fuß... und Matsch. Denn der Juni war kalt und nass, der Juli schon wärmer und immer noch nass, aber der August war heiß, richtig heiß und trocken und auch der > Nach langer Suche fanden wir zufällig einen Bauern im Berner Oberland, der bereit war, es mit Meike, der anderen Älplerin und ihrem Sohn sowie mit mir und meinen drei Kindern zu versuchen. GUT WULFSDORF 8 Bericht einer Neu-Wulfsdorferin Wohnen bei den Wilden Rosen W enn ich meine Terrassentür öffne, liegt jeden Tag ein anderer Duft in der Luft: mal rieche ich feuchte Erde, mal Stall, dann eher wieder Rauch und ein anderes Mal erfüllt Blumenduft die Luft. Kraniche ziehen laut tönend vorbei und die Nachtigall singt am frühen Abend wunderschöne Lieder. Hier raus ziehen – das war nicht nur einfach aufs Land ziehen (vorher wohnten mein Sohn Anton und ich in der Innenstadt), sondern mit vielen anderen Menschen ein Wohnprojekt auf die Beine zu stellen und gemeinsam etwas zu erschaffen. Insgesamt sind wir nun fast 70 Parteien, die sich aus Familien, Paaren und Singles mit und ohne Kind(er) zusammen setzen. Und dabei ist jedes Alter vertreten! Einige von uns arbeiten auch auf dem Gelände, betreiben ihr Gewerbe (z.B. den Seminardom) oder haben ein Büro hier. Anfangs war das Wohnen bei den Wilden Rosen vor allen Dingen das Brummen der Radlader und Bagger, das schrille Kreischen der Steinschneidemaschine und die Vibrationen des Rüttlers. Ununterbrochen wurden von Georg Lutz und seinen Leuten Erdmassen verschoben, weggebracht und wieder aufgetürmt. Der Boden wurde modelliert, Versickerungsgräben geschaufelt, Zisternen in der Erde versenkt, Wege gepflastert und Mosaike gelegt. Dann endlich war es soweit: Blumen, Büsche und Bäume wurden gepflanzt und Gras gesät. Und - unser Projekt Wilde Rosen ist richtig schön geworden! Allerdings ist das noch nicht alles – es geht weiter. 2012 wird das Projekt dann vollständig sein, wenn die Mitarbeiterunterkunft von Gut Wulfsdorf (das einzige alte Bestandsgebäude) fertig saniert worden ist und 24 junge Menschen mit Behinderungen (initiiert von den Robben e.V.) in ihre zwei Häuser, die auf dem südlichen Gelände noch gebaut werden, eingezogen sind. Neben dem Pentaion, dem Tagungshaus mit Seminardom, kommt noch ein Bistro/Café der Robben Hofbericht 9 Fortsetzung: Vom Hof auf die Alp September war wunderschön: Nachtfröste und Schnee auf den umliegenden Gipfeln, klare Morgen, traumhafte Sonnenaufgänge und -untergänge. Wir blieben auch nicht ohne Hilfe: Vier Wochen waren Eva Kempe und Sebastian da, um die andere Älplerin zu vertreten. Am meisten freuten wir uns über den Besuch von unserem Bäckermeister – dem Vater und Ehemann!!! Und als die Arbeit weniger wurde oder Besuch da war, waren wir viel wandern z. B. beim Simmefall, in den Gastlosen, auf dem Bäderhorn und auf unseren Hausbergen. Und im nächsten Sommer? Da geht’s hoffentlich wieder z‘Alp! e.V. hinzu sowie 2 weitere Gebäude mit Ferienappartments, Büros und unserem Gemeinschaftsraum. Von meinen Freunden werde ich immer gefragt: „Vermisst du nichts?“ Nein, gar nichts, es ist ja alles da, was ich brauche! Wenn ich auf den Hof gehe, treffe ich immer jemanden, den ich kenne und mit dem/der ich dann klöne. Im Hofladen kann ich Gemüse aus der Umgebung und Leckeres aus Eigenerzeugung kaufen. Kulturelle Veranstaltungen, Hoffeste, Laternenumzüge, Osterfeuer, lebendiger Adventskalender, Singen & Schlemmen, Konzerte, Meditationsangebote, Filmclub und vieles mehr werden direkt hier in Wulfsdorf angeboten. Am meisten genieße ich hier die Stille, die Natur und die Nachbarschaft. Und wenn ich mal einen „Lagerkoller“ bekomme, ist die Stadt ja auch nicht wirklich weit weg..... allerdings kann es sein, dass man dort nur mit Verzögerungen hin kommt, da der Weg wegen einer Kuhherde versperrt ist! |< Astrid Korth Wer sich näher für das Älplerwesen auf sachkundige Art interessiert: Handbuch Alp von Giorgio Hösli oder www.zalp.ch (dort gibt es auch Stellengesuche und -angebote). Außerdem möchte ich mich noch einmal Familie Lutz bedanken, dass wir Lotta ausleihen durften und dass sie uns besuchte. |< Mareike Hollerbach von der Holzofenbäckerei Gut Wulfsdorf GUT WULFSDORF 10 Arbeiten mit Betty M ein Name ist Jutta Sonnenberg und ich arbeite seit August 2007 im Hofladen. Mein Mann Maik arbeitet seit 10 Jahren als Landwirt auf Gut Wulfsdorf. Im März 2004 haben wir einen Basispass und Gespannführerschein (Kutschenschein) bei Gespannführer und Schleswiger-Züchter Hermann Drechsler aus Mollhagen gemacht. Daraufhin sind wir beide für das Museumsdorf Volksdorf einige Zeit Kutsche gefahren. Im Sommer 2011 zog es mich immer wieder zu Betty, der Schleswiger Kaltblutstute von Gut Wulfsdorf. Betty ist jetzt 4 Jahre alt und nur geritten zu werden ist für ein Kaltblut einfach zu wenig. Also hatten wir eine Idee. Nach einigen Diskussionen und Überlegungen war klar, diese Idee mussten wir mit Georg, Elisabeth und Helene Lutz besprechen. Und so stand fest: Wir wollen mit Betty Kutsche fahren! Da Betty von Helene schon geritten wurde und dann auch von mir, war es nicht ganz so schwer sie an ein Arbeitsgeschirr zu gewöhnen. Nun musste Betty lernen zu schleppen. Schleppen ist die Vorbereitung zum Kutsche fahren. Ein Arbeitsgeschirr kannte Betty ja bereits und so war es auch nicht allzu schwer, sie an die Reifen zu gewöhnen, die sie nun hinter sich herziehen musste. Wir sind jetzt seit Mitte Oktober mit Betty am Schleppen, um Muskeln und Kondition aufzubauen. Nach 6 Wochen war es nun soweit, wir haben Hermann Drechsler angerufen und den ersten Termin zum Kutsche fahren wahrgenommen. Hermann hat sie gleich einspännig gefahren. Betty machte es prima. Natürlich ist sie noch etwas unsicher. Hermann wird noch einige Wochen mit ihr arbeiten, damit sie so richtig gut eingefahren ist. Maik und ich freuen uns auf die Möglichkeit, Betty selbst vor die Kutsche zu spannen und durch die schöne Natur von Gut Wulfsdorf zu fahren. |< Jutta Sonnenberg Hofbericht Eindrücke einer Schülerin 11 Waldorfpraktikum M ein Name ist Lisa Dettmer. Ich komme aus der Waldorfschule Itzehoe und arbeitete hier, auf Gut Wulfsdorf , während meines Landbaupraktikums. Als ich das erste Mal den Hof betrat, erstaunte mich wie riesig er war. Ich gewöhnte mich relativ schnell daran, in einem Bauwagen zu leben, die Nächte waren oft sehr kalt. Morgens war man dann froh, wenn man schnell zum Arbeiten kam. Zuerst arbeitete ich 1 ½ Wochen auf den Gemüsefeldern und schließlich 1 ½ Wochen im Stall. In dieser Zeit merkte ich, wie anstrengend körperliche Arbeit sein kann, aber auch wie schön es dann ist, abends müde in sein Bett fallen zu können. Aber die Arbeit war natürlich nicht nur anstrengend. Da ich mit verschiedenen Menschen zusammen arbeitete, konnte es oft auch sehr lustig werden, oder in einer hitzigen Diskussion enden. Als ich mich auf dem Hof eingelebt hatte, eröffnete sich mir eine ganz neue Welt: Ich stand nicht mehr stundenlang vor dem Kleiderschrank und überlegte, was ich an jenem Tag anziehen sollte, sondern ich nahm einfach ein paar warme Anziehsachen heraus, um nicht zu frieren. Ich aß nicht mehr zwischendurch ein paar Süßigkeiten aus Langeweile, sondern ich aß nun, weil ich richtig Hunger hatte. Viele Sachen, die ich zu Hause gemacht hätte, fielen nun weg, weil ich den ganzen Tag draußen war und arbeitete. Aber zum anderen musste ich mich mit vielem auch näher auseinandersetzen: mit dem Melken von Kühen, Füttern von Kälbern und auch mit verschiedenen Pflanzenarten. Mir wurde klar wie viel Arbeit in einem Bündel Möhren steckt und wie viel wert dieses Gemüse ist. Ich schätzte die Essenszeiten auch sehr, nicht nur wegen des leckeren Essens, sondern auch weil ich das gemeinsame Zusammensitzen einfach schön fand. Niemanden auf dem Hof fand ich in irgendeiner Weise unsympathisch. Eher kam mir die Hofgemeinschaft wie eine riesige Familie vor, in der jeder seine Aufgabe hatte und jeder auf seine eigene Art respektiert wurde. Insgesamt fand ich die Zeit auf dem Hof sehr schön und freue mich immer wiederkommen zu dürfen. |< Lisa Dettmer GUT WULFSDORF 12 Landleben H allo, hier ist Luca-Marie, ich erzähle euch jetzt mal ein bisschen, wie das Leben auf dem Hof so ist. Es fing bei mir alles so an: im Jahr 2003 wurde ich im Amalie- SievekingKrankenhaus geboren und lebe seitdem mit meinen Eltern Corinna und Tillman und meinem Bruder Paul auf dem Hof. Im Jahr 2008 kam dann meine kleine Schwester Juliane dazu. Aber jetzt zum Leben auf dem Bauernhof: Ich finde es schön, wenn ich mit Papa auf dem Trecker sitze und über den Acker schaue. Manchmal denkt man „Oh Gott, wann haben wir das endlich fertig?