Februar 2015 - Demokratisches Forum der Deutschen
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Februar 2015 - Demokratisches Forum der Deutschen
Mitteilungen der Sathmarer Schwaben & Oberwischauer Zipser Jahrgang 54 – Folge 1-2 – März 2015 Bild digital vorhanden? INHALT Es ist Ostern! Lasst uns mit Freude einander umarmen! Der Osterspaziergang (Johann Wolfgang von Goethe) . . . . . . . . . . . . xx Rundschau Literatur und Kunst Spuren Ostdeutschlands im vereinten Deutschland (Jörg B. Bilke, DOD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nach 40 Jahren: Euhre wem Ehre gebührt (DOD) . . . . . . . . . . . . . . . Es war eine bewegte Zeit. Kinder sind auf der Flucht (Dieter Göllner) Franz-Werfel-Menschenrechtspreis an Rick Ostermann (-r) . . . . . . . Joseph-von-Eichendorff-Erzählwettbewerb (HB) . . . . . . . . . . . . . . . . Kreativsprache Deutsch (HB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Neue Grenzen und neue Minderheiten (Peter Bien) . . . . . . . . . . . . . . Dem Leben zusehen (Annette Stein, SZ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heimatkunde Die rumänische Revolution (Dr. Anneli Ute Gabanyi) . . . . . . . . . . . . . Klassentreffen in Karlsburg (FH) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prof. Mag. Dr. Anton Scherer (Luzian Geier) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Oberwischauer. Dreimal Deutschland und zurück (M. Röhrig) . . . . . Berichte Seitenzahlen Deutschland nimmt Abschied von Weizäcker (dpa/epd/br) . . . . . . . . 207 Digitaler Binnenmarkt (R. Kühnel//ec.europa.eu) . . . . . . . . . . . . . . . . 209 Schutz gegen Terrorismus (ec.europa) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 EU-Kommissionen reformiert Regeln (frh) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 Ungarn gedenkt der Vertreibung der Deutschen (BdV) . . . . . . . . . . . . 213 216 217 219 220 220 220 220 221 222 222 222 226 Deportation. Gedenkveranstaltung in Ulm (Glass, DZM 2015) . . . . . 231 Bischof R. Guib. Zum Gedenken an die Deportation . . . . . . . . . . . . . . 233 Bischof Dr. R. Zollitsch: „Schlimmstes Weihnachten“ . . . . . . . . . . . . 235 Bayern und Frankreich gestalten die Zukunft gemeinsam . . . . . . . . . 237 Überraschungen für den BdV-Landesvorsitzenden A. Tölg (DOD) . . . 239 Buchenländer Jubiläum in München (Luzian Geier) . . . . . . . . . . . . . 240 Bettler in Schweden: Rumänien zahlt Heimreisegeld (J. Schilly) . . . . 240 Revolution als Hehlerware (KK) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 Heimatortsgemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 Lektüre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 Familiennachrichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 3 Es ist Ostern! Lasst uns mit Freude einander umarmen! Es ist Ostern! Die Erlösung von Schmerzen und Tod (-)! Lasst uns, ihr Brüder, Brüder sagen auch zu denen, die uns hassen! Verzeihen wir uns alles um der Auferstehung willen und rufen wir: Christus ist auferstanden vom Tode, durch seinen Tod hat er den Tod überwunden!“ Mit diesen Zeilen aus dem „Hymnus der Ostkirche“ wünschen der Bundesvorstand, die Landes- und Kreisverbände sowie Heimatortsgemeinschaften allen unseren Mitgliedern, Lesern unserer „BRÜCKE“ und Landsleuten über Grenzen hinweg Frohe Ostern! Helmut Berner, Bundes- und Landesvorsitzender Baden-Württemberg 4 Der Osterspaziergang Vom Eis befreit sind Strom und Bäche Durch des Frühlings holden, blendenden Blick. Im Tale grünet Hoffnungsglück; Der alte Winter, in seiner Schwäche, Zog sich ihn rauhe Berge zurück. Von dort her sendet er, fliehend, nur Ohnmächtig Schauer körnigen Eises In Streifen über die grünende Flur Aber die Sonne duldet kein Weißes, Überall regt sich Bildung und Streben, Alles will sie mit Farben beleben; Doch an Blumen fehlts im Revier, Sie nimmt geputzte Menschen dafür. Kehre dich um, von diesen Höhen Nach der Stadt zurück zu sehen! Aus dem hohlen finstern Tor Dringt ein buntes Gewimmel hervor. Jeder sonnt sich heute so gern. Sie feiern die Auferstehung des Herrn, Denn sie sind selber auferstanden: Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern, Aus Handwerks- und Gewerbesbanden, Aus dem Druck von Giebeln und Dächern, Aus der Straßen quetschenden Enge, Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht Sind sie alle ans Licht gebracht. Sieh nur, sieh! Wie behend sich die Menge durch die Gärten und Felder zerschlägt. Wie der Fluss in Breit und Länge so manchen lustigen Nachen bewegt. Und, bis zum Sinken überladen, Entfernt sich dieser letzte Kahn. Selbst von des Berges fernen Pfaden blinken uns farbige Kleider an. Ich höre schon des Dorfs Getümmel, hier ist des Volkes wahrer Himmel. Zufrieden jauchzet groß und klein: hier bin ich Mensch, hier draf ichs sein. (Johann Wolfgang von Goethe, „Faust 1“) 5 R UNDSCHAU Staatsakt im Berliner Dom Deutschland nimmt Abschied von Weizsäcker Alles, was Rang und Namen in der deutschen Politik hat, ist gekommen, um Abschied von Richard von Weizsäcker zu nehmen. Und auch etliche Gäste aus dem Ausland erweisen ihm die letzte Ehre. Der frühere Bundespräsident, der das Land in den Jahren vor und nach der Wende prägte, war vor rund zwei Wochen verstorben. Mit einem Gottesdienst im Berliner Dom hat Deutschland Abschied vom früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker genommen. Bei dem Staatsakt gegen Mittag würdigen neben Bundespräsident Joachim Gauck auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier, Finanzminister Wolfgang Schäuble und Ex-Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer das Lebenswerk des früheren Staatsoberhaupts. Unter den etwa 1400 Gästen sind auch Weizsäckers Ehefrau Marianne, Kanzlerin Angela Merkel und andere Kabinettsmitglieder. Hinzu kommen etliche frühere Staatsoberhäupter und Regierungschefs aus dem Ausland – darunter etwa der frühere polnische Präsident Lech Walesa sowie die ehemalige Königin der Niederlande Beatrix. Im Anschluss ist ein militärisches Abschiedszeremoniell vor dem Dom geplant. In seiner Rede nannte Gauck Weizsäcker einen „großen Deutschen“. „Wie nur wenige stand er für unser Land – und wie nur wenige hat er für unser Land weltweit Achtung und Sympathie erworben“, sagte Gauck. „Die deutsche Geschichte hat ihn geprägt“, sagte Gauck. „Und er hat selber tiefe Spuren in der Geschichte unseres Landes hinterlassen.“ „Im Glauben verwurzelter Christenmensch“ Im Grundgesetz sei nicht vorgeschrieben, dass ein Bundespräsident eine moralische Instanz zu sein habe, so Gauck weiter. Es sei auch nicht vorgeschrieben, dass er intelligent sein, der sittlichen Vernunft folgen und auch noch durch gute Reden überzeugen können solle. „Aber Richard von Weizsäcker hat all dies beherrscht und gelebt – souverän, freundlich und selbstverständlich.“ Er habe damit Maßstäbe für das Amt gesetzt. „Er überzeugte besonders, weil Amt und Person so passgenau zur Deckung kamen.“ Außenminister Steinmeier nutzte den Anlass, um dazu aufzurufen, zur Lösung weltweiter Konflikte stets den Dialog in den Mittelpunkt der politischen Bemühungen zu stellen. „Nicht Armeen, nicht Krieg, nicht Zwang, 6 sondern das Wort kann den Lauf der Dinge prägen“, mahnte er in seiner Rede. Diese Hoffnung sei „gerade in der heutigen, stürmisch-bedrohlichen Zeit“ lebenswichtig. Für Weizsäcker etwa habe im Wort stets die Hoffnung auf Frieden gelegen. Worte seien „Einladung zum Dialog mit den Mitteln der Vernunft“, zugleich aber auch Ausdruck moralischer Verwurzelung. Zum Auftakt würdigte der evangelische Berliner Altbischof Martin Kruse Weizsäckers Einsatz für die deutsche Wiedervereinigung. Der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland nannte Weizsäcker einen „im Glauben verwurzelten Christenmenschen“. Schon in seiner Zeit als Regierender Bürgermeister von Berlin zwischen 1981 und 1984 und als EKD-Ratsmitglied habe er sich um die Annäherung zwischen Ost und West verdient gemacht. Kruse lobte, „mit welchem politischen Augenmaß, mit welcher Nüchternheit und mit welchem Wagemut“ Weizsäcker vorgegangen sei. Weizsäcker war am 31. Januar im Alter von 94 Jahren gestorben. Er war zwischen 1981 und 1984 Regierender Bürgermeister von Westberlin und von 1984 bis 1994 Bundespräsident. In seine Amtszeit fielen der Mauerfall und die deutsche Wiedervereinigung. Als bedeutendste politische Rede Weizsäckers ist seine Ansprache vom 8. Mai 1985 zum 40. Jahrestag des Kriegsendes in Erinnerung. Damals nannte er die Kapitulation Deutschlands einen „Tag der Befreiung“. (n-tv) Seehofer: Weizsäcker war „Präsident aller Bürger Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hat den verstorbenen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker als „Präsident aller Bürger“ gewürdigt. Weizsäcker sei eigenständig und überparteilich gewesen und habe damit das Bild eines idealen Staatsoberhaupts geprägt. „Mit ihm verlieren wir einen der ganz großen Deutschen der Nachkriegsgeschichte“, sagte der CSU-Vorsitzende laut einer Mitteilung am Samstagnachmittag. Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, nannte Weizsäcker einen der herausragenden Politiker und Staatsmänner des Landes. Weizsäcker habe mit seiner Ansprache zum 40. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges „eine der bedeutsamsten Reden zur Einordnung der deutschen Geschichte gehalten“, sagte Knobloch. „Er hat den lähmenden Dunst des Selbstunbewusstseins, der Verdrängung und der Verlogenheit aus der Erinnerungskultur entfernt und damit den Blick und den Weg frei gemacht, für einen selbstkritischen, offenen und ehrlichen Umgang mit der deutschen Geschichte.“ Weizsäcker starb am Samstag im Alter von 94 Jahren. Der CDU-Politiker war von 1984 bis 1994 Bundespräsident – er beeinflusste mit wegweisenden Reden das politische Klima in Deutschland und scheute auch nicht vor 7 Konflikten mit Kanzler Helmut Kohl (CDU) zurück. Vor der Bundespräsidentenzeit war der in Stuttgart geborene Weizsäcker unter anderem Regierender Bürgermeister von Berlin (1981 bis 1984). Von 1969 bis 1981 war der promovierte Jurist Mitglied des Deutschen Bundestages. Zudem war er zweimal Präsident des Evangelischen Kirchentages (1964 bis 1970 und 1979 bis 1981). Gedenkfeier im Bukarester Schillerhaus: „70 Jahre Deportation der ethnischen Deutschen aus Rumänien in die Sowjetunion“ Etwa 70.000 Deutsche aus Rumänien – 130.000 aus ganz Osteuropa – wurden im Zuge des Zweiten Weltkrieges zur Zwangsarbeit in russische Arbeitslager deportiert: Junge, arbeitsfähige Menschen – Männer zwischen 17 und 45 Jahren, Frauen von 18 bis 30, Knaben und Mädchen manchmal sogar mit ihren Vätern und Müttern zusammen – wurden in Viehwaggons verfrachtet und mitten im strengen Winter 1945 abtransportiert. Wochen oder gar Monate dauerte die Reise in ein unbekanntes Schicksal. Familien wurden auseinandergerissen, in verschiedene Arbeitslager gebracht. Mit den Lieben, die in der Heimat verblieben waren – den Kindern und Großeltern oder den Männern, die noch an den Fronten kämpften, denn zum Zeitpunkt der Deportation war der Krieg noch nicht zu Ende –, riss jahrelang jeder Kontakt ab. Fünf Jahre lang, manche auch länger, kämpften die Deportierten gegen Kälte, Hunger und Tod in den Erz- und Kohleminen und Fabriken im Donbass oder im Ural, bis die meisten der Überlebenden 1948/49, einige erst 1950/51, zurück in die Heimat durften. Die anderen etwa 10.000, die Krankheit, Arbeitsunfällen oder dem Hunger zum Opfer gefallen waren, schluckte die russische Erde: nackt, namenlos, würdelos. Bis heute erinnert dort kein Grabstein, keine Gedenktafel an ihr Schicksal – und an den Teil der Geschichte, den es überhaupt erst seit der Revolution von 1989 zu geben begann. Denn mit der Rückkehr in die Heimat war das Leid der Deportierten noch lange nicht beendet. So mancher wurde der Spionage für Russland bezichtigt. Das kommunistische Regime in Rumänien verpflichtete zum lebenslangen Schweigen, selbst den Allernächsten gegenüber. Wer dagegen verstieß, wurde für weitere Jahre ins Gefängnis gesteckt. Hinzu kamen persönliche Dramen: enteignete Häuser, ausgewanderte Familien, einst zurückgebliebene Ehepartner wieder verheiratet, mit neuen Familien, denn viele wussten bis zuletzt nicht, ob die Verschleppten überhaupt noch lebten. 8 Countdown für „oral history“ 70 Jahre sind vergangen seit der Russland-Deportation der Rumäniendeutschen. Und doch reicht das Wissen darüber kaum über den Kreis der Betroffenen hinaus. Das auferlegte Schweigen, und damit das Fehlen einer „oral history“, aber auch die Tatsache, dass man mit der wissenschaftlichen Aufarbeitung dieses Teils der Geschichte erst zaghaft nach der Revolution begonnen hat, erklärt warum. Noch ist die Chance nicht verloren, noch gibt es Zeitzeugen. 250 ehemalige deportierte Rumäniendeutsche sind heute noch am Leben, schätzt Dr. Klaus Fabritius, Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen im Altreich (DFDR), anlässlich der Gedenkfeier „70 Jahre Deportation der ethnischen Deutschen aus Rumänien in die Sowjetunion“, zu der am 31. Januar zusammen mit der Hanns-SeidelStiftung ins Bukarester Kulturhaus „Friedrich Schiller“ eingeladen wurde und an der auch zwei Zeitzeuginnen teilnahmen. Sie sind unsere letzte Chance, Fragen zu stellen, authentische Einblicke zu nehmen, ihre Geschichten der Geschichte hinzuzufügen. Dank ihnen sind mittlerweile einige Bücher und wissenschaftliche Werke entstanden – zuletzt das nun auch durch die Landsmannschaft der Banater Schwaben ins Deutsche übersetzte Werk „Lungul drum spre nicăieri“/„Der weite Weg ins Ungewisse“, in dem sich 41 verschleppte Banater Schwaben zum Alltag in russischen Arbeitslagern äußern (siehe ADZ vom 16.1.2014: „Die unterdrückte Facette des Leids“). Neu hinzu kommen nun zwei Werke, die Carmen Cobliş, Geschäftsführerin des Altreichforums, anlässlich der Veranstaltung vorstellt: In „Erinnerungen/Amintiri“ berichtet Zeitzeugin Dora Dumitru von ihrem fünfjährigen Russlandaufenthalt, gefolgt von 12 Jahren schwerem Kerker in Rumänien. In „Die Volkszugehörigkeit als Schuld“ werden sechs Fälle von Betroffenen aufgerollt, die der Journalist Dan Popa 2002 aufgezeichnet hatte. Tief bewegt erinnert Cobliş auch an ihren Amtsvorgänger und Mentor, den verstorbenen Leopold Minkiewicz. Obwohl er nach seiner Rückkehr drei Monate im Gefängnis verbrachte und schriftlich verpflichtet wurde, nie aus dieser Zeit zu erzählen, hatte er ihr seine Erinnerungen anvertraut. Gemeinsam hatten sie beschlossen, ein Buch zu schreiben, doch sein Tod hat die Pläne durchkreuzt. „Täglich musste er fünf Kilometer vom Lager zur Fabrik laufen, hin und zurück bei minus 40 Grad. Wieder zuhause, hatte er vergessen, wie man mit der Gabel isst und was ein Pyjama ist. Doch er war ein froher Mensch“, ergänzt sie. Antonia-Maria Gheorghiu, Vorsitzende des Buchenlandforums, wäre selbst beinahe eine Zeitzeugin geworden: Ihre Mutter hatte sie zwei Wochen nach der Rückkehr aus Russland geboren. Aus dem Kreis Suceava waren seinerzeit 409 Leute ausgehoben worden, erzählt sie, fünf davon sind noch am Leben. Die Liste, auf der auch der Name ihrer Mutter steht, befindet sich heute im Bukowina-Institut in Augsburg. 9 Wie es zu dem Buch „Lungul drum spre nicăieri“ gekommen war, verrät der Forumsvorsitzende des Banater Berglands, Erwin Josef ?igla aus Reschitza: 2012 kam die Historikerin und Journalistin Lavinia Betea auf ihn zu und bat um Unterstützung bei einem EU-finanzierten Projekt. Ziel war das Buch und ein internationales Symposium zum Thema Deportation. „Im Banater Bergland gibt es noch 68 Zeitzeugen, davon in Reschitza 31“, erklärt Ţigla. Im Rahmen des Projektes entstand auch der Film „Memoria deportării etnicilor germani din România in URSS“ (Erinnerungen der ethnischen Deutschen aus Rumänien an die Deportation in die UdSSR), der im Internet auf „Youtube“ zu sehen ist. Dunkle Vorahnungen Schon im Herbst 1944 kursierten Gerüchte über eine mögliche Deportation der ethnischen deutschen Minderheit, verrät Fabritius weiter. Die Regierung fühlte sich bemüßigt, diese im kommunistischen Blatt „Scânteia“ vom 18. Januar „richtigzustellen“: Für eine Mobilisierung der Deutschen an „Orte, wo Arbeitskräfte nötig seien“ – von Russland war mit keinem Wort die Rede – kämen ausschließlich Männer zwischen 16 und 45 und Frauen zwischen 18 und 30 Jahren in Betracht. Man werde die Familien von diesen Orten umgehend in Kenntnis setzen, sodass Korrespondenz stattfinden und Pakete geschickt werden könnten. Eine glatte Lüge! Zum Zeitpunkt war die Deportation bereits in vollem Gange. Eine Zeitzeugin erinnert sich, man hätte ihr drei Wochen Arbeitseinsatz im eigenen Land vorgegaukelt. Die aus Buşteni stammende Dora Dumitru schreibt in ihren „Erinnerungen“: „Anfang Januar 1945 begannen die ersten Aushebungen in Kronstadt. Meine Familie versuchte, mir ein trauriges Schicksal zu ersparen, und brachte mich zu Verwandten nach Agnetheln.“ Als auch dort die ersten Aushebungen begannen, wurde die junge Frau in einem Heuwagen versteckt nach Großschenk/Cincu geschmuggelt, wo sie sich im Haus einer Tante im Keller verbarg, den sie nur nachts zu verlassen wagte. Bis ihre Eltern traurig mitteilten, man habe an ihrer Stelle eine Kusine, Mutter zweier Kinder, mitgenommen, die nur entlassen würde, wenn sie sich im Gegenzug stellte. „Selbstverständlich gab es keine andere Lösung – ich musste mich melden.“ Im Vorfeld der Deportation Ungewiss war für die Deportierten nicht nur der Zielort, sondern auch die Frage, ob überhaupt eine Rückkehr geplant war. „Es gab keinen Hinweis auf die Dauer der Deportation“, erklärt Daniel Seiberling, Direktor der HannsSeidel-Stiftung für Rumänien und Moldau, in seinem Vortrag. Er zitiert Dokumente, aus denen auch hervorging, Stalin hätte den Deportierten Gepäck über 200 Kilogramm, Arbeitsausrüstung, Verpflegung und Unterkunft nach den Normen der Kohle- und Stahlindustrie der UdSSR zugesagt. Wie das Gepäck zu transportieren sei, war nicht festgelegt. Der 10 Historiker Dr. Alexandru-Murad Mironov berichtet von Listen der zu Deportierenden, die bereits im Herbst 1944 auf russisches Bestreben angelegt worden waren. Am 13. Januar hatte Premierminister R?descu noch eine Protestnote an Russland gerichtet, doch da hatte die Deportation schon begonnen. Aus humanitären Gründen hätte man zumindest die Frauen, am Kriegsgeschehen unbeteiligt, verschonen müssen. Zudem waren in den Waffenstillstandsverhandlungen zwischen Russland und Rumänien 1944 die ethnischen Deutschen kein Thema gewesen. Nina May Digitaler Binnenmarkt Ansip und Oettinger präsentieren Vision Um die Wettbewerbschancen der Zukunft zu nutzen, muss die EU den „physischen“ Binnenmarkt in einen digitalen umwandeln. Das erklärte der für den Digitalen Binnenmarkt zuständige Vizepräsident der EU-Kommission, Andrus Ansip. Nötig sei dafür ein sicheres Internet, dem Bürger und Unternehmen vertrauen. Dieses Vortrauen müsse etwa im Kampf gegen Cyberkriminalität und durch die Stärkung der Rechte beim OnlineShopping geschaffen werden. Der Kommissar für Digitale Wirtschaft, Günther Oettinger, versprach bei einer Konferenz in München Breitband und schnelles Internet in den kommenden fünf Jahren auch für die ländlichen Gebiete der EU. Im Mai werde die Kommission ihre Strategie für den digitalen Binnenmarkt vorlegen. Einer der sensiblen Punkte ist für Oettinger die Netzneutralität. In der EU dürfe es keine Diskriminierung geben, sagte er. Ausblick auf 2015 Ein Jahr voller Herausforderungen. Das Jahr hat turbulent begonnen. Dass Europa und die Welt 2015 in ruhigeres Fahrwasser gelangen, kann heute nur gehofft werden, schreibt Richard Kühnel, Vertreter der Europäischen Kommission in Deutschland, in seinem Ausblick. Die neue Kommission unter Jean-Claude Juncker wird in den kommenden 12 Monaten ihre wichtigsten Projekte angehen. „Im chinesischen Kalender war 2014 das Jahr des Pferdes, das als besonders stürmisch gilt. Das neue Jahr ist das Jahr des Schafes, in dem wenige Höhen und Tiefen zu erwarten sein sollen. Doch die ersten Tage sprechen leider eine andere Sprache. Die tragische Attacke auf die Redaktion von „Charlie prägt auch die Debatte über unsere Grundwerte in Europa. Es ist für mich ermutigend, die überwältigende Reaktion der Menschen zu sehen: Viele Tausende – Vertreter aller Religionen und Nationen – gingen auf die Straße für mehr Toleranz. 11 Doch die Frage nach der richtigen Balance von Freiheit und Sicherheit in unserer Gesellschaft stellt sich aufs Neue, und es gibt keine einfachen Antworten. Für Europa und seine politischen Institutionen bringt 2015 eine Reihe von externen und internen Herausforderungen mit sich. Vieles ist noch nicht abschätzbar: Wie entwickelt sich der Konflikt in der Ostukraine, wie die Lage im Nahen Osten und im nördlichen Afrika, werden die Kräfte des Zusammenhalts in den europäischen Gesellschaften gestärkt oder ihre populistischen Gegner? Die neue Europäische Kommission unter Präsident Jean-Claude Juncker will durch eine klare Priorisierung die großen Themen wie Arbeitslosigkeit oder innere und äußere Sicherheit aktiv und mit Nachdruck angehen. Gleichzeitig wollen die Bürger, dass sich die EU weniger in ihren Alltag einmischt, insbesondere bei Themen, bei denen die Mitgliedstaaten selbst die richtigen Lösungen finden sollten. Im neuen Arbeitsprogramm, das wir in der letzten Ausgabe vorgestellt haben, legt die Kommission offen, was sie 2015 Unternehmen wird - und was nicht Europa erwartet 2015 vier spannende Jahreszeiten: „Energetischer Frühling“. Die Kommission will in den ersten Monaten die wichtigsten Vorhaben auf den Weg bringen. Dazu gehört die Investitionsoffensive, die in den kommenden drei Jahren mindestens 315 Mrd. Euro aus privaten und öffentlichen Kassen mobilisieren soll. Zur Stärkung der Konjunktur muss auch eine solide Haushalts- und Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten beitragen. Diese koordinieren deshalb ihre Politik im Rahmen des Europäischen Semesters. Bis Ende April legen sie ihre nationalen Reformpläne bei der Kommission vor, die dann rasch Empfehlungen ausspricht, über die im EU Ministerrat diskutiert wird. Bei einem EU-Gipfel am 12. Februar steht die brennende Frage im Mittelpunkt, wie die Mitgliedstaaten noch enger im Kampf gegen Terror zusammenarbeiten können. Den Energiebinnenmarkt will die Kommission vollenden. Durch eine engere Vernetzung der Mitgliedstaaten wird die Versorgung sicherer. Die Kommission wird Vorschläge für eine Energieunion machen, eines der Hauptthemen beim EUGipfel der Staats- und Regierungschefs im März. In der Energieunion wollen die Staaten auch Wege finden, den Energieverbrauch zu drosseln, weniger Treibhausgase auszustoßen und beim Energieeinkauf in Drittstaaten geschlossener aufzutreten. Mit der Östlichen Partnerschaft, der EUNachbarschaftspolitik mit der Ukraine, Moldau, Belarus, Georgien, Armenien und Aserbaidschan, will die EU Demokratie und Rechtstaatlichkeit in diesen Staaten stärken. Am 21. und 22. Mai findet in Riga ein Gipfel zur Östlichen Partnerschaft statt, der dazu beitragen soll, die Spannungen zwischen der Ukraine und Russland zu vermindern. „Digitaler Sommer“. Ein Mega-Thema der kommenden Jahre ist die Frage, wie die Europäer die Chancen der digitalen Wirtschaft nutzen. Vor 12 dem EU-Gipfel Ende Juni wird die Kommission ambitionierte Vorschläge präsentieren. Dazu gehören die Modernisierung des EU-Urheberrechts, einfachere Verbraucherschutzregeln im Onlinehandel und die Verbesserung Währungsunion gehen. Die Präsidenten von EU-Kommission, Europäischem Rat, Europaparlament und Europäischer Zentralbank bereiten dazu einen Bericht vor. Kommissionspräsident Juncker nimmt auch am G7Gipfeltreffen teil, bei dem es am 7. und 8. Juni im bayerischen Schloss Elmau um die globalen politischen Herausforderungen geht. „Nachhaltiger Herbst“. Grundlegend für ein friedliches Miteinander auf der Welt ist es, möglichst allen Menschen Chancen zu einem Leben in Würde zu eröffnen, ohne die Entwicklungsziele die Weltgemeinschaft sich als Ersatz für die UN-Milleniumsziele von 2000 setzen will, wird bei einer UNKonferenz in New York beraten. Die EU hat gleich das gesamte Jahr 2015 zum Europäischen Jahr für die Entwicklung erklärt, um diesen Prozess zu unterstützen. Die nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung in der EU selbst wird die Kommission durch Vorschläge für eine Kapitalmarktunion unterstützen. Ziel ist es, einen sicheren Markt für alternative Finanzierungswege für den Mittelstand jenseits von Bankenkrediten zu schaffen. „Wohltemperierter Winter“. Nach jahrelangen Vorbereitungen soll zum Jahresende bei einer UN-Konferenz in Paris endlich die Einigung auf ein internationales Klimaabkommen gelingen, um die Erderwärmung auf zwei Grad einzudämmen. Die EU hat ihre Angebote für ambitionierte Klimaschutzverpflichtungen bereits vorgelegt. Wie man aus dieser sicher unvollständigen Liste ersehen kann, wird es für die EU kein ruhiges Jahr. Im Gegenteil: Mit den neu gewählten Institutionen - Europaparlament, Kommission und Europäischem Ratspräsidenten – und zwei ambitionierten Ratsvorsitzenden Lettland und Luxemburg wird die EU 2015 ihre Energie auf die Umsetzung dieser Agenda lenken. Durch echte Fortschritte und gute Resultate wird auch das Vertrauen der Bürger in das Europäische Projekt wieder zunehmen, davon bin ich überzeugt. Und das Chinesische Neujahr steht noch bevor. Ich wünsche Ihnen, verehrte Leserinnen und Leser, ein glückliches und erfolgreiches Jahr 2015.