Passivhaus Kammelweg – Bauplatz B
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Passivhaus Kammelweg – Bauplatz B
BETO ZEMENT 14 Passivhaus Kammelweg – Bauplatz B s&s architekten / cornelia schindler – rudolf szedenik www.schindlerszedenik.at Städtebau – Gebäudekonfiguration Die Bauplatzkonfigurationen der beiden Projekte auf dem Kammelweg sind extrem unterschiedlich. Die unterschiedlichen Grundstückskonfigurationen bedingen unterschiedliche Gebäudetypologien. Der Baukörper auf dem nördlichen Bau platz (s&s architekten) wurde so gestaltet, dass ein beide Bauteile verbindender Platz entstand. Der Platz liegt im Süden des Bauplatzes. Zum Platz orientiert, befindet sich im Erdgeschoss der Großteil der Gemeinschaftsräume. Vom Platz aus betritt man den Hallenweg Richtung Ru dolfVirchowStraße. Die 3geschossige Halle, an die eine Querhalle angedockt ist, übernimmt unterschiedliche Funktionen. Ansicht von Südosten 2528_08_ZuB_2_08_ek.indd 14 Sie bildet die Erschließung der Wohnun gen und Gemeinschaftsräume und sie ist ein Ort des Verweilens, der Kommunika tion. Der Hallenweg kann auch für den südlichen Bauplatz die „Indoor“Nord SüdVerbindung übernehmen. Gebäude teile und interne Erschließung sind so vernetzt, dass Wohnungen und Gemein schaftsräume „indoor“ erreichbar sind. Entlang der Grundgrenze zum nordwest lichen Nachbargrund wird mit einer 3ge schossigen Bebauung, die außerhalb der thermischen Passivhaushülle liegt, ange baut. Über Brücken erreichbar, liegt der abgerückte Teil des Wohngebäudes. Im 3. Obergeschoss werden entlang der Grundgrenze zur BKL I ein Weg und Vor gärten situiert. Gebäudecharakteristik Trotz konsequent verfolgter bautechni scher Kriterien entsteht ein Gebäude, das zunächst als Passivhaus nicht er kennbar ist. Sowohl die Qualitäten einer kommunikativen städtebaulichen Konfi guration als auch kommunikationstaugli cher Gebäude werden, wie die Erreichung des Passivhausstandards, verfolgt. Weiters werden privaten Freiräumen und dem Öffnen der Wohnungen zu den Frei räumen große Bedeutung beigemessen. Um diese Qualität zu erreichen und den noch ein „robustes“ Passivhaus zu sichern, wird konsequent die konstruktiv thermi sche Trennung der Gebäudeteile bei der Gebäudekonzeption verfolgt. Die primä Foto: © Manfred Seidl 19.05.2008 8:04:51 Uhr ZEMENT + BETON 15 ren Volumina sind die beheizten Nutzflä chen, deren Außenhülle wird in Massiv bauweise errichtet. Es wird ein kompak tes „Passivhausvolumen“ konzipiert. Die lang gestreckte Halle bildet mit dem 3geschossigen NordSüdBaukörper (Gemeinschafts und Nebenräume) und der Querhalle eine Einheit, die vom Pas sivhausvolumen komplett konstruktiv und thermisch getrennt ist. Das Konzept setzt grundsätzlich keine neuen oder exotischen Komponenten ein, sondern verwendet ausschließlich vorhan dene und bewährte. Durch die konstruktive Trennung ist es möglich, Wärmebrücken zu minimieren. Diese bautechnische Lösung sichert eine einfache Bauausführung. Lageplan Grafiken: © s&s architekten Die Loggien bzw. Terrassen werden, als selbsttragende Konstruktionen, vor die beheizten Volumina gestellt. Es sind kaum thermische Verbindungen mit dem Haupt volumen vorhanden. Das Grundkonzept des Gebäudes erfüllt alle Punkte des Passivhauses: – Verlustminimierung der opaken Bauteile – passive Wärmegewinnoptimierung durch die Fenster 3. Obergeschoss Erdgeschoss – Nutzung von Erdwärmetauschern – Abluftwärmerückgewinnung – Restwärmebedarfszuführung durch ein automatisches Lüftungssystem – Nutzung der Massivbauteile als passive thermische Speichermasse (Heizung und Kühlung) 2528_08_ZuB_2_08_ek.indd 15 