“ und wenn es dann endlich so weit ist, freut man sich schon auf Zuhause. Die ganzen Tiere um sich zu haben ist schön. Besonders mag ich den kleinen Esel. Zu Weihnachten singen fast alle Leute, die auf dem Hof leben, den Tieren abends Weihnachtslieder vor, das nennt man hier Stallsingen. Mir kommt es so vor, als ob sich die Tiere richtig für die Lieder interessieren und innerlich mitsingen. Im Hofladen gibt es viele leckere Biosachen, besonders mag ich die frische Milch, die schmeckt nämlich viiiiiiiiiiiiiiiiiiel besser als die aus dem Supermarkt. Hallo hier ist Paul, der Bruder von Luca. Ich wurde in Bremen geboren, bin dann aber im Alter von 3 Wochen auf den Hof gekommen. Als ich dort ankam war ich sofort begeistert von den Tieren auf dem Hof. Besonders gut fand ich unsere Hofhündin Ronja, weil sie immer hinter mir hergelaufen ist. Am allerbesten fand ich aber die Trecker, die ich schon als 3-Jähriger am Geräusch erkennen konnte. Ich weiß, die meisten werden jetzt sagen, dass ich spinne, aber das ist wirklich wahr! Aber jetzt zurück zu den Treckern: daher, dass mein Vater meistens John Deere gefahren ist, konnte ich schon in frühen Jahren John Deere sagen- naja, fast zumindest. Ich sagte damals: „Don Dschier“. Meine ZweitLieblings-Tiere sind Kühe. Ich stand oft neben dem oder der Melkerin und habe mich schon auf die warme frische Milch gefreut und habe gehofft oder gefragt, ob ich etwas Milch abkriege. Jetzt stehe ich nicht mehr neben dem Melker sondern fahre selbst Trecker. Wenn ich gerade nicht auf dem Trecker sitze, dann sitze ich vor meinem PC oder spiele Fußball. |< Paul und Luca Rauhaus Hofbericht Freiwilliges Ökologisches Jahr 13 Ein Jahr für die Umwelt – und für mich I ch kenne das Gut Wulfsdorf seit ich denken kann, als kleiner Junge lebte ich in unmittelbarer Nähe des Hofes, dort wo nun das Wohnprojekt „Wilde Rosen“ seinen Platz gefunden hat. Dementsprechend verbinde ich mit ihm viele schöne Kindheitserinnerungen, womit auch schon der erste Grund genannt ist, warum ich mich für ein Freiwilliges Ökologisches Jahr auf dem Gut Wulfsdorf entschieden habe. Heutzutage hat es meine Generation in puncto Jobfindung bzw. allgemein hinsichtlich der Zukunftsgestaltung nicht immer leicht, da es einerseits etliche Möglichkeiten gibt, die wohlbedacht werden müssen und andererseits die Selbstfindung eine wesentliche Rolle spielt. Letztere stellt den zweiten Grund meiner Entscheidung dar, weil ich mich in diesem Jahr in erster Linie auf mich selbst konzentrieren, mir die Zeit nehmen möchte über vieles nachzudenken, um daraus resultierende, wegweisende (Ent)Schlüsse zu fassen und zu ziehen, die für mein weiteres Leben wichtig sind. Das Gut Wulfsdorf bietet für mich einen schönen Ort dies zu tun, denn hier habe ich eine beruhigende Atmosphäre, tolle Menschen und einen kleinen Bauwagen, in dem ich eher minimalistisch wohne, ohne mich von zu vielen Dingen, wie beispielsweise einem Fernseher, ablenken zu lassen. Eine Art „Downshifting-Experiment“ wenn man so will. Vor meinem FÖJ arbeitete ich als Aushilfskraft in einem Büro und merkte, dass ein Beruf, der ausschließlich vor dem Computer ausgeführt wird, nichts für mich ist. Daher der dritte Grund meiner Entscheidung: Draußen arbeiten können! Und so kümmere ich mich jetzt von Frühjahr bis Herbst um die Instandhaltung des Blumenund Kräutergartens, füttere Kälber und Vögel, begleite verschiedene Aktionen für Kinder oder bringe mich einfach dort ein, wo Hilfe benötigt wird. Sprich, ich kann sowohl mit Tieren und Pflanzen als auch mit Menschen arbeiten, was im Endeffekt eine große Abwechslungsreichheit bedeutet und mir viel Spaß macht. Noch dazu leiste ich mit der Arbeit auf einem biologischdynamischen Betrieb automatisch einen Beitrag zur Erhaltung und Schonung der Natur und Umwelt, was letztendlich der vierte Grund für mein Freiwilligenjahr ausmacht. Es gibt also viele positive Gründe dafür, ein Freiwilliges Ökologisches Jahr zu leisten, weswegen für mich die Tatsache unbegreiflich scheint, dass die schleswigholsteinische Landesregierung hier seit Jahren Kürzungen vornimmt - trotz steigender Nachfrage und dem offensichtlichen Nutzen von & für jede/n einzelne/n Teilnehmer/in. |< Tobias Hunger GUT WULFSDORF 14 Mit 63 noch ein Hofpraktikum ? I ch wollte schon immer mit Tieren umgehen. Ich bin 63 Jahre alt, seit Kurzem im Vorruhestand und habe jetzt die Freiheit, meinem Leben neue Eindrücke zu verschaffen. Gegenüber dem Gut Wulfsdorf liegt das Wohnprojekt Allmende-Wulfsdorf, dessen Idee auf dem Hof entstanden ist. Dort wohne ich, hatte also eine gewisse Nähe zum Hof und überlegte mir, dort ein Praktikum zu machen. Ich wollte schon immer mal sehen, wie Kühe und Schweine so gehalten werden. Am 4. April ging es los für 3 Wochen. Dienstbeginn 6.00 Uhr, Feierabend so gegen 18.30 Uhr. Vorher hatte man mich gewarnt, mit der Aussage aus einer anderen Familie: „Wenn Du weiterhin mit den Schweineklamotten nach Hause kommst lasse ich mich scheiden.“ Wie fässt sich eine Zitze eigentlich an ? Es begann mit Georg Lutz im Melkstand. Wir standen zu zweit in einer gekachelten Vertiefung, die Euter der Kühe auf Augenhöhe. Dahinter deren doch recht mächtige, vermistete Hinterläufe. In ca. 2 Stunden werden 40 Kühe gemolken. Und Georg kannte sie alle. „Die ein bisschen mehr Schrot, bei der musst Du aufpassen, eine Zitze ist entzündet.“ Wie fasst sich eine solche Zitze überhaupt an? Weich? Glitschig? Nein ziemlich fest und trocken. Ich musste jede Zitze mit Holzwolle vor dem Ansetzen des Melkzeugs reinigen und für jede Kuh neue Holzwolle verwenden, sonst werden Keime übertragen. Na hoffentlich werde ich nicht getreten. Aber es ging gut, die Kühe schienen den Ablauf genau zu kennen. Vor dem Melkstand standen sie schon Schlange. Bis auf einige Wenige. „ Geh sie mal wecken“ Wie weckt man eine Kuh? Die Erfahrung zeigte mit leiser Ansprache erreichte ich nichts. Ich musste schon laut und rabiat werden. Ich sah wie Georg routiniert die Saugglocken der Melkmaschine ansetzte. „Kann ich das auch mal probieren?“ „Du musst sie alle vier in einer Hand halten und dabei den Saugschlauch abknicken. Beim Ansetzen den Schlauch öffnen und die Glocke sitzt und arbeitet.“ Ganz einfach. Zunächst war meine Hand zu klein, um alle vier Glocken zu halten. Dann fiel die erste Glocke wieder runter als ich die zweite ansetzte. Der Schlauch war noch abgeknickt. Es hat ein bisschen gedauert, aber dann ging es. Da soll ich reingehen ? Ich musste noch den Melkstand reinigen, dann die Schweine füttern. Es gibt auf dem Hof zwei Schweineställe. In dem ersten liegen mächtige Zuchtsauen mit ihren ganz kleinen Ferkeln. Sehr niedlich. Die Ferkel unter einer Wärmelampe. Die Sau in einer Art Gestell, das sie hindern soll, die Ferkel zu erdrücken. Daneben Koben mit früheren Würfen, die bereits von der Mutter getrennt sind. Im zweiten Stall sind die großen Schweine. Man kann sie in den Außenboxen sehen. Wenn man in einen solchen Stall zur Fütterungszeit hineinkommt, empfängt einen ein lautes Geschrei. Das Futter wird in die Tröge gegeben. Es beginnt ein wildes Gedränge, Gequieke und Geknurre. Die Schweine haben eine derartige Kraft, dass man glaubt das Futtergestell bricht gleich auseinander. Später hat mir Georg dann aufgetragen, die Koben zu reinigen. „Was, da soll ich reingehen? In diese Horde gefährlicher Hunde?“ Aber das ging problemlos. Die Schweine haben großen Respekt vor langen Beinen mit Gummistiefeln. Georg hat mir erklärt, dass Schweine eigentlich sehr sauber sind. Der Koben innen ist der Schlafplatz, in der Außenbox wird sich erleichtert. Manchmal vertun sich einzelne Schweine und machen einen See ins Schlafzimmer. Das muss der Praktikant dann beseitigen und neu einstreuen, sonst kommen die Schweine durcheinander. Wie endet so ein Schweineleben ? Ich wollte auch wissen, wie so ein Schweineleben endet. Nach ca. einem Jahr kommt es zum Schlachter. Georg sucht in regelmäßigen Abständen aus verschiedenen Koben ca. 10 Schweine aus, die dann mit dem Anhänger in die Nähe von Itzehoe gebracht werden. Das ist eine ziemliche Aktion, aus einem Koben 2 Schweine herauszuholen und die anderen drin zu lassen. Dafür be- Hofbericht 15 arbeiten. Aber es gibt auch Pausen. Und da wird man sehr gut versorgt. Im Mittelteil des Gebäudes befindet sich eine große Küche, in der Tobias, der Hauswirtschafter, mit seinen Helferinnen die Speisen aufdeckt. 8.00 Uhr ½ Std. Frühstück, 12.00 Uhr 1 ½ Std. Mittagspause, 16.00 Uhr ½ Std. Kaffeetrinken. Es findet sich eine wirklich bunte Schar von Menschen zusammen. Aus Polen, Kenia, Nevada, Dänemark, Festangestellte, Hofleitung, einige Schülerpraktikanten und sogar der über 80-jährige Vater von Georg, der immer noch mithilft. Morgens, nach dem Frühstück, versammeln sich alle in großer Runde vor dem Gebäude. Georg steht da wie ein Patriarch, ganz ruhig und aufmerksam. Jeder erklärt, was er machen will. Jeder erhält sein OK, manche andere Aufgaben, manche werden eingeteilt. Warum sind die Kühe gefesselt ? darf es mehrerer Leute. Zunächst sind alle neugierig und wollen auf den Gang hinaus. Hat man dann alle Schlachtkandidaten im Gang versammelt, drängen sie zum Ausgang, aber auf den Anhänger wollen sie nicht. Da muss man mehr und mehr den Rückweg versperren und sie treiben. Befinden sich dann alle ziemlich gedrängt im Anhänger und dieser bebt und wackelt, kommt noch ein besonderer Akt. Georg muss die Tiere stempeln, damit der Schlachthof sie zuordnen kann und der Hof sein Geld bekommt. Dafür wird dann eine kleine Tür des Anhängers aufgemacht, Georg springt schnell hinein und die Tür wird gleich wieder zugedrückt. Und dann geht das Getobe innen erst richtig los. Jedes Tier bekommt einen Stempelabdruck auf den Hintern. Georg schien das schon oft gemacht zu haben, jedenfalls kam er heil wieder heraus. Es gibt auch Pausen. Die Leute auf dem Hof haben eine sehr lange Arbeitszeit und die Arbeiten sind körperlich mitunter sehr schwer. Ich habe einen großen Respekt vor allen entwickelt, die dort regelmäßig Als letztes möchte ich erklären, was mich früher immer gestört hatte. Wieso sind die Kühe morgens immer so lange im Eisengestell gefesselt? Das fand ich grausam. Ist es aber nicht und es hat seinen Sinn. Und das wird auch nur gemacht, solange die Kühe im Stall und noch nicht auf der Weide sind. Wenn sie vom Melken kommen, wollen sie fressen. Damit sie alle