Dokumentation der Konferenz
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Dokumentation der Konferenz
Dokumentation der Konferenz „Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt ,Toleranz‘!“ Leipzig, 05. Juni 2010 INHALTSVERZEICHNIS A. VORWORT 1.) VORTRÄGE 1.1 „Ausländerbeirat – demokratische MigrantInnenvertretung oder Feigenblatt für fehlende politische Rechte? Dimitrios Ambatielos 1.2 „Fakten und Ziele der Ausländerpolitik in Sachsen“ Martin Strunden 1.3 „Besser als nix? Potentiale und vergebene Chancen des Entwurfes für ein sächsisches Integrationskonzept." Johanna Stoll 1.4 „Mitspielen statt zugucken. Anleitung zur Partizipation“ Valentina Campanella 2.) ERGEBNISSE DER WORKSHOPS 2.1 Workshop 1 Ohne Partizipation keine Integration – Der Blick in mehrheitsdeutsche Organisationen und Strukturen 2.2 Workshop 2 „Do it yourself“ Partizipation durch MigrantInnen selbst 2.3 Workshop 3 Förderungskatalog für ein Sächsisches Konzept zur Partizipation von MigrantInnen 3.) POSITIONSPAPIER ZUM SÄCHSISCHEN INTEGRATIONSKONZEPT 3.1 Deutsche Fassung 3.2 Englische Fassung 3.3 Spanische Fassung 3.4 Russische Fassung 3.5 Vietnamesische Fassung 3.6 Arabische Fassung 3.7 Französische Fassung 4.) INTERVIEWS DES TAGES 5.) EIN ERSTER SCHRITT ZU MEHR MITBESTIMMUNG GRÜNDUNG VON PRODIALOG E.V. B. SCHLUSSWORT TEILNEHMENDE VEREINE DANKSAGUNG Koordination: Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. Domplatz 5 04808 Wurzen Tel: 01785445807 Mail: buero@tolerantessachsen.de Vereinsregisterauszug: VR 1097 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! A. VORWORT Sehr geehrte Damen und Herren, TeilnehmerInnen, liebe Mitglieder, liebe die vorliegende Broschüre ist die Dokumentation der Tagung „Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt ,Toleranz‘!“, die am 05. Juni 2010 im Geistes wissenschaftlichen Zentrum der Universität Leipzig stattgefunden hat. Das Kernthema der Tagung war die Partizipation von MigrantInnen in Sachsen. Bereits im November 2009 fand das 9. Landestreffen des Netzwerkes mit dem Titel „Integration ohne Teilhabe? Rassismus bekämpfen ohne MigrantInnen? Wege gelingender interkultureller Öffnung von Organisationen und Netzwerken“ statt. Ein Ergebnis des Landestreffens war die Forderung und der Wunsch nach einer Tagung, die sich dem Thema der Partizipation von Migrantinnen und Migranten in gesellschaftspolitischen Gremien widmet. Auf der Tagung wurden Impulsreferate gehalten, die unterschiedliche Perspektiven zum Thema „gleichberechtigte Teilhabe von MigrantInnen“ am gesellschaftlichen und politischen Leben aufzeigten. Zudem fanden Workshops statt, in denen die Teilnehmenden sich inhaltlich mit dem Thema auseinander setzen konnten. Ein Ergebnis dieser Workshops ist das gemeinsame Positionspapier des Netzwerkes ,Tolerantes‘ Sachsen und dem Sächsischen Migrantenbeirat. Mit der Tagung im Juni 2010 ist die Forderung nach einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Thema aufgegriffen worden. Die Tagung ist u.a. den Fragen nachgegangen: ,Welche Barrieren führen dazu, dass MigrantInnen in gesellschaftlich relevanten Bereichen wie Bildung, Politik und Soziales unterrepräsentiert sind?‘ sowie ,Welche Strategien gibt es, um ausgrenzende Prozesse aufzuhalten und umzukehren?‘. Das Netzwerk ,Tolerantes‘ Sachsen hat dem Thema Partizipation von Migrantinnen und Migranten in Sachsen, eine ganze Tagung gewidmet, zumal der Blick auf die Initiativen und die Vereinslandschaft in Sachsen zeigt, auch insbesondere in Hinblick auf MigrantInnen vertretungen, dass in diesen Interessen vertretungen Menschen mit Migrationshinter grund, Menschen mit Migrationserfahrung, People of Color und Schwarze Deutsche unterrepräsentiert sind. Es gibt kaum Teilhabemöglichkeiten von Migrantinnen und Migranten in politisch und gesellschaftlich relevanten Organisationen wie Ausschüssen, Gewerkschaften, Initiativen, Parteien und Vereinen. Migrantinnen und Migranten verstehen sich als Teil der Gesellschaft und als Teil der Gesellschaft haben sie das Recht in allen gesellschaftlichen Bereichen gleichberechtigt teil zu haben. Ohne das demokratische Recht auf Mitbestimmung kann keine Identifikation in einem Gemeinwesen stattfinden. Dieses Phänomen des sächsischen IstZustandes der NichtPartizipation von Migrantinnen und Migranten ist selbst im Netzwerk ,Tolerantes‘ Sachsen“ zu finden. Diese Tatsache ist dem Netzwerk in den letzten Jahren Bewusst geworden und daher hat es sich zur Aufgabe gestellt, dies zu ändern. Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. Zu einer demokratischen Alltagskultur gehört die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen. Jedoch engagieren sich viele MigrantInnen vertretungen und Antirassistische Initiativen fast ohne Beteiligung von Migrantinnen und Migranten. Dem entgegen steht die Forderung von migrantischen Organisationen nicht länger Objekt sondern Subjekt von politischen Engagement zu sein. Diese Forderung beinhaltet, dass Migrantinnen und Migranten nicht länger „einfach nur dabei sind“, sondern im Gegenteil aktiv und bewusst an der politischen Willensbildung teilnehmen und diese auch mitgestalten können. Seite 2 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! In dem verabschiedeten Positionspapier ist die Forderung zu lesen „KEINE MIGRANTEN VERTRETUNG OHNE MIGRANTEN!“. Eine Integrations oder besser gesagt eine Inklusionspolitik setzt voraus, dass Migrantinnen und Migranten gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilhaben können, denn ohne Partizipation kann keine Integration stattfinden. Daraus folgt, dass Migrantinnen und Migranten nicht länger Zuschauerinnen und Zuschauer sein sollten, sondern aktive Akteurinnen der und Akteure der politischen Willensbildung in Sachsen. Es kann an dieser Stelle nicht oft genug betont werden, dass die Partizipation für eine demokratische Inklusionsspolitik und Inklusionspraxis von großer Bedeutung ist. Denn die Inklusion von Personen mit Migrationshintergrund umfasst alle Bereiche des öffentlichen Lebens und muss daher auch auf administrativer Ebene als Querschnitts aufgabe wahrgenommen werden. Denn Integrationspolitik ist mehr als die Summe fachpolitischer Maßnahmebündel wie Integrationskurse, Sprachkurse etc.. Als politische Aufgabe zielt Inklusion darauf ab, ZuwandererInnen eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen, wirtschaft lichen, kulturellen und politischen Leben zu ermöglichen. Vor diesem Hintergrund kann die Tagung nur als Auftakt hin zu einer inklusiven Gesellschaft verstanden werden. Sotiria Midelia Antidiskriminierungsbüro Sachsen Sprecherin des Netzwerkes Sachsen Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. Tolerantes Seite 3 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! 1.) VORTRÄGE 1.1 „Ausländerbeirat – demokratische MigrantInnenvertretung oder Feigenblatt für fehlende politische Rechte?" Dimitrios Ambatielos (Dresdner Ausländerbeirat) Als der Ausländerbeirat in Dresden im Jahre 1996 gebildet wurde, waren 3 Jahre intensiver politischer Arbeit vorausgegangen. Der Beitrag von Migrantenvereinen und der Ausländer beauftragten der Stadt waren maßgeblich, um Fraktionen und Verwaltung zu überzeugen, dass bei der Bildung eines ABR lediglich um die Schaffung einer elementaren Mitbestimmungs möglichkeit für eine weitgehend rechtlose Minderheit ging, die schließlich auch in der Sächsischen Gemeindeordnung sehr vage, aber immerhin, enthalten war. Der ABR kam erst einmal auf der Grundlage von Vorschlägen, die der Stadtrat bestätigte. Die ersten Schritte dieses Gremiums, waren sich eine Satzung, eine Geschäftsordnung und eine Wahlordnung zu geben, nach der die ausländischen Kandidaten nicht bestellt, sondern von den AusländerInnen gewählt werden sollten, die dann vom Stadtrat bestätigt würden. Und so sind die Beiräte der letzten drei Legislaturperioden von einem – leider geringen – Teil der AusländerInnen gewählt worden. Es war von Anfang an klar, dass die Bildung des Beirates die Forderungen nach vollen politischen Rechten für alle MigrantInnen, nach der Einführung des kommunalen Wahlrechts nicht einstellen wird. Diese Forderung ist sogar Bestandteil der Satzung des Beirates, die manche jetzt rückgängig gemacht sehen wollen. Um sich nicht zum Feigenblatt machen zu lassen muss es mit aller Deutlichkeit und bei jeder Gelegenheit immer wieder gesagt werden, dass der Beirat nicht das non plus ultra der politischen Partizipation von MigrantInnen ist, sondern nur eine Form der Mitbestimmung, die dringend verbessert werden muss. Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. Dazu gehört die Bildung von Beiräten in Kommunen mit einem bestimmten prozentualen Anteil von Migranten und aufwärts, als eine MUSS und nicht als KANNBestimmung. Dazu gehört die direkte Wahl der Beiratsmitglieder ohne Umwege durch die MigrantInnen selbst, und keine feudale Thronisierung von Repräsentanten der „coloured nations“, wie sie mancherorts praktiziert wird. Die Subjekte, die Ausländer heißen, sind wohl in der Lage, selbst ihre VertreterInnen zu wählen, alles andere ist Entmündigung, die in einer demokratischen Gesellschaft nichts zu suchen hat. Dazu gehört auch die Erweiterung der Kompetenzen des ABR: Das Gremium muss beschließend sein, seine Umwandlung zu einem Ausschuss nach dem Vorbild des Jugendhilfe ausschusses ist notwendig und mehr als zeitgemäß. Der Ausländerbeirat wird wie die anderen städtischen Beiräte, wie z.B. der Kleingartenbeirat, der Seniorenbeirat, deren Beitrag und Bedeutung ich keinesfalls klein reden will, gleichbehandelt. Die Menschen aber die von diesen Beiräten vertreten werden, gehören zum Wahlvolk, sie können ihre Stadträte und Stadträtinnen wählen, ihre Landtags und Bundestagsabgeordneten. Die Möglichkeit ihrer politischen Partizipation ist gegeben, und ihre Beiratstätigkeit betrifft die jeweilige, gruppenspezifische Thematik. Diese Seite 4 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! „Gleichbehandlung“ hat zur Folge, dass der ABR in einer 5jährigen Legislaturperiode ganze 90 Stunden als Gremium in vollwertigen Sitzungen (mit Schriftführer und Entschädigung) den Problemen der Migrantinnen und Migranten in Dresden widmen kann (6 anerkannte Sitzungen im Jahr). Das sind 1,5 Stunden im Monat für ca. 40.000 Menschen mit Migrationshintergrund. Bei all der Kritik, möchte ich erwähnen, dass in bestimmten Bereichen die Zusammenarbeit gut funktioniert, und das bis jetzt aufgrund von Stellungnahmen des ABR, aufgrund von Vorlagen, die der Beirat unterstützte, und Stadtratsfraktionen in den Stadtrat einbrachten, positive migrationspolitische Entscheidungen getroffen sind. Ich nenne einige Beispiele: Die Benennung eines Platzes im Zentrum der Stadt nach dem Opfer eines rassistischen Mordes Jorge Gomondai Die Einführung der Bargeldauszahlung an die AsylbewerberInnen, damit sie sich selbst mit Lebensmitteln und anderen Waren versorgen können Die Verabschiedung des neuen kommunalen Integrationskonzeptes und des lokalen Handlungsplans gegen Rechtsextremismus Um objektiv zu sein, muss man sich auch an die eigene Nase fassen, und den Blick von außen nach innen richten: Die meisten Mitglieder, die zur Wahl angetreten sind, zeichnen der Wille und die Bereitschaft aus, sich einzusetzen für die Migrantinnen und Migranten der Stadt, über die Grenzen der eigenen Nationalität hinaus. Es ist klar, dass gute Wille allein, nicht reicht, um nützlich und erfolgreich zu sein. Das gilt für jedes Team, auch für einen Beirat. Durch ständige Qualifizierung können die Mitglieder fachliche Kompetenz erlangen, damit sie nicht nur nach Gefühl, sondern auch fachlich fundiert entscheiden können. durch die Wähler entwickelt wird, kann Phänomenen wie Desinteresse, Gleichgültigkeit und Tatenlosigkeit entgegengewirkt werden. Die Öffentlichkeit der Sitzungen wäre auch ein richtiger Schritt in diese Richtung. Der Blick von Dresden auf Sachsen und sein in Arbeit befindliches Integrationskonzept gerichtet: Das offizielle Sachsen sollte die Meinungsbildung auf Bundesebene zur Einführung des kommunalen Wahlrechts für alle Ausländer positiv beeinflussen, um unserer Ausgrenzung entgegenzusteuern und die Auswirkungen der NichtTeilhabe einzudämmen. Und da gibt es genügend Initiativen. Eine davon werde ich demnächst über den Ausländerbeirat und den Stadtrat die Rathausspitze aufrufen, sich anzuschließen. Das Argument der Erlangung des Wahlrechts durch Einbürgerung ist zumindest in Sachsen ziemlich wacklig. Die Zahl der eingebürgerten Personen ist sehr gering, und die Einbürgerungsbehörden haben sehr lange Bearbeitungszeiten haben (743 Einbürgerungen in Sachsen im Jahre 2008, Bei diesem Tempo müssen Staatsbürgerschaften auch Posthum erteilt werden. Politische Partizipation von MigrantInnen wird nicht nur durch die Einführung des Wahlrechts erreicht. Das ist sicherlich ein notwendiger und wichtiger Schritt, aber nicht der einzige. Besonders wichtig ist die politische Bildung von MigrantInnen, die Ausarbeitung von Strategien und Maßnahmen, die geeignet sind, den Grad an Autonomie und Selbstbestimmung in unserem Leben zu erhöhen und die es uns ermöglichen, unsere Interessen mit eigener Macht, selbstverantwortlich und selbstbestimmt zu vertreten und zu gestalten. Auch die MigrantInnen, einzeln und in ihren Selbstvertretungen sollen nicht locker lassen, und die Beiratsmitglieder immer wieder in Rechenschaft ziehen, sie fragen, was sie für sie tun, wie sie sich einbringen. Wenn das Bewusstsein einer demokratischen Kontrolle Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. Seite 5 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! 1.2 „Fakten und Ziele der Ausländerpolitik in Sachsen“ Martin Strunden (Sächsisches Staatsministerium des Innern) Was ist das Interesse des Innenministeriums an Veranstaltungen zur Ausländerpolitik? Das Wissen über Ausländer in Sachsen ermöglicht Verständnis für die besondere Schwerpunkt setzung der sächsischen Ausländerpolitik. Sachsen hat bessere Voraussetzung für eine Integration der hier lebenden Ausländer. Sachsen bereitet sich auf notwendige Zuwanderung von qualifizierten Ausländern vor. In Ostdeutschland ist der Ausländeranteil wesentlich geringer als in Westdeutschland. In Ostdeutschland in den Landkreisen mit einen Durchschnitt von 2 bis 3 Prozent. Und in West deutschland mit einen durchschnittlichen Anteil von 9 Prozent. Alle Landkreise in Sachsen bis auf Görlitz haben einen Ausländeranteil von etwas unter 1,5 Prozent und die in den drei Städten liegt der Ausländeranteil um ca. 5 Prozent. Zu diesem Bild passt die vorherrschende Meinung „es gibt zu viele Ausländer“ nicht. Die Ausländer in Sachsen kommen auch aus anderen Ländern als in Westdeutschland. Die in allen westdeutschen Ländern mit Abstand größte Gruppe unter den Ausländern sind die Türken. Der Anteil der Türken unter den Ausländern in Westdeutschland liegt stets oberhalb von 20 Prozent. In Sachsen und in anderen Ostdeutschen Ländern sind nur 5 Prozent der Ausländer Türken. Das ist für den Verlauf der Integrationskultur wichtig. Konflikte oder Diskussionen, die sich im Zusammenhang mit Integration immer wieder einstellen, haben häufig einen Hintergrund im Aufeinandertreffen von muslimischer und christlicher Kultur. Unter den Türken ist der Anteil der Muslime etwa 70 Prozent. Weil aber in Sachsen nur 0,1 % der Bevölkerung Türken sind, werden hier andere Integrationsdebatten geführt als in West deutschland. Eine sehr starke Gruppe der in Sachsen lebenden Ausländer wird bestimmt durch drei Nationalitäten, nämlich Polen, Russen und Ukrainer. Das sind integrationspolitisch Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. betrachtet christliche Europäer. Die Osteuropäer haben teilen mit Westeuropa einen gemeinsamen christlichen Glauben und die europäische Geschichte. Das heißt für ein gemeinsames Zusammenleben, für das Kultur und Religion eine Basis bieten: In Sachsen ist von einem integrationspolitisch erfolgver sprechenden Ansatzpunkt auszugehen. Das gilt aus anderem Grund auch für die stärkste Nationalität in Sachsen, die Vietnamesen. Integrationspolitisch bemerkens wert ist, dass 70 Prozent der vietnamesischen Kinder das Gymnasium besuchen, aber nur 50 Prozent der Deutschen. Die Nähe zu Bildung, das Streben nach Aufwärtskommen ist in dieser Gruppe sehr stark ausgeprägt und deshalb ist das eine Gruppe, die begrüßenswerte und gute Integrationserfolge erzielt und erzielen wird. Zusammengefasst: In Sachsen stellt sich die Frage der Integration und der Ausländerpolitik unter anderen Vorzeichen als im Bundes durchschnitt. Weil in Sachsen deutlich weniger Ausländer leben und die große Mehrheit von ihnen einen kulturhistorisch europäischen Hintergrund hat. Welche Ziele und welche Grundlagen folgen daraus für Ausländerpolitik in Sachsen? Natürlich ist die Ausländerpolitik auch sicherheitspolitisch geprägt. Spätestens seit dem 11. September ist jedem klar, dass das Aufenthaltsrecht Möglichkeiten bieten muss, Personen mit terroristischem Hintergrund von Deutschland fernzuhalten. Auch die Ausländer behörden in Sachsen achten darauf und greifen gegebenenfalls konsequent durch. Ich denke aber, dass das Instrumentarium des Aufent haltsrechts ausreichend ist und in den nächsten Jahren sind keine grundlegenden Veränderungen oder Verschärfungen aus Berlin zu erwarten. Die zweite Säule der klassischen Ausländer politik ist die Verpflichtung zur Humanität. Flüchtlingspolitik kein Feigenblatt ist, sondern eine Verpflichtung unseres Rechtsstaates. Menschen, die Hilfe brauchen, erhalten in Sachsen Hilfe. Die Anerkennungsquote des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge liegt zwischen 30 bis 40 Prozent. Die Zahlen der Seite 6 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! Flüchtlinge sind in den letzten Jahren stark zurückgegangen. 