“ Richard Kühnel //ec.europa.eu/deutschland –––– Richard Kühnel leitet seit dem 1. Juni 2014 die Vertretung der EUKommission in Deutschland. Zuvor stand er seit 2008 an der Spitze der Kommissionsvertretung in Österreich. Der studierte Rechts- und Politikwissenschaftler war zunächst 1994 in den österreichischen diplomatischen Dienst eingetreten und hatte Stationen in Tokio, New York und Wien absolviert, bevor er zur EU-Kommission nach Brüssel wechselte. –––– 13 Schutz gegen Terrorismus in der EU Engere Zusammenarbeit und mehr Prävention wird angestrebt. Die EUStaaten wollen bei der Bekämpfung des Terrorismus noch enger zusammenarbeiten und auch stärker mit arabischen Staaten und Ländern rund um das Mittelmeer kooperieren. Die EU-Kommission will dabei helfen und eine engere Zusammenarbeit zwischen Europol und anderen europäischen Agenturen, den Kampf gegen den Waffenhandel und gegen die Terrorismusfinanzierung unterstützen, sagte der Erste Vizepräsident Frans Timmermanns nach einer Diskussion des Kornmissionskollegiums über das Thema. Es gehe auch darum, der Radikalisierung besser vorzubeugen. Für entsprechende Programme stehen Finanzhilfen über den Fonds für die Innere Sicherheit“ zur Verfügung. Seit den Terroranschlägen in Paris Anfang Januar diskutieren die Mitgliedstaaten, wie sich Terrorismus am besten verhindern lässt. Am 12. Februar werden sich auch die Staats- und Regierungschefs mit dem Thema befassen. Die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger zu schütten, sei eine Kernaufgabe der Nationalstaaten, betonte Timmermanns. Die EU-Kommission wird ihre Sicherheitsagenda für 2015- 2020 voraussichtlich im Mai vorstellen. Timmermanns rief dazu auf, die offenen und toleranten Gesellschaften in Europa zu verteidigen. ec.europa Steuerpraktiken in Luxemburg Kommission veröffentlicht Details zu Amazon-Fall Die EU-Kommission hat jetzt weitere Details zur ihrer Untersuchung von Steuervereinbarungen veröffentlicht die die Behörden Luxemburgs mit dem Online-Warenhaus Amazon getroffen haben. Die Kommission vermutet, dass der US-Konzern günstigere Konditionen bekommt als seine Konkurrenten. Ähnliche Steuerregelungen untersucht die Kommission auch in anderen EU-Staaten. In der Causa Amazon argumentiert sie, gruppeninterne Verrechnungspreissysteme könnten dem Zweck dienen, die Steuerlast in Luxemburg zu verringern. EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager und der für Steuern zuständige Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici bekräftigten in einem Gastbeitrag für die „Süddeutsche Zeitung“, dass die Kommission eine einheitliche Bemessungsgrundlage für die Unternehmensbesteuerung anstrebt und einen automatischen Informationsaustausch über Steuervorentscheidungen. „Steuerbehörden müssen wissen, welche Unternehmen in einem anderen Mitgliedstaat bevorzugt behandelt werden“, so Vestager und Moscovici. „Die meisten EU-Staaten sind bereits dafür, und wir glauben fest daran, dass wir auch diejenigen überzeugen werden, die noch zögern“. ec.europa.eu/competition 14 Online-Flugbuchungen Preise müssen von vorneherein klar sein Fluggesellschaften müssen bei ihren Online-Angeboten stets die Endpreise der Flüge mit Steuern, Kerosinzuschlag und Bearbeitungsgebühren angeben. Das hat der Europäische Gerichtshof entschieden. Diese Verpflichtung gilt nicht nur für die vom Kunden ausgewählten Flugverbindungen sondern für alle angebotenen Flüge. Das Verfahren geht auf eine Klage von deutschen Verbraucherschützern gegen das Online-Buchungssystem von Air Berlin im Jahr 2008 zurück. In diesem Fall war für den Kunden nur der Endpreis für die Flüge ersichtlich, die er angeklickt hatte, nicht aber die Preise für die anderen Flugverbindungen. Nachdem sich der Bundesverband der Verbraucherzentralen mit seiner Auffassung, dass diese Praxis der Preisangabe gegen EU-Recht verstoße, in zwei Instanzen durchgesetzt hatte, hatte Air Berlin den Bundesgerichtshof angerufen. Vor dessen Urteil sollte der EuGH nun klären, ob die Praxis gegen die EU-Verordnung 1008 von 2008 verstößt. Ziel dieser Regelung sei es, dass die Kunden die Preise verschiedener Fluglinien effektiv“ vergleichen könnten, urteilte der Gerichtshof dazu. Das Urteil ist für alle nationalen Gerichte maßgeblich, die mit einem ähnlichen Problem befasst werden. EU/C-57371 3 Gentechnisch veränderte Pflanzen EU-Staaten haben das letzte Wort bei der Anbauzulassung Die EU-Staaten dürfen künftig den Anbau gentechnisch veränderter Organismen auf nationaler oder regionaler Ebene verbieten - auch wenn diese auf EU-Ebene für den Anbau zugelassen wurden. Das Europäische Parlament befürwortete einen mit den Mitgliedstaaten ausgehandelten Kompromiss zur GVO-Anbauzulassung. Der EU-Kommissar für Lebensmittelsicherheit, Vytenis Andriukaitis, geht davon aus, dass die neue Regierung nach der Zustimmung des Ministerrates ab Frühjahr angewendet werden kann. Nach den neuen Vorgaben können die Mitgliedstaaten für Anbauverbote eine Reihe unterschiedlicher Gründe anführen. Dazu gehören umweltpolitische Bedenken, solange sie sich von den Gesundheits- und Umweltrisiken unterscheiden, die bereits von der EULebensmittelsicherheitsbehörde EFSA bewertet worden sind. Auch Städte und landschaftsplanerische Gründe oder agrarpolitische Ziele können geltend gemacht werden. Die Mitgliedstaaten werden verpflichtet sicherzustellen, dass konventionelle Pflanzen nicht durch Gentechnik kontaminiert werden. Bis heute ist lediglich MON810, ein GV-Mais des US-Agrarkonzerns Monsanto, zum Anbau in der EU zugelassen. ec.eu/deutschland/press 15 EU-Kommission reformiert Regeln für Staatsbeihilfen Neue Chancen für Förderprogramme in den Mitgliedstaaten Staatliche Unterstützung, die hilft, neue Arbeitsplätze und Wachstum zu schaffen oder die europäische Forschung voranzubringen, kann künftig in der EU einfacher und schneller bereitgestellt werden. Dafür sorgt eine neue EU-Gruppenfreistellungsverordnung, die von der Europäischen Kommission beschlossen wurde und die am 1. Juli in Kraft tritt. Danach soll es den Mitgliedstaaten möglich sein, etwa drei Viertel statt bisher rund 60 Prozent aller Beihilfen zu vergeben, ohne sie vorher bei der Kommission zur Prüfung anzumelden. „Die neuen Regeln werden die Mitgliedstaaten von bürokratischem Aufwand entlasten und sie ermutigen, intelligente Beihilfen zu vergeben, die dem Wirtschaftswachstum nutzen und dem fäiren Wettbewerb nicht schaden“, sagte Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia. Die Kommission wolle sich künftig stärker auf die Prüfung der Beihilfen konzentrieren, von denen am stärksten zu befürchten sei, dass sie den Wettbewerb im EU-Binnenmarkt verzerren. Forschung soll besonders profitieren. Ein Bereich, dem die vereinfachten Vergabevorschriften besonders zu Gute kommen sollen, sind Forschungs- und Entwicklungsvorhaben (F&E). In ihrer Wachstumsstrategie „Europa 2020“ hat sich die EU zum Ziel gesetzt, die Ausgaben dafür auf drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen. Von diesem Ziel ist die Gemeinschaft allerdings noch deutlich entfernt, und auch im Wettbewerb etwa mit den USA oder Japan liegt sie zurück, was die Kommission auf geringe private Investitionen zurückführt. Diese sollen durch gezielte öffentliche Beihilfen stimuliert werden. „Forschung und Innovation sind der Schlüssel für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit unserer europäischen Wirtschaft“, sagte Almunia. Innovative Projekte seien aber oft auch sehr risikoreich und würden deshalb nicht verwirklicht. Der neue Rechtsrahmen werde helfen, solches Marktversagen zu überwinden“, erklärte er. Die Schwellenwerte, ab denen Beihilfen für F&E-Projekte zur Prüfung bei der Kommission angemeldet werden müssen, werden erhöht. So können die Mitgliedstaaten für experimentelle Entwicklungen pro Empfänger und Projekt bis zu 15 Millionen Euro Subventionen in eigener Regie vergeben, das ist doppelt so viel wie bisher. Mehr Hilfe für Unternehmen möglich. Das Spektrum der prüfungsfrei förderbaren Vorhaben wird größer und schließt künftig auch Pilotprojekte und Prototypenentwicklung ein oder Hilfe für Innovationen in Prozessabläufen. Auch die Förderintensität steigt. Große Unternehmen 16 dürfen unter bestimmten Umständen bis zu 70 Prozent der Kosten durch Beihilfen finanzieren, kleine Unternehmen bis zu 90 Prozent. Auch außerhalb des F&E-Bereichs werden Schwellenwerte für die Beihilfenprüfung erhöht und das Spektrum der zulässigen Förderprojekte erweitert. So dürfen die Staaten künftig auch ohne EU-Prüfung Zuschüsse für die städtebauliche und lokale Entwicklung vergeben. Sie können etwa den Bau von Breitband- oder Energienetzen und den Bau und Betrieb von Sport- und Mehrzweckhallen und anderen Freizeiteinrichtungen fördern, ebenso den Schutz von Denkmälern und Kulturgütern inklusive audiovisueller Werke unterstützen oder sozial schwachen Menschen in abgelegenen Gegenden Transportkostenzuschüsse gewähren. Erweitert werden die Ausnahmemöglichkeiten in einigen Bereichen, wo es auch bisher schon welche gab, etwa beim Ausbau von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, bei Zuschüssen für Unternehmensgründer, bei der Abfallentsorgung oder bei Schulungs- und Trainingsprogrammen. In Deutschland sind die Beihilferegeln wichtige Rechtsgrundlagen für eine Vielzahl von Förderungen auf Bund-, Länderund Kommunalebene. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel begrüßte die Überarbeitung der Vorschriften. Damit haben wir nun verlässliche Grundlagen für die künftigen Zusammenarbeit mit der EU-Kommission in für die deutsche Wirtschaftszentralen Förderbereichen“, sagte er. (frh) Ungarn gedenkt der Vertreibung der Deutschen Aufarbeitung der Vertreibungsverbrechen beispielhaft Zum ungarischen Gedenktag zur Erinnerung an die Vertreibung der Ungarndeutschen am 19. Januar 2015 erklärt BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius MdB: Ungarn gedenkt heute würdevoll all jener Deutschen, die nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges von dort vertrieben wurden. Dieses Zeichen der Empathie für die Betroffenen und deren Nachkommen sowie des Bewusstseins für sämtliche Facetten der eigenen Geschichte begrüße ich ausdrücklich. Direkt nach dem Fall des Eisernen Vorhangs – und damit früher als viele andere europäische Länder – hat Ungarn mit der Aufarbeitung der dort begangenen Vertreibungsverbrechen begonnen. Schon 1995 entschuldigte sich die ungarische Regierung beispielhaft für die Vertreibung der Deutschen. Weitere beachtliche Schritte waren etwa die Einrichtung einer Landesgedenkstätte und eines Denkmals in Budapest im Jahr 2006 sowie die Durchführung einer Gedenkkonferenz im ungarischen Parlament im Jahr 2007, an der auch Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert MdB und die damalige BdV-Präsidentin Erika Steinbach MdB teilnahmen. 17 Der Gedenktagsbeschluss erfolgte 2012 im ungarischen Parlament über alle Parteigrenzen hinweg einstimmig. Wie sehr sich die ungarische Regierung dem Schicksal der deutschen Vertriebenen sowie der deutsch-ungarischen Verständigung verbunden fühlt, zeigen auch die regen Kontakte zum BdV und viele Besuche bzw. Reden beim Tag der Heimat, zuletzt vom Präsidenten der Ungarischen Nationalversammlung Laszlo Köver. Das Gedenken in Ungarn leitet eine Reihe vieler diesjähriger Veranstaltungen ein, die deutlich machen, dass Vertreibungen gestern wie heute Unrecht sind. Auch in Deutschland wird am 20. Juni 2015, dem Weltflüchtlingstag, auf Bundesebene den deutschen Heimatvertriebenen und Flüchtlingen gedacht. Flüchtlingsschutz ist gesamtgesellschaftliche Aufgabe Dialog, Begegnung und politische Antworten notwendig. Zur aktuellen Debatte über die Flüchtlingspolitik und die Demonstrationen der sogenannten „Pegida“ erklärt BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius, MdB: Der BdV steht mit besonderer Empathie an der Seite der heute nach Deutschland kommenden Opfer von Flucht und Vertreibung und unterstützt deren Integration mit seinem bundesweiten Beratungs- und Betreuungsnetz aus haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern. Aus eigener, schmerzvoller Erfahrung wissen die deutschen Heimatvertriebenen und Flüchtlinge, was es bedeutet, die Heimat verlassen zu müssen. Auch ihre Aufnahme im Nachkriegsdeutschland, die rückblickend ganz überwiegend als Erfolgsgeschichte gesehen wird, war geprägt von Vorurteilen und sozialen Spannungen. Oft war es ein langer Weg, bis diese Hindernisse durch Begegnung und Dialog überwunden werden konnten. Heute sind die Mitglieder der im Bund der Vertriebenen organisierten Verbände wichtige Brückenbauer zwischen Deutschland und ihren Heimatgebieten. Dieses Engagement wird hier wie dort zunehmend öffentlich anerkannt Flüchtlingsschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, dessen Ziel es sein muss, die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen, um die Flüchtlinge von heute mittel- und langfristig genauso gut in unsere Gesellschaft einzugliedern, wie es trotz unterschiedlicher Ausgangslagen bereits einmal den Vertriebenen und Nachkriegsflüchtlingen gelungen ist. Die Debatte darüber kann nicht auf dem Rücken dieser von Leid belasteten Menschen ausgetragen werden. Begegnung, Dialog, aber auch konkrete politische Antworten bleiben wichtige Voraussetzungen, um vorhandene Bedenken abzubauen. Gleichzeitig ist es nötig, dass die Zuwanderer ihre Integration in unsere Gesellschaft aktiv mitgestalten. Der Angst vor Überfremdung kann entgegengewirkt werden, wenn deutlich herausgestellt wird, dass auch heute schon die große Mehrheit ihre Chancen erkennt und unser fortschrittliches Wertesystem annimmt. Nur so kann man Versuchen gegenübertreten, solche Ängste für rechtsradikale bzw. antiislamische Zwecke zu instrumentalisieren. Auch Bewegungen wie „Pegida“ würden damit letztlich ins Leere laufen. BdV, Bonn 18 L ITERATUR & K ULTUR Spuren Ostdeutschlands im vereinigten Deutschland Beobachtungen fast 70 Jahre nach Kriegsende Wer heute durch das 1990 vereinigte Restdeutschland fährt, findet noch immer ostdeutsche Spuren, sofern er sie erkennt. Auf der Autobahn beispielsweise zwischen Koblenz und Bonn gibt es im Westerwald den Rastplatz „Landsberg an der Warthe“, womit viele Deutsche heute vermutlich nichts anfangen können. Gemeint ist die einst preußische Kreisstadt Landsberg an der Warthe in Ostbrandenburg, in der die DDR-Schriftstellerin Christa Wolf (1929-2011) geboren wurde. Im Internet findet man über diesen Rastplatz, der als „Stück westdeutscher Erinnerungskultur an die ehemals deutschen Ostgebiete“ bezeichnet wird, fast sieben Seiten Information. Seit März 1990 bin ich jährlich im März zur Leipziger Buchmesse gefahren, bis 2012. Obwohl ich davon ausgegangen war, dass die Flut der Erinnerungsliteratur an Ostdeutschland mit der Jahrtausendwende abnimmt, gibt es immer noch jedes Jahr bis zu zwei Dutzend Buchtitel, die von 0stdeutschland sprechen. So ist in diesem Herbst Freya Kliers Buch „Wir letzten Kinder Ostpreußens. Zeugen einer vergessenen Generation“ (448 Seiten) erschienen, obwohl die Autorin 1950 in Dresden geboren wurde, das historische Ostdeutschland also nicht mehr aus eigener Anschauung kennt und auch keine verwandtschaftlichen Beziehungen dorthin hat. Ich erkläre mir das damit, dass der Verlust Ostdeutschlands 1945 ein derart tiefer Einschnitt in die deutsche Geschichte war, dass immer noch Trauerarbeit geleistet wird, obwohl die überwiegende Mehrzahl der Deutschen bis heute begriffen hat, was da verloren gegangen ist. Erinnert sei hier an Louis F. Helbigs Buch „Der ungeheure Verlust. Flucht und Vertreibung in der deutschsprachigen Belletristik der Nachkriegszeit“ (erste Auflage 1988). Louis H. Helbig, ein 1935 in Liegnitz geborener Schlesier, war Germanistikprofessor an zwei amerikanischen Universitäten und lebt heute in Südfrankreich im Ruhestand. Der Titel des Buches stammt aus Max Frischs „Tagebuch 1940-1949“ (1950). Der Schweizer Autor war 1948 nach Breslau eingeladen worden und empfand die Abtrennung Schlesiens als „ungeheuren Verlust“. Fast 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs empfinden auch wir die Loslösung 19 Ostpreußens, Hinterpommerns, Ost- Brandenburgs und Schlesiens noch immer als „ungeheuren Verlust“. Es geht schließlich um ein Viertel des damaligen Reichsgebiets mit Kulturschätzen wie Schlössern und Kirchen, die nicht mitgenommen werden konnten, und um das unsichtbare Fluchtgepäck“, um das Bewusstsein, Ostdeutscher zu sein und Träger eines unverzichtbaren Teils deutscher Kultur. Wie eng beispielsweise die Geschichte Ostdeutschlands mit dem heutigen Deutschland vom 3. Oktober 1990 verflochten ist, sieht man am Leben desmecklenburgischen Schriftstellers Fritz Reuter aus Stavenhagen. Er studierte 1833 in Jena und wurde auf der Heimfahrt in Berlin, der Hauptstadt des Königreichs Preußen, wegen demagogischer Umtriebe verhaftet und zu dreißig Jahren Festungshaft verurteilt. Er wurde zuerst in der schlesischen Festung Silberberg interniert, dann auf den Festungen Groß Glogau/Schlesien und Grauderiz/Westpreußen. Die deutsche Barockdichtung wäre ohne die schlesische, die heute zunehmend von polnischen Germanisten erforscht wird, undenkbar. Außerhalb Schlesiens gibt es eigentlich nur drei Barockautoren von Bedeutung: Simon Dach (1605-1695) aus Ostpreußen, den Autor des Liebesliedes „Ännchen von Tharau“ (1636), den Kirchenliederdichter Paul Gerhardt (1607-1676) aus Sachsen und den Erzähler Hans Jakob Christoffel vor, Grimmelshausen (1622-1676) aus Hessen, den Verfasser des Romans „Der abenteuerliche Simplicissimus“ (1668/69). In Schlesien dagegen gibt es ein Dutzend überragender Barockdichter, allen voran Andreas Gryphius (1616-1664). Das gleiche Diktum gilt für die deutsche Philosophie des 18. Jahrhunderts: Was wäre sie ohne die drei Kritiken des Königbergers Immanuel Kant (17241804)? Wer weiß noch, dass Lessing (1729-1781) mitten im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) als Sekretär des aus Pommern stammenden Generals Friedrich Bogislav von Tauentzien (1710-1791) fünf Jahre (1760/65) in Breslau lebte. Darf man vergessen, dass Goethe nicht nur 1786/88 eine italienische, sondern von Juli bis September 1790 auch eine schlesische Reise unternommen hat? Siebzig Jahre nach Kriegsende laufen die Deutschen Gefahr, dass uns die Deutungshoheit über das ostdeutsche Kulturerbe abhandenkommt. Es gibt Tendenzen, die deutsche Literaturgeschichte beispielsweise auf die Grenzen der heutigen Bundesrepublik Deutschland einzuschränken. Das betrifft nicht nur die gegenwärtige Literatur, sondern ist auch rückwirkend gemeint. Das heißt: Der „Königsberger Dichterkreis“ des 18. Jahrhunderts kommt nicht mehr vor, bei Johann Gottfried Herder (17441803) werden nur noch die Jahre in Eutin, Bückeburg und Weimar behandelt, bei Gerhart Hauptmann (1862-1946) nur noch die Jahre in Erkner bei Berlin bis zum Umzug 1901 nach Apetendorf in Schlesien. Die schlesischen Jahre werden ignoriert. Dem müssen wir mit aller Entschiedenheit entgegenwirken! Jörg Bernhard Bilke, DOD 06/2014 20 Nach 40 Jahren: Ehre, wem Ehre gebührt! Gedenkveranstaltung zum 40-jährigen Jubiläum der Kulturstiftung Am 12. Juni 1974 wurde die Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen in Stuttgart auf Initiative von Dr. Herbert Czaja, Präsident des Bundes der Vertriebenen, und Dr. Karl Mocker, Staatssekretär im Innenministerium des Landes Baden-Württemberg, gegründet. Dieses historische Ereignis nahmen die Stiftungsvertreter und zahlreiche Gäste zum Anlass, um im Rahmen einer Gedenkveranstaltung im Universitätsclub von Bonn Meilensteine der Geschichte Revue passieren zu lassen. Der Vorstandsvorsitzende Hans-Günter Parplies eröffnete den von Edith und Hedwig Czaja – den Enkeltöchtern des Gründungsvaters Dr. Herbert Czaja – musikalisch begleiteten Jubiläumsakt rnit einem Grußwort. Parplies erwähnte das „unsichtbare Fluchtgepäck“ der Vertriebenen, das nach wie vor im Mittelpunkt der 40-jährigen Tätigkeit der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen stand und steht. Eine Hauptaufgabe sei, dieses Erbe zu bewahren und weiterzuentwickeln. Es gehe dabei – so der Redner – allerdings nicht um eine Sonderkultur, sondern vielmehr um die Kultur ganz Deutschlands, an der Ostdeutschland einen beachtlichen Anteil habe. Dass das Wirken der Kulturstiftung mit der Geschäftsstelle in Bonn hohe Wertschätzung genießt, zeigte auch die große Anzahl der hochrangigen Vertreter von Bund, Ländern, Kommune sowie vom konsularischen Korps, von Verbänden, Kirchen, der Wissenschaft und Partnerinstitutionen, die an der Feierstunde teilnahmen. Für die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKMl) kam Ministerialrat Dr. Thomas Lindner, für das Land Baden-Württemberg die Leitende 21 Ministerialrätin Dr. Christiane Meis sowie für das Land NordrheinWestfalen der Landtagabgeordnete Werner Jostmeier, die Abgeordnete Ingola Schmitz und für die Landesregierung der Ministerialdirigent im Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport Klaus Bösche. Die Bundesstadt Bonn war durch den Ersten Bürgermeister Reinhard Limbach vertreten. Von Seiten der kirchlichen Institutionen waren Monsignore Dr. Alexander Hoffmann, Leiter der Bonner Seelsorgestelle für die katholischen Russlanddeutschen, und Monsignore Dr. Michael Kahle, Leiter des Collegium Albertinum in Bonn, anwesend. DOD Es war eine bewegte Zeit Der Festredner Helmut Koschyk MdB, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, betont: „Die Gründung der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen im Jahre 1974 fiel in eine deutschlandpolitisch bewegte Zeit. In dieser Zeit waren die Bemühungen des Präsidiums des Bundes der Vertriebenen für die Gründung einer Stiftung für ostdeutsche Kulturarbeit nicht zuletzt auch dadurch motiviert, dass seine Kulturarbeit aus den emotionalen Auseinandersetzungen um die Ost- Verträge herausgehalten werden sollte. Vielmehr sollten über eine attraktive und moderne wissenschaftliche Kulturarbeit Angebote für weiteste Teile der deutschen Öffentlichkeit geschaffen werden.“ Auch wenn sich die Kulturstiftung in den Anfangsjahren vorrangig den Dokumentationen und Veranstaltungen zum staats- und völkerrechtlichen Status der DDR und der Ostgebiete widmete, dehnte sich die Arbeit bald auch auf geisteswissenschaftliche Disziplinen aus. Man schuf – so Koschyk – bedeutende, bis heute wirksame Vorarbeiten für ein europäisches Minderheiten- und Volksgruppenrecht. „Vor dem Hintergrund dieser erfolgreichen und fruchtbaren Arbeit ware die Entscheidung der damaligen Bundesregierung, 1999 und 2000 die institutionelle Förderung aus dem Bundeshaushalt erst drastisch zu kürzen und dann ganz zu streichen, nach meiner Einschätzung nicht sachgerecht“, erklärte Koschyk. Der Redner fügte hinzu, dass die Leistungsbilanz der Stiftung seit jener Krisenzeit umso bemerkenswerter sei. Zwar sei ein Wiederaufleben institutioneller Förderung allenfalls in einem schwierigen parlamentarischen Verfahren zu erreichen, doch ermunterte der Redner die Stiftung zu verstärkter Vernetzung mit Kooperationspartnern. Koschyk überbrachte Glückwünsche der Bundeskanzlerin Angela Merkel Tag der Heimat 2014 wie folgt: „Auch Deutsche, die keine familiären 22 Wurzeln östlich der Oder haben, sollten wissen, dass Breslau, Königsberg und Stettin einmal deutsche Städte waren, dass die Ostpreußen Johann Gottfried Herder, Immanuel Kant und Käthe Kollwitz das deutsche Kulturund Geistesleben ebenso geprägt haben wie der Schlesier Gerhart Hauptmann oder der in Prag geborene Rainer Maria Rilke und dass die Siebenbürger Sachsen oder die Russlanddeutschen ihre eigene Kultur und ihr eigenes Brauchtum haben wie die Bayern, Sachsen oder Württemberger. Dieses Erbe ist nicht wegzudenken. Es ist ein Teil unserer kulturellen Identität in Deutschland und darüber hinaus in ganz Europa.“ Dr. Christiane Meis, aus dem Stuttgarter Innenministerium, verwies in ihrer Ansprache auf die engen Verbindungen der Stiftung zum Land Baden- Württemberg und seiner Landeshauptstadt. Seit der Gründung habe die Kulturstiftung, so Dr. Weis, zahlreiche wissenschaftliche Veranstaltungen in Stuttgart durchgeführt, die auch in Zeiten knapper Haushaltsmittel von der Landesregierung institutionell gefördert würden. Die Rednerin betonte, dass die Kulturstiftung die neuen Perspektiven nach dem Fall des Eisernen Vorhangs positiv genutzt und moderne Medien erfolgreich in die Arbeit miteinbezogen habe. Auch das gemeinsam mit der Stiftung deutsche Kultur im östlichen Europa (OKR) geschaffene „Kulturportal West-Ost“ gilt als „Fundgrube“ für alle an den Schätzen des ostdeutschen Kulturerbes Interessierten. Bürgermeister Reinhard Limbach würdigte die in 40 Jahren geleistete Arbeit der Stiftung, die im Sinne der Bewahrung des Kulturerbes der Heimatvertriebenen durchgeführt wurde. So konnte kulturelle Identität geschaffen werden, die nicht Abgrenzung, sondern Gewinn für die gesamte Gesellschaft bedeute. Abschließend hob Dr. Barbara Drufar-Loeffke, Vorstandsmitglied der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen, insbesondere die Bedeutung der grenzüberschreitenden Aufarbeitung des ostdeutschen Kulturerbes hervor. Kulturerbe dies- und jenseits der Grenzen. Seit 1990 widmet sich die Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen verstärkt dem Austausch mit wissenschaftlichen Einrichtungen in den Staaten Mittel-, Ost- und Südosteuropas. Die facettenreichen Aufgaben und Projekte werden in enger Zusammenarbeit rnit universitären Einrichtungen, Institutionen und Wissenschaftlern in Deutschland sowie in Polen, Tschechien, Ungarn, Rumänien, den baltischen Staaten und weiteren Ländern des östlichen Europa realisiert. Verständlich, dass bei der Podiumsdiskussion im Rahmen der Jubiläumsveranstaltung auch Perspektiven der wissenschaftlichen Aufarbeitung des ostdeutschen Kulturerbes dies- und jenseits der Grenzen im Fokus standen. Der Publizist Dr. Jörg Bernhard Bilke aus Coburg moderierte die Runde, an der sich der Politikwissenschaftler und Historiker Prof. Dr. Tilman Mayer aus Bonn, der Staats- und Völkerrechtler Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Gilbert H. Gornig aus Marburg, der Kunsthistoriker und Denkmalpfleger Dr. Kazimierz Pospieszny aus Marienburg/Malbork sowie der Literaturwissenschaftler und Publizist Prof. Dr. Karol Sauerland alias 23 Warschau beteiligten. Eine interessante These vertrat u.a. Prof. Mayer, der betonte, dass das ostdeutsche Kulturerbe mit all seinen erfreulichen und unerfreulichen Seiten anzunehmen sei und selbstverständlich zum gesamtdeutschen Erbe gehöre. Prof. Sauerland wiederum erkannte im Bereich der Literatur hoffnungsvolle Anzeichen dafür, dass sich die Autoren zunehmend der Herkunft aus dem Osten zuwenden. Die wissenschaftliche Aufarbeitung – wie beispielsweise auch jene der Kulturstiftung – könne sogar als Vorbild für die Beschäftigung Polens mit der Kultur seiner ehemaligen Ostgebiete dienen. Dieter Göllner Franz-Werfel-Preis an Rick Ostermann Regisseur der „Wolfskinder“ mit Menschenrechtspreis ausgezeichnet Der Regisseur und Drehbuchautor Rick Ostermann hat den diesjährigen Franz-Werfel-Menschenrechtspreis der Stiftung ZENTRUM GEGEN VERTREIBUNGEN erhalten. Ostermann wurde am 12. November in der Frankfurter Paulskirche für seinen Spielfilm „Wolfskinder“ ausgezeichnet. Der Film zeigt das Schicksal der sogenannten Wolfskinder. Diese hatten in den Wirren zum Ende des Zweiten Weltkrieges ihre Familien verloren und mussten ohne Fürsorge vor der heranrückenden Roten Armee fliehen. Dem 1978 geborenen Ostermann gelinge es in seinem Drama, das Schicksal dieser Kinder beeindruckend darzustellen, sagte die Vorsitzende der Stiftung, Erika Steinbach MdB, bei der Preisverleihung. Gewalt und Tod, aber auch Freundschaft und Zusammenhalt zeige er vor der gewaltigen Kulisse der nahezu unberührten Natur Ostpreußens und Litauens. „Mit dem diesjährigen Preisträger ehren wir einen Mann, der sich des Schicksals von Kindern angenommen hat. Es sind Kinderschicksale aus der Mitte des 20. Jahrhunderts. Anrührend, feinfühlig und gleichermaßen ausdrucksstark thematisiert dieser Film das erschütternde Schicksal dieser Kinder. In den Wirren zum Ende des Zweiten Weltkrieges verloren tausende Kinder ihre Eltern und Familien. Entwurzelt und ohne jegliche Fürsorge mussten sie vor der heranrückenden Roten Armee fliehen. Auf sich allein gestellt wurden ihnen Entscheidungen abverlangt, die niemals ein Kind sollte treffen müssen. Der tägliche Überlebenskampf raubte ihnen die Kindheit. Mit der diesjährigen Preisverleihung macht die Jury auf die ungebrochene Aktualität dieser außergewöhnlichen, doch tausendfach erlittenen Geschichte aufmerksam: auf die Schicksale von Kindern in den weltweiten Kriegsgebieten. Es sind die Kleinsten, die oftmals 24 das größte Leid – Flucht, Vertreibung, Entwurzelung – für sich alleine zu ertragen haben.“ Der Präsident des Europäischen Parlaments a.D., Prof. Dr. Klaus Hänsch, der aus dem schlesischen Sprottau stammt, begründete die Auswahl der Jury mit beeindruckenden Worten. „Es ist ein Film, der mit verstörender Lakonie zeigt, wie die Abwesenheit von jederlei Rechts das elementarste aller Menschenrechte zuschanden macht: Das Recht auf Leben. Und der zugleich zeigt, wie die Kinder für sich und ihresgleichen Verantwortung übernehmen. Wie sie einander helfen, tragen und trösten. Wie sie das Wenige, das sie zum Überleben finden, miteinander teilen. Die Wolfskinder sind ihrer Menschenrechte beraubt, aber sie bewahren ihre menschliche Würde.“ (-r) Der Film erzwingt Assoziationen Besonders deutlich hob der Laudator die aktuellen Bezüge des Films hervor. „Rick Ostermanns berührender und im Wortsinne hoffentlich „bewegender“ Film erlaubt, nein, erzwingt Assoziationen mit dem Schicksal der Millionen flüchtenden und verfolgten Menschen in der Nachbarschaft Europas. Die Wolfskinder von heute heißen „‘unbegleitete Kinder’. „Weltweit, so Hänsch, seien wohl mehr als 20.000 dieser Kinder unterwegs. Daraus seien auch konkrete Forderungen abzuleiten: „Den Flüchtlingen (unserer Tage) eine würdige Aufnahme zu gewährleisten und ihnen schneller als bisher den Zugang zum Arbeitsmarkt zu öffnen. Das nenne ich einen würdigen Umgang mit unseren eigenen Erinnerungen an Recht und Vertreibung. Rick Ostermann erinnert an das Schicksal von Kindern am Rande der großen europäischen Vertreibungsgeschichte des vorigen Jahrhunderts, ein Schicksal, das fast dem Vergessen anheim- gefallen war. Für diese Erinnerung danken wir Rick Ostermann heute mit dem FranzWerfel- Menschenrechtspreis.“ 25 Millionen Kinder sind auf der Flucht Rick Ostermann bezog in seinen Dank ausdrücklich auch die Wolfskinder mit ein. Er nehme den Preis stellvertretend für die Wolfskinder entgegen. Auch er erinnerte an die aktuellen Vertreibungs- und Flüchtlingstragödien seit dem Zweiten Weltkrieg, an die Zahl der Flüchtlinge von zur Zeit weltweit über 50 Millionen Menschen, von denen die Hälfte Kinder seien. „Diese Kinder, die zum Teil Waisenkinder sind, sind Kinder die entwurzelt wurden und deren politische Gesinnung nicht relevant ist, wenn sie versuchen zu überleben. Und genau deswegen sind die Hauptdarsteller in meinem Film und all die vielen tausende Wolfskinder auf der Welt keine Täter. Sie sind keine Täter die zu Opfern geschminkt wurden - es sind einfach nur Kinder“ 25 Ostermann machte klar, dass man schon als Kind Wurzeln schlagen und sich eine eigene Identität aufbauen solle. Dafür brauche es ein Zuhause und eine Familie. Das sei ein Recht, für das wir uns stark machen sollten – losgelöst von jeglicher Instrumentalisierung. Die Preisverleihung an den 36-jährigen Rick Ostermann machte auf beklemmende Art und Weise deutlich, wie aktuell und wie nah der Themenkomplex „Flucht und Vertreibung“ auch heute ist. Die Stiftungsvorsitzende Erika Steinbach sprach es deutlich aus: Vertreibung ist keine Vokabel von gestern.“ Aber die Vertriebenen aus dem letzten Jahrhundert nehmen Anteil am Schicksal der Vertriebenen heute und weltweit. Wir vergraben uns nicht im eigenen Schicksal, sondern nehmen Anteil daran, was Vertriebenen heute weltweit widerfährt.“ Entnationalisierung der Opfer Auch darum sind Filme wie die „Wolfskinder“ unverzichtbar, die ohne mahnenden Zeigefinger, ohne Urteil Schicksale wahrhaftig darstellen. Rick Ostermanns Film entnationalisiert auf eine stille und gerade deshalb so eindringliche Weise die Angst und das Leid der Opfer, gleich welcher Verfolgung oder Vertreibung. Kunst kann Flucht und Vertreibung, Opfer und Täter, Schuld und Vergebung entnationalisieren, Erinnerung kann es nicht.“ So drückte Laudator Prof. Dr. Klaus Hänsch es aus. Es gehe um den Respekt vor den Opfern, um den gleichen Respekt allen Opfern gegenüber. Franz-Werfel-Menschenrechtspreis Der Preis ist benannt nach dem großen Schriftsteiler Franz Werfel (1890- 1945), der mit seinem Roman „Die 40 Tage des Musa Dagh“ die Vertreibung der Armenier aus der Türkei und den Genozid an den Armeniern eindringlich, wirkungsvoll und mit großer künstlerischer Gestaltungskraft dargestellt hat. Der Franz-Werfel-Menschenrechtspreis soll als Einzelpersonen, gelegentlich aber auch an Initiativen oder Gruppen verliehen werden, die sich gegen die Verletzung von Menschenrechten durch Völkermord, Vertreibung und die bewusste Zerstörung nationaler, ethnischer, rassischer oder religiöser Gruppen gewandt haben. Wer in diesem Sinne beispielgebende politische, künstlerische philosophische oder praktische Leistungen erbracht hat, kann mit diesem Preis geehrt werden. Der Franz-Werfel-Menschenrechtspreis ist mit 10.000 Euro datiert. Er wird alle zwei Jahre in der Frankfurter Paulskirche verliehen. 