gleich viel bekommen, hat jede ihren Fressplatz, andere können sie nicht weg drängen. Während sie fressen, reinigen innen die Praktikanten die Liegeboxen: Kuhfladen beseitigen, Kalk streuen, wo der Euter liegen wird und neues Stroh ausbreiten. Nach ca. 2 Std. kommen sie wieder rein, legen sich hin und ruhen sich aus. Und das mache ich jetzt auch. Holger Scharre |< GUT WULFSDORF 16 Paten gesucht / Nachrichten S chleswig-Holstein hat die Förderung für die Beibehaltung des Ökolandbaus eingestellt. Die Grundlage der Förderung war eine Verpflichtung der Betriebe, für mindestens fünf Jahre nach Ökorichtlinien zu wirtschaften. Nach Ablauf der letztmaligen Bewilligung wird es keine Verlängerung mehr geben. Dies ist bei unserem Betrieb 2013. Diese Entscheidung ist inhaltlich völlig unverständlich. Begründet wird sie mit der schlechten Haushaltslage. Die Schleswig-Holsteinischen Biobetriebe haben in den vergangenen Jahren ca. vier Millionen Euro Zuschuss für die Beibehaltung bekommen. Davon muss das Land Schleswig-Holstein 20 % selbst aufbringen. Der andere Teil wird deutschlandweit durch den Bund und vor allem durch die EU finanziert. Die Ersparnis durch die Streichung beläuft sich auf 850.000 Euro für Schleswig-Holstein. Dem Land gehen aber die vier Millionen an Wirtschaftsleistung verloren, denn das Geld wurde ja investiert. BaumPatenschaften I n der Allee nördlich des Gutes und westlich angrenzend an das Wohnprojekt Allmende, haben wir einen Teil kranker und überständiger Bäume gefällt. Den Charakter der Allee möchten wir gerne erhalten und aufwerten. Dazu sind Ersatzpflanzungen verhältnismäßig großer Bäume erforderlich. Angedacht sind 25 Bäume, vorwiegend Bergahorn. Die Gesamtkosten für einen Baum, 3 Stützpfähle, Stammbefestigung, Wildzaun und Schutz des Stammes gegen Sonneneinstrahlung betragen ca. 200,- €. Für diese Maßnahme bitten wir um Unterstützung. Die Arbeitskosten in Höhe von 50,- bis 100,- € pro Baum, die noch dazu kommen, könnten von uns übernommen werden. Wer Interesse hat, melde sich bitte bei mir. |< Georg Lutz Durch die Förderung haben viele Biobetriebe Betriebsgewinne erzielt, die auf dem Niveau vergleichbarer konventioneller Betriebe liegen. Die jährliche Steuereinnahme, die unmittelbar auf die Förderung zurückzuführen ist, beträgt ca. 1,0 bis 1,1 Millionen Euro. Obwohl den Politikern dieser Sachverhalt klar war, haben sie dennoch so entschieden, zudem absolut gegen den Bundestrend, denn in vielen Bundesländern sind die Beihilfen weiter erhöht worden. Vor dem Hintergrund, dass die Betriebe bundesweit miteinander in Konkurrenz stehen und die Erzeugerpreise nach der Einführung der Förderung deutlich nachgegeben haben, ist dies ein Schlag gegen die holsteinischen Biobauern. Die Reaktion ist nicht ausgeblieben. So haben die ersten Betriebe aufgegeben oder wieder auf konventionelle Wirtschaftsweise umgestellt. Trotz weiter stark wachsendem Biomarkt, ist die ökologisch bewirtschaftete Fläche Schleswig-Holsteins erstmalig wieder rückläufig. Sie ist 2010 im Vergleich zum Vorjahr um 0,6 % zurückgegangen, die Zahl der Biobetriebe um 2,1 %. Für 2011 zeichnet sich ein weit größerer Flächenrückgang ab. Der Umsatz mit Biowaren kann mithin weniger von den regionalen Akteuren bedient und für die regionale Wertschöpfung genutzt werden. > Hofbericht Nachrichten 17 Agrarpolitik M anche agrarpolitische Themen haben sich sehr erfreulich entwickelt. Das Honig-Gentechnikurteil ist bahnbrechend: Honig, der gentechnisch veränderte Bestandteile enthält, darf nicht vermarktet werden. Die Nutzer der grünen Gentechnik müssen nun für den Schaden der Imker aufkommen. Bienen tragen aus solch einem weiten Umkreis Pollen und Nektar heim, dass mir die bisherige Vorstellung, eine Koexistenz von Gentechnik und gentechnikfreiem Anbau sei möglich, absurd erscheint. Der Welt-Agrarbericht hat in seiner letzten Ausgabe klar Stellung bezogen: Nicht die technisierte Landwirtschaft mit zunehmendem Einsatz von Gentechnik, kann das Problem von Hunger und tiefster Armut lösen, sondern eine nachhaltige, die bestehenden Strukturen aufgreifende Ökologisierung der Landbewirtschaftung – eine richtungsweisende Aussage. Die europäische Agrarpolitik soll neu ausgerichtet werden. Die heiße Phase des Diskutierens, Zerrens und Streitens ist im vollen Gange. Hier können Sie sich mit einbringen, u. a. durch die Aktion „Meine Landwirtschaft“, eine Kampagne, die durch ein breites Bündnis getragen wird. Es machen nicht nur die Verbände des ökologischen Landbaus und weitere eher „alternativ“ ambitionierte Initiativen mit, sondern auch der Bund deutscher Milchviehhalter (ein Zusammenschluss vor allem von konventionellen Milchbauern, auch von recht großen Betrieben). Ziel ist, dass sich die Bürger Europas einbringen und mit bestimmen, in welcher Art sich die Landwirtschaft und damit auch der Landschaftsraum, die Natur und Umwelt entwickeln wird. Von EU-Agrarkommissar Ciolos wurde vorgeschlagen den Landwirten in Zukunft nur 70 % der Flächenprämien ohne besondere Auflagen auszuzahlen. Für die weiteren 30 % werden deutliche Umweltauflagen gemacht, wie das Einhalten einer Fruchtfolge und das Vorhalten von Flächen als Rückzugsräume für Fauna und Flora, um die wichtigsten zu nennen. Der Bauernverband läuft dagegen Sturm. Das Fenster für die Bürgerbeteiligung in diesen Fragen hat sich zurzeit weit geöffnet. Nutzen Sie es. Die Flyer der Kampagne finden Sie bei uns im Hofladen. Weitere Informationen unter www.meine-landwirtschaft.de. |< Georg Lutz GUT WULFSDORF 18 Gut Wulfsdorf als Zuhause K urz nach sechs, die Melkmaschine springt an. Seit über 20 Jahren, jeden Tag. Gut Wulfsdorf, seit meiner Geburt mein Zuhause. Die lauten Alltagsgeräusche beginnen mit der Gewöhnung die Uhren zu ersetzen. Ohrenbetäubendes Schreien der Schweine, kurz vor acht, Fütterung. Das Klappern der Fressgitter im Kuhauslauf, ca. 8.45, die Kühe kommen auf die Weide. In meinen ganz jungen Jahren, genoss ich es, am Wochenende morgens um 5.30, die erste im Kuhstall zu sein und den dumpfen Geruch der Kühe einzuatmen. Ich nahm es meinem Vater übel, wenn er auch nur eine Minute vor mir aus dem Haus ging. Für Kinder? Ein reinstes Paradies, ein solcher Bauernhof. Nichts anderes kann ich von mir behaupten. Wir, das heißt meine „Hofkindergeneration“, waren ungefähr zehn Kinder. Eine perfekte Zahl um an schwülen Abenden nach einem heißen Som- mertag Räuber und Gendarm auf dem ganzen Hof zu spielen. Heuboden, Wasserfässer und die alte stolze Linde im Herzen des Hofes boten hierbei die besten Verstecke. Begann es langsam kalt zu werden und zu schneien, wurden Schneemänner um die Wette gebaut, Schneeballschlachten in Jungs – Mädchenteams gewonnen und entweder hinterm Trecker oder dem Pferd rasante Schlittentouren durch unser Gelände gemacht. Ich brauche nicht zu erklären, dass auch die glücklichsten Hofkinder schnell älter werden, was auch an den gefährlichen Mutproben liegen mag, welche es zu bewältigen galt. Auf Bullen reiten oder über einem Meer aus Brennnesseln auf einem morschen Baum balancieren, waren hierbei keine Besonderheit. Nicht nur das Balancieren über morsche Bäume ist eine nervenaufreibende Angelegenheit. Auch das Elternsein scheint eine Probe zu sein. Hofbericht 19 wie ein Hofhund frei auf dem Hofgelände verbrachte). Es wuchs auch die Fähigkeit mehr und mehr Verantwortung zu übernehmen, so dass ich mittlerweile zwei Pferde, ein Pony und einen Esel besitze. Die Beziehung zu meinen Pferden ist mir sehr wichtig, so dass ich mich täglich morgens, mittags und abends (zum Teil mit Hilfe von Auswärts) um das Wohl der Vierbeiner kümmere, und die örtliche Nähe sehr genieße. Neben der derzeitigen Aushilfe im Laden, gebe ich viel Reitunterricht und strebe einen Trainerschein in dem kommenden Jahr an. Nachdem ich dieses Jahr mein Abitur gemacht habe, überlege ich, auch beruflich in diese Richtung zu gehen. Es scheint, als wären die Eltern immer da. Doch wenn man sie sucht und nach einiger Zeit fündig wird (mittlerweile weiß ich, wann man wen, wo am ehesten erwischt), erreicht man, wenn man Glück hat, die Aufmerksamkeit eines halben, an besonderen Tagen sogar die eines ganzen Ohres. Man arrangiert sich mit diesem Wandel aus immer da und immer weg sein der Eltern, und lernt die Vorteile zu schätzen. Ganz beiläufig haben wir spielend Verantwortung übernommen. Meine Schwester Aurelia und ich bekamen bereits im Alter von neun und sieben Jahren unseren ersten eigenen Ponies. Ein Traum, vor allem, dass wir uns seitdem um alles alleine kümmern durften und selbst entscheiden konnten, wann wir was mit unseren Ponies machen wollten. Wussten wir mal nicht Bescheid, oder gab es seltene Krankheitsfälle der Lieblinge, stand unser Vater uns mit Ratschlägen und Hilfe immer zur Verfügung. Während dieser Aufgabe wuchs nicht nur die körperliche Größe. (Man erinnere sich an den kleinen schwarzen Tyson, für den wir schnell zu groß wurden, und welcher seine letzten Lebensjahre mit Anfang 30 Bevor ich jedoch eine Ausbildung oder ein Studium beginnen werde, möchte ich wenigstens einen kleinen Teil der spannenden Welt kennenlernen. Hiermit beginne ich Mitte Januar 2012 in Afrika, genauer Namibia auf einer Westernranch. Ein Traum von Weite wird wahr! Wohin es mich danach verschlägt, weiß ich noch nicht… |< Helene Lutz GUT WULFSDORF 20 Gemüse 2011 Neues aus der Gärtnerei M ein Name ist Constantin Maftei. Ich komme aus Rumänien und arbeite als Gärtner auf dem Gut Wulfsdorf. Nach dem Abitur und dem Abbruch der Polizeischule