19.05.2008 8:04:57 Uhr BETO ZEMENT 16 Loggien aus Betonfertigteilen 2528_08_ZuB_2_08_ek.indd 16 Erschließungshalle Fotos: © Manfred Seidl Bautechnik Heizung, Lüftung Beheiztes und unbeheiztes Gebäude volumen sind konstruktiv getrennt. Die Fassade, die thermische Hülle, ist ein massiver Bauteil (Wärmedämmung und Betonfertigteil). Die Vorteile der massiven Wand sind die kostengünstigen und rela tiv einfachen Lösungen der Details (Attika, Fenster etc.) im Hinblick auf Vermeidung von Wärmebrücken und Erreichen von Luftdichtheit. Erschließung und Loggien stehen unabhängig vom Hauptbaukörper. Die Loggien sind aus gefärbten Sichtbe tonelementen. Üblicherweise werden Wohnungen aus schließlich über die Fenster belüftet. Der Nachteil dabei ist, dass erwärmte Luft ungehindert ins Freie strömt. In herkömm lichen Wohnungen werden 30 – 50 % der gesamten Heizenergie nur für die Erwär mung der Frischluft benötigt. Die Fens terlüftung führt zu einer unregelmäßigen Luftqualität im Raum. Die kontrollierte Be und Entlüftung sorgt in den Wohnungen für eine gleichmäßig gute Luftqualität, ohne dass die Fenster geöffnet werden müssen! Man kann aber selbstverständlich zusätzlich auch über die Fenster lüften. 19.05.2008 8:05:07 Uhr ZEMENT + BETON 17 Somit ist die kontrollierte Wohnraumlüf tung, über die die Heizverluste beim Lüf ten vermieden werden können, das Kern stück der Haustechnik im Passivhaus. Bei diesem Objekt wird die Außenluft im 1. Obergeschoss an der Außenfassade angesaugt. Im Zentrallüftungsgerät (Keller) wird die Kaltluft über einen doppelten Wärmetauscher geführt und durch die Fortluft erwärmt. So ist es möglich, die in der abgeführten „verbrauchten“ Luft ent haltene Wärme zu über 80 % an die zu geführte frische Luft zu übertragen. Die Heizenergie für die weitere Aufwär mung der Zuluft erfolgt über die Fern wärme. An besonders kalten Tagen kommt zusätzlich ein Fundamentabsorber zur Anwendung, der in der Bodenplatte unter der Tiefgarage eingebaut ist. Im Sommer ist auch eine Vorkühlung der Außenluft über den Fundamentabsorber möglich. Blau = kalte Bauteile Gelb = temperierte Bauteile Rot = Passivhaus Grafiken: © s&s architekten 2528_08_ZuB_2_08_ek.indd 17 19.05.2008 8:05:09 Uhr BETO ZEMENT 18 Die Beheizung der Wohnungen erfolgt über diese Zuluft. Zusätzliche, in jedem Aufenthaltsraum angebrachte Heizregister ermöglichen die unabhängige Regelbarkeit raumweise. Die Beheizung dieser Register wird über einen eigenen Heizkreis mittels Fernwärme bewerkstelligt. Es treten bei dieser Art zu lüften keine Zugerscheinungen auf, die Staubbelastung der Räume wird reduziert, Gerüche und „verbrauchte“ Luft werden kontinuierlich abgelüftet und das Risiko von Schim- Südansicht Schnitt Grafik: © s&s architekten Foto: © Manfred Seidl melbildung wird stark reduziert. Durch die hochwärmedämmende Gebäudehülle ist der Wärmebedarf so gering, dass eine Beund Entlüftungsanlage für komfortable Raumtemperaturen ausreicht. Passivhaus-Standard sorgt auch für niedrige Heizkosten. Rechnerisch liegt der Heizwärmebedarf (HWB) eines Passivhauses bei <15 kWh pro m2 Bruttogeschossfläche und Jahr. Der eigentliche Verbrauch ist natürlich vom individuellen Nutzerverhalten (Raumtemperatur, Lüftungsverhalten etc.) abhängig. Im Vergleich zum Altbau ist der HWB beim Passivhaus um das 7 – 15-Fache niedriger. Informationsveranstaltungen werden die zukünftigen BewohnerInnen der beiden Passivhäuser auf die Besonderheiten des Passivhaus-Konzepts aufmerksam machen, damit sich die Bewohner von Anfang an wohlfühlen. Die Warmwasserbereitung erfolgt über Fernwärme und zentral mit Zirkulationssystem. 