1993 wurde vom Bundestag der Asylkompromiss beschlossen. Ein wichtiger Bestandteil war die sogenannte Drittstaaten lösung. Danach ist ein Rückgang der Asylbewerber auf ein Viertel zu verzeichnen. In den letzten Jahren haben wir einen Tiefstand erlebt. Das waren im Jahr 2007 beispielsweise in Sachsen ca. 900 Asylbewerber. Ein leichter Anstieg in den Jahren danach hängt mit den politischen Verhältnissen im Irak und in Afghanistan zusammen. In diesem Jahr stabilisieren sich die Flüchtlingszahlen aber wieder. Wie ist die Zahl der Asylbewerber, die nach Sachsen kommen, einzuordnen? Im Jahr 2009 sind insgesamt knapp 20‘000 Personen nach Sachsen gekommen. Davon waren etwa 1‘500 Asylbewerber. Das ist ein Anteil von nur ca. 6 % und dem steht eine andere Zahl gegenüber: Etwa 4‘500 Studenten aus dem Ausland haben in Sachsen ihr Studium begonnen und sich als Erstsemester immatrikuliert. Das ist nahezu ein Viertel aller Zugezogenen! Fast Dreiviertel der Zugezogenen kommt, um hier zu arbeiten und bringt Familie mit. Auch mit Blick auf die Nationalitäten zeigt sich ein eindeutiges Bild: Über 60 Prozent kommen aus Europa oder Amerika. Eine weitere große Gruppe kommt aus dem asiatischen Raum. Das ist vor allem der Familienzuzug zu den hier lebenden Vietnamesen und eine große Gruppe chinesischer Studenten. Nach den Fakten hat Sachsen eine sehr gute Ausgangslage für Integrationserfolge. Die Debatten, die in Berlin oder in Westdeutschland geführt werden, sind in Sachsen verfehlt. An diesem Punkt setzt die Ausländerpolitik im Sächsischen Innenministerium mit einem neuen Schwerpunkt an: Zugewinn, Förderung der Zuwanderung qualifizierter Ausländer. Das heißt: Der demographischen Entwicklung entgegen zu arbeiten. Der Blick auf die Bevölkerungszahlen ist eindeutig: Die Bevölkerung wird bis 2020 auf 85 Prozent schrumpfen. Die Gruppe der Erwerbs personen in der Bevölkerung wird über Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. proportional abnehmen. Konkret: Die Erwerbs tätigen werden bis 2020 auf 75 Prozent abnehmen. Ab 2014 werden mehr Personen aus dem Erwerbsleben ausscheiden, als in das Erwerbsleben eintreten. Die Wirtschaft und die IHKn berichten in einzelnen Branchen von Fachkräftemangel. Beispielsweise bei Ärzten und Ingenieuren. Das demographische Problem wird durch Zuwanderung bislang nicht beeinflusst. Dem Zuzug von knapp 20.000 Ausländern steht ein Wegzug von ebenfalls 20.000 gegenüber. Das war auch in den letzten Jahren ähnlich. Die Wanderungssalden waren nur in den neunziger Jahren deutlich positiv. Ursächlich waren vor allem die Öffnung der osteuropäischen Länder und die Möglichkeit, die sich den Spätaussiedlern eröffnet hat. Der Wanderungs saldo der Deutschen ist seit Jahrzehnten negativ. Wie kann qualifizierte Zuwanderung für Sachsen generiert werden. Einen Ansatzpunk bietet eine weitere sächsische Besonderheit:: Der Anteil der Studenten unter den Ausländern ist drei mal so hoch wie der Bundesdurchschnitt. Wie könnten sich mehr ausländische Studenten als bisher zu einer Perspektive in Sachsen entschließen? Denn integrationspolitisch sind ausländische Stu denten hochinteressant: Menschen, die eine hohe Qualifikation haben, die die deutsche Sprache offensichtlich beherrschen, die in Deutschland für gewöhnlich integriert sind. Einzelne sächsische Hochschulen versuchen gezielt dafür zu werben, Studenten im Land zu halten. Ein Weg geht über Berufspraktika, mit denen ausländischen Studenten ganz gezielt Verbindungen in die Wirtschaft und zu Unternehmen geboten werden, damit sie Perspektive und Anknüpfungspunkte in Sachsen finden. Das Innenministerium arbeitet zusammen mit dem Wirtschaftsministerium, mit dem Wissen schaftsministerium, mit dem Sozialministerium, um die Zuwanderung von qualifizierten Fachkräften gezielt zu fördern. Dazu gehört auch, in der Bevölkerung die Aufnahme bereitschaft für Ausländer in der Gesellschaft zu stärken. Die Staatsregierung geht gegen Seite 7 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! bestehende Vorurteile an und informiert. Denn die Fakten über die in Sachsen lebenden Ausländer widerlegen die Vorurteile und geben eine günstige Prognose für die Integration von künftig zu uns kommenden qualifizierten Fachkräften. 1.3 "Besser als nix? Potentiale und vergebene Chancen des Entwurfes für ein sächsisches Integrationskonzept" Johanna Stoll (Sächsischer Flüchtlingsrat) (Stand des Sächsischen Integrationskonzeptes vs. Rambøll Studie, Probleme & Potentiale) Das Sächsische Integrationskonzept ist auf dem Weg (3 Jahre nach dem Nationalen Integrationsplan (Juli 2007) & 1,5 Jahre nach Vorlage der Rambøll – Studie (Dezember 2008) Wozu brauchen wir – die Zugewanderten und die hier Geborenen – ein Integrationskonzept? Lohnt sich der Aufwand in Sachsen mit seinem extrem niedrigen Anteil an MigrantInnen? Der Bedarf an integrationspolitischen Regularien wurde bundesweit seit 2005 in vielen Studien und unter verschiedenen Gesichtspunkten untersucht, z.B.: Bonner Institut für Wirtschaft und Gesellschaft: „Von Verlierern und Gewinnern Die Einkommensentwicklung ausgewählter Bevölkerungsgruppen in Deutschland“, 2008. Mit der Situation in Sachsen beschäftigte sich die Studie von Rambøll Managemet: Integration von Zuwanderern im Freistaat Sachsen“, 2008. Aber auch Studien mit anderen Fragestellungen, z.B. Uni Bielefeld, Heitmayer: Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit zeigen für Sachsen integrationspolitische Handlungsbedarfe auf. In einzelnen Integrationsfeldern ergeben sich aus den Studien folgende Bilder: a) Sprache Bund 74% der Ausländer sprachintegriert 43% der Ausländer/innen der 1. Generation 96% der 2. Zuwanderergeneration 26% Prozent sind bezüglich Sprache weniger integriert. Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. Sachsen Unterschiede in der Verfügbarkeit von Integrationskursen zwischen Städten und Kommunen (Anteil MigrantInnen) Probleme besonders der 1. ZuwanderInnen generation Zusammenhang zwischen Arbeit und Sprach erwerb bleibt offen b) Bildung Bund 28% der Zuwanderer sind als bildungs integriert zu bezeichnen darunter 9% der Ausländer/innen der 1. Generation 70% der Zuwanderer der 2. Generation 27% der Eingebürgerten 39% der Aussiedler 61% sind weniger integriert Sachsen Sächsisches Konzept zur schulischen Integra tion = sehr gute GL, aber nicht flächendeckend in gleicher Qualität umgesetzt hoher Anteil an Kindern von MigrantInnen die nur Abgangszeugnis haben Informationsdefizite unter Eltern – stärkere Einbeziehung erforderlich Anteil der arbeitslosen Jugendlichen unter 25 J. ohne Berufsabschluss: unter Deutschen rd.50% unter Ausländern rd. 80% ausl. Jugendlichen vergleichsweise seltener in außerbetrieblicher Ausbildung c) sozioökonomische Integration Bund 1986 lebten reichlich 29% der Kinder mit Migrationshintergrund in einer Familie mit geringem Einkommen, 2006 waren das 46,4% (fast jedes zweite Kind mit Mhgr.) vier von fünf Kindern in einkommens schwachen Haushalten waren Migranten Sachsen Ausländer eher als Selbständige bzw. im Dienstleistungsbereich beschäftigt Anerkennung Bildungsabschlüsse als zentrales Problemfeld Seite 8 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! Arbeitslosen quote unter Ausländern Sachsen Lpz. DD (2008) 16,2% 17,6% 13,1% 39,1% 45% 29,4% 84% der arbeitslosen Ausländer beziehen ALGII (Arbeitslose ges. = 65%) e) soziale Integration Bund vom befragten Sample arbeiteten 10,2% in Bürgerinitiativen mit: darunter 11,1% der Einheimischen 5,7% der 1. Ausländergeneration 5,8% Eingebürgerte 5,5% aus der 2. Zuwanderergeneration 3,7% Spätaussiedler der 1. Generation Ehrenamtlich engagiert waren 36% der Einheimischen und 18% der Zugewanderten Sachsen fehlende Plattformen für direkte Kommunikation mit MigrantInnen und deren Organisationen, um gesellschaftliche und kulturelle Integration voran zu treiben Fazit aller Studien ist, dass es zwar positive Erfahrungen und Ergebnisse in einzelnen Handlungsbereichen und in einigen Städten mit hohem Migrantenanteil gibt, vor allem aber weiterführender Handlungsbedarf in allen Integrationsfeldern besteht. Kritische Betrachtung des Sächsischen Inte gratonskonzeptes ministerielle Schreibtischvorlage erst spät zur Diskussion mit AkteurInnen des Integrations prozess frei gegeben Integrationskonzept als politischer „Kuh handel“: Integration „nützlicher“ junger und qualifizierter Migranten nur dann erfolgreich, wenn „planlose, nicht an den Interessen der Aufnahmegesellschaft orientierte Zuwanderung verhindert werden kann“ Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. 1. folgerichtig bleibt Integration erneut auf einen Teil der MigrantInnen beschränkt Asylsuchende und geduldete MigrantInnen bleiben von Inte grationsförderung vollständig ausgeschlossen 2. Konzepte anderer Ressorts werden durch das Sächsische Integrationskonzept ignoriert : Rechtsanspruch auf schulische Integration besteht für alle Kinder und Jugendliche, auch wenn sie sich noch im Asylverfahren befinden oder ausreisepflichtig sind 3. trotz vorliegender Gleichstellungskonzepte bleiben Frauen und Mädchen auf die Rollen als potentielle Gewaltopfer, Mütter und Pflegerinnen reduziert entgegen der geänderten Wahrnehmung von Seniorinnen und Senioren in der Gesellschaft (Ehrenamt, Mehrgenerationen projekte, etc.) werden sie auf den Pflegebedarf beschränkt Partizipation der MigrantInnen in Sachsen sah das Konzept ursprünglich nicht vor keine Vorschläge/ Willensbekundungen des Freistaates Sachsen für die Verbesserung rechtlicher Rahmenbedingungen für die Integration auf Landes und Bundesebene Konzept äußert sich nicht über den finanziellen Bedarf der Integrationsförderung als Maßnahmen werden nur bereits laufende Bundes und Landesprojekte aufgezählt, es fehlt an Aussagen zu neuen spezifischen Förderprogrammen auf Landesebene und zur Bereitschaft, die Träger im Integrations bereich zu fördern Seite 9 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! Fazit Es ist erfreulich, dass nun endlich auch in Sachsen eine staatliche Arbeitsgrundlage für die Gestaltung und Förderung der Integration von MigrantInnen erarbeitet wird. Erstmals in diesem Umfang ist zu diesem Thema der Austausch zwischen den Ressorts der Staatsregierung sowie zwischen VertreterInnen der Regierung und MigrantInnen in Gang gekommen. Der Entwurf für ein Sächsisches Integrations konzept berücksichtigt die Ergebnisse und Handlungsempfehlungen der vielfältigen Inte grationsstudien kaum. Zugewinn durch Migration wird nur nach wirtschaftlichen Aspekten definiert. Auf die Partizipation von MigrantInnen als wesentlicher Bestandteil von Integration wurde im ersten Entwurf völlig verzichtet. Als integrationspolitisches Signal der Landes regierung bleibt es bei dem Spagat zwischen ökonomisch motivierten Zuwanderungs wünschen und dem Misstrauen gegen MigrantInnen. Das Konzept fördert durch die Ausgrenzung von Migrantengruppen einen wachsenden Bedarf an nachholender Integration und ignoriert den gesellschaftlichen Schaden durch verweigerte Integrationsförderung sowie die Verletzung bestehender Rechtsansprüche auf Integration, z.B. von Schulkindern. Gesell schaftliche Entwicklungen, z.B. im Prozess der Gleichstellung von Mädchen und Frauen sowie in der gesellschaftlichen Integration anderer spezifischer Bevölkerungsgruppen (z.B. Behinderte, SeniorInnen), werden im Konzept entwurf ausgeblendet. Die Frage nach dem Wie – also konkrete langfristige Maßnahmen – gibt es im Konzept kaum. Aus den Arbeitsgruppen, die sich mit dem Entwurf auseinandergesetzt haben, kamen viele Änderungswünsche und Anregungen. Offen bleibt, in welchem Umfang diese Hinweise in das Konzept aufgenommen werden. Die Endredaktion erfolgt, nach gegenwärtigem Wissensstand, erneut ohne Einbeziehung von MigrantInnen. Anlage: Kernbotschaften wissenschaftlicher Studien zu einzelnen Integrationsbereichen Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. Sicherheits und Ordnungspolitik contra Zuwanderung und Integration? „Vertrauen ist eine entscheidende Ressource für den sozialen Frieden in der Einwanderungs gesellschaft. Dieses Grundvertrauen ist, entgegen verbreiteten Vorstellungen von wechselseitigem Misstrauen, zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund vorhanden: Von den befragten Zuwanderern vertrauen fast zwei Drittel (62%) Personen ohne Migrationshintergrund „voll und ganz“ oder zumindest „eher“. Sie vertrauen damit der Mehrheitsbevölkerung sogar mehr, als diese sich selbst vertraut. „ (Sachverständigenrat Deutscher Stiftungen : „Einwanderungs gesellschaft 2010 15 Kernbotschaften des Jahresgutachtens 2010“, 2010) Flüchtlinge und Integration „Unter der Maßgabe einer nationalen Flüchtlingspolitik, die von einem zeitlich begrenzten Aufenthalt ausging, hatte die Integration von Flüchtlingen lange Zeit keinerlei Stellenwert…. Die bundespolitische Strategie, Flüchtlingen durch die Verweigerung von Integration den langfristigen Aufenthalt in Deutschland möglichst unattraktiv zu machen, deckt sich nicht mit den pragmatischen Interessen der Kommunen. Besonders stark kollidieren die Interessen von Kommunen einerseits und Bundes und Landesregierungen andererseits im Bereich der Arbeitsmarkt integration.“ (Berliner Institut für Vergleichende Sozialforschung: „Lokale Gesellschaften und Flüchtlinge: Förderung von sozialer Integration“, 2008) Einbürgerung „Für eine demokratische Einwanderungs gesellschaft ist das Auseinanderfallen von Wohnbevölkerung und Wahlbevölkerung eine Gefahr. Die eingewanderten Ausländer für die deutsche Staatsangehörigkeit zu gewinnen, muss im lange griesgrämigen Einwanderungs land wider Willen heute als ein vorwiegend deutsches Interesse verstanden werden. Denn Deutschland kann sich seine Defacto Einwanderer nicht mehr aussuchen und sie nur noch einladen, auch DejureEinwanderer zu werden. Seite 10 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! In einer auch aus vielen anderen Gründen immer heterogener werdenden Einwanderungs gesellschaft ist das Kriterium Migrations hintergrund nur einer unter mehreren, insbesondere sozialökonomischen Markern für potenziellen Förderungsbedarf. Dem Förder ungskriterium Migrationshintergrund muss aber so lange Raum gegeben werden, bis es vollends hinter milieuspezifische Bedarfskriterien zurück treten kann. Noch ist es nicht so weit.“ (Sachverständigenrat Deutscher Stiftungen: „Einwanderungsgesellschaft 2010 15 Kernbotschaften des Jahresgutachtens 2010“, 2010) 1.4 „Mitspielen statt zugucken. Anleitung zur Partizipation“ Valentina Campanella (Projekt 321—Mut! Verband binationaler Familien und Partnerschaften iaf e.V.) Im Jahre 1967 kam der Psychologe Warner Wilson zu dem Schluss, dass ein glücklicher Mensch „jung, gesund, gutbezahlt, extrovertiert, optimistisch, sorgenfrei, religiös, verheiratet, mit hohem Selbstwertgefühl, hoher Arbeitsmoral, moderatem Ehrgeiz, entweder weiblich oder männlich und mit einer großen Bandbreite intellektueller Fähigkeiten ausge stattet“ ist.(young, healthy, welleducated, well paid, extroverted, optimistic, worryfree, religious, married person with high selfesteem, job morale, modest aspirations, of either sex and of a wide range of intelligence” (Wilson, Warner, (1967): Correlates of Avowed Happiness, In: Psychological Bulletin, American Psychological Association, Heft 67, Issue 4, S.294306) Ich bin davon überzeugt, dass mein Bedürfnis nach Einzigartigkeit und Autonomie des Denkens für mich von besonderer Bedeutung ist, weil ich eine Migrantin bin. Dies ist eine zentrale Frage, die sich Menschen stellt, die in einem fremden Land wohnen, da die Mehrheitsgesellschaft dazu neigt, uns also die Migrantinnen und Migranten als zu einer bestimmten Gruppe zugehörig wahrzunehmen. Die Zuschreibung als zugehörig zur Gruppe der MigrantInnen ist durch Eigenschaften gekennzeichnet, die die Mehrheitsgesellschaft ihnen zuschreibt. Das Problem besteht nun darin, das diese Gruppen nach Kriterien klassifiziert werden, von denen die Mehrheitsgesellschaft annimmt, dass sie der Realität der Menschen dieser Gruppe entsprechen würden. Dies bedeutet aber nicht, dass die Menschen sich immer nach Kategorien benehmen und dementsprechend denken. Zu welcher Frau soll ich mich entwickeln, wie soll ich mich benehmen, um den Erwartungen der deutschen Gesellschaft zu entsprechen? Auch da, wo die Gesellschaft nach der Aufwertung der Andersartigkeit ihren Wert erkennt und schätzt, besteht immer wieder das Risiko, dass selbst die so genannte „Multikulturalität“ zu einer Standardisierung der Unterschiede verkommt, durch die das Anderssein zu einer dogmatisch positiven Sache umgedeutet wird. In der Folge werden Kulturen zu fertigen Produkten reduziert, die statisch und ahistorisch sind. Dadurch läuft das Individuum Gefahr, mit seiner Herkunftskultur pauschal Ich persönlich finde diese These in hohem Maße katastrophal, aber dies liegt wahrscheinlich nur daran, dass ich viele dieser Merkmale nicht erfülle. Ich finde aber auf jeden Fall, dass das, was Wilson beschreibt, das Bild einer an die Gesellschaft „angepassten“ Person ist, die ich nie werden möchte, weil ich meine kritische Stimme nicht verlieren möchte. Auch wenn es wahr wäre, dass jeder Mensch als Original geboren wird, während die meisten als Kopie sterben, möchte ich versuchen, ich selbst zu bleiben, solang ich es schaffe. Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. Seite 11 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! identifiziert zu werden, und wird nicht als Akteur/in dieser Kultur wahrgenommen. Die Möglichkeit, dass das Individuum, selbst mit dem, was ihm als Kultur zugeschrieben wird, in Wechselwirkung stand und steht, sie vielleicht sogar kritisiert und geändert hat, wird also ausgeblendet. Nehmen wir dann auch noch an, dass die Gesellschaft eine wohlwollende Haltung dem Fremden gegenüber einnimmt, passiert das oft und vornehmlich, weil sie seine reale oder potenzielle Funktion erkennt, die nützlich für ihre eigene Entwicklung ist. Der Migrant wird also als “funktioneller Eindringling” wahrgenommen. Zum Beispiel hat man in Italien nach langer Debatte festgestellt, dass die weibliche Zuwanderung auf das Wachstum des Landes die positive Wirkung hat, die Geburtenrate zunehmen zu lassen, die in diesem Land Mitte der '90 Jahre besonders niedrig war. Ich habe aber überlegt und mich dafür entschieden, dass meine persönliche Rollensuche in der Gesellschaft sich nicht von der zentralen Frage trennen lässt, „was diese Gesellschaft für mich tun kann?“. Sobald ich in Deutschland angekommen war, habe ich das Bedürfnis gehabt, in eine Gruppe einzutreten. Kurz gesagt wollte ich mit jemandem Freundschaft schließen. Deswegen habe ich mir Mühe gegeben und viele Leute kennen gelernt, die vornehmlich auch Ausländer waren, was meine Identität als Fremde entwickelt und gestärkt hat. Meine weiteren Überlegungen gingen dann allerdings dahin zu beschließen, dass die Zugehörigkeit an sich keine Wirkungen in irgendeine Richtung hat, und dass ich nichts erreichen werde, indem ich einfach über die heimischen Sitten und Gebräuche plaudere. Kurz gefasst, ich habe festgestellt, dass das Dazugehören noch nicht Partizipation bedeutet. Die Frage, die sich daran anschließend ganz spontan stellt, ist: Was ist überhaupt Partizipation? Ich habe angefangen zu lesen und überlegt und bin zu dem Schluss gekommen, dass Partizipation nicht einfach “gehören zu” oder Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. “ein Teil sein von...” bedeutet, sondern der Begriff sich auf eine Handlung beziehen muss, die eine Wirkung auf die Gesellschaft hat. Von diesem Blickwinkel aus betrachtet ist Partizipation tief mit dem Empowermentkonzept verbunden, welches sich schwer vom sozialpolitischen Engagement trennen lässt. Wenn Herriger vom politischen Empowerment spricht, bezeichnet es als „der Erwerb einer „partizipatorischen Kompetenz“ […] und […] der Aufbau von Solidargemeinschaften und die Einforderung von Teilhabe und Mitverantwortung auf der Bühne der (lokal)politischen Öffentlichkeit. Politisches Empowerment realisiert sich so in Prozessen der Selbstveränderung […] wie auch in Prozessen der Sozialveränderung.“ (Herriger, Norbert (2006): Empowerment in der sozialen Arbeit. Stuttgard: Kohlhammer, S. 198) Aber wer sind die Akteure der Politik? Das Wort Politik stammt aus dem Griechischen und bedeutet “was die Stadt betrifft”, also sind alle StädterInnen dazu berufen, ihren Bedürfnissen bzw. Wünschen Ausdruck zu geben? Trotzdem könnte das Individuum sich fragen „Warum soll ich meine ganze Kraft dafür aufwenden, um in der Gesellschaft aktiv zu werden, wenn es schon andere Menschen gibt, die meine Stimme vertreten? Ich finde besonders interessant, was weitere Vertreter des Empowermentansatzs dazu sagen, wie zum Beispiel Rappaport: „Das Konzept des Empowerment unterstellt, dass das, was als Defizit wahrgenommen wird, das Ergebnis sozialer Strukturen und mangelnder Ressourcen darstellt, in denen sich vorhandene Fähigkeiten nicht entfalten können. Müssen neue Fähigkeiten gelernt werden, so sind sie am besten in der natürlichen Welt, statt in künstlichen Programmen zu lernen, in denen jeder Beteiligte weiß, dass in Wirklichkeit der Experte die Zügel in der Hand hält.“(Rappaport, Julian, (1985): Ein Plädoyer für die Widersprüchlichkeit. Ein sozialpolitisches Konzept des Empowerments anstelle präventiver Ansätze. In: Verhaltenstherapie & Psychosoziale Praxis, 2, S. 257278) Seite 12 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! Viele Programme, die bisher durchgeführt wurden, um die Einbeziehung der Migrantinnen und Migranten zu fördern, zeigen die Grenzen der Interventionsmöglichkeiten, nämlich dort, wo der Mensch mit Migrationshintergrund total abwesend ist oder notfalls eine spezifische Rolle als “Auswanderer” übernimmt, während seine Fachkompetenzen und Tätigkeiten weggelassen werden. SachsPfeiffer unterscheidet deshalb zwei grundlegende Partizipationsstrategien, nämlich die TeilnahmeStrategie und die TeilhabeStrategie:(zit. in Lenz 2002, S. 18f.) Lenz, Albert und Stark Wolfgang (Hrsg.) (2002): Empowerment. Neue Perspektiven für psychosoziale Praxis und Organisation. Tübingen: dgvtVerlag) TeilnahmeModell („Topdown“): Die ExpertInnen definieren Probleme und Ziele. Sie übernehmen ebenfalls die Planung der Formen von Beteiligungsprozessen und die Organisation der Vorgehensweisen. Den Betroffenen bleibt die Möglichkeit, zwischen den Varianten erarbeiteter Konzepte, Lösungstrategien und Maßnahmen auswählen zu können. Dabei ist deutlich zu erkennen, dass Partizipation und Selbstorganisation sowohl auf die Gesellschaft als auch auf die Individuen Wirkung zeigen, weil die Akteure/Innen des Prozesses positive Selbstwerterfahrungen erleben und Vertrauen in das individuelle und kollektive Vermögen gewinnen, Einfluss auf die Steuerung von politischen Prozessen der Entscheidung nehmen zu können. Natürlich diskutiert man schon seit einiger Zeit, dass es heutzutage im Migrationsbereich nötig ist, aus der Fürsorgelogik heraus zu gehen, und dass dieser Perspektivenwechsel erst durch den Schlüsselbegriff der Chancengleichheit realisierbar ist. Genau deswegen erweist es sich als am wichtigsten, dass man sich selbst für seine Rechte engagiert, weil die Sensibilisierung der Gesellschaft und folgend die politischen Änderungen der Institutionen über die Teilhabe der Betroffenen geht. Nur Partizipation und Selbstorganisation können zu einer Politik der Rechte führen, statt eine Politik der Solidarität oder der Toleranz zu unterstützen. TeilhabeModell („Bottomup“): Die Betroffenen sind je nach Kompetenzen und Ressourcen von Anfang an für den Prozessverlauf verantwortlich, und entwickeln eigene und zu ihren spezifischen Problemen passende Lösungsmöglichkeiten und Bewältigungsstrategien. Andererseits begleiten die ExpertInnen die Lernprozesse und leisten den Betroffenen Unterstützung bei der Entdeckung der eigenen Ressourcen und Stärken. Natürlich orientiert sich der Empowermentansatz am TeilhabeModell, besonders wenn er Formen der Selbtsorganisation unterstützt. Vergessen wir nicht, dass das Empowermentkonzept in den 60er Jahren in den USA entstand, als die Bürgerrechtsbewegung, die Frauen Emanzipationsbewegung und die Independent LivingBewegung von Behinderten die Aufmerksamkeit der Gesellschaft gewannen. Leider verlieren wir die revolutionäre Bedeutung des Empowerments häufig unterwegs und, wie Herriger behauptet, diese Tendenz beraubt es seiner politischen Komponente. Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. Seite 13 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! 2.) ERGEBNISSE DER WORKSHOPS 2.1 Workshop 1 Ohne Partizipation keine Integration – Der Blick in mehrheitsdeutsche Organisationen und Strukturen Referentin: Siri Pahnke Empowerment – positiver Ansatz Strukturen um uns selbst werden genutzt eigene Erfahrungen (Strukturen, Vereine) Beteiligung von MigrantInnen macht in Arbeitskontexten vor allem mehr Arbeit! („Mehraufwand“ bei der Sprache) Anmerkungen für den Anfang: DIE Gruppe von MigrantInnen existiert so nicht Individualität statt Pauschalisierung ist eher sinnvoll . Zuschreibungen behindern Wirkungspotenziale – Beurteilung ist oft defizitorientiert. Problem ist, Deutschland ist sehr „einsprachig“ orientiert. In Bezug auf das Netzwerk Tolerantes Sachsen: a) Thema sollte integraler Bestandteil des Austauschs im Netzwerk sein (Newsletter,Checklisten für Vereine zum Thema) b) bei Treffen (Vernetzung) thematisieren – Workshop für 2010 auf Landestreffen geplant c) Anregung „Tolerant“ durch anderes Wort ersetzen Es ist eine Belastung, wenn MitarbeiterInnen die Sprache nicht beherrschen! Wie können wir trotz zeitlichem und finanziellem Druck erreichen, dass MigrantInnen die benötigte Qualifikation für einen Job erreichen? Strategieentwicklung: a) eine Stelle „zwischenschalten“ b) eigene Prioritäten reflektieren c) Synergien nutzen (vernetzen) d) Finanztöpfe finden e) Powersharing (Privilegien abgeben) f) politisch einfordern Fragen: Werden durch interkulturelle Öffnung kulturelle Unterschiede verstärkt? Muss man Organisationen überhaupt „inter kulturell (er)öffnen“? Warum auf (Herkunfts) Kultur beschränkt? MigrantInnen sind besser für die interkulturelle Öffnung von Unternehmen geeignet als Mehrheitsdeutsche! Was muss getan werden für eine strukturell interkulturelle Öffnung? a) Wissen in den Unternehmen muss ausgebaut werden. b) Kommunikationsstrukturen müssen verändert / angepasst werden an die interkulturelle Situation. c) Offenes Zugehen auf MigrantInnen – Kommunikation über SprachmittlerInnen, Anerkennung schaffen, Aufklären über Möglichkeiten und Strukturen Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. Seite 14 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! Hindernisse bei der Teilhabe/Partizipation a) Es existieren zwei Perspektiven: A) Mehrheitsdeutsch und B) Migrantisch b) Es wird nicht der Mensch mit seinen Kompetenzen gesehen, sondern der/die MigrantIn. c) keine Zeit/ kein Geld für zusätzlichen Aufwand d) fehlende Anreize von Seiten der Organisationen für eine Teilhabe (Offenheit) e) Frustration und Rückzug der MigrantInnen f) Ansprache von MigrantInnen schwierig – keine Kontakte, keine Vernetzung Vorschläge für Lösungen Ansprechpartner Selbsthilfegruppen – Kontakte zu Menschen in ähnlichen Situationen Schaffung von echten Beteiligungsmöglichkeiten Aufklärung der deutschen Bevölkerung Selbstbewusstsein stärken immer mit MigrantInnen zusammenarbeiten 2.2 Workshop 2 „Do it yourself“ Partizipation durch MigrantInnen selbst Referent: Victor Vincze Die erste Fragestellung des Workshops lautete, welche Möglichkeiten es momentan überhaupt gibt für MigrantInnen sich zu beteiligen und mit zu reden. Hierzu wurden Aussagen der TeilnehmerInnen gesammelt und werden hier in Stichworten wiedergegeben. 1. Alle Rechte bestimmen sich in Deutschland über die Staatsangehörigkeit, ob man ein Mitspracherecht hat oder nicht. Dies sollte aber bei weitem nicht die einzige Möglichkeit sein. 2. MigrantInnen sollten zumindest auf kommunaler Ebene ein Recht auf Mitbestimmung erhalten ( hier werden Dinge entschieden, die ihr unmittelbares Umfeld betreffen) 3. Einstellung ist häufig: Als Gastarbeiter gerne, aber Mitbestimmung bringt eher Probleme. 4. Der deutsche Staat hat Angst vor Ausnutzung und verwehrt sich deshalb oft gegen zu viele Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. Rechte für MigratInnen. 5. MigrantInnen müssen ihre Rechte einfordern, solange sie das nicht tun, wird der Staat sich nicht bewegen. 6. Wahrgenommen werden immer nur die Probleme mit MigrantInnen, aber nicht, dass sie auch einen Wert für die Wirtschaft (Unternehmen) darstellen 7. MigrantInnen haben bis jetzt nur wenig Organisationsformen für sich selbst geschaffen 8. Gut wäre die Gründung gemeinsamer Initiativen von deutschen und nicht deutschen Bürgern, die eine größere Kraft repräsentieren, erst dann wird die Politik aufmerksam 9. Je offener eine Initiative, desto mehr Menschen werden sich darin wiederfinden 10. Demokratie muss gelebt werden, um zu überzeugen 11. MigrantInnen brauchen eine außerparla mentarische Vertretung 12. Sie sollten in den Medien wesentlich präsenter sein 13. Wichtig ist die Anerkennung dessen, was die MigrantInnen auf sich genommen haben mit dem Weg in ein anderes Land – z.B. Flüchtlinge sind nicht freiwillig in Deutschland – es fand meist keine bewusste Entscheidung statt 14. Empathie für MigrantInnen entwickeln – auf ihre besondere Situation eingehen und wenn nötig Unterstützung anbieten 15. Umgang mit Demokratie schwierig – Mehrheitsentscheidungen (Minderheit muss sich anpassen an Entscheidung) – Problem für Mitbestimmung von MigrantInnen 16. Wie erzeugt man den Willen zur Partizipation im allgemeinen? 17. Empowerment notwendig bei deutschen und nicht – deutschen Bürgern 18. Strukturelle Änderungen notwendig, nicht nur um Motivation von MigrantInnen zu erhöhen, sondern auch andere gesellschaft liche Randgruppen (die oft ausgeschlossen sind) 19. Gleichzeitig besteht die Notwendigkeit, dass sich die entsprechenden Interessengruppen ebenfalls organisieren, um ihre Interessen zu vertreten 20. Dabei reicht es nicht nur einen allgemeinen Seite 15 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! Verein für „Ausländer“ zu gründen, sondern es bedarf noch weiterer Identifikations faktoren 21. Vernetzung ist wichtig Beispiel Mitbestimmung 1: kommunales Wahlrecht Ein kommunales Wahlrecht, das weder auf bestimmte Personengruppen noch auf bestimmte Territorien des jeweiligen Staates beschränkt ist, existiert derzeit in den EU Mitgliedsstaaten Belgien, Dänemark, Estland, Finnland, Irland, Luxemburg, den Niederlanden, Schweden, Island und Norwegen. Europäische Länder mit kommunalem Wahlrecht für Ausländer Voraussetzung ist eine bestimmte Aufenthalts dauer Irland 6 Monate Dänemark 2 bzw. 3 Jahre Finnland 2 bzw. 3 Jahre Schweden 2 bzw. 3 Jahre BürgerInnen nordischer Staaten) Estland 3 Jahre ständigen Aufenthalt) (gilt nicht für (gebunden an einen speziellen Belgien 5 Jahre Luxemburg 5 Jahre Niederlande 5 Jahre Island 5 Jahre Norwegen Quelle: Werner T. Bauer, Das kommunale Wahlrecht im europäischen Vergleich, Gesprächskreis Migration und Integration, 16. Februar 2008, Bonn Vorschläge & Ideen zur Partizipation 1. Gewerkschaft für MigratInnen vs Gewerk schaften müssen MigrantInnen einbeziehen 2. stärkere Vernetzung – Verbesserung des Informationsflusses 3. Analyse der Ursachen für geringe Partizipation – dann Lösungen suchen 4. In jedem Landkreis könnte es einen Ausländerbeirat (gesetzliche Verankerung) geben (mit VerteterInnen von MigrantInnen und Deutschen) 5. Gründung von speziellen Arbeitsgruppen, die Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. sich für die Belange der MigrantInnen einsetzen Bsp. Mediawatch (Beobachtung der Berichterstattung in den Medien und Auswertung) 6. Unterstützung des Positionspapier vom sächs ischen Migrantenbeirat zum Integrations konzept – Einwirkung auf Integrationskonzept – momentan wenig Möglichkeiten der Partizipation enthalten 7. Mitgliedschaft in Parteien 8. Organisationen brauchen mehr Budget – im Moment finden sie noch wenig Unterstützung von Geldgebern 9. wichtige Partner „Wohlfahrtsverbände“ 10. Verantwortlichkeit in Form einer Koordina tion – Wer könnte solche Prozesse koordinieren in Sachsen? 11. Sächsischer Migrantenbeirat möchte Brief an Deutschen – Paritätischen Wohlfahrts verband, Diakonie und Spitzenverbände schicken, um zur Zusammenarbeit und Reflexion der eigenen Migrationspolitik aufzurufen 12. Ausländerräte brauchen mehr Entschei dungsfreiheit im eigenen Handeln (gesetzliche Umstrukturierung notwendig) 13. Um MigrantInnen aufmerksam zu machen und sie einzubinden in die Arbeit von Organisationen muss mehr Präsenz in der Öffentlichkeit gezeigt werden und Bedürfnisse von MigrantInnen angesprochen werden 14. Ansprechpartner für motivierte Leute (gibt es in Leipzig bereits) – Unterstützung bei Vereinsgründung etc. 15. Thema „Politische Partizipation von Migrant Innen in Deutschland“ muss präsenter in die Öffentlichkeit getragen werden 2.3 Workshop 3 Forderungkatalog für ein Sächsisches Konzept zur Partizipation von MigrantInnen Referentin: Carina Großer Kaya Im Workshop 3 wurde an einem Eckpunkte papier zum sächsischen Integrationskonzept gearbeitet und dies als gemeinsamer Vorschlag der TeilnehmerInnen der Inhaltskonferenz und des Netzwerk Tolerantes Sachsen an die Autoren Nabil Yacoub und Dimitrios Ambatielos Seite 16 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! übergeben. Hieraus entstand nach Absprache mit dem Migrantenbeirat Sachsen ein Positions papier, welches nun der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Im folgenden finden Sie das Positionspapier in deutsch, englisch, französisch, spanisch, russisch, arabisch und vietnamesisch. 