26 Mit der diesjährigen Veranstaltung zur Verleihung des Franz-WerfelMenschenrechtspreises ist allen Opfern von Flucht und Vertreibung Respekt erwiesen worden. DOD/-r Joseph-von-Eichendorff-Erzählwettbewerb „Schläft ein Lied in allen Dingen“ Deutsche Sprache als Träger kultureller Identität Kooperationspartner: Deutsche Gesellschaft, Verein für Deutsche Kulturbeziehungen im Ausland (VDA) und Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland. Die deutsche Sprache ist eine der bedeutendsten Kultur-, Wissenschafts- und Verkehrssprachen weltweit. Außerhalb des deutschsprachigen Raumes gibt es ca. 13 Millionen Menschen, die Deutsch sprechen und seinerzeit als Auswanderer sowohl die deutsche Sprache als auch die deutsche Kultur verbreitet haben und auf der ganzen Welt verteilt sind. Nicht zu vergessen sind die vielen Schulen im Ausland, die Deutsch als Fremdsprache lehren. In der Zeit von September 2013 bis Oktober 2014 wurden junge Menschen in aller Welt dazu aufgerufen, sich mit den Zeilen „Schläft ein Lied in allen Dingen“ aus dem Gedicht „Die Wünschelrute“ des bekannten deutschen Romantikdichters Joseph von Eichendorff in einer deutschsprachigen Erzählung mit ihrem Umfeld auseinanderzusetzen. Damit wollten die Initiatoren dieses Wettbewerbs einen Beitrag zur Popularisierung der deutschen Sprache leisten. Aufgerufen waren Jugendliche und Erwachsene bis 30 Jahre, die nicht die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen und außerhalb des deutschsprachigen Raums leben. Die besten drei Texte wurden von einer Jury mit namhaften Personen ausgewählt. Die Preisverleihung fand am 12. Dezember 2014 in einer Feierstunde in der Sächsischen Staatskanzlei in Berlin statt. Es wird eine Broschüre mit den von der Jury prämierten fünf besten Aufsätzen herausgegeben. Die Jurymitglieder waren: Herr Dr. Andreas Apelt, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft, Herr Carlos Gomez, Direktor der Deutschen Schule in La Serena (Chile), Herr Hartmut Koschyk MdB, langjähriger Vorsitzender des VDA, Herr Dr. Kay Lindemann, Geschäftsführer der Deutschen Automobilindustrie und Vorsitzender des Stiftungsverstands „Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland“, Frau Dr. Roswitha Schieb (Schriftstellerin aus Berlin) sowie Frau Monika Taubitz (Schriftstellerin). Insgesamt wurden 46 27 Beiträge eingesandt. Diese wurden von der Jury mit großem Interesse gelesen und sehr kritisch bewertet. So wurde neben den sprachlichen Leistungen auch der Bezug zur romantischen Dichtung von Joseph von Eichendorff gewertet. Ebenfalls fiel ins Gewicht, inwieweit Berührungspunkte zu Deutschland und zur deutschen Sprache berücksichtigt wurden. Die drei Erstplatzierten sind: Anna German (Platz 1) aus Russland: „Schläft ein Lied in allen Dingen“, Mariela Kircheva (Platz 2) aus Bulgarien: „Eine Reise nach Berlin“, Cyntia Hobor (Platz 3) aus Rumänien: „Reise mit Klang“. Quelle: Sprachnachrichten/-r Literaturnobelpreis 2014 für Patrick Modiano Er ist der Nachfolger von Alice Munroe: Der französische Erzähler Patrick Modiano ist von der Schwedischen Akademie mit dem Literaturnobelpreis 2014 geehrt worden. Überraschung in Stockholm: Der französische Erzähler Patrick Modiano ist mit dem Literaturnobelpreis des Jahres 2014 ausgezeichnet worden. Damit geht die begehrteste literarische Auszeichnung der Welt nach Frankreich, zum Erzähler Modiano. Die Jury verlieh ihm die Auszeichnung „für die Kunst der Erinnerung, mit der er die ungreifbarsten menschlichen Schicksale und die Lebenswelt der Besetzung hervorgerufen hat“. In seinem Werk gehe es um Erinnerung, Vergessen, Identität und Schuld. Auch die Stadt Paris sei präsent in seinen Texten. Eine wichtige Rolle spielt für Modiano die Besatzungszeit durch die Nazis. Peter Englund, Ständiger Sekretär und Chef der Schwedischen Akademie, sagte über Modianos Werk: „Es sind sehr elegante Bücher, aber sie sind nicht schwierig zu lesen.“ Der Satz „Leben heißt, beharrlich einer Erinnerung nachzuspüren-, umreißt das poetologische Programm des Schriftstellers. Diesen Satz hat er seinem autobiografischen Roman „Familienstammbuch“ vorangestellt. Modiano wurde am 30. Juli 1945 in Boulogne Billancourt bei Paris als Sohn eines jüdischen Kaufmanns und einer flämischen Schauspielerin geboren. Beide hatten sich während der deutschen Besatzungszeit kennengelernt. HB –·–·–·–·– Wollen Sie uns schreiben? Sie erreichen uns über „redaktion@sathmarerschwaben“ –·–·–·–·– 28 „Deutsch bedeutet für mich ein Fach, ein Hobby, eine wichtige Sprache!“ Der Tag der deutschen Sprache in Reschitza zum zweiten Mal begangen Am Samstag, dem 13. September 2014, feierte man weltweit den Tag der deutschen Sprache. In Reschitza konnte er aus objektiven Gründen nicht am 13., sondern erst am 15. September (auch Eröffnungsdatum des neuen Schuljahres) gefeiert werden. Die Veranstaltung fand in der Deutschen „Alexander Tietz“-Bibliothek in Reschitza, zum zweiten Mal in Rumänien überhaupt, statt und bestand aus einer interaktiven Veranstaltung zum Thema Tag der deutschen Sprache“. Zu erinnern sei, dass der Tag der deutschen Sprache vom Verein Deutsche Sprache e.V. im Jahr 2000 eingerichtet wurde, um der deutschen Sprache weltweit zu verhelfen mehr Ansehen zu gewinnen. Die Deutsche „Alexander Tietz“-Bibliothek in Reschitza vereinte an diesem Tag Mitglieder jüngerer und älteren Generationen, für die die deutsche Sprache wichtig ist. Die Lehrerin für „Deutsch-als-Muttersprache“ am Diaconovici-Tietz-Lyzeum, Prof. Sonja Maria Chwoika, organisierte eine interaktive Veranstaltung, in deren Mittelpunkt Persönlichkeiten aus dem deutschsprachigen Raum Europas standen. Die Teilnehmer nahmen an einem Quiz teil, stellten die 29 Persönlichkeiten vor, unterhielten sich und übten damit ihre deutschen Sprachkenntnisse. Einführungsworte zur Veranstaltung sprachen der Vorsitzende des Demokratischen Forums der Banater Berglanddeutschen, Erwin Josef Tigla, und der Schuldirektor des Diaconovici-Tietz-Lyzeums Reschitza, Prof. Boris Vatzulik. Einige der teilnehmenden Schüler schrieben auch auf was für sie die deutsche Sprache bedeutet. Hier einige dieser Meinungen: – „Deutsch bedeutet für mich sehr viel, weil es meine Muttersprache ist.“ – „Deutsch bedeutet für mich eine schöne Sprache in einem schönen Land.“ – „Deutsch bedeutet für mich meine Zukunft.“ – „Die deutsche Sprache bedeutet für mich sehr viel, denn sie ist wirklich in mich hinein gedrungen.“ – „Deutsch bedeutet für mich ein Fach, ein Hobby, eine wichtige Sprache!“ Erwin Josef Tigla Kreativsprache Deutsch – Bedeutung und Nutzen Warum sollte man diese Sprache lernen? Sprache gilt neben der Religion als stärkstes Identität stiftendes Element einer Kultur- Mithin ergeben sich zahlreiche Gründe, eine fremde Sprache zu erlernen und in ihr zu kommunizieren. Hier stellt sich die Frage: Weichen Erkenntnisgewinn und weichen speziellen Nutzen könnte es da für ausländische Schüler, Studenten, Wissenschaftler, Politiker, Unternehmer, Fachkräfte, Publizisten, Künstler, Reisende und andere haben, sich mit der deutschen Sprache zu befassen? Nachstehend soll versucht werden, verdichtend einige Antworten zu finden. Für 110 Mio. Menschen ist Deutsch Muttersprache Deutsch gehört zu den bedeutenden Kultursprachen dieser Erde. Nach Englisch ist Deutsch die zweitgrößte germanische Sprache mit gemeinsamen, im norddeutschen Raum liegenden angelsächsischen Wurzeln. Für mehr als 110 Mio. Menschen - vorwiegend in Europa - ist Deutsch Muttersprache. Für die deutschsprachigen Gemeinschaften in Europa und Übersee ist diese Sprache Basis der gemeinsamen soziokulturellen Herkunft. Weltweit verstehen über 200 Mio. Menschen unsere Sprache. Mehr als 35 Mio. Menschen sprechen dem Deutschen verwandte Nahsprachen wie Niederländisch, Kap- Afrikaans, Friesisch, Letzeburgisch oder Jiddisch. Von daher ist es sicherlich nicht falsch, hier Deutsch als Brückensprache zu bezeichnen, die den einfacheren Zugang zu weiteren Sprachen ermöglicht, Das gilt eingeschränkt auch für andere an der Nord- und Ostsee beheimatete germanische Sprachen. Europas Stärke, Attraktivität und Dynamik liegt in 30 der Vielfalt. Deutsch ist die Sprache mehrerer Länder und Regionen in der Mitte Europas. Sie ist europaweit die am häufigsten benutzte Sprache bei der täglichen Arbeit. Für jeden fünften EU-Europäer westlich der russischen Föderation ist Deutsch seine Muttersprache. Rund tausend Jahre nahm das Römisch-Deutsche Kaisertum Einfluss auf die Entwicklung Europas. Die herausragende geopolitische Lage im Herzen Europas, sich ändernde Grenzen und Staatlichkeiten führten immer wieder zu Konflikten, radikalen Brüchen und konkurrierenden Machtansprüchen. Aber auch lange Epochen der gedeihlichen und konstruktiven, nachbarschaftlichen Zusammenarbeit kennzeichnen diesen Teil der abendländischen Geschichte. Für weite Teile Europas ist die Verzahnung mit den deutschsprachigen Staaten Teil des kulturellen Erbes. Heute kommt Deutschland als europäischer Zentralmacht eine besondere Führungsverantwortung zu. Hinzu kommen international einflussreiche Nachbarländer wie Österreich und die Schweiz, in denen ebenfalls über-wiegend will, sollte die deutsche Sprache kennen und sich in ihr „bewegen können“ Außenhandel mit deutschsprachigen Staaten hat besondere Bedeutung Der sozioökonomische Zusatznutzen von deutschen Sprachkenntnissen ist vielfältig. Deutschsprachige Staaten und Siedlungsgebiete gehören global gesehen zu den am weitest entwickelten Wirtschaftsräumen mit einem überproportional hohen Anteil am Welthandel und Reiseverkehr. Für viele Länder ist der Außenhandel mit den deutschsprachigen Staaten wirtschaftlich und politisch von erheblicher Bedeutung. Andere Länder - z. B. - in Ostund Südosteuropa - nutzen Deutsch als wichtige Handels- und Verkehrssprache. Es zeigt sich: dauerhafte Beziehungen lassen sich über unsere Sprache absichern und ausbauen, Wer nachhaltige Geschäfte anstrebt, sollte zum gegenseitigen Vorteil die Sprache seiner Kunden sprechen. Deutsch ist neben Englisch und Französisch offiziell gleichberechtigte Arbeitssprache in den Gremien der Europäischen Union (EU). Weltweit tätige Unternehmen aus dem deutschen Sprachraum sichern zahlreiche qualifizierte Arbeitsplätze. Für Einwanderer, die Berufs- und Arbeitsmöglichkeiten in den Ländern des deutschsprachigen Europa suchen, sind für eine erfolgreiche Integration Deutschkenntnisse unabdingbar. H. Berner, Quelle „Sprachnachrichten“ Deutsch - die Sprache der großen Dichter und Denker Die deutsche Sprache - so heißt es - ist ausdrucksstark und fördere in besonderem Maße das Denken und die Kreativität des Handelns. Fakt ist: Viele große Denker, Erfinder, Rechtsgelehrte und Kunstschaffende sprachen und sprechen Deutsch. Wer Deutsch lesen kann, hat Zugang zu einer unglaubli31 chen kulturellen und technischen Vielfalt wissenschaftlicher Arbeiten, Sammlungen, Dokumentationen, Ideenentwicklungen und technische Beschreibungen können im Original gelesen und diskutiert werden. Typisch deutsche Gründlichkeit, Präzisionsarbeit, Qualität und zuverlässiges Handeln hat möglicherweise auch mit sprachlicher Prägung zu tun. Deutsch sprechende Auswanderer und ihre Nachkommen gehören in ihren Siedlungsgebieten zu den jeweils erfolgreichsten Einwanderergruppen. Jährlich erscheinen geschätzt weltweit rd. 110 000 neue Buchtitel in deutscher Sprache. Hinzu kommen tausende periodische Publikationen wie Tages- und Wochenzeitungen, Fachzeitschriften und Unterhaltungsjournale. In keiner Sprache der Welt werden so viele Bücher übersetzt wie in die deutsche Sprache. Auch bei den elektronischen Medien und Netzwerken gehört Deutsch zu den häufigsten Nutzeridiomen. Deutschsprachige Ausbildungsabschlüsse und Abschlüsse an einer deutschsprachigen Hochschule sind für Viele der persönliche Einstieg in eine internationale Arbeits- oder Wissenschaftskarriere. Somit ist es auch eine Frage des persönlichen Bildungsanspruchs Deutsch zu lernen, und wenn möglich eine Zeit im deutschsprachigen Europa zu leben, um hier zusätzliche Erfahrungen zu sammeln. Wer offen ist für die Welt, sollte außer in seiner Muttersprache in mindestens zwei weiteren international bedeutenden Sprachen kommunizieren können. Dr. Eberhard Klinge v. Schultz Neue Grenzen und neue Minderheiten Das VDA-Forum 2014 zu den Folgen des Ersten Weltkriegs Der vor 100 Jahren ausgebrochene Erste Weltkrieg führte zur Entfesselung der Minderheitenproblematik in den Ländern und Regionen des östlichen Europa. Daran erinnerte das VDA-Forum 2014, das der VDALandesverbarid Sachsen am 8. November 2014 im Goethe-Institut Dresden veranstaltete. Die Besucher konnten erfahren, wie Europa nach dem Krieg neu geordnet worden ist, und weiche Umbrüche und dramatischen Erfahrungen damit für die Deutschen in den neu geschaffenen Nationalstaaten verbunden waren. Im ersten Teil der Veranstaltung legte der Historiker Dr. Norbert Spannenberger (Leipzig) dar, welche politischen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Krieg für die Deutschen in Ost-, Ostmittel- und Südosteuropa sowie für die Amerikadeutschen hatte. Er wies darauf hin, dass der Krieg in Europa den absoluten Zerfall der bisherigen Ordnungssysteme bedeutet hat, und die 32 tradierten Lebenswelten im östlichen Europa nach 1918 fundamental in Frage gestellt worden sind. Bei den Bürgern der neu gegründeten Staaten sei es zu „Loyalitätsdilemmas von bislang unbekannter Dimension“ gekommen. Wie Dr. Spannenberger sagte, lebten nach dem Krieg zwischen Estland und Jugoslawien über 8 Millionen Deutsche als Minderheit, auch ehemalige Reichsangehörige. Während der Weimarer Republik sei in Berlin zwischen „Zwangsminderheiten“ infolge der Friedensverträge und „eigentlichen Minderheiten“ unterschieden worden, Zur letztgenannten Gruppe zählten die Deutschen im Baltikum, in Ungarn, Jugoslawien, Rumänien und Russland, Die „Zwangsminderheiten“ sollten letztlich „heinn ins Reich“ geholt werden, weil sie auf „deutschem Volksboden“ lebten. Den zweiten Vortrag des VDA-Forums hielt der emeritierte Osteuropa-Historiker Prof. Dr. KarlHeinz Schlarp (Dresden). Sein Thema war das schwierige Verhältnis von Deutschen und Tschechen nach dem Ende des Habsburgerreiches. Professor Schlarp machte deutlich, dass es schon im Laufe des 19. Jahrhunderts in den böhmischen Ländern zu einer tiefen nationalen Spaltung gekommen ist. Am stärksten seien jedoch die zwei Jahrzehnte der Ersten Tschechoslowakischen Republik durch das schwierige Verhältnis zwischen Tschechen und Deutschen geprägt gewesen, was der tschechische Historiker Jan Ken treffend als „Konfliktgemeinschaft“ bezeichnet habe. In der 1918 gegründeten - SR hätten die Minderheiten zwar vergleichsweise gut leben können, sie seien aber immer mit Misstrauen betrachtet worden, und die Förderung von Gruppenrechten habe als Bedrohung für die Konstruktion eines Nationalstaates der Tschechen und Slowaken gegolten. Vor allem die amtlich so bezeichneten „Sudetendeutschen“ (im Jahr 1921 ca. 3,1 Millionen = 24,3 Prozent der Gesamtbevölkerung) hätten ihren „nationalen Besitzstand“ bedroht gesehen. „Da die Interessenkonflikte der beiden Völker nicht befriedigend gelöst werden konnten“, so Professor Schlarp, „scheiterte nicht nur der gemeinsame Staat, auch die lange gewachsene Gemeinschaft zerbrach in der Katastrophe des auf 1938 folgenden Jahrzehnts endgültig“. Mit besonderer Spannung erwartet wurde der dritte Vortrag, den die Leipziger Kulturwissenschaftlerin Angela Gröber hielt. Sie sprach über die relativ unbekannte Volksgruppe der Deutschen in der Karpato-Ukraine und deren nationale Mobilisierung in der Zwischenkriegszeit. Wie die Referentin sagte, wechselte die ca. 13.000 km große KarpatoUkraine zwischen 1918 und 1945 mehrmals ihre staatliche Zugehörigkeit: Sie kam 1918/19 von Österreich-Ungarn zur Tschechoslowakei, 1938/39 zu Ungarn und 1945 zur Sowjetunion. Im Jahr 1930 waren 63 Prozent der Einwohner Ruthenen beziehungsweise Russinen. Damals wurden hier 13.249 Deutsche gezählt, was einem Bevölkerungsanteil von 1,9 Prozent entsprach. 33 Im Jahr 2001 lebten in der Region, die seit 1991 zum Staatsgebiet der Ukraine gehört, 3.500 Deutsche, das waren 0,3 Prozent der Einwohner. Bis 1918/19 pflegten die Deutschen in der Karpato-Ukraine einen „ungarländischen Patriotismus“. Erst als sie sich in der neu gegründeten Tschechoslowakei wiederfanden, erfolgte eine nationale Mobilisierung. Deren Akteure waren zunächst vor allem reichsdeutsche und böhmische Jugendorganisationen, die Wanderfahrten in den ärmlichen Landstrich unternahmen. So führte im Jahr 1928 der jungnationale Bund Sachsens eine „Großfahrt“ in die Karpato-Ukraine durch, die den „bedrohten Deutschen“ galt. Bei den Fahrten entstanden zahlreiche Karten und Statistiken. Um die Deutschen kümmerte sich dann zunehmend der in Prag ansässige „Deutsche Kulturverband“. Er gründete in den Karpatendörfern Ortsgruppen, ließ Schulen errichten und entsandte Wanderlehrer. Nach der Angliederung der Karpato-Ukraine an Ungarn 1938/39 wurden die Deutschen aufgefordert, sich der „Gesamtbewegung des ungarländischen Deutschtums“ anzuschließen. Zusätzlich zu den drei Vorträgen wurde den Besuchern des VDAForums eine zum Thema passende Tafelausstellung geboten. Sie konnten sich im Goetheinstitut die reich bebilderte Schau „Musen an die Front! Schriftsteller und Künstler im Dienst der k.u.k.- Kriegspropaganda 1914 1918“ ansehen, die vom Deutschen Kulturforum östliches Europa gestaltet worden ist. Peter Bien Dem Leben zusehen Nobelpreis an einen Deutschen und zwei Amerikaner für neue Ära von Mikroskopen BERLIN (dpa) - Erbsubstanz bei ihrer Vermehrung und Nervenzellen beim „Denken“ zusehen: Solche Prozesse in lebenden Zellen lassen sich mit speziellen Mikroskopen beobachten, die erst vor wenigen Jahren erfunden wurden. Ihre immense Bedeutung für Medizin und Forschung macht der Chemie-Nobelpreis für den deutschen Max-Planck-Forscher Stefan Hell sowie die US-Amerikaner Eric Betzig und William Moemer deutlich. Krankheiten wie Krebs könnten nur verstanden werden, wenn die Abläufe in den Zellen genau bekannt seien, betont Hell. „Dadurch, dass man jetzt schärfere Bilder aus lebenden Zellen gewinnen kann, wird man besser verstehen, was in der Zelle abläuft und auch deswegen besser verstehen, was sich abspielt, wer in etwas aus dem Ruder gerät, wenn eine Krankheit entsteht.“ Mehr als ein Jahrhundert lang galt in der Physik als unumstößliches Dogma: Lichtmikroskope werden nie eine höhere Auflösung haben als 200 Nanometer, 200 millionstel Millimeter also. Licht breitet sich als Welle aus und wird gebeugt, wenn man versucht, es auf einen Punkt zu fokussieren. 34 Dieser Punkt wird ein Lichtfleck von einer halben Wellenlänge – und das sind bestenfalls eben jene 200 Nanometer. Ein Stecknadelkopf scheint uns winzig – und doch beträgt sein Durchmesser eine Million Nanometer. Mit guten Lichtmikroskopen lassen sich seit Jahrzehnten die Konturen lebender Zellen betrachten. Die wenige Nanometer großen Proteine in den Zellen und selbst viele Zellorgane blieben den Lichtmikroskopen verborgen. Etwas Abhilfe schufen Elektronenmikroskope, die bis in den Nanometerbereich auflösen, für lebende Strukturen aber viel zu zerstörerisch arbeiten. Und schließlich gelang doch das Undenkbare: Mit abgewandelter Fluoreszenzmikroskopie und klugen Tricks konnte die Beschränkung der Lichtmikroskopie umgangen und die Auflösung drastisch erhöht werden – erstmals seit Erfindung des Mikroskops im 16. Jahrhundert. Hell realisierte vor 15 Jahren das sogenannte STEDMikroskop (Stimulated Emission Depletion), Betzig und Moerner 2006 die Einzelmolekül-Mikroskopie. ,Blinkende Farbstoffe: Ausgewählte Strukturen der Zelle werden dabei mit Fluoreszenzfarbstoffen markiert, das von ihnen ausgehende Licht wird erfasst. Mit optisch schaltbaren – quasi blinkenden – Farbstoffen und Tausenden Aufnahmen wird aus den Koordinaten einzelner fluoreszierender Moleküle ein Gesamtbild rekonstruiert. Zur Veranschaulichung: Von der Raumstation ISS betrachtet erscheint Berlin bei Nacht als leuchtender, verschwommener Fleck, einzelne Straßen oder Gebäude können nicht mehr aufgelöst werden. Würde jede einzelne Lichtquelle für kurze Zeit einzeln angeschaltet, ließe sich aus den einzelnen Punkten die räumliche Anordnung wesentlich genauer rekonstruieren. So geschieht dies bei der superauflösenden Fluoreszenzmikroskopie. Annette Stein, SZ 35 H EIMATKUNDE Die rumänische Revolution Ein Vierteljahrhundert ist nach dem dramatischen Sturz des kommunistischen Regimes in Rumänien am 22. Dezember 1989 vergangen. Nur wenige Monate später veröffentlichte Anneli Ute Gabanyi das weltweit erste Buch zu diesem Thema mit dem Titel „Die unvollendete Revolution“. Rumänien zwischen Diktatur und Demokratie“. Wir nehmen diese historische Zäsur zum Anlass, um die Verfasserin zu fragen: Was wissen wir heute über die immer noch kontrovers diskutierten Ereignisse, die im „Winter des Missvergnügens“ vor 25 Jahren zu einem blutig verlaufenen Volksaufstand, zur Flucht des Diktators Nicolae Ceausescu und seiner Exekution führten und mehr als tausend Opfer forderten? War das, was damals geschah, eine Revolution? Und: Kann die Revolution heute, 25 Jahre danach, als vollendet gelten? Von Tschu En Lai (1898-1976), dem chinesischen Premierminister, ist überliefert, dass er auf die Frage, was er denn von der Französischen Revolution von 1789 halte, geantwortet habe, er finde es noch zu früh, sich dazu ein Urteil zu bilden. Auch 25 Jahre danach geben diese Vorgänge in Rumänien immer noch zahlreiche Rätsel auf, obwohl zu diesem Thema seither mehr als 400 Bücher und Tausende von Aufsätzen von Zeitzeugen, Wissenschaftlern und Politikern erschienen sind. Revolution oder nicht? Interessanterweise spielt heute die Frage nach dem Revolutionscharakter der Ereignisse, die sich im wunderbaren Jahr („innus mirabilis“) 1989 in den ehemaligen Staaten des Ostblocks abgespielt haben, mit Ausnahme Rumäniens in der öffentlichen Debatte in Warschau, Prag oder Budapest praktisch keine Rolle. In Polen spricht man von „den Ereignissen“ oder bestenfalls „den Wahlen“ von 1989, in Tschechien ist von den „Novemberereignissen“ oder schlicht „den Ereignissen“ die Rede, während in Ungarn mangels anderer relevanter Geschehnisse die Umbettung der Gebeine des Revolutionshelden von 1956, Imre Nagy, als das hervorstechendste Ereignis des Jahres 1989 gefeiert wird. Im deutschen Sprachgebrauch war für die Entwicklung in der DDR lange Zeit der von Egon Krenz geprägte Begriff der „Wende“ vorherrschend, der erst in den letzten Jahren in der staatlichen Gedächtniskultur der Bundesrepublik Deutschland von dem offiziellen Terminus der „friedlichen Revolution“ verdrängt wird. In Rumänien dreht sich die immer noch erstaunlich rege Debatte um Fragen wie: War das, was 36 in Rumänien geschehen ist, ein Aufstand (der mit der Revolution gleichgesetzt wird) oder ein Staatsstreich; war er das Werk (ausschließlich) der Rumänen oder waren auch ausländische Akteure – und welche – beteiligt? Tatsache ist: Gemessen in den wissenschaftlichen Kriterien, die gemeinhin zur Definition von Revolutionen dienen, fand in den Staaten des ehemaligen sowjetischen Herrschaftssystems ein grundlegender und unumkehrbarer Wandel der Gesellschafts- und Herrschaftsstruktur sowie des politischen und Wirtschaftssystems statt. Keinen Konsens gibt es unter Wissenschaftlern hingegen darüber, ob eine Revolution unbedingt mit der Androhung oder Anwendung von Gewalt einhergehen muss. Folgt man der Einschätzung jener Wissenschaftler, die der Meinung sind, dass eine Revolution notwendigerweise mit Blutvergießen einhergehen muß, dann war die rumänische Revolution zugleich die einzige „klassische“, sozusagen die Revolution des Jahres 1989 in Ostmitteleuropa. Der rumänische Sonderfall. Während die Revolution in den anderen mittel- und osteuropäischen Staaten unblutig verlief – als präventiver legaler Machtwechsel in Polen und Ungarn und als erzwungener Rücktritt der Machthabenden in der DDR, der Tschechoslowakei und Bulgarien – erfolgte in Rumänien ein revolutionärer Staatsstreich, in dessen Verlauf der Diktator verhaftet, in einem summarischen Schauprozess abgeurteilt und hingerichtet wurde. Vorausgegangen war dem Staatsstreich ein Aufstand der Bevölkerung im westrumänischen Timisoara/Temeswar und in weiteren Städten, den die Architekten des Staatsstreichs – Ceausescu-feindliche Eliten aus Partei, Armee und Geheimdiensten – provoziert und danach für ihre Zwecke nutzbar gemacht hatten. Die Aufständischen und mit ihnen quasi die gesamte rumänische Bevölkerung wollten ein Ende des kommunistischen Systems, die Putschisten hingegen lediglich die Abschaffung des reformfeindlichen nationalkommunistischen Ceausescu-Regimes und die Etablierung eines aufgeklärten, sowjetfreundlichen Reformmodells nach dem Vorbild von Gorbatschows Perestrojka. Welches waren die Gründe für die Besonderheiten des Machtwechsels im Zuge der rumänischen Revolution? Um es gleich zu sagen: Die Einmaligkeit des Umsturzes in Rumänien ist die unmittelbare Konsequenz spezifischer historischer Gegebenheiten einerseits sowie andererseits des außenpolitischen „Sonderweges“, den die politische Führung Rumäniens seit Beginn der 1960er Jahre eingeleitet hatte. In Rumänien, dem einzigen Ostblockland, dessen Bevölkerung von seiner Zugehörigkeit zu einer westeuropäischen Sprachenfamilie und einem westlichen Kulturkreis geprägt ist, stand die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung dem nach 1945 von sowjetischen Besatzungstruppen oktruierten System von Anfang an feindlich gegenüber. Sowjetische Studien stuften Rumänien als das schwächste Glied in der Kette der Staaten von RGW (Rat 37 für gegenseitige Wirtschaftshilfe) und Warschauer Pakt ein. Da sich die Rumänen längst vom Sozialismus verabschiedet hätten und sich der lateinischen (westlichen) Welt zugehörig fühlten, könne man nicht ausschließen, dass das Land im Falle einer Krise direkt in den Westen abdriften und sogar aus dem Warschauer Pakt austreten könnte. Mit dem 1958 erfolgten Abzug der sowjetischen Truppen und der Einleitung einer national gefärbten Autonomiepolitik hatte sich die kommunistische Führung Rumäniens an die Spitze der Opposition der Bevölkerung gegen die sowjetischen Besatzer gestellt. Die rumänische Führung opponierte gegen die von der Sowjetführung geplante verstärkte Integration und Spezialisierung der RGW-Staaten und setzte auf eine engere wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den entwickelten westlichen Staaten. Nachdem aber der rumänische Staats- und Parteichef im August 1968 den Einmarsch der Warschauer-Pakttruppen in die Tschechoslowakei nicht nur auf das Schärfste verurteilt, sondern auch eine grundsätzliche Kritik der sowjetischen Außenpolitik vorgetragen halte, setzte die Sowjetunion alle ihr zur Verfügung stehenden Hebel in Bewegung, um das Ceausescu-Regime intern zu destabilisieren. Der Niedergang des Regimes. Erste Erfolge erzielte sie bei der Kooptierung von Vertretern der rumänischen Streitkräfte. Ein Jahr nach einem ersten Putschversuch durch den Kommandeur der Garnison Bukarest General Ioan Serb im Jahre 1971 wurde ein neues Verteidigungsgesetz verabschiedet und 1974 eine neue Verfassung erlassen, die dem Staatspräsidenten das Oberkommando über die Streitkräfte des Landes übertrug. Anders als im Falle der anderen Ostblockstaaten, deren Streitkräfte unter dem Oberkommando des Oberbefehlshabers des Warschauer Pakts bzw. des sowjetischen Staatspräsidenten standen, konnte die Sowjetunion nicht unmittelbar in die Geschicke Rumäniens eingreifen. Widerstand regte sich nach 1971 auch in Parteikreisen, wo sowjetloyale Funktionäre ebenfalls in Opposition traten. Spätestens mit der Flucht des stellvertretenden Leiters des Auslandsaufklärung Mihai Pacepa im Jahre 1978 in die USA wurde der Widerstand von Teilen der Sicherheitskräfte gegen Ceausescu auch nach außen hin dokumentiert. In dem Maße, wie die rumänische Parteiführung Nationalismus und den Personenkult um Ceausescu in den Rang einer staatlich verordneten Ideologie erhob, verlor die Partei auch den Rückhalt unter Intellektuellen und Künstlern. Dissidenten meldeten sich zu Wort. Die Öl- und Finanzkrise Ende der 1970er Jahre führte dazu, dass Rumänien – als einziges Ostblockland – seine Devisenschulden an seine westlichen Gläubiger zurückzahlen mussten. Die für die Bevölkerung. Während sich der Druck der Sowjetunion auf Rumänien, das sowjetische Reformmodell von Glasnost und Perestrojka zu übernehmen, laufend verstärkte, verlor das Land zugleich seinen außen38 politischen Rückhalt im Westen. Nach dem Machtantritt Gorbatschows wurde Rumänien nur noch als Störfaktor des west-östlichen Interessenausgleichs wahrgenommen. Der Einsatz von Gewalt. Die Revolution forderte einen schweren Blutzoll. Anstelle der im Schauprozess gegen Ceausescu behaupteten 60000 kamen „nur“ 1104 Menschen (Wehrpflichtige und Offiziere eingeschlossen) ums Leben, „nur“ 3352 wurden verletzt. Bemerkenswert ist dabei die Tatsache, dass es vor dem Zeitpunkt der Flucht Ceausescus am 22. Dezember 1989 landesweit 162 Tote und 1107 Verletzte gab, die weitaus größere Zahl von Menschen jedoch erst getötet (942) oder verletzt (2245) wurde, nachdem der kommunistische Diktator ausgeschaltet worden war. Im Zuge der Provokation und des Einsatzes von Gewalt kamen neueren Quellen zufolge sowohl Angehörige des sowjetischen Militärgeheimdienstes GRU (heute würde man sagen: „grüne Männchen“) zum Einsatz als auch von westlichen Diensten eingeschleuste Agenten. Nach der Ausschaltung Ceausescu nutzte die an die Macht gelangte Junta unter dem sowjetloyalen Verteidigungsminister Nicolae Militaru Hinweise auf angeblich auf dem Territorium Rumäniens operierende ausländische Terroristen als Vorwand für ein Eingreifen der an den Grenzen Rumäniens bereitstehenden Warschauer-Pakt-Truppen bzw. sowjetischer Truppen in Rumänien. Dank der Standfestigkeit des damaligen Generalstabschefs Stefan Gusa, der die Angebote östlicher „Verbündeter“ ablehnte, wurde dieses Szenario allerdings nicht Wirklichkeit. Bleibt noch die Frage, weshalb allein in Rumänien das Staatsoberhaupt eines Warschauer-Pakt-Staates im Zuge der Revolution physisch eliminiert wurde. Die Antwort ergibt sich logisch aus der anfangs dargestellten militärpolitischen Besonderheit Rumäniens vor 1989. Anders als in allen anderen Ostblockstaaten, wo die Sowjetunion - um es mit den Worten der prominenten amerikanischen Politikwissenschaftlerin Valerie Bunce zu sagen – nur den Teppich unter den Füßen der kommunistischen Führung wegziehen musste, um sie zu entmachten, war der rumänische Staatschef zugleich auch der Oberbefehlshaber der nationalen Streitkräfte. Nur wenn der Oberbefehlshaber vor den Augen der Nation liquidiert wurde, so die Überlegungen der Putschisten, würden Soldaten und Geheimdienstler, denen andernfalls das Kriegsgericht gedroht hätte, keinerlei Widerstand gegen die Entmachtung Ceausescus leisten. Am Ende wurde das Ziel der Putschisten, das die Organisatoren des als Volksaufstand getarnten Staatsstreichs verfolgt hatten - die Beibehaltung des kommunistischen Systems, wenn auch mit menschlichem Antlitz, und der Verbleib Rumäniens in der Einflusszone der Sowjetunion – nicht erreicht. Rumänien ist heute ein Land, das sich trotz seiner gewaltbelasteten „Transition“ einem demokratischen, marktwirtschaftlichen Weg verschrieben hat und zu einem Mitglied von EU und NATO 39 geworden ist. Und dennoch ist die traumatische Frage „Wer hat am 22. auf uns geschossen?