Bronze- und Galvanoplastik, Geschichte

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Bronze- und Galvanoplastik, Geschichte
8:26 Uhr
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Bronze- und Galvanoplastik
07.01.2010
Arbeitsheft 5
204001001-Umschlag.xpr:204001001-Umschlag.xpr
Bronze- und Galvanoplastik
Arbeitshefte der Landesämter für Denkmalpflege
Sachsen und Sachsen-Anhalt
204001001-Umschlag.xpr:204001001-Umschlag.xpr
07.01.2010
8:26 Uhr
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Bronze- und
Galvanoplastik
Geschichte – Materialanalyse
– Restaurierung
Birgit Meißner, Anke Doktor, Martin Mach
Mit Beiträgen von Edgar Lein, Bernhard Maaz,
Stefan Simon, Andreas Krätschmer,
Peter Mottner, Monika Pilz, Georg Haber,
Annegret Michel und Wolfgang Conrad
Gefördert durch die
Deutsche Bundesstiftung Umwelt
Arbeitsheft 5
Landesamt für Denkmalpflege Sachsen
Landesamt für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt
Herausgeber
© 2000 Landesamt für Denkmalpflege Sachsen
Augustusstraße 2, 01067 Dresden, Telefon: (03 51) 4 9144 00, Telefax: (03 51) 4 9144 77 und
Landesamt für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt
Alter Markt 27, Telefon: (03 45) 23 10 00, Telefax: (03 45) 2 31 00 15
1. Auflage, Januar 2001
Redaktion
Birgit Meißner
Druck
Stoba Druck GmbH, Lampertswalde
Buchbinderische Verarbeitung
Röderaue Broschüren GmbH, Lampertswalde
Herstellung und Vertrieb
Michel Sandstein, Grafischer Betrieb und Verlagsgesellschaft mbH, Dresden
Für den Inhalt der Beiträge zeichnen die Autoren verantwortlich.
Alle Rechte vorbehalten. Beim Nachdruck sind Quellenangaben
und die Überlassung von zwei Belegexemplaren erforderlich.
ISBN 3-930382-49-0
Abbildungen auf dem Umschlag
Titelseite:
Mendebrunnen, Leipzig
Rückseite:
Martin Luther-Standbild, Lutherstadt Wittenberg
Inhalt
Gerhard Glaser, Egon Greipel, Gotthardt Voß
Vorwort der Landeskonservatoren
Martin Mach
Vorstellung des Projektes
Edgar Lein
Die Kunst des Bronzegießens, ihre Darstellung
in Traktaten und die Bedeutung von Bronze
Bernhard Maaz
Zur Entwicklung des Bronzegusses in Deutschland
im 19. Jahrhundert
Anke Doktor
Umweltsituation und Entwicklung der Luftqualität
in Ost- und Westdeutschland und ihr Einfluß auf
die Korrosion von Bronze und Kupfer
5
6
9
25
92
Birgit Meißner
Zur Restaurierung des Martin Luther – Denkmals
in Lutherstadt Wittenberg
109
Annegret Michel, Birgit Meißner
Das Standbild Herzog Heinrich des Frommen
in Marienberg
Exkurs: Die Erfassung von Bronze- und Galvanoplastiken in Datenbanken
116
Birgit Meißner, Anke Doktor
Galvanoplastik – Geschichte einer Technik
aus dem 19. Jahrhundert
127
Anke Doktor, Birgit Meißner, Martin Mach
Galvanoplastik – chemische Analysen
und Restaurierung
138
41
Anke Doktor
»Analytik-Guide« – Methoden zur
Charakterisierung von Korrosionsphänomenen
auf freibewitterten Bronzen
45
Martin Mach, Stefan Simon
Metallanalysen freibewitterter Bronzedenkmäler
55
Andreas Krätschmer, Anke Doktor, Martin Mach
Veränderung der Schutzwirkung von mikrokristallinen Wachsen auf Kupferblech unter
thermischer Wechselbelastung
Birgit Meißner, Georg J. Haber, Martin Mach
Der Leipziger Mendebrunnen – Historie und
Restaurierung
77
Peter Mottner, Monika Pilz
Ormocer®e – Eine neue Verbindungsklasse zur Konservierung von Bronzeoberflächen an Denkmälern
86
Bildatlas typischer Oberflächenphänomene von
freibewitterten Bronzen
Martin Mach
Grundlagen der Bronzekorrosion
Anke Doktor, Wolfgang Conrad
Typische Oberflächenphänomene – Bildatlas
152
155
Annegret Michel
Zusammenfassung
163
Anschriften der Autoren
165
Register
166
5
Vorwort
Sie gehören zum Stadtbild, die grün-schwarzen, oft von hohem
Sockel herabblickenden Bronze- und Galvanoplastiken – aber
sind sie deswegen fest im Bewußtsein der Bevölkerung verwurzelt?
Stadtgespräch sind sie nur selten. Auch wenn sie auf vielen
Gruppenfotos zur Erinnerung zu sehen sind, ist oft unklar, wer
denn eigentlich hier als Staffage dient.
Schnell kann es zu einer Veränderung dieser alten Sehgewohnheiten kommen – sei es nun, daß eine Plastik eine unerwartete farbliche Veränderung erfahren hat, daß sie beschädigt
oder sogar gänzlich von ihrem Standort verschwunden ist. Der
träge und gleichmäßig dahinfließende Strom menschlicher
Aufmerksamkeit stockt für kurze Zeit, und es wird gefragt: Wo
ist die Figur, die hier immer stand? Warum sieht sie plötzlich
so verändert aus? Und – wer war denn eigentlich dargestellt?
Endlich Beachtung! Endlich Fragen, die beantwortet werden können, nun auch die Möglichkeit, dies in Form einer
Fachpublikation zu tun. Sie ist das Ergebnis dreijähriger, eng
mit der Praxis verbundener Forschungsarbeit zur Ermittlung
der Schadensursachen und zur Entwicklung geeigneter Konservierungsmethoden für die fortlaufende Bewahrung dieser
Bildwerke für kommende Generationen.
Ermöglicht wurde sie durch die Deutsche Bundesstiftung
Umwelt, der es Anliegen war, Hilfestellung dazu in den östlichen Bundesländern Sachsen und Sachsen-Anhalt zu leisten,
wo seit dem 1. Weltkrieg keine nennenswerten Konservierungsarbeiten mehr an diesen Denkmälern vorgenommen worden
waren, diese Hilfestellung aber mit den Erfahrungen zu verbinden, die in einem westlichen Bundesland, in Bayern, seit
1965 bereits gesammelt wurden. Martin Mach stellt in seinem
Aufsatz Entstehung und Ablauf des Projektes im einzelnen dar.
Historisch-informative Aufsätze führen in dieses Wissensgebiet ein und stellen besonders den Bronzeguß im denkmalfreudigen 19. Jahrhundert dar.
Beiträge, die für die Restaurierung wichtige Kenntnisse
vermitteln wollen, sind die zur Einschätzung historischer und
aktueller Umweltbedingungen, zu Methoden der Charakterisierung von Korrosionsphänomenen, zu Metallanalysen und
zur Schutzwirkung unterschiedlicher Beschichtungen. Nach
der Vorstellung bewährter und auch neu entwickelter Konservierungsmethoden sind nun die Voraussetzungen gegeben, all
dies in die Praxis umzusetzen. Drei Restaurierungen von
Bronzedenkmälern in Sachsen und Sachsen-Anhalt werden
exemplarisch vorgestellt.
Der noch wenig erforschte Bereich Galvanoplastik wird in
zwei Aufsätzen ausführlich behandelt. Neben Forschungen zur
Geschichte und zu den Herstellungstechniken werden die
Analyse und Restaurierung eines typischen Vertreters dieses
Genres vorgestellt.
Hilfreich für jeden Anwender der hier vermittelten Erfahrungen dürfte der Bildatlas am Ende der Publikation sein, der
den Versuch einer Zuordnung typischer Oberflächenphänome
zu entsprechenden Begriffen versucht.
Dank gilt in erster Linie der Deutschen Bundesstiftung
Umwelt, stellvertretend Herrn Dr. Arno Weinmann, der das
Projekt umsichtig förderte und begleitete, Herrn Martin Mach
vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, der die dortigen Erfahrungen uneigennützig vermittelte, Frau Birgit Meißner,
die alle Arbeiten in Sachsen und Sachsen-Anhalt koordinierte
und nicht zuletzt dem Verlag, der alles ins rechte Bild setzte.
Gerhard Glaser
Landeskonservator Sachsen
Egon Greipel
Generalkonservator Bayern
Gotthardt Voß
Landeskonservator Sachsen-Anhalt
6
1 Restaurierter Triton vom Leipziger Mendebrunnen, Transport
7
Vorstellung des Forschungsprojektes »Konservierung
von umweltgeschädigten Bronze- und Galvanoplastiken«
Martin Mach
Ausgangssituation und Aufgabenstellung
Die ersten systematischen Untersuchungen zum Korrosionsverhalten von Bronzen in einer zunehmend durch Schwefeldioxid
verunreinigten Atmosphäre liegen nun fast 150 Jahre zurück
und gerieten zwischenzeitlich immer wieder in Vergessenheit.1
Politische Wechselbäder und nicht zuletzt zwei verlorene Weltkriege ließen die ehemals in Erz gegossenen Leitbilder ohnehin
häufig nur noch als mißliebige, materielle Zeugen vergangener
Epochen erscheinen, welche man bestenfalls als Rohstoffquelle
zu nutzen gedachte und dann bei Bedarf zum Schmelzofen
brachte. Etwas milder verfuhr man mit anderen, eher unpolitisch bewerteten Denkmälern, welche zwar ebenfalls aus dem
mittlerweile als antiquiert empfundenen Material bestanden,
jedoch der Einfachheit halber meist vor Ort belassen und nicht
weiter beachtet wurden.
Seit etwa 1965 bemühte man sich in Westdeutschland wieder verstärkt um die Restaurierung und Konservierung der
Denkmäler aus Bronze. Insofern ist das hier vorgestellte Projekt
nicht grundsätzlich neu und greift in vieler Hinsicht auf in den
letzten Jahrzehnten erarbeitete Kenntnisse zurück.
Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 richtete
sich das öffentliche Interesse auf diejenigen Bronzen in Ostdeutschland, welche zwar die politischen Veränderungen überstanden hatten, jedoch über lange Zeit hinweg extrem hohen
Schwefeldioxid-Konzentrationen ausgesetzt waren, die zu bislang im Westen des Landes nicht bekannten Schäden geführt
hatten.
Der Grad der Schädigung von Bronzen und Galvanoplastiken in Ostdeutschland steht in direktem und deutlichem
Zusammenhang mit den Umweltbedingungen.2 Bei den Galvanoplastiken kommen Schäden durch konstruktionsbedingte
Schwachstellen hinzu.
Deshalb sollten an einer Reihe von Denkmälern in Sachsen
und Sachsen-Anhalt exemplarische Restaurierungen ausgeführt
werden sowie Publikationen und Fortbildungsveranstaltungen
das öffentliche Interesse an der Aufgabenstellung stärken.
Nicht zuletzt wollte die Deutsche Bundesstiftung Umwelt mittelständischen Restauratorenbetrieben die Möglichkeit zur
Einarbeitung in die speziellen Arbeitstechniken beziehungsweise zur Vertiefung bereits vorhandener Kenntnisse anbieten.
genehmigte die Deutsche Bundesstiftung Umwelt eine kostenneutrale Verlängerung des Projektes um ein Jahr (bis zum
31.12.2000).
Struktur und Aufgabenverteilung im Projekt
Die Restaurierungsarbeiten an Bronzen und Galvanoplastiken
erfolgten in Sachsen und Sachsen-Anhalt durch Restaurierungsfirmen unter Aufsicht des jeweils zuständigen Denkmalamtes.
Restaurierungsbegleitende Analysen und Spezialuntersuchungen besorgte das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege,
welches auch als gemeinsamer Ansprechpartner gegenüber der
Deutschen Bundesstiftung Umwelt fungierte.
Birgit Meißner M. A. koordinierte die Restaurierungen und
Ortstermine im Auftrag der Denkmalämter von Sachsen und
Sachsen-Anhalt. Beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege wurden die analytischen Arbeiten in erster Linie durch
Elke Assfalg, Anke Doktor, Andreas Krätschmer, Martin Mach
und Stefan Simon ausgeführt.
Folgende weitere Personen trugen durch fachliche Beiträge
zum Gelingen des Projektes bei:
Kerstin Brendel (Metallrestauratorin beim Bayerischen
Landesamt für Denkmalpflege), Annegret Michel (Restauratorin beim Landesamt für Denkmalpflege Sachsen), Dr. Thomas
Danzl (Leiter der Restaurierungswerkstätten beim Landesamt
für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt), Mathias Kocher, Christan
Gruber und Vojislav Tucić (Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege). Im Bereich der Mittelverwaltung halfen Silvia Piatek,
Heide Hübner und Uwe Kalisch.
Danksagung
Zu danken ist vor allem Dr. Arno Weinmann von der Deutschen
Bundesstiftung Umwelt für die aufmerksame und konstruktive
Begleitung des Projektes, Prof. Dr. Christoph Raub und Albert
Köhler, beide aus Schwäbisch Gmünd, für die regelmäßige,
stets hilfreiche und noch dazu kostenlose Beratung.
Den beiden Landeskonservatoren Prof. Dr.-Ing. Gerhard
Glaser und Dipl.-Ing Gotthardt Voß sei für ihre wohlwollende
Unterstützung und Rückenstärkung bei schwierigen fachlichen Entscheidungen herzlich gedankt.
Die zeitliche Abfolge
Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt genehmigte den von den
Projektpartnern eingereichten Förderungsantrag vom 5.12.1995
mit Schreiben vom 4.10.1996 (Az. 05491) für eine Laufzeit
von drei Jahren, also bis Ende 1999. Im Februar 1997 folgten
die ersten Personaleinstellungen. Mit Bescheid vom 6.8.1999
Das vorliegende Arbeitsheft
Da das Projekt in Anbetracht der langen und komplizierten Vorgeschichte im Bereich der Bronzerestaurierung von vornherein
nur einen ergänzenden Beitrag zur Gesamtsituation liefern
8
Martin Mach
konnte, erschien es angemessen und zweckmäßig, die Abschlußpublikation etwas breiter anzulegen und weitere, externe Spezialisten als Autoren mit einzubeziehen.
Fazit und Ausblick
Wie auch bei anderen interdisziplinären Projekten galt es, die
zwangsläufig unterschiedlichen Auffassungen der Beteiligten
auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen und im Rahmen
der bestehenden Strukturen vor allem gute praktische Arbeit
zu fördern, so daß besonders den Restaurierungen ein hoher
Stellenwert beigemessen wurde. Nicht zuletzt das zustimmende Presse-Echo bestätigt, daß die Restaurierungen zu guten bis
sehr guten Ergebnissen führten. Die Erfahrung zeigt ohnehin,
daß es im Bereich der Restaurierung nur selten ideale Wege
gibt, häufig annähernd gleichwertige Lösungen kontrovers diskutiert werden und auch erfahrene Fachkollegen gegen Fehleinschätzungen nicht gefeit sind.