3.) POSITIONSPAPIER ZUM SÄCHSISCHEN INTEGRATIONS KONZEPT 3.1 Deutsche Fassung 1. Einleitung Das Sächsische Integrationskonzept Die von Ende Dezember 2009 bis April 2010 geführten Debatten um das Integrationskonzept (Arbeitsentwurf) des Landes Sachsen boten nach fast 20 Jahren Migrationsgeschichte in Sachsen – erstmalig die Chance direkter Gespräche zwischen MigrantenvertreterInnen und zivilgesellschaftlichen Organisationen einerseits und dem sächsischen Sozialminis terium (SMS) andererseits, das mit der Ausarbeitung des Konzepts beauftragt ist. Schwerpunkt des hier vorliegenden Positionspapiers ist die politische Partizipation von MigrantInnen als unerlässliche Bedingung für eine demokratische Integration ein Themenkomplex, der im Entwurf des sächsischen Integrationskonzepts völlig fehlt. Das SMS erweiterte zwar sein Workshop Programm um das Thema „Politische Partizipation“. Dennoch ist eine Klärung des Stellenwerts der politischen Partizipation für eine demokratische Integrationspolitik und praxis von großer Bedeutung. Dies ist insbesondere wichtig, weil die Frage nach der politischen Partizipation von MigrantInnen bisher keine praktische Umsetzung bei maßgeblichen politischen Entscheidungen / Prozessen findet. Wir sind überzeugt, dass es im Interesse der ganzen Gesellschaft liegt, deren Teil auch die MigrantInnen sind, dass der Erarbeitungsprozess eines demokratischen Integrationskonzeptes mit Erfolg gekrönt wird. Es ist die allgemeine Erfahrung vieler demokratischer Gesellschaften, dass die Beteiligung von MinderheitenvertreterInnen in allen Phasen der Überarbeitung von Integra tionsplänen eine unerlässliche Bedingung für den Erfolg darstellt. Für Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. eine neue Orientierung in Fragen Seite 17 der Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! Migrations und Integrationspolitik muss von der Anerkennung der Vielfalt, der gleichberechtigten Teilhabe der MigranntInnen am gesellschaft lichen Leben und von ernsthaftem Reformwillen ausgegangen werden. 2. Voraussetzungen für eine demokratische Integrationspolitik im Bereich der politischen und kulturellen Rechte sind u.a.: Das Positionspapier bezeichnet als Migrantinnen und Migranten: Flüchtlinge (inklusive Asylbe werber und Asylbewerberinnen und „Geduldete“), Spätaussiedlerinnen und Spätaus siedler, Menschen mit Migrationshintergrund, Menschen mit Migrationserfahrung, Schwarze Deutsche, People of Color, Jüdische Zuwander erinnen und Zuwanderer, Migrantinnen und Migranten, die zur Familienzusammenführung, Studium und zur Arbeitsaufnahme, als ausländische Unternehmerinnen und Unter nehmer eingereist sind. Der begonnene Verständigungsprozess muss fortgesetzt werden. Nach unserer Einschätzung gibt es noch Diskussionsbedarf, besonders bei bestimmten Haupt und Detailfragen wie z.B. dem Inhalt des Integrationsbegriffes sowie den konkreten Umsetzungsmaßnahmen. Bei diesem Prozess müssen Qualität und gleichberechtigter Dialog wichtiger sein als die Schnelligkeit des Prozesses in Abhängigkeit von politischen Vorgaben. 1.) Integration setzt die gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen, wirtschaft lichen, kulturellen und politischen Leben voraus. Das bedeutet, dass alle Menschen demokratische Mitbestimmungsrechte inne haben, um sich mit dem Gemeinwesen identifizieren zu können. Das Dokument wurde auf Tagungen des Netzwerks Tolerantes Sachsen und des Sächsischen Migrantenbeirates im Monat Juni 2010 diskutiert und beschlossen. 4.) Das Grundgesetz der Bundesrepublik ist die gemeinsame Basis des Zusammenlebens. Vier im Bundestag vertretenen Parteien befürworten die Änderung des GG, damit Ausländerwahlrecht ermöglicht wird. Staat, Politik, Medien, Kulturinstitutionen, Behörden und Zivilgesellschaft sind aufgerufen, die Praxis der Ignorierung, Ausgrenzung und Diskriminierung von MigrantInnen zu beenden und die angestrebte Weltoffenheit nicht nur nach außen sondern ebenso nach innen zu praktizieren. Staat und Kommunen müssen für alle ihre BürgerInnen da sein! Ein Integrationskonzept muss konsequent und systematisch alle Barrieren abbauen, die das gleichberechtigte Zusammenleben verhindern oder erschweren. Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. 2.) Eine neue Integrationspolitik sollte sich an einen weiten Adressatenkreis wenden; es genügt keineswegs, das Augenmerk allein auf Neuzuwandernde mit dauerhafter Aufenthaltsperspektive zu richten. Dabei sollten vor allem auch die bereits im Land lebenden Migranten berücksichtigt werden. In diese Bemühungen sind insbesondere Kinder und Jugendliche mit einzubeziehen. 3.) Alle Menschen haben das Grundrecht auf freie Wahl der Lebensweise, unabhängig von Religion, nationaler oder ethnischer Herkunft. 3. Anforderungen an das sächsische Inte grationskonzept Jeder Integrationsplan bleibt ein Stück Papier, wenn er nicht auf der Beteiligung und der Anerkennung durch die Migrantinnen und Migranten beruht und durch Maßnahmepläne sowie Umsetzungskonzepte gestützt wird. Damit die Umsetzung planmäßig verläuft, muss sie durch ein Monitoring begleitet werden. Im zweijährigen Rhythmus soll die Staatsregierung dem Landtag den Sächsischen Integrations bericht vorlegen. Seite 18 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! 3.1 Aktives und passives Wahlrecht Der Sächsische Landtag ist aufgerufen, sich zum Ausländerwahlrecht auf kommunaler und Landesebene zu bekennen. Der Freistaat Sachsen möge sich auf der Bundesebene für die Einführung des Ausländerwahlrechts einsetzen. Sachsen – das Bundesland mit der niedrigsten Einbürgerungsrate – muss alle Barrieren beseitigen, die die Einbürgerung verhindern bzw. erschweren. 3.2 Kurzfristige Maßnahmen In Sachsen sind MigrantInnen kaum repräsentiert in den gesellschaftspolitischen Gremien, die über integrationsrelevante Themen entscheiden. Staat und Zivilgesellschaft sind aufgerufen, MigrantInnen aktiv einzubeziehen (Spitzenverbände, Gewerkschaften, Vereine etc.) und Zugangsbarrieren abzubauen. Keine MigrantInnenvertretung ohne MigrantInnen! Änderung der Sächsischen Gemeindeordnung, um die demokratische Partizipation der Migranten am gesellschaftlichen und politischen Leben zu gewährleisten Verankerung der MigrantInnenbeiräte (MBRe) als von den MigrantInnen gewählte Vertretungen in der Gemeindeordnung (nach Beispiel in NordrheinWestfalen, Hessen) Konstituierung der MBRe als beschließende Organe nach Art der Jugendhilfeausschüsse mit Beteiligung von VertreterInnen von Vereinen Gründung von MBRen in allen Landkreisen Stärkung der Arbeitsfähigkeit und Transparenz der MBRe: Monatliche Sitzungen; i.d.R. öffentliche Sitzungen; Rederecht in den Stadträten; regelmäßige Berichterstattung vor den WählerInnen; Protokolle via Internet zugänglich machen; Geschäftsstelle; Sprechstunden; feste Finanzierung der MBRe; Möglichkeiten für eigenständige Öffentlichkeits arbeit Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. Beteiligung von MigrantInnen in allen schüssen als sachkundige BürgerInnen Aus Einbeziehung von MigrantenvertreterInnen in Entscheidungen über Förderpolitik Schaffung eines LandesmigrantInnenbeirates Politische Bildungsprogramme für MigrantInnen, Aufklärung über die Möglichkeiten politischer Beteiligung unabhängig vom Aufenthaltsstatus (z.B. Staatsangehörigkeit) Repräsentation in Parlamenten: Demokratische Parteien sollen MigrantInnen auf ihre Kandidatenlisten für Kommunal, Landes und Bundestagswahlen stellen Transparenz staatlicher Politik und Praxis und Veröffentlichung von Berichten zu Migrations politik, Rassismus und Diskriminierung 3.3. Klares Bekenntnis gegen und konse quente Bekämpfung aller Erscheinungs formen von Diskriminierung und Gruppen bezogener Menschenfeindlichkeit (Rassismus, Antisemitismus, Islamfeind lichkeit) als Chefsache und gesamtgesell schaftliches Anliegen Überprüfung und Überarbeitung der Bildungsinhalte im Schulsystem im Sinne einer interkulturellen Öffnung, Bekämpfung von Rassismus, Nationalismus, Religiösem Fana tismus und Intoleranz Einführung von Schulprogrammen zum Thema Ethik, Demokratie, Menschenrechte und Migration strukturelle und finanzielle Unterstützung der Arbeit integrationspolitischer und interkulturell arbeitender Vereine, Migrantenselbstorgan isationen und Initiativen und Vereinen, die sich der Bekämpfung von Rassismus und der Antidiskriminierungsarbeit widmen Seite 19 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! 3.4 Flüchtlings und Asylpolitik ent sprechend der Völkerrechtlichen Verpflich tungen der Bundesrepublik Deutschland Dringend erforderlich ist ein Richtungswechsel in der Asylpolitik des Freistaates Sachsen. Angesichts der Tatsache, dass Asyl bewerberInnen und Geduldete oft mit Familien und Kindern für viele Jahre unter menschen unwürdigen Bedingungen verweilen, ist es nicht akzeptabel diese Bevölkerungsgruppe bei der Planung der Integration auszuklammern. Dazu werden wichtige Forderungen zur Erleichterung der schwierigen Lage vieler AsylbewerberInnen und Geduldete erhoben. Abweichende Praktiken in anderen Bundesländern belegen, dass weniger restriktive Aufnahmebedingungen unter der gegenwärtigen Gesetzeslage möglich sind. Integration für alle vom ersten Tag an ist ein Gebot des demokratischen Gemeinwesens. Geeignete Maßnahmen dafür sind: a. dezentrale Unterbringung Asylsuchender und Geduldeter spätestens ein halbes Jahr nach der Einreise b. Bargeld statt Sachleistungsversorgung im Interesse der öffentlichen Hand und der Leistungsempfänger c. Abschaffung der Residenzpflicht innerhalb des Freistaates Sachsen d. bedarfsgerechte medizinische Versorgung (Zugang und Umfang), die nicht von der Mitwirkung der Betreffenden an behördlichen Maßnahmen abhängig sein darf e. Zugang zu Sprachkursen, da Deutschkenntnisse nicht nur den AsylbewerberInnen und Geduldeten zu Gute kommen, sondern auch konfliktpräventiv sinnvoll für die Aufnahmegesellschaft sind f. Zugang zu Arbeit und Ausbildungsplätzen, die die Integration fördern und die Chancen zur Reintegration in den Herkunftsländern verbessern g. Konsequente Durchsetzung von gleichen Bildungschancen für Kinder nach dem sächsischen integrativen Schulkonzept h. weitgehende Gestaltungsbefugnisse der Kommunen und Landkreise bei der Aufnahme und Versorgung von Flüchtlingen. Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. Seite 20 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! 3.2 Englische Fassung 1. Introduction The Saxon integration policy The debates on the Saxon integration policy (working draft) held from December 2009 to April 2010 allowed for the first time in 20 years of Saxon migration history a direct dialogue between migrant representatives and civil organisations and the Saxon ministry of social affairs (known by its German initials SMS) that has been assigned with the framing of the concept . The present position paper focuses on the political participation of migrants as a fundamental requirement for democratic integration – a point that has been completely left out in the framework of the Saxon integration policy. Although the SMS did include the topic of “political participation” in its workshop programme, it is of major significance for a democratic integration policy and its implementation that the importance of political participation be made clear. Especially since the question of the political participation of migrants so far has not been considered in significant political decisions and decisionmaking processes. We are convinced that it is in the interest of the entire society, which also includes migrants, that the development of a democratic integration concept be successful. “tolerated persons”), German repatriates, people with migration background, people with migration experience, black Germans, coloured people, jewish immigrants and migrants that have entered the counry for purposes of family reunification, study or work as foreign contractors. The dialogue already initiated must be continued. In our view there is still need for discussion, especially on certain major and minor points such as defining the scope of the term integration and specific measures for its implementation. In this process, quality and equal dialogue have to be more important than quick decisionmaking depending on political directives. The draft of this discussion paper was unanimously agreed as a suitable basis for discussion on the conference of the network Tolerantes Sachsen on 5 June 2010. On 13 June the document was discussed and unanimously agreed. The state, politicians, media, cultural institutions, authorities and the civil community are encouraged to stop the practice of ignoring, excluding and discriminating migrants and demonstrate the intended cosmopolitan attitude not only to the outside but also to the inside. State and municipalities are for all of their citizens! An integration concept ought to consistently and systematically break down barriers, that hinder or impede equal coexistence. Many democratic societies have found that involving minority representatives throughout the process of working out an integration plan is crucial for its success. 2. Prerequisites for a democratic integration policy in terms of political and cultural rights are among others: A restructuring of the current migration and integration policy needs to be based on tolerance of diversity, the equal participation of migrants in social life and a genuine want to change. 1) Integration presumes equal participation in social, economic, cultural and political life. This means that all people have the right to participate to be able to identify themselves with the community. 2) A new integration policy ought to cover a wide range of people; it is by no means sufficient to consider solely future immigrants In this position paper, we define migrants as: refugees (including asylum seekers and Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. Seite 21 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! with the prospect of permanent residency. Above all, migrants who already live in the country should be taken into account as well. These efforts ought to include especially children and the youth. 3) All people have a basic right to freely choose their way of living, whatever religion and national or ethnic origin they have. 4) The constitution of the Federal Republic serves as the common basis for coexistence. Four parties within the German parliament support an amendment in order to grant electoral rights to foreigners. 3. Demands on the Saxon integration policy An integration concept will be no more than a piece of paper, if migrants are not involved in its development, if they do not back it and if the concept is not accompanied by action and implementation plans. To ensure that the implementation be successful, it has to be monitored. Every second year the state government shall present an integration report to the state parliament. 3.1 Active and passive voting rights The Saxon parliament shall support voting rights for foreigners in municipal and state elections. The Free State of Saxony shall advocate a nationwide implementation of foreigners’ voting rights. Saxony – the federal state with the lowest naturalisation rate – must break down all barriers that impede or hinder naturalisation. 3.2 Shortterm measures In Saxony, migrants are only marginally represented in the sociopolitical bodies that decide on issues related to integration. State and citizens ought to actively involve migrants (umbrella organisations, unions, associations etc.) and break down barriers to access. No migrant representation without migrants! amendments to the Saxon municipal code in order to enable the democratic participation of migrants in social and political life Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. introduce migrant councils (MBRe) as representatives elected by migrants to the municipal code (following the example of North RhineWestphalia and Hesse) constitute the MBRe as deciding bodies similar to youth service committees, with the participation of representatives of different associations establish MBRe in all administrative districts promote the working capacity and transparency of the MBRe: monthly reunions, mainly open sessions, right of speech in the municipal councils, regular reports to electors, publication of protocols on the internet, office, consultation hours, fixed funding of the MBRe, option to organise independent PR campaigns participation of migrants in all committees as civil experts involving migrant representatives in decisions on subsidies policy creation of a state migrant council political education programmes for migrants, information on different ways of political participation, regardless of the status of residence (e.g. nationality) representation in parliaments: democratic parties shall list migrants as candidates for municipal, state and federal elections transparency of state policy and actions and publication of reports on migration policy, racism and discrimination 3.3 Clear commitment and systematic fight against all kinds of discrimination and misanthropy against certain groups (racism, antiSemitism, antiislamic resentment) as a primary objective and issue that concerns the entire community reviewing and revising curricula of the school system in terms of intercultural tolerance, fight against racism, nationalism, religious fanaticism and intolerance launch of school programmes on ethics, democracy, human rights and migration structural and financial aid for the work of associations, migrant selfsupport organisations and initiatives concerned with integration policy and intercultural work as well as associations committed to fighting Seite 22 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! racism and antidiscrimination work 3.4 Refugee and asylum policy in accordance with the obligations of the Federal Republic of Germany as regulated by international law h. extensive powers for local and state authorities regarding admission and care for refugees A timely change in the current asylum policy of the Free State of Saxony is of the utmost importance. Considering that asylum seekers and tolerated people often spend years living with their families and children under inhumane conditions, it is unacceptable that this population group is excluded from the integration planning process. Furthermore, we strongly demand an alleviation of the difficult situation encountered by many asylum seekers and tolerated people. Differing policies in other federal states show that less restrictive terms of admission are compatible with the current legal framework. Integrating everybody right from the very first day is the imperative for a democratic community. Appropriate measures to put this into practice are: a. the decentralised placement of asylum seekers and tolerated people within half a year after entry b. cash instead of noncash benefits, in the interests of the public purse and the recipients c. abolition of residence obligation within the Free State of Saxony d. appropriate medical care (access and coverage) that does not depend on the patient’s cooperation regarding regulatory actions e. access to language courses since knowledge of German not only benefits asylum seekers and tolerated people but may also be useful to the admitting community in terms of conflict prevention f. access to work and training vacancies to foster integration and improve the prospects to be reintegrated into the countries of origin. g. full implementation of equal educational opportunities in accordance with Saxony’s integrative school concept Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. Seite 23 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! 