in Rumänien, beschloss ich meine Existenz in einem anderen Land aufzubauen. Durch meinen Freund Nico Tirloi, der schon eine Saison hier gearbeitet hatte, habe ich den Betrieb kennen gelernt. Nachdem ich fünf Jahre hier als Saison- arbeitskraft gearbeitet habe, wollte ich fest in Deutschland arbeiten. Mein Chef hat mich dabei unterstützt, eine Dauerarbeitserlaubnis zu bekommen. Ich danke ihm für das Vertrauen, das er in mich gesetzt hat. Der Anfang war schwierig, aber mit Hilfe der Kollegen konnte ich mich schnell eingewöhnen und das Arbeiten hat mein Interesse an der ökologische Landwirtschaft geweckt. Im Laufe der Zeit habe ich viel gelernt, wie mit den verschiedenen Maschinen und Geräten zu arbeiten, über Gewächshäuser, Pflanzenkrankheiten, Schädlinge, biologisch-dynamische Präparate und vieles mehr. In der Gärtnerei ist in der letzten Zeit viel geschehen. Wir produzieren mehr Gemüse und haben viele neue Investitionen getätigt: eine neue Halle, eine Kühlung, Beregnungsleitungen wurden verlegt, eine Gemüseberegnung angeschafft, einen neuen Traktor haben wir auch, fast alles, was wir 2009 begonnen haben, konnten wir abschließen. Jetzt, wo wir alle diese Verbesserungen haben, hat uns leider unser Gärtnermeister Nils Weiß, der einen wesentlichen Beitrag zu deren Umsetzung geleistet hat, aus persönlichen Gründen, noch vor Ende der Hochsaison verlassen. Obwohl sein Weggang so plötzlich kam, hat unser international bunt gemischtes Team mit Anthony aus Kenia, Luke aus Südafrika, Imrick aus Deutschland, Zofia aus Polen, Nico, Daniel, Cristian und Mihai aus Rumänien, es geschafft, das Gemüse unter optimalen Bedingungen zu ernten und zu lagern. Die Möhren waren sehr gut in diesem Jahr, im Vergleich zu den Vorjahren. Der Weißkohl und der Rotkohl sind durch das kühle, regnerische Wetter im Juli und August schnell gewachsen und mussten früher geerntet werden, damit die Köpfe nicht zu riesig wurden. Die frühe Ernte hat beim Rotkohl zu einem Lagerverlust von 40 % nach drei Monaten Lagerung geführt. Bei den Kürbissen hatten wir wegen der kühlen Witterung eine unbefriedigende Ernte und Schwierigkeiten mit der Lagerung. Wir mussten 30 % aussortieren. Die Wurzelgemüse waren in diesem Jahr allgemein gut. Für mich ist jetzt der Anbauplan 2012 Priorität und Herausforderung. Meine Perspektive für die Zukunft ist, noch mehr über ökologische Landwirtschaft zu lernen. Im Namen des Gärtner-Teams wünsche ich Ihnen einen guten Start in das Jahr 2012. |< Constantin Maftei Hofbericht 21 Herbstliche Hauswirtschaft Sauerkrautherstellung J edes Jahr im Herbst tauchen sie im Hofladen auf: die grünen Eimer mit den gelben Schildern und dem aromatisch-sauren Duft. Sauerkraut vom Gut Wulfsdorf, hergestellt vom Küchenteam, vor allem von Barbara Porozynska und Katarina Fenczak. Nur, wie machen die das? Schon am Abend vorher wurde bei den Gärtnern für den nächsten Tag eine Großkiste voll Weißkohl bestellt, so dass es ab 8.30 Uhr losgehen kann. In der Hofküche fangen derweil unsere Auszubildende Maria Hommes und ich, Tobias Otto, an das Mittagessen zu kochen. Für das Sauerkraut werden die äußeren Blätter und Strünke entfernt und der Kohl mit der großen Küchenmaschine ganz fein gehobelt. Anschließend wird er mit Salz vermischt und in einem vorher abgebrühten großen Fass mit einem Eisenhammer so lange gestampft, bis der Saft des Kohls austritt. Da kann Mann und Frau so manchen Frust abbauen!! Am Ende, muss der Kohl oben komplett mit Saft bedeckt sein. Danach muss das Kraut bei 25 °C ca. 10 Tage reifen. Dabei ist wichtig, dass jeden Tag mit einem Stab in das Kraut gestochen wird, damit die Gase, welche bei der Gärung entstehen, entweichen können. Ist es sauer genug, wird es in der Kühlung bei 7 °C gelagert und nach und nach in den grünen Eimern verkauft. Jedes Jahr werden auf diese Weise ca. 6 Fässer à 120 kg hergestellt. So entsteht also das gute Sauerkraut und damit es Ihnen auch besonders gut schmeckt, gibt es nun noch ein typisch polnisches Rezept zum Nachkochen für zuhause. Guten Appetit Tobias Otto |< Bigos für ca. 6 Personen Zutaten: 1,5 kg Sauerkraut, 1,2 kg gekochtes Fleisch, (z. B. Suppenfleisch, Gulasch, etwas Speck, Geflügelfleisch), 300 g Würstchen, 4 große Zwiebeln, 30 g getrocknete Pilze, 2 Lorbeerblätter, 4 Wacholderbeeren, Pfeffer, Salz, Bratöl oder Fett * Pilze in Wasser einweichen so dass sie von Wasser bedeckt sind (am besten 24 Stunden). * Das Sauerkraut unter fließendem Wasser waschen und ca. 40 Minuten mit Wasser bedeckt gut kochen lassen. * Fleisch, Pilze und Würstchen dazugeben. Wurde das Fleisch frisch gekocht, die Brühe ebenfalls dazugeben, ansonsten mit Gemüsebrühe so aufgießen, dass alle Zutaten gut bedeckt sind. Ca.40 Minuten auf kleiner Flamme köcheln lassen evtl. Brühe nachgießen. Am Schluss sollte ein nicht zu flüssiger Eintopf entstanden sein. Dazu schmeckt Brot oder Salzkartoffeln. GUT WULFSDORF 22 Ökomarkt in Blankenese Der Zitronenfalter entpuppt sich E inmal, morgens um 6.00 Uhr, da war ich dabei, wie der Ökomarkt in Blankenese langsam erwacht. Da kam auch schon das Gefährt von Gut Wulfsdorf. Der Anhänger wurde schnell auf seinem Platz positioniert, der LKW dahinter abgestellt und schon begann das Schauspiel. Wie von Zauberhand, es führte Volker Andresen allein Regie und weitere helfende Hände gab es nicht, begann eine Metamorphose des Hängers. Es öffneten sich seine Flügel, der Korpus streckte sich und vor uns stand ein riesiger Zitronenfalter. In die Flügel wurden die Seitenwände gehängt, dies und das anderenorts eingehakt und umgeklappt, und fertig war der große Stand. Aus einem recht kompakten Anhänger hatte sich der allen Kunden bekannte Marktstand entfaltet. Tages neben den mir bekannten grünen Zucchini auch richtig leuchtend gelbe. Und wie sollte es bei einem Zitronenfalter schon anders sein, hier bekommt der Kunde auch zeitweise gelbe Tomaten. Den Ökomarkt in Blankenese gibt es bereits über 15 Jahre und in dieser Zeit war der Stand von Gut Wulfsdorf jeden Mittwoch zuverlässig dort aufgebaut. Inzwischen ist kein Mitarbeiter aus den ersten Jahren noch in Blankenese vor Ort dabei, aber gerne erinnere ich mich noch an diese und ihre Geschichten. Nur fange ich in Gedanken die in ihren Kindertagen aus dem Apfelbaum fallende Martina auf und bin auch bei mancher Feldarbeit im Geiste dabei. Und wenn wir uns Da das Einsortieren der großen Berge von Waren aber nicht von einem Einzelnen zu bewältigen ist, trat nun ein bekanntes Gesicht nach dem anderen auf die Bühne, verschwand im LKW oder hinter vollgepackten Paletten. Und da Wulfsdorf stets nur schönstes Obst und Gemüse anbietet, wurde alles noch einmal einem kritischen Blick unterzogen. Dieses habe ich an einem milden Sommermorgen erlebt. Aber an wie vielen Tagen geht es klimatisch schon so ruhig und angenehm zu? Ich stelle mir vor, der Zitronenfalter gleitet früh morgens, von Gut Wulfsdorf in Ahrensburg kommend, im Novemberwind durch Hamburgs noch dunkle Gassen; auf dem Marktplatz ankommend sind es knapp über Null Grad Celsius und ein feiner Nieselregen setzt ein. Es gehört zu den Geheimnissen dieses Marktstandes, dass ich noch nie einen Mitarbeiter erlebt habe, der eine schlechte Stimmung nach außen gezeigt hätte. Bei allen Mitabeiter/innen scheint stets die Sonne zu scheinen. Es ist einfach schön, dass es diesen Stand gibt. Und je nach Horizont, lassen sich hier auch einige Entdeckungen machen. So fand ich eines den Weihnachtstagen nähern, so denke ich immer an den stets fröhlichen Sebastian. Dann mussten wir als Kunden von Wulfsdorf ohne seine ansteckende Fröhlichkeit auskommen, er war in dieser Zeit beim Verkauf von Weihnachtsbäumen leider unabkömmlich. Mit den Jahren konnte ich viel über die Mühen der ökologischen Agrarwirtschaft erfahren. Von den Problemen der Milchwirtschaft haben wir schon öfters gehört. Dass aber z.B. Spargel mehrere Jahre braucht, um geerntet werden zu können, wusste ich nicht. Nun müsste es im kommenden Jahr 2012 so weit sein, dass wir den ersten Wulfsdorfer Spargel zu sehen bekom- Hofbericht 23 men. Und wenn dieser dann gelb sein sollte, so spekuliere ich, war zusätzlich zu den Kuhfladen im Rinderhorn, zwecks Düngung nach Demeter, eine Prise von Kurkuma mit dabei. Aber das Düngen nach Demeter ist eine andere Geschichte - und wer wissen möchte, wie man auf Gut Wulfsdorf biologisch-dynamisch düngt, dem sei ein Hofbesuch empfohlen. Habt Dank für Euren Einsatz für Natur und Kundschaft! |< Christoph Ahsendorf GUT WULFSDORF 24 ÖKO-Markt in Niendorf Einkauf – kinderleicht Z um Glück gibt es freitags in Niendorf den ÖKO-Markt! Da stehen die netten Verkäufer vom Gut Wulfsdorf an ihrem langen sonnengelben Stand und bedienen die Kunden aus dem reichen Sortiment des Hofes und von Demeter- und Bioland-Betrieben. Schon wenn man sich dem Stand nähert, hört man Lachen und freundlich gerufene Worte und stellt sich gern in die oft sehr lange Schlange. Da gibt es was Gutes! Ist man an der Reihe wird man freundlich angeschaut, mit einem netten Wort begrüßt und nach seinen Wünschen gefragt. Die leuchtenden Farben von Obst und Gemüse, die geschickte Auslage, die vollen Bünde der Kräuter, die Vielzahl an Tomaten in bunten Farben, die Überfülle an verschiedenen Salaten, die verschiedenen Kartoffelsorten, das Brot und die Zöpfe, die Vielzahl an heimischen Demeter-Honigen, all das ist eine Augenweide. Kulinarische Spezialitäten werden vorgestellt, jeder Verkäufer und jede Verkäuferin können mitteilen, welche Tomate wo angebaut wird und wie sie