Im Bereich der Analytik ergaben die umfangreichen elektrochemischen Messungen neue Einblicke in die Funktion der
jetzigen Restaurierungspraktiken. So konnte zum Beispiel gezeigt werden, daß die für die Metallkonservierung verwendeten
hochschmelzenden mikrokristallinen Konservierungswachse
bereits bei wesentlich niedrigeren Temperaturen als bisher
angenommen (bei 30 bis 40°C) ausheilen können, so daß sich
durch thermische Belastung aufgetretene Versprödungsrisse
selbsttätig wieder verschließen können. Die elektrochemischen
Methoden ermöglichen darüber hinaus im Vergleich zu den
wesentlich aufwendigeren Bewitterungstechniken einen schnellen Weg zur vergleichenden Beurteilung der jeweils interessierenden Systeme (Korrosionsgeschehen und Korrosionsanfälligkeit). Derartige Untersuchungen werden deshalb in Zukunft
einen breiteren Raum einnehmen.
In einigen Arbeitsbereichen, zum Beispiel bei der Erprobung
neuer Verfahren, wie der Beschichtung mit dem neuartigen
Konservierungsmittel Ormocer® oder der Freilegung mittels
Laserstrahl, wurden allerdings auch neue Fragen aufgeworfen,
deren Klärung unseren Nachfolgern vorbehalten sein wird.
Anmerkungen
1 Riederer, Josef: Der derzeitige Kenntnisstand bei der Restaurierung
von Metalldenkmälern. In: Metallrestaurierung/Metal Restoration. Arbeitsheft 94 des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege. München 1998, S. 179 –184.
2 Stöckle, Bruno und Andreas Krätschmer: Die atmosphärische
Korrosion von Kupfer und Bronze. Ergebnisse aus dem UN/ECEBewitterungsprogramm. In: Metallrestaurierung/Metal Restoration. Arbeitsheft 94 des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege. München 1998, S. 26 – 32.
9
Die Kunst des Bronzegießens, ihre Darstellung
in Traktaten und die Bedeutung von Bronze
Edgar Lein
Die verschiedenen Verfahren zur Herstellung von Bronzebildwerken können letztlich auf zwei Grundformen – das direkte
und indirekte Bronzegußverfahren – zurückgeführt werden.1
Das direkte Bronzegußverfahren
Zur Herstellung eines Bronzebildwerkes wird ein aus Wachs
gefertigtes Modell mit Einguß- und Entlüftungskanälen aus
Wachs versehen, mit Ton ummantelt und im Brennofen erhitzt.
Sobald das geschmolzene Wachs vollständig aus der Form entfernt ist, wird die Hohlform – der tönerne Gußmantel –
gebrannt. In diese Form wird die geschmolzene Bronze eingegossen. Sobald die Bronze erkaltet ist, wird der umhüllende
Gußmantel zerschlagen. Abschließend müssen die ebenfalls in
Bronze gegossenen Einguß- und Entlüftungskanäle entfernt
und die Oberfläche des Bildwerks gesäubert und poliert werden.
Auf diese Weise erhält man ein massiv gegossenes Werk.
Massiv gegossene Bronzebildwerke lassen sich jedoch nicht
in beliebiger Größe herstellen, weil die beim Erkalten der Bronze
auftretenden Spannungen zu Rißbildungen in der Bronze und
zur Zerstörung des Gusses führen können. Um dies zu verhindern, werden kleinplastische und großformatige Bildwerke mit
einem Gußkern versehen.2 Die Herstellung einer hohl gegossenen Bronze ist zwar komplizierter, mit Hilfe des Hohlgusses
kann jedoch das Risiko bei der Herstellung von Bronzebildwerken verringert und die Zahl der Fehlgüsse reduziert werden.
Außerdem wird bei hohl gegossenen Bildwerken Gußmaterial
gespart, so daß die Materialkosten gesenkt werden können.
Zur Anfertigung eines Bildwerkes im Hohlguß wird über
einem Gerüst aus Holz- oder Eisenstangen ein Figurenkern aus
Ton aufgebracht. Sobald die Form des Tonkerns annähernd
dem Modell des zu gießenden Werkes entspricht, wird der Kern
über dem Feuer getrocknet und gebrannt. Danach wird der
Figurenkern mit einer Wachsschicht von der Stärke der zu
gießenden Bronzewandung umkleidet. An die bis ins Detail
ausgearbeitete Oberfläche des Wachses werden Eingußkanäle
und Entlüftungskanäle aus Wachs angefügt.
Anschließend werden Metallstifte, die sogenannten Kernoder Abstandhalter, durch das Wachs in den Kern getrieben,
so daß sie sowohl in den Kern hinein- als auch aus der Wachsschicht herausragen. Sie halten den tönernen Figurenkern auch
dann in der gewünschten Position im Innern des Gußmantels,
wenn die Wachsschicht aus der Form entfernt worden ist.
Das Wachsmodell, die wächsernen Gußkanäle und die aus
dem Wachs herausragenden Kernhalter werden mit einem
Gußmantel aus Ton umhüllt. Dieser Tonmantel wird getrocknet, erhitzt und nach dem vollständigen Ausschmelzen des
Wachses aus der Form gebrannt. Erst nach Abschluß all dieser vorbereitenden Arbeiten, die einzig der Herstellung der
Gußform dienen, kann der Bronzeguß erfolgen. Die in die Gußform eingefüllte flüssige Bronze gelangt durch die Gußkanäle
in den frei gewordenen Hohlraum zwischen Figurenkern und
Formmantel. Gleichzeitig kann die in der Form enthaltene Luft
durch die Entlüftungskanäle entweichen.
Sobald das Metall in der Gußform erstarrt und abgekühlt
ist, können der Tonmantel abgeschlagen und die Bronze freigelegt werden. Zur Vollendung des Werkes müssen die Gußkanäle und die Kernhalter entfernt und die Oberfläche der Bronze
gereinigt werden. Meist wird auch der Gußkern aus dem
Inneren der Bronzefigur entfernt, um das Gewicht der Statue
zu reduzieren.
Zur endgültigen Vollendung des Bronzebildwerkes wird die
Oberfläche so lange durch Feilen, Hämmern, Ziselieren und
Polieren bearbeitet, bis sie im Aussehen dem Wunsch des Bronzegießers (und Bildhauers) entspricht. Bei der aufwendigen Nachbearbeitung der Bronzeoberfläche, der sogenannten Kaltarbeit,
können kleinere Gußfehler, Löcher oder Risse in der Oberfläche der Bronze ausgebessert werden. Außerdem wird das
Bronzematerial durch die Nachbearbeitung der Oberfläche verdichtet und somit widerstandsfähiger gegen Witterungseinflüsse.
Das hier beschriebene Verfahren wird als direktes Bronzegußverfahren bezeichnet, weil das Wachsmodell des zu gießenden Bildwerkes unmittelbar zur Herstellung der Gußform verwendet wird. Da bei der Herstellung des Bronzebildwerkes das
Wachsmodell ausgeschmolzen und der Gußmantel beim Freilegen des gegossenen Bronzebildwerkes zerstört werden, wird
das Verfahren auch als Wachsausschmelzverfahren mit verlorener
Form bezeichnet.
Im Falle eines Scheiterns des Bronzegusses müssen alle
Arbeitsgänge wiederholt werden. Um die Risiken beim Guß
eines Bronzebildwerkes zu verringern und das vom Künstler geschaffene Modell zu bewahren, wurde das indirekte Bronzegußverfahren unter Verwendung von Hilfsnegativen entwickelt.
Das indirekte Bronzegußverfahren
Beim indirekten Bronzegußverfahren wird ein aus Ton, Holz,
Gips, Wachs oder anderen Materialien hergestelltes originalgroßes Modell des in Bronze zu gießenden Werkes mit Gips
abgeformt. Die Abformung erfolgt in mehreren Teilstücken,
welche nach dem Abbinden des Gipses von dem Modell gelöst
und zu einem Negativ der zu gießenden Figur zusammengesetzt werden (Abb. 1, 2).
Wegen der Verwendung dieser Negativformen wird das
indirekte Verfahren auch als Bronzegußverfahren mit Hilfsnegativen bezeichnet. Die abgeformten Teilstücke werden an
ihrer Innenseite gefettet und mit Wachs ausgekleidet. Das
10
Edgar Lein
flüssige Wachs kann mit dem Pinsel in mehreren Lagen aufgetragen werden, bis sich eine Wachsschicht von der gewünschten Stärke der späteren Bronzewandung gebildet hat,
oder in dünnen Täfelchen eingebracht und an den Nahtstellen
zwischen den Wachstäfelchen mit dem Finger oder dem Pinsel
verstrichen werden. Die Negativformen kleinplastischer Bildwerke können auch mit flüssigem Wachs gefüllt werden.
Sobald sich eine genügend starke Wachsschicht abgesetzt hat,
wird das überschüssige Wachs abgegossen.
Die mit Wachs ausgekleideten Innenseiten der Hilfsnegative werden mit einem Figurenkern aus Ton gefüllt. Der Kern
wird mit einem Gerüst aus Eisenstangen verstärkt und die
Figur zusammengesetzt. Sobald die mit einem Tonkern versehene Wachsfigur vollständig über dem stabilisierenden Gerüst
zusammengesetzt ist, werden die Hilfsnegative aus Gips abgenommen. Sie können erneut zum Guß einer gleichen Figur
oder aber zur Ausbesserung fehlerhafter Teile an der Bronzefigur verwendet werden.
Die durch Abformen eines Modells mit Hilfsnegativen gewonnene Oberfläche der Wachsfigur entspricht dem Originalmodell und kann nun nach Belieben verändert oder mit
Details versehen werden. Sobald die Bearbeitung der Wachsfigur
abgeschlossen ist, wird das Verfahren entsprechend dem direkten
Bronzegußverfahren fortgesetzt. Die Kanäle aus Wachs zum
2 Detail der Gipsform mit dem Gesicht des Königs. (Pierre Jean
Mariette: Description des travaux ... de la statue équestre de Louis
XV. Paris 1768, Kapitel 3, Tafel IV, S. 38)
Einguß der Bronze und zur Entlüftung der Form werden angebracht (Abb. 3, 4), die Kernhalter durch das Wachs getrieben
und im Tonkern verankert. Die Wachsfigur wird in mehreren
Schichten mit Ton umhüllt. Tonmantel, Wachsschicht und
Kern der Figur werden in leichtem Feuer erhitzt, bis alles Wachs
ausgeschmolzen ist. Danach werden Gußmantel und Kern in
starkem Feuer gebrannt. Wenn dies geschehen ist, kann die
Bronze in die Gußform eingefüllt werden. Nach dem Erkalten
der Bronze wird der Gußmantel zerschlagen, die Figur freigelegt und solange nachbearbeitet, bis sie im Aussehen dem originalen Modell oder den Wünschen des Bronzegießers entspricht. Fehlerhaft oder nur unvollständig gegossene Partien
der Figur können unter erneuter Verwendung der Hilfsnegative ausgebessert und nachgegossen werden.
Der Bronzeguß in Sandformen
1 Die Abformung des Reiterstandbildes mit Gips. Historische
Abbildung (Pierre Jean Mariette: Description des travaux ... de la
statue équestre de Louis XV. Paris 1768, Kapitel 3, Tafel III, S. 37)
Ein weiteres Verfahren zur Herstellung von Bronzebildwerken
ist der Guß in Sandformen, auch Sandgußverfahren genannt.3
Dieses Verfahren wird erst seit dem 19. Jahrhundert zur Herstellung großformatiger Bildwerke verwendet.4 Zuvor diente es
ausschließlich zur Vervielfältigung meist flacher, kleinplastischer Bildwerke wie Münzen oder Medaillen5, auch für den Guß
von Eisengittern kam diese Methode zur Anwendung. Die
Modelle werden in fein gesiebtem und fest geklopftem Sand
eingedrückt und abgeformt. Damit der Sand die Form des eingedrückten Gegenstandes getreu bewahrt, wird er mit Salzwasser
oder feuchtem Ton angereichert.6 Die so präparierte Sandform
Die Kunst des Bronzegießens, ihre Darstellung in Traktaten und die Bedeutung von Bronze
11
muß vor dem Guß getrocknet werden. Füllt man nun Bronze
in die im Sand eingetiefte Mulde, so erhält man ein in der
Sandform gegossenes, massives Bronzebildwerk, welches dem
abgeformten Gegenstand entspricht. Je feiner der Sand ist, in
dem der Guß ausgeführt wird, desto besser wird der Guß in
Bronze ausfallen. Da das Modell erhalten bleibt, kann das
Verfahren beliebig oft wiederholt werden.
In der Regel wird der Bronzeguß in Sandformen in zweiteiligen Formkästen, die aus zwei identischen Rahmen bestehen,
vorgenommen (Abb. 5, 6). Die abzuformenden Gegenstände
werden etwa zur Hälfte in einen der beiden mit Formsand
gefüllten Rahmen eingebettet. Um das Ablösen der beiden
Formhälften voneinander zu erleichtern, werden das in die
Sandform eingebettete Modell und die Sandform vor dem weiteren Einformen mit einer Trennschicht aus Talk, Graphit oder
anderen Pulvern bestäubt. Anschließend wird der zweite
Rahmen aufgesetzt und ebenfalls mit Formsand gefüllt. Sobald
das Modell vollständig mit Formsand umhüllt ist, werden die
beiden Formhälften voneinander getrennt, die Modelle entfernt und die Eingußkanäle für die Bronze in den Sand eingeschnitten. Die beiden Formhälften werden erneut zusammengesetzt und fest miteinander verbunden.
Die so vorbereitete Sandform wird mit flüssiger Bronze gefüllt. Nach dem Auskühlen der Bronze werden die Formhälften
getrennt und die Gußstücke zur Nachbearbeitung entnommen.
Formsand und Rahmen können erneut zur Abformung und
zum Guß eines Bronzebildwerkes verwendet werden.
3 Die Wachsfigur des Reiterstandbildes mit den Einguß- und Entlüftungskanälen. (Pierre Jean Mariette: Description des travaux ... de
la statue équestre de Louis XV. Paris 1768, Kapitel 6, Tafel II, S. 78)
4 Ansicht der Gußform des Reiterstandbildes (Pierre Jean Mariette:
Description des travaux ... de la statue équestre de Louis XV. Paris
1768, Kapitel 7, Tafel II, S. 87)
Der Bronzeguß im 19. und 20. Jahrhundert
Weil Formen aus Sand weniger stabil als Tonformen sind,
wurde der Bronzeguß in Sandformen jahrhundertelang nur zur
Herstellung kleinplastischer und vor allem flacher Bronzebildwerke verwendet. Im 19. Jahrhundert war der Bronzeguß im
indirekten Verfahren unter Verwendung von Wachs in Deutschland nicht mehr im Gebrauch. Statt dessen wurde das Sandformverfahren verbessert und auch für den Guß großplastischer Bildwerke nutzbar gemacht.7
Im Unterschied zum älteren Bronzeguß in Sandformen
wurde das Figurenmodell nicht mehr nur in ein oder zwei
Formhälften, sondern mit zahlreichen Teilstücken aus Sand
abgeformt. Die Teilstücke wurden zur besseren Verbindung mit
Gips hinterfangen oder in Formkästen aus Sand eingebettet.