3.3 Spanische Fassung ¡PARA UNA INTEGRACIÓN DEMOCRÁTICA EN SAJONIA! Declaración formal sobre el esbozo del Concepto de Integración de Sajonia. Texto aceptado por unanimidad en el congreso del Consejo de Inmigrantes de Sajonia* el 13 de junio de 2010. 1. Introducción El Concepto de Integración de Sajonia Los debates que tuvieron lugar entre diciembre de 2009 y abril de 2010 sobre el Concepto de Integración (boceto de trabajo) del Estado Libre de Sajonia han ofrecido por primera vez – después de casi 20 años de inmigración en Sajonia – la oportunidad de establecer un diálogo directo entre los representantes de los inmigrantes y las organizaciones de la sociedad civil por un lado, y el Ministerio Sajón de Asuntos Sociales, encargado de elaborar el Concepto por el otro. El punto central de la declaración formal que presentamos aquí es que la participación política de los inmigrantes es una condición indispensable para una integración democrática – una problemática que no aparece en ningún momento en el Concepto de Integración de Sajonia. Es verdad que el Ministerio Sajón de Asuntos Sociales amplió su programa de talleres con el tema de la "participación política". Pero a pesar de esto es de vital importancia aclarar la relevancia de la participación política para las políticas de integración democrática. Esto es especialmente importante porque los procesos o los actores competentes no están trasladando hasta ahora la cuestión de la participación política de los inmigrantes a la práctica. Estamos convencidos de que el conjunto de la sociedad, de la que los inmigrantes son una parte, está interesada en que el proceso de elaboración de un Concepto de Integración democrático se corone con éxito. Muchas sociedades democráticas comparten la Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. experiencia de que es imprescindible la participación de los representantes de las minorías en todas las fases de elaboración o refundición de planes de integración para su éxito. Hay que partir del reconocimiento de la variedad, de la participación en igualdad de oportunidades de los inmigrantes y de la voluntad seria de reforma para reorientar la cuestión de la política de integración y migración La declaración formal, cuando menciona a inmigrantes, se refiere a: Refugiados (incluyendo a los solicitantes de asilo y "tolerados"), los repatriados tardíos, personas con trasfondo familiar inmigrante, personas con experiencia como inmigrantes, alemanes de color, personas de color, inmigrantes judíos, inmigrantes que se han trasladado a Alemania para un proceso de reunificación familiar, para estudiar en una universidad o por motivos laborales, como empresarios extranjeros. Hay que ahondar el proceso de entendimiento que ha comenzado. Somos de la opinión de que todavía hace falta seguir discutiendo, especialmente sobre algunas cuestiones centrales y algunos puntos concretos, como por ejemplo el contenido de la noción de integración así como de las medidas concretas de puesta en marcha. La calidad y un diálogo de igual a igual tienen que ser más importantes que la velocidad del proceso, dependiendo de las especificaciones políticas. El 5 de junio de 2010 en el congreso del grupo de trabajo Sajonia Tolerante – Tolerantes Sachsen, se aprobó el boceto del documento de discusión por unanimidad como base para la discusión. El 13 de junio, el documento fue discutido y aprobado por unanimidad. El estado, la política, los medios de comunicación, las instituciones culturales, los organismos oficiales y la sociedad civil están llamados a acabar con las prácticas de ignorar, marginar y discriminar a inmigrantes y a practicar la apertura al mundo no sólo hacia afuera sino también de puertas a dentro. ¡El estado y los municipios tienen que estar al lado de todos los ciudadanos! Seite 24 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! Un Concepto de Integración tiene que eliminar consecuente y sistemáticamente todas las barreras que impiden o dificultan la convivencia en igualdad de oportunidades. 2. Las condiciones para una política de integración en el terreno de los derechos políticos y culturales son, entre otras: 1) La integración presupone la participación en igualdad de oportunidades en la vida política, cultural, económica y social. Esto significa que todas las personas poseen derechos democráticos de cogestión para poder identificarse con el estado. 2) Una política de integración debería dirigirse a un amplio abanico de destinatarios, ya que no es suficiente concentrarse solamente en los inmigrantes recientes con una perspectiva larga de estancia. En este aspecto, habría que tener en cuenta sobre todo a los inmigrantes que ya están viviendo aquí. Es necesario involucrar en este esfuerzo especialmente a los niños y los jóvenes. 3) Todas las personas tienen el derecho fundamental de elegir libremente su forma de vida, independientemente del origen nacional o étnico o de la religión. 4) La constitución de la República Federal de Alemania es la base común de la convivencia. Cuatro de los partidos representados en el Bundestag apoyan la modificación de la constitución para introducir el derecho de sufragio de los extranjeros. 3. Demandas al Concepto de Integración de Sajonia Cualquier plan de integración es papel mojado si no se basa en la participación y el reconocimiento por parte de los inmigrantes y se apoya en conceptos de realización. Para que la ejecución se realice según los planes, tiene que estar acompañada por un sistema de vigilancia. El gobierno de Sajonia deberá presentar el informe sajón sobre la integración en el parlamento cada dos años. Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. 3.1 El derecho de sufragio activo y pasivo El parlamento de Sajonia está llamado a declararse partidiario del derecho de sufragio de los extranjero a nivel comunal y regional. El Estado Libre de Sajonia debería defender a nivel federal la introducción del derecho de sufragio de los extranjeros. Sajonia – el estado federal con la menor cuota de nacionalización – tiene que eliminar todas las barreras que impiden o dificultan la nacionalización. 3.2 Medidas a corto plazo En Sajonia los inmigrantes apenas están representados en los gremios políticos y sociales que deciden sobre asuntos relacionados con la integración. El estado y la sociedad civil están llamados a involucrar a los inmigrantes activamente (federaciones, sindicatos, asociaciones, etc) y a eliminar las barreras de acceso. ¡Ninguna representación de inmigrantes sin inmigrantes! • • • • • Modificación de la ordenanza municipal de Sajonia para posibilitar la participación democrática de los inmigrantes en la vida política y social. Anclaje de los consejos de inmigrantes en la ordenanza municipal como representación elegida por los inmigrantes (según el ejemplo de Renania del NorteWestfalia, Hesse) Constitución de los consejos de inmigrantes como órganos de decisión a semejanza de las comisiones de asistencia a los menores con la participación de representantes de las asociaciones. Creación de consejos de inmigrantes en todos los distritos administrativos. Fortalecimiento de la capacidad de trabajo y transparencia de los consejos de inmigrantes: Sesiones mensuales; normalmente sesiones públicas; derecho de intervención en los consejos municipales; información frente a los votantes de forma regular; que las actas seas accesible por internet; oficina; horas de atención al público; financiación asegurada de los consejos de inmigrantes; posibilidad de realizar un trabajo relaciones pública Seite 25 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! • • • • • • independiente Participación de los inmigrantes en todos las comisiones como expertos. Involucrar a los representantes de los inmigrantes en la decisiones sobre las políticas de fomento. Creación de un consejo estatal de inmigrante. Programas de formación política para inmigrantes, instrucción sobre las posibilidades de una participación política, independientemente del estado de residencia (por ejemplo nacionalidad) Representación en parlamentos: Los partidos democráticos tienen que proponer a inmigrantes en sus listas de candidatos para las elecciones municipales, regionales y generales. Transparencia de la política legislativa y ejecutiva y publicación de informes sobre las políticas de inmigración, racismo y discriminación. 3.3. Posicionamiento claro contra y una lucha consecuente contra todas las formas de discriminación y rechazo por razón de la pertenencia a un grupo (racismo, antisemitismo, islamofobia) como política prioritaria y asunto que atañe al conjunto de la sociedad. • Examen y revisión de los contenidos pedagógicos en el sistema educativo en favor de una apertura intercultural, de una lucha contra el racismo, contra el nacionalismo, contra el fanatismo religioso y contra la intolerancia. • Implantación de programas escolares sobre el tema de la ética, la democracia, los derechos humanos y la inmigración. • apoyo estructural y económico al trabajo de las asociaciones involucradas en las políticas interculturales y de integración, de las organizaciones de inmigrantes e iniciativas y asociaciones que se dedican a la lucha contra el racismo y contra la discriminación. Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. 3.4 Políticas de asilo y refugio que se correspondan con las obligaciones en derecho internacional de Alemania. El Estado Libre de Sajonia debe cambiar urgentemente su política de asilo. Frente al hecho de que los solicitantes de asilo y los tolerados frecuentemente tienen que subsistir con sus familias bajo condiciones indignas durante muchos años, no es aceptable excluir a este grupo social de la planificación de la integración. Para ello hay que defender la reclamación de que se alivie la difícil situación de muchos solicitantes de asilo y tolerados. Las políticas que se llevan a cabo en otros estados demuestran que unas condiciones de acogimiento menos restrictivas son posibles bajo la legislación actual. La integración de todos, desde el primer día, es una obligación del estado democrático. Medidas idóneas para ello son: a. hospedaje descentralizado de solicitantes de asilo y tolerados como muy tarde a partir de seis meses después de la entrada b. asistencia monetaria en efectivo en vez de asistencia material en beneficio de la finanzas públicas y de los destinatarios. c. la eliminación de la obligación de residencia dentro del Estado Libre de Sajonia. d. una asistencia sanitaria adecuada a las necesidades (acceso y proporción), que no dependa de la colaboración de los afectados con las medidas oficiales. e. acceso a cursos de idiomas, ya que el conocimiento del alemán no sólo es positivo para los solicitantes de asilo y tolerados sino que también contribuiría a la prevención de conflictos en la sociedad de acogida. f. acceso a puestos de trabajo y de aprendizaje que fomentan la integración y mejoran las oportunidades de reintegración en los países de origen. g. puesta en marcha consecuente de la igualdad de oportunidades en la educación para niños según el concepto escolar integrador de Sajonia. h. una competencia amplia de decisión de los municipios y distrito administrativos sobre la acogida y la asistencia de refugiados. Seite 26 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! 3.7 Russische Fassung ЗА ДЕМОКРАТИЧЕСКУЮ ИНТЕГРАЦИЮ В САКСОНИИ! Позиционный документ к проекту интеграционного концепта Саксонии. Единогласно принятый текст на совещании миграционного консультативных совета Саксонии* от 13.06.2010 г. 1.Введение Интеграционный концепт Саксонии Прения по интеграционному концепту Саксонии (рабочий проект), проводимые с конца дек. 2009 г. по апр. 2010 г. дали впервые ,после почти 20 и летней истории миграции в Саксонии, шанс на прямые переговоры между представителями мигрантов с одной стороны и министерством по социальным вопросам Саксонии (SMS), уполномоченное разработкой концепта, с другой стороны. Основной упор данного документа – политическое участие мигрантов как непременное условие для демократической интеграции тематический комплекс, отсутсвующий полностью в наброске интеграционного концепта Саксонии. SMS расширило правда свою образовательную программу вокруг темы «политическое участие». Всёже выяснение места политического участия для демократической интеграционной политики и практики имеет большое значение. Это особенно важно, так как вопрос политического участия мигрантов до сих пор не находит практического применения при решающих политических решениях/ процессах. Мы уверены, что процесс выработки демократического интеграционного концепта, который лежит в интерессах всего общества, частью которого являются и мигранты, будет заверщон успехом. Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. Участие представительств меньшинств во всех фазах пересмотра интеграционных планов является непреемленным условием для успеха это общий опыт многих демократических обществ. Для новой ориентации в вопросах миграционной и интеграционной политики нужно исходить из признания разнообразия, равноправного участия мигрантов в общественной жизни, а также в серьёзном желании реформ. Позиционный документ относит к мигрантам беженцев (включительно политических и»Geduldete»), поздних переселенцев, людей с миграционным происхождением, людей с миграционным опытом, немцев с тёмной кожей, людей с цветной кожей, еврейских переселенцев, мигрантов, пересилившихся для воссоединения с семьёй, для учёбы и работы и иностранных предпринимателей. Начатый процесс взаимопонимания должен быть продолжен. По нашей оценке ещё существует потребность в дискуссии, особенно в определённых главных и детальных вопросах, как например в содержании интеграционного понятия а также в конкретных мерах исполнения. В этом процессе качество и равноправный диалог должны быть важнее, чем скорость процесса в зависимости от политических предписаний. Набросок дискуссионного документа был единогласно принят на совещании обединения «Tolerantes Sachsen» 5го июня 2010 г. как подходящяя дискусионная основа. 13го июня документ был обсуждён и единогласно принят. Государство, политика, СМИ, култьтурные ведомства, учереждения и гражданское общество призываются прекратить практику игнорирования, исключения и дискриминации мигрантов и практиковать свою открытость не только наружу но и во внутрь. Государство и кoммуны должны быть доступны для всех граждан! Seite 27 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! Интеграционный концепт должен последовательно и систематически устранять все барьеры, которые мешают и усложняют равноправное совместное сосуществование. 2. Предпосылки для демократической интеграционной политики в области политического и культурного права: 1) Интеграция предполагает равноправное участие в общественной, экономической, культурной и политической жизни.Это значит, что все люди обладают демократическим првом участвовать в совместном решении, чтобы отождествлять себя с обществом. 2) Новая интеграционная политика должна быть обращена к широкому кругу, недостаточно обращения внимания на новых мигрантов с постоянной перспективой пребывания. При этом должны быть учтены и уже живущие в стране мигранты. В эти старания должны быть привлечены в особенности дети и подростки. 3) Все люди имеют констицуонное право на свободный выбор образа жизни, независимо от религии, национального и этнического происхождения. 4) Консттуция ФРГ является общей основой для совместного сосуществования. Четыре партии Бундестага поддерживают изменение констиции, чтобы сделать возможным участие иностранцев в выборах. 