schmeckt, welches Rübchen wie zubereitet wird: An allen merkt man sehr deutlich die Freude an der Landwirtschaft und die Überzeugung, uns Kunden wirklich ausgezeichnete Qualität anbieten zu können. Über die Jahre wächst eine Beziehung, die freitags gepflegt wird und auf die viele Kunden sich freuen: da geht dann auch mal im trüben Novemberwetter die Sonne auf! Es ist die Freund- lichkeit aller Mitarbeiter, die uns Kunden gern zu diesem Stand zieht. Auch wissen die Verkäufer, welche Lebensmittel die Mutter kauft, wenn mal ein Kind einspringt, den Einkauf zu übernehmen! Das ist Verlässlichkeit! Es reicht zuhause zu sagen: geh zu Volker, der weiß was wir brauchen und packt unseren Wochen-Einkauf schon zusammen! Ob man nun freitags nach Niendorf oder mittwochs nach Blankenese, donnerstags und samstags nach Eppendorf kommt, oder wo Volker Andresen mit seiner Mannschaft auch immer in der Woche steht, immer sind die freundlichen Verkäufer hilfsbereit, erkennen ihre Kundschaft und man wird mit Namen begrüßt. So kann man auch vieles über das Hofleben erfahren, welche Kartoffelsorte gut gewachsen ist, welches neue - Spargel - Feld angelegt ist und wann mit der ersten Ernte zu rechnen ist, welche Wurzeln die saftigeren sind und wo die Eier herkommen. Es ist eine nette Mannschaft um Volker, die uns Kunden tagein tagaus und nun schon viele Jahre bedient, für unsere Gesundheit sorgt und unseren Tisch mit den köstlichsten Köstlichkeiten bestückt. Dafür sei an dieser Stelle allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Hofes Gut Wulfsdorf herzlich gedankt. |< Edda Lehnert Hofbericht Anders als in Japan 25 Backen auf Deutsch A lles begann mit einem Job in einer Bäckerei in Tokyo, in der ich nach Abschluss meines Philosophiestudiums gearbeitet habe. Dort entstand mein Interesse für eine „Brotkultur“, wie es sie wohl nur Deutschland gibt. Natürlich haben auch die Franzosen oder andere europäische Länder ihre ganz eigene Backkultur, aber jene, fast grenzenlose Vielfalt an Brot und die vielerorts noch anzutreffenden traditionellen Herstellungsverfahren habe ich in dieser Fülle nur in Deutschland finden können. Nach eigenen Recherchen und der Hilfe einer befreundeten Bäckerin aus dem Raum Stuttgart, ergab sich dann im Februar 2011 für mich die Möglichkeit in der Holzofenbäckerei auf Gut Wulfsdorf ein Praktikum bei Bäckermeister Reinhold Hollerbach zu beginnen. Anders als in Japan ist Brot in Deutschland die Grundlage der täglichen Ernährung. Auch wenn weite Teile der Bevölkerung noch zu herkömmlichen Produkten greifen, die industriell oder aus Weißmehlen hergestellt werden, gibt es viele Menschen, die großen Wert auf schmackhafte und urwüchsige Backwaren legen, deren Zutaten möglichst auch noch aus biologischer Landwirtschaft stammen sollen. Das war es, was ich lernen wollte: Die Herstellung von in jeder Hinsicht qualitativ hochwertigen Produkten. Im Falle meines Ausbildungsbetriebes werden sogar DemeterProdukte verarbeitet.Aber es gibt nicht nur Brot – auch die Herstellung von Kuchen für das im Hofladen untergebrachte Café, unter Verwendung saisonal verfügbarer Obstsorten, gehört zum täglichen Brot der Bäckerei. Die größte Hürde war und ist immer noch die Beherrschung der Deutschen Sprache. Das Erlernen des Deutschen – einer Sprache, die dem Japanischen unähnlicher nicht sein könnte – kann man wohl als sehr mühselig bezeichnen. Aber vor allem die ständige Kommunikation mit vielen Freunden, die ich mittlerweile in und um Allmende Wulfsdorf habe, lässt mein Deutsch jeden Tag besser werden. Auch, wenn ich mich an das frühe Aufstehen wohl niemals richtig gewöhnen werde, freue ich mich doch auf eine lehrreiche und spannende Ausbildungszeit in der Holzofenbäckerei Gut Wulfsdorf. |< Aiko Hishida GUT WULFSDORF 26 Konzept Bio-Imbiss Innovation Currywurst H amburger Winterdom 2009: Auf der Suche nach Spiel und Spaß, schlendere ich mit Freunden zwischen Fahrgeschäften und Schießbuden umher. Nach großzügig bemessenen 10 Minuten im verführerischen Duft der Imbissbuden packt mich der Heißhunger – Currywurst muss her! zu befriedigen suchen. Die Verkäufer der beschriebenen Imbissbude werden solange nicht daran denken etwas besser zu machen, wie sie noch Kunden haben. Was aber wenn den Kunden nachhaltige und qualitativ um Meilen bessere Ware geboten wird, die auch noch aufregend schmeckt? Lange brauch ich nicht zu suchen, denn das Angebot ist groß. Ich schlage mich durch zu einem etwas marode wirkenden Imbiss, in Form einer XXL Bratwurst (die anderen Imbissstände sind vergleichbar). „Einmal Curry-Pommes“ rufe ich in mundgerechter Vorfreude und werde für 6 Euro aus meiner Tasche auch bedient. - was ich allerdings serviert bekomme, ist alles andere als verführerisch. Die geschmacksneutralen Discounter-Pommes, schwimmen in einem See aus Instant-Curryketchup, garniert mit einer, nach Friteusenfett schmeckenden Wurst - Bon appétit. Wir, von der Metzgerei Dreymann, feilen nun seit zwei Jahren am Konzept Bio-Imbiss und haben uns über genau diese Dinge Gedanken gemacht. Als wir 2009 mit einem kleinen, schlichten Imbissprototyp vor dem Hofladen und auf Wochenmärkten anfingen unsere handwerklich produzierten Bio-Currywürste, mit selbstgemachter Bio-Currysauce an den Kunden zu bringen, waren wir sehr zufrieden mit der stetig steigenden Nachfrage und positivem Feedback. Das allerdings haben wir auch erwartet, denn vor dem Hofladen und auf Bio-Märkten sind hauptsächlich Menschen unterwegs, bei denen der Prozess des Nachdenkens über das gesellschaftliche und persönliche Konsumverhalten, mit positiver und nachhaltiger Konsequenz, stattgefunden hat. Welche unternehmerischen Ziele (außer dem Umsatz) stecken hinter solch einem Imbissunternehmen? Braucht ein Imbiss so etwas überhaupt? - denn es ist ja „nur“ ein Imbiss. Ich glaube dass Problem liegt darin, dass wir Gewohnheitstiere uns so schnell zufrieden geben und unseren Bedarf relativ blind und einfach möglichst schnell Spannend war es, nach diesem positiven Start in der eigenen Bioszene, zu erforschen wie wir uns gegen die „Jahrmarkts-Currywurst“ > Hofbericht Freiwillige Feuerwehr 27 Hilfe es brennt! A m 22.11.11 kam es auf dem Hof zu einer sehr „brenzligen“ Situation. Durch den Brand eines benachbarten Holzschuppens, bestand akute Gefahr, dass auch der große Rinderstall Feuer fängt. Nur dadurch, dass die Freiwillige Feuerwehr Wulfsdorf so schnell vor Ort war, konnte das Übergreifen der Flammen verhindert werden. Mit Hilfe der dann sehr zügig erschienenen Freiwilligen Feuerwehr Ahrensburg wurde das Feuer effektiv gelöscht. So wurde ein großer Schaden nicht nur von den vielen Tieren im Stall, sondern auch an der großen Solarstrom-Anlage abgewendet. Dieser Einsatz hat uns wieder ganz deutlich die Wichtigkeit einer Feuerwehr vor Ort gezeigt. Leider ist die Anzahl der Mitglieder in der Wulfsdorfer Wehr noch viel zu gering. Obwohl die Anzahl der Bewohner in den letzten Jahren sehr stark gestiegen ist, hat sich das zahlenmäßig nicht auf die Besetzung der Feuerwehr ausgewirkt. Auch vom Gut Wulfsdorf sind erst seit kürzerer Zeit drei Personen dabei. Wir hoffen, dass dieses Ereignis manche Frau oder manchen Mann dazu motiviert, über eine Mitgliedschaft in unserer Feuerwehr nachzudenken. Denn je mehr Menschen mitmachen, desto kleiner werden die Handgriffe, die nötig sind, um den Laden laufen zu lassen, und desto sicherer ist es, dass im Ernstfall genug Helfer vor Ort sind. |< Frank Backhaus und Christian Marwedel Fortsetzung: Innovation Currywurst behaupten würden. Hierzu standen wir 2010 dann bei den „Hamburger Harley-Days“ inmitten der archaischen Mitbewerberschaft und boten unsere Bio-Currywurst mit Bio-Pommes an, - mit mäßigem Erfolg. Der größte Teil der Rockermenge hatte sich, die von Farbstoff knackig, glänzende Schinkenwurst vom Schwenkgrill, mit genug Bier „schöngetrunken“ und blickte unserem „fremdartigen“ Bio-Logo eher unsicher entgegen. Bei anderen Rockern wiederum konnten wir mit tollem Geschmackserlebnis wertvolle Sympathie sammeln. Im Endeffekt haben wir dort eher eine, über die Bioszene aufklärende Rolle gespielt, als reine Verkäufer zu sein – auch ein Erfolg. Unsere Currywurst aber festigte ihren Umschlagplatz hauptsächlich auf unseren treuen BioMärkten und ausgesuchten Events, sodass wir 2011 in einen neuen Imbissanhänger investieren konnten, der heute zu unserer vollsten Zufriedenheit funktioniert und neben Getränken, Currywurst und Pommes auch den nötigen Hauch an Exklusivität bietet. Abschließend kann man sagen, dass wir weiterhin unser Bestes geben, in Qualität, Geschmack und Nachhaltigkeit, für Menschen, die mit Grips konsumieren. |< Josef Koning GUT WULFSDORF 28 Warum machen wir das hier so ? Nutztiere halten und essen B ei uns werden viele landwirtschaftliche Nutztiere gehalten, ca. 180 Rinder, 160 Schweine, 280 Gänse, ein paar Schafe, Hühner und Tauben. Den meisten dieser Tiere ist es vorbestimmt geschlachtet zu werden. So ist das auf einem Bauernhof mit Tierhaltung. Uns als Hofleuten ist das immer bewusst, unsere Besucher beschäftigen sich nur teilweise mit dem Thema. Wenn man nicht unmittelbar damit zu tun hat, verdrängt man es gerne. Das merke ich an mir selbst und auch an den Reaktionen von Besuchern und Nachbarn: Einmal wöchentlich fahren wir 6 bis 10 Schweine zum Schlachter und 14-tägig 1 bis 2 Rinder. Da im Jahreslauf in etwa so viele Jungtiere nachkommen, fällt das nicht auf. Die Gänse dagegen kommen Ende Juni als Junggänse und werden alle auf einmal geschlachtet, zu Weihnachten eben. Das rückt viel deutlicher ins Bewusstsein. Die Menschen unserer Umgebung freuen sich, wie wir auch, an den Gänsen, wenn sie Morgens im Pulk zur Weide getrieben werden, dort unter zunehmendem Geschrei den Sommer und Herbst verbringen bis…zu einer Aktion im Morgengrauen. Dann sind sie alle weg – Stille. Öfter werde ich ab Oktober angesprochen: „Die Gänse tun mir leid, jetzt dauert es nicht mehr lange bis…. .