Der Figurenkern wurde durch Abformung in den Teilformen
aus Formsand gebildet und um die Stärke der zu gießenden
Bronzewandung abgearbeitet. Dieser Figurenkern wurde mit
den vom Modell abgeformten Teilstücken umgeben. Kern und
Teilformen wurden in einer Sandform eingebettet und durch
das Anbringen der Gußkanäle zum Guß vorbereitet.
12
Edgar Lein
Weil beim Guß in Sandformen auf die Verwendung und
das Ausschmelzen des Wachses verzichtet werden konnte, war
das Teilformverfahren mit Sand einfacher und kostengünstiger
in der Herstellung. Jedoch mußten, um den Arbeitsaufwand
beim Abformen zu begrenzen, Hinterschneidungen bei den
Modellen möglichst vermieden werden. Auch war es bei der
Verwendung von Sandformen nicht möglich, größere Statuen
in einem Stück zu gießen. In der Regel wurden bei großen
Bronzebildwerken Kopf, Arme, Körper und Beine getrennt
gegossen und nachträglich zusammengefügt.8 Dies wiederum
bedeutete eine aufwendige Nachbearbeitung der gegossenen
Bronzeteile.
Weil das Sandformverfahren nicht nur zu Einschränkungen
beim künstlerischen Entwurf zwang, sondern den Verzicht auf
ganzheitlichen Bronzeguß bedeutete und die Reinheit der
Oberfläche sowie die getreue Wiedergabe des Modells nur im
Wachs zu bewerkstelligen war, kehrte man in den achtziger
Jahren des 19. Jahrhunderts erneut zur Verwendung des Wachses
zurück.9 Das wiederentdeckte alte Verfahren zur Herstellung
der Gußform mit Wachs wurde leicht abgewandelt, um die
verschiedenen Arbeitsgänge zu vereinfachen.10
Das Modell des zu gießenden Bildwerkes wird zur Hälfte
in Sand eingebettet. Der frei liegende Teil des Modells wird mit
einer Tonschicht und einer darüber aufgebrachten kräftigen
Lage Gips umhüllt. Anschließend wird die untere Hälfte des
Modells vom Sand befreit und ebenfalls mit Ton und Gips
umhüllt. Ist das Modell vollständig eingeformt, wird die Tonschicht im Inneren durch Leim oder Gelatine ersetzt. Diese
Materialien füllen auch kleinste Zwischenräume und bilden,
nachdem sie erstarrt sind, jedes im Modell vorgebildete Detail
im Negativ ab. Sobald auch die andere Hälfte des Modells auf
diese Weise mit Leim oder Gelatine abgeformt ist, werden die
aus Gips und Leim oder Gelatine bestehenden Formteile von
dem Modell abgehoben.
Weil der Leim und die Gelatine weich und nachgiebig
sind, können auch stark unterschnittene Teile des Modells mit
einem Mal abgeformt werden. Anschließend wird die Innenseite des Hilfsnegativs mit Wachs und Kolophonium eingestrichen und mit einem Figurenkern aus Gips, Sand, Ziegelmehl
und Schamotte versehen. Sobald dies geschehen ist, werden die
beiden äußeren Formhälften abgenommen und das freigelegte
Wachsbild entsprechend dem üblichen Verfahren für den Bronzeguß vorbereitet. Die Formhälften aus Gips und Gelatine
können zur Herstellung einer weiteren Figur verwendet werden.
Sowohl der Bronzeguß in Sandformen als auch das im
19. Jahrhundert entwickelte Wachsausschmelzverfahren werden
5 Der Guß eines Leuchters in zweiteiligen Sandformen. (Denis
Diderot, Encyclopédie, Paris 1751–1780, Band 26, Fondeur en
sable, Tafel III)
6 Der Guß eines Leuchters in zweiteiligen Sandformen. (Denis
Diderot, Encyclopédie, Paris 1751–1780, Band 26, Fondeur en
sable, Tafel IV)
Die Kunst des Bronzegießens, ihre Darstellung in Traktaten und die Bedeutung von Bronze
13
noch heute verwendet. Allerdings werden die Hilfsnegative
nicht mehr nur aus Leim oder Gelatine, sondern vor allem aus
Silikon oder PVC hergestellt.
Zur Anwendung des Wachsausschmelzverfahrens
Der Guß und die Bearbeitung von Bronze gehören seit vorgeschichtlicher Zeit zu den von Menschen beherrschten Techniken. Bereits in der Bronzezeit war man in der Lage, Metalle
durch Treiben oder Schmelzen und Gießen in eine gewünschte
Form zu bringen. Bekannt war das Wachsausschmelzverfahren
in verlorener Form. Mehrteilige Gußformen aus Bronze, Stein
(Abb. 7) und Ton haben sich in größerer Stückzahl erhalten.
Sie wurden jedoch nicht unmittelbar zur Herstellung von
Bronzegeräten benutzt, sondern dienten als Hilfsnegative zur
Anfertigung von Modellen aus Wachs, Zinn oder Blei, die
dann ihrerseits wieder zur Herstellung von Formen aus Ton
und möglicherweise auch Sand sowie zum Guß größerer
Serien gleicher, massiv gegossener Stücke in Bronze verwendet
werden konnten.11
Hilfsnegative aus Ton und Bronze wurden in archaischer
Zeit auch in Griechenland zur seriellen Herstellung von Wachsmodellen verwendet. Sie konnten zur Anfertigung massiv
gegossener Bronzen oder – durch Einfügen eines Figurenkerns
aus Ton – zum Guß hohler Bronzebildwerke verwendet werden. Gips ist seit dem 4. Jahrhundert v. Chr. zur Anfertigung
von Hilfsnegativen nachgewiesen (Abb. 8) und wurde in hellenistischer und römischer Zeit das gebräuchliche Material zur
Anfertigung von Hilfsnegativen.12
Auch in nachantiker Zeit blieb die Abformung der Modelle
zur Anfertigung von Hilfsnegativen ein gebräuchliches Verfahren. Ein im Jahre 1911 bei Grabungen im Bereich der karolingischen Pfalz in Aachen gefundenes, seit 1954 verschollenes
Formstück mit Perlstab (Abb. 9) beweist, daß Hilfsnegative auch
in karolingischer Zeit beim Bronzeguß verwendet wurden.13
Die im frühen 11. Jahrhundert gegossenen Reliefs der
Bronzetür im Dom zu Augsburg (Abb. 10) können ebenfalls als
Beweis für die Verwendung von Hilfsnegativen herangezogen
werden.14 Von den insgesamt 35 Reliefplatten der Tür wurden
zehn doppelt und in fast völliger Gleichheit ausgeführt wurden.
Diese zehn Reliefpaare wurden in jeweils einem Model abgeformt und anschließend in Bronze gegossen. Die geringen Unterschiede zwischen den Bildpaaren können entweder durch Überarbeitung der im Model abgeformten Wachsmodelle oder durch
Nachbearbeitung des bereits gegossenen Reliefs erklärt werden.
Einen Beweis für die Verwendung des Wachsausschmelzverfahrens liefert die Inschrift auf einem Türzieher im Domschatz zu Trier (Abb. 11), der in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts gegossen wurde. Darin heißt es: »+Q[V]OD:FORE:
CERA:DEDIT:TVLIT:IG/NIS:[ET] ES:TIBI:REGDIT: – »
(»Was das Wachs vorgebildet hat, nahm das Feuer, und das Erz
hat es dir wiedergegeben.«)15
Die Inschrift auf dem bronzenen Grabmal des 1302 verstorbenen Bischofs Wolfhart von Roth im Augsburger Dom
(Abb. 12) beschreibt nicht nur das beim Wachsausschmelzverfahren übliche Ersetzen des Wachses durch Bronze, sondern
nennt auch den Künstler Otto, der das Wachsmodell schuf,
und den für den Guß des Werkes verantwortlichen Meister
7 Zweiteilige Gußform aus Stein zur Herstellung eines Bronzebeils, Fundort unbekannt, Bronzezeit, Berlin, Museum für Vorund Frühgeschichte
8 Gipsform zur Herstellung von Wachsmodellen für zwei Arme,
römisch, Frankfurt am Main, Liebieghaus
9 Fragment eines Formstücks mit Perlstab zur Herstellung eines
Wachsmodells, karolingisch, ehemals Aachen
14
Edgar Lein
Konrad: »OTTO ME CERA FECIT CVNRATQVE PER
ERA« (»Otto machte mich aus Wachs und Konrad aus Erz.«)16
Der Guß in Sandformen wurde nachweislich von Hans
Schwarz zur Herstellung nahezu identischer Medaillen nach
einem Modell verwendet. Der Künstler schuf zahlreiche überaus fein gearbeitete Holzmodelle mit den Bildnissen berühmter
Zeitgenossen, die dann von Bronzegießern in Nürnberg und
andernorts abgeformt und in Bronze oder einem anderen Metall
gegossen werden konnten. Das prominenteste Beispiel seiner
Kunst ist seine im Jahre 1520 aus Buchsbaumholz geschnittene
Dürerplakette (Abb. 13), die zur Herstellung zahlreicher
Dürermedaillen aus Silber, Bronze und Blei verwendet wurde.17
Die Schilderung der Bronzetechnik in Traktaten
10 Bronzetür, frühes 11. Jahrhundert, Augsburg, Dom
11 Bronzener Türzieher, zweite Hälfte 13. Jahrhundert, Trier,
Domschatzkammer
Die erste erhaltene Schilderung des Bronzegußverfahrens findet sich im dritten Buch der von dem Presbyter Theophilus im
ersten Drittel des 12. Jahrhunderts verfaßten »Diversarum artium schedula«.18 Darin beschrieb Theophilus ausführlich die
Herstellung eines Rauchfasses und den Guß einer Glocke nach
dem direkten Bronzegußverfahren.19 Obwohl das indirekte
Verfahren unter Verwendung von Hilfsnegativen bereits in der
Bronzezeit bekannt war und selbstverständlich in der Antike
und auch im Mittelalter zur Herstellung verwendet wurde,
erwähnte Theophilus dieses Verfahren nicht.
Das Abformverfahren mit Gips zur Herstellung der notwendigen Hilfsnegative wurde erstmals in dem um 1390 von
Cennino Cennini verfaßten »Libro dell’arte«, dem »Buch von der
Kunst«, beschrieben.20 Darin erläuterte Cennini ausführlich
sämtliche zur Abformung eines menschlichen Gesichtes notwendigen Arbeitsschritte und die Herstellung eines Bronzebildwerkes unter Verwendung der so gewonnenen Gipsnegative.21
Anschließend beschrieb er ein Verfahren zur Abformung von
Menschen und Tieren22 sowie ein Verfahren zur Abformung des
eigenen Körpers.23 Am Ende eines jeden Kapitels wies Cennini
darauf hin, daß die durch Abformung in Gips gewonnenen
Hilfsnegative zur Herstellung einer in Metall gegossenen Figur
verwendet werden konnten. Schließlich erläuterte er ein Verfahren zur Abformung von Bleifiguren mit Gips zur Vervielfältigung des Vorbildes in Gips.24
Nicht erhalten haben sich Leon Battista Albertis »Tractatus
insuper artis aerariae« und Porcello de’Pandonis »Libellus de
arte fusoria«, zwei möglicherweise bedeutende, um die Mitte
des 15. Jahrhunderts abgefaßte Schriften zum Bronzeguß.25 Aus
dem 15. Jahrhundert sind nur Leonardo da Vincis Notizen
zum Guß des Pferdes für Francesco Sforzas Reiterstandbild in
Mailand erhalten.26 Leonardos unsystematische, offenbar spontan niedergeschriebene Bemerkungen zum Bronzeguß waren
nur zum persönlichen Gebrauch, nicht jedoch zur Vermittlung
technischer Hinweise an einen Leser gedacht. Aus den Notizen
und Zeichnungen zum Guß des Pferdes geht jedoch hervor,
daß Leonardo die Gußform des Pferdes unter Verwendung von
Hilfsnegativen herstellen und das Pferd im indirekten Bronzegußverfahren gießen wollte.
Eine systematische Anleitung zum Bronzeguß findet sich
in dem 1504 in Florenz gedruckten Traktat »De sculptura« von
Pomponius Gauricus.27 Mit diesem Werk wurde erstmals eine
Beschreibung des Bronzegusses vorgelegt, die für einen großen
Die Kunst des Bronzegießens, ihre Darstellung in Traktaten und die Bedeutung von Bronze
Leserkreis bestimmt war.28 In seinem Traktat wies Gauricus
darauf hin, daß auch kleinplastische Bildwerke hohl gegossen
werden sollten.29 Er bezeichnete das Abformverfahren als die
bequemste Art zur Herstellung von Skulpturen30 und beschrieb
verschiedene Verfahren zur Abformung eines Modells in Ton,
Gips, Wachs und Pulver.31
Umfassend beschrieb Vannoccio Biringuccio in seinem
1540 in Venedig gedruckten Traktat »De la pirotechnia«32 die
verschiedenen Verfahren zur Herstellung bronzener Bildwerke.
Dabei unterschied Biringuccio zwischen dem Guß von Statuen,
Geschützen und Glocken.33 In Biringuccios Traktat findet sich
eine ausführliche und sehr anschauliche Beschreibung der Herstellung eines Bronzebildwerkes nach dem direkten Bronzegußverfahren.34 Aber auch Biringuccio kannte die Vorzüge des
indirekten Herstellungsverfahrens und bezeichnete die Abformung von Bildwerken mit Gips nicht nur als bestens geeignet
zur Nachbildung flacher Reliefs, sondern auch großer, kompliziert gearbeiteter Figuren aus Bronze, Marmor oder gebranntem Ton.35 Zur Abformung kleinplastischer Bildwerke seien
außer Gips auch Stuck, Kleister, Tragant, Schwefel, Blei, Wachs
und alle diejenigen Materialien verwendbar, die zuerst weich
und formbar, dann jedoch durch Trocknen in der Wärme oder
Erstarren in der Kälte fest werden. Mehrfach wies Biringuccio
darauf hin, daß die durch Abformung gewonnenen Negative
mit Bronze oder einem anderen Metall ausgegossen werden
konnten.