3. Требования к интеграционному концепту Саксонии Каждый интеграционный план останется куском бумаги, если он не основывается на участии и признании мигрантами и не опирается на план мероприятий, а также концепты по его осуществлению. Планомерное осуществление должно сопровождаться мониторингом. В двугодичном интервале правительство должно представлять ландтагу интеграционный концепт Саксонии. Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. 3.1 Активное и пассивное избирательное право Саксонский ландтаг призывается к признанию права участия иностранцев в воборах на коммунальном и земельном уровне. Саксония должна ходотайствовать на федеральном уровне за введение права участия иностранцев в воборах. Саксония федеральная земля с самым низким числом принятых в гражданство должна устранить все барьеры, мешающие или усложняющие принятие в гражданство. 3.2 Краткосрочные меры В Саксонии мигранты почти не представлены в общественнополитических структурах, которые принимают решения по темам, важных для интеграции. Государство и общество призываются активно привлекать мигрантов (объединения, профсоюзы, общества) и устранять барьеры для участия. Никаких представительств мигрантов без мигрантов! Изменение саксонского положения об общинах, для обеспечения демократического участия мигрантов в общественной и политической жизни Закрепление консультативных советов (MBRe) в положении об общинах по образцу земель NordrheinWestfalen, Hessen, как избранных мигрантами представителей Konstituierung консультативных советов, как решающего органа, по подобию комитета по делам молодёжи с участием представителей обществ Основание консультативных советов во всех земельных округах Уселение работоспособности и прозрачности консультативных советов: ежемесячные заседания, как правило открытые заседания, право голоса в городских советах, регулярная отчётность Seite 28 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! перед избирателями, доступность протоколов по интернету, филиал, часы приёма, гарантированное финансирование консультативных советов, возможности для самостоятельной общественной работы Участие мигрантов во всех комиссиях , как компетентных граждан Привлечение представителей мигрантов в решения о финансировании Основание Земельного консультативного совета Политические образовательные программы для мигрантов, информирование о возможностях политического участия независимо от статуса пребывания ( например гражданство) Представительство в парламентах: демократические партии должны выдвинуть мигрантов в свои списки кандидатов для коммунальных, земельных и федеральных выборов Прозрачность государственной политики и практики, опубликование отчётов по миграционной политике, рассизму и дискриминации 3.3. Чёткая позиция и последовательная борьба со всеми формами дискриминации и группового человеконенавистничества (рассизм, антисимитизм, исламизм), как приоритетная и совместная общест венная задача пересмотр и переработка учебного содержания в школьной системе в смысле межкультурного открытия, борьбы с рассизмом, национализмом, религиозным фанатизмом и нетерпимостью введение школьных программ по теме этика, демократия, человеческие права и миграция Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. структурная и финанцевая помощь работы обществ, мигрантских самоорганизаций и инициатив в области интеграционно политической и межкультурной работы, борюющихся с рассизмом и антидискриминацией 3.4. Политика по отношению к беженцам и соискателей убежища в соответсвии с международными обязательствами Федеративной Республики Германии Срочного изменения направления требует политика по отношению к беженцам в Саксонии. Перед лицом факта, что беженцы и Geduldete часто годами проживают со своими семьями и детьми в условиях, недостойных человеку, непреемленно исключать эту группу населения при планировании интеграции Для этого выдвигаются важные требования для облегчения тяжолого положения многих беженцев и Geduldete. Отклоняющая практика в других землях подтверждает, что менее рестриктивные условия приёма возможны при существующем законодательстве. Интеграция для всех с первого дня это завет демократического общества. Подходящие меры: а. разрозренное размещение беженцев и Geduldeter само поздно через полгода со времени въезда b. денежная помощь вместо вещественной в интерессах общ. руки и пролучателей помощи c. отмена пространственного ограничения проживания в Саксонии d. отвечающее спросу медицинское обеспечение (доступ и объём), не зависищее от ведомстных мер e. доступ к языковым курсам, так как знание Seite 29 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! немецкого языка важно не только для соискателей убежища, но также и для принимающего общества, для избежания конфликтов f. досту к работе и учёбе для улучшения интеграции и реинтеграции в стране происхождения g. последовательное осуществление равных шансов детей в соответствии с интегративным школьным концептом Саксонсии h. обширные пролномочия коммун и земельных округов при принятии и обеспечении беженцев Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. Seite 30 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! 3.5 Vietnamesische Fassung Hội nhập dân chủ tại Sachsen Tuyên bố về dự thảo đường lối hội nhập của Sachsen Được nhất trí thông qua Hội đồng cố vấn tị nạn Sachsen và Tổ chức Sachsen khoan dung 1. Mở đầu Đường lối hội nhập của Bang Sachsen Lần đầu tiên sau 20 năm lịch sử nhập cư tại Sachsen, từ cuối tháng 12 năm 2009 đến tháng 4 năm 2010 đã diễn ra một cuộc thảo luận về đường lối hội nhập (bản dự thảo) của Bang Sachsen, một cơ hội đối thoại trực tiếp giữa một bên là những tổ chức đại diện người nhập cư và những tổ chức xã hội khác và bên kia là Bộ Xã hội (SMS) là cơ quan chịu trách nhiệm khai thảo nội dung phương hướng hội nhập. Trọng tâm của bản Tuyên bố này là việc tham gia về chính trị của những người nhập cư với ý nghĩa là một điều kiện không thể thiếu trong quá trình hội nhập dân chủ một chủ đề hoàn toàn vắng mặt trong bản dự thảo về đường lối hội nhập tại Sachsen. Bộ Xã hội mặc dù đã mở rộng chương trình thảo luận về chủ đề „Tham gia chính trị“ nhưng vẫn cần thiết phải phân tích sâu sắc về vị trí thiết yếu của việc tham gia chính trị trong đường lối và quá trình hội nhập trên thực tế. Điều này rất quan trọng vì cho đến nay vấn đề tham gia chính trị trong quá trình thực hiện hội nhập chưa hề được quan tâm. Chúng tôi tin tưởng rằng vì quyền lợi của toàn xã hội mà những người nhập cư cũng là một phần trong đó, công cuộc chuẩn bị cho ra đời một đường lối hội nhập dân chủ tại Sachsen sẽ thành công rực rỡ. Một kinh nghiệm chung của những nền xã hội dân chủ là với sự tham gia tích cực của những thành phần thiểu số trong mọi thời kỳ của quá trình nghiên cứu và sửa đổi các phương hướng Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. và đường lối hội nhập là điều kiện thiết yếu để dẫn đến thành công. Việc định hướng mới trong đường lối nhập cư và hội nhập phải được xuất phát từ việc công nhận sự đa dạng , quyền bình đẳng của người nhập cư trong đời sống xã hội và một nguyện vọng cải cách nghiêm túc. Bản tuyên bố này định nghĩa những người nhập cư gồm: Người tị nạn ( kể cả người đang xin tị nạn và những người được tạm dung), những người Đức di cư, những người đã định cư gốc nước ngoài, những người với kinh nghiệm nhập cư, người Đức da đen, người da mấu, người Do thái nhập cư, người nhập cư theo chính sách đoàn tụ gia đình, sinh viên và người lưu trú theo công việc, những doanh nhân nước ngoài nhập cảnh… Quá trình chuyển đối đã bắt đầu phải được tiếp tục tiến hành. Theo đánh giá của chúng tôi còn có nhiều nhu cầu tranh luận về những chủ đề chính và chi tiết, chẳng hạn về nội dung của khái niệm hội nhập và những biện pháp để thực hiện. Trong quá trình đó thì chất lượng và bình đẳng trong đối thoại phải được coi trong hơn là sự vội vã trong tiến trình thực hiện mà lại phụ thuộc vào những thông số mang tính chính trị. Biên bản này đã được các hội nghị của mạng lưới các tổ chức Sachsen khoan dung (Tolerantes Sachsen) và Hội đồng cố vấn tị nạn Sachsen (Sächsischer Flüchtlingsrat) thảo luận và biểu quyết thông qua vào tháng 6 năm 2010. Chúng tôi kêu gọi Chính phủ, giới chính khách, thông tin tại chúng, những cơ quan văn hoá, cơ quan chính quyền và toàn xã hội hãy xoá bỏ hiện thực thiếu hiểu biết, ngoại trừ và kì thị đối với người nhập cư mà hãy thực hiện tinh thần quốc tế cởi mở không những chỉ thể hiện bên ngoài mà thực sự từ trong tâm. Nhà nước và cơ quan chính quyền là của tất cả mọi người công dân chứ không của riêng ai! Một đường lối hội nhập phải cương quyết phá bỏ có hệ thống mọi chướng ngại gây khó khăn và rào cản một cuộc sống chung bình đẳng. Seite 31 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! 1. Những điều kiện hội nhập dân chủ trên lĩnh vực quyền lợi chính trị và văn hoá 1) Hội nhập đòi hỏi sự tham gia bình đẳng trên lĩnh vực xã hội, kinh tế, văn hoá và chính trị. Điều đó có nghĩa là tất cả mọi người đều có quyền tham gia dân chủ để có một thị thực với xã hội chung. 2) Đường lối hội nhập mới phải liên hệ rộng rãi tới mọi đối tượng, không chỉ chú trọng đến những người mới nhập cư có triển vọng lưu trú lâu dài mà cón phải quan tâm tới những người nhập cư đã sinh sống lâu năm tại đây, đặc biệt là tầng lớp thanh thiếu niên. 3) Tất cả mọi người đều có quyền tự do lựa chọn cách sống của mình, không phụ thuộc vào tín ngưỡng,gốc gác dân tộc hay quốc gia. 4) Hiến pháp Cộng hòa Liên bang Đức là nền tảng của cuộc sống chung. Đã có 4 Đảng trong quốc hội CHLB Đức ủng hộ việc sửa đổi hiến pháp tạo cơ hội cho quyền bầu cử của người nhập cư. 2. Yêu cầu đòi hỏi với Đường lối Hội nhập Mọi chương trình hội nhập sẽ chỉ nằm trên giấy nếu không có sự tham gia và được những người nhập cư công nhận và có những biện pháp thực hiện cụ thể. Để thực hiện đường lối đó cần phải có kế hoạch giám sát tiến độ thi hành. Cứ hai năm một lần chính phủ phải trình báo kết quả hội nhập trước Quốc hội Sachsen. 2.1. Quyền ứng cử và bầu cử Chúng tôi kêu gọi Quốc hội Sachsen công nhận quyền bầu cử của người nhập cư tại bầu cử cấp điạ phương và cấp tiểu bang. Bang Sachsen hãy ủng hộ quyền bầu cử cho người nước ngoài tại bầu cử quốc hội liên bang. Sachsen – một tiểu bang với tỉ lệ nhập quốc tịch thấp nhất hãy xoá bỏ mọi rào cản gây khó khăn cho việc nhập quốc tịch. Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. 2.2. Các biện pháp trước mắt Người nhập cư ở Sachsen hầu như không có đại diện trong các hệ thống chính trị xà hội, nơi quyết định các vấn đề quan trọng về Hội nhập. Chúng tôi kêu gọi nhà nước, tổ chức dân sự xã hội, mọi người nhập cư (các Hội đoàn lớn, tổ chức Công đoàn, các Hiệp hội v.v…) cùng tham gia và tháo gỡ các rào cản đó. Không thể để việc đại diện cho người nhập cư mà lại không có mặt người nhập cư! Thay đổi qui định tổ chức cấp địa phương trong Tiểu bang để đạt được một sự công bằng dân chủ của người nhập cư trong đời sống chính trị và xã hội Liên kết các Hội đồng người nhập cư đã được bầu (viết tắt MBRe) để đại diện cho người nhập cư vào trong qui định Tổ chức địa phương (như ví dụ của bang NordrheinWestfalen, Hessen) Thành lập Hội đồng người nhập cư (MBRe) là bộ phận có quyền quyết định theo hình thức như Ủy ban xét duyệt quĩ và các công việc Thanh thiếu niên nhưng phải có sự tham gia của các đại diện các Hiệp hội Thành lập các Hội đồng người nhập cư tại tất cả các Huyện Đẩy mạnh khả năng làm việc và tính độc lập của Hội đồng nhập cư (MBRe); hàng tháng họp 1 lần, họp công khai; Có quyền phát biểu trong hội đồng thành phố; Báo cáo thường lệ trước cử tri; Biên bản đăng qua Internet để mọi người được đọc; Có trụ sở văn phòng; Có giờ tiếp khách; có nguồn kinh phí cố định cho Hội đồng; Có cơ hội được độc lập việc công khai báo chí Người nhập cư được tham dự trong tất cả các Ủy ban xét duyệt với tư cách là những Công dân am hiểu(người có quyền tham gia chính kiến) Đưa các đại diện người nhập cư vào để cùng quyết định về chính sách quĩ hỗ trợ Thành lập một Hội đồng người nhập cư cấp Tiểu bang Lập chương trình đào tạo chính trị cho người nhập cư, giải thích các khả năng được tham gia chính trị mà không phụ thuộc vào chế độ cư trú (vdụ như quốc tịch) Đại diện trong quốc hội: Các Đảng dân chủ cần phải đưa người nhập cư vào danh sách ứng cử viên các cấp bầu cử của địa phương, Tiểu bang và Liên bang Seite 32 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! Rõ ràng trong đường lối chính trị nhà nước và thực tiễn công khai các báo cáo về chính sách nhập cư, về chủ nghĩa kỳ thị và sắc tộc 2.3. Thừa nhận rõ ràng và kiên quyết chống lại các hình thức phát sinh của chủ nghĩa kỳ thị và thù địch của từng nhóm người (Chủ nghĩa sắc tộc, bài thị Do thái, thù địch Hồi giáo), coi đây là vấn đề tối trọng và là nguyện vọng chung của xã hội Xem lại và chỉnh sửa các nội dung trong hệ thống giáo dục nhằm mục đích cởi mở nền đa văn hóa, chống lại chủ nghĩa sắc tộc, dân tộc chủ nghĩa, chủ nghĩa cuồng tín tôn giáo và lòng thiếu khoan dung Đưa các chủ đề Đạo đức, Dân chủ, quyền con người và việc nhập cư vào chương trình giáo dục Đề nghị chu cấp kinh phí cơ bản cho các công tác văn hóa và chính trị nhập cư đối với các Hiệp hội đang hoạt động, các Tổ chức người nhập cư tự giúp đỡ, các tổ chức tiến bộ và các hiệp hội đã cống hiến trong các hoạt động chống lại chủ nghĩa sắc tộc và chống chủ nghĩa phân biệt dung ở dạng căn hộ riêng (không tập trung) b. Cấp chế độ cấp tiền mặt thay cho chế độ nhận đồ ăn Paket là phù hợp với nguyện vọng của nhà nước và người xin tị nạn c. Bãi bỏ qui định cấm trái vùng trong toàn Tiểu bang Sachsen d. đựoc hưởng chế độ y tế (theo nhu cầu không bị hạn chế) mà không bị phụ thuộc vào các qui định của cơ quan chính quyền địa phương e. Mở các khóa học tiếng Đức cho ngừoi xin tị nạnvà người đựoc tạm dung, bởi vì tiếng Đức không chỉ đáp ứng riêng cho họ mà còn có ý nghĩa là phòng tránh đựoc các mâu thuẫn trong Xã hội f. Cho phép họ đựoc đi làm và học nghề thì sẽ thúc đẩy đựoc việc hội nhập và sẽ thuận lợi hơn khi họ tái hòa nhập tại quê hương g. Nghiêm túc thực hiện bình đẳng giáo dục theo đuờng lối giáo dục hội nhập của Sachsen đối với các cháu con em người xin tị nạn và người được tạm dung h. mở rộng quyền hạn làm việc của các đơn vị xã, huyện trong việc nhận và chăm sóc ngừoi xin tị nạn/ và ngừoi đựoc tạm dung 2.4. Yêu cầu thực hiện chính sách tị nạn cho phù hợp với nghĩa vụ công pháp quốc tế của CHLB Đức Một sự chuyển hướng trong chính sách tị nạn tại Sachsen là sự cấp bách. Dựa trên thực tiễn người xin tị nạn và người được tạm dung cùng gia đình và các cháu nhỏ phải sống nhiều năm trong hoàn cảnh sống thiếu nhân đạo nên càng không thể chấp nhận việc đưa họ ra ngoài lề trong việc lập kế hoạch của tiến trình Hội nhập. Vì thế có một số đề nghị được đề ra nhằm khắc phục hoàn cảnh sống khó khăn của người tị nạn và người được tạm dung Ngoại trừ một số áp dụng đã được thực hiện ở một số Tiểu bang, thì theo cơ sở pháp lý hiện nay các điều kiện hạn chế cho nhập tị nạn đã dần ít đi. Việc Hội nhập ngay từ ngày đầu phải là điều thiết yếu của nền tảng cộng đồng dân chủ Các biện pháp hữu hiệu : a. Muộn nhất là sau sáu tháng nhập cảnh phải sắp xếp cho người xin tị nạn và ngừơi được tạm Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. Seite 33 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! 3.6 Arabische Fassung Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. Seite 34 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. Seite 35 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. Seite 36 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. Seite 37 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! 