2528_08_ZuB_2_08_K1_ek.indd 18 21.05.2008 7:53:40 Uhr ZEMENT + BETON 19 Besondere Merkmale: – doppelter Kreuzstromwärmetauscher mit mind. 80 % Wärmerückgewinnung – zentrale Luftfilterung mit Taschenfilter – Nutzung der Erdwärme durch Funda mentabsorber – individuelle Nachheizung der Zuluft über Warmwasserheizregister – Schalldämpfer in den Luftleitungen – reines Frischluftsystem für beste Luft qualität, keine Mischung mit Abluft – Wärmezähler für Heizregister pro Wohnung – Wärmezähler für Kalt und Warm wasser – Jahresheizwärmebedarf: <15 kWh/(m2a) – Heizlast: <10 W/m² Ökopass und Schadstoff vermeidung Der Ökopass belegt die zentralen Punkte der Nutzungsqualität und gibt so dem Wohnungsinteressenten die Sicherheit, eine Wohnung mit geprüfter, guter Quali tät zu kaufen bzw. zu mieten. Der Öko pass soll das Wohlbefinden durch ange nehme und „gesunde“ Verhältnisse in den eigenen vier Wänden entscheidend beeinflussen. Die ÖkopassKriterien wur den vom IBO – Österreichisches Institut für Baubiologie und ökologie GmbH – erarbeitet. Der Ökopass bewertet ein Wohnprojekt nach acht Kriterien, fünf zur Nutzerbe haglichkeit, drei zur Ökologie. Zentrale Kriterien für Wohnqualität sind Schall schutz, Innenraumluftqualität, Elektromag 2528_08_ZuB_2_08_ek.indd 19 netische Qualität, Behaglichkeit im Som mer und Winter sowie Helligkeit und Be sonnung. Die ökologischen Kriterien sind ökologische Qualität von Baustoffen und Konstruktionen, Gesamtenergiekonzept und die Wassernutzung. Schadstoffver meidung durch Chemikalienmanagement sichert gute Innenraumluft der unmöb lierten Wohnung. Bei beiden Projekten wird das Regen wasser versickert. Ein eigens angelegter Hausbrunnen wird während der Wachs tumsperiode zur Grünraumbewässerung herangezogen. In den besonders wachs tumsintensiven Sommermonaten fehlt es oft an Niederschlägen, daher hilft der Brunnen wertvolles Trinkwasser zu spa ren. Das von „bauXund“ entwickelte Chemi kalienmanagement kommt bei beiden PassivhausProjekten zur Anwendung. Dies bedeutet eine 90%ige Reduktion des Einsatzes von gesundheitsschädli chen Lösungsmitteln, die üblicherweise in Klebern, Farben, Lacken etc. einge setzt werden. Den Anliegen und Bedürfnissen von Kin dern und Jugendlichen wird besonders Rechnung getragen. Freiraum Für beide PassivhausProjekte wie auch für das benachbarte Projekt des Bauträ gers Gesiba wird von der Landschafts planerin Prof. Andrea Cejka ein großzügi ger, gemeinsamer Freiraum gestaltet, der u. a. über einen ca. 500 m2 großen Kin derspielplatz mit Spielwildnis verfügt. Die bauplatzübergreifende Freiraumge staltung besitzt einen hohen ökologischen Wert. Nach ökologisch orientierten As pekten werden Materialien und Bepflan zung ausgewählt und Oberflächenversi ckerung durchgeführt. Generell werden heimische Pflanzenarten verwendet und Wiesenflächen in den offenen Grünberei chen angelegt. Wegebelege werden ver sickerungsfähig ausgeführt und eine Re tentionsmulde für die Oberflächen und Dachwasserversickerung eingebaut. Aus stattungen für Spielplatz und Sitzgelegen heiten sind nach ökologischen Kriterien gewählt und auf Nachhaltigkeit und Wie derverwertbarkeit geprüft. Adresse: 1210 Wien, RudolfVirchowStraße Architektur und Gesamtplanung: s&s architekten / cornelia schindler – rudolf szedenik Bauträger: WE pro Bauträger Freiraum: Cejka+Hutterreimann Statik und Bauphysik: Mischek ZT GmbH Haustechnik: Allplan Grundstücksfläche: 5.706 m2 Bruttogeschossfläche: 12.890 m2 Kubatur: 36.785 m3 Wohnnutzfläche (inkl. Loggien): 8.330 m2, 89 Wohnungen 19.05.2008 8:05:17 Uhr
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