“ Das lässt mich nicht unberührt, zumal ich in den letzten Jahren immer dabei war, wenn…. .die Gänse geschlachtet werden. Andere Menschen reagieren anders: „Ich will eine von diesen Gänsen, auch wenn sie teuer sind, da weiß ich, wie sie gehalten wurden.“ Das Thema landwirtschaftliche Tierhaltung, Massentierhaltung, Tiere töten und Fleischkonsum ist ein großes Spannungsfeld, das öffentlich immer intensiver diskutiert wird. Auch ich mache mir Gedanken, habe mich ja auch vor vielen Jahren entschieden Landwirtschaft zu meinem Berufsfeld zu machen und arbeite schon lange auf diesem Hof. Oft war ich mit dem Inhalt von Berichten und Artikeln nicht ganz einverstanden, fand sie zu kurz gegriffen, aber es gibt dermaßen viele Aspekte des Themas: ethische, gesellschaftliche, ökologische, spirituelle, historische, wirtschaftliche, gesundheitliche etc. Sie alle zu Ende zu denken und gegeneinander abzuwägen ist ein riesiges Unterfangen. Ich beschränke mich auf den konkreten Fall dieses Hofes und möchte die Frage: „Warum machen wir das hier so? Wir könnten doch auch viehlos wirtschaften.“ aus meiner persönlichen Perspektive erläutern. Auch unter den Hofleuten gibt es ein großes Meinungsspektrum, was sich schon daran erkennen lässt, dass es hier z. B. bei den Beschäftigten in der Viehhaltung und in der Gärtnerei jeweils Vegetarier und auch ausgesprochene Fleischfans gibt. Ich spreche also nicht für uns, sondern für mich. Warum halten wir Tiere? Dieser Hof versucht ein landwirtschaftlicher Organismus zu sein, will sagen ein Zusammenhang, in dem alle Betriebsteile zum Funktionieren der anderen beitragen. Die Wiederkäuer und die Gänse gehören dazu, weil sie in der Lage sind Gras zu verwerten und in Fleisch, Milch und Dünger umzuwandeln. Die Schweine verwerten im Idealfall Molke und Gemüseabfälle und fressen natürlich auch noch eine Menge Getreide. Die Tiere tragen aber nicht nur durch ihre Funktion, sondern auch durch ihre Wesenhaftigkeit zum Betrieb und zur Belebung der Landschaft bei. Von den Tausenden von Menschen, die uns jedes Jahr besuchen, wollen nur wenige das Getreide wachsen sehen, die meisten wollen die Tiere erleben, vielleicht, weil das Wesen und die Eigenart der Tiere sie berühren. Trägt unsere Viehhaltung zur Mangelernährung der Weltbevölkerung bei? Gerade habe ich wieder in einer Broschüre ohne Quellenangabe gelesen, dass ein Fleisch essender Mensch 10 mal so viel landwirtschaftliche Fläche benötigt, wie ein Veganer. Ich mag solche pauschalen Aussagen nicht, weil sie so vieles unberücksichtig lassen (gilt das zum Beispiel auch für Alaska?) Zu unserem Hof gehören 100 ha Dauergrünland. Diese taugen nicht als Ackerfläche, weil sie zu Hofbericht 29 feucht sind. Wenn sie keine Viehweiden wären, könnte dort vielleicht Bruchwald wachsen, aber in keinem Fall Weizen oder Eiweißfrüchte. Wenn diese Flächen durch Tiere genutzt werden, reduziert sich nicht die Fläche zum Anbau von Feldfrüchten zur menschlichen Ernährung. Die Tiere tragen durch ihren Mist sogar noch zur Pflanzenernährung auf den anderen Ackerflächen bei. Weiden und Kleegrasflächen dienen durch ihren höheren Gehalt an organischer Substanz (ca. 5 %) auch wesentlich besser zur CO2-Speicherung, als Äcker (ca. 1,5 %). Wenn man auf Viehhaltung verzichtet und nur noch Ackerbau betreibt, muss man anders über Düngung nachdenken, als beim Gemischtbetrieb mit Tieren. Konventionelle Betriebe setzen energieaufwändig gebundenen Luftstickstoff ein (Haber-Bosch-Verfahren). Biobetriebe, die viehlos wirtschaften (ca.20 %) düngen ihre Verkaufsfrüchte z. B. mit Pflanzenschroten aus Kleegras, Lupinen etc. und durch die Einfuhr organischer Dünger (z. B. Mist, Pilzkultursubstrate). Ein Teil der Flächen wird dann nicht zur Ernährung von Tieren oder Menschen, sondern zur Ernährung der anderen Flächen, auf denen Verkaufsfrüchte angebaut werden, verwendet. Bei der Massentierhaltung trifft es zu, dass Tiere gefüttert werden, mit Produkten, die besser direkt der menschlichen Ernährung dienen könnten. Bei einer maßvollen ökologischen Tier- haltung trifft dies dagegen kaum zu da sich die Tierzahl aus der Dauergrünlandfläche und der standortspezifischen Fruchtfolge ergibt. Schlachten: Ein schwieriges Thema, aber es schwingt immer mit, wenn man es nicht anspricht. Ich bin bei Schlachtungen von Rindern, Schweinen und Geflügel dabei gewesen. Meine persönliches Fazit ist, dass die Tiere vor allem darauf reagieren, wie viel Stress gemacht wird. Der Tod eines Tieres in freier Wildbahn durch Gewalt ist meist davon begleitet, dass es gehetzt oder überrascht wird. Auf wildes Treiben und schlecht koordiniertes Handeln der Menschen reagieren die Tiere mit Panik. Geht es ruhig zu, erkennen Schweine den Tod eines Artgenossen nicht als das Schicksal, das sie gleich ereilen wird. Im Gegenteil, sie schnuppern interessiert an Ohren und Klauen, die schon in der Schlachtküche liegen. Gänse werden panisch, wenn man sie packt. Beim Schlachten werden sie dann schnell durch einen Schlag betäubt und ein Schnitt gesetzt, so dass sie in zwei bis drei Minuten ausbluten. Wichtig ist, dass die Menschen die hier arbeiten nicht überlastet oder verroht sind. Weil Geflügelschlachten vor Weihnachten für die Geflügelschlachter einen Dauereinsatz bedeutet, sind wir immer mit eigenen Leuten dabei und helfen. Das bringt Entlastung und Ruhe rein. |< Martina Sträßer GUT WULFSDORF 30 Zu unseren Schweinen zen neu vom Eber gedeckt. Die abgesetzten Ferkel kommen in die Vormast. Nach weiteren 7 bis 8 Wochen haben sie ein Gewicht von ca. 40 kg erreicht und kommen in den Maststall. Bei einer Tageszunahme von etwa 650 g brauchen sie nun ca. 125 Tage bis sie ein angestrebtes Schlachtgewicht von 120 kg erreicht haben. Sie sind dann 230 – 260 Tage alt. Geschlachtet wiegen sie ca. 95 kg. Der reine Fleischanteil nach Abzug der Knochen, Sehnen und Schwarte, etc. beträgt ca. 65 kg. Gefüttert werden die Schweine mit eigenem Getreide, hauptsächlich mit Gerste. Ein Drittel der Ration besteht aus Körnerleguminosen, in der Regel Futtererbsen, Lupinen und Ackerbohnen. Das Futter bereiten wir mit einer Mahlund Mischanlage zwei bis dreimal wöchentlich selbst zu. Für ein Kilo Schweinefleisch werden ca. 3 kg Getreide und 1,7 kg Körnerleguminosen verfüttert. Zusätzlich erhalten die Schweine Grassilage, aussortiertes Gemüse und Molke aus der Milchverarbeitung. Der Mist von Schweinen wird überwiegend in stark verrotteter Form als Dünger auf dem Gemüseacker verwendet. Er enthält viel Kalium. S chweine sind aufgeweckte und neugierige Tiere. Sie sind sehr ungeduldig und schreien, um schnell ihr Futter zu bekommen. Mit ihrer aktiven Wesensart bringen sie etwas ganz anderes in die Hofatmosphäre hinein, als die stoisch-melancholischen Rinder. Auch ihr Geruch ist unverkennbar, mir persönlich meist zu intensiv. In ihrer Nähe stinkt’s. Ursprünglich als Resteverwerter, in geringer Tierzahl, zur Abrundung des Hoforganismus gehalten, kommt ihnen jetzt eine weit größere Bedeutung zu. Die Fleischerei auf dem Hof braucht in der Regel wöchentlich 8 Schweine, in Zukunft wohl auch oft 12. Darauf stellen wir uns ein. Eine Sau gebärt im Jahr ca. 2 bis 2,2 mal 8 bis 12 Ferkel. Diese säugen dann ca. 7 bis 8 Wochen bei der Sau. Dann werden sie abgesetzt. Die Sau wird schon nach 5 bis 7 Tagen nach dem Abset- Der Beitrag der Schweinehaltung zum Betriebsgewinn ist vergleichsweise gering. Wirtschaftlichkeitsberechnungen liegen in einer Größenordnung von 15 bis 25 € Gewinn pro Mastschwein nach Abzug aller Kosten. Üblicherweise wird rechnerisch zwischen Ferkelerzeugung (Sauenhaltung) und Mast unterschieden. Die Mast beginnt ab 30 kg Lebendgewicht der Ferkel. In der Mast liegt der Zeitaufwand bei 1,5 Stunden pro Tier für die ganze Mastphase von ca.140 Tagen. Braucht ein Betrieb eine halbe Stunde länger pro Tier, das entspricht täglich 38 Sekunden, so verringert sich der Gewinnbeitrag um ca. 7,50 €. Zeit bedeutet natürlich auch Tierzuwendung. Nur bei guter Arbeitsorganisation und Aufmerksamkeit in der Begegnung mit dem Tier ist ein, wenn auch geringer, Beitrag zum Betriebsgewinn zu erzielen. |< Georg Lutz Hofbericht Spargel 31 Im nächsten Jahr ist es so weit! K ein anderes Gemüse wird im Frühjahr so sehnsüchtig erwartet wie der Spargel (Asparagus). Nach drei Jahren Vorbereitungszeit ist es im Frühjahr 2012 so weit. Der erste Gut-Wulfsdorf-Spargel aus eigenem Anbau wird gestochen. Den Gedanken, Spargel anzubauen auf Gut Wulfsdorf, hegte ich schon sehr lange. Meine Meisterarbeit hatte ich schon über Spargelanbau und Direktvermarktung geschrieben und habe immer gehofft, die theoretische Planung in der Meisterarbeit, auch mal in die Praxis umzusetzen. Nachdem sich die Märkte nach Jahren des Aufbaus zu einem stabilen und stetigen Betriebszweig entwickelt haben, bleibt mir dadurch jetzt mehr Zeit, mich dem Projekt Spargelanbau zu widmen. Wenn man sich für den Spargelanbau entscheidet, legt man sich für acht bis zehn Jahre fest. Erhebliche langfristige Investitionen in eine Dauerkultur müssen getätigt werden. Allein einen Hektar vorzubereiten und