3.7 Fränzösische Fassung DÉMOCRATIQUE EN SAXE ! Prise de position face à l’ébauche du Concept d’Intégration Saxon Votée à l’unanimité par le Conseil des Migrant(e)s de Saxe et par le Réseau Tolérance de Saxe 1. INTRODUCTION Le Concept d’Intégration Saxon De la fin du mois de décembre 2009 à avril 2010, des débats ont eu lieu au sujet du Concept d’Intégration de l’État Saxon, cela après plus de 20 ans de migration en Saxe. Ces débats permirent, pour la première fois, des échanges directs entre, d’un côté, les représentants des migrant(e)s et des organisations sociales et, de l’autre coté, le Ministère Saxon des Affaires Sociales, responsable de l’élaboration dudit concept. participation des représentants de minorités, à chaque étape de l’élaboration de plans d’intégration, est une condition essentielle à la réussite. Pour une nouvelle orientation en ce qui a trait aux questions de politiques de migration et d’intégration, il faut partir du principe de la reconnaissance de la diversité, de la participation sur un pied d’égalité des migrant(e)s à la vie sociale et d’un sérieux désir de réforme. Cette prise de position désigne comme migrants et migrantes : les réfugié(e)s (incluant les demandeur(e)s d’asile et les « toléré(e)s »), les rapatrié(e)s tardifs/tardives, les gens issus de l’immigration et ceux/celles ayant vécu l’immigration, les AfroAllemands et autres minorités visibles, les immigré(e)s juifs/juives ainsi que tous/toutes les migrant(e)s venu(e)s au pays dans le cadre de regroupements familiaux, d’études ou dans le but de fonder des entreprises. La présente prise de position met l’accent sur la participation politique des migrant(e)s comme condition sine qua non à une intégration démocratique. Malheureusement, cette thématique est complètement absente de l’ébauche du Concept d’Intégration Saxon. Il est vrai que le Ministère Saxon des Affaires Sociales a rajouté un atelier sur la question de la participation politique. Néanmoins, l’importance de la participation politique pour une intégration démocratique réussie doit être clairement affirmée. Cela d’autant plus que, jusqu’à ce jour, la question de la participation politique des migrant(e)s n’a jamais été adressée dans le cadre des prises de décisions et des processus politiques déterminants. Le processus de compréhension mutuelle amorcé doit être poursuivi. Selon notre appréciation de la situation, des discussions supplémentaires sont nécessaires au sujet de plusieurs questions essentielles ainsi que de certains détails, par exemple la définition même du concept d’intégration et des mesures concrètes pour la réaliser. En cours de processus, qualité et dialogue entre égaux devraient primer sur la rapidité d’exécution basée sur les contraintes politiques. Nous sommes convaincus qu’il est dans l’intérêt de toute la société civile, y compris des migrant(e)s qui en font intégralement partie, que le processus d’élaboration d’un concept d’intégration démocratique soit couronné de succès. L’état, le monde politique, les médias, les institutions culturelles, la fonction publique et la société civile sont appelés à mettre fin aux pratiques d’exclusion et de discrimination envers les migrant(e)s. L’objectif d’une plus grande ouverture au monde ne doit pas être tourné uniquement vers l’extérieur mais aussi vers l’intérieur. L’état et les communes doivent être présents pour tous/toutes les citoyen(ne)s ! L’expérience de nombreuses sociétés démocratiques nous enseigne d’ailleurs que la Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. La présente prise de position fut discutée et adoptée en juin 2010 lors de congrès du Réseau Tolérance de Saxe et du Conseil des Migrant(e)s de Saxe. Seite 38 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! Un concept d’intégration doit, de façon conséquente et systématique, abolir toutes les barrières qui empêchent ou rendent plus difficile la cohabitation sur un pied d’égalité. 2. Les conditions préalables à une politique d’intégration démocratique en ce qui a trait aux droits politiques et culturels sont entre autres : 1) L’intégration implique une participation avec les mêmes droits tant à la vie sociale, économique, culturelle que politique. Cela veut dire que tout le monde possède le droit démocratique de participer aux prises de décisions afin de pouvoir s’identifier à sa communauté. 2) Une nouvelle politique d’intégration doit s’adresser à un plus grand public. Il ne suffit pas de s’en tenir seulement à ces nouveaux arrivants bénéficiant d’un permis de séjour permanent. Il faut surtout prendre en considération les migrant(e)s vivant déjà au pays. À cet effet, il faudrait particulièrement inclure les enfants et les adolescents. 3) Chaque personne dispose du droit fondamental de choisir librement son mode de vie, indépendamment de sa religion ou de son origine nationale ou ethnique. 4) La constitution de la République Fédérale forme la base même de la cohabitation. 4 partis politiques présents au Bundestag sont favorables à un changement constitutionnel accordant le droit de vote aux étrangers vivant au pays. 3. Exigences requises du Concept d’Intégration Saxon Chaque projet d’intégration risque de n’être qu’un simple bout de papier à moins de ne reposer sur la participation et la reconnaissance des migrant(e)s et de s’appuyer sur de solides concepts et mesures pour le mettre en pratique. Pour cela, un système de surveillance et de contrôle doit être créé afin que la mise en application se déroule selon le plan prévu. Le gouvernement devrait aussi soumettre au parlement du Land un rapport d’intégration à tous les deux ans. Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. 3.1 Droit de vote actif et passif Le parlement saxon est appelé à prendre position en faveur de droit de vote pour les étrangers vivant au pays tant au niveau communal qu’au niveau du Land. De même, l’État libre de Saxe devrait s’engager sur la scène fédérale pour l’instauration dudit droit de vote des étrangers vivant au pays. La Saxe, le Land avec le plus faible taux de naturalisation, doit abolir toutes les barrières qui empêchent ou rendent plus difficile la naturalisation. 3.2 Mesures à court terme En Saxe, les migrant(e)s sont à peine représenté(e)s dans les comités sociopolitiques qui ont le pouvoir de décision quant aux thèmes englobant l’intégration. L’état et la société civile sont appelés à faire des efforts pour inclure les migrant(e)s (fédérations, syndicats, associations, etc.) et pour abolir les barrières auxquelles ils/elles font face. Pas de représentation de migrant(e)s sans migrant(e)s ! Changement à la loi saxonne d’organisation communale afin de garantir la participation démocratique des migrant(e)s à la vie sociale et politique Incorporation des Conseils de Migrant(e)s à la loi d’organisation communale en tant que représentants élus des migrant(e)s (suivant l’exemple de la RhénanieduNordWestphalie et de la Hesse) Implantation des Conseils de Migrant(e)s en tant qu’organes délibératifs avec la participation des représentant(e)s d’associations selon le modèle des commissions d’aide à la jeunesse Établissement de Conseils de Migrant(e)s dans tous les districts Renforcement des compétences et de la transparence des Conseils de Migrant(e)s : séances mensuelles ; séances publiques en général ; droit de parole dans les conseils municipaux ; informations régulières aux électeurs/électrices ; procèsverbaux disponibles via Internet ; bureaux et heures de consultation ; financement permanent des Seite 39 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! Conseils de Migrant(e)s ; possibilité de relations publiques indépendantes Participation des migrant(e)s en tant que personnes compétentes dans toutes les commissions Inclusion des représentant(e)s de migrant(e)s dans les décisions concernant les politiques de subvention Création d’un Conseil régional pour les migrant(e)s Programmes d’éducation politique pour les migrant(e)s, informations au sujet de la participation politique indépendamment du statut de séjour (par exemple, la nationalité) Représentation parlementaire : les partis politiques démocratiques devraient inscrire des noms de migrant(e)s sur leurs listes de candidat(e)s lors d’élections communales, régionales et fédérales Transparence des politiques et pratiques étatiques ainsi que la publication de rapports sur la politique de migration, le racisme et la discrimination 3.3. Ferme prise de position et lutte systématique contre toutes les formes de discrimination (racisme, antisémitisme, islamophobie) en tant qu’objectif prioritaire pour l’ensemble de la société Révision et refonte du programme scolaire dans un esprit d’ouverture interculturelle voué à la lutte contre le racisme, le nationalisme, le fanatisme religieux et l’intolérance Introduction de cours dans les écoles ayant pour thème l’éthique, la démocratie, les droits humains et la migration Appui structurel et financier du travail accompli par les groupes se consacrant aux politiques d’intégration et aux questions interculturelles ainsi qu’aux organisations, initiatives et associations de migrant(e)s mêmes qui se dédient à la lutte contre le racisme et la discrimination 3.4 Politique de réfugié(e)s et d’asile conforme aux obligations de droit international de la République Fédérale d’Allemagne Un urgent changement de direction en ce qui Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. concerne la politique d’asile de l’État libre de Saxe est nécessaire. Compte tenu du fait que les demandeur(e)s d’asile et les « toléré(e)s », souvent accompagnés de leurs familles et enfants, doivent attendre de nombreuses années dans des conditions inhumaines, il est inacceptable que ce groupe de personnes soit exclu du plan d’intégration. A cette fin, d’importantes revendications visant à alléger le difficile sort des demandeur(e)s d’asile et de « toléré(e)s » doivent être faites. Des pratiques différentes dans d’autres Lands démontrent que des conditions d’admission moins restrictives sont possibles dans le cadre légal actuel. L’intégration pour tous/toutes dès le premier jour est un des exigences fondamentales d’une communauté démocratique. Les mesures appropriées à cette fin sont : a. Hébergement décentralisé pour les demandeur(e)s d’asile et les « toléré(e)s » 6 mois après leur entrée au pays au plus tard b. Prestations financières plutôt qu’en nature pour le ravitaillement dans l’intérêt du public et des bénéficiaires mêmes c. Abolition des conditions de résidence restrictives à l’intérieur de l’État libre de Saxe d. Assistance médicale selon les besoins (accès et étendue) indépendamment de la participation des personnes concernées aux mesures officielles e. Accès au cours d’allemand puisque la connaissance de la langue ne profite pas qu’aux seul(e)s demandeur(e)s d’asile et aux « toléré(e)s » ; elle permet également de prévenir les conflits, ce qui est évidemment dans l’intérêt de la société d’accueil f. Accès au travail et aux apprentissages professionnels qui facilitent l’intégration et améliorent les chances de réintégration dans les pays d’origine g. Implémentation conséquente de l’égalité des chances en éducation selon le concept saxon d’intégration scolaire h. Compétences élargies des communes et districts lors de l’accueil et de la prise en charge des réfugié(e)s Seite 40 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! 4.) INTERVIEWS DES TAGES (RADIO T CHEMNITZ) Während der Veranstaltung führte Jens Paßlack von Radio T Chemnitz zwei Interviews durch, die er uns freundlicherweise für die Dokumentation zur Verfügung stellt. Interviewpartner waren Dimitrios Amabtielos (Mitglied des Ausländerbeirates Dresden) und Nabil Yacoub (Mitglied des sächsischen Migrantenbeirates) Wir geben hier nur eine gekürzte Version der Antworten wieder. 4.1 Interview mit Dimitrios Ambatielos Jens: Was verbinden Sie Herr Ambatielos mit dem Titel der Tagung? Dimitrios: Ich verbinde das, was die Tagung nachgeht. Und zwar geht sie einer Wirklichkeit nach. Und die Wirklichkeit ist, dass viele Migrantinnen und Migranten keine politischen Rechte haben. Sie haben kein kommunales Wahlrecht, sie sind nicht in der Lage mit zu entscheiden, wer sie auf der kommunalen Ebene regiert. Und es ist mit eine Aufgabe von MigrantInnenorganisationen, beiräten und anderen Interessierten diesen Zustand zu ändern und ich denke, dass diese Tagung uns befähigen wird in diese Richtung. Jens: Sie sind Mitglied des Ausländerbeirates Dresden schon über eine relativ lange Zeit, vielleicht können Sie da die Entwicklung ein wenig beschreiben, denn in ihrem Eingangsvortrag haben Sie darauf auch verwiesen. Dimitrios: Der Dresdner Ausländerbeirat ist 1996 schon gegründet worden. Am Anfang gab es, wie bei vielen solchen neuen Prozessen, Schwierigkeiten. Die Mitglieder des Ausländer beirates wurden nicht gewählt von den MigrantInnen, sondern wurden eingesetzt vom Stadtrat, von einer Kommission, aber dann in der nächsten Legislaturperiode war es dann möglich, dass die MigrantInnen selbst die KandidatInnen wählen. Das war schon ein erster Schritt in die richtige Richtung, weil in einem demokratischen Staat, der der vertreten werden soll, muss ja seine Vetreter auch wählen Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. können, das war am Anfang nicht möglich, jetzt ist es aber möglich. [...] Der Ausländerbeirat hat keine beschließenden Kompetenzen. [...] hat die Möglichkeit den Stadtrat zu beraten und den OBM zu beraten. Diese beratende Tätigkeit ist bei vielen MigrantInnen nicht nachvollziehbar, deswegen gab es bei den letzten Wahlen zum Ausländerbeirat auch eine geringe Wahl beteiligung. Also es ist nicht nur Desinteresse oder nicht informiert sein über den Beirat, sondern auch die Erkenntnis, dass der Beirat nicht sehr viel bewirken kann. Trotzdem haben wir die Möglichkeit einiges mit auf den Weg zu bringen als Gremium [...] was zum Beispiel die Versorgung von Asylbewerbern anbelangt oder was das Integrationskonzept der Stadt Dresden anbelangt oder einen lokalen Handlungsplan gegen Rechtsextremismus. Jens: Sie haben aber in ihren Vortrag auch ein Problemfeld benannt, wo man dann merkt, dass der Einfluss dann doch noch nicht so groß ist, bei der Wahl der Ausländerbauftragten der Stadt Dresden. Vielleicht können Sie da noch mal die Situation beschreiben, auch welche Rolle da der Ausländerbeirat eingenommen hatte, welche Position er hatte und wie da am Ende die Entscheidung ausgefallen ist. Dimitrios: Ich möchte jetzt keine tiefgehenden Details sagen, weil das interessiert nicht viele Leute. Wichtig ist, dass wir, und das ist das positive da dran, als Beirat und so ist auch das Anliegen der OBM, in irgendeiner Form beteiligt werden an diesem Auswahlverfahren und es war festgelegt, dass der Vorsitzende des Beirates bei den Gesprächen dabei ist, um seine Meinungen auch zu äußern. Was er auch getan hat. Und als am Ende der Beirat zu einem anderen Vorschlag gekommen ist, als der von der Verwaltung, brachte das eine Debatte, ob überhaupt der Beirat befugt war. Rein gesetzlich, rein vorschriftsmäßig ist der Beirat [...], ist er nicht befugt, sich in Personalangelegenheiten „einzumischen“. Aber da wir davon ausgehen, dass wir die Interessen unserer Wähler vertreten und der Ausländerbauftragte/die Ausländerbeaufragte auch diese Menschen vertritt, natürlich auch mit den Interessen der Stadtverwaltung kombiniert, haben wir von Seite 41 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! Anfang an gesagt, dass wir uns beteiligen wollen an diesem Verfahren. Aber dieses Verfahren ist mit diesem Eklat ausgegangen, weil das Votum des Ausländerbeirates nicht erhört wurde. Es wurde also die Mehrheitsentscheidung [...] des Beirates nicht respektiert. Jens: Was sind denn aus Sicht des AB die nächsten mittelfristigen Ziele, die sie sich gesetzt haben für die Stadt Dresden? Dimitrios: Die Stadt Dresden hat seit einem Jahr ein neues Integrationskonzept, in dem Hand lungsfelder für Integrationspolitik beschrieben werden. Uns geht es darum, Wege zu finden, wie man dieses Konzept mit Leben erfüllt. Weil, wenn es auf dem leeren Papier bleibt, dann hilft das niemandem [...]. Es gibt seitens der Stadt einige Gremien, die einberufen wurden, um das zu steuern, wir wollen da auch mitmischen. Jens: Die Themen, die sie da so vorrangig sehen, welche sind das? Dimitrios: Ein Thema [...], das uns auf den Fingernägeln brennt, ist das Schicksal von etwa 300 Asylbewerberinnen und Asylbewerbern, die in Dresden noch in Heimen untergebracht werden. Es ist zwar von der Menge keine große Anzahl, aber das heißt nicht, dass wir uns nicht kümmern sollen, um diese Menschen, die in Wohnungen [...] untergebracht werden wollen. Wir hatten in der Phase im Beirat die Vorlage einiger Fraktionen unterstützt, diese Menschen aus den Heimen zu holen, um sie in Wohnungen unter zu bringen. Der Weg ist noch weit, es gab schon in der letzten Legislaturperiode eine Ablehnung vom Stadtrat bei einem ähnlichen Verfahren. Aber wir hoffen, dass es diesmal wird. Andere Priorität ist die interkulturelle Öffnung der Verwaltung, das klingt ziemlich pompös, aber es ist für uns eine wichtiges Instrument, damit die MigrantInnen in Dresden sich wohl fühlen. Das heißt, sie wollen einer Verwaltung gegenüber stehen, die sie akzeptiert, die auf ihre Interessen eingeht und sie wollen nicht toleriert werden, weil Toleranz ist inzwischen sehr negativ besetzt. Man toleriert negatives. Man toleriert das schlechte Wetter, den Regen, man toleriert nicht die Sonne. Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. 4.2 Interview mit Nabil Yacoub Jens: Sie haben hier ein Papier eingebracht in die Diskussion, gemeinsam mit Dimitrios Ambatielos, das sich um die Situation von MigrantInnen dreht und da ganz besonders um die rechtliche Gleichstellung, vielleicht können Sie die Situation von MigrantInnen in Sachsen mal beschreiben. Nabil: Ja, die MigrantInnen in Sachsen genießen weniger Rechte als die MigrantInnen in anderen Bundesländern, vor allem in westlichen Bundesländern und das ist genau der Konflikt, der sichtbar geworden ist bei der Diskussion über den Entwurf des Integrationskonzepts. Viele Leute interessieren sich in erster Linie für soziale Verbesserungen, Verbesserungen was kulturelle Beteiligung betrifft und das ist auch richtig, aber die Grundlage der Sozialpolitik und der Kulturpolitik und alles, ist in der Politik, dass heißt in den Aktivitäten, den politischen Aktivitäten von Stadträten, von Landtagen etc. und deswegen glauben wir, dass die echte Berücksichtigung der legitimen Interessen von MigrantInnen kann nur stattfinden, wenn sie auch mitreden mitbestimmen, nicht über sie bestimmt wird. Das ist eine ganz wichtige Angelegenheit. [...] paradox ist, obwohl ca. 100.000 Aussiedler in Sachsen leben von 250.000 Menschen mit Migrationshintergrund, sind sie kaum repräsentiert; [...] Dann sagen wir, etwas stimmt nicht, etwas funktioniert nicht. Und das ist nach unserer Erfahrung und nach vielen Recherchen und Studien eine generelle Haltung, die Minderheiten ausgrenzt. Wir finden, dass ist nicht gut für die Demokratie in Sachsen, denn die Identifikation mit dem Land, mit seinen Interessen, mit seinen Sorgen und so weiter, erfordert, dass die Menschen die Möglichkeit haben, ihre Interessen zu artikulieren und ihre Worte finden auch Eingang in den allgemeinen Debatten, die das Ziel haben die Situation zu korrigieren und zu verbessern. [...] Wir glauben, dass Partizipation natürlich als wichtigstes Ziel hat, dass die Menschen Wahlrecht haben auch mit entscheiden.