Benvenuto Cellini schilderte die Herstellung und den Guß
von Bildwerken im zweiten Teil seines 1565 abgefaßten und
1568 in Florenz gedruckten Werkes »I trattati dell’oreficeria e
della scultura«.36 Ergänzend dazu kann der sehr persönliche
Bericht über die Herstellung und den Guß der Figur des
Perseus in der »Vita di Benvenuto Cellini« herangezogen werden.37 Cellini, der das direkte Verfahren am Beispiel des von
ihm für Fontainebleau geschaffenen Portalreliefs und der Figur
des Perseus beschrieb, 38 erläuterte in seiner Abhandlung über
die Skulptur auch das indirekte Bronzegußverfahren und wies
ausdrücklich auf die Vorteile des Verfahrens hin, bei dem das
Modell unversehrt blieb.39 Dennoch schilderte er die Herstellung der kolossalen und in einem Stück gegossenen Figur des
Perseus sowohl in der Abhandlung über die Skulptur als auch
in seiner Lebensbeschreibung nach dem direkten Verfahren.40
Ob die Figur tatsächlich im direkten Verfahren hergestellt
wurde oder Cellini dies nur vorgab, um die Einmaligkeit des
künstlerischen Schaffensprozesses bei der Herstellung seiner
bedeutendsten Bronzefigur zu betonen, kann derzeit nicht
geklärt werden.41
Schließlich widmete Giorgio Vasari dem Bronzeguß ein
Kapitel in seinem Traktat »Della scultura«, der den 1550 und
1568 in Florenz veröffentlichten Viten vorangestellt wurde.
Darin beschrieb er den Guß von Bronzebildwerken nach dem
indirekten Verfahren unter Verwendung von Gipsnegativen
sowie alle weiteren, im Anschluß an den Guß auszuführenden
Arbeiten.42
Ausführlich und erstmals in deutscher Sprache wurde die
Herstellung bronzener Bildwerke nach dem indirekten Verfahren
von Johann Kunckel von Löwenstern in der 1696 gedruckten
»Curieusen Kunst- und Werck-Schul Erster Theil/Lehrend
allerhand sehr nützliche und bewährte Feuer-Künste ...«
beschrieben.43
15
12 Grabmal des Bischofs Wolfhart von Roth, gest. 1302, Augsburg, Dom
Die Technik des indirekten Bronzegußverfahrens wurde
auch von dem französischen Kunsttheoretiker André Félibien
in seinem 1697 in Paris veröffentlichten Traktat »Des principes
de l’architecture, de la sculpture, et de la peinture« geschildert. 44
Mit außergewöhnlicher Detailgenauigkeit wurden die
Herstellung der Gußformen und der im indirekten Verfahren
16
Edgar Lein
vorgenommene Guß der Reiterstandbilder Ludwigs XIV. und
Ludwigs XV. von Germain Boffrand und Pierre Jean Mariette
beschrieben. Boffrands 1743 in Paris veröffentlichte »Description de ce qui a été pratiqué pour fondre en bronze d’un seul
jet la figure équestre de Louis XIV« der von François Girardon
entworfenen und 1699 von Johann Balthasar Keller in einem
Stück gegossenen Statue Ludwigs XIV. besticht durch zahlreiche in Kupfer gestochene Tafeln, die das schwierige und
überaus aufwendige technische Verfahren erstmals anschaulich
illustrieren.45 Diese Schilderung wird noch übertroffen durch
Mariettes 1768 publizierte »Description des travaux qui ont
précédé, accompagné et suivi la fonte en bronze d’un seul jet
de la statue équestre de Louis XV«, in der die verschiedenen
Arbeitsschritte an der von Edmonde Bouchardon modellierten
und von Pierre Gor gegossenen Reiterstatue sowie die Lage
und Architektur der Gießerei ausführlich beschrieben und
abgebildet sind.46
Boffrands Beschreibung des Gusses des Reiterstandbildes
für Ludwig XIV. sowie einige der in seinem Buch veröffentlichten Kupferstiche bildeten die Grundlage für den Artikel
über den Guß bronzener Reiterstandbilder in Denis Diderots
1751 bis 1780 in Paris herausgegebener Enzyclopädie.47
Auch die 1770 von Peter Nathanael Sprengel herausgegebene Schilderung des Bronzegusses beschreibt das indirekte
Bronzegußverfahren.48 In dem Kapitel über die Rot-, Stückund Glockengießer wird die Abformung eines kleinen Holzmodells mit Lehm in zwei Hälften erklärt.49 In einem eigenen
Kapitel wird schließlich der Guß metallener Statuen sowohl im
direkten als auch im indirekten Herstellungsverfahren beschrieben.50 Wiederum wird Lehm anstelle von Gips zur Abformung des Modells empfohlen, weil dieser fester und nicht
so brüchig sei.51
Bis zum 19. Jahrhundert blieb das indirekte Bronzegußverfahren das allgemein übliche Verfahren zur Herstellung von
Bronzebildwerken. In seiner 1802 in Florenz gedruckten
»Istruzione elementare per gli studiosi della scultura« beschrieb
Francesco Carradori den Guß von Bronzebildwerken nach
dem direkten und indirekten Verfahren.52
Der große Vorteil des indirekten Herstellungsverfahrens
liegt im kontrollierbaren Auftrag der Wachsschicht im Inneren
der Hilfsnegative. Durch eine Wachsschicht von gleichmäßiger
Stärke konnten nicht nur die Risiken beim Bronzeguß, sondern auch die Kosten des Bronzebildwerkes gesenkt werden.
Dementsprechend wurde die Herstellung besonders dünnwandiger Bronzebildwerke zum höchsten Ideal erhoben.
Als erster hatte Leon Battista Alberti die Herstellung
besonders dünnwandiger Bronzebildwerke gefordert, um den
Materialwert gering zu halten.53 Von Vannoccio Biringuccio
wurde die Herstellung hohl und dünnwandig gegossener
Bildwerke zur höchsten Meisterschaft erklärt.54 Auch Benvenuto Cellini und Giorgio Vasari empfahlen, die Wachsschicht im
Inneren der Gipsnegative von der Stärke eines Messerrückens
zu machen.55
Der Bronzeguß in Sandformen in den Traktaten
Der Bronzeguß in Sandformen wurde erstmals in Cennino
Cenninis »Buch von der Kunst« beschrieben und zur Herstellung
13 Hans Schwarz, Dürerplakette, 1520, Buchsbaumholz, Braunschweig, Herzog Anton Ulrich-Museum
von Abgüssen nach Münzen oder Siegeln empfohlen. Cennini
wies darauf hin, daß diese Gegenstände leicht in Wachs oder
Teig abgeformt werden können.56 Zum Guß der abgeformten
Gegenstände in Silber, Blei oder einem anderen Metall empfahl
er eine Paste aus Asche und Salz, die nach dem Trocknen sehr
widerstandsfähig sei.57
Im Anschluß an seine Ausführungen zum Bronzeguß erwähnte Pomponius Gauricus in seinem Traktat »De sculptura«
ein Abformverfahren mit fein gemahlenen Pulvern, welches zur
Herstellung von Kopien kleinformatiger Gegenstände geeignet
sei.58 Gauricus widmete sich jedoch verstärkt der Beschreibung
der unterschiedlichen Formerden, weniger der Schilderung des
eigentlichen Abformverfahrens.
Ausführlich schilderte Vannoccio Biringuccio in seinem
Buch »De la pirotechnia« den Bronzeguß kleinformatiger
Bildwerke in Sandformen.59 Bereits in der Vorrede zum achten
Buch der »Pirotechnia«, welches dem Guß kleinplastischer Bildwerke gewidmet ist, wies Biringuccio darauf hin, daß kleine
Bildwerke besser in Sandformen gegossen werden sollten, weil
das Verfahren leichter zu handhaben, weniger arbeitsaufwendig
und deshalb kostengünstiger zu bewerkstelligen sei als das
Wachsausschmelzverfahren.60 Wie Pomponius Gauricus, so beschrieb auch Biringuccio verschiedene Rezepturen zur Herstellung der für das Abformverfahren benötigten Sande.61 Zur
Stabilisierung der Sandformen empfahl er, den Sand mit Salzwasser zu vermischen. Anstelle des Salzwassers könnten jedoch
auch Wein, Harn oder Essig als Bindemittel verwendet werden.62 Außerdem schilderte er den Bronzeguß in feuchten
Sandformen.63
Eine ausführliche Beschreibung der Abformung und Vervielfältigung von Medaillen oder Flachreliefs findet sich in dem
1558 in Pesaro gedruckten Buch der »Secreti« des Alessio
Piemontese.64 Im Anschluß daran werden die Zubereitung von
Die Kunst des Bronzegießens, ihre Darstellung in Traktaten und die Bedeutung von Bronze
17
sieben verschiedenen Sanden sowie die Färbung der aus verschiedenen Metallen gegossenen Kopien beschrieben.65
Für Benvenuto Cellini war der Guß in Sandformen von
geringer Bedeutung. In den »Abhandlungen über die Goldschmiedekunst und die Skulptur« schilderte er das Prägen in
Prägestöcken als das am besten zur Herstellung von Medaillen
geeignete Verfahren. Er wies darauf hin, daß Sandformen von
den Gelbgießern zur Herstellung der Buckel und des Zierrats
am Pferdegeschirr verwendet würden, und beschrieb das Sandformverfahren als eines von zwei möglichen Verfahren zur
Herstellung von Siegeln.66 Seiner kurzen, aber präzisen Beschreibung der Herstellung von Siegeln ist zu entnehmen, daß er
eine zweiteilige Kastenform zum Guß der Siegel verwendete.
Die Herstellung eines Kerzenleuchters nach dem Sandformverfahren wurde auch von Denis Diderot in seiner Enzyclopädie beschrieben und mit Abbildungen illustriert.67 Schließlich
findet sich in Peter Nathanael Sprengels Abhandlung über die
Messing- und Eisenarbeiten eine Beschreibung über den Guß
in Sandformen. Sprengel wies ausdrücklich darauf hin, daß
dieses Verfahren nicht von den Rot-, Stück- und Glockengießern, sondern von den Gelbgießern angewendet werde.68
Der Ruhm der Bronzegießer
Benvenuto Cellini wies in seiner Abhandlung über die Skulptur
darauf hin, daß die unsäglichen Mühen, welche ein Künstler
oder Bronzegießer bei der Vorbereitung der Gußform auf sich
nehmen müsse, durch mancherlei schreckliche Zufälle beim
Guß der Bildwerke zunichte gemacht werden können.69
Wegen der großen technischen Schwierigkeiten, die bei den
Vorbereitungen der Gußform und beim Guß bronzener Bildwerke bewältigt werden mußten, konnten Künstler oder Bronzegießer, die in der Lage waren, ein Bronzebildwerk zu gießen,
außerordentlich berühmt werden. Das hohe Ansehen und das
Selbstbewußtsein der Bronzegießer wird in zahlreichen Inschriften auf den von ihnen geschaffenen Bildwerken, in denen
auch die Namen der Künstler oder Bronzegießer genannt werden, offenbar.
Bereits im Alten Testament werden Tubalkain70 als Stammvater aller Erz- und Eisenschmiede, Bezalel71, der Schöpfer der
goldenen, silbernen und bronzenen Geräte für die Stiftshütte,
und Hiram von Tyrus72, der im Auftrag des Königs Salomo die
Säulen und Geräte für den Tempel in Jerusalem in Bronze goß,
namentlich genannt. Folglich konnten die Namen der Bronzegießer auch die von ihnen geschaffenen Werke überdauern und
unsterblich werden lassen.
Der griechische Schriftsteller Pausanias erwähnte die Bronzegießer Rhoikos und Theodoros aus Samos, weil diese als erste
in der Lage gewesen seien, Bronze zu schmelzen und Statuen
zu gießen.73 Die Erfindung des indirekten Herstellungsverfahrens wurde von Plinius dem antiken Bronzegießer Lysistratos
aus Sikyon zugeschrieben. Dieser Künstler habe das Verfahren
zur Herstellung von Abgüssen nach Standbildern entwickelt,
und dieses Verfahren sei so verbreitet gewesen, daß niemand
ein Bildwerk hergestellt habe, ohne zuvor ein Tonmodell herzustellen und dieses abzuformen.74
Auch im Mittelalter konnten bronzene Bildwerke mit den
Namen der Künstler und Bronzegießer versehen werden. Die
14 Bronzetür (Marktportal), um 1000, Mainz, Dom
15 Bronzener Türzieher, zweite Hälfte 13. Jahrhundert, Trier,
Domschatzkammer
18
Edgar Lein
auf dem Rahmen der beiden um 1000 gegossenen Flügel der
Bronzetür am Mainzer Dom (Abb. 14) angebrachte Inschrift:
»+ POSTQVA[M] MAGNV[S] IMP[ERATOR] KAROLVS /
SVV[M] ESSE IVRI DEDIT NATVRAE/+WILLIGISVS
ARCHIEP[ISCOPV]S EX METALLI SPECIE / VALVAS
EFFECERAT PRIMVS/BERENGERVS HVIVS OPERIS
ARTIFEX LECTOR / VT P[RO] EO D[EV]M ROGES
POSTVLAT SVPPLEX« (»Nachdem der große Kaiser Karl sein
Leben der Natur zurückgegeben hatte, war Erzbischof Willigis
der erste, der aus Metall hat Türflügel machen lassen. Berenger,
der Künstler dieses Werkes, bittet inständig, o Leser, du mögest
zu Gott für ihn beten.«)75 kündet nicht nur vom Stolz des
Erzbischof Willigis, der das Werk in Auftrag gegeben hatte und
erstmals seit Karl dem Großen Türen aus Bronze anfertigen
ließ, sondern überliefert auch den Namen des ausführenden
Künstlers Berenger.
Auch die Inschrift auf einem Türzieher (Abb. 15) im Domschatz zu Trier: »+ MAGISTER NICOLAVS+[ET] MAGISTER . IO/HANNES:DE:BINCIO. NOS. FECERONT.«
(»Meister Nicolaus und Meister Johannes aus Bingen [oder
Binche in Belgien] haben uns gemacht.«)76 nennt Namen und
Herkunft der ausführenden Meister Nikolaus und Johannes.
Die Kunst des Bronzegießens wurde so hoch geschätzt, daß
man den Bronzegießern Riquin und Waismuth erlaubte, ihr
Bild an der Bronzetür anzubringen und inschriftlich zu kennzeichnen (Abb. 16, 17). Die in der Magdeburger Gießhütte um
die Mitte des 12. Jahrhunderts gegossene Bronzetür am Westportal der Sophien-Kathedrale in Nowgorod zeigt die Bildnisse
des Meisters Riquin mit der Inschrift: »RIQVIN ME FEC[IT]«
und seines Gehilfen Waismuth, das mit »VVAISMVTH«
beschriftet ist.77
Die Inschriften lassen vergessen, daß der Bronzeguß zu
allen Zeiten ein technisches Unterfangen war, welches die
größte Sorgfalt bei der Anfertigung der Gußform und den
Vorbereitungen zum Guß erforderte. Ein Beispiel für das
Scheitern eines Künstlers auf dem Gebiet der Bronzegießerei
bietet die um 1515 entstandene bronzene Madonna mit Kind
(Abb. 18), die vermutlich von einem Bronzegießer nach einem
Modell des Landshuter Bildschnitzers Hans Leinberger gegossen wurde.78 Obwohl die Figur zahlreiche Gußfehler aufweist,
wurde sie nicht sofort wieder eingeschmolzen, sondern von
den Gußkanälen befreit, weiter bearbeitet und schließlich im
Rathaus zu Moosburg als bewunderungswürdiges Kunstobjekt
ausgestellt. Dies ist der Beweis dafür, daß die offensichtlichen
Mängel der Figur hinter dem kühnen Unterfangen, eine solche Figur in Bronze zu gießen, und der außergewöhnlichen
künstlerischen Qualität des Werkes zurücktraten.