Spargel anzupflanzen kostet 10.000 Euro. Dann müssen noch diverse Maschinen zur Pflege, Aufbereitung und Kühlung angeschafft werden. Umso sorgfältiger muss die Vorbereitung sein, denn die Fehler, die in den ersten Jahren gemacht werden, können in den folgenden Jahren Auswirkungen auf Qualität und Ertrag und sogar auf die Lebensdauer der Anlage haben. Bevor der Spargel auf einer Fläche angepflanzt werden kann, muss die Fläche vorbereitet werden. Zweimal wird sie mit Gründünger aufgebessert. Dazu kommt noch Stallmist, der mit der Gründüngung tief in den Boden eingearbeitet und vermischt wird. Im Jahr darauf wird der Spargel Anfang April mit einer Pflanzmaschine in einem Reihenabstand von zwei Metern gepflanzt. Es kommen 15.000 Pflanzen auf den Hektar, wobei es sich um Speicherwurzeln mit der Krone handelt, die in die Erde abgelegt werden. Beim Pflanzen wurden gleichzeitig Tröpfchenschläuche unter die Spargelpflanze mit eingelegt, um später den Spargel wassersparend bewässern zu können. Im Pflanzjahr und im darauf folgenden Jahr wird der Spargel nicht gestochen. In dieser Zeit bildet er seine Speicherwurzeln aus und lagert darin Nährstoffe ein. Auch wenn der Spargel noch nicht gestochen wird, gibt es einige Pflegearbeiten, die im Laufe des Jahres erledigt werden. Es muss mehrfach das Beikraut reguliert werden, mit der Hand oder mit der Maschine. Dann sind von den Außenreihen her Spargelkäfer aufgetaucht, die abgesammelt werden mussten. Jetzt im zweiten Standjahr haben sich die Spargelpflanzen gut entwickelt. Das macht Mut für das kommende Jahr, wenn er das erste Mal gestochen wird. Ich bin schon ganz gespannt auf die Ernte und freue mich, den ersten Gut-Wulfsdorf-Spargel aus eigenem Anbau auf den Märkten anzubieten. |< Volker Andresen GUT WULFSDORF 32 Das Wachstum der Pflanzen Kompost S eit vielen Jahren beschäftigen sich die Menschen mit den offensichtlichen und noch ausstehenden Klimaveränderungen. Dabei wird immer deutlicher, wie große Auswirkungen unser tägliches Handeln hat und wie sehr alles mit allem zusammenhängt. Eine Kuh ist nicht nur ein erfreulicher Milchspender sondern auch ein rülpsender Klimakiller. Jede Pflanze, die wir in die Erde setzen und herausziehen wirkt auf die Umgebung. Durch unsere Ernährung und die dazu notwendige Landwirtschaft sind wir verbunden mit allen anderen Menschen und unserer gemeinsamen Zukunft. Auch in der Landwirtschaft entstehen Abgase, die zur Klimaveränderung beitragen. Immer wenn man etwas verwandelt, entstehen auch Abfallprodukte. Die Kuh verwandelt Gras in Milch. Dabei muss sie ab und zu rülpsen und scheidet Mist aus. Der Bauer verwandelt den Mist in Humus und damit in Nahrungspflanzen. Dabei werden u. a. Stickstoffverbindungen frei, die als klimaschädlich bekannt sind. Das lässt sich nicht ganz vermeiden, ist aber sehr viel weniger, als beim Einsatz von chemischem Dünger entsteht, abgesehen von dem sehr viel geringeren Energieaufwand. Es sind aber auch viele kleine Dinge, mit denen man Positives oder Negatives bewirken kann. Ich habe mich der Kompostherstellung aus Pflanzenabfällen gewidmet. Die Umwandlung und Verwertung der vielen pflanzlichen und tierischen Abfallprodukte spielt in der biologischen Landwirtschaft eine wichtige Rolle. Gerade, wenn man sich in die biologisch-dynamische Anbaumethode vertieft, kann man viele Anregungen finden, wie wir gesunde Pflanzen und Tiere haben können und gleichzeitig das Klima möglichst wenig belasten. Dazu gibt es viele Forschungs- und Erfahrungsberichte. In den 10 Jahren, in denen ich die Kompostherstellung betreibe, habe ich erlebt, dass das Wachstum der Pflanzen jedes Jahr anders ist. Ich habe viel dazu gelernt und nehme die fortschreitende Entwicklung und Veränderung wahr. Die Faktoren, mit denen ich an den Kompostmieten arbeite sind: Größe, Zusammensetzung, Abdeckung und Pflege durch Wässern. Es gilt dieses Zusammenspiel zusammen mit dem Faktor Wetter wahrzunehmen und zu verfeinern, wobei sich meine Grundmethode über die Jahre bewährt hat. Ein Ergebnis können Sie in der warmen Jahreszeit immer vor dem Hofladen sehen. Das sind die Zierstauden und Kräuter, die auf den Haufen wachsen. Manche Hobby-Gärtner kaufen auch die fertige Erde (innerhalb von 6 bis > Hofbericht Energieversorgung 33 Photovoltaik A ußerhalb des eigentlichen Hofgeländes in Richtung Norden, angrenzend an unsere Kartoffelscheune, ist 2010 eine 900 m² große Gemüse- und Maschinenhalle errichtet worden. Zwei Kühlräume mit einem Fassungsvermögen von zusammen 400 Großkisten bieten nun optimale Lagerbedingungen für 120 to Lagergemüse und die Samenträger aus der Gemüsezüchtung. Die Gestaltung des Außengeländes ist noch nicht abgeschlossen. zu reduzieren. Der PV-Markt hat sich aber weit lebhafter entwickelt, als ursprünglich erwartet. In der Folge wurde die Einspeisevergütung in den vergangenen Jahren viel stärker reduziert. Strom aus PV-Anlagen wird immer günstiger produziert. Für die im Dezember 2007 in Betrieb genommene Anlage haben wir netto ca. 4.000 €/kW Leistung bezahlt und erhalten eine Vergütung von 49,21 Cent/kW. Die in 2011 errichtete Anlage hat „nur“ noch ca. 2170 €/kW Leistung Ob dies noch bis zum Frühjahr gelingt, ist ungewiss. Die Südseite des Daches wurde mit einer Photovoltaikanlage belegt, die eine Leistung von 60 kW hat und ca. 55.000 Kilowattstunden Strom pro Jahr erzeugt. Ein Teil davon wird direkt in der Halle und in der angrenzenden Getreide- und Kartoffelscheune verbraucht. Der Hauptteil wird ins öffentliche Netz eingespeist. Dies ist nun unsere dritte Anlage. Im Dezember 2007 ging unsere erste Anlage in Betrieb. Die Einspeisevergütung wird ab Inbetriebnahme für 20 Jahre garantiert. Im Erneuerbare-EnergienGesetz war ursprünglich angedacht die Einspeisevergütung für neue Anlagen jährlich um 5 % Fortsetzung: Kompost 9 Monaten herangereift), die fast aussieht wie Blumenerde, aber keinen Torf enthält. Zusätzlich zur Komposterde und den Pflanzen ist auf dem Gut Wulfsdorf noch etwas Überraschendes entstanden, mit dem ich selbst nicht gerechnet habe. Das war zunächst eine Ich-AG (als es das noch gab). Allmählich wurde meine selbständige Gärtnerei daraus. Wahrscheinlich die kleinste Vollerwerbsgärtnerei ohne Gewächshäuser überhaupt. gekostet. Die Einspeisevergütung wurde innerhalb der 4 Jahre auf 28,05 Cent/kW reduziert, das heißt, sie ist im Vergleich zu 2007 fast halbiert worden. Dennoch hat die Rendite der neuen Anlage eine ähnliche Größenordnung von ca. 6 – 7 % des eingesetzten Kapitals, da der Anlagenpreis sich ebenfalls fast halbiert hat. Die Anlage ist zu 90 % mit Fremdkapital finanziert worden. Der Hauptteil der Verzinsung kommt somit erstmal der Bank zugute. Hier kann man eine Existenzgründung ohne Startkapital auf nicht mehr als 1000 m² anschauen und möglichst nachmachen. |< In den Folgejahren wird die Einspeisevergütung weiter stark sinken. Die Anlagenpreise aber ebenfalls. Wir werden noch weitere Anlagen errichten. Bisher decken die drei Anlagen ca. 2/3 unsers Stromverbrauchs. Laut Berechnung der Installationsfirmen werden ca. 85.000 kg CO2Emission jährlich eingespart, was einer Kilometerleistung von 500.000 bei einem PKW mit 170 g CO2/k entspricht. |< Harro Tiede Georg Lutz GUT WULFSDORF 34 Gleich nach den Ferien der Kartoffeltag Was wäre ein Tag ohne Abwasch? N atürlich schreibe ich etwas für unseren Hofbericht, sagte ich vor einigen Wochen. Aber wovon möchte ich denn berichten? Soll es sich um diesen berühmten Kartoffeltag handeln? Oder… von meinem Urlaub in Salecina, meinen Sommerferien in der Schweiz? Mit kochendem Motor auf dem Julierpass, wobei mich beim Versuch weiterzukommen eine Schweizer Kuhherde verständnisvoll beobachtete. Meine Freundin war weniger verständnisvoll. Wir waren auf dem Weg zu einem selbst verwalteten Tagungshaus, um an einem kritischen Europaseminar teilzunehmen. Europa macht sich nämlich ganz schön dick und groß, zum Beispiel den Afrikanern gegenüber. Dazu lasen wir eine Woche lang Texte, hörten Erfahrungsberichte und diskutierten miteinander. Die Unterkunft ist selbst verwaltet, was bedeutet, dass dort von den Gästen selbst geputzt und gekocht wird. So lernt man auf spielerische Art die anderen Gäste kennen, spart Franken und logiert in einer umwerfenden Berglandschaft. Von der Hintertür aus konnten wir in Tagesmärschen Berge besteigen oder Gletscher erreichen. Gleich nach den Ferien stand der Kartoffeltag vor der Tür. Ein Event, das doch in gewissem Maße den ganzen Hof in Aufregung versetzt. Auf jeden Fall ist es ein total gutes Gefühl, so viele Leute empfangen zu dürfen und von so vielen Leuten Hilfe zu bekommen – von unseren lieben Nachbarn von Allmende und Wilde Rosen, Hofbericht 35 wird aber schon etwas höher in der Spülküche, je mehr Menschen auf Gut Wulfsdorf eintreffen. Es herrscht eine feuchtfröhliche Stimmung, bei der man tut, was man kann. Es ist so feucht, dass Gummistiefel und Plastikschürzen keine schlechte Ausrüstung sind. Wird der Boden der Spülküche allerdings zu nass, kann es wiederum auch sein, dass es mit den Gummistiefeln etwas rutschig wird. Eltern aus der Farmsener Waldorfschule und von wer weiß wem allem - ein richtiges Volksfest. So langsam werden wir auch, hmm, recht professionell, bleiben ruhig bei den Vorbereitungen und gehen das Fest gelassen an. Naja, ein großes Stück Organisation geht auf das Konto von Martina und Elisabeth. Wir brauchen eigentlich nur noch den Hof zu fegen, Tische aufzustellen oder den ganzen Tag den Abwasch zu machen. Dieses Abwaschen ist der Hit. Den ganzen langen lieben Kartoffeltag wird schmutziges Geschirr von einem speziellen Sammelteam unkoordiniert in die Küche hinein getragen. Unsere Aufgabe ist es dann dies von Essensresten, Servietten und Senf zu befreien und schnellstens durch die Spülmaschine zu befördern, weil das genannte Sammelteam dauernd nach sauberen Sachen schreit - uns anschreit… äh, das wollte ich natürlich nicht sagen. Der Geräuschpegel Vorsicht ist geboten, denn das Geschirr will fein säuberlich sortiert, heile und trocken die Küche schnellstens wieder verlassen. Denn wer will schon sein Würstchen vom Kuchenteller essen. So ist es auch wichtig, dass alle ihren Platz und ihre Aufgabe kennen, denn diese verlangt eine Detailkompetenz. Wer gerade Teller spült sollte also nicht die Tassen sortieren und wer Servietten entsorgt, nicht die Spülmaschine bestücken. Tut mensch es doch, entsteht genau der lustige Reigen, der Spülen auf dem Hoffest bedeutet und attraktiv macht. An dieser Stelle einen herzlichen Dank den Waldorfeltern, die den ganzen Tag abgetrocknet haben. Wir und hoffentlich alle Leser/innen sehen dem nächsten Kartoffeltag 2012 sehnsüchtig entgegen. |< Kontakt Tagungshaus: www.salecina.ch Jan Koning und Anya Getrost GUT WULFSDORF 36 Initiativkreis Gut Wulfsdorf e.V. Hofführungen I m Auftrag des gemeinnützigen Vereins „Initiativkreis Gut Wulfsdorf e.V.“ erkunden wir seit März 2011 mit verschiedenen Kinder- und Erwachsenengruppen den Hof, die Ställe, Wiesen und Felder. Erika Becker: „Als Sozialpädagogin und selbst auf dem Bauernhof aufgewachsen, habe ich in meiner beruflichen Tätigkeit in der Kindertagesstätte immer viel Wert darauf gelegt, den Kindern die Praxis der ökologische Landwirtschaft bei unseren Besuchen auf dem Gut Wulfsdorf zu zeigen und sie möglichst viel erleben zu lassen. Ich freue mich sehr, nun als Hofführerin dies mit vielen Menschen weiter tun zu können.“ Barbara Thormählen: „Für die Entwicklung des Ökotourismus viele Jahre im Ausland unterwegs, übten seit meiner Rückkehr nach Hamburg das Gut Wulfsdorf und seine nähere Umgebung eine starke Anziehungskraft auf mich aus. Ich empfinde es als großes Glück in unmittelbarer Nachbarschaft des Gutes zu leben und freue mich besonders, dass meine zwei kleinen Kinder hier aufwachsen können. Mir ist es eine Herzensangelegenheit, bei vielen Kindern und Erwachsenen das Interesse für einen wertschätzenden und respektvollen Umgang mit Nutztieren und für die nachhaltige biologisch-dynamische Landwirtschaft zu wecken.“ Susanne Orosz: „Ich bin Kinder- und Jugendbuchautorin, und es ist mir sehr daran gelegen, nun auch in direkter Erfahrung, Kindern und Jugendlichen, die Bedeutung gesunder Ernährung und biologischer Landwirtschaft zu vermitteln. Bei den Hofführungen freue ich mich über die Wissbegier, Spontaneität und Begeisterungsfähigkeit der Kinder, die sich besonders zeigt, wenn wir gemeinsam Antworten auf ihre Fragen finden, sie etwas tun können und die hier erzeugten Produkte probieren dürfen.“ schaft mit behinderten Menschen gearbeitet. Nachdem ich dann beruflich ganz auf die Arbeit mit Kindern- und Jugendliche umgesattelt habe, ging mir der direkte Bezug zur Landwirtschaft leider etwas verloren. Es gefällt mir sehr, nun wieder auf einem Bauernhof unterwegs sein zu können und Fragen wie: „Fressen die Gänse auch Kartoffeln?“ zu beantworten.“ Direkte Begegnungen mit Kühen, Schweinen, Schafen, Hund und Huhn sind aus allernächster Nähe möglich und manche BesucherInnen sind erstaunt: eine Kuh frisst 100 kg Gras am Tag, Schweine halten ihren Schlafplatz im Stall blitzsauber, Schafen schmeckt in der Hand gereichter gequetschter Hafer sehr gut.... Wir erklären wie die Kühe im Melkstand gemolken werden und was mit ihrer Milch geschieht, erzählen welches Futter wir für die Mastschweine anbauen, wozu der Mist unserer Tiere gebraucht wird, was die biologisch-dynamischen Präparate bewirken..... In der Holzofenbäckerei gibt es frische, noch warme Brötchen zu essen, im Herbst buddeln wir gemeinsam Kartoffeln aus, ernten Möhren und anderes Gemüse. Im Rinderstall riechen wir am „Sauerkraut“, der Silage, für die Kühe und Ochsen und helfen beim Füttern.... Im vergangenen Jahr waren wir mit einer großen Zahl von Gruppen unterwegs und haben das Gut Wulfsdorf gemeinsam erkundet, Wissen und Erfahrungen mit unseren BesucherInnen ausgetauscht, erweitert und gefestigt, was allen großen Spaß gemacht hat. Wir freuen uns auf die Führungen im nächsten Jahr! |< Das Hofführungsteam Dorothea Gründel: „Nach Abschluss des Agrarbiologie-Studiums habe ich viele Jahre in der praktischen Landwirt- Hofbericht 37 GUT WULFSDORF 38 Der Werdegang zur Skulptur Arbeit am Stein erkennen. Vorstellungen entwickeln, wie sich Ansichten verändern. Nun liegt die Arbeit darin abzuschlagen, was zu viel ist. Währenddessen immer wieder die Stellen „schön“ machen, z.B. mit einem Stockhammer. Das entspannt den Blick und hilft wieder Übersicht zu schaffen. Mutig Flächen schaffen, Schlag um Schlag. Dazu die Flächen „spannen“, nach innen gebogen, von oben nach unten und seitwärts. Wichtig dabei, die Dominanz eines Teiles verringern. Also immer wieder betrachten, schauen was ich ge- E ndlich wieder im Atelier. Mit Spannung und Freude erblicke ich den Stein. Ein sonnendurchfluteter Tag, frühlingshafte Wärme. Schafe und kleinste Lämmer auf der Wiese. Aus dem Winterschlaf kommt der Stein, das Werkzeug. Die „Arbeitskluft“ ist noch eiskalt. Der Arbeitsplatz wird eingerichtet. Innehalten, wie ist der Werdegang zur Skulptur. 1. Betrachten 2. Beschreiben 3. Empfinden. Arbeitsgänge erfolgen. Der Spitzmeißel findet die (grobe) Form. Mit dem Zahneisen reduziert sich die Schlagkraft, um die Flächen feiner wahrzunehmen. Kanten werden mit dem Fischgrätschlag klarer herausgearbeitet – von außen nach innen – die Spitzen zeigen zur Fläche, sonst springt etwas ab, was nicht gewollt war. Methodisches Vorgehen und sich daran halten entscheidet über die Arbeitsweise. Übung bringt langfristig gute Ergebnisse. Klarheit und Gestaltung durch das Setzen der Grenzen - der Kanten. Dadurch gibt es Vorgaben oder ich gebe die Vorgaben. Eine Vorstellung über die Skulptur entsteht. Ich finde eine Orientierung an die ich mich halte, Schlag um Schlag. Verliere mich nicht im Hin und Her. Werden die Kanten gesetzt, entstehen Flächen, die sich ergeben. Verändere ich eine Seite, hat das Einfluss auf das Geschehen auf der anderen Seite. Die Dreidimensionalität macht habe, empfinden, wie der Stein auf mich wirkt. Wieder setze ich mir neue Ziele, dadurch verändert sich die Skulptur. Die Arbeitsschritte wiederholen sich solange bis ich mit dem Ergebnis zufrieden bin. Dann heißt es die Oberflächen glätten/ schmirgeln, einen Sockel zu finden und den richtigen Platz. |< Astrid Köhn Kontakt Bildhauerwerkstatt: Georg Weimer www.georgweimer.de oder 0179-59 88 413 Hofbericht Was kommt ? 39 Ausblick I n meinen Beiträgen habe ich (viel) über Geld, Rendite und Wirtschaftlichkeit geschrieben. Wie ich berichtet habe, wurde von einem Hamburger Senator entschieden, das Gut zu verkaufen. Daraufhin haben wir überlegt, unter welchen Umständen wir den Betrieb erwerben könnten und begonnen, an einer alternativen Eigentümerstruktur zu arbeiten. Die Gründung einer Bürger-Aktiengesellschaft war dabei ein Schwerpunkt der Überlegungen. Menschen, mit denen ich darüber im Gespräch war hatten viel Interesse sich zu beteiligen. Gerade vor dem Hintergrund der „Finanz- und Schuldenkrise“ haben immer mehr Menschen das Bedürfnis selbst Verantwortung für ihr Kapital zu übernehmen, anstatt es für unüberschaubare Bankgeschäfte zur Verfügung zu stellen. Nach dem politischen Wechsel hat sich die Stadt Hamburg nun gegen den Verkauf entschieden, die Idee der BürgerAktengesellschaft lässt mich dennoch nicht ganz los. Vom Zeitdruck entlastet, gilt es zu entscheiden, ob dieser Ansatz entwicklungsfähig ist. Unser (im letzten Hofbericht erwähntes) Interesse an Privatdarlehen, fand einen Zuspruch, der jenseits unserer Vorstellungen lag. In gewissem Umfang haben wir auch weiterhin Interesse, auf der Basis einer jährlichen Verzinsung durch Einkaufsgutscheine in Höhe von 5 % des Darlehensbetrages. In den vergangenen Jahren waren wir, neben dem laufenden Betrieb, sehr im äußeren Umkreis des Hofes tätig. Das waren vor allem Garten- und Landschaftsbauarbeiten für die Wohn- projekte Allmende-Wulfsdorf und Wilde Rosen, sowie der Umbau zweier dort stehender Altgebäude zu Wohnraum für Hofmitarbeiter und vermietbaren Räumen. Für die kommende Zeit werden wir uns mehr den Innenräumen unseres Hoforganismus widmen. Dazu zählen: * Renovierungsarbeiten am Haupthaus * Umgestaltungen im Hofladen mit dem Schwerpunkt der Erweiterung des Frischesortiments * Gestaltung der Organisationsstruktur auf Basis der Frage: Was ist schon vorhanden und was braucht es darüber hinaus, für die hier tätigen Menschen, um sich und ihr Tun im Hofganzen wieder zu finden? * Die Bedeutung unseres großen ökologischen Betriebes für die Natur und die Umwelt weiter erhöhen. Ökologische Landwirtschaft ist schon aus sich heraus ein guter Beitrag gegen das weitere Artensterben. Dennoch kann durch die gezielte Schaffung von spezifischen Biotopen und deren Vernetzung noch weit mehr für die heimische Flora und Fauna getan werden. * Für mich persönlich das Arbeitspensum reduzieren, ausgedehnter Urlaub machen, mir Zeit für die eigene Innenschau nehmen. |< Georg Lutz www.gutwulfsdorf.de gedruckt mit mineralölfreien Öko-Druckfarben auf Recycling-Papier