[...] Wir sehen aber auch, dass die Partizipation nicht Seite 42 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! nur eine Frage der Wahlkämpfe ist [...] Partizipation heißt, dass die MigrantInnen sich selbst ihre Organe schaffen müssen [...] nicht nur als Ausländer und MigrantInnen, sondern mit allen Deutschen, die die Grundrechte der MigrantInnen anerkennen. Zusammen Auslän derbeiräte schaffen, in Regionen, wo es keine gibt und die zusammen Ziele formulieren in Richtung Gleichberechtigung. [...] Wenn die Menschen sehen, sie sind gleichberechtigt, dann können sie sich identifizieren mit dem Gebiet, mit der Stadt, mit dem Land. Aber wenn sie ausgegrenzt sind, dann ist keine Identifikation zu erwarten. Jens: Sie hatten vorhin angesprochen, dass es da Unterschiede gibt zwischen Sachsen und vor allem westlichen Bundesländern. Wo sind diese Unterschiede genau? Nabil: In der BRD gibt es 400 – 450 Ausländerbeiräte, Organe die teilweise die Interessen der MigrantInnen repräsentieren, mit eingeschränkten Kompetenzen. In Sachsen gibt es nur 4, davon zum Beispiel in Leipzig, die Stadt mit der größten Zahl von Ausländern in Sachsen, erst seit dem vergangenen Jahr. Es gab sozusagen 14, 15 Jahre lang Widerstand dagegen, dass die Ausländer diese eingeschränkte Möglichkeit der Artikulation ihrer Interessen und der Kommunikation mit dem Land und seinen Organen oder mit der Stadt [...] haben. Es gibt keine Kommunikations strukturen zwischen MigrantInnen und Kommunen (Feststellung aus der Ramboll studie), weil die Ausländer dürfen in den Städten (außer Dresden), wo sie Ausländerbeiräte haben, ihre Vertreter nicht wählen. Und das ist, unabhängig davon, dass es ein politisches Defizit ist, eine große Beleidigung. Das man erwachsenen Menschen nicht zutraut, dass sie ihre Vertreter wählen. [...] Selbst in manchen Vereinen entstand die Gewohnheit MigrantInnen zu betreuen, zu helfen, aber nicht zu beteiligen an der Arbeit. Früher haben wir gelernt von den westlichen Vereinen, dass es Prinzip ist, Hilfe zur Selbsthilfe. Es ist nicht so, dass wir neue Abhängigkeiten schaffen, aber das wird praktiziert in der Regel und zu recht haben auf Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. dieser Tagung viele Menschen das gesagt und wiederholt, die Ausländer oder die MigrantInnen sollen als Subjekte und nicht als Objekte gesehen werden. [...] Das Integrationskonzept berücksichtigt überhaupt nicht die Frage der Flüchtlinge, aber ihre Kinder gehen in die Schulen [...] Die Kinder lernen die Sprache, haben ihre Freunde [...] die leben in dieser Kultur schon und ihre Eltern sind total abgeschnitten davon. Die Verständigung wird schwierig in den Familien und die anderen verstehen die Welt nicht mehr. Was ist los, wir wollen einfach arbeiten, aber sie kriegen keine Arbeitsgenehmigung [...]. Ich glaube kein Staat kann erfolgreich sein bei seiner Wirtschafts politik, wenn der Staat nicht innovativ denkt. [...] Hier gehört etwas Mut dazu und Sachsen probiert einen anderen Weg als diese verfahrene Strecke. Jens: Was sind die kurzfristigen Ziele, was sie sich wünschen für die nächsten zwei Jahre? Nabil: Wir sind dabei,... sagen wir, wir wollen nicht mehr warten. Wir wollen keine verrückten Sachen machen, aber wir wollen nicht mehr warten bis jemand sagt, oh bitte schön... Wir gründen Ausländerbeiräte in den Landkreisen, das wollen wir machen. Wir wollen diese kleinen Institutionen aufbauen, die den MigrantInnen erlauben Demokratie zu leben und da werden sie auch lernen, politische Bildung wird angeboten werden. Das wollen wir mit aller Kraft machen. Und wenn das existiert, dann muss Sachsen sich freuen auf, sagen wir bewusste Bürgerinnen und Bürger, zwar mit anderem Hintergrund, aber die wollen teilnehmen an dem demokratischen Prozess und wir bestehen darauf. Wir lassen uns nicht mehr erzählen, macht mal einen Antrag und wartet auf die Genehmigung. Die echte Legitimation kommt von der Ernsthaftigkeit und dem Engagement der Leute, die dort arbeiten, wie erfolgreich sie sind zu kämpfen für die Grundrechte der Menschen auf der Basis des Grundgesetzes. Seite 43 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! 5.) EIN ERSTER SCHRITT ZU MEHR MITBESTIMMUNG GRÜNDUNG VON PRODIALOG E.V. Ansprechpartner: Herr Sarbast Akraui 017624745089 Herr AkbariKenari: 01735960780 Der Verein ProDialog Leipzig e. V. ist am 9. Juni 2010 durch engagierte und erfahrene Personen mit unterschiedlichem kulturellen, sprachlichen und ethnischem Hintergrund in Leipzig gründet worden. Ein besonders Ziel des Vereins ist es, den Dialog zwischen Aufnahmegesellschaft und Zuwander ern aktiv zu fördern und durch Etablierung eines Preises für „interkulturelle Öffnung und Teilhabe“ die Unternehmer, Vereine, Parteien, Verwaltung, und den öffentlichen Dienst, noch mehr zu motivieren sich interkulturell zu öffnen und den Zugewanderten die Teilhabe am beruflichen, politischen, sozialen und kulturellen Leben der Stadt Leipzig dauerhaft zu ermöglichen. Das zweite Ziel ist die Einrichtung eines "EmpowermentFonds". Durch diesen Fonds sollen MigrantInnen und ihre Organisationen bei der Qualifizierung durch Seminare und Tagungen finanziell unterstützt werden. Dadurch sollen sie ihre Kompetenzen erweitern und ihnen soll mehr aktives Handeln möglich sein. Durch Veranstaltungen, Seminare, Nachbar schafts Aktionen und Projekte auch in Zusammenarbeit und Kooperation mit Initiativen, Vereinen, Verwaltungsorganen und anderen Einrichtungen der Gesellschaft wollen wir den Dialogprozess zwischen den Zuwander ern und der Aufnahmegesellschaft in unserer Stadt voranbringen und die Sicht bzw. die Interessen der Zugewanderten stärker in den Vordergrund rücken, um eine Zusammenarbeit auf gleicher Augenhöhe auszuloten Spendenkonto: 307008491 Volksbank Leipzig BLZ: 860 956 04 Vorstand sind Herr Sarbast Akraui, Herr Farzin AkbariKenari, Herr Ardalan Ameen, Frau Naurus Amin und Frau Katharina Ramchen. Kontakt: ProDialog Leipzig e.V. Konradstr. 60a, 04315 Leipzig Tel.: 034168 88946 (ab 15. September) Email: prodialog[email protected] Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. B. SCHLUSSWORT Anja Treichel Mitglieder des TolSax, Initiativen der Zivilgesellschaft mit und ohne migrantischen Hintergrund und VertreterInnen aus Politik und Gesellschaft diskutierten erstmals in Form einer Tagung über Schwierigkeiten und Barrieren für Integration, Wege gelingender Teilhabe und den Abbau von Rassismus. Damit hat auch das Netzwerk Tolerantes Sachsen nach einem langen Anlauf den ersten Schritt getan, sich bewusst für Organisationen von MigrantInnen zu öffnen. Weitere Schritte werden folgen. Die Menschen, die sich am 05. Juni 2010 in Leipzig trafen, wollen kein „Tolerantes Sachsen“ auf Gnaden der Mehrheit – sie wollen Mitbestimmung und gleiche Rechte. Sie wollen nicht in „nützliche und nicht nützliche Ausländer“ aufgeteilt werden oder in zu „uns“ passende abendländische Christen bzw. „terrorismus verdächtige“ Muslime. Sie wollen Kommunales Wahlrecht und angemessene Repräsentation auf der politischen Ebene, sie möchten ernst genommen werden. Sie wollen nicht als Exoten gelten, nicht infantilisiert werden, keine „QuotenmigrantInnen“ sein; sie brauchen niemanden, der ihnen sagt, was gut für sie ist. Dem Argument, mit dem von jeher Integration und Mitbestimmung in Sachsen abgebügelt wird „Es sind doch noch nicht mal 3% Migranten in Sachsen, das Thema lohnt nicht“, setzen wir entgegen: Es geht um nichts Geringeres als Demokratie – und die soll doch für alle Menschen da sein, seien es nun 3 oder 97% der Bevölkerung. MigrantInnen und ihre Vereine und Initiativen haben einen langen Weg des Empowerments zurückgelegt, sie möchten sich aktiv in ein Gemeinwesen einbringen, was sie Seite 44 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! jahrzehntelang bestenfalls ignoriert hat. Sie möchten das Gefühl der Ohnmacht überwinden und ihr Schicksal in die eigenen Hände nehmen. Lobenswert ist die Einmischung der Politik, auch der konservativen. Die kürzlichen Verlaut barungen von sächsischen Politikern zur Öffnung und zum Paradigmenwechsel in der Migrations politik müssen sich allerdings in der Praxis bewähren. Veränderungen müssen für den einzelnen Menschen spürbar sein, und besonders im Bereich der Mitbestimmung muss noch viel getan werden. ОБОБЩЕНИЕ Члены «Толерантной Саксонии», общественные организации, как с миграционным прошлым, так и без него, и представители политики и социума впервые обсуждали в форме конференции трудности и преграды процесса интеграции, пути достижения целей в этом направлении и уничтожение расизма. Вместе с тем, сеть «Толерантная Саксония» после длительных попыток сделала первый шаг и сознательно открылась для миграционных организаций. Дальнейшие шаги последуют. Люди, которые 05 июня 2010г. встречались в Лейпциге, не хотят отдавать „Толерантную Саксонию“ на милость большинства – они хотят участвовать в принятии решений и иметь равные права. Они не хотят быть разделены на „полезных и бесполезных иностранцев“ или на подходящих «нам» западноевропейских христиан и "подозрительных в терроризме" мусульман. Они хотят получить право участвовать в муниципальных выборах и соразмерное представительство в политической сфере, они хотели бы, чтобы их воспринимали всерьез. Они не хотят считаться чужеземцами, не хотят становиться инфантильными „Quotenmigrant Innen“; они не нуждаются ни в ком, кто бы говорил им, что хорошо для них, а что нет. Существует аргумент, с которым интеграция и участие мигрантов в процессе принятия решений обсуждаются в Саксонии „ в Саксонии нет даже 3% мигрантов, это несущественная тема“. Мы противопоставляем этому следующее: речь идет ни о чемто Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. незначительном, а о демократии, и она должна существовать для всех людей, было бы их 3% или 97% населения. Мигранты, их объединения и организации прошли долгий путь, усиливая свои позиции, они хотели бы активно участвовать в жизни общества, которое игнорировало их десятилетиями. Они хотели бы преодолеть чувство беспомощности и взять свою судьбу в собственные руки. Похвально вмешательство политики, даже консервативной, в вопросы миграции. Однако, недавние декларации саксонских политиков в сфере открытия и изменения парадигм в миграционной политике должны быть доказаны на практике. Изменения должны быть ощутимы для каждого отдельного человека, и особенно в области привлечения мигрантов к процессу принятия решений должно быть еще много сделано. RESUMEN Los miembros de TolSax (Sajonia Tolerante), las iniciativas de la sociedad civil con o sin un trasfondo de emigración y representantes de la política y de la sociedad discutieron, por primera vez en un congreso, sobre las dificultades y las barreras para la integración, los caminos la participación efectiva y la eliminación del racismo. Con ello, y después de una larga preparación, el grupo de trabajo Sajonia Tolerante ha dado el primer paso para abrirse conscientemente a organizaciones de inmigrantes. Vendrán más pasos. Las personas que se reunieron el 05 de junio de 2010 en Leipzig no desean una "Sajonia Tolerante" como un favor de la mayoría – desean la cogestión y la igualdad de derechos. No quieren que se los divida en "extranjeros útiles y extranjeros no útiles", o en cristianos occidentales que se ajustan "a nosotros" y musulmanes "sospechosos de ser terroristas". Quieren el derecho de sufragio a nivel municipal y una representación adecuada a nivel político, quieren ser tomados en serio. No quieren ser tomados como algo exótico, ni ser aniñados o ser "inmigrantes de cuota"; no necesitan a nadie que les diga lo que es bueno para ellos o no. El argumento de que "los inmigrantes en Sajonia Seite 45 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! no son ni un 3% de la población", con el que se calla el tema de la integración y la cogestión, lo contraponemos a otro hecho: Estamos hablando ni más ni menos que de la democracia – y la democracia sí debe valer para todas las personas, da igual que sean un 3 o un 97% de la población. Los inmigrantes y sus organizaciones e iniciativas han andado un largo camino de apoderamiento, se quieren involucrar en un estado que durante muchos años, en el mejor de los casos, los ha ignorado. Quieren superar el sentimiento de impotencia y tomar su destino en sus propias manos. La intervención de la política es bienvenida, también de la conservadora. Pero todavía tienen que corroborarse en la práctica las recientes declaraciones de los políticos de Sajonia sobre la apertura y sobre el cambio de paradigma en la política de inmigración. Los cambios tienen que ser perceptibles para cada individuo y especialmente en el terreno de la cogestión todavía queda mucho trabajo. SUMMARY considered “token migrants”. They do not need anybody else to tell them what is good for them. In objection to the argument that is usually brought up to downplay the issue of integration and participation in Saxony, that “Migrants in Saxony account for less than 3 per cent of the population, hence it is not worth dealing with them”, we say: this is a matter of democracy, which is supposed to involve all people, regardless of whether they make up 3 or 97 % of a population. The migrants and their associations and initiatives have gone a long way in attaining empowerment. They want to engage actively in a society that for decades has at best ignored them. They want to overcome the feeling of lacking power and take over control. We appreciate the commitment of politicians, even of the conservatives. The recent statements Saxon politicians made on opening and changing migration policy, however, still have to prove themselves in practice. The changes need to affect the individual person, and especially in terms of participation, there is still a lot to be done. For the first time, members of TolSax, civil initiatives with or without migratory background as well as representatives of the political parties and the civil society have come together in a conference to discuss the difficulties and barriers that hinder integration, the different ways to attain participation and how to dismantle racism. With this occasion, the network Tolerantes Sachsen has finally made the first step to open itself especially for migrant organisations. Further steps will be taken. The people who came together in Leipzig on 5 June 2010 do not want a "tolerant Saxony" at the mercy of the majority. They want participation and equal rights. They do not want to be classified into “useful and useless foreigners", western christians that fit into “our” society or muslims regarded as terror suspects. They want municipal voting rights and an adequate representation in politics. They want to be heard. They neither want to be regarded as strangers nor be treated as minors or Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. Seite 46 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! Teilnehmende Vereine Deutsch Akademischer Austausch (DAA) NDC Leipzig RAA Sachsen e.V. Ausländerrat Dresden e.V. Engagierte Wissenschaft e.V. Steinhaus e.V. Bautzen Verband binationaler Familien und Partnerschaften Arbeitskreis Ausländer und Asyl Freiberg e.V. Jugendsozialwerk e.V. Sächsischer Flüchtlingsrat ADB Sachsen Radio T Chemnitz Entwicklungspolitisches Netzwerk Sachsen e.V. VHS Dresden Oberlausitz neue Heimat e.V. Verein für Vediche Kultur e.V. Politischer Jugendring Dresden e.V. Deutsch – Russisches – Zentrum Ausländerbeauftragte Dresden Interessenverband russischer und deutscher Unternehmer DAFRIG Leipzig e.V. Verein der Vietnamesen Dresden AK Migration SPD Leipzig DGB Jugend Döbeln Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. Seite 47 Konferenzdokumentation Demokratiegestaltung ohne MigrantInnen? Mitbestimmung statt Toleranz! Danksagung an alle an der Vorbereitung beteiligten Personen: Wir möchten uns bei allen bedanken, die an der Organisation und Durchführung der Tagung beteiligt waren. Unser ganz besonderer Dank gilt dabei der Vorbereitungsgruppe, die mit ihrer intensiven Arbeit dafür gesorgt hat, dass die Veranstaltung zu einem Erfolg wurde. Zum Vorbereitungskreis gehörten: Sotiria Midelia (Antidiskriminierungsbüro Sachsen e.V.) Anja Treichel (Verband binationaler Familien und Partnerschaften iaf e.V.) Nabil Yacoub (Sächsischer Migrantenbeirat) Dimitrios Ambatielos (Dresdner Ausländerbeirat) Juliane Wetendorf (RAA Opferberatung Chemnitz) Elvira & Valerias Steinhauer (Neue Heimat Oberlausitz e.V.) Victor Vincze (Sächsischer Migrantenbeirat) Martina Glass (Förderverein Tolerantes Sachsen) Impressum Redaktion: Förderverein Tolerantes Sachsen Fotos: RAA e.V. Auflage: 200 Format: DVD + Zeitung Übersetzungen: arabisch: Nabil Yacoub spanisch: Daniel Lopez Alvarez englisch: Mirjam Krause russisch: Dmitri Feoktistov/Katja Dobrokhotova vietnamesisch: Than Phung französisch: Marc Lalonde Layout: Steffen Wirth Förderverein Tolerantes Sachsen e.V. Seite 48
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