16 Bronzebildnis des Meisters Riquin, Mitte des 12. Jahrhunderts, Nowgorod, Westportal der Sophien-Kathedrale
17 Bronzebildnis des Gehilfen Waismuth, Mitte des 12. Jahrhunderts, Nowgorod, Westportal der Sophien-Kathedrale
Die Kunst des Bronzegießens, ihre Darstellung in Traktaten und die Bedeutung von Bronze
19
Zur Bedeutung von Bronze
Zu den untrennbar mit Bronze verbundenen Eigenschaften gehören die Kostbarkeit des Materials und seine Dauerhaftigkeit.
Beide machten den Werkstoff Bronze zum idealen Ausdrucksträger herrschaftlicher Machtvollkommenheit und ewiger
Regentschaft.79
Die Kostbarkeit des Materials folgt aus der Tatsache, daß
Kupfer und Zinn – zwei Hauptbestandteile der Legierung
Bronze – nur in bestimmten Regionen anstehen und nur im
Bergbau und mittels aufwendiger Verhüttungstechnik zu gewinnen waren. Im Gegensatz zu Stein, der nahezu überall zur
Bearbeitung verfügbar ist, wurde Kupfer vor allem im Harz, im
Erzgebirge und in Tirol, Zinn aber vor allem in Cornwall abgebaut. Bronze mußte demzufolge von Händlern auf den internationalen Märkten erworben und über weite Strecken zu den
Orten gebracht werden, an denen Bildwerke aus Bronze gegossen werden sollten.80
Ein wichtiges Argument für die Verwendung von Bronze
zur Herstellung von Bildwerken war die bereits seit der Antike
anerkannte Dauerhaftigkeit und Beständigkeit des Materials.81
Horaz bezeichnete sein dichterisches Werk als dauerhafter als
alle Bronzebildwerke und verwies damit auf die dem Material
eigene Qualität.82 Plinius berichtete, daß nur diejenigen Menschen mit bronzenen Bildwerken geehrt wurden, die aufgrund
hervorragender Leistungen einer dauerhaften Erinnerung für
würdig befunden worden waren. So habe man zuerst in
Olympia bronzene Statuen berühmter Sportler aufgestellt und
sei schließlich in allen Städten des Landes dazu übergegangen,
berühmten Menschen Standbilder aus Bronze zu errichten.83
Weiter ist durch Plinius überliefert, daß jeder Ort durch die
Aufstellung bronzener Bildwerke nobilitiert werde.84
Wegen der dem Material eigenen Dauerhaftigkeit wurden
in der Antike auch die Gesetzestexte in Tafeln aus Bronze eingraviert und verewigt.85 Eine solche bronzene Tafel mit römischen Gesetzestexten – die Lex Regia de Imperio Vespasiani aus
dem Jahre 69 n. Chr. – befindet sich im Kapitolinischen
Museum in Rom.86 Auch in nachantiker Zeit wurden Bronzetüren mit Inschriften versehen, um für alle Zeiten den
Wortlaut zu verkünden. So ließ Papst Hadrian eine vermutlich
antike Bronzetür an Sankt Peter in Rom aufstellen und mit
einer Inschrift versehen, in der sämtliche ihm von Karl dem
Großen zugesprochene Territorien aufgelistet wurden.87 Auch
auf den Flügeln der Bronzetür am Dom zu Mainz (Abb. 14)
wurde der Wortlaut eines von Erzbischof Adalbert I. den
Bürgern der Stadt 1119/22 gewährten und 1135 bestätigten
Privilegs, das für alle Zeiten Gültigkeit haben sollte, eingraviert.88
In der Renaissance begründete Leon Battista Alberti seine
Forderung, Götterbilder aus Bronze herzustellen, mit der
Dauerhaftigkeit des Materials.89 Auch Filarete verwies unter
ausdrücklichem Hinweis auf die für den Tempel in Jerusalem
geschaffenen Bronzebildwerke auf die Dauerhaftigkeit des
Materials.90
Wegen der dem Material zugesprochenen Eigenschaft der
Dauerhaftigkeit wurde Bronze zum idealen Werkstoff für jede
Art von Gedenktafeln und Denkmälern wie Standbildern,
Reiterstandbildern und Grabmälern. Kaiser, Könige, Bischöfe
und Fürsten ließen Bronzebildwerke und Grabmäler aus Bronze
18 Hans Leinberger, Madonna mit Kind, um 1515, Bronze,
Berlin, Staatliche Museen, Skulpturensammlung
errichten, um den dauerhaften Anspruch ihrer Herrschaft und
das ewige Bestehen der Dynastie zum Ausdruck zu bringen.
In der von Plinius beschriebenen Weise wurden auch in
nachantiker Zeit Bronzebildwerke zur Nobilitierung bestimmter Orte oder Städte errichtet. So wie die auf dem Lateransplatz
in Rom aufgestellten, später zum Kapitol verbrachten antiken
Bronzebildwerke (das Reiterstandbild des Marc Aurel, die
Wölfin, der Dornauszieher sowie die Reste der Kolossalstatue
des Kaisers Konstantin) die Herrschaft des Papstes bestätigten
und Rom als Hauptstadt der Welt auswiesen, wurden auch in
anderen Städten Bildwerke aus Bronze als Zeichen herrschaftlicher Gewalt und Sinnbild der rechtmäßigen Nachfolge des
römischen Reiches geschaffen und errichtet. Diese Städte standen in enger Verbindung zu den Herrschern oder Auftraggebern, die reich und mächtig genug waren, ihren Regierungssitz mit Bronzebildwerken auszuschmücken.
Zur Bekräftigung seines Herrschaftsanspruches und zur
Nobilitierung der neuen Hauptstadt des Reiches wurden unter
Karl dem Großen zahlreiche Bronzebildwerke in Aachen gegossen und aufgestellt.91 Aus dem gleichen Grund ließen Bischof
20
Edgar Lein
Bernward in Hildesheim92 und Heinrich der Löwe in Braunschweig93 Bronzebildwerke gießen und aufstellen. Begünstigt
durch die reichen Erzlagerstätten im Harz bildete sich auch
Magdeburg im 12. Jahrhundert zu einem Zentrum der Bronzebildnerei heraus. Im 15. und 16. Jahrhundert wurde Nürnberg
durch die Werkstatt der dort ansässigen Familie Vischer zu
einem bedeutenden Zentrum der Bronzebildnerei. Die zahlreichen Bronzebildwerke für das in der Innsbrucker Hofkirche
errichtete Grabmal Kaiser Maximilians I. führten zur Einrichtung einer eigenen Bronzegießerei in Mühlau bei Innsbruck.
Im 16. und 17. Jahrhundert wurden Augsburg und München
zu Zentren der Bronzebildnerei. Die Bevorzugung von Skulpturen aus weißem Marmor führte im 18. Jahrhundert zu einem
Niedergang der Bronzekunst in Deutschland, aber auch zuvor
hatte es kaum jemals eine kontinuierlich über mehrere Generationen arbeitende Werkstatt für Bronzebildwerke gegeben.
Weil die Herstellung von Bronzebildwerken aufwendig und
teuer war, wurde sie in Kriegszeiten zugunsten des Geschützgusses zurückgestellt und in Notzeiten sogar ganz eingestellt.
Selbst als im 19. Jahrhundert Bronzedenkmäler in großer
Zahl in allen Städten errichtet wurden, blieb Bronze wesentlich teurer und damit kostbarer als Marmor.94 Der Versuch, die
Herstellungskosten gegossener Bildwerke durch die Verwendung des preiswerteren Materials Zink zu ersetzen,95 war letztlich zum Scheitern verurteilt, weil nicht allein künstlerische
und handwerkliche Qualitäten für die Wertschätzung gegossener
Bildwerke ausschlaggebend waren, sondern die mit dem
Material Bronze verbundenen Eigenschaften Kostbarkeit und
Dauerhaftigkeit die entscheidenden Kriterien für die Beurteilung von Bildwerken blieben.
Diese Qualitäten ließen Bronze zum idealen Werkstoff für
Grabmäler werden, weil damit nicht nur die rechtmäßige
Herrschaft, sondern auch das ewige Andenken der Verstorbenen in angemessener Weise zum Ausdruck gebracht werden
konnten. Waren es im Mittelalter vorwiegend Bischöfe, die
sich in bronzenen Grabmälern bestatten ließen, so nutzten seit
der Renaissance auch weltliche Herrscher bronzene Grabmäler
zu einer über den Tod hinausreichenden Repräsentation.
Zu den bedeutenden bronzenen Grabmälern gehören die
Grabplatte des Erzbischofs Friedrich von Wettin (gest. 1152),
des Erzbischofs Wichmann (gest. 1192) und das 1495 vollendete Grabmal des Erzbischofs Ernst von Wettin (gest. 1513) im
Magdeburger Dom, die Grabmäler des Erzbischofs Konrad
von Hochstaden (gest. 1261) und des Erzbischofs Friedrich
von Saarwerden (gest. 1414) im Kölner Dom sowie die bronzene Grabplatte des Bischofs Sigismund von Würzburg (gest.
1457) im Dom zu Meißen. Hinzu kommen die bronzenen
Grabmäler für den Gegenkönig Rudolf von Schwaben (gest.
1080) im Merseburger Dom sowie für die Kurfürsten Friedrich
den Streitbaren (gest. 1428) und Friedrich den Sanftmütigen
(gest. 1464) im Dom zu Meißen.
Von außergewöhnlicher herrschaftlicher Macht und Finanzkraft zeugen die im Laufe des 16. Jahrhunderts in der Gießerei
Mühlau bei Innsbruck für das Grabmal Kaiser Maximilians I.
in der Innsbrucker Hofkirche gegossenen Bronzefiguren. Ähnlich aufwendig wurde die im Auftrag des Kurfürsten August
errichtete Grablege der Wettiner im Chor des Domes zu Freiberg mit den 1589 bis 1594 von Carlo di Cesare geschaffenen
Bronzefiguren Herzog Heinrichs des Frommen (gest. 1541)
19 Carlo di Cesare, Herzog Heinrich der Fromme, um 1590,
Freiberg, Domchor
und seiner Frau Katharina (gest. 1561) sowie seiner Nachkommen ausgestaltet (Abb. 19). Auch das 1622 errichtete Grabmal
Kaiser Ludwigs des Bayern in der Münchner Frauenkirche
wurde zum Ausdruck weltlicher Macht und über den Tod hinaus dauernden Gedenkens in Bronze ausgeführt.
Bronze war das ideale Ausdrucksmittel für den Herrschaftsanspruch und den ewig dauernden Bestand der Dynastien.
Weil das Leben der Herrscher endlich und ihre Macht begrenzt
war, kam es immer wieder und an den verschiedensten Orten
zur Ausbildung von Zentren bronzebildnerischen Schaffens.
Diese hatten jedoch in der Regel nur kurzen Bestand, weil ein
Wechsel in der Erbfolge, der Tod eines Herrschers oder das
Ende einer ganzen Dynastie zum Abbruch der oftmals gigantischen Planungen für die Ausstattung der Residenzstädte mit
Bronzebildwerken führte. Eine über mehrere Generationen bestehende oder sogar über Jahrhunderte andauernde Produktion
von Bronzebildwerken an einem Ort gab es kaum. Eine seltene Ausnahme ist die Werkstatt der Familie Vischer, die über
mehrere Generationen und einen Zeitraum von über einhundert Jahren in Nürnberg bestand, weil sie nicht nur im Auftrag
der Stadt Nürnberg arbeitete, sondern Auftraggeber in ganz
Die Kunst des Bronzegießens, ihre Darstellung in Traktaten und die Bedeutung von Bronze
Deutschland mit hochwertigen Bronzebildwerken – insbesondere Grabdenkmälern – belieferte.96
Der hohe Materialwert und der repräsentative Charakter der
Bronze waren Gründe für die Zerstörung zahlreicher Bronzebildwerke. Als Kriegsbeute wurden Statuen verschleppt, zerstört und eingeschmolzen. Die Verwendung von Metallresten
oder Fragmenten von Bronzebildwerken ist seit antiker Zeit
überliefert. Bereits im Alten Testament wird ausführlich geschildert, daß die von Hiram von Tyrus geschaffenen Bronzebildwerke für den Tempel von Jerusalem bei der Eroberung der
Stadt durch die Chaldäer zerstört und als Kriegsbeute nach
Babylon geschafft wurden.97 Plinius berichtet davon, daß Spurius
Carvilius die im Krieg gegen die Samniten erbeuteten Waffen
und Rüstungen zum Guß einer Jupiterstatue einschmelzen
ließ.98 Auch im Mittelalter und in der Neuzeit blieben selbst
außergewöhnliche Bronzebildwerke nicht vor der Zerstörung
verschont. In seinem »Buch von den Bildsäulen« beklagt der
byzantinische Schriftsteller Niketas Choniates den Verlust zahlreicher Bronzebildwerke, die nach der Eroberung Konstantinopels durch venezianische Truppen im Jahre 1204 zerschlagen
und nach Venedig verbracht wurden.99 Nur die vier Bronzepferde wurden unversehrt nach Venedig gebracht und als
Siegestrophäe und Zeichen der Seeherrschaft Venedigs über
dem Portal von San Marco aufgestellt.100
Um die Zerstörung bronzener Bildwerke zu verhindern,
riet Leon Battista Alberti den Künstlern, Bronzestatuen von
möglichst geringer Wandstärke zu gießen. Nur wenn der künstlerische Wert der Bronzestatuen den reinen Materialwert übersteige, seien die Werke dauerhaft vor der Habgier der Menschen
und der Zerstörung geschützt.101
Anmerkungen
1 Nach wie vor grundlegend und als Einführung in die gußtechnischen Verfahren bestens geeignet sind die Arbeiten von Lüer,
Hermann: Technik der Bronzeplastik. (= Monographien des
Kunstgewerbes IV. Hrsg. von Jean Louis Sponsel), Leipzig o. J.
(1902) und Büll, Reinhard: Bronze- und Feinguß nach dem
Wachsausschmelzverfahren. In: Vom Wachs. Hoechster Beiträge
zur Kenntnis der Wachse. Bd. 1. Beitrag 3. Frankfurt am MainHoechst 1959. Eine Geschichte des Bronzegusses in Deutschland
kann hier nicht geschrieben werden. Vgl. dazu Lüer, Hermann
und Max Creutz: Geschichte der Metallkunst. Erster Band: Kunstgeschichte der unedlen Metalle. Schmiedeeisen, Gußeisen, Bronze,
Zinn, Blei und Zink. Stuttgart 1904 sowie den Artikel über
Bronzeplastik von Weihrauch, Hans Robert: Bronze, Bronzeguß,
Bronzeplastik. In: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte.