“ (Cine a tras in noi in 22?) in der rumänischen Öffentlichkeit immer noch virulent. Unter dem Druck einer starken Bürgerbewegung, die sich auch nach zwanzig Jahren für eine vollständige Aufklärung der gewaltsamen Verbrechen während der Revolution einsetzt gab es seit 1989 Tausende von Verhaftungen, einige hundert Anklagen, aber nur wenige Verurteilungen hochrangiger Akteure. Die kommunistische Partei als solche verschwand 1989, dennoch ist es seither wie überall in den ehemals kommunistischen Staaten Ostmitteleuropas nicht wenigen Vertretern der neuen, aber auch der alten Elite aus Partei, Armee und Geheimdiensten gelungen, ihr politisches Machtkapital in ökonomisches Kapital umzumünzen. Der am 16. November 2014 neu gewählte rumänische Staatspräsident Klaus Johannis hat es sich zum Ziel gesetzt, den tiefgreifenden Systemwechsel, der im Dezember 1989 von der Bevölkerung gewollt und von den Akteuren des Staatsstreichs verhindert worden war, zu vollenden. Noch vor seiner Amtseinführung stattete er den Kämpfern und Hinterbliebenen des antikommunistischen Aufstandes in Temeswar einen symbolträchtigen Besuch ab. In einem Fernsehinterview sagte er: „Jetzt, nach 25 Jahren, müssen wir das System verändern und deshalb ist der Augenblick gekommen, an dem wir sagen müssen: Stopp. Setzen wir einen Punkt und machen wir einen neuen Anfang“. Dr. Anneli Ute Gabanyi Klassentreffen in Karlsburg nach 55 Jahren Absolventen des „Grof Mailath Gustav Karol - Theologie Gymnasium“, trafen sich am 7. und 8. Juli 2014 voller Freude zu einem Klassentreffen in Karlsburg (Gyulafehervar, rum.Alba Iulia). Die Freude des Wiedersehens war unsagbar groß, hat man sich doch stellenweise seit 55 Jahren, seit der bestandenen Reifeprüfung (Abitur), nicht mehr gesehen. Der Initiator der Begegnung, auf die sich alle eingeladenen Kollegen riesig gefreut haben, war der Kanoniker Paul Kühn. Eigleitet wurde das seltene Treffen mit einem Gedenkgottesdienst, zelebriert von fünf Priesterkollegen. Sie erinnerten an die verstorbenen Lehrer und Mitschüler.Anschließend wurde auf dem Hof des Gymnasiums ein Klassenfoto gemacht (s. unten). Bei einem anschließenden Sekt-Empfang hatte man ausreichend Zeit miteinander zu sprechen. Gesprächsstoff gab es zur Genüge. Mahn erinnerte sich an die Jahre die man hier verbracht hat, an die anschließenden Jahre als Priester. Bei einem reichhaltigen Abendessen, 40 in der Kantine des Gymnasiums, tauschte man Erinnerungen aus und auch am nächsten Tag setzte man die persönlichen Gespräche fort. Man hatte sich nach vielen Jahren so unheimlich viel zu sagen-. Nach dem Frühstück besichtigten alle Anwesenden die 950 Jahre alte Römisch-Katholische Kathedrale und die Krypta, wo auch Bischof Marton Aron (1896–1980) und der Direktor des Gymnasiums, Dr. Farago Ferenc, beigesetzt sind. Wie bei anderen Klassentreffen versprach man gegenseitig, sich spätestens in fünf Jahren wieder in Karlsburg zu treffen. Bis dahin wünsche ich allen viel Gesundheit und Gottes Segen! Franz Hark Prof. Mag. Dr. Anton Scherer Nachruf auf den Grazer Forscher, Literaturhistoriker und Bibliograph Denk ich an den Grazer Prof. Dr. Anton Scherer, dann erinnere ich mich an meine Studentenzeit und an ein nach Rumänien geschmuggeltes Buch, das 41 damals dort für manchen Offiziellen den suspekten Titel trug „...und die nicht sterben wollten“. Herausgeber dieses frühen und wegbereitenden donauschwäbischen Dichterbuches war Dr. Anton Scherer. Das Buch hat den Eisernen Vorhang überlebt und heute noch einen Ehrenplatz in meiner Bibliothek. Das Beispiel kann als Beleg stehen für die Einschätzung, die Dr. Dr. Franz Thierfelder, damals Generalsekretär der Deutschen Akademie in München, kurz nach dem Erscheinen der Anthologie 1959 gab: Scherer habe mit diesem frühen donauschwäbischen Nachkriegswerk der Gemeinschaft der Südostdeutschen einen „Dienst erwiesen, der noch weit in die Zukunft wirken wird“. Anton Scherer wurde als Ältester von acht Geschwistern am 19. Juli 1922 in Oberndorf in der Südbatschka geboren, wuchs aber im benachbarten Dorf Bukin auf. Nach Abschluss des Gymnasiums und der deutschen Lehrerbildungsanstalt in Werbass folgten viele Stationen (Neusatz, Budapest, Wien) bis er in Berlin das Abitur ablegte, dann Studium (Germanistik, Slawistik, Geschichte, Geographie, Volkskunde, Philosophie) in Wien, Innsbruck und Graz, wo er zum Magister (1947) und Doktor der Philosophie promovierte (1955). Seine Dissertation schrieb er im Massenquartier eines Grazer Barackenlagers, hält Ferdinand Leindl in einer der frühen Würdigungen für Scherer zu dessen 50. Geburtstag fest (1972). Auf das bewegte Leben Prof. Scherers in einer schwierigen Zeit soll hier nicht weiter eingegangen werden, auch nicht auf seine ausgeprägte Eigenwilligkeit und Unnachgiebigkeit, sein offenes Wirken gegen die rivalisierenden donauschwäbischen Gruppen, was ihm viele Feindschaften eingebracht hat, sondern auf die bleibenden Verdienste als Historiker, Literaturhistoriker, Wegbereiter, Bibliograph und Begründer eines donauschwäbischen Archivs, das tangential auch für die Buchenlanddeutschen beachtenswert ist. Im Spätherbst des Vorjahres kam der gesamte Nachlass dankenderweise in die Bibliothek des Hauses der Donauschwaben in Sindelfingen. Der Leiterin des Hauses, Henriette Mojem, ist dafür zu danken wie auch der Ehefrau und Sohn Wolfram Scherer. Eine reiche, vielseitige beachtenswerte öffentliche, Presse- und Veröffentlichungsarbeit sind als seine Leistungen zusätzlich fest zu schreiben und für die Nachwelt gesichert. Alle diese bleibenden grundlegenden Arbeiten entstanden parallel zu seiner Lehrtätigkeit in Graz an Gymnasien und als Lehrbeauftragter für die Universität über viele Jahre. Mit am Anfang der Buch-Reihe steht die erwähnte Anthologie aus dem Jahre 1959 (Pannonia-Verlag Freilassing, 260 Seiten, eine zweite Auflage ist auch erschienen). Diese erste Dokumentation zur Literatur der Donauschwaben (mit Textbelegen) von Lenau bis zur Gegenwart ist bereits so angelegt wie alle späteren großen Publikationen: mit Blick auf die Nachbarn und im großen südosteuropäischen Kontext. 42 Seine 1960 im Selbstverlag herausgebrachte Einführung („beinahe alleinstehende Forschertätigkeit’) in die Geschichte der donauschwäbischen Literatur erhielt daher von zahlreichen Fachleuten aus Ungarn und Rumänien, aber auch von Forschern im Exil höchste Anerkennung. Unentbehrlich sind bis heute und mit Sicherheit auch künftig hin Scherers bibliographischen Werke, auf die auch im Zeitalter des Internets zugegriffen werden muss, weil Quellen ausgewertet wurden, die auch heute schwer erreichbar sind. Es war für den Autor eine damals aufreibende, zeitaufwendige und kostspielige Arbeit. Die Vorarbeit dazu hat Scherer ein einzigartiges, reiches und wertvolles donauschwäbisches Archiv mit Bibliothek gebracht, deren Zukunft nun gesichert sind. Frühere Versuche scheiterten vor allem an der Geldfrage. Im Alleingang hatte Dr. Scherer 1966 nach zehnjähriger Sammeltätigkeit über viele Landesgrenzen durch den Eisernen Vorhang hinweg den schwierigsten Band für die Zeitspanne 1935-1955 in München (Verlag des Südostdeutschen Kulturwerks, 407 Seiten) mit 6770 Titeln zum donauschwäbischen Siedlungsgebiet und angrenzenden Regionen, d. h. beispielsweise auch Sathmarschwaben oder Deutsche in der Marmarosch, der KarpatenUkraine, in Bulgarien und Bosnien, herausgebracht unter dem Titel „Donauschwäbische Bibliographie“. Die Belege stammen aus dem deutschen Sprachraum, mehreren Ländern Südosteuropas, aus Frankreich und vier Übersee-Staaten. Es folgte ein zweiter Band für die Zeitspanne 1955-1965, für die der Forscher dem Münchner Verlag des damaligen Südostdeutschen Kulturwerks 8446 Titel dazu vorlegte (1972, erschienen 1974). Diese umfangreichen und vielseitigen Handbücher für alle Interessentengruppen bieten grundlegende Hilfe zur Erforschung der Kulturleistungen der Donauschwaben bzw. der österreichischen Monarchie in ganz Südosteuropa. Sein Donauschwäbisches Bibliographische Archiv umfasst rund 25.000 Titel. Es folgten weitere bibliographische Veröffentlichungen bis ins hohe Alter, von denen als Besonderheit und herausragend, über das Donauschwäbische weit hinausgreifend das Buch „Südosteuropa-Dissertationen 1918-1960“ hervorgehoben werden muss (Graz/Wien/Köln 1968). Denn Scherer machte damit über 2200 Doktorarbeiten von Forschern aus aller Herren Länder zum breiten Thema Südosteuropa zugänglich. Wichtig ist ebenso sein „Donauschwäbisches Ortsnamenbuch“, ein heute unerlässliches Arbeitsbuch wegen der Mehrsprachigkeit in der historischen Region und den Staatswechseln, eine bleibende Handreichung. Für seine Forschungs-, Publikations- und verdienstvolle Lehrtätigkeit, für seine Dokumentationsstelle und als Leiter des Donauschwäbischen Bibliographischen Archivs in Graz wurden Prof. Dr. Scherer viele Ehrungen und Auszeichnungen zuteil (hier Auswahl), so bereits 1958 und 1966 der Theodor-Kömer-Förderpreis oder der Kulturpreis der Donauschwaben (Ulm 1958), dann 1966 das Goldene Verdienstzeichen der Republik Österreich 43 oder die Ehrengabe des Dehio-Preises für Kultur und Geistesgeschichte (Esslingen 1970), der Dr.-Andreas-Lutz-Preis 1972 und 1992. Auf der Internet-Seite der Stadt Graz steht Prof. Scherer mit Text und Bild als einer der Ehrenbürger dieser Stadt seit 5. Dezember 1996. Diese seine zweite Heimat verlieh ihm u. a. das große Ehrenzeichen des Landes Steiermark sowie die Pro Meritas Medaille in Silber von der Karl Franzens Universität und das silberne Ehrenzeichen der Landeshauptstadt Graz. Prof. Scherer war Träger des Großen Verdienstkreuzes am Bande des Freistaates Bayern sowie des Großen Verdienstordens des Landes Baden-Württemberg. Der verdienstvolle Forscher und streitbare Geist ist am 14. Januar 20 15 in Graz verstorben. Den Hinterbliebenen, besonders der Ehefrau Siglinde, auch auf diesem Wege Beileid und Mitgefühl. Luzian Geier Literatur: Prof. Dr. Anton Scherer. Persönlichkeit und Werk. Zu seinem 75. Geburtstag“ von Univ. Prof. Dr. Josef Schramm, Graz 1999. Donauschwäbische Beiträge 104 Der Grazer Professor Anton Scherer, einer der herausragendsten donauschwäbischen Wissenschaftler der Gegenwart, dass er die Dr. Hermann BergerPublications. 1. Der Akzent. Münchner Studien .... In: Donum Indogermanicum,- Festgabe für Anton Scherer zum 70. Geburtstag, Heidelberg. Südostdeutsche Vierteljahresblätter, S. 160-164. Nr. 21/1972: Leindl Ferdinand: Anton Scherer 50 Jahre alt. Mitherausgeber der „Suevia Pannonica“-JahrbücherBereits Mitte der 70er Jahre aufgenommen in „Kürschners DeutscherGelehrten-Kalender- . siehe beispielsweise 12. Ausgabe N-Z und Register für 1976. Walter de Gruyter, Berlin-New York S. 2745-2746. oder für 1992, 16.Ausgabe S-Z. S. 3177-78. ebenso Eintragungen in ..Who’s Who in Europa und-Who’s Who in the Catolic World“. Anm.: Dieser Nachruf stützt weitgehend auf einen Beitrag, den der gleiche Autor zum 90. Geburtstag Prof. Scherers in der Reihe „Ostdeutsche Gedenktage“, Band für 2012, der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen in Bonn im Jahre 2013 veröffentlicht hat. Drei Mal Deutschland und zurück! Staunend, überrascht und zuweilen schockiert, und letztendlich stolz und dankbar - das sind Empfindungen, die mich überwältigen, während ich mich in den Lebenserinnerungen meines Vaters vertiefe. Über viele Seiten hinweg schildert er mit einer bemerkenswerter Präzision die Wege und 44 Fam. SCHIESSER! v.l.n.r.: Mutter Theresia, stehend neben ihr Sohn Stefan (genannt Stefku), der jüngste Sohn Mathias (genannt Mathis) sitzt auf dem Tisch. Daneben sitzt Vater Leopold und neben ihm steht Tochter Theresia (= Resku). Sohn Johann (= Jani) sitzt auf dem Tisch ganz rechts und daneben steht Anna, damals ca. 17. Jahre jung. Bruder Georg (= Gyurka) fehlt aus unerklärlichen Gründen auf diesem Foto. Bruder Josef (=Joschka) war zu diesem Zeitpunkt immer noch mit unbekanntem Aufenthalt in Deutschland, die Familie war ohne ihn nach Oberwischau zurückgekehrt. Stationen seines Lebens und beschreibt Situationen und Erfahrungen, die einem den Schauer über den Rücken laufen lassen – und das alles beginnend mit seinem vierten Lebensjahr! Aber erst mal zurück auf „Anfang“! Und da es hier darum geht, wie er in der Retrospektive sein Leben beschreibt, lassen wir ihn auch selbst zu Wort kommen: „Ich, Robert Schiesser, geboren am 26. September 1936 in Oberwischau. Meine Eltern, Berta geb. Malis und Robert Schiesser, wir waren insgesamt fünf Kinder, alle Buben. Mein Vater war Einzelkind und da die Großeltern väterlicherseits etwas vermögend waren, ging es uns eigentlich ganz gut. Und trotzdem haben sich meine Eltern im Jahr 1941 entschlossen, dem Ruf aus Deutschland „Heim ins Reich“ zu folgen.“ Rührend und mit einer greifbaren, kindlichen Anmut schildert der nun mittlerweile 78-jährige Mann aus der Sicht des damals Vierjährigen, wie aufregend es gewesen ist, das erste Mal eine Eisenbahn zu sehen und mit ihr auf „große Reise“ zu gehen! Die erste Station in der weiten Welt sollte für Familie Schiesser und weitere sieben Oberwischauer Familien die öster45 reichische Stadt Wien sein. Ein Durchgangslager, eine vierwöchige Übergangslösung, denn die vorgesehenen Wohnungen im deutschen Harzer Ort Münchhof mussten noch fertig gestellt werden. Eine ganz gewöhnliche Kinderkrankheit – die Windpocken – bescherten, trotz des vermeintlichen Widerspruches, dem kleinen Robert dann noch einiges Wohlbehagen: „Da es eine ansteckende Krankheit war, brachte mich ein fremder Mann huckepack ins FranzJosef-Kinderspital in Wien.“ Entgegen aller Befürchtungen und Ängsten fand sich der kleine Patient in einem bunt eingerichteten Krankenzimmer wieder, die schönen, kleinen Kinderbettchen waren sauber bezogen und darüber hing ein bunter Kasten, aus dem den ganzen Tag schöne Musik ertönte. „Und alle waren sehr freundlich zu mir.“ Man spürt förmlich, wie imponierend und aufs Äußerste positiv beeindruckend diese angenehme Umgebung auf den kleinen Robert gewirkt haben muss. Nach zwei Wochen Krankenhausaufenthalt und weiteren zwei Wochen im Durchgangslager ging es dann Richtung Münchehof, wo bereits die neu gebauten und eingerichteten Wohnungen auf die Neuankömmlinge warteten: „Diese Wohnungen waren für die damalige Zeit unglaublich modern ausgestattet. In der Küche stand ein Elektroherd, wir Kinder hatten zum ersten Mal ein eigenes Kinderzimmer, es gab ein Wohn- und Schlafzimmer, sowie ein Badezimmer“ - ein schönes, gemütliches und warmes Zuhause zu schaffen, eben genau das, was er als kleiner Junge so angenehm und wohltuend empfand. Fortsetzung folgt Marianne Röhrig, geb. Schiesser 46 Auf nach Biberach a. Riß zum Heimattreffen Biberach a. Riß ist über die A8, A 96, A7, A 81 sowie über die Bundesstraße B 30, B 465, B 312, B 311 zu erreichen. Bahnreisende können über Ulm (Richtung Friedrichshafen, Lindau oder Basel) nach Biberach. Zentrum und Stadthalle sind ausgeschildert. Der Parkplatz Gigelberg mit mehr als 500 kostenlosen Stellplätzen ist zu Fuß in 5 Minuten erreichbar und in der Innenstadt sind weitere Parkmöglichkeiten vorhanden. 47 Heimattage der Sathmarer Schwaben 2015 am Freitag, dem xxxxxx 2015 und am Samstag, dem xxxxxx 2015 in der Stadthalle Biberach a. R. Theaterstraße 6 · 88400 Biberach a. d. Riß Das Bundestreffen der Sathmarer Schwaben 2015 findet unter dem Motto statt: „Aufbruch! Kulturerbe erhalten, Zukunft kraftvoll gestalten!“ Die Landsmannschaft der Sathmarer Schwaben und Deutschen aus Nordsiebenbürgen gibt sich die Ehre, alle Landsleute sowie Freunde der Sathmarer Schwaben aus Deutschland, Rumänien, Ungarn u.a. Ländern herzlich zum Bundestreffen 2015 einzuladen! Nehmen Sie unsere Einladung an! 48 Kommen Sie mit, feiern sie mit und machen Sie mit! Wir erwarten, voller Freude auf ein Wiedersehen, alle unsere Landsleute und Freunde von Stuttgart, Sindelfingen, Horb a. Neckar bis München, Ulm und Augsburg, vom Bodensee, über Oberschwaben, bis Nürnberg und Umgebung, von Ingolstadt bis Köln über Karlsruhe bis Mannheim und Würzburg, von Osterode im Harz bis Singen am Hohentwiel, von Wangen im Allgäu bis Ravensburg und Biberach an der Riß! Kommen Sie am Samstag, dem xxxxxxxx 2015, um 10.00 Uhr zum HEIMATTAG der Sathmarer Schwaben nach Biberach an der Riß! Am Freitag, xxxxxxxx 2015 ab 17 Uhr Eröffnung der Ausstellung „SATHMAR und die SATHMARER SCHWABEN“ im Foyer der Stadthalle Biberach a. R. Am Samstag, xxxxxxxxx 2015 8.30 Uhr Saalöffnung (Stadthalle) 9:55 Uhr Einläuten des Heimattages 10:00 Uhr FESTGOTTESDIENST m. Pfr. Dr. Emmerich Tempfli, 11:00 Uhr Einzug der Mitwirkenden und FESTAKT in der Stadthalle FESTREDE und FESTPRROGRAMM Es wirken mit Sing- und Volkstanzgruppen, Solisten 12:30 Uhr ERÖFFNUNG der Ausstellung „Sathmar und die Sathmarer Schwaben“ im Foyer 13:00 Uhr Mittagessen 15:00 Uhr Folklorenachmittag unter Mitwirkung von Jugendgruppen, „Duo Wellaweag“, u.a. Tanzunterhaltung mit dem „DUO FLAMINGOS“. – Änderungen vorbehalten – gez. Helmut Berner 49 Auskunft zum Heimattreffen erteilt der Kreisverband Biberach unter der Handynummer 0176/21239865 oder die Geschäftsstelle der Landsmannschaft der Sathmarer Schwaben unter der Telefon-Nr. 0751/33246 E-Mail: helmut.berner@ sathmarerschwaben.de B ERICHTE Gedenkveranstaltung 70. Jahre Deportation „Ich habe meine Großmutter nie lächeln sehen“ Gedenkveranstaltung 70 Jahre Deportation der Deutschen aus Südosteuropa in die SowjetunionWas es heißt, unter schwersten Bedingungen bis zu fünf Jahren lang bei Kälte, schlechter Kleidung und mangelnder Ernährung in Kohlegruben Zwangsarbeit leisten zu müssen, das wurde bei einer Gedenkveranstaltung an die Verschleppung vor 70 Jahren deutlich. Mehr als 300 Besucher, darunter 30 hochbetagte Deportierte, waren zum Gedenken an die Deportation von deutscher Zivilbevölkerung aus Südosteuropa am Samstag, 17. Januar 2015 nach Ulm gekommen. Der erst kürzlich neu gewählte Präsident des Bundes der Vertriebenen, der Bundestagsabgeordnete Dr. Bernd Fabritius, verwies dabei auf die aktuellen Flüchtlingsströme. Die nach dem Zweiten Weltkrieg Deportierten und Vertriebenen kennen das Schicksal aus eigener Erfahrung. Unter dem Applaus der Anwesenden sagte er, dass sich die deutschen Heimatvertriebenen auf die Seite derjenigen stellen, die heute gezwungen sind infolge von Krieg von Gewalt ihre Heimat verlassen zu müssen. 50 Bild wird in Druckqualität benötigt Ein in der Öffentlichkeit wenig beachtetes Thema ist die Verschleppung der Deutschen aus Südosteuropa in die Sowjetunion im letzten Winter des Zweiten Weltkriegs. Auf Befehl Stalins wurden 1944/45 mehr als 110.000 Männer und Frauen zur Zwangsarbeit nach Russland und in die Staaten der Sowjetunion verschleppt. Viele von ihnen kamen in das Donezkbecken, die Bergbauregion im Osten der Ukraine, wo heute prorussische Separatisten gegen Truppen der Ukraine kämpfen. Der Historiker Prof. Dr. Konrad Gündisch, Direktor des Instituts für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas an der Ludwig-MaximiliansUniversität München. zeigte die Zusammenhänge und den Ablauf der Ereignisse auf. Auf Anweisung Stalins wurde die deutsche Bevölkerung aus Ungarn, Rumänien und Jugoslawien zur Zwangsarbeit in die UdSSR deportiert. Von Stalin mit einer pauschalen Kollektivschuld belegt, sollten die Zwangsarbeiter die zerstörte Industrie wieder aufbauen. Die Aushebung Zeit im Januar 1945 durchgeführt. Das Plansoll wurde sogar vor dem von Stalin festgesetzten Zeitpunkt erfüllt. Die Aktion hatte der berüchtigte Geheimdienstchef Lawrenti Beria organisiert. 51 Aus Südosteuropa wurden 111.831 deutsche Frauen und Männer in die Sowjetunion deportiert, aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten, vor allem aus Oberschlesien und Ostpreußen. 77.741 Personen. Die überwiegende Zahl der Deportierten waren Frauen und junge Männer. Die Sterberate betrug insgesamt etwa 15 Prozent jeder sechste kehrte nicht zurück. Die Verhältnisse in den Lagern waren vor allem in den ersten beiden Jahren katastrophal, da die Zwangsarbeiter nicht genügend zu essen hatten und die hygienischen Verhältnisse völlig unzureichend waren. Von seiner Zeit im Lager mit ständigem Hunger, eisiger Kälte im Winter und in den Baracken umgeben von Ungeziefer berichtete anschaulich Anton Schenk, der auch als Totengräber die Verstorbenen begraben musste. Später wurden vereinzelt sogar Kinder in den Lagern geboren. Der aus Temeswar (Timisoara) in Rumänien gekommene Helmut Weinschrott hat vor ein paar Jahren den Versuch unternommen, in der Ukraine nach den Spuren seiner Geburt in den Akten zu suchen, da man der Familie die originale Geburtsurkunde 1955 abgenommen hatte. Er musste allerdings feststellen, dass in den Verzeichnissen seine Geburt gar nicht vermerkt ist. Er erfuhr, dass man in den Fünfzigerjahren die originalen Verzeichnisse nach Moskau geschafft und für die örtlichen Archive Abschriften angefertigt hat, in denen die Lagerkinder nicht mehr vorkamen. Judit Müller aus Fünfkirchen (Pécs) in Ungarn ist doppelt mit dem Thema befasst: Als Museumsleiterin hat sie eine Ausstellung zur Deportation erarbeitet, als Nachkomme in der Enkelgeneration waren viele Frauen ihrer Familie davon betroffen, auch ihre Großmutter. „Lustig war sie nie. Ich habe meine Großmutter nie lächeln sehen“, erinnert sich Judit Müller. Unter den Ehrengästen war auch der Bundesbeauftragte für Heimatvertriebene, Flüchtlinge und Aussiedler Hartmut Koschyk MdB. Christian Glass, Direktor des Donauschwäbischen Zentralmuseums in Ulm, begrüßte die Gäste. Der Ulmer Oberbürgermeister Ivo Gönner erinnerte an die nun nacheinander anstehenden siebzigsten Jahrestage in Zusammenhang mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, etwa die Deportation in die Sowjetunion oder die Befreiung Auschwitz. „Wir sollten diese Gedenktage nutzen, um uns selbst zu prüfen und was wir daraus gelernt haben. Die schmerzhafte Erinnerung sollten wir nutzen, dass so etwas nie wieder passiert. Erst 1995 habe die erste große Gedenkveranstaltung über die Deportation stattgefunden, so der Bundesvorsitzende der Banater Schwaben, Peter-Dietmar Leber, der stellvertretend für die Landsmannschaften sprach. „Heute sind 70 Jahre vergangen. Die Reihen haben sich gelichtet. Für die Jüngeren stellt sich die Frage, was die Deportierten uns mitgegeben haben.“ Leber hat das Thema durch Andeutungen in der Familie kennengelernt, doch sei nie richtig darüber gesprochen worden. 52 Auch der frühere Erzbischof von Freiburg im Breisgau, Dr. Robert Zollitsch, kannte das Thema Deportation aus seinem Heimatort in Jugoslawien. Es sei an Weihnachten 1944 gewesen, dass nach der Messe der sog. Kleinrichter verkündet habe, dass sich Frauen und Männer melden müssen. 300 Menschen seien von dort in die Sowjetunion deportiert worden. Mehr als 50 seien dort gestorben. Auch heute noch seien die Berichte erschütternd. Für seine Tante habe die Zwangsarbeit erst nach fünf Jahren geendet. .“Nie hat sie von Russland gesprochen. Ich konnte es ihr nicht verdenken Auch ich brauchte 60 Jahre, um über meine Erinnerungen an das Vernichtungslager Gakowo zu sprechen.“ Als Junge hatte Zollitsch die von jugoslawischen Partisanen an den Donauschwaben begangenen Gräuel kennengelernt. An die 30.000 aus Siebenbürgen deportierte Menschen erinnerte der evangelische Bischof von Hermannstadt (Sibiu) in Rumänien, Reinhard Guib. Als so genannte Volksdeutsche hätten sie persönlich für die Kriegsschuld Deutschlands gesühnt. Auch er hatte familiäre Erinnerungen: „Meine beiden Großväter kamen 1948 zurück.“ Bewegend waren die Zitate aus literarischen Werken, darunter von Oskar Pastior und Herta Müller, die der Historiker Florian Kührer-Wielach zusammengestellt hatte. Den Abschluss der Gedenkveranstaltung bildeten drei von Anita Schlesak moderierte Podiumsgespräche. Im ersten Teil berichteten 53 Zeitzeugen. Um Familiengeschichten ging es im zweiten Teil. Dr. Renate Weber-Schlenther wies darauf hin, dass die Sterblichkeit unter den Männern wesentlich höher gewesen sei, als bei den Frauen, was nicht nur an der schwereren Arbeit gelegen habe sondern auch daran, dass die Männer oft ihre kärglichen Brotrationen gegen Zigaretten eingetauscht und ihre Kleidung weniger häufig gewaschen haben. Im letzten Teil berichtete Hans Supritz (Ulm) als Bundesvorsitzender der Landsmannschaft der Donauschwaben vom Umgang Serbiens mit dem Thema und Erwin Josef Tigla aus Reschitza (Resita) über Rumänien. Bernd Fabritius, erinnerte daran, dass Rumänien inzwischen seine eigene Geschichte angenommen habe. Das Interesse am Thema zeige auch die Anwesenheit eines rumänischen Fernsehsenders bei der Veranstaltung. Allerdings bedauerte Fabritius, dass man die ehemaligen Deportierten heute alleine lasse: „Ich stelle mit Schrecken fest, dass die Anteilnahme an den Menschen, die dieses Sonderopfer der deutschen Geschichte getragen haben, gering ist. Die Gedenkveranstaltung wurde vom Donauschwäbischen Zentralmuseum in Zusammenarbeit mit den südostdeutschen Landsmannschaften veranstaltet. Musikalisch umrahmten Liane und Harry Christian die Veranstaltung. Hintergrund: Im Winter 1944/45 wurden auf Befehl Stalins etwa 120.000 Menschen aus Südosteuropa zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion deportiert. Es handelte sich dabei um Menschen aus den deutschen Minderheitengruppen Jugoslawiens, Rumäniens und Ungarns, die in der Sowjetunion, vor allem in den Sowjetrepubliken Ukraine und Georgien, Wiederaufbauleistungen für vom Deutschen Reich verursachte Schäden erbringen sollten. Deportiert wurden Frauen im Alter von 18 bis 30 und Männer im Alter von 17 bis 45 Jahren, die dort bis zu fünf Jahren festgehalten wurden. Etwa 30.000 von ihnen starben während der Deportation an (Unterernährung, Entkräftung und Seuchen. Nach einer ersten Entlassungswelle 1946 blieben die Lager bis 1950 bestehen. Die Menschen, die danach in ihre inzwischen kommunistischen Heimatländer zurückkehrten, durften dort über das Thema nicht sprechen. Christian Glass, dzm 2015 Bischof Reinhart Guib: Zum Gedenken an die Deportation Als „größte Tragödie in der Geschichte der Siebenbürger Sachsen und der Evangelischen Kirche“ bezeichnet Reinhart Guib, Bischof der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien, die Deportation in die Sowjetunion vor 70 Jahren. In einem Kanzelwort, das für den Gottesdienst am 11. Januar 2015, einem darauffolgenden Sonntag und weitere Gedenkfeiern wie jene in Ulm am 17. Januar gedacht ist, erinnert der Sachsenbischof an das Leid und Unrecht von rund 75000 Deutschen in Rumänien und geht auf die heutige Bedeutung dieses Ereignisses ein. 54 Liebe Schwestern und Brüder! Im Januar 2015 erinnern wir uns des tragischen Ereignisses der Deportation vor 70 Jahren und der Verschleppung zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion von rund 75 000 Deutschen, davon über 30000 evangelische Gemeindeglieder, Siebenbürger Sachsen in Rumänien. Dies Gedenken steht im Zusammenhang mit der Reihe „Glauben und Gedenken. Kirche unterwegs 70 Jahre seit Evakuierung und Deportation“ die wir als Evangelische Kirche A.B. in Rumänien schon am 3. August 2014 in Hermannstadt gestartet haben. Am 24. August wurde in Sächsisch Regen und am 14. September in Bistritz der Evakuierung von rund 35000 evangelischen Nordsiebenbürger Sachsen, die dann später in Österreich und Deutschland ein Zuhause gefunden haben, gedacht. In Budapest, sowie Wels, Rosenau und Traun in Österreich, in Rothenburg ob der Tauber und Nürnberg in Deutschland, wurden auch Gedenkgottesdienste zu diesem Anlass gemeinsam mit den Siebenbürger Sachsen im Ausland und Evangelischen vor Ort begangen. Am 6. Januar 2015 in Karlsruhe und am 18. Januar in Drabenderhöhe, also in Deutschland, werden wir mit unseren Siebenbürger Sachsen und evangelischen Freunden und Partnern der Deportation gedenken. Mit dem Deportations-Gedenken an 11. Januar oder einem der darauffolgenden Sonntage in unseren Gemeinden ordnen wir uns in diese Reihe ein. Gleichzeitig fügt sich diese Reihe auch in die Richtung des Ökumenischen Rates der Kirchen, der alle Kirchen weltweit auffordert, eine Pilgerreise für Frieden und Gerechtigkeit zu unternehmen. Zwischen dem 10. und 15. Januar 1945 wurden die Männer im Alter von 17 45 Jahren und die Frauen im Alter von 18-30 Jahren ausgehoben und in Viehwaggons zusammengepfercht, um dann deportiert zu werden. Waren die Listen nicht voll, wurden auch jüngere oder ältere Männer und Frauen zur Deportation genötigt. In Kohle- und Erzgruben des Urals und der Ukraine, in Fabriken und Kolchosen mussten die Verschleppten unter unmenschlichen Bedingungen, unter Kälte, Hunger, Kleidungs- und Ausrüstungs-Knappheit eine Reparations- und Wiederaufbauarbeit für die Sowjetunion leisten. Das war eine Vergeltungsmaßnahme für die Zerstörungen seitens der Deutschen während des zweiten Weltkrieges und geschah auf Anordnung der Moskauer Regierung. Und das trotz des Waffenstillstandabkommens vom 12. September 1944, das solche Reparationen nicht vorsah. Etwa 15 Prozent der Verschleppten kamen nicht mehr heim und verstarben infolge der schweren Arbeitsbedingungen sowie an der Kälte, Unterernährung, Krankheit und Misshandlung. Der Großteil der Überlebenden kam erst 1948-1950 in die Heimat zurück oder wurde nach Deutschland abgeschoben. Damit nahm die größte Tragödie in der Geschichte der Siebenbürger Sachsen und der Evangelischen Kirche ihren Lauf. Das geschehene Unrecht 55 Bild wird in Druckqualität benötigt hat nicht nur bei den Betroffenen, sondern auch ihren Familien und in unseren Gemeinden unsagbares Leid erzeugt. Es folgten danach die Enteignung unserer Bauern und weitere Entbehrungen. Die durch die Evakuierung begonnene und die Deportation verstärkte Familientrennung hat zu der Auswanderung und Trennung unserer Familien und Gläubigen geführt. Die seit damals in Rumänien. in Österreich und Deutschland getrennt leben. Unsere Gläubigen, die vor 70 Jahren den schweren Weg in die Deportation gehen mussten. haben damit etwas von der Gesamtlast mitgetragen. die das deutsche Volk durch den zweiten Weltkrieg auf sich geladen hat. Diese Männer und Frauen haben stellvertretend für uns und alle am Krieg Schuldigen gesühnt und nicht wenige haben dies sogar mit dem Leben bezahlt. Ihnen sind wir es schuldig, in Ehrfurcht und Anerkennung ihrer zu gedenken, und ihnen und ihren Angehörigen gelten unser Mitgefühl und unser ehrliches und teilnahmsvolles Gedächtnis. Trotz der tiefen Wunden, der schweren Leiden und der unbegreiflichen Entbehrungen konnten viele der Heimkehrer ein neues Leben beginnen und sind Vorbilder im Glauben geworden, wie sie vormals Vorbilder im Leiden waren. Unserem Volk und unserer Kirche wurde dank Gottes Barmherzigkeit und Gnade trotz Evakuierung und Deportation, Trennung und Auswanderung unserer Gläubigen eine neue Chance zuteil. Wir dürfen heute 56 sehen. wie langsam, aber unumkehrbar unsere zertrennte Gemeinschaft wieder zusammenfindet und zusammenwächst und im Ausland und nun auch im Inland wieder an Anerkennung gewinnt und Gott seinen Weg mit unserer Kirche weitergeht. Es gibt nicht mehr viele Überlebende der Deportation in unseren Gemeinden. Mit ein Grund, die Erlebnisgeneration und das von ihnen Erlebte nicht zu vergessen, sondern es als Mahnung zum Frieden und Verständigung, Versöhnung und Zusammenarbeit anzunehmen und an die nachkommenden Generationen weiterzugeben. Lasst uns diese Gedenk- und Gebetsstunde der Deportation und ihrer Opfer vor 70 Jahren in der Gewissheit begehen, die uns die Jahreslosung mit auf den Weg gibt: „Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob.“ (Römer 15.7) Reinhart Guib, Bischof der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien Zollitsch, der Ex-Vorsitzende der Bischofskonferenz, berichtete über sein „schlimmstes Weihnachten“ Anlässlich der Gedenkfeier, am 17. Januar l. J. in Ulm, rief der frühere Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof dazu auf, die Erinnerung an Flucht und Vertreibung während des Zweiten Weltkriegs wach zu halten. Bei einer Gedenkveranstaltung über die Deportation von Deutschen in die ehemalige Sowjetunion sprach er am Samstag im Donauschwäbischen Zentralmuseum auch erstmals öffentlich über die Verschleppung eigener Familienangehörigen. Zollitsch berichtete über das „schlimmste Weihnachten“ seines Lebens im Dezember 1944: Demnach waren der Vater und der älteste Bruder an der Front, ein anderer Bruder kurz vor Weihnachten von Titos Partisanen „grausam abgeschlachtet“ worden und die Mutter krank von Zwangsarbeit. Nach dem Gottesdienst am Weihnachtstag wurden von einem Gemeindediener alle Frauen zwischen 18 bis 40 und alle Männer zwischen 17 bis 45 Jahren aufgefordert, am Nachmittag zum Rathaus zu kommen. Dann wurden laut Zollitsch 239 Frauen und Männer seines Heimatortes „in Viehwaggons zur Zwangsarbeit nach Russland deportiert“. Darunter war auch seine Tante. Was die Frauen und Männer in Kohlengruben, Kolchosen, Ziegelfabriken und auf Flugplätzen mitgemacht hätten, sei unbeschreiblich, so Zollitsch. 53 Deportierte seien gestorben, Überlebende krank und physisch gebrochen gewesen. Für die Tante habe die „qualvolle Tortur“ nach fünf Jahren geendet. Über das Erlebte habe sie fast nichts erzählt; es habe ihr „die Sprache verschlagen“. Er selbst habe 60 Jahre gebraucht, bis er über die eigene Deportation als Sechseinhalbjähriger ins Vernichtungslager Gakowa öffentlich gesprochen habe. 57 Zollitsch rief dazu auf, die Erinnerung wachzuhalten. Wörtlich sagte er: „Die Opfer von Krieg und Gewalt, von brutaler Menschenverachtung und erbarmungsloser Versklavung haben es verdient, dass wir ihrer gedenken.“ Zugleich bestehe die Pflicht, sich darum zu bemühen, „dass so etwas oder Vergleichbares nie wieder geschieht“. Zollitsch betonte: „Zudecken und Vergessen beschwören Gefahren herauf, nicht die Erinnerung und Tage des Gedenkens.“ Wer die Schicksale verdränge, mache die Betroffenen ein weiteres Mal zu Opfern, zu Opfern des Vergessens. Eine solche Erinnerung sei zwar eine Zumutung und auch weder bequem noch angenehm. Jedoch gehe es um einen Aufschrei und einen Anstoß für die Gegenwart. Zum Hintergrund: Nachdem die Rote Armee im Herbst 1944 nach Westen vorgerückt war, begann im Januar 1945 die Deportation von Zivilbevölkerung zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion. 120.000 Deutsche waren davon betroffen. Ein Viertel von ihnen sollte aus den Lagern nicht zurückkehren. Die Geschichte der Deportation war lange Zeit kein öffentliches Thema. Erst 1995, zum 50. Jahrestag, fand eine erste öffentliche Veranstaltung mit Betroffenen statt. Anlässlich des 70. Jahrestages trafen sich die letzten Überlebenden in Ulm. (az) 58 Mein Weg nach Deutschland (3) von Vendel Horn Nach einigen Minuten rief der Offizier einen Soldaten herbei und übergab mich an ihn. „Nimm ihn mit, wir müssen über seine Zukunft entscheiden“ waren seine Worte. Er nahm mich in den Flur wo ich auf mein Schicksal warten musste. Der Soldat sah mich an, fragte mich ob ich Hunger habe und kam dann anschließend mit einer Handvoll Weintrauben zurück. Während ich die Trauben gegessen habe hielt er sie in seiner Hand, damit der Offizier es nicht bemerkt, da er sonst Ärger bekommen würde. Ich hätte noch ein Paar Trauben mehr vertragen, aber besser als Nichts war das allemal. Nach einigen Minuten kam ein Polizist der mir sagte das ich nach Hause gehen kann, jedoch Morgen um acht Uhr erneut erscheinen muss, da der Polizeichef erst noch über meine Zukunft entscheiden muss. Erleichtert trat ich zu Fuß den Heimweg an. Als ich endlich zu Hause ankam sah mich meine Frau. Sie war natürlich total schockiert da sie nicht wusste was mit mir passiert ist. Ich habe ihr alles erzählt, habe mich frisch gemacht und trat den Weg zurück nach Vetis an. Da die Busse damals die Schüler zum Ernten fahren mussten, blieb mir nichts anderes übrig als den Weg zu Fuß zu gehen. Kurz nachdem ich Sathmar verlassen hatte, überholte mich ein roter Dacia der ein paar Meter weiter anhielt. Im Auto saßen die zwei Polizisten die mich am Vortag verhaftet haben. Sie riefen mich herbei, musste sodann einsteigen und nahmen mich mit. Auf der Polizeistation angekommen, musste ich eine schriftliche Aussage abgeben. Der Polizeichef sah mich an und befahl mir ich solle als Aussage hinschreiben, das ich mit der Politik im Lande nicht zufrieden bin. Dies tat ich jedoch nicht, da dies weitreichendere Folgen gehabt hätte. Dann ließen sie mich auf unbestimmte Zeit gehen. Am 24. September sprach mich ein Bekannter (Josef Sz.) an und meinte er habe mitbekommen das ich Probleme mit der Polizei hätte und er mir helfen könne. Ich fragte ihn natürlich wie. Er antwortete, das es eine hundertprozentige Sache sei und er mir Morgen Bescheid geben könnte, da er es mit jemanden besprechen muss. Da ich keine andere Wahl hatte, musste ich das Angebot annehmen. Ich hatte große Angst dass mich eines Tages die Sekuritate abholen kommt und ich nie wieder zurückkehren kann. Noch am selben Abend sprach ich mit meiner Frau darüber. Sie war natürlich nicht begeistert. „Wir brauchen dich aber lebendig“ sagte sie. Sie wollte alles über dieses Vorhaben wissen, wer die Person sei, ob das wirklich sicher ist usw. Damit das jedoch gelingen konnte, musste ich 30000 LEI aufbringen. Das war zur damaligen Zeit sehr viel Geld. Mir blieb nur noch eine Möglichkeit übrig. Ich musste nach Bescheneed fahren und mit meinen Eltern darüber 59 sprechen. Mein liebe Großmutter und mein Onkel Stefan waren schließlich auch noch dort. Somit hieß es abwarten und auf Josefs Antwort warten. Am 26. September an einem Dienstagmorgen kam er und bat mich für die „Abfahrt“ gegen 22 Uhr fertig zu sein. Noch am selben Tag nahm ich den Zug nach Stanislau um von dort aus zu Fuß nach Petrifeld zu kommen, wo mein Vater im Kollektiv arbeitete. Als er mich sah, fragte er mich nach den Spuren auf meiner Brust und im Gesicht die nach einer Woche immer noch nicht verheilt waren. Ich erzählte ihm alles und nannte gleichzeitig den Grund meines Besuches. „Mutter ist Zuhause, fahr zu ihr. Wenn nicht genug Geld da ist frag die Oma“ sagte er. Nach einem kurzen Abschied machte ich mich auf den Weg nach Bescheneed. Als meine Mutter mich sah, fing sie an zu weinen. Sie sah mein geschwollenes Gesicht, meine Hände und meinen Rücken. Nach einigen Vorwürfen, die jede Mutter ihrem Kind gemacht hätte, erzählte ich ihr warum ich nach Hause gekommen bin. Ich sagte das ich so schnell wie möglich weg muss, da es in ein paar Tagen zu spät sein könnte. Nachdem alles erledigt war, bedankte ich mich bei ihr und meiner Oma, die ich an diesem Tag das letzte mal gesehen habe. Sie starb 1990. Ich nahm Abschied von ihnen und machte mich auf den Weg nach Sathmar.Und dann, kurz vor 22 Uhr, kam ein PKW und hupte kurz. Es war an der Zeit Abschied von meiner Frau und meinen Kindern zu nehmen. Es war ein schmerzhafter. Mein Sohn fragte mich: „Papi, wo gehst du hin?“. Ich konnte ihm nicht antworten, dies tat meine Frau: “Papi geht in die Arbeit“ sagte sie. „So schön angezogen?“ fragte er schließlich. Mit Tränen in den Augen gab ich ihm einen Abschiedskuss. Danach ging ich ins Schlafzimmer wo meine Tochter geschlafen hat und nahm von ihr Abschied. Meine Frau bat mich vorsichtig zu sein und so bald wie möglich Bescheid zu geben, ob die Flucht gelungen sei. Nach dem letzten schmerzvollen Abschied von meiner Frau musste ich los. Als ich unten angekommen war sah ich das Auto, in dem sich ein Grenzoffizier auf dem Beifahrersitz befand. Auf der Rücksitzbank befanden sich drei Geschwister die dasselbe Ziel hatten wie ich. Als ich den Beamten sah bin ich natürlich erschrocken. Josef beruhigte mich wieder und sagte zu mir dass ich keine Angst zu haben brauche, es sei alles OK. Ich stieg ein und wir fuhren Richtung Stanislau. Bei der Einfahrt in das Dorf kamen wir in eine Grenzkontrolle, die jedoch nicht stattfand da sich der Offizier den Kontrolleuren zeigte und sie uns bis zum Ende des Dorfes weiterfahren ließen. Wie fuhren bis zu einem Waldrand in Richtung ungarische Grenze. Der Offizier stieg aus und gab ein kurzes Pfeifsignal. Dann ertönte eine Stimme: „Halt! Wer ist da?“. Nachdem sich der Offizier kenntlich gemacht hatte ging er in Richtung Wald und verschwand darin. Nach einigen Minuten kam er zurück und bat uns, ihm in Reihe zu folgen und große Schritte zu machen, da er die Spuren wieder verwischen musste. Er entließ uns mit dem Hinweis, das wir solange laufen sollen bis wir Gänsegeschrei 60 hören können und wir uns dort melden können da wir erwartet werden. Er verabschiedete sich mit den Worten: „Ich wünsche euch alles Gute!“ Endlich! Nach einigen Metern war ich dort angekommen wo ich wollte. Ich war in Ungarn. Aber mein Ziel war noch nicht erreicht. Die Nacht war über uns hereingebrochen und wir sahen die Hand vor den Augen nicht mehr. Da wir Angst hatten, versehentlich die Orientierung im Dunkeln zu verlieren und wieder in Rumänien zu landen entschieden wir uns ein Stück in den Wald zu gehen und parallel entlang der Grenze zu laufen. Das hohe Gras war feucht vom Tau der sich niedergesetzt hatte, dazu kamen noch die tiefen Löcher in denen früher einmal große Bäume waren. Sie waren mit Brennnessel zugewachsen und wir mussten unangenehmer Weise durch eine Vielzahl solcher Löcher laufen. Die Hände und das Gesicht hat es am meisten erwischt. Dann im Morgengrauen, als es langsam hell wurde, hörten wir Gänse. Wir näherten uns bis auf hundert Meter an sie heran. Wir entdeckten einen Skoda in der Nähe einer Hütte. Da wir uns nicht sicher waren ob wir uns in der Nacht verlaufen hatten, wollte ich sichergehen und mir das Kennzeichen des Fahrzeuges anschauen. Da aus der Ferne das Kennzeichen nicht zu entziffern war, entschied ich mich dort hin zu kriechen um einen näheren Blick darauf werfen zu können. Ich hatte nur noch ein paar Meter und plötzlich fing ein kleiner Hund neben mir an zu bellen. Das war der erste große Schreck seit dem ich jetzt in Ungarn war. Nach diesem Lärm kam ein junger Mann aus der Hütte und fragte mich was ich hier suche. Ich erhob mich aus dem Gras und fragte ihn ob wir hier richtig seien. Wenn ich von „drüben“ sei, dann wäre ich hier richtig, erwiderte er. So lief ich ein Stück zurück um den anderen Entwarnung zu geben und zu bestätigen das wir es jetzt endlich geschafft hatten. In der Hütte angekommen zündete ein weiterer junger Mann ein Feuer an, an dem wir uns trocknen und wärmen konnten. Gegen acht Uhr morgens sind wir dann mit den beiden Männern nach Nyirábrány gefahren wo sie uns an ein älteres Ehepaar übergaben. „Der Herr weiß Bescheid und wird euch helfen“ entgegnete einer der Männer nachdem wir uns verabschiedeten und bedankten. Wir folgten dem älteren Herren ins Haus, wo er sich ein Kabeltelefon nahm, damit zu einem Telefonmast auf der Straße ging und es dort anschloss um zu telefonieren. Anschließend kam er zurück und sagte, das in einer halben Stunden die Grenzwache kommen wird und wir in eine Kaserne gebracht werden und, bis es so weit ist, frühstücken können. Wir nahmen das Angebot nach dieser Nacht dankend an. Nach dem Frühstück kamen zwei Soldaten die uns nach Nyirbátor brachten. Hier mussten wir einige Fragen beantworten. Danach gaben sie uns etwas Geld mit auf den Weg und von hier an konnte jeder selber entscheiden wohin er hin möchte. Mein Ziel war Debrecen. (Fortsetzung folgt) 61 „Flüchtlingsschutz in die Mitte der Gesellschaft tragen“ Doris Schröder-Köpf und Oliver Dix unterzeichnen Resolution Doris Schröder-Köpf, Landesbeauftragte für Migration und Teilhabe und Oliver Dix, Landesvorsitzende des Bundes der Vertriebenen, haben in Hannover eine gemeinsame Resolution zur Flüchtlingspolitik unterzeichnet. In der Resolution heißt es, dass angesichts von mehr als 50 Millionen Flüchtlingen weltweit aus der historischen Erfahrung heraus „unsere Gesellschaft deshalb in einer besonderen Verantwortung, den Menschen zu helfen, die heute Schutz und Zuflucht in Niedersachsen suchen“ stehe. Als einzelnes Land könne Niedersachsen zwar kaum dazu beitragen, Fluchtursachen zu bekämpfen. Wörtlich weiter: Es kann aber im Länderverbund die Bundesregierung ermuntern und unterstützen, diese Zielsetzung sowohl auf nationaler Ebene als auch in den EU-Gremien stärker zu verfolgen. Außerdem kann Niedersachsen mit seinen Bürgerinnen und Bürgern alle Möglichkeiten ausschöpfen, um die Situation vor. Flüchtlingen und den Umgang mit ihnen zu verbessern.“ Die Resolution macht deutlich, dass es in Niedersachsen „trotz der gesellschaftlich und wirtschaftlich schwierigen Bedingungen der Nachkriegszeit ... die große Herausforderung der Aufnahme und Eingliederung von Flüchtlingen damals gut gelungen (ist). Diese Eingliederung der Flüchtlinge und Vertriebenen, ihre Beiträge zum Wiederaufbau Niedersachsens, ihr Wille zur Versöhnung und ihre Beiträge zur Verständigungspolitik haben unser Land bereichert und unseren Blick für das Unrecht von Vertreibungen geschärft. ... Aus dieser Die Eltern Ilka und Thomas Barth freuen sich auf Erfahrung heraus sehen wir Mia und ihr Brüderchen Jonas. unsere Gesellschaft deshalb in Jonas ist am 10. August 2014 geboren. 62 einer besonderen Verantwortung, den Menschen zu helfen, die heute Schutz und Zuflucht in Niedersachsen suchen.“ Die Landespolitik habe bereits wichtige Reformen auf den Weg gebracht, von Wegweiserkursen in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes über eine verbesserte personelle Ausstattung der Einrichtungen, der Förderung der psychosozialen und medizinischer, Beratung bis hin zur Reform der Härtefallkommission, in der schwierige Einzelfälle eine umsichtige Bewertung erfahren. Land und Kommunen arbeiten zusammen bei der Unterbringung der Flüchtlinge und Asylsuchenden. Zur besseren Vernetzung vor Ort sollen auch die Koordinierungsstellen für Migration und Teilhabe in jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt beitragen, die das Land jährlich mit einem Millionenbetrag unterstützt“, heißt es in der Resolution weiter. Schröder-Köpf und Dix in dem Text wörtlich: „Die menschenwürdige Unterbringung der Flüchtlinge, der Vertriebenen, der Schutzsuchenden ist uns ein gemeinsames Anliegen. Die freundliche und offene Aufnahme der Menschen, das Verständnis für sie und ihre leidvolle Situation, wollen wir mit all den uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten unterstützen und fördern“. (DOD) Bayern & Frankreich werden gemeinsam die Zukunft in Europa gestalten Französischer Botschafter Philippe Etienne zum Antrittsbesuch bei Europaministerin Beate Merk Schulterschluss bei der Terrorbekämpfung / Start der Landesausstellung „Napoleon und Bayern“. Ende April in Ingolstadt Europaministerin Dr. Beate Merk- hat jüngst den Botschafter der Französischen Republik Philippe Etienne im Beisein des französischen Generalkonsuls Jean-Claude Brunet zum Antrittsbesuch im Münchner Prinz-Carl-Palais empfangen. Ministerin Merk, bekräftigte gegenübetBotschafter Etienne angesichts des Terroranschlags in Paris die Verbundenheit Bayerns mit Frankreich: „Dies war ein tiefer Schock, auch für die Menschen in Bayern. Es geht um unsere „gemeinsamen Werte und um unsere Freiheit. Wir lassen uns von Terroristen nicht diktieren, was wir tun“. Botschafter Etienne dankte seinerseits für die Anteilnahme der Staatsregierung und Tausender bayerischer Bürgerinnen und Bürger, die in zahlreichen Kondolenzbucheinträgen und Solidaritätsveranstaltungen in ganz Bayern zum Ausdruck gekommen sei. Die Ministerin und Botschafter 63 Etienne betonten die Notwendigkeit eines noch engeren Schulterschlusses bei der Terrorbekämpfung in Europa. Ministerin Merk würdigte die engen und herzlichen Beziehungen Bayerns zu Frankreich und die gute Zusammenarbeit mit dem französischen Generalkonsulat, der französischen Botschaft und dem Institut Francais. Als Ausdruck der besonderen gegenseitigen Wertschätzung hob sie das von Staatsregierung und französischem Außenministerium paritätisch finanzierte und organisierte deutsch-französische Seminar im oberbayerischen Fischbachau hervor. Merk dankte Botschafter Etienne für dessen Eröffnungsrede beim heutigen Beginn des diesjährigen Seminars. Seit 1968 treffen in Fischbachau einmal im Jahr rund 100 hohe Verwaltungsbeamte und Richter aus Bayern“ zu einem in französischer Sprache geführten Meinungsaustausch mit prominenten Franzosen aus Verwaltung, Politik, Wirtschaft, Kirche, Medien, Wissenschaft und Kultur zusammen. Bei dieser in ihrer Art einmaligen Gesprächsrunde waren unter den bisher über 200 Referenten bekannte Persönlichkeiten wie die früheren Premierminister Juppe, Raffarin und Mauroy. Darüber hinaus tauschten sich Merk und Etienne über Fragen der Integration sowie über aktuelle europapolitische Themen aus. Die Ministerin bekundete abschließend ihre Freude über die anstehende Landesausstellung „Napoleon und Bayern“, die am 29. April dieses Jahres in Ingolstadt eröffnet werden soll. Sie wird die mit Frankreich und Napoleon eng verknüpfte bayerische Geschichte des frühen 19. Jahrhunderts darstellen. „Die damals entstandenen Beziehungen zwischen Bayern und Frankreich wirken bis in unsere heutige Zeit hinein“, so Europaministerin Beate Merk. „Bayern und Frankreich werden weiter auf vielen Gebieten zusammenarbeiten und so gemeinsam die Zukunft in Europa gestalten.“ H. Berner Empfang für den BdV-Landesvorsitzenden Arnold Tölg Überraschungsgast zum 80. Geburtstag Innenminister Reinhold Gall, MdL Stuttgart (dod). Der Landesvorsitzende des BdV-Landesverbandes BadenWürttemberg Arnold Tölg vollendete am 30.09. sein 80. Lebensjahr. Zu diesem Zeitpunkt weilte er mit seinen Kindern in seiner schlesischen Heimat und seinem Geburtsort Königswalde. 64 Der BdV-Landesehrenvorsitzende Staatssekretär a.D. Dr. h.c. Gustav Wabro hatte namens des BdV-Landesvorstands für den 14. Oktober zu einem Geburtstagsempfang in das Haus der Heimat in Stuttgart eingeladen. Als besondere Ehrengäste konnte Gustav Wabro den früheren Innenminister und Vorsitzenden des Hauses der Donauschwaben Heribert Rech MdL, sowie den Beauftragten der CDU-Fraktion für Heimatvertriebene und Flüchtlinge Paul Nemeth MdL, Ministerialdirigent Herbert Hellstern sowie die Leitende Ministerialrätin Dr. Christine Meis und weitere Ehrengäste begrüßen. Überraschungsgast war Innenminister Reinhold Gall MdL, von den Anwesenden mit viel Beifall begrüßt. von Gustav Wabro gleich eingangs um ein Grußwort gebeten. Der Minister gratulierte Arnold Tölg mit herzlichen Worten und zollte ihm höchsten Respekt für seinen Einsatz im Vertriebenenverband, aber auch für seine langjährige kommunalpolitische Tätigkeit, darunter als langjähriges Mitglied des Kreistages Calw, und sein Wirken als Vorsitzender des Turngaus Nordschwarzwald. Er bedankte sich für die dreijährig gute Zusammenarbeit und betonte, dass die gemeinsame Reise nach Schlesien - mit der beeindruckenden Begegnung mit Erzbischof Nossol - ihm eine bleibende Erinnerung sein werde. Mit Dank und allen guten Wünschen für den weiteren Lebensweg schloss der Innenminister seine mit gro0ßemn Beifall aufgenommene Ausführungen. Weiterer Gratulant war der CDU-Abgeordnete Paul Nemeth würdigte im Besonderen das Wirken Arnold Tölgs während seiner 24-jährigen Tätigkeit als Abgeordneter in der CDU-Landtagsfraktion. Er bezeichnete ihn als ein Vorbild für kommende Generationen, er nannte ihn einen überzeugten Europäer, der alles habe, was wir brauchen, das Fundament, den Fels unserer Demokratie. Es blieb dem Landesehrenvorsitzenden Gustav Wabro vorbehalten, in seiner anschließenden Laudatio den Jubilar und dessen Wirken als sein Nachfolger im Amt als BdV-Landesvorsitzender seit dem Jahr 1999 zu würdigen. Damit habe Arnold Tölg, so Gustav Wabro, in all den Jahren sehr aktiv vieles für die Heimatvertriebenen, Flüchtlinge und Spätaussiedler bewegt und immer wieder über den Landesverband hinausgeschaut und in diesem Sinne gewirkt. Seine Wahl in das Präsidium de4s Bundes der Vertriebenen auf Bundesebene zeige, dass er sich hohes Ansehen weit über BadenWürttemberg hinaus erworben habe. Dabei hob er als besondere Ereignisse die Veranstaltung des BdV- Bundesverbandes inAnw3esenheit des Ministerpräsidenten Erwin Teufel und den 50.Tag der Heimat in Stuttgart mit dem esthnischen Staatspräsidenten Meri sowie den 60. BdVLandesverbandstag hervor. Gustav Wabro führte weitere Leistungen von Arnold Tölg an, vor allem sein Bekenntnis zur Charta der deutschen Heimatvertriebenen und sein Wirken als Zeitzeuge, indem er sich dieser Geschichtsvermittlung in den Lehrplänen und damit der jüngeren 65 Generation verpflichtet sieht. Gern erinnere er sich der gemeinsamen und belebenden Zusammenarbeit auch mit Geschäftsführer Ulrich Klein. Namens des BdV dankte er Arnold Tölg für dessen vielfältigen Einsatz und überreichte eine gebundene Ausgabe der BdV-Nachrichten aus der Zeit seines Beginns als Landesvorsitzender als Spiegelbild des Verbandsgeschehens. Für seine Verdienste wurde Arnold Tölg mit hohen Auszeichnungen geehrt, darunter der Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg, der Heimatmedaille, der Ernst-Moritz-Arndt-Medaille und anderen Verbandswehrungen. Es folgten weitere Glückwünsche anwesender Vorstandsvorsitzender, an deren Schluss Arnold Tölg seinerseits herzlich dankte, und den vorgegangenen Gratulationsreigen humorig mit den Worten quittierte, man habe maßlos übertrieben, aber er verzeihe allen. DOD Buchenländer Jubiläum in München Es war ein andersartiges Bundestreffen Das wichtigste Ereignis für den Verband der Buchenlanddeutschen war in diesem Jahr das Jubiläumstreffen anlässlich des 65. Jahrestages der Gründung der „Landsmannschaft der deutschen Umsiedler aus der Bukowina in Deutschland e. W’ am 9. Oktober 1949 in München. Der Begrüßung der Ehrengäste schloss der Bundesvorsitzende Worte des Dankes an und bot eine kurze Einschätzung der Landsmannschaft der Buchenlanddeutschen, die über 65 Jahre lang, weit mehr war als nur eine Anlaufstelle für Landsleute mit ihren Sorgen und Anliegen, die einen hohen gesellschaftlichen Beitrag geleistet hat bei der allgemeinen Integration der Buchenlanddeutschen und ihrer Nachkommen. Nach dem Mittagessen sprach der Schirmherr des Jubiläums, Jürgen Reichert, Bezirkstagspräsident von Schwaben und somit „Pate“ der Buchenlanddeutschen seit elf Jahren. Präsident Reichert ist eine guter Kenner der Bukowina und äußerte sich sehr zufrieden über den vollzogenen Wandel von der Patenschaft für eine Gemeinschaft von vor einem halben Jahrhundert zu einer internationalen regionalen, einzigartigen Partnerschaft im Europa der Regionen. Dem Auftrag der damaligen Patenschaftsurkunde seien beide Seiten nachgekommen, auch heute sei der Bezirk Schwaben die wichtigste Stütze dieser Landsmannschaft. Wenn der Kreis in München schon unvergleichlich kleiner geworden sei als in den frühen Jahren in Darmstadt oder Augsburg. wo die Idee der Gründung des Bukowina-Instituts geboren wurde, so wisse man, dass über sechs Jahrzehnte viel geschaffen worden sei, viel gelblieben sei, eine Bereicherung für unser Land. Lobend äußerte sich der Präsident 66 und Vorsitzende des Hilfswerks Schwaben-Bukowina auch über die gute Zusammenarbeit in vielen Bereichen mit den beiden Regionen der historischen Bukowina. Zuversichtlich klangen auch die Worte in der Verbindung mit der Zukunft des Augsburger Instituts an der Universität und der Schaffung einer Junior-Professur an dieser Universität. Als Referenten zum Jubiläum der Landsmannschaft der Buchenlanddeutschen hatte der Bundesvorstand Dr. Ortfried Kotzian eingeladen, einen „Wahl-Bukowiner“, der mit am Anfang der Gründung des Augsburger Bukowina-Instituts stand und über ein Jahrzehnt den Auf- und Ausbau der Forschungs- und Dokumentationsstelle als Geschäftsführer leitete. Dr. Kotzian erinnerte an weniger öffentlich bekannte Ereignisse aus der Gründungszeit, vor allem aber zeigte er anhand des Einsatzes verdienter Persönlichkeiten um das Institut um die Beziehungen zu Bukowina und den Buchenlanddeutschen, nämlich des früheren langjährigen Bezirkstagspräsidenten Dr. Georg Simnacher sowie des stellvertretenden Institutsvorsitzenden sei der Gründung Prof. Dr. Pankraz Fried auf, wo Chancen für die Zukunft einer zahlenmäßig schrumpfenden landsmannschaftlichen Gruppe lägen, in einer offenen Interessengemeinschaft für diese Region und die Menschen hier und dort. Zum Vergleich ging er auf die Bukowiner Gemeinschaften in Amerika, Kanada und Brasilien ein, keine großen Gemeinschaften, aber gut vernetzte und mit Präsenz in den modernen Medien. Als wesentlichen Erfolgsgarant nannte der Redner aber das aktive Mitwirken der Glieder dieser Gemeinschaft, in der nicht mehr die Quantität so wichtig sei, sondern Aktivitäten die Qualität ergebe. Die Rolle des Bukowina-Instituts und der Zeitung als wichtigste Auskunft und Vermittlerstellen sowie als Informationsbörsen sollten dabei jedoch gestärkt und gefördert werden. Was frühere Bundestreffen wesentlich kennzeichnete und vordergründig erwünscht war, belegt folgendes Zitat nach einem Treffen Mitte der 80er Jahre: „Das Glücksgefühl, Freunde und Bekannte nach so langer Zeit wiederzusehen, kann man nicht beschreiben.