Hrsg. von Otto Schmitt, Bd. 2. Stuttgart 1984. Spalte 1182 –1216,
hier Spalte 1189 –1214.
2 Zur Technik des Bronzegusses bei kleinfigurigen Bildwerken vgl.
Stone, Richard E.: Antico and the Development of Bronze Casting
in Italy at the End of the Quattrocento. In: Metropolitan Museum
of Art Journal 16 (1981), S. 87–116; Blume, Dieter: Zur Technik
des Bronzegusses in der Renaissance. In: Natur und Antike in der
Renaissance. Katalog der Ausstellung im Liebieghaus, Museum
alter Plastik in Frankfurt am Main. 5. 12. 1985 – 2. 3. 1986.
Frankfurt am Main 1985, S. 18 – 23 und Bewer, Francesca: »Del
formare e del getto« – Vom Modellieren und vom Gießen. Die
Herstellung von Bronzestatuetten im 16. Jahrhundert. In: Von
allen Seiten schön. Bronzen der Renaissance und des Barock.
Katalog der Ausstellung der Skulpturensammlung der Staatlichen
Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz im Alten Museum.
31.10.1995 – 28.1. 1996. Hrsg. von Volker Krahn, Berlin 1995,
S. 82 – 91.
3 Die Bezeichnung Sandguß ist irreführend, da zwar die Gußformen aus Sand gefertigt werden, der Guß jedoch mit Bronze
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oder einem anderen Metall vorgenommen wird. Lüer 1902 (wie
Anm. 1), S. 94 spricht von der Sandformerei.
Die Herstellung eines Bronzebildwerkes in Sandformen wird
anschaulich erläutert in: Schulz, Paul Otto und Ulrich Baatz:
Bronzegießerei Noack. Kunst und Handwerk. Ravensburg
1993, S. 186 –188.
Zur Herstellungstechnik von Medaillen vgl. Tuttle, Patricia: An
Investigation of the Renaissance Casting Techniques of IncuseReverse and Double-Sided Medals. In: Italian Medals. Studies in
the History of Art 21. Hrsg. von Graham Pollard. Washington
1987, S. 205 – 212.
Beim modernen Guß in Sandformen wird der Sand zur Stabilisierung mit Schamotte oder Betonit versetzt.
Zur Technik des Sandformverfahrens im 19. Jahrhundert vgl.
Wüst, Fritz: Handbuch der Metallgießerei. Enthaltend die Arbeitseigenschaften der Metalle und Legierungen sowie praktische
Anleitung zur Herstellung von Gußstücken in Bronze, Rot- und
Gelbguß, Weißmetall, Gold, Silber, Zink, Blei, Zinn u.s.w.
Weimar 18972, S. 171–193: Die Kastenformerei; S. 193 – 218: Die
Kunst- und Bildformerei, darin: S. 197– 201: Das Hohlformen
von flachen Gegenständen, wie Medaillons, Reliefs und dgl.;
S. 201– 204: Das Hohlformen von Büsten, Statuetten u.s.w.;
S. 204 – 208: Das Formen größerer Statuen in Sand sowie Lüer
1902 (wie Anm. 1), S. 94 – 98.
Wüst 18972 (wie Anm. 7), S. 204.
Lüer 1902 (wie Anm. 1), S. 117.
Wüst 1897 (wie Anm. 7), S. 213 – 217: Das deutsche Wachsausschmelzverfahren und Lüer 1902 (wie Anm. 1), S. 118–120.
Vgl. Goldmann, Klaus: Guß in verlorener Sandform – Das Hauptverfahren alteuropäischer Bronzegießer? In: Archäologisches
Korrespondenzblatt 11 (1981), S. 109 –116 und Goldmann,
Klaus: Bronzegußtechniken im prähistorischen Mitteleuropa. In:
Archäologische Bronzen, antike Kunst, moderne Technik. Hrsg.
von Hermann Born. Museum für Vor- und Frühgeschichte, Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz. Berlin 1985, S. 52 – 58.
Vgl. Bol, Peter C.: Antike Bronzetechnik. Kunst und Handwerk
antiker Erzbildner. (=Beck’s Archäologische Bibliothek. Hrsg. von
Hans von Steuben), München 1985, S. 110 –117.
Vgl. Braunfels, Wolfgang: Karls des Großen Bronzewerkstatt. In:
Karl der Große, Lebenswerk und Nachleben. Hrsg. von Wolfgang
Braunfels, Bd. 3: Karolingische Kunst. Düsseldorf 1965,
S. 168 – 202; Mende, Ursula: Die Bronzetüren des Mittelalters
800 –1200. München 1983, S. 24 und Grimme, Ernst Günther:
Bronzebildwerke des Mittelalters. Darmstadt 1985, S. 7.
Vgl. Mende 1983 (wie Anm. 13), S. 137–139.
Mende, Ursula: Die Türzieher des Mittelalters. (= Bronzegeräte
des Mittelalters. Begründet von Otto von Falke und Erich Meyer,
fortgeführt von Peter Bloch, Bd. 2. Denkmäler deutscher Kunst.)
Berlin 1981, S. 262, Kat. Nr. 128.
Vgl. Grimme 1985 (wie Anm. 13), S. 126 f.
Vgl. Mende, Matthias: Dürer-Medaillen und Münzen. Medaillen,
Plaketten von Dürer, auf Dürer, nach Dürer. Nürnberg 1983,
Nr. 65 und Maué, Hermann: Hans Schwarz in Nürnberg 1519 –
1520. In: The Medal 13 (1988), Autumn, S. 12 –17.
Theophilus: Des Theophilus Presbyter Diversarum artium schedula. (=Technik des Kunsthandwerks im zwölften Jahrhundert)
Hrsg., übersetzt und erläutert von Wilhelm Theobald, Berlin
1933. Neu hrsg. von Wolfgang von Stromer, Düsseldorf 1984.
Freise, Eckhard: Roger von Helmarshausen in seiner monastischen
Umwelt. In: Frühmittelalterliche Studien 15, 1981, S. 180 – 293
erbrachte den Nachweis, daß der Presbyter Theophilus mit dem
im 12. Jahrhundert tätigen Mönch Roger von Helmarshausen
gleichzusetzen ist und die Schrift um 1122/1123 entstand. Von
Wilhelm Theobald war das Werk des Theophilus ins 10. Jahrhundert datiert worden. Vgl. die Einleitungen von Wolfgang von
Stromer in Theophilus 1984, S. VIII– XII.
Theophilus 1984 (wie Anm. 18), S. 114 –120: Drittes Buch,
Kapitel LX. Das gegossene Rauchfaß; S. 152 –160: Drittes Buch,
Kapitel LXXXIV. Der Glockenguß.
Cennini, Cennino: Das Buch von der Kunst oder Traktat der
Malerei des Cennino Cennini da Colle di Valdelsa. Übersetzt, mit
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Edgar Lein
Einleitung, Noten und Register versehen von Albert Ilg. (= Quellenschriften für Kunstgeschichte und Kunsttechnik des Mittelalters und der Renaissance I) Wien 1871, S. 130 – 137.
Cennini 1871 (wie Anm. 20), S. 130 –134, Kapitel 182: Auf welche Weise man nach der Natur ein männliches oder weibliches
Gesicht [ab]formt; Kapitel 183: Auf welche Weise man für das
Atmen der Personen sorgt, deren Gesicht man abgießt; und
Kapitel 184: Wie man über dem Lebenden den Gips zum Abgusse gibt, wie man ihn wegnimmt und aufbewahrt und ihn in
Metall ausführt.
Cennini 1871 (wie Anm. 20), S. 134 f., Kapitel 185: Zeigt dir,
wie man einen ganzen nackten Mann oder eine Frau gießen kann,
oder ein Tier, oder in Metall ausführen.
Cennini 1871 (wie Anm. 20), S. 135 f., Kapitel 186: Wie man seine
eigene Person [ab]formen und dann in Metall ausführen kann.
Cennini 1871 (wie Anm. 20), S. 136, Kapitel 187: Bleifiguren zu
modellieren und, wie die Abdrücke mit Gips vervielfacht werden.
Diese Schriften werden in zwei um 1460 zu datierenden Briefen
des Hieronymus Aliotti aus Arezzo an den Florentiner Kanoniker
Niccolo Corbizo erwähnt. Die Briefe sind veröffentlicht bei
Heinrich Brockhaus in der Einleitung zu Pomponius Gauricus,
De sculptura. Mit Einleitung und Übersetzung neu hrsg. von
Heinrich Brockhaus. Leipzig 1886, S. 62 f.
Leonardo da Vincis Notizen über den Bronzeguß finden sich im
Codex Madrid II auf Fol. 141 r – Fol. 157 v. Die Einträge datieren vom 17.5.1491 und vom 20.12.1493. Letzte Ergänzungen
wurden möglicherweise im Jahr 1494 hinzugefügt. Vgl. Leonardo
da Vinci: Codices Madrid. Faksimile-Ausgabe. Transkription von
Ladislao Reti, Übersetzung von Gustav Ineichen, Friedrich
Klemm, Ludolf von Mackensen und Reinhilt Richter, 5 Bde.
Luzern und Frankfurt am Main 1974. Band I: Codex Madrid I;
Band II: Codex Madrid II; Band III: Kommentar; Band IV:
Codex Madrid I, Transkription und Übersetzung; Band V: Codex
Madrid II, Transkription und Übersetzung; hier Band III, S. 64.
Gauricus 1886 (wie Anm. 25), S. 223, 225, 227, 229, 231, 233,
235 und 237.
Die Abhandlung war so erfolgreich, daß sie 1528 in Antwerpen
und 1542 in Nürnberg erneut aufgelegt wurde. Weitere Auflagen
des Buches erschienen 1603 in Ursellis (=Brüssel?), 1609 in Antwerpen, 1622 in Straßburg und 1701 in Leiden. Vgl. Heinrich
Brockhaus in der Einleitung zu Gauricus 1886 (wie Anm. 25),
S. 8, Anm. 1 und Schlosser, Julius von: Die Kunstliteratur. Ein
Handbuch zur Quellenkunde der neueren Kunstgeschichte. Wien
1924, Nachdruck: Wien 1985, S. 218.
Gauricus 1886 (wie Anm. 25), S. 233.
Gauricus 1886 (wie Anm. 25), S. 229.
Gauricus 1886 (wie Anm. 25), S. 229, 231, 233 und 235.
Biringuccios Pirotechnia wurde 1550, 1558 und 1559 in Venedig
sowie 1678 in Bologna wiederaufgelegt. Französische Ausgaben
des Werkes wurden 1556, 1572 und 1627 in Paris veröffentlicht.
Vgl. Otto Johannsen in der Einleitung zu Vannoccio Biringuccio:
Biringuccios Pirotechnia. Ein Lehrbuch der chemisch-metallurgischen Technologie und des Artilleriewesens aus dem 16. Jahrhundert. Übersetzt und erläutert von Otto Johannsen, Braunschweig
1925, S. IX f.
Biringuccio 1925 (wie Anm. 32), S. 250 – 331: 6. Buch: Über die
Gießkunst im Allgemeinen und im Besonderen.
Biringuccio 1925 (wie Anm. 32), S. 270 f., 6. Buch, Kapitel 4:
Einzelheiten über die Arbeitsweise und die Verfahren zur Herstellung der Formen für Bronzefiguren.
Biringuccio 1925 (wie Anm. 32), S. 271– 277, 6. Buch, Kapitel 4:
Einzelheiten über die Arbeitsweise und die Verfahren zur Herstellung der Formen für Bronzefiguren.
Cellini, Benvenuto: Abhandlungen über die Goldschmiedekunst
und die Skulptur. Übersetzt und verglichen mit den Parallelstellen
aus Theophilus’ Diversarum artium schedula von Justus Brinckmann. Leipzig 1867. Nachdruck Osnabrück 1978.
Cellini, Benvenuto: Leben des Benvenuto Cellini, florentinischen
Goldschmieds und Bildhauers, von ihm selbst geschrieben. Übersetzt und mit einem Anhange herausgegeben von Johann Wolfgang von Goethe (1796). Mit einem Nachwort von Harald Keller,
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Frankfurt am Main 1981. Die Lebensbeschreibung wurde in den
Jahren 1558 bis 1566 verfaßt und verblieb nach Cellinis Tod im
Besitz der Familie. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts gab
es mehrere Abschriften der Handschrift. 1728 wurde das Werk in
Neapel erstmals gedruckt. Vgl. Schlosser 1924 (wie Anm. 28),
S. 320 f. und Harald Keller im Nachwort zu Cellini 1981, S. 554.
Zum Portalrelief vgl. Cellini 1978 (wie Anm. 36), S. 131 f.:
Kapitel I: Die Kunst des Bronzegusses. Zum Perseus vgl. Cellini
1978 (wie Anm. 36), S. 139 – 142 und Cellini 1981 (wie Anm. 37),
S. 400 – 410.
Cellini 1978 (wie Anm. 36), S. 133 –139: Kapitel III: Ein anderes
Verfahren, lebensgroße oder wenig größere Figuren in Bronze zu
gießen.
Cellini 1978 (wie Anm. 36), S. 139 –142 und Cellini 1981 (wie
Anm. 37), S. 400 – 410.
Möglicherweise liefert die von Giovanni Morigi durchgeführte,
derzeit noch nicht publizierte Restaurierung des Perseus eindeutige Beweise für die von Cellini zur Herstellung des Perseus verwendete Technik.
Bislang liegt keine vollständige deutsche Übersetzung des Traktats
vor. Vgl. dazu Vasari, Giorgio: Le vite de’ più eccellenti pittori,
scultori e architettori nelle redazioni del 1550 e 1568. Text hrsg.
von Rosanna Bettarini, Kommentar hrsg. von Paola Barocchi,
Florenz 1966 ff., hier Band 1, 1966, S. 96 –103, Capitolo XI, und
Roberto Panichi: La technica dell’arte negli scritti di Giorgio
Vasari. (=Saggi e documenti/105), Florenz 1991, S. 69 ff., Capitolo IV: Come si fanno i modelli per fare di bronzo le figure grandi e picciole, e come le forme per buttarle; come si armino di ferri,
e come si gettino di metallo, e di tre sorti bronzo; e come, gittate,
si cesellino e si rinettino; e come, mancando pezzi che non fussero
venuti, s’innestino e commettino nel medesimo bronzo.
Löwenstern, Johann Kunckel von: Der Curieusen Kunst- und
Werck-Schul Erster Theil/Lehrend allerhand sehr nützliche und
bewährte Feuer-Künste ...«. Nürnberg 1696, S. 451– 466: Cap.
LI. Die sehr schöne und rare Kunst/allerhand Sachen von Gold/
Silber und andern Metallen/rein und nett abzugießen; S. 466 –
477, Cap. LII.: Wie man Gips/das ist/Bilder von Gips/wieder
in Gips gießen/auch wie man Wachs hohl und ganz gießen; Item/
wächserne Bilder von Gips zu formen/und hernach selbige von
allerley Metallen hohl und ganz gießen kann/als da sind Bilder
oder Thiere/die eines Schuhes hoch sind; S. 477– 482, Cap. LIII.:
Figuren von allerhand Arten der Thiere/von Zinn/Silber und
Kupffer abzugießen/welche hohl und sehr leichte sind.
Félibien, André: Des principes de l’architecture, de la sculpture,
et de la peinture, et des autres arts qui en de’pendent. Paris 1697,
S. 231– 244: Livre second. De la sculpture, Chapitre V. De la
maniere de jetter les figures de bronze.
Boffrand, Germain: Description de ce qui a été pratiqué pour
fondre en bronze d’un seul jet la figure équestre de Louis XIV, elevée par la ville de Paris dans la Place de Louis le Grand, en Mil
Six Cens Quatre-Vingt-Dix-Neuf [1699]. Paris 1743.
Mariette, Pierre Jean: Description des travaux qui ont précédé,
accompagné et suivi la fonte en bronze d’un seul jet de la statue
équestre de Louis XV, le bien aimé. Paris 1768.
Diderot, Denis und Jean Le Rond d’Alembert: Encyclopédie, ou
dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métiers. Nouvelle
impression en facsimilé de la première édition de 1751–1780.
[Paris] Stuttgart-Bad Cannstadt 1996 f., Bd. 2, S. 436 – 443, Stichwort: Bronze. Die Abbildungen finden sich in Bd. 29, Stichwort:
Sculpture, Fonte des statues equestres. In Bd. 7, S. 79 wird unter
dem Stichwort: Fonderie auf weiterführende Stichworte, unter
anderm zum Geschützguß (Canon) und zum Glockenguß
(Cloches), verwiesen. Die Abbildungen dazu finden sich in Bd. 26,
Stichwort: Fonderie des canons; Fontes des cloches.
Peter Nathanael Sprengel: Handwerke und Künste in Tabellen, 5.
Sammlung: Messing- und Eisenarbeiter. Fortgesetzt von O. L.
Hartwig, Berlin 1770.
Sprengel 1770 (wie Anm. 48), S. 3 – 86, 1. Abschnitt: Der Roth-,
Stück- und Glockengießer, hier S. 13 –17.
Sprengel 1770 (wie Anm. 48), S. 75 – 86, IV. Das Gießen der
metallenen Statuen. Auf S. 78 – 80 findet sich die Beschreibung des
Die Kunst des Bronzegießens, ihre Darstellung in Traktaten und die Bedeutung von Bronze
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direkten, auf S. 80 – 84 die Beschreibung des indirekten Herstellungsverfahrens.
Sprengel 1770 (wie Anm. 48), S. 81.
Carradori, Francesco: Istruzione elementare per gli studiosi della
scultura. Florenz 1802, neu hrsg. von Gianni Carlo Sciolla. Florenz
1979, S. VII –XII: Articolo VI, Della formazione dei modelli in
gesso; S. XXX –XXXIII: Articolo XII, Dei lavori in bronzo ec.
sowie Tavola VI und XIV.
Alberti, Leon Battista: Zehn Bücher über die Baukunst. Ins Deutsche übertragen, eingeleitet und mit Anmerkungen und Zeichnungen versehen durch Max Theuer, Wien und Leipzig 1912.
Nachdruck Darmstadt 1975, S. 408.
Biringuccio 1925 (wie Anm. 32), S. 272.
Cellini 1978 (wie Anm. 36), S. 135; Vasari 1966 (wie Anm. 42),
Bd. 1, S. 103 und Panichi 1991 (wie Anm. 42), S. 77 f.
Cennini 1871 (wie Anm. 20), S. 136, Kapitel 188: Wie man eine
Münze in Wachs oder in der Paste [ab]bildet.
Cennini 1871 (wie Anm. 20), S. 137, Kapitel 189: Wie man ein
Siegel oder eine Münze mit Paste aus Asche [ab]formt.
Gauricus 1886 (wie Anm. 25), S. 229, 231, 233 und 235.
Biringuccio 1925 (wie Anm. 32), S. 384 – 397: 8. Buch: Die
Kleingießerei, hier besonders S. 391– 396: 5. Kapitel: Das Formen
verschiedener Bildwerke.
Biringuccio 1925 (wie Anm. 32), S. 384 f. auch S. 388.
Biringuccio 1925 (wie Anm. 32), S. 385 f.: 1. Kapitel: Verschiedene Verfahren zur Herstellung der Sande für den Kleinguß von
Bronze.
Biringuccio 1925 (wie Anm. 32), S. 387: 2. Kapitel: Die Herstellung der Salzlauge für Formsand.
Biringuccio 1925 (wie Anm. 32), S. 390 f.: 4. Kapitel: Die Herstellung des Sandes zum Guß aller Metalle in grünem [das ist
feuchtem] Sand und das Formen in grünem [feuchtem] Sand.
Piemontese, Alessio: Secreti del reverendo donno Alessio Piemontese, nuovamente dall’auttor medesimo riveduti & ricorretti. Con
una aggiunta parte dell’istesso auttore, & parte raccolta dalle fatiche di diversi che di quelli ne hanno fatti gli esperimenti. Pesaro
1558, Libro sesto, S. 110 v und 111 r: La vera & perfettissima
pratica di gittar medaglie, & ogni altro lavoro di rilevo basso, cosi
in bronzo, come in oro, argento, rame, piombo, stagno, & ancor
di cristallo, vetro, & marmo. In der 1571 in Basel erschienenen und
auch in späteren deutschen Übersetzungen des Buches fehlen die
Beschreibungen zur Abformung mit Sanden und zum Bronzeguß
in Sandformen.
Piemontese 1558 (wie Anm. 64), Libro sesto, S. 111 r –124 v.
Cellini 1978 (wie Anm. 36), S. 100 f.
Diderot 1996 f. (wie Anm. 47), Bd. 14, S. 464 – 465, Stichwort:
Sable, Fondeur en. Die Abbildungen finden sich in Bd. 26,
Stichwort Fonte de l’or, de l’argent et du cuivre. Fondeur en sable.
Sprengel 1770 (wie Anm. 48), S. 87–110: Zweyter Abschnitt,
Der Gelbgießer. Hier S. 96 – 98 und 100 –109.
Cellini 1978 (wie Anm. 36), S. 139.
Die Bibel, 1. Buch Mose (Genesis) 4, 22.
Die Bibel, 2. Buch Mose (Exodus) 31, 2 – 4.
Die Bibel, 1. Buch der Könige 7, 13 – 47.
Pausanias: Beschreibung Griechenlands. Neu übersetzt, mit einer
Einleitung und erklärenden Anmerkungen versehen von Ernst
Meyer, Zürich und Stuttgart 19672, Buch VIII, 14, 8.
Plinius Secundus d. Ä., C.: Naturalis historiae/Naturkunde, Buch
XXXV: Farben, Malerei, Plastik. Hrsg. und übersetzt von Roderich
König in Zusammenarbeit mit Gerhard Winkler, München 1978,
§ 153.
Mende 1983 (wie Anm. 13), S. 133.
Mende 1981 (wie Anm. 15), S. 262, Kat. Nr. 128.
Vgl. Mende 1983 (wie Anm. 13), S. 74 – 83 und S. 154 – 161, hier
S. 157.
Vgl. Krohm, Hartmut: Hans Leinberger. Muttergottes. In: Von
allen Seiten schön. Bronzen der Renaissance und des Barock.
Katalog der Ausstellung der Skulpturensammlung der Staatlichen
Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz im Alten Museum,
Berlin, vom 31.10.1995 bis zum 28. Januar 1996. Hrsg. von
Volker Krahn. Berlin 1995, S. 232 f., Kat. Nr. 45.
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79 Zur Bedeutung von Bronze vgl. Raff, Thomas: Die Sprache der
Materialien. Anleitung zu einer Ikonologie der Werkstoffe.
(=Kunstwissenschaftliche Studien, Band 61), München 1994, vor
allem S. 33 – 36; Dalucas, Elisabeth: »Ars erit archetypus naturae«. Zur Ikonologie der Bronze in der Renaissance. In: Von allen
Seiten schön. Bronzen der Renaissance und des Barock. Katalog
der Ausstellung der Skulpturensammlung der Staatlichen Museen
zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz im Alten Museum,
31. 10. 1995 – 28. 1. 1996. Hrsg. von Volker Krahn. Berlin 1995,
S. 70 – 81; Scheicher, Elisabeth: Materialikonologie Bronze. In:
Ruhm und Sinnlichkeit. Innsbrucker Bronzeguß 1500 –1650 von
Kaiser Maximilian I. bis Erzherzog Ferdinand Karl. Katalog der
Ausstellung im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum Innsbruck,
27. 6. bis 6. 10. 1996, S. 46 – 50 und Lein, Edgar: Erläuterungen
zur Technik des Bronzegusses und zur Bedeutung von Bronze im
15. Jahrhundert am Beispiel der Christus-Thomas-Gruppe von
Verrocchio. In: Die Christus-Thomas-Gruppe von Andrea del
Verrocchio. Hrsg. von Herbert Beck, Maraike Bückling und Edgar
Lein. Frankfurt am Main 1996, S. 233 – 257, hier S. 241– 251.
80 Vgl. dazu Hauptmann, Andreas und Gerd Weisgerber: Vom Kupfer
zur Bronze: Beiträge zum frühesten Berg- und Hüttenwesen. In:
Archäologische Bronzen, antike Kunst, moderne Technik. Hrsg.
von Hermann Born, Museum für Vor- und Frühgeschichte, Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz. Berlin 1985, S. 16 – 36,
hier S. 23; Bol 1985 (wie Anm. 12), S. 9 –15; North, Michael:
Early Modern Copper Trade and Transport: The Copper Finds of
the Elbe. In: 5th International Congress of Maritime Museums,
Proceedings 1984. Hrsg. von Jürgen Bracker, Museum für Hamburgische Geschichte. Hamburg 1985, S. 63 – 66 und Westermann, Ekkehard: Copper Production, Trade and Use in Europe
from the End of the Fifteenth Century to the End of the Eighteenth Century. In: Copper as Canvas. Two Centuries of Masterpiece Paintings on Copper 1575 –1775. Katalog der Ausstellung
im Phoenix Art Museum, 19.12.1998 – 28.2.1999, The NelsonAtkins Museum of Art, 28. 3. –13. 6. 1999 und The Royal Cabinet
of Paintings Mauritshuis, 26.6. – 22.8.1999. New York und
Oxford 1998, S. 117–130.
81 Vgl. Raff 1994 (wie Anm. 79), 33 – 36.
82 Horaz: Sämtliche Werke, lateinisch und deutsch. Hrsg. von Hans
Färber und Max Faltner. München 1957, unveränderter Nachdruck 1970, III. Buch, 30. Ode.
83 Plinius Secundus d. Ä., C.: Naturalis historiae/Naturkunde, Buch
XXXIV, Metallurgie. Hrsg. und übersetzt von Roderich König in
Zusammenarbeit mit Karl Bayer. München und Zürich 1989, §§
9, 16 und 17.
84 Plinius 1978 (wie Anm. 74), Buch XXXV, § 11.
85 Plinius 1989 (wie Anm. 83), Buch XXXIV, § 99.
86 Eine bronzene Gesetzestafel befindet sich im Kunsthistorischen
Museum in Wien, zahlreiche weitere Tafeln werden im
Archäologischen Museum zu Madrid aufbewahrt.
87 Vgl. Mende 1983 (wie Anm. 13), S. 11. Die Tür wurde im Jahre
1588 zusammen mit anderen frühchristlichen Bronzetüren eingeschmolzen, um preiswertes Material für den Guß der Statue des
Hl. Paulus auf der Säule des Antoninus Pius zu gewinnen.
88 Vgl. Mende 1983 (wie Anm. 13), S. 11. Text und Übersetzung
der Inschrift bei Mende 1983 (wie Anm. 13), S. 133 –134.
89 Alberti 1975 (wie Anm. 53), S. 407 und 408.
90 Filarete, Antonio Averlino: Traktat über die Baukunst und andere Schriften. Hrsg. und bearbeitet von Wolfgang von Oettingen
(= Quellenschriften für Kunstgeschichte und Kunsttechnik des
Mittelalters und der Neuzeit, Neue Folge III). Wien 1890.
Nachdruck Hildesheim und New York 1974, S. 298 – 299.
91 Vgl. Grimme 1985 (wie Anm. 13), S. 7–16.
92 Vgl. Grimme 1985 (wie Anm. 13), S. 19 – 41.
93 Vgl. Grimme 1985 (wie Anm. 13), S. 78, 80 und 88.
94 Vgl. die Angaben zu den Gesamtkosten der Denkmäler aus Marmor und Bronze bei Maertens, Hermann: Die deutschen Bildsäulen-Denkmale des 19. Jahrhunderts. Nebst einer Abhandlung
über die Größenverhältnisse, die Materialwahl, die Gruppierung,
die Aufstellungsweise und die Kosten derartiger Monumente.
Stuttgart 1892.
24
Edgar Lein
95 Vgl. Weyer, Angela: Die Wertschätzung der Zinkgußplastik im
Wandel der Zeit. In: Zinkguß. Die Konservierung von Denkmälern aus Zink. Hrsg. von Peter Mottner und Martin Mach
(=Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege,
Band 98). München 1999, S. 61– 75.
96 Lüer und Creutz, 1904 (wie Anm. 1), S. 400 – 418 und Grimme
1985 (wie Anm. 13), S. 136 –145.
97 Die Bibel, 2. Buch der Könige 25, 13 –17.
98 Plinius 1989 (wie Anm. 83), Buch XXXIV, § 43.
99 Choniates, Niketas: Das sogenannte »Buch von den Bildsäulen«
(1195 –1206). In: Die Kreuzfahrer erobern Konstantinopel.
Übersetzt, eingeleitet und erklärt von Franz Gabler. (=Byzantinische Geschichtsschreiber. Hrsg. von Endre von Ivánka, Band
IX). Graz, Wien und Köln 1958, S. 231– 246.
100 Vgl. Die Pferde von San Marco. Katalog der Ausstellung der
Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz im Martin-GropiusBau, 8. 3. – 25. 4.1982. Berlin 1982.
101 Alberti 1975 (wie Anm. 53), S. 408.
Abbildungsnachweis
Bildarchiv Foto Marburg: Abb.9 (Archiv-Nr. 5.049), Abb.10 (ArchivNr. 5.515), Abb. 11 (Archiv-Nr. B 4967/12, Abb. 12 (Archiv-Nr.
1.159.015), Abb.14 (Archiv-Nr. 1.188.398), Abb.16 (Archiv-Nr. 3584),
Abb. 17 (Archiv-Nr. 3593)
Herzog Anton Ulrich-Museum, Braunschweig: Abb. 1 – 4, 13
Landesamt für Denkmalpflege Sachsen: Abb. 19
Liebieghaus, Frankfurt/M.: Abb. 8 (Ursula Edelmann)
Museum für Vor- und Frühgeschichte Berlin: Abb. 7 (C. Plamp)
Rheinisches Bildarchiv Köln: Abb. 15 (Platten-Nr. 9587)
Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Skulpturensammlung: Abb. 18 (J. P. Anders)
Technische Universität Braunschweig: Abb. 5, 6
25
»das war für Bronze gedacht und wirkt als solche«1
Die Entwicklung des Bronzegusses in Deutschland im 19. Jahrhundert
Bernhard Maaz
Verlorene Traditionen: Die Situation um 1800
Bronze verspricht Dauerhaftigkeit des Werkes, seines Schöpfers
und Ruhmes. Sie stellt also ein längeres Nachleben in Aussicht,
als durch Skulpturen in Stein möglich ist, namentlich, wenn
diese im Freien aufgestellt und der nördlichen, frostreichen
Witterung ausgesetzt sind. Diese Erfahrung darf als gegeben
vorausgesetzt werden, seit man im späten 18. Jahrhundert beobachten konnte, wie rasch Marmorskulpturen verwitterten.
Beispielsweise wurde das erst 1793 eingeweihte Zürcher GessnerDenkmal bereits 1808 wegen starker Verwitterung demontiert.2
Johann Gottfried Schadow, der vielbeschworene ›Vater der
Berliner Bildhauerschule‹, steht nicht nur am Wechsel von den
Barocktraditionen zum Klassizismus, sondern auch am Beginn
einer Entwicklung, die zu einer neuen Blüte der Gußtechnik
hinführte.3 Hilfe und Information suchte der junge Hofbildhauer allerorten, namentlich auf einer Reise nach Kopenhagen,
Stockholm und Petersburg, die er 1791/92 unternahm, weil er
die dortigen Bronzegüsse des 18. Jahrhunderts – Denkmäler von
1 Franz Zauner: Denkmal Kaiser Josephs II., 1806, Wien,
Hofburg
Jacques François Joseph Saly, Pierre-Hubert L’Archevèque und
Tobias Sergel sowie von Etienne-Maurice Falconet – studieren
wollte, Werke von durchaus überregionaler Bedeutung.4 Schon
hier hatte er ein klar formuliertes Ideal: einen Guß, dessen
Oberfläche keiner Ziselierung bedürfte.5
Der Plan einer anderen Reise, die Schadow hätte nach
Paris, in die traditionelle Hochburg des Bronzegusses, führen
sollen, scheiterte an den Zeitläufen nach der Französischen
Revolution. Doch befragte Schadow auch den Bildhauer Franz
Zauner in Wien, der gegen 1800 mit dem Denkmal Josephs
II. (Abb. 1) einen komplizierten Bronzeguß vollbracht hatte.
Schadows geradezu akademische Gründlichkeit wurde belohnt,
und der Wiener Künstler antwortete ihm, allerdings ausweichend. Zauner war sich nicht nur der Schwierigkeiten bewußt,
die im Bronzeguß schlechthin liegen, sondern auch derjenigen
Probleme, die mit der theoretischen Erörterung aller damit
verknüpften handwerklichen Finessen einhergehen. Zunächst
wollte er Schadow die Dinge brieflich darlegen, »bei reiferer
Ueberlegung aber fand ich, daß ich diesen Gedanken aufgeben
mußte, weil ... der détails, die doch alle auf den Erfolg einen
2 Gottfried Schadow: Entwurf zum Denkmal für Friedrich II.,
(1796) Feder, schwarze Tusche, aquarelliert, Berlin, Akademie
der Künste
26
Bernhard Maaz
wesentlichen Einfluß haben, so viele sind, daß es mir unmöglich sein würde sie schriftlich zu erörtern.«6
Im Verlaufe des 18. Jahrhunderts war die Tradition des künstlerischen Bronzegusses in Deutschland abgerissen, welche mit
Andreas Schlüters Berliner Denkmal des Großen Kurfürsten
und mit dem Gießer Johann Jakobi eine letzte maßgebliche
Blüte erfahren hatte.7 (In den Debatten des 19. Jahrhunderts
maß man sich später gerne mit Schlüters Kurfürsten-Denkmal,
und es wurde wiederholt in kleinformatigen Güssen kopiert.)
Leichter handhabbare Materialien wie Sandstein und allenfalls
Blei verdrängten den handwerklich komplizierten und energetisch aufwendigen Bronzeguß, auch waren diese Werkstoffe der
weicheren Modellierung barocker Plastik adäquat.
Den Beginn ernsthafter Auseinandersetzung mit der Gußtechnik größerer Bronzen im nachbarocken Deutschland markieren Gottfried Schadows Bemühungen seit den Jahren um
1790, wobei das Augenmerk sich von Beginn an auf großformatige Güsse richtete: Geplant war ein mindestens lebensgroßes
Reiterstandbild des vielverehrten Preußenkönigs Friedrich II.
(Abb. 2). Der Plan keimte schon unmittelbar nach dessen Tod
(1786) auf. Doch das Projekt wurde erst nach mehr als 70jährigen Debatten zuwege gebracht – von Schadows prominentestem
Schüler, Christian Daniel Rauch.
Die Bildhauer des Klassizismus maßen sich zumeist an der
antiken Skulptur und interessierten sich folgerichtig fast ausschließlich für das Material, in dem die seit Winckelmann als
verbindlich ausgewiesenen Werke zumeist überliefert waren
(da bereits im Altertum viele Bronzen eingeschmolzen wurden)
– eben für Marmor. Die erste Generation um Alexander Trippel
und Friedrich Wilhelm Eugen Doell verzichtete fast ganz auf
den Bronzeguß, sieht man von den wenigen Güssen ab, die
Louis Valadier in Italien für letzteren verwirklichte, darunter
die Winckelmann-Büste.8
Technischer Mangel – da es in deutschen Landen keine
Gußerfahrungen mehr gab – und ästhetische Maximen gingen
zunächst konform; das heißt, das Erliegen der Gußtechnik für
großformatige Bronzen im 18. Jahrhundert spiegelt auch ein
erloschenes Interesse daran wieder. Gleichwohl versuchten einzelne Künstler zuweilen, die Bronzetechnik um 1800 wieder zu
beleben. Ihre Bestrebungen endeten sehr unterschiedlich, wie
man am Beispiel Johann Heinrich Danneckers, des neben
Schadow maßgeblichen deutschen Klassizisten um 1800, sehen
kann. Ein Bronzeguß, für dessen Kostbarkeit man immer eine
Empfindung hatte, wurde augenscheinlich zumeist dann erwogen, wenn es galt, besonders prominente Personen zu verewigen.
Dies gilt für Schadows Friedrich-Denkmal ebenso wie für Doells
Winckelmann- oder Danneckers Lavater-Büste. Der Stuttgarter
Hofziseleur Treut sollte 1801/02 Danneckers Büste des berühmten Physiognomikers und Theologen Johann Caspar Lavater in
Bronze gießen. Dannecker schätzte die Schwierigkeiten und
Risiken des Gusses als überaus hoch ein und erwirkte, daß ihm
eine Marmorausführung gestattet wurde, so daß ein Guß unterblieb.9 Fast gleichzeitig entstand 1803 jener Bronzeguß von
Danneckers Büste des Herzogs Friedrich von Württemberg
(Abb. 3), die heute im Schloß Ludwigsburg steht, und welche
die aufschlußreiche und ungerechtfertigt ehrgeizige Bezeichnung
trägt »Fudit & perpolivit Treut./Stuttgardiae«10 und die der
Bildhauer selber als »verfummelt«, als handwerklich schlecht
umgesetzt, abtat.11 Die Spezifik des ungewohnten, metallischen
3 Johann Heinrich Dannecker: Bronzebüste des Herzogs Friedrich von Württemberg, 1803, Schloß Ludwigsburg bei Stuttgart
Materials scheint nur partiell berücksichtigt; die Binnenformen
sind zwar teilweise ornamental bereichert, und doch überzeugt
der Guß nicht. Man erkennt, daß die handwerkliche Routine
fehlte, daß sich der Bildhauer vom ›Denken in Marmor‹ nicht
recht zu lösen vermochte und der Gießer-Ziseleur große Formen
zu wenig und kleine wiederum gar zu minutiös bearbeitete.
Dies sollte der erste und letzte Bronzeguß Danneckers, der
weiterhin an Marmor, Biskuitporzellan und Gips als bewährten Materialien des Klassizismus festhielt, bleiben.
Tätige Versuche nach den Befreiungskriegen
»Des Direktor Schadow’s Hauß ist beinah in Flammen aufgegangen beim Gießen – eine Thorheit den Guß im eignen
Hause vorzunehmen.«12 Sicher war Experimentierfreude im
Spiel, aber auch ein gewisses künstlerisches Drängen des
Meisters, der die Sockelreliefs seines Rostocker BlücherDenkmals (Abb. 4) voranbringen wollte. Die Statue selbst goß
man im Gießhause, wo die erforderlichen Vorrichtungen vorhanden waren. Den Guß führte der bereits 1817 aus Paris
eigens für die geplanten Denkmäler nach Berlin gerufene
François Lequine aus, assistiert von Coué, der die Ziselierung
vornahm.13 Mangels eigener Kräfte hatte man sie nach Berlin
geholt, wo sie die Gußpraxis des in Frankreich gängigen
Sandformverfahrens etablieren sollten.
Man war sich schon früh dessen bewußt, daß mit dem
Rostocker Blücher-Denkmal und der Wiederbelebung des
Bronzegusses eine neue Tradition begründet würde. Goethe
notierte dazu: »Fürst Blüchers Denkmal wird vielleicht in sech-
Zur Entwicklung des Bronzegusses in Deutschland im 19. Jahrhundert
zehn Monaten aufgestellt sein. Und so ist doch etwas bey uns
nicht erhörtes geschehen. ... In Berlin hat der Künstler das
Werk dem Gusse ganz nahe gebracht. Eine gar nicht zu berechnende Folge ergiebt sich aus diesem Unternehmen, daß sowohl
Guß als Ausarbeitung nach ihren neusten Vortheilen in
Deutschland gäng und gäbe werden. Wozu künftig solche
Fertigkeiten anwendbar seyn möchten, bleibt unsern Nachfahren, denen wir sie überliefern, gelegentlich zu bedenken.«14
Schwerlich ahnen konnte Goethe, wie die Popularisierung der
Denkmalidee sowie der rasante Fortschritt der Montanindustrie bereits nach einem halben Jahrhundert dahin geführt hatten, daß man bereits um 1860 von einer ›Denkmalwut‹ sprach
und damit einen inflationären Überfluß, ja gar eine »Verirrung«
meinte.15 Zahlreiche Denkmale wurden seit dem BlücherDenkmal in Berlin und bald in ganz Deutschland gegossen.
Wir greifen hier nur einige für die Entwicklung der Gußtechnik besonders markante heraus.
Der Guß von Rauchs Statue Friedrich Wilhelms I. für
Gumbinnen16, mit dem Lequine beauftragt war, geriet 1828 so
unzureichend, daß dies zu seiner Demission führte.17 Beim
Guß war Metall ausgelaufen, und es hatten sich Verwerfungen
des Modells sowie größere Fehlstellen ergeben, so daß Coué in
überaus mühevoller Prozedur die zahlreichen Fehlstellen nachbessern mußte.18 Da die Arbeit mit französischen Kräften nicht
hinreichend befriedigte (eine antifranzösisch-patriotische Parteilichkeit und der Wunsch nach handwerklich-technischer Autonomie der Preußen mögen die Demission der ›Gastarbeiter‹
befördert haben), strebten die Berliner Künstler danach, mit
eigenen Gießern zu arbeiten. Maßgeblich wurde dies mitgetragen von Karl Friedrich Schinkel, der seine architektonischen
Großprojekte skulptural sinnreich ausschmücken wollte und
dies mit Hilfe von Christian Daniel Rauch, Christian Friedrich
Tieck und August Kiss verwirklichte. Berlin war nach den
Befreiungskriegen nicht nur im Begriff, ein Zentrum der
Architektur und Skulptur im allgemeinen, sondern auch der
Bronzegußtechnik im besonderen zu werden. Der Ehrgeiz der
führenden Köpfe ging so weit, daß 1819 der preußische Kronprinz gar mit Rauchs Hilfe Bertel Thorvaldsens PoniatowskiDenkmal in Berlin gießen lassen wollte19, da es an Thorvaldsens
Wirkungsstätte, in Rom, an geeigneten Bronzegießern mangelte. Freilich liegt dieser Idee die kalkulierende Erwägung zugrunde, den bedeutendsten Bildhauer Europas durch den Guß
öffentlichkeitswirksam an Berlin zu binden und zugleich dadurch weithin zu dokumentieren, daß die hiesige Gußtechnik
alle anderen Orte in den Schatten stellt.
Von Berlin aus wurden daher seit den 1820er Jahren jüngere Gießer nach Paris gesandt, um die dort florierende, perfektionierte Technik des Sandformverfahrens zu erlernen und
den preußischen Bronzeguß zu optimieren respektive ganz von
fremder Mitwirkung unabhängig zu machen. Beispielsweise
hielten sich die beiden Gießer Feierabend, dem man höchste
Perfektion der Güsse nachsagte (sie bedurften keiner Ziselierung), und Johann Dinger, dessen Güsse besonders dünnwandig
gelangen20, zeitweilig in Paris auf, waren dann in der Folge am
Gewerbeinstitut tätig und schulten hier wiederum jüngere
Gießer.
Etwa zeitgleich interessierte sich auch der Münchner Johann
Baptist Stiglmaier für die aktuelle europäische Gußtechnik. Er
reiste 1821/22 nach Neapel, wo durch Francesco Righetti der
27
Guß von Antonio Canovas Reiterstandbild König Karls III.
von Neapel ausgeführt wurde und er auch eigene Gußversuche
unternahm.21 1825 wurde Stiglmaier zum Leiter der nunmehr
eingerichteten Münchner Gießerei ernannt. Die Polarität zwischen München und Berlin, der Streit um die Vorherrschaft,
der die deutsche ›Gießerlandschaft‹ noch jahrzehntelang begleiten sollte, war manifest. Sowohl in Berlin als auch in München standen bald fähige Gießer für Bronzebildwerke jeder
Dimension zur Verfügung. Dieser Wettstreit kulminierte in
den 1840er Jahren anläßlich des Weimarer Goethe-SchillerDenkmals, als nämlich eine Spende des bayerischen Königs
daran geknüpft werden sollte, daß der Guß in München verwirklicht würde.22 Wiederum drückt sich im Wunsch, die gußtechnische Ausführung für eine bestimmte Stadt – hier München – zu sichern, die Hoffnung auf die kunstpolitische und
politische Vormachtstellung aus. Dabei ist nicht zu vergessen,
daß der Guß von großformatigen bronzenen Denkmälern im
19. Jahrhundert eines der zentralen und effektivsten Mittel zur
öffentlichen politischen Selbstdarstellung des Staates