“ Was sagt uns Jungen die Bukowina und kann man sich als Jugendliche(-r) in einer Landsmannschaft wohl oder gar gut aufgehoben fühlen. Das waren Fragen, die an das jüngste Mitglied des Treffens gerichtet wurden. Manuela Heinrich - ihr Vater und ihr Freund waren auch beim Treffen - zeigt Interesse sowohl an der Region, die sie schon besucht hat, und ihren Menschen. Sie hat sich informiert, zugehört und so die Menschen in ihrem Verein verstehen gelernt. Sie fühlt sich gut aufgehoben. Ganz anders als frühere Bundestreffen war der Sonntag in München geplant, der Bahnstreik, der auch die meisten öffentlichen Verkehrsmittel in München erfasste, ließ auf einige Punkte verzichten. Nur die kleine Gruppe aus Augsburg besuchte wie bei der Gründung den katholischen Frühgottes67 dienst in der Sankt Benno-Kirche, die damalige evangelische Matthäus-Notkirche gibt es nicht mehr. Der Abschluss fand am Sonntag wie geplant im Augustinerkeller ab 10 Uhr statt. Eine Gruppe war abgereist, andere neu hinzugekommen. Sie begegneten sich am Gründungsort zu Gesprächen, Kaffee und Kuchen, gutem Bier und einem Mittagessen. Zum Abschied hieß es allgemein: Es war eine gute Veranstaltung, die sich wesentlich von den früheren dahin unterschied, dass es keine Feier war! Zum ersten Mal gab es keinen Tanz zum Abschluss. Auch das sind Zeichen! Luzian Geier Bettler in Schweden: Rumänien zahlt Bürgern „Heimreisegeld“ Rumänische Regierung sagt Hilfe bei Rückkehr der Migranten zu. Stockholm fordert das Rumänien mehr Verantwortung für seine eigenen Staatsbürger übernehmen. Das fordern schwedische Politiker. Die Zahl der bettelnden Rumänen in den schwedischen Innenstädten nehme konstant zu. Rund um Stockholm sind bereits ganze Elendsquartiere entstanden, informelle Siedlungen, die aus notdürftig zusammengezimmerten Baracken bestehen. Sie werden zu einem großen Teil von Roma aus Rumänien bewohnt. Als EU-Bürger können Rumänen ohne Visa oder Arbeitsbewilligung nach Schweden einreisen. Das wird durch die Reisefreiheit gewährleistet. Die schwedische Regierung und die EU haben in diesem Zusammenhang wiederholt darauf gedrängt, dass die rumänische Regierung den Roma menschenwürdige Lebensbedingungen gewährleistet, damit weniger Menschen das Land verlassen müssen, um in europäischen Städten zu betteln. Die Politiker Lotta Edholm und Erik Scheller von der Volkspartei haben sich in dieser Woche in einem Interview mit dem Schwedischen Rundfunk dafür ausgesprochen, dass die Heimatländer von Bettlern die Kosten übernehmen, die diese für die Sozialsysteme anderer EU-Staaten verursachen. Die Ausgaben für diese Menschen sind jedoch relativ gering. Denn rechtlich sind die schwedischen Kommunen nicht verpflichtet, anderen EU-Bürgern zu helfen. Zudem sind die Migranten kaum registriert und haben keinen Zugang zu Sozialhilfe oder anderen finanziellen Hilfen. Edholm betonte im Interview, dass es auch gar nicht um die Kosten, sondern um ein Umdenken in Rumänien gehe: Dort werde von Politikern Stimmung gegen die Volksgruppe gemacht. Rumänien zahlt Heizkosten Die rumänische Regierung signalisiert nun ein Entgegenkommen: Am Dienstag wurde bekannt, dass von schwedischen Hilfsorganisationen und der rumänischen Botschaft die Heimreise von vorerst 60 Migranten organisiert wurde, Die Regierung hat zudem zugesagt, ihnen bei der Suche nach Unterkünften zu 68 helfen und ihre Elektrizitäts- und Heizkosten zu übernehmen, solange sie sich wieder in die Gesellschaft integrieren. Sie sollen zudem auf das Berufsleben vorbereitet werden. Schweden kam in den vergangenen Jahren bezüglich des Umgangs mit Roma wiederholt in die Kritik. Im südschwedischen Skiarie wurden etwa im Jahr 2013 Geburtsdaten und Ausweisnummern von mehr als 4000 Roma und deren Ehepartnern gesammelt, auf die die landesweite Kriminalpolizei zugreifen kann. Grund für die Registrierung war weder eine begangene Straftat noch ein Verdacht, sondern allein die ethnische Zugehörigkeit (Julia Schilly, DER STANDARD, 23.1.2015) Revolution als Hehlerware Die Ereignisse vom Dezember 1989 in Rumänien harren noch ihrer Aufklärung – Seminar am Heiligenhof in Bad Kissingen „Der Diktator ist gestürzt! Das Volk hat gesiegt! Rumänien ist unser! Gott hat uns geholfen.“ Mit diesen Worten verkündete der Dichter Mircea Dinescu am Abend des 22. Dezember 1989 im „Freien Rumänischen Fernsehen“ den Sieg der Revolution. In Rumänien war und ist bis heute strittig, ob es im Dezember 1989 überhaupt eine Revolution gegeben hat oder einen Staatsstreich moskauorientierter Reformkommunisten als Gegenspieler des nationalkommunistischen Regimes unter Nicolae Ceausescu. Wenn es eine Revolution war, so ist es sicher, dass diese Revolution sehr bald „dem Volk gestohlen“ worden ist. Die Ereignisse im Dezember 1989 und die mediale Berichterstattung darüber sind Musterbeispiele von Falsch- und Desinformationen in den damaligen Massenmedien, insbesondere der Bild und Filmberichterstattung. Nach dem revolutionären Taumel folgte für viele rumänische Bürger ein verkatertes Erwachen. Für rund die Hälfte der Landesbewohner vor allem für die Landbevölkerung, hat sich die wirtschaftliche und soziale Lage verschlechtert. Sie sind nach dem Zusammenbruch der LPGs und Staatsbetriebe vielfach nur noch Selbstversorger. Bis zu drei Millionen Menschen sind mangels persönlicher und beruflicher Perspektiven seither aus Rumänien ausgewandert darunter und unmittelbar nach den Dezemberereignissen“ rund 150.000 Deutsche, so dass deren Zahl auf derzeit 36.000 gefallen ist. Hingegen fanden sich die Eliten des alten Systems in der neuen Zeit bestens zurecht. nutzten ihr Wissen und ihre Netzwerke, gründeten Unternehmen mit Kapital aus unklaren Finanzquellen, beteiligten sich erfolgreich an der Privatisierung des 69 Volksvermögens, erwarben billigst Grundstücke, Produktionsstätten und Rohstoffquellen. Manche wurden zu Millionären, sind die Revolutionsgewinner nur eine kleine Gruppe. Im November 2014 errang der Siebenbürger Sachse und langjährige Hermannstädter Bürgermeister Klaus Johannis das Präsidentenamt. Erdrückende Erwartungen lasten auf ihm, er soll das Land modernisieren, die Lebensverhältnisse verbessern. rechtsstaatliche Strukturen festigen, die Korruption beseitigen. Ziel des Seminars ist es, die Ereignisse der Revolution durch politische Analysen, Dokumentar- und Spielfilme aufzuklären sowie den Blick auf die politischen Entwicklungen von 1989 bis heute zu richten. Peter Miroschnikoff, ehemaliger Südosteuropa-Korrespondent der ARD, wird mit gleich drei Filmreportagen vertreten sein: „Ich erschoss die Ceausescus“, 1990, „Bilder aus Hermannstadt“ und „Das Erbe des Diktators“; die Literatur- und Politikwissenschaftlerin Dr. Anneli Ute Gabanyi wird über Revolutionsdiskurse“ sprechen. Schließlich wird Friederike Mönninghoff ihre Ergebnisse einer empirischen Forschung aus biographischer Perspektive“ präsentieren. Es ist auch Gelegenheit für die Teilnehmenden aus dem Publikum, über ihre Revolutionserlebnisse zu berichten. Neben diesen Vorträgen werden einschlägige Spiel und Dokumentarfilme gezeigt: „2.08 Uhr östlich von Bukarest“, eine Tragikomödie von Corneliu Porumboiu, und Kapitalismus, unser geheimes Rezept „von Alexandru Solomon sowie das Politdrama. Das Papier wird blau sein“ von Radu Muntean. Die Teilnahme an der Veranstaltung vom 12. bis zum 14. Dezember 2014 in der Bildungs- und Begegnungsstätte Heiligenhof, Bad Kissingen, kostet 60 Euro (ermäßigt für Studenten, Auszubildende, Teilnehmer aus Ostmitteleuropa etc. 20) inklusive Unterkunft und Verpflegung, zuzüglich Kurtaxe (3,40 Euro), gegebenenfalls Einzelzimmerzuschlag (20 Euro) für den gesamten Zeitraum. Die Tagung wird von der Bundeszentrale für politische Bildung gefördert. Weitere Informationen hat Gustav Binder. Anmeldungen sind ab sofort möglich beim Heiligenhof, Kennwort: Telerevolution, Alte Euerdorfer Str. 1, 97688 Bad Kissingen, Tel.: 0971-714 714, [email protected]. KK Silvesterball im Wollnersaal Wie schon seit über zwanzig Jahren fand heuer wieder der traditionelle Silvesterball der Schandremer Schwaben im Wollner Saal statt Organisiert von der Heimatortsgemeinschaft (HOG) Schandra mit ihrer neu formierten Vorstandschaft! Bei voll besetztem Saal mit gemischtem Publikum wurde 70 Liegt dieses Bild in höherer Auflösung vor? Martin Erlie, Martin Kaizer, Balthasar Steinbinder, Werner Mutter, Franz Kaiser, Paul Kaiser, Josef Acs die Feier von Balthasar Steinbinder mit einer kurzen Ansprache eröffnet. Als Ehrengast begrüßten wir den Landrat aus dem Nürnberger Land, Herrn Armin Kroder. In seiner Rede verwies er unter anderem auf die Größenordnung der Feier im Landkreis und das die Tradition nicht die Anbetung der Asche sei, sondern die Weitergabe des Feuers. Dieses Feuer war während des Abends bei verschiedenen Tänzen (deutsche, ungarische und rumänische) spürbar. In den Tanzpausen -wurden traditionell in Schwäbischer Muttersprache verschiedene Volkslieder gesungen und der Nachwuchs durfte auch seine Tanzkünste vorführen, die sie von Patrizia Steinbinder in den letzten Wochen erlernt haben. Des Weiteren wurde von Paul Kaiser auf das ehrgeizige Vorhaben der Vorstandschaft (u.a Martin Kaiser, Franz Kaiser, Werner Mutter, Josef Acs und Martin Erli) im neuen Jahr verwiesen. So z.B. die Reise eines ganzen Dorfes in die frühere Heimat sowie das Schlachten eines Schweines auf dem Kroderhof in Neunkirchen am Sand. Für die gute Unterstützung und Zusammenarbeit möchten wir uns bei der Familie Hölzel herzlichst bedanken. Bei exzellenter Stimmung wurde der Jahreswechsel bis in die frühen Morgenstunden hinein gefeiert. Paul Kaiser, HOG-Vorsitzender 71 Eine schöne ehrenamtliche Arbeit Foto? Darf mich kurz vorstellen: Bin die Tochter vom Teremer Ehepaar Maria und Josef Mock. Meine Kindheit und Jugendzeit verbrachte ich in Terem, das Abitur legte ich 1986 in Großkarol ab. Heiratete 1990, vierzehn Tage vor meiner Übersiedlung nach Deutschland, wo wir in Ummendorf eine neue Heimat fanden. Unsere Kinder studieren. Annette Medizinische Dokumentation & Informatik und Thomas macht seinen Master in pharmazeutischer Biotechnologie. Ich arbeitete fünf Jahre lang als Küchenhilfe im Rißegger Bischof-Sproll Bildungszentrum und ab 2008 im hauswirtschaftlichen Bereich eines Kindergartens in Ummendorf Ehrenamtlich bin ich auch als Lektorin und Kommunionhelferin einer Kirchengemeinde tätig. Seit September 2012 bin ich Sprecherin der Heimatortsgemeinschaft Terem in der Landsmannschaft der Sathmarer Schwaben. Es ist eine interessante und schöne ehrenamtliche Tätigkeit. Margareta Solomaier, HOG-Vorsitzende Kalmander halten zusammen Am 27. September 2014 feierten die Kalmander-Landsleute wieder ihr traditionell gewordenes Jahrestreffen in Ummendorf bei Biberach. Diese Treffen bieten Jahr für Jahr, für Jung und Alt, die Möglichkeit, sich wieder zu sehen, längere Gespräche mit Freunden und Bekannten zu führen, für die in unserem stressigen Alltag kaum noch Zeit bleibt. Nach der Saalöffnung um 14 Uhr im Gasthof Gaum, während man bei Kaffee und Kuchen saß, sorgte Familie Brendli für die tolle musikalische Unterhaltung. Es wurde geschwätzt, gelacht und getanzt. Um 18 Uhr durften wir uns beim Abendessen stärken. Es gab Kürbiscremesuppe, verschiedene Salate, Schweineschnitzel in Käse-Ei-Hülle, gekochtes Rindfleisch mit Meerrettichsoße, verschiedene Beilagen wie Kartoffel, Spätzle, Spaghetti. Der Gasthof, der auch Übernachtungsmöglichkeiten anbietet, hat uns auch diesmal überzeugt. Ein ganz großes Dankeschön an die Gastwirte Susanne und Harald Martin. Es wäre schön, mehr Kinder und Jugendliche dabei zu haben, weil nur durch sie, diese unsere Gemeinschaft weiter leben kann. Die Verantwortung liegt bei allen Landsleuten, nicht nur vom Zusammenhalt und der Wichtigkeit her. Es gilt, über die Traditionspflege nicht nur zu reden sondern diese auch beispielhaft vorzuleben. Deshalb wollen wir euch alle, liebe Kalmander Landsleute, bitten, uns mit Vorschlägen, Wünschen und vielen Ideen zu unterstützen! 72 Bereits heute sagen wir euch ein großes Dankeschön! Und alles Gute bis zum nächsten Mal! Angela Groß, HOG-Vorsitzende INFORMATIONEN Streit um Promillegrenze 1,6 Promille auf dem Rad sind Experten zu viel GOTTINGEN (dpa) - Radfahrer müssen sich nach dem Willen von Experten möglicherweise auf niedrigere Alkohol-Grenzwerte einstellen. Vor Beginn des Verkehrsgerichtstags im niedersächsischen Goslar verlangten die Deutsche Verkehrswacht, der Verkehrssicherheitsrat und mehrere Verkehrsklubs die Einführung einer 1,1-Promille-Grenze. Ab diesem Wert müssten Fahrradfahrer zumindest mit einem Ordnungswidrigkeiten-Verfahren rechnen. Bisher gilt für Fahrradfahrer der Alkohol73 Grenzwert von 1,6 Promille. Wer weniger Alkohol im Blut hat und unauffällig fährt, muss nicht mit Sanktionen rechnen. Im Jahr 2012 waren mehr als 3500 betrunkene Fahrradfahrer an Verkehrsunfällen mit Personenschaden beteiligt. Zum Verkehrsgerichtstag werden kommende Woche rund 1900 Fachleute erwartet. Sie wollen in Goslar über aktuelle Verkehrsthemen beraten. Gegen zu viel Reglementierung! Da mögen die Experten noch so wohlfeil argumentieren und sich als die Anwälte erwachsener Menschen aufspielen. Es gibt einfach keinen nachvollziehbaren Grund, eine neue Promillegrenze für Fahrradfahrer einzuführen weil es fundamentale Unterschiede zwischen den Fortbewegungsmitteln Fahrrad und Auto gibt. Wer betrunken mit dem Auto fährt, steuert potenziell eine Waffe durch den öffentlichen Raum, handelt verantwortungslos und riskiert auch die Gesundheit und das Leben anderer. Es ist eine staatliche Aufgabe, das zu unterbinden. Wer dagegen betrunken rnit dem Fahrrad fährt, setzt vor allem die eigene Gesundheit aufs Spiel. Das ist zwar nicht unbedingt klug, darf aber in einer Gesellschaft die nicht jeden Lebensbereich reglementieren will und persönliche Verantwortung ernst nimmt, nicht verboten sein. Bei fast allen Fahrradunfällen rnit Verletzten erwischt es zudem die Radler selbst. Es ist wie bei der Helmpflicht. Wem es vernünftig scheint, der soll sich schützen. Wer meint, es geht auch ohne, darf auch, muss aber die Konsequenzen tragen. Andersherum: Der Fahrradfahrer, der betrunken stürzt und sich etwas bricht, hat Pech gehabt. So etwas soll im Leben hin und wieder vorkommen. Viele Menschen nutzen außerdem das Fahrrad, wenn sie außerhalb der eigenen vier Wände etwas trinken wollen, um von A nach B und vor allem legal wieder zurück von B nach A zu kommen. Das ist übrigens klar verantwortungsvoller, als wenn sie mit dem Auto fahren würden. Bei einer Neuregelung der Promillegrenze ginge das in vielen Fällen nicht mehr. Die Menschen würden dazu ermuntert, gleich ins Auto zu steigen, denn die Strafe ist ja fast die gleiche. Und weil der Geist dann aus der Flasche wäre, könnten sich die Verfechter des Zeitgeists als nächstes die Fußgänger vorknöpfen. Wer mit mehr als 0,5 Promille auf dem Bürgersteig läuft, könnte womöglich eine Gefährdung des Verkehrs darstellen. Man weiß ja nie. Am Ende wäre Alkohol praktisch nur noch in den eigenen vier Wänden erlaubt. Doch das, nun ja, ist ja auch keine Lösung. HB 74 Ein Kompendium ostdeutscher Geschichte und Kultur Der Sammelband „ Lebensbilder“ bietet 650 biographische Skizzen „Ich will wirken in dieser Zeit“ ‘ schrieb 1922 die Grafikerin und, Bildhauerin Käthe Kollwitz (18671945), die aus dem ostpreußischen Königsberg stammte. Kollwitz ist eine von 650 mehr oder weniger berühmten Persönlichkeiten, die im Sammelband „Lebensbilder“ von Franz Kössler Aufnahme gefunden haben. All diese Persönlichkeiten sind im historischen deutschen Osten geboren worden oder hatten dort ihre Wirkungsstätte. Auch der Autor Franz Kössler stammt aus einem alten deutschen Siedlungsgebiet, wurde er doch 1931 in Ketzelsdorf im böhmisch-mährischen Grenzraum geboren. Durch die Vertreibung kam er in die Sowjetische Besatzungszone und studierte in den 1950er Jahren Biologie. Von 1958 bis 1996 arbeitete er in der biomedizinischen Forschung in Berlin-Lichtenberg. Er konnte 1963 promovieren und sich 1969 habilitieren. In seinem umfangreichen Buch stellt Kössler Geistesgrößen, aber auch weniger bekannte Persönlichkeiten aus den historischen deutschen Ost- und Siedlungsgebiete vor. Wie er schreibt, hat er aus der Fülle der nennenswerten Personen „eine subjektive Auswahl“ getroffen. Der Reigen der von ihm Gewürdigten spannt sich von Künstlern, Geistlichen und Gelehrten vergangener Jahrhunderte bis hin zu Politikern und Wissenschaftlern unserer Tage. Kössler hat nicht nur solche bekannten Regionen wie Schlesien, Ostpreußen, Pommern oder das Sudetenland berücksichtigt, sondern auch die Siedlungsgebiete der Donauschwaben, der Siebenbürger Sachsen und der Russlanddeutschen und viele andere ehemals deutschsprachige Gebiete im östlichen und südöstlichen Europa. Seine Informationen hat er vor allem aus dem Internet und der einschlägigen Literatur bezogen, aber er konnte auch Erinnerungen von Freunden und Bekannten als Quelle nutzen. Zu den prominenten Zeitgenossen, die im Buch porträtiert werden, gehören: der emeritierte Erzbischof von Freiburg im Breisgau, Robert Zollitsch (geboren 1938 in Filipowa, Jugoslawien), der letzte SED-Ministerpräsident der DDR, Hans Modrow (geboren 1928 in Jasenitz, Pommern), die Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller (geboren 1953 in Nitzkydorf, Banat) und die Sängerin Lena Valaitis (geboren 1943 in Memel). Einige Prominente wird der Leser jedoch vermissen: den emeritierten Erzbischof von Köln, Joachim Kardinall Meisner (geboren 1933 in BreslauLissa), und den letzten SED-Generalsekretär, Egon Krenz (geboren 1937 in Kolberg, Pommern), aber auch den als Bürgermeister von Hermannstadt bekannt gewordenen und inzwischen zum Präsidenten von Rumänien gewählten Klaus Johannis (geboren 1959 in Hermannstadt) und die erfolgreichste deutsche Schlagersängerin der Gegenwart, Helene Fischer (geboren 1984 in 75 Krasnojarsk). Es bleibt unklar, nach welchen Kriterien Kössler seine Auswahl getroffen hat. Die vorgestellten Persönlichkeiten sind nach dem Regionalprinzip geordnet worden, das heißt, nach den Regionen bzw. Landschaften, in denen sie geboren wurden oder gewirkt haben. Jeder Personengruppe ist ein Text vorangestellt worden, der Angaben zur Geographie und Geschichte der behandelten Region enthält. Dazu gehört in der Regel auch eine Übersichtskarte. Eine solche Karte vermisst man im Abschnitt über die donauschwäbischen Siedlungsgebiete. Nicht zutreffend ist hier die Aussage, dass von den „einst rund 650.000 Donauschwaben in Ungarn“ heute „nur“ noch wenige“ dort leben. Bei der Volkszählung, die im Jahr 2011 in Ungarn stattgefunden hat, haben immerhin 132.000 Personen als Nationalität Deutsch angegeben. Problematisch erscheint auch die Unterscheidung zwischen Persönlichkeiten „aus donauschwäbischen Siedlungen“, worunter Kössler ausschließlich Siedlungen in Rumänien und im ehemaligen Jugoslawien versteht, und Persönlichkeiten „aus anderen Siedlungen in Südosteuropa, denen er die donauschwäbischen Siedlungen in Ungarn zuordnet. Das Buch enthält Verzeichnisse mit Literatur- und Quellenangaben, es fehlt jedoch ein Gesamtregister der vorgestellten Persönlichkeiten. Diese sind stattdessen am Ende des Buches noch einmal nach ihren Herkunftsgebieten sortiert aufgelistet worden. Der Leser, der sich über eine bestimmte Persönlichkeit informieren möchte, muss somit ihr Herkunftsgebiet kennen oder er muss suchen. Mit Ausnahme von vier Bildern auf der Titelseite, darunter die eingangs erwähnte Käthe Kollwitz, enthält das Buch leider auch keine Abbildungen der gewürdigten Persönlichkeiten. Unbeschadet einiger Lücken ist es Franz Kössler gelungen, ein faktenreiches Kompendium der ostdeutschen Geschichte und Kultur vor zu legen. Wer sich dafür interessiert, was die Deutschen aus dem Osten geleistet haben und heute noch leisten, wird dieses Werk oft und gern zur Hand nehmen.Peter Bien INFO: Franz Kössler: Lebensbilder, Persönlichkeiten aus ehemals deutschsprachigen Gebieten in Europa. Berlin: OEZ Berlin-Verlag 2014. 738 Seiten, ISBN 978-3-942437-23-3, Preis: 44,90 Euro. Chemie-Nobelpreis für Deutschen Stefan Hell Stockholm (AFP) – Nobelpreis, für einen deutschen Forscher! Stefan Hell und zwei Kollegen aus den USA teilen sich die diesjährige Auszeichnung im Fach Chemie für bahnbrechende Weiterentwicklungen im Bereich der Mikroskopie. Das Nobelpreiskomitee gab in Stockholm die Ehrung für den deutschen Biophysiker und die US-Wissenschaftler Eric Betzig und William 76 Moerner bekannt. Der 51-jährige Hell erklärte, seine Freude sei „riesengroß“. Hell und seine US-Kollegen entwickelten unabhängig voneinander die hochauflösende FluoreszenzMikroskopie und stießen damit tief in einen für unmöglich gehaltenen Nano-Bereich vor. „Lange Zeit wurde die optische Mikroskopie von einer vermuteten Begrenzung aufgehalten: Das sie nie eine bessere Auflösung haben kann als die Wellenlänge von Licht“, erklärte die KöniglichSchwedische Akademie der WissenStefan Hell vom MPI für biophysikalische schaften. Die maximal mögliche AufChemie erhält in Stockholm den Nobelpreis lösung lag demnach theoretisch bei für Chemie. Foto: dpa 200 Nanometern – 200 Milliardstel eines Meters. Mit Hilfe floureszierender Moleküle haben die Chemie-Nobelpreisträger von 2014 dies auf geniale Weise umgangen.“ Hell entwickelte das Sted-Mikroskop (Stimulated Emission Depletion), während der 54-jährige Betzig vom Medizinischen Institut Howard Hughes im US-Bundesstaat Virginia und der 61 Jahre alte Moerner von der Standford-Universität die monomolekulare Mikroskopie entwickelten. Die Arbeiten ermöglichen Wissenschaftlern nach Angaben des Nobelpreiskomitees unter anderem. „das Innere der Wand eines Moleküls in lebenden Zellen sichtbar zu machen“. Zuvor war es nicht möglich gewesen, lebende Zellen bis ins kleinste Detail zu betrachten. Dies ist insbesondere für die Erforschung von Krankheiten wie Parkinson, Alzheimer und Huntington bedeutsam. Der an der Universität Heidelberg diplomierte und promovierte Hell hatte seine Sted-Mikroskopie im Jahr 2000 vorgestellt. Für deren Entwicklung wurde er seitdem vielfach ausgezeichnet. (www.dtoday) Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Stefan Hell Gratulation zum Nobelpreis für Chemie Zur Verleihung des Nobelpreises für Chemie an den im Banat geborenen Professor Dr. Stefan Hell erklärt die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach MdB: 77 Im 25. Jahr nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und dem Beginn der Befreiung Europas von Diktatur und Unterdrückung hat wiederum die Arbeit eines Deutschen aus Rumänien Anerkennung vor dem Nobelpreis Komitee gefunden: Fünf Jahre nach dem Literaturnobelpreis für die Schriftstellerin Herta Müller wurde jetzt Stefan Hell für die Entwicklung der superauflösenden Fluoreszenzmikroskopie mit dem Chemienobelpreis geehrt. Dazu gratuliere ich ihm von ganzem Herzen und freue mich mit ihm. Stefan Hells Name wird zukünftig in einem Atemzug genannt werden mit anderen Deutschen aus dem Osten, deren Leistungen ebenfalls mit dem Nobelpreis geehrt wurden, wie z.B. der erste Nobelpreisträger für Medizin Emil von Behring (1901), aber auch Paul Ehrlich (1908, Medizin), Gerhart Hauptmann (1912, Literatur), Fritz Haber (1918, Chemie), Kurt Alder (1950, Physik), Max Born (1954, Physik), Klaus von Klitzling (1985, Physik), Reinhard Selten (1994, Wirtschaftswissenschaften), Günther Grass (1999, Literatur), Günter Blobei (1999, Medizin) und Peter Grünberg (2007, Physik). Für die deutsche Wissenschaft ist dies erneut ein großer Tag. Mit diesem Nobelpreis wird deutlich, wie wertvoll das geistige und kulturelle Erbe der Deutschen aus dem Osten ist. Es gilt, dieses Erbe zu bewahren und weiterhin zu fördern. Gleichzeitig ist dies ein weiterer Beweis dafür, wie treffend wir unser diesjähriges Leitwort zum Tag der Heimat „Deutschland geht nicht ohne uns“ gewählt haben. Justizministerium kritisiert neue Regeln bei Facebook Das Bundesjustizministerium hat die neuen Datenrichtlinien bei Facebook, die am Freitag in Kraft treten sollen, scharf kritisiert. „Wenn Facebook permanent verfolgt, wie wir auf bestimmte Angebote im Netz reagieren, besteht eine große Gefahr, dass wir vorhersehbar und damit auch manipulierbar werden“, sagte der Parlamentarische Staatssekretär Ulrich Kelber (SPD) laut dem „Tagesspiegel“ aus Berlin. Es bleibe unklar, welche Daten zu welchem Zweck verarbeitet, genutzt und ausgewertet würden. Kelber kritisierte zudem, dass die Nutzer mit dem Einloggen am Stichtag automatisch ihre Einwilligung gäben. „Man wird gezwungen das Gesamtpaket zu wählen, Facebook lässt nur die Wahl alles oder nichts“, erklärte Kelber. Er sprach sich dafür aus, dass die neuen Funktionen per Voreinstellung ausgeschaltet und nur aktiviert werden sollten, wenn sich der Nutzer dafür entscheide. Facebook aktualisiert am Freitag diverse Nutzungsbedingungen. Ein wesentlicher Bestandteil sind Werbeanzeigen. 78 Das soziale Netzwerk will seine Werbung noch stärker auf die Nutzer zuschneiden und in diesem Zusammenhang auch deren Surfverhalten außerhalb von Facebook auswerten. Mitglieder, die dies nicht akzeptieren wollen, müssen sich aus dem sozialen Netzwerk abmelden. In Deutschland hat Facebook etwa 27 Millionen Nutzer, die sich mindesten einmal im Monat in das Netzwerk einklinken. Ein Großteil von ihnen ist täglich auf Facebook unterwegs. Das Netzwerk erwirtschaftet den Großteil seines Umsatzes mit Werbeeinnahmen. L EKTÜRE & P ERSONALIA Die Ostergeschichte Am ersten Tag der Woche kommt Maria von Magdala früh, als es noch finster war, zum Grab Jesu und sieht, dass der Stein vom Grab weg war. Da läuft sie und kommt zu Simon Petrus und zu dem andern Jünger, den Jesus liebhatte, und spricht zu ihnen: Sie haben den Herrn weggenommen aus dem Grab, und wir wissen nicht, wo sie ihn hingelegt haben. Da ging Petrus und der andere Jünger hinaus, und sie kamen zum Grab. Es liefen aber die zwei miteinander, und der andere Jünger lief voraus, schneller als Petrus, und kam zuerst zum Grab, schaut hinein und sieht die Leinentücher liegen; er ging aber nicht hinein. Da kam Simon Petrus ihm nach und ging in das Grab hinein und sieht die Leinentücher liegen, aber das Schweißtuch, das Jesus um das Haupt gebunden war, nicht bei den Leinentüchern liegen, sondern daneben, zusammengewickelt an einem besonderen Ort. Da ging auch der andere Jünger hinein, der zuerst zum Grab gekommen war, und sah und glaubte. Denn sie verstanden die Schrift noch nicht, dass er von den Toten auferstehen müsste. Da gingen die Jünger wieder heim. Maria aber stand draußen vor dem Grab und weinte. Als sie nun weinte, schaute sie in das Grab und sieht zwei Engel in weißen Gewändern sitzen, einen zu Häupten und den andern zu den Füßen, wo sie den Leichnam Jesu hingelegt hatten. Und die sprachen zu ihr: Frau, was weinst du? Sie spricht zu ihnen: Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben. Und als sie das sagte, wandte sie sich um und sieht Jesus stehen und weiß nicht, dass es Jesus ist. Spricht Jesus zu ihr: Frau, was weinst du? Wen suchst du? Sie meint, es sei der Gärtner, und spricht zu ihm: 79 Herr, hast du ihn weggetragen, so sage mir, wo du ihn hingelegt hast; dann will ich ihn holen. Spricht Jesus zu ihr: Maria! Da wandte sie sich um und spricht zu ihm auf hebräisch: Rabbuni!, das heißt: Meister! Spricht Jesus zu ihr: Rühre mich nicht an! Denn ich bin noch nicht aufgefahren zum Vater. Geh aber hin zu meinen Brüdern und sage ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott. Maria von Magdala geht und verkündigt den Jüngern: Ich habe den Herrn gesehen, und das hat er zu mir gesagt. Am Abend aber dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger versammelt und die Türen verschlossen waren aus Furcht vor den Juden, kam Jesus und trat mitten unter sie und spricht zu ihnen: Friede sei mit euch! Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und seine Seite. Da wurden die Jünger froh, daß sie den Herrn sahen. Da sprach Jesus abermals zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Und als er das gesagt hatte, blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmt hin den heiligen Geist! Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten. Thomas aber, der Zwilling genannt wird, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Da sagten die andern Jünger zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er aber sprach zu ihnen: Wenn ich nicht in seinen Händen die Nägelmale sehe und meinen Finger in die Nägelmale lege und meine Hand in seine Seite lege, kann ich’s nicht glauben. Und nach acht Tagen waren seine Jünger abermals drinnen versammelt, und Thomas war bei ihnen. Kommt Jesus, als die Türen verschlossen waren, und tritt mitten unter sie und spricht: Friede sei mit euch! Danach spricht er zu Thomas: Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein Herr und mein Gott! Spricht Jesus zu ihm: Weil du mich gesehen hast, Thomas, darum glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben! Noch viele andere Zeichen tat Jesus vor seinen Jüngern, die nicht geschrieben sind in diesem Buch. Diese aber sind geschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben das Leben habt in seinem Namen. Danach offenbarte sich Jesus abermals den Jüngern am See Tiberias. Er offenbarte sich aber so: Es waren beieinander Simon Petrus und Thomas, der Zwilling genannt wird, und Nathanael aus Kana in Galiläa und die Söhne des Zebedäus und zwei andere seiner Jünger. Spricht Simon Petrus zu ihnen: Ich will fischen gehen. Sie sprechen zu ihm: So wollen wir mit dir gehen. Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot, und in dieser Nacht fingen sie nichts. Als es aber schon Morgen war, stand Jesus am Ufer, aber die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war. Spricht Jesus zu ihnen: Kinder, habt ihr nichts zu essen? Sie antworteten ihm: Nein. Er aber sprach zu ihnen: Werft das Netz 80 aus zur Rechten des Bootes, so werdet ihr finden. Da warfen sie es aus und konnten’s nicht mehr ziehen wegen der Menge der Fische. Da spricht der Jünger, den Jesus liebhatte, zu Petrus: Es ist der Herr!Als Simon Petrus hörte, dass es der Herr war, gürtete er sich das Obergewand um, denn er war nackt, und warf sich ins Wasser. Die andern Jünger aber kamen mit dem Boot, denn sie waren nicht fern vom Land, nur etwa zweihundert Ellen, und zogen das Netz mit den Fischen. Als sie nun ans Land stiegen, sahen sie ein Kohlenfeuer und Fische darauf und Brot. Spricht Jesus zu ihnen: Bringt von den Fischen, die ihr jetzt gefangen habt! Simon Petrus stieg hinein und zog das Netz an Land, voll großer Fische, hundertdreiundfünfzig. Und obwohl es so viele waren, zerriss doch das Netz nicht. Spricht Jesus zu ihnen: Kommt und haltet das Mahl! Niemand aber unter den Jüngern wagte, ihn zu fragen: Wer bist du? Denn sie wussten, dass es der Herr war. Da kommt Jesus und nimmt das Brot und gibt’s ihnen, desgleichen auch die Fische. Das ist nun das dritte Mal, dass Jesus den Jüngern offenbart wurde, nachdem er von den Toten auferstanden war. Als sie nun das Mahl gehalten hatten, spricht Jesus zu Simon Petrus: Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieber, als mich diese haben? Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebhabe. Spricht Jesus zu ihm: Weide meine Lämmer! Spricht er zum zweiten Mal zu ihm: Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieb? Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich 81 dich liebhabe. Spricht Jesus zu ihm: Weide meine Schafe! Spricht er zum dritten Mal zu ihm: Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieb? Petrus wurde traurig, weil er zum dritten Mal zu ihm sagte: Hast du mich lieb?, und sprach zu ihm: Herr, du weißt alle Dinge, du weißt, dass ich dich liebhabe. Spricht Jesus zu ihm: Weide meine Schafe! Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Als du jünger warst, gürtetest du dich selbst und gingst, wo du hin wolltest; wenn du aber alt wirst, wirst du deine Hände ausstrecken, und ein anderer wird dich gürten und führen, wo du nicht hin willst. Das sagte er aber, um anzuzeigen, mit welchem Tod er Gott preisen würde. Und als er das gesagt hatte, spricht er zu ihm: Folge mir nach! Petrus aber wandte sich um und sah den Jünger folgen, den Jesus liebhatte, der auch beim Abendessen an seiner Brust gelegen und gesagt hatte: Herr, wer ist’s, der dich verrät? Als Petrus diesen sah, spricht er zu Jesus: Herr, was wird aber mit diesem? Jesus spricht zu ihm: Wenn ich will, dass er bleibt, bis ich komme, was geht es dich an? Folge du mir nach! Da kam unter den Brüdern die Rede auf: Dieser Jünger stirbt nicht. Aber Jesus hatte nicht zu ihm gesagt: Er stirbt nicht, sondern: Wenn ich will, dass er bleibt, bis ich komme, was geht es dich an? Die Ostergeschichte - Quelle: Johannes, Vers 20 und 21. Nach dem Evangelisten Johannes (Johannes 20&21). Der Osterhase Es sprach einst der Hahn zum Hasen höflich doch ein wenig gereizt: „Sie sind ja wieder einmal unglaublich populär. Ich möchte endlich das Jahr erleben, wo nicht Millionen von Osterkarten mit ihrem Bild verschenkt werden“. Dem Hasen traten Zornestränen in die Augen. Der Hase antwortete: „Ich danke für diese Popularität. Ja, ich pfeife auf die Popularität. Wie stehe ich da vor den anderen Waldbewohnern, mit einem Nest voll bunter Ostereier? Du Hahn, ich bin nur ein bescheidener Feld- und Waldbewohner und beliebt bei vielen Tieren. Doch ich habe meine Mission in der Natur und zwar die Fortpflanzung meiner Art. Da erfindet irgendein Mensch, das Märchen vom Osterhasen, Sie wissen doch, daß daran kein Wort wahr ist. Doch mein 82 Ansehen ist dahin und ich bin für ewig lächerlich gemacht. Mein Leben wird nicht ernst genommen, sondern jeder bringt in Verbindung mit meinem Namen, das Märchen mit dem Osterhasen und dem buntem Osterei“. Doch der Hahn sagte: „Was wollen Sie? Die Menschen sind nun einmal oberflächlich. Die Sarah ist nicht durch ihre Kunst berühmt geworden, sondern durch ihre Magerkeit und wird heute noch als Urbild der Magerkeit verstanden. Gorbatschow ist ein Schnaps und kein russischer Staatsmann oder Henry Clay eine Zigarre. Durch ein Ei ist Kolumbus berühmter als durch seine Entdeckungen. Denken Sie daran lieber Hase, es hat was Gutes, missverstanden oder beschimpft zu sein, denn es ist besser als vergessen zu werden“. Der Osterhase (nach Alexander Roda Roda) Ursprung des Osterhasens Wo kommt der Osterhase her? Der Osterhase ist das bekannteste Symbol der Osterzeit, denn er bringt die Ostereier und all die anderen süßen Leckereien am Ostersonntag! Das ist leider nicht so ganz klar. Eine mögliche Erklärung besagt, daß der Hase das Symbol der Fruchtbarkeitsgöttin Eostre war. Da der Hase sich gerne so rapide vermehrt, lag die Verbindung ja schon irgendwie nahe. Und da Ostara, das Fest der Eostre, im Frühling gefeiert wird und mit der Christianisierung zu Ostern wurde, bot sich der Hase als Oster-Symbolik auch irgendwie an. Da wurde der Hase mehr oder minder von der christlichen Kirche in die ganze Geschichte und Mythologie um Ostern herum hineinintegriert. Es gibt genügend Beispiele in der Kunst und Architektur aus der Antike, in welchem der Hase als Sinnbild von Leben und Wiedergeburt gilt. Auch hier machte sich die Kirche bisherige Ikonographie zu Nutze und setzte ab dem späten Mittelalter und danach den Hasen zu Ostern als Sinnbild für die Wiederauferstehung Christi ein. Eine richtige Erwähnung des Osterhasens gab es aber erst am Ende des 17. Jahrhunderts. Ausgerechnet von einem Mediziner, der davor warnte, zu viele Eier zu essen. So richtig populär wurde der Osterhase auch erst zweihundert Jahre später – als Spielzeugfiguren und bebilderte OsterhasenBücher und natürlich Schokoladen-Osterhasen auftauchten, konnte sich niemand mehr dem Einfluss den kleinen niedlichen Hopplers entziehen. Osterhase & die Ostereier Wieso bringt der Osterhase die Ostereier? Genau betrachtet hat der Osterhase diesen Job noch gar nicht so lange. Wie erwähnt bringt der Osterhase erst seit dem 17. Jahrhundert die Ostereier vorbei. Davor waren es andere Tiere; je nach der Region war es entweder ein 83 Fuchs oder ein Kuckuck, ein Storch oder ein Ostervogel. Mitunter sogar die Kirchturmglocken – in den Vogesen hieß es, daß die Glocken am Gründonnerstag nach Rom fliegen, um dort die Ostereier zu holen. Wenn sie dann am Karsamstag zurückkommen, lassen sie die Ostereier über den Gärten und Feldern der Einwohner fallen, wo die Kinder sie finden können. (Nach Römischem Ritus werden die Kirchenglocken zwischen Gründonnerstag und der Osternacht aus Zeichen der Trauer nicht geläutet.) Eier galten schon im alten Babylonien, Ägypten und Persien als Symbol für Fruchtbarkeit und erneutes Leben. Auch hier liegt die Verbindung mit der christlichen Symbolik nahe. Es ist also durchaus denkbar, daß im Fall von Osterhase und Ostereiern einfach zwei verschiedene Ideen, die trotzdem dasselbe ausdrücken, zusammenkamen und seitdem dafür sorgen, daß der Osterhase die Ostereier bringt. Das bisschen Vaterland Gehen und doch bleiben. Autoren schreiben über Autoren. Eine Anthologie des PEN-Zentrums deutschsprachiger Autoren im Ausland, Herausgegeben von Gabrielle Alioth und Martin Dreyfus. Wissenschaftsverlag der Autoren Synchron Publishers, Heidelberg 2014, 162 Seiten 84 Man schrickt gelinde zusammen bei der Einsicht in die bibliographischen. Angaben, in denen das Wort Autoren viermal vorkommt, eingedenk Kurt Tucholskys Mahnung, nichts sei verächtlicher, als wenn Literaten Literaten Literaten nennen. Doch gerade bei diesem leisen Erschrecken geht einem auf, weich schutzbedürftiges Pflänzchen Literatur ist und wie sehr es Einrichtungen wie den PEN braucht, dass also die Daseinsberechtigung des PEN-Zentrums selbst eine nachgerade existentielle Dimension hatte und hat - als Schutzraum eben. Wären nicht die Autoren, die über Autoren schreiben, diese wären längst vergessen, und jenen ginge es erst recht genauso. Denn es ist nicht allein Max Herrmann-Neisse (der vertriebene Dichter schrieb sich im Gedenken nicht an den Fluss Neiße, sondern an seine Heimatstadt Neisse mit Doppel-s). der, wie Matthias Buth zitiert, im Fremden ungewollt zuhaus’“ erkennen muss, dass „es eine international einige Ablehnung grundsätzlicher Störenfriede gibt“‘. Störenfriede sind Schriftsteller nun einmal „grundsätzlich“, sie sind es sich und den anderen schuldig. Deshalb sind Unbehaustheit und Gefährdung Grundmotive nicht nur dieses Buches. und die Bewunderung für die Stärke der Persönlichkeiten, die der Verfolgung und dem Exil beharrlich ein Lebenswerk abgetrotzt haben, hält sich die Waage mit der Bewunderung für eben dieses Werk. Es sind naturgemäß nicht die „großen“ Namen der deutschen Exilliteratur, die hier rühmend genannt werden, jene bedürfen des Ruhmes nicht. Es sind vielmehr die Vielen, die sich gerade keinen Namen hatten machen können und deshalb die Unbilden der Fremde umso schmerzlicher zu spüren bekamen. In der großen Mehrzahl waren das Männer, wenn man aber bei Bernadette Conrad liest, wie Marta Feuchtwanger ihre Frau gestanden hat, dann kann man den ironischen Titel ihrer Erinnerungen, „Nur ein Frau“, mutatis mutandis auf all die hier dargestellten Persönlichkeiten projizieren: Nur ein Autor“. Dabei wollten so viele so viel; dieses Buch ist eines der zerschlagenen Illusionen und Hoffnungen, aber auch besonderer politischer und menschlicher Hell- und Scharfsicht, wie sie nur aus herbsten Enttäuschungen erwachsen. Arthur Holitscher (vorgestellt von Peter Finkelgruen), der noch in den Zwanzigern im Auftrag von Samuel Fischer die Welt bereist, schreibt: “ Ich suchte in Russland eine Religion und fand eine Partei. Eine Partei aber, die allerdings eine große Idee, die größte vielleicht, die Menschen je gedacht haben, mit allen Mitteln der politischen Macht ... durchzusetzen bestrebt ist.“ Und das 1921! Noch heute würde Putin selbstgefällig grinsen. Uwe Friesel wiederum dokumentiert in Erinnerung an Klaus Mann nicht nur den Kasus „Mephisto“ sondern auch, dass Thomas Mann, „Der Zauberer“, erst spät einzusehen und einzugestehen vermochte, wie weit sein skandalisierender, Kokain schnupfender“ Sohn ihm in politischen und parapolitischen 85 Einsichten voraus war. Dankbar liest einer, der Arthur Koestler bislang sträflich zu lesen versäumt hat, das Porträt von Stefanie Golisch, die dessen intellektuelle Meisterleistung konturenscharf herausarbeitet: Die menschenverachtende Dummheit des Aufrechnens - wer war der schlimmere Morder: Hitler oder Stalin? - könnte ... nicht nur auf ideologische Verblendung zurückzuführen sein, sondern auch in der Unfähigkeit begründet liegen, in einem Konflikt nicht automatisch für einen der beiden Kontrahenten Partei zu ergreifen, um sich wenigstens irgendwo, und sei es an einem ebenso falschen, aber doch anderen Ort zu positionieren. Nicht das eine Unrecht gegen das andere auszuspielen - setzt eine reflektierende Geisteshaltung voraus, welche die meisten Menschen schlicht überfordert. Nicht so Arthur Koestler, der - vier Jahre vor 1968 - auf die Frage von Günter Gaus, weshalb ehemalige Parteigenossen, „intelligent, gebildet, den Absprung nicht fanden“, antwortet: Wenn man in der Geschäftswelt zu viel in ein Geschäft investiert hat, wissen Sie, dann kann man nicht mehr weg. Diese Menschen haben zu viel Seelisches von sich investiert. Sie konnten dieses Kapital, das sie hineingelegt haben, nicht mehr herausziehen.“ Nicht alle Beiträge sind allerdings frei von Selbstbespiegelung im Licht der eigentlich zu spiegelnder Persönlichkeit von Namensgeklingel und Beziehungsgepränge - übertriebener Selbstbezug ist bei „Autoren“ eben manchmal der Preis der Authentizität. Zudem steht Menschen mit solchem Erlebnishintergrund eine gehörigen Prise Nostalgie und Sentimentalität durchaus zu. Einschlägig und eindrücklich die „Briefe aus der Mitternacht“ von Walter Mehring, die Thomas B. Schumann zitiert: „Die ganze Heimat / Und das bisschen Vaterland / Die trägt der Emigrant / Von Mensch zu Mensch - von Ort zu Ort / An seinen Sohl‘n, in seinem Sacktuch mit sich fort“. Das Glanzstück einer Hommage liefert Christina Viragh mit ihrem Doppelporträt über Martin und Charlotte Beradt, dessen Titel für den Essay selbst gilt: „Plötzlich gut gesagte Sachen“. Seine helle Freude hat man an den Fundstücken, die Deborah Viätor-Engländer bei Friedrich Torberg ausgemacht hat. Und nicht nur an den Beispielen des von Hans Dieter Zimmermann vorgestellten „Anwalts für das freie Wort“ Rudolf Olden oder des PEN-Bewegers Fritz Beer, dessen Bildnis Uwe Westphal unter seinem Motto „Die Welt ist verlogen, aber doch schön“ skizziert, sondern auf jeder Seite dieses Buches ist zu erspüren, dass Schicksal, und sei es noch so schwer zu ertragen, durch das geschriebene Wort erträglich werden kann, zumindest für den, der es liest. Georg Aescht (KK) 86 Blätter, die gefallen sind A. Corbea-Hoisie, 1. Lihaciu, M. Winkler(Hg.): Zeitungsstadt Czernowitz. Studien zur Geschichte der deutschsprachigen Presse der Bukowina (1848- 1940). Bukowinastudien Rd. 11, Parthenon Verlag, Kaiserslautem 2014, 264 S. 29,80 Euro. Dies ist das neue Standardwerk zum deutschsprachigen Pressewesen in Czernowitz. Der von ausgewiesenen Bukowinaexperten herausgegebene Band stellt das einzigartige Phänomen einer mitteleuropäisch geprägten Presselandschaft vor. Mehr als 300 deutschsprachige Periodika sind zwischen 1848 und 1940 in Czernowitz erschienen. Diese Zahl und die thematische Vielfalt der Zeitungen und Zeitschriften belegen, dass der Presse an Funktion zufiel und sie aus heutiger Sicht ein wesentliches Instrument zur Rekonstruktion dieser Kulturlandschaft ist. Die Presse fungierte als wichtigstes Kommunikationsmedium im öffentlichen Raum und förderte die politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Modernisierungsprozesse. (KK) Selbst Hochmeister werden verbogen Udo Arnold (Hrsg.): Die Hochmeister des Deutschen Ordens 1190-2012. Veröffentlichungen der Internationalen Historischen Kommission zur Erforschung des Deutschen Ordens, Bd. 6, VDG Verlag und Datenbank für Geisteswissenschaften, Weimar 2014, 3 77 S., 48 Euro Zum 70. Geburtstag des Hochmeisters des Deutschen Ordens, Generalabt P. Dr. Bruno Platter, Wien, am 21. März 2014 erschien die überarbeitete und aktualisierte Neuauflage mit den Lebensläufen der nun 65 Hochmeister des Ordens der Brüder und Schwestern vom Deutschen Haus Sankt Mariens in Jerusalem. Der Verlag gestaltete einen ansehnlichen, mit vielen Farbbildern versehenen Sand, der nicht nur ein notwendiges Nachschlagewerk, sondern auch eine bibliophile Kostbarkeit ist. Eine russische Übersetzung erschien zeitgleich in Moskau. Vier Seiten - verfassen von dem renommierten Deutschordenshistoriker Professor Udo Arnold - mit entsprechenden deutschen und polnischen Literaturhinweisen gelten dem vierten Hochmeister Hermann von Salza (1+209-1239), einem Mann, der nach seinen eigenen Worten ,die Ehre der Kirche und des Reiches liebt und nach beider Erhöhung strebt“. Unter ihm wurde der Ansatz in Preußen tragend und führte zu einem eigenen Staat’, der fast dreihundert Jahre Bestand hatte. Hermann, so Arnold, wurde zu einem deutlichen Beispiel einer gegenwartsbedingten Verbiegung historischer Traditionen“. So wurde z. B. im ermländischen Braunsberg unter den Nazis mit Blick auf die Eroberung des Ostens aus dem Gymnasium Hosianum die „Hermann-von-Salza-Schule“. 87 Die Biographien der Hochmeister bis zu Albrecht von Brandenburg berichten vom Wachsen, Wirken und Untergang des Deutschordensstaates.Wichtig sind auch die Lebensläufe der seit 1923 klerikalen sudetendeutschen Hochmeister Norbert Klein, Paul Heider, Robert Schälzky und Ildefons Pauler. Ermöglicht haben die Herausgabe dieses wertvollen Buches die Geburtstagsgratulanten. In der dem Buch vorangestellten Tabula Gratulatoria“ finden sich unter den etwa 300 Namen auch die des Ehrenritters des Ordens, Kardinal Meisner, des Familiaren Dr. Wolfgang Thüne und des ermländischen Visitators ein Dr. Lothar Schlegel. Norbert Matern (KK) Der Duft in der Sonne getrockneter Wäsche Karin Gündisch: George oder Vom aufrechten Gang des Menschen. Schiller Verlag, Bonnl Hermannstadt 2013, 9,70 Euro Eine Kindheit sollte glücklich sein, möchte man annehmen, und so war wohl auch die Kindheit des Protagonisten George in Karin Gündischs neuem Jugendbuch, wenn auch mit einigen Hindernissen. Denn der aufgeweckte Teerlager muss sich nicht nur mit aufkommenden Liebessorgen herumschlagen, sondern auch mit einem boshaften Lehrer. Dieser - als „Stopfen“ verhohnepiepelte - Schuldirektor und gleichzeitig Geschichtslehrer notiert penibel und schadenfroh die Vergehen seiner Schutzbefohlenen in einem ominösen gelben Heft und seine bevorzugte Erziehungsmethode besteht darin, die Jungs beim kleinsten Widerstand zum Friseur zu schicken, wo sie kahlgeschoren werden. Es ist ein Malheur, das unserem Helden George gleich im ersten Kapitel widerfährt. Eine Wollmütze hilft ihm anderntags leidlich darüber hinweg, und so kann ihn sein Missgeschick nicht davon abhalten, die reizende und nach im Wind getrockneter Wäsche duftende Anitza zum Geburtstag zu küssen. Unaufgeregt berichtet Karin Gündisch von dieser scheinbar normalen Kindheit in einem siebenbürgischen Dort, und sie ist trotz der CeausescuZeit in der sie spielt, eben scheinbar normal von den Widrigkeiten und dem Aberwitz erfährt man nur am Rande. So fügen sich die wiederholten Versuche des Nachbarn Iancu, mit Georges Mutter ins Geschäft zu kommen, scheinbar nahtlos in das vermeintlich unverfängliche Gesamtbild ein, obwohl die Geschäftsideen abenteuerlich daherkommen und von einer Champignon- bis zu einer Biberzucht reichte. Die Mutter lässt sich auch immer wieder begeistern, um dann aber doch lieber eine Stelle in der Küche 88 des neuen Kindergartens anzustreben. George hingegen muss sich mit der glänzenden Aussicht“ auseinandersetzen, eine Militärschule zu besuchen, um Karriere zu machen. Auch er will aber lieber bei seinen Liebsten bleiben. Sonst passiert nicht gerade viel Spannerides in diesem Buch, abgesehen davon, dass mal ein Fahrrad geklaut wird oder Anitza Kirschen dargebracht werden. War es eine Bleierne Zeit? Nein, es war vielmehr die Zeit, um auszuziehen und die Welt zu erobern. Und im Mittelpunkt dieser Welt stand Anitza.’Und so wird ganz behutsam über diese aufkeimende Liebe erzählt, vorsichtig, aber auch souverän. Ganz nebenbei scheint sich auch Georges Charakter dabei in dieser Geschichte zu formen, bis es zum finalen Showdown kommt, der an dieser Stelle nicht verraten werden soll. Karin Gündisch gelingt ein besonnenes und zuweilen humorvolles Jugendbuch über eine verflossene historische Epoche, in der man eigentlich nicht viel zu lachen hatte. Aber auch damals gab es eben Kinder und Jugendliche und letztendlich auch aufkeimende Liebe. Ihr Held George jedenfalls mag nachdem Ausgang dieser Geschichte für künftige Abenteuer ganz gut gerüstet sein. Edith Ottschofski (KK) Märchenhaft, trostlos Loia Lafon: Die kleine Kommunistin, die niemals lächelte. Aus dem Französischen von Eisbeth Ranke. Piper, München 2014, 288 Seiten, 19,99 Euro 17. Juli 1976 erturnte sie als Vierzehnjährige bei den Olympischen Spielen in Montreal (Kanada) erstmals in der Geschichte des Kunstturnens am Stufenbarren die Note 10.00. Diese wurde mit 1.00 angezeigt, weil die Höchstnote als unerreichbar galt und die Anzeigetafel demnach nicht dafür programmiert war. Als das spätabends im rumänischen Fernsehen übertragen wurde, saß ich ganz vorn mit anderen Kindern auf dem Betonboden einer Lkw-Halle. In dieser hatte jemand einen Fernseher damaligen Stands der Technik hingestellt, und vor dem Gerät drängelten sich vielleicht 200 Menschen aus dem Großsanktnikolauser Wohnblockviertel RepubliciiStraße meiner Kindheit. Rumänen, Ungarn, Serben, Bulgaren, Deutsche bei der 1.00 waren sie kollektiv aus dem Häuschen. Es war wohl das erste Public Viewing meines Lebens, viele Jahre bevor der Begriff Eingang ins Neudeutsche fand! Kein Wunder also, dass ich höchst gespannt war auf den ersten NadiaComaneci-Roman. „Die kleine Kommunistin, die niemals lächelte“ heißt das Buch der französischen Schriftstellerin Lola Lafon (geboren 1975), das es im Frühjahr in Frankreich zu einem auch von der Kritik gefeierten Bestseller 89 schaffte und jetzt in deutscher Übersetzung vorliegt. Nun habe ich keinen weichgespülten Blick zurück erwartet und auch kein wie auch immer geartetes literarisches Denkmal für ein Mädchen, das um den Preis seiner Kindheit Sportgeschichte geschrieben hat Aber nachdem ich das Buch durch hatte, war ich ratlos. Die Bezeichnung Romari erscheint mir als eine Schutzbehauptung. Lola Lafon bietet zwar immer wieder verblüffende Wortgymnastik an, kann sich aber nicht entscheiden: zwischen Fiktion und Tatsachenbericht; zwischen teilweise feministisch eingefärbter Kommunismus- und Protagonisten, neben Nadia Comaneci vor allem ihres Trainers Bela Karolyi und ihrer Mutter Stefania: zwischen Mitgefühl und Zynismus angesichts der Zustände im Rumänien der 70er und 80er Jahre, wobei sie da in Beschreibung und Interpretation zwar nicht sonderlich überrascht, aber noch am stärksten, ja so nachvollziehbar ist, dass es mir stellenweise unter die Haut ging. Der Essay setzt mit dem legendären Moment der Eins Komma Null Null von Montreal ein. Lola Lafon geht dann zurück ins Jahr 1969, als Nadia Comaneci von Bala Karolyi zufällig entdeckt wird. Um dann zu beschreiben, wie ein Mädchen zur Weltspitzensportlerin getrimmt wird, um als gewöhnliche Frau zu enden, für die die Flucht in die Freiheit am 28. November 1989 über die rumänisch-ungarische Grenze bei Großsanktnikolaus zunächst den Absturz bedeutet. „Biomechanik einer kommunistischen Fee“ heißt eines der Kapitel, die die Schinderei hinter dem Medaillenglanz beleuchten- Und daran erinnern, dass die einstmaligen Bruderstaaten ganz und gar nicht brüderlich miteinander umsprangen, wenn es um das Olympiagold ihrer Mädchen ging. Nadia Comaneci ist heute 52 Jahre alt. Sie hat den ehemaligen amerikanischen Kunstturner Bart Conner geheiratet und lebt im US-Bundesstaat Oklahoma. Und weil ich sie ganz anders in Erinnerung habe, rief ich bei Youtube einige der Filme von 1976 auf. Die kleine - von mir aus - „Kommunistin“ lächelte sehr wohl. wie jedes Kind. Marius Koity (KK) „Ich sah Leichen, die angezündet wurden“ 16 Jahre war Magda Hollander, als Lagerarzt Josef Mengele entschied, dass sie noch leben darf. Die Zeitzeugin erinnert sich an die Hölle von Auschwitz, den unerträglichen Gestank von verbranntem Fleisch. Sie warnt: Wenn man den Holocaust leugnet, „kann so etwas wieder passieren“. 90 „Ich träume nicht mehr von Auschwitz. Das habe ich lange getan, doch die Zeiten sind vorbei. Ich sehe mich nicht als Opfer, sondern als Zeugin des Holocaust, die dafür kämpft, dass so etwas späteren Generationen nicht mehr passiert. Darum erzähle ich von meinen Erinnerungen, die ich viele Jahre verdrängt hatte. Drei Tage dauerte die Fahrt im Viehwaggon von Ungarn nach Auschwitz. Als wir ankamen, an einem kalten und nebligen Morgen, wurden wir getrennt. Wie ich später erfuhr, war es der berüchtigte Doktor Josef Mengele, der uns selektierte. Er hielt mich für 18 und arbeitsfähig. Ich sollte nach rechts gehen. Mutter und Schwester mussten nach links gehen. Sie wurden sofort ermordet. Ich habe schon vom ersten Tag an gewusst, was in Auschwitz passiert. Nach einer entwürdigenden Prozedur der Desinfektion kam ich ins Quarantänelager. Doch wo waren Mutter und Schwester? Die Lagerälteste zeigte auf die rauchenden Kamine des Krematoriums und sagte: „Da sind sie schon drin“. Magda und die anderen weiblichen Häftlinge sind roher Gewalt ausgesetzt. Die Blockälteste Edwige malträtiert besonders gerne ältere Frauen mit ihrer Peitsche und schreit.- „Krepiert endlich... ihr unnützen Esser... Mitleid ist ein Verbrechen. Magda Hollander wird viele Jahre brauchen, um ihren Hass auf Edwige zu überwinden. „Ich musste in AuschwitzBirkenau bleiben und arbeiten. Manchmal befahlen die Nazis, dass wir Steine von einer Seite auf die andere räumen sollten - total sinnlos. Leichen mussten wir einsammeln und deren Asche umherkarren und in einem Teich versenken. Ich sah Leichen, die angezündet wurden. Der Gestank von verbranntem Fleisch war unerträglich. Wir wurden gedemütigt und mit Peitschen geschlagen. Die Nazis haben mit uns gemacht, was ihnen in den Sinn kam. Ziel war, dass wir schnellstmöglich draufgingen. Das übersteigt jegliche Vorstellungskraft. Wir waren bereit zu sterben. Ich hatte akzeptiert, dass es so sein sollte. Der Tod war Realität, genau wie der Hass und die Angst. Wir waren hungrig, und man gab uns nichts zu essen, einmal wäre ich fast verdurstet. Wenn man Hunger oder Durst hat, ist man zu Dingen fähig, die man vorher nicht für möglich gehalten hätte. Man muss sich die Frage heute einmal stellen: Wie hätte ich mich unter solchen Bedingungen verhalten? Was hätte ich wohl gemacht? Im Lager gab es aber wichtige Momente, wie beispielsweise Sonntagnachmittage, die einzigen Stunden, in denen wir nicht arbeiten mussten. Wir haben unseren Geist fit gehalten, haben uns Gedichte vorgetragen, bis wir vergessen haben, wo wir waren. Wir fühlten uns in einem anderen Universum. Durch die Poesie und die Musik trugen wir die Hoffnung immer weiter in unseren Herzen. Wir gaben unser Brot für ein Stück Papier, einen Bleistift, um Spuren zu hinterlassen, und um andere vor diesem Horror zu bewahren.“ 91 An einem sonnigen Sommertag erlaubt die SS Hochkultur. Eine Holzbühne wird an der Hauptlagerstraße errichtet. Kahlgeschorene Häftlinge spielen Johannes Brahms, sein Violinkonzert in D-Dur op. 77. Magda ist hin- und hergerissen. In den Häftlingen lacht und weint es. Doch die Sonne brennt herab auf die erschöpften Gefangenen. Wer nach dem Konzert noch die Kraft hat, rettet sich in die Baracken. Um die Zurückgebliebenen „kümmern“ sich die SS-Schergen und ihre Hunde. „Während die Nazis uns wie den letzten Dreck behandelten, gab es unter uns Gefangenen eine gewisse Solidarität. Das hilft mir heute, an den Funken Menschlichkeit zu appellieren, der jedem von uns innewohnt. Mir ist bewusst, dass man sich das Geschehen in Auschwitz heute nur noch schwer vorstellen kann. Doch es ist wirklich passiert, und jetzt kommt das Wichtige: Wenn wir diese Realität leugnen, kann so etwas wieder passieren. Wir müssen wachsam bleiben. Auch heute wütet Fanatismus in der ganzen Welt. Was all diese Konflikte gemeinsam haben, ist das unverhältnismäßige Vertrauen der Fanatiker in die Macht ihrer Überlegenheit. In Deutschland befasst man sich mehr mit der Aufarbeitung des Holocaust als in anderen Ländern, auch mehr als in Frankreich. Wenn mich junge Leute fragen, ob ich die Deutschen hasse, lautet meine Antwort. Es gibt einen großen Unterschied zwischen den Deutschen und den Nazis. Nicht alle Deutschen waren Nazis, genauso wenig wie alle Franzosen kollaboriert haben.“ Im August 1944 machen unter den Häftlingen Gerüchte die Runde, dass die SS sie demnächst ermorden will. Bei einem Appell wechselt sie unbemerkt die Reihe und gerät so in eine Gruppe von Frauen, die in die Nähe von Frankfurt am Main geschafft werden. In den nächsten Monaten wird Magda in verschiedenen KZ-Arbeitskommandos unterschiedliche Schwerarbeit leisten müssen, unter anderem fertigt sie Teile für den Düsenjäger Me 262 an. Im April 1945 wird sie mit Leidensgenossinnen auf einen der berüchtigten „Todesmärsche“ geschickt. Magda flüchtet mit einigen anderen Frauen in den Wald und versteckt sich. Einige Tage später sehen sie einen amerikanischen Panzer - der Krieg ist für sie zu Ende. „Manchmal fragt man mich auch: „Magda, was würdest du tun, wenn du heute einem Alt-Nazi begegnen würdest?“ Und ich muss ihnen sagen: Ich weiß es nicht. Ich weiß es nicht, weil ich noch keinem begegnet bin. Doch ich würde mir wünschen, mich respektvoll verhalten zu können. Einige meiner Enkelkinder lernen die deutsche Sprache in der Schule. Ich finde das wunderbar. Ich habe mich mit Deutschland versöhnt. Es ist wichtig, dass Deutschland und Europa Ausländer aufnehmen und willkommen heißen. Deutschland - und Europa - wird an seiner Einstellung Fremden gegenüber gemessen.“ 92 Nach dem Krieg lebt Magda zunächst in Belgien, lernt dort Französisch und lasst sich zur Kindererzieherin ausbilden. Sie lässt sich christlich taufen, aber fühlt sich nach wie vor als Jüdin. Wenige Jahre später zieht sie um nach Frankreich. Heute lebt sie in der Normandie. „Ich fühle mich in Frankreich sehr sicher. Aber ich gebe zu, dass mir manches irgendwie bekannt vorkommt... wenn Menschen in einem Geschäft getötet werden, nur weil sie Juden sind. Oder Muslime. Das Gedenken und die Solidarität können die Menschheit retten. In jedem von uns wohnt das Gute und das Böse. Es ist an uns, Tag für Tag zu entscheiden: Will ich gut sein oder böse? Zu vergeben bedeutet für mich, die eigene Einstellung sich und anderen gegenüber zu überdenken. Es bleibt nun Ihnen überlassen, gemeinsam echte und ehrliche Verbindungen - frei von Angst - zu knüpfen, die Hoffnung auf Menschlichkeit in unserer heutigen Welt versprechen. Sie selbst sind Wegbereiter ihrer Zukunft - es liegt in Ihrer Verantwortung.“ Magda Hollander Lafon ist die einzige Überlebende ihrer Familie. Die Deutschen und ihre ungarischen Helfer deportierten 437.402 jüdische Ungarn in die Konzentrationslager, wie ein SS-Offizier vermerkte. Ein Großteil von ihnen wurden sofort nach ihrer Ankunft in Auschwitz vergast. (dpa) LEKTÜRE FÜR KINDER Die Geschichte vom Mann, der alles gut vorbereitet Jetzt erzähle ich eine Geschichte, aus der man richtig was lernen kann. Es ist die Geschichte von Herrn Schubach, und sie geht so: Herr Schubach wollte wandern gehen. Am frühen Morgen, er war gerade aufgestanden und hatte noch seinen Schlafanzug an, sah er aus dem Fenster. Draußen schneite es. “Aha“, sagte Herr Schubach. „Es schneit.“ Er überlegte, und er sagte sich: „Darin mache ich eben eine Skiwandertung Herr Schubach dachte darüber nach, was man braucht für eine Skiwanderung-. „Ich darf nichts vergessen“, sagte Herr Schubach. Er war männlich ein Mann, der alles gut vorbereitete. Er wollte keine unangenehmen Überraschungen erleben. Zunächst braucht man Skier, dachte Herr Schubach. Dazu braucht man Skistöcke und Skischuhe. Man braucht Wachs, um die Skier zu wachsen, denn dann gleiten sie schneller. Wenn man aber zu schnell fährt, könnte man stürzen und sich verletzen. Man braucht Pflaster und Verbandsstoff. Es könnte auch sein, dass man sich verletzt mitten im Wald, und das nächste Dorf ist weit entfernt. Deshalb braucht man Vorräte, etwas zu Essen und 93 eine Flasche Wasser. Herr Schubach schrieb alles auf einen Zettel. Beim Sturz könnte die Flasche beschädigt werden, dachte Herr Schubach. Deshalb braucht man eine gepolsterte Tasche. Es könnte auch sein, dass man dringend Hilfe bekommen muss und das Handy funktioniert nicht, man benötigt Kleingeld für die Telefonzelle - nein, besser ein Funkgerät, denn im Wald gibt es keine Telefonzellen. Es könnte auch sein, dass es so neblig ist, dass man von den Krankenwagenfahrern nicht gesehen wird. Man braucht eine Pistole, mit der man Leuchtkugeln in den Himmel schießen kann. Herr Schubach schrieb es auf. Es könnte, auch sein, dass man sich verirrt, dachte er dann. Man braucht Landkarten und einen Kompass. Man könnte sich sehr verirren und dann einen Unfall haben in einem fremden Land, wo die Leute eine andere Sprache sprechen. Man braucht Wörterbücher, damit man erklären kann, dass man Hilfe braucht. Das alles schrieb Herr Schubach auf. Dann packte er ein. Er brauchte nichts zu kaufen, denn er war immer gut vorbereitet. Er hatte alles im Haus: Skier, Skistöcke, Skischuhe, Wachs, Pflaster, Verbandsstoff, Essen, eine Flasche Wasser, eine gepolsterte Flasche, ein Handy Kleingeld, ein Funkgerät, eine Leuchtpistole, Landkarten, einen Kompass und Wörterbücher. 94 Es war schon Mittag, als Herr Schubach endlich loswanderte. Er ging zwei Stunden lang. Es war anstrengend, denn er hatte erstens viel Gepäck, und er musste zweitens die Skier auf den Schultern tragen, weil nicht genug Schnee auf den Wegen lag. Gestürzt ist Herr Schubach nicht, einen Unfall hatte er keinen. Aber leider hatte nicht auf dem Zettel gestanden, was man anziehen muss. Herr Schubach war im Schlafanzug losgegangen. „Zu dumm“, sagte Herr Schubach. „Daran habe ich nicht gedacht.“ Als er nach zwei Stunden wieder zu Hause war, hustete er fürchterlich. Er hatte eine schlimme Erkältung und musste eine Woche im Bett liegen. Was kann man aus dieser Geschichte lernen? Erstens, dass man sich warm anziehen soll, wenn man raus geht und es draußen kalt ist. Und zweitens kann man vielleicht noch mehr daraus lernen, aber alles will ich nicht verraten. Martin Ebbertz Und keiner weiß warum Berichte über die Deportation nach Rußland 1945 H. Berner & Prof. Dr. Doru Rdosav Seid nicht traurig! Ihr seid die Opfer des Krieges. Es war am frühen Morgen des 3. Januar 1945. War gerade beim Frühstück vorbereiten, als der „Glarichter“ (Kleinrichter) kam und mich zu einer Sitzung in die Schule rief. Nach und nach versammelten sich etwa 103 Personen. Unseren Angehörigen teilte man nur knapp mit, dass sie uns Kleider und Lebensmittel bringen sollen, da wir für 15 Tage zur Zwangsarbeit müssten - weiß nicht mehr wohin. Am 4. Januar nachmittags mussten wir uns zu viert in Reihen aufstellen. Im Nu erfuhr es das ganze Dorf, dass wir nun weg müssten. Eltern und Geschwister aus der „Ussre- Gasse“ rannten zu uns zur Schule, begleiteten uns an der Kirche vorbei. Wir begannen zu beten. Auf beiden Seiten der „Unter-Gasse“ standen die Menschen, schrien und weinten. Wir weinten fast alle, da wir ahnten, daß wir wohl für längere Zeit Abschied nehmen müssen von unseren Eltern, Kindern, unserem Heimatdorf. Wir durften mit unseren Angehörigen nicht mehr sprechen. Die russischen Soldaten warnten uns, aus der Reihe zu treten oder Pakete entgegenzunehmen. Sie würden alle erschießen, die sich nicht daran halten. Mit schussbereiten Gewehren in der Hand begleiteten uns links und rechts je sechs Soldaten bis zur Schule in Schandern. Hier übernachteten wir. Am 4. Januar gingen wir dann wieder zu Fuß weiter bis Erdeed. Dort warteten wir in der Schule, bis die anderen Landsleute aus Schandern und Sagas anka95 men. Als diese eintrafen, mussten wir weiter Richtung Sathmar. In Madratz, am Ende des Dorfes, rechts, durften wir ausruhen. Diesen Platz sehe ich heute noch vor mir, und so oft ich durch Madratz fahre, sehe ich die lange weinende Menschenkolonne vor mir, die schreienden und flehenden Angehörigen am Straßenrand. In Sathmar wurden wir in der Rakosi-Schule untergebracht. Bereits am nächsten Tag bekamen einige von uns Läuse. Fast jeden Tag mussten wir zum Appell antreten. Am 14. Januar 1945 mussten wir auf den Hof hinunter. Es hieß, wir würden bald einwaggoniert werden. Da kam Bischof Scheffler zu uns und hielt für uns einen Gottesdienst ab. In seiner Predigt sagte er: „Seid nicht traurig, meine Gläubigen! Ihr seid die Opfer des Krieges. Ich begleite euch -“. Danach traten wir die Reise nach Russland an. In Jassy angekommen, sagte man uns, wir könnten in den russischen Zug nach Dörfern, Verwandtschaft, Mädchen und Buben geordnet umsteigen. So kamen wir Mädchen aus Sukunden, Schandern und Sagas in einen Wagen des langen, langen Lastzuges, in dessen Mitte ein Loch war, wo wir unsere Notdurft verrichten konnten-. Man gab uns Fischkonserven, ungenießbare Am 2. Februar kamen wir dann in Krivoi Rog (Ukraine) im Lager Woroschilow an. Am 7. Februar wurden Liesl Steinbinder, Hamon Potji und ich zu einer Kolchose transportiert. Dort mussten wir auf einem riesengroßen Feld Maisstiffel sammeln. Es war ein sehr harter, kalter Winter, mit viel Schnee. Im ersten Jahr bekamen wir nur zweimal am Tag Essen. Wir hungerten. Unsere Augen suchten ständig nach Essbarem. Auf dem Weg zur Arbeit, wenn wir einer Frau mit Brot begegnet sind, liefen wir aus den Reihen und bettelten um ein Stückchen Brot: „Damne kusotska hleba“. Kraftlos und ermattet mussten wir Kälte und Hunger trotzen, viel und schwer arbeiten. Heute noch graust es mich, wenn ich daran zurückdenke. Im Sommer 1946 wurde ich einer Kolchose in Konjidvor zugeteilt. Hier waren viele Pferde untergebracht. Täglich spannten wir diese vor den Hackpflug und zogen den ganzen Tag die Kartoffel-, Mais- und Sonnenblumenfelder durch. Mit zwei Stecken trugen wir Heu zu Schobern zusammen, soviel wir tragen konnten. Kaum waren wir mit dem Heuen fertig, war das Gras schon wieder kniehoch -. Die Schober wurden von den Mädchen gemacht, aber auch die Heustöcke. Maria Merk-Pfefferkorn, Maria und Katharina Berei (Hölzli) arbeiteten mit russischen Frauen zusammen. Wir verstanden uns sehr gut mit diesen Mädchen. Wir teilten, was wir hatten. Im Juli ging es uns schon besser. Als der Weizen noch halbreif war, rissen wir einige Ähren ab, zerrieben sie in der Hand und waren glücklich, eine Handvoll Weizen natürlich versteckt - in den Mund stecken zu können. Von unseren Eltern lernten wir, dass man nicht stehlen soll. Doch hier, wo wir Hunger litten, vergaßen wir dies. Im Spätsommer und Herbst stahlen wir Kartoffeln und 96 Zwiebeln, steckten sie unter unseren Rock, so vorne hin an den Bauch, denn da suchte man nicht danach. Abends, wenn der Natschalnik fort war, stellten wir zwei Ziegelsteine auf, machten Feuer, und in einer leeren Konservenbüchse kochten wir Salzkartoffeln. Das war immer ein Festessen! Nur gegen die Läuse und Krätze kamen wir nicht an. Täglich hatten wir damit zu kämpfen. Wir schliefen im Stall auf der Streue und hatten keine Möglichkeit uns zu waschen, keine Seife und kein Wasser. Nur sonntags durften wir zum Fluß hinunter, um uns und unsere Kleider zu waschen. Im Winter arbeitete ich dann im Schachta Kommunar, beim Quarzet, im Bunker. Da bekamen wir schon dreimal Essen. Nachts konnten wir aber nicht schlafen. Die übereinandergestellten Pritschen waren hart, außer einem Polster hatte ich nur eine einfache Decke zum Zudecken. Legte mich oft mit nassen Kleidern ins Bett, fror die ganze Nacht. Zog ich die Kleider aus, so fror ich noch mehr und am Morgen waren diese meistens steifgefroren. Obwohl wir müde waren, mussten wir abends zum Tanzen gehen. Die nicht gehen wollten, die hat man gezwungen. Der Herr Schreiber spielte auf seiner Harmonika sehr schöne deutsche Lieder. Das Lager mussten wir selbst aufbauen. Es war das Lager Smicieki Nr. 1704 bei Krivoi Rog. Die Männer wurden getrennt untergebracht. Wir Frauen waren nun in Sicherheit und vor Vergewaltigungen geschützt. Jeden Monat mussten wir zur ärztlichen Untersuchung. Auch wenn wir noch so krank waren, mussten wir zur Arbeit. Von zu Hause hatte ich noch immer keine Nachricht. Jeden Tag betete und hoffte ich, etwas von meinen Eltern zu erfahren. Ich schrieb einen Brief. Ich schrieb rumänisch, deutsch und ungarisch: Liebe Eltern und Geschwister. Wir sind glücklich angekommen im schönen Russland. Es geht uns gut. Das Essen schmeckt uns sehr gut. Wir arbeiten und abends gehen wir ins Kulturhaus tanzen. Schreibt etwas von zu Hause. Grüße an alle von Eurer Tochter Franziska. Dies war vor Weihnachten 1946. Im März 1947, beim Appell auf dem Hof, hörte ich überraschend auch meinen Namen aufrufen. Ich war so überrascht, daß ich mich nicht gleich gemeldet habe. Da bekam ich einen Brief von daheim. Habe viele Briefe geschrieben, wenige kamen an. Wir beteten viel und hielten auch Heilige Messen ab, aber ohne Pfarrer. P. Hamon übernahm die Priesterrolle, wir sangen und beteten mit Gottvertrauen. 1947 arbeitete ich in Ingulez. Hier war ein großer Gemüsegarten. Jeden Tag sollte ich dort mit der Sense mähen. „No stari mesto“, sagte der Natschalnik, und ich mähte jeden Tag Gras am alten Platz, am Ufer, dann Weizen an den Stellen, wo der Mähdrescher nicht hinkam. Bald brach eine Krankheit aus. Ich brach auch zusammen. Man brachte mich ins Krankenhaus. Hier lag ich längere Zeit bewusstlos da. Wie es dazu kam 97 und was ich hatte, weiß ich nicht, denn niemand konnte mir erzählen, was passiert war. Vom Krankenhaus hat man mich ins Lager zurückgeschleppt. War sehr geschwächt, abgemagert. Im Fieber sah ich immer ein Stückchen Brot, eine Scheibe vom Brotlaib meiner Mutter. Als es mir besser ging, schnitt ich, wie viele andere, grünes Gras und „Purket“ in warmes Wasser und kochte mir eine Suppe, um satt zu werden. In der Bretterfabrik arbeitete ich mit Liesl zusammen. Weil wir beide gleich groß waren, mussten wir Bretter tragen, 5 Stück, auf unseren Schultern. Wir mussten einen weiten, langen Weg zurücklegen. Wenn wir vor Schwäche nicht mehr konnten, eine Pause einlegten, dann konnten wir die Bretter 281 nicht mehr auf unsere Schultern heben. Mal brach die eine, mal die andere beim Hochheben der Bretter zusammen. Sie waren für uns zu schwer. Als wir um Hilfe baten und uns beschwerten, erhielten wir Rippenstöße, wurden geschubst und zur Strafe mussten wir statt 5 nun 10 Bretter tragen. Sie schimpften uns „Bleady Wengersky“. Erinnere mich, dass wir 1946, am 2. Juli, da wurde zuhause die Kirchweih gefeiert, die P. Hamon baten, den Stallschlüssel mitzubringen. Sie arbeitete im Stall, bei den Kälbern. Hier gab es „Pogatsche“, aus Sonnenblumenkernen gepresst. Wir stahlen einige und weichten sie in Wasser ein. Das war ein herrliches Mittagessen. Vergesse ich nie, da wir uns damals endlich einmal satt essen konnten. Am 2. Juli 1947, gerade am Tag unserer Kirchweih, sagte man uns, wir sollten unsere Sachen zusammenpacken. Zunächst versammelten wir uns auf dem Lagerhof. Es dauerte fast den ganzen Tag, da alle nach dem Alphabet vorgelesen wurden und vortreten mussten. Endlich hörte ich beim Buchstaben S auch meinen Namen. Ich konnte es nicht glauben. Ich darf nach Hause! Die Angst, dass sich das Lagertor schließt und ich noch bleiben muss, wich. In Kolonne und in Begleitung vieler, die noch bleiben mussten, verließen wir endlich das mit dreifachem Stacheldrahtzaun umgebene Lager Richtung Bahnhof. Die die zurückbleiben mussten, weinten sehr beim Abschied, baten uns händeringend, ihre Verwandten zu besuchen und Grüße zu bestellen. Man brachte uns nach Sighet. Hier fragte man uns, ob wir ins Lager wollten. Niemand meldete sich. Wir bekamen Angst, als wir das Wort Lager hörten. Müssen wir denn wieder in ein Arbeitslager? Wir sträubten uns und beschlossen, auf dem Bahnhof zu schlafen. Schließlich, nach einigem Zureden, willigten wir ein, ins Lager zu gehen, wohin man uns mit Lkw’s fuhr. Im Lager Sighet waren sehr viele Soldaten. Wir, 42 Frauen und Mädchen, wurden in zwei Zimmern untergebracht. Was soll nun mit uns geschehen? Der nächste Transport kam an und fuhr nach kurzem Aufenthalt weiter. So ging es jeden Tag und wir waren verzweifelt. Warum dürfen wir 98 nicht heim? Unsere Eltern erfuhren, daß wir in Sighet sind und brachten uns Nahrungsmittel und Kleider. Anfangs durften wir mit ihnen zwar sprechen, aber die Pakete durften wir nicht annehmen. Unsere Eltern wurden weggejagt. Da täglich immer mehr ankamen, entschloss sich die Lagerleitung, die Paketübernahme zu genehmigen. Wir verteilten die Lebensmittel auch an jene die keinen Besuch erhielten. Wir hatten unsere Not nicht vergessen, nicht unser gemeinsames Schicksal. Obwohl das Essen in Sighet sehr gut war, konnten wir uns nicht satt essen. Am 13. September wurden die Männer einwaggoniert und Richtung Focsani gefahren, wo sie freigelassen worden sind. Wir, Frauen und Mädchen, durften dann am 14. September heimfahren. In Erdeed begegneten wir schon vielen Bekannten. Wir eilten uns heimwärts. Nur noch 11 Kilometer bis nach Hause! Wir gingen schneller, hatten das Gefühl fliegen zu müssen! Am Hang der Grindäcker blieben wir über- Rußlandlied Tief in Rußland bei Stalino ist ein Lager stets bewacht Drinnen leben junge Menschen, die man aus Rumänien bracht'. Wenn sie dann von ihnen sprechen und von jenem großen Glück, ihre Herzen beinah' brechen, sehnen sich nach ihr zurück. Und die Herzen dieser Menschen schlagen traurig, ernst und schwer, möchten wieder in die Heimat, sehnen sich nach ihr so sehr. Und die Lieben in der Heimat sind nun lange schon allein. Kinder haben keinen Vater und nun auch kein Mütterlein. Für sie gibt es nur noch Arbeit, oft im kalten, eisigen Wind. Müssen so viel Leid ertragen, Weil sie eben Deutsche sind. Wenn die Kinder weinend fragen: Wo sind unsre Eltern hin? Wird man ihnen traurig sagen: Mußten all’ nach Rußland zieh'n! Kennen nur noch Müh’n und Plagen, niemals eine Herzensfreud. Tragen Not und Sorgen schweigend und ihr bitt’res schweres Leid. So vergingen Tage, Nächte, Monat und auch ein paar Jahr’ und in fernem fremdem Lande färbte sich mein braunes Haar. Die Gedanken aber eilen nach der Heimat immerdar, wo sie ihre Lieben haben, wo es schön und herrlich war. Sollt’ ich hier in Rußland sterben, sollt' ich hier begraben sein, grüßt mir noch einmal die Heimat und die Lieben all daheim! (Dieses Lied wurde in den meisten Lagern in Rußland und nach der Heimkehr der Verschleppten in fast allen Dörfern des Sathmarlandes gesungen.) 99 rascht stehen. Alle Sukunder kamen uns in einer Prozession mit dem Kreuz und den Kirchenfahnen entgegen. Beeindruckt und überwältigt von unseren Gefühlen begannen wir zu weinen, manche liefen der Prozession entgegen, andere blieben fast hilflos zurück. Auf der Wiese, bei der Espenallee, trafen wir aufeinander. Umarmen, weinen, umarmen - dann Dankgebete. Betend und singend gingen wir in die Kirche, alle. Hier konnten wir allen begegnen, Gott danken. Unsere Freude an diesem Abend ist unbeschreiblich und unvergesslich. Nachempfinden kann dies nur, wer verschleppt war. Gott behüte und bewahre alle Menschen vor so einem Leid! Zeitzeugin: Franziska Pfefferkorn, geb. Steinbinder, Sukunden F AMILIENNACHRICHTEN Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag Im Januar und Februar 2015 feierten ihren Geburtstag 94. Anna Schmied, Otterfing; 92. Anton Lini sen., Günzburg; 91. Veronika Bitschi, Biberach a. R.; Margarete Kessenheimer, Stadtbergen; 90. Josef Traxler, HN-Biberach; 88. Elisabeth Baumgartner, Aalen; Elisabeth Baumgartner. Kempten; Elisabeth Fugel, Isny-Bolsternang; 87. Katarina Geng, Lauben; Ellensint Kremer M.,Ursberg; Kaspar Steinbinder, Mindelheim; 86. Maragrete Lange, Köln; Stefan Winkler, Ingoldingen; 85. Katherina Balazs, Augsburg; Helene Csirak, Hersbruck; Gheza Haris, Burghausen; Paul Hart, Warthausen; Anna Jachmanovski, BaarEbenhausen; Emerich Lajos, Berg im Gau; Stefan Schmied, Augsburg Agota Winkler, Ingoldingen; 84. Margareta Lieb, Landshut; Emmi Link; Krumbach; 83. Anton Baumgartner, Eching; Josef Freund, Nürnberg; Franz Solomayer, Sandhausen; Matthias Wendlinger, Hanau; 82. Elisabeth Baumgartner, Denkendorf; Johann Hartmann, Augsburg; Magdalena Hatzack-L.; Memmingen; Maria Hölczli, Menden; Mathias Schlachter, Kempten; 81. Mathias Erli, Kempten; Margareta Napholz, Meßstetten; Margarethe Pfeiffer, Giebelstadt; Julianne Schlangen, Rastatt; Theresia Tepfenhart, Stuttgart; Margarete Varga, Burghagel; 80. Rosa Csaki, Friedrichshafen; Julianna Holzreiter, Mannheim; Gaspar Pittner, Stuttgart; Rosalia Schlachter, Kempten; 100 79. Tiberius Mutter, Biberach a. R.; Mathias Pfefferkorn, Weingarten; Michael Pop, Hersbruck; 78. Etel Erli, Osterburken; 77. Johann Marx, Traunstein; Anna Steinbinder, Nürnberg; 76. Maria Braun, Hildesheim; Julianna Erli; Kempten; Mathilde Haris; Burghausen; Johann Mendel, Stuttgart; Maria Zimmermann, Neutraubling; 75. Cecilia Roth, Wendlingen; Maria Sawatzki, Nürnberg; Paula Schäffer, Ulm; Josef Zier, Wilhelmsdorf; 74. Dr. Blasius Böhm, Stuttgart; Enikö Bader, Hemmingen; Mathilde Erni, Fleischwangen; Gisela Marx, Fellbach; Franz Mellau, Pfarrkirchen; Elvira Schmidt, Siegen; Julianna Schmidt, Ingolstadt; Emmerich Suranyi, Nürnberg; Rudolf Wendlinger, Horb-Bildechingen; 73. Margit Gulacsik, Ingolstadt; Josef Luczky, Kirchheim Teck; Maria Wieland, Ummendorf; 72. Johann Erli, Ravensburg; 71. Gavril Böhm, Stuttgart; Julianna Moser, Aulendorf; Heribert Petuker, Menden; Franz Pink, Aulendorf; 70. Piroska Glaser, Nagold; Josef Hartmann, Augsburg; Johann Kirner, Unterschleißheim; Jolanda Müller, Kempten; Elisabeth Terebesi, Ludwigshafen am Rhein; Monika Tom, Augsburg; 69. Romulus But, Bad Rappenau; Stefan Popp, Wertingen; Adalbert Welti, Bergatreute; Ludwig Willand, Biberach a. R.; 68. Constantin Fuhrmann, Biberach a. R.; Maria Marx, Traunstein; Maria Stauder, Fellbach. 67. Anton Paul Baumann, Uslar 2; Stefan Böhm, Stuttgart; Elisabeth Fetser, Spiersen-Elversberg; Helene Fombank, Heilbronn; Johann Frommherz, Ulm; Margarete Heringer; Burgkirchen, Agneta Willand, Muttensweiler; Agneta Willand, Biberach a. R.; 66. Alexandru Balazs, Ottobrunn; Alexander Geiger; Baienfurt; Wilhelm Hack, Stuttgart; Tiberius Kinn, Gaildorf; Johann Sabou, Berg-Weiler; Georg Schiesser-Lipcei, Ingolstadt; 65. Jakob Falticska, Hadamar; Johann Kuhn, Homburg-Saar; Gisela Merk, Biberach a. R.;Agnes Rist, Kempten; Ernest Vogelsberger, Heidelberg; 64. Emilia Böhm, Ravensburg; Anna Frommherz, Ulm; Judith Jencsik, Herne; Annelise Kunz, Illerkirchberg; Ilona Lenart, Böblingen; Josef Lutz, Bad Waldsee; Anna Prem, Weingarten; Ernst Prem; Weingarten; Andreas Schrepler, Stuttgart; Franz Tempfli, Altdorf; Stefan Weber, SchwäbischGmünd; 63. Rozsa Bazsa, Wolfsburg; Tiberius Buchmüller, Pfaffenhofen; Ilse Glaser, Horb; Margarethe Gosner, Tauberbischofsheim; Valentin Kelbling, Weilburg; Elisabeth Merk, Weingarten; Maria Ress, Böblingen; Ladislaus Schlachter, Königsbrunn; Franz Schwegler, SchnaittachOsterhohe; Josef Vogel; Hanau; 62. Helene Cioara, Oberasbach; Katharina Geng, Weingarten; Josef Haller, Ravensburg; Genoveva König, Leinfelden-Echterdingen; Johann Lini, Neu Ulm; Csaba Mekker, Karlsfeld; Karl Reiz, Hechingen; Katharina Scherer, Nürnberg; Johann Straub, Muntlix bei Feldkirch; Maria Zier, Weingarten; Angela Zumbiel, Weingarten; 61. Maria Cordier, Aichwald; Mathias 101 Holeiter, Ostfildern; Emmerich Jackel, Biberach a. R.; Agathe Kunz, Ravensburg; Elisabeth Mutter, Hersbruck; Adriane Rist, Leverkusen; Elisabeth Rotter, Ravensburg; Julius Scherer, Nürnberg; Stefan Varkuti, Pfarrkirchen; Agneta Zinner, Niederhausen; Herzlichen Glückwunsch zum 60. und 50! 60. Agathe Buchmüller, Neu Ulm; Balthasar Debus, Hersbruck; Dr. Violetta Mathes, Nürnberg; Karl Felber, Straubing; Theresia Fellner, Garching; Adel Frommherz, Schwäbisch-Gmünd; Elisabeth Knecht, München; Josef Samhaber, Volksmarsen-Eringen; Maria Steinbinder, Weingarten. 50. Ildiko Müller, Aulendorf; Im März und April 2015 feiern Ihren Geburtstag 94. Stefan Hortobagyi, Ingolstadt; 92. Hermine Ditzig, Horb-Bildechingen; Josef Link, Augsburg; 91. Maria Hagel, Hadamar; Franz Schlachter, Biberach a.d. Ríss; Josef Weissenbacher, Schwäbisch-Gmünd; 90. Stefan Deak, Stuttgart; Rosalia Lini, Günzburg; 89. Gisela Lutz, Augsburg; 88. Therese Link, Augsburg; Rosa Steinbinder, Happurg; 87. Maria GosnerScheffold, Bibertal-Bühl; Josef Wohnhas, Bad Griesbach; 86. Johann Traxler, Ditzingen; 85. Rosalia Pfefferkorn, Herzogenaurach; 84. Margarethe Buchenberg, Nesselwang; Maria Heim, Neu-Ulm; 83. Maria Vincze, Horb-Bildechingen; 82. Angela Benedek, Bad Krotzingen; Josef Egli, Nürtingen; Adalbert Hermann, München; Maria Napholz, Schwabach/Wolkersdorf; Georg Straub, Stuttgart; 81. Ladislaus Filipp, Stuttgart; Maria Funkenhauser, Tauberbischofsheim; Idmar Hatzack-L., Memmingen; Josef Schönberg, München; 80. Katharina Csizma, Zell am Main; Maria Egli, Nürtingen; Margarete Gnandt, Böblingen; Magdalena Kind, Biberach a.R.; Stefan Posset, Heilbronn; 79. Elisabeth Donath, Nürnberg; Ileana Gombos, Tauberbischofsheim; Josef Merli, Leipheim; 78. Josef Bartos, Wangen i.A.; Johann Eberst, Eggenfelden; Rudolf Merk, Wilhelmsdorf; Juliana Miklosi, München; Josef Straub, Bad Buchau; Johann Zimmermann, Neutraubling; 77. Tiberius Bader, Hemmingen; Martha Schwarzkopf, Mochenwangen; Tiberius Seibel, Weingarten; 76. Josef Jakkel, Fürth; Maria Kallai, Friedrichshafen; 75. Ida Güntner, Ingolstadt; Edith Schuster, München; 74. Elisabeth Gabron, Karlsruhe; Katharina Kinczler, Ummendorf; Georg Merker, Warthausen-Oberhöfen; 73. Martha Freund, Nürnberg; Margarete Hagel, Nürnberg; Alexander Halmosi, Weingarten; Maria Leili, Schwaigern; Hilde Merk, Sindelfingen; Katharina Wieland, Waldkraiburg; 102 72. Maria Doloczki, Lauf a. Pegnitz; Erika Gärtner, München; Katharina Halmosi, Weingarten; Josef Kaiser, Ravensburg; Katharina Laar, Großbettlingen; Josef Lechli, Schwabach; Wilhelm Maior, Leimen; Brunhilde Malis, Hildesheim; Ladislaus Nyisztor, Hohenstadt; Maria Schneider, Schlier-Fenken; Irene Solomayer, Sandhausen; Rosa-Maria Suranyi, Nürnberg; 71. Erika Benedikt, Stuttgart; Josef Horber, Buxheim; Ladislaus Thoma, Ravensburg; 70. Stefan Danci, Stammham; Joseph Friedrich, Schwabach; Edeltraut Gabriel, Biberach a.R.; MariaMagdalena Guzlai, Wangen i.A.; Elena Nyilas, Laufen; Maria Renn, Sachsenheim; Ludwig Geza Zemba, Regenstauf; 69. Lucia Popp, Friolzheim; Josef Reizer, Mannheim; Irene Schiesser, Graching; 68. Karl Darnics, Trossingen; Eva Hamon, Freiburg; 67. Andreas Jambor, Pfaffenhofen; Siglinde Kirner, Unterschleißheim; 66. Georgeta Hamon, Freiburg; Katherina Maier, Lorch; Ernst Schirack, Göppingen; Valentin Wachter, Augsburg; Maria-Valeria Wieser, Unterschleißheim; 65. Ernst Berner, Singen; Katharina But, Bad Rappenau; Magdalena Eberst, Eggenfelden; Maria Einholz, Weingarten; Maria Fischer, Frickenhausen; Magdalena Harkel, München; Margarete Keizer; Hersbruck; Magdalena Kremper, Biberach a. R.; Stefan Tempfli, Pfronten-Weißbach; Edith Waldraff, Bad Schussenried; 64. Josef Bader, Kempten; Georg Brutler, Stadtbergen; Rodica Fatticska, Hadamar; Klara Geiger, Baienfurt; Basilius Ludescher, Friedrichshafen; Stefan Rotter, Ravensburg; Maria Skurka, Ansbach; Johann Steinbinder, Nürnberg; Margareta Steinbinder, Hersbruck; Josef Szedlak, Osterode/Harz; Magdalena Tatrai, München; 63. Tiberius Berner, Oberasbach; Olga Fromherz, Neu Ulm; Maria Götz, Kempten; Josef Grieshaber, Oberschleißheim; Magdalena Horvath-Rizea, Stuttgart; Tiberiu Link, Berg; Johann Mutter, Göppingen; Georg Zawatzki, Singen; Stefan Zinsel, Stuttgart; 62. Otilie Bobocel, Nürnberg; Julius Faltinszki, Ingolstadt; Johann Fastanz, Mannheim; Dorothea Kelemen-Heim, Ulm; Johann Kelemen-Heim, Ulm; Josef Kirner, Günzburg; Ludwig Knecht, München; Gisela Ludescher, Friedrichshafen; Mathias Mekker, München; Tiberius Merk, Günzburg; Tiberius Probst, Stuttgart; Margarete Steinbinder, Weingarten; 61. Margareta Altvater, Fellbach; Josef Hölzli, Kempten; Robert Kunz, Illerkirchberg; Andreas Löscher, Sindelfingen; Franz Müller, Dürnau; Vasile Müller, St. Englmar; Franz Nell, Schwabach; Alexander Posset, Pfarrkirchen; Stefan Resch, Mannheim; Rosalia Wieser, Unterschleißheim; 103 Herzlichen Glückwunsch zum 60. Geburtstag Enikö-Maria Attl, Biberach a. R.; Johann Brutler, Bildegg; Eva Fischer, Friedrichshafen; Cornelia Geng, Horb am Neckar; Mathias Gocs, Fridolfing; Kornelia Grieshaber, Gomaringen; Arnold Hadas, Bad Breisig; Wilhelm Kunz, Ravensburg; Stefan Ludescher, Emmerting; Maria Müller Dürnau; Anna Pink, Aulendorf; Josef Rist, Hidegseg; Elisabeth Tempfli, PfrontenWeissbach; JohannVincze, Horb-Bildechingen; Johann Weissenbacher, Obersulm-Sülzbach; Herzlichen Glückwunsch zum 50. Geburtstag Stefan Dietrich, München; Robert Hagel, Ingolstadt; Franz Ludescher, Neckarsulm; Katharina Ress, Horb; Iluska Rost, Stuttgart; Michael Teufl, Monsheim; Josef Traxler zum 90. Geburtstag Am 1. Januar 2015 konnte unser nun auch hiermit gefeierten Josef Traxler seinen 90. Geburtstag feiern. Er wurde in Oberwischau geboren und ist der Dritte im Kreise seiner noch sechs lebenden Geschwister, der dieses seltene Wiegenfest begehen konnte. 104 Am Silvesterabend saß man schon gemütlich im Kreise der Familie beim Raclette zusammen. Als dann endlich der Zeiger der Uhr das neue Jahr und den Geburtstag ankündigte, gab es mit Geburtstagskuchen und Geburtstagsständchen die ersten persönlichen und telefonischen Gratulationen. Doch nicht genug. Zum Geburtstagkaffee kamen noch Geschwister, Enkel, Nichten und Neffen, um den Jubilar hochleben zu lassen. Am Abend des turbulenten Tages konnte Josef Taxler, der sich noch bester Gesundheit erfreut und Haushalt und andere Dinge noch selbst erledigen kann, die Füße hochlegen und bei einem, Glas Wein auf ein langes Leben zurück blicken. Allerdings darf man den Blick nach vorne nicht vergessen und wir hoffen, dass er sich noch lange und weiterhin bei guter Gesundheit und noch vielen schönen Jahren erfreuen kann! AKTUELLES Für die von Familie ERIKA BENEDIKT eingegangene Spende in Höhe von 100,- Euro und die von Familie ALEXANDER PETUKER in Höhe von 25, Euro sagen wir – die LM der Sathmarer Schwaben – Herzlichen Dank! Als neues Mitglied begrüßen wir herzlich Fam. JOSEF ERLI aus Scheindorf, wohnhaft in Leutkirch. Alles hat seine Zeit Es gibt eine Zeit der Stille, eine Zeit des Schmerzes und der Trauer, aber auch eine Zeit der dankbaren Erinnerung! The fruit oft the Spirit is love. Irene Stempfer + Irene Stempfer, geb. Getz, am 21. März 1928 in Schandern, verstarb im Alter von 86 Jahren! Mit 17 Jahren musste auch ihre Familie wegen der herannahenden Front die Heimat im Sathmarland verlassen. Sie flüchteten über Ungarn bis Wien und in das Salzkammergut, wo sich ihr Schicksal endgültig entschied. Dort lernte sie als 19jähriges Mädchen ihren lieben Alois kennen und während manche Schanderner Landsleute Richtung Nürnberg gingen, entschieden sich ihre Eltern nach Amerika auszuwandern. 105 Die Eheleute erfreuten sich ihrer Kindern, an Tochter Trudu Laux (verstorben) Lau C. (Natalie), Irene Vaccarino, Ingrid April (William) und Tony. Sie wurde die liebe Oma ihrer Enkelkinder Louie, Tiffany, Charles, Randey, Sandi, Keli, Heatherm, Billy Evan und Kristin und die Urgroßmutter von Megan, Bobby, Max, Taryn, Isabella, Aubrey, Taylor. Aaron, Jordan, John, Sal, Charlie, Andey, Alexis, Joey, Michael (verstorben) und Lexi. Sie war die liebe Schwester von Tony (Judu), Josef (verstorben) und (Margaret). Bald wurde sie als gute Omi von vielen wohlbekannt, geliebt. Sie war das Licht und der gute Geist der ganzen Familie, die sie zusammen hielt. In deren Herzen wird sie ewig leben (…). Die Frauen die den Herrn loben seien gepriesen. Gib ihr Herr die verdiente Anerkennung für ihre Arbeit und preise sie am Himmelstor! Irene Stempfer war bis der Herr sie zu sich gerufen hat, ein beispielhaftes treues Mitglied der HOG-Schandern der Landsmannschaft der Sathmarer Schwaben. Schandern und die Schanderner trug sie stets in ihrem Herzen! Wir werden sie nie vergessen. Sie ruhe in Frieden! Anton Skurka + Anton Skurka, geb. am 15.09.32 in Oberwischau, ist am 21.01.2015 in München verstorben. Herr Skurka hat sich nach der Wende im Vorstand des neu gegründeten Deutschen Forums in Oberwischau engagiert. Erst nach dem plötzlichen Tod seiner Frau Elisabeth, im Jahre 1998, entschied er sich in die Bundesrepublik auszureisen. Nach langer, schwerer Krankheit ist er am 21.01.15 friedlich eingeschlafen. Er ruhe in Gottes Frieden! Impressum: Herausgeber: Landsmannschaft der Sathmarer Schwaben in der Bundesrepublik Deutschland e.V. (Bundesvorsitzender Helmut Berner) Redaktion und Schriftleitung: Helmut Berner, Breslauer Straße 9, 88212 Ravensburg, Telefon (0751) 3 32 46 Der Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Einzahlungen auf das Konto IBAN: 29603900000299399001 bei der Vereinigten Volksbank, BIC: GENODES1BBV, LM Sathmarer Schwaben, Rosi Tom, Calwer Straße 27, 71063 Sindelfingen, Telefon (0 70 31) 81 31 28. Die Redaktion behält sich Kürzungen und Zusammenfassungen vor. Mit Signum, Chiffre oder Namen gekennzeichnete Artikel stellen die Meinung des Verfassers, nicht unbedingt die des Herausgebers dar. Abdruck nach Vereinbarung. Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos, Besprechungsexemplare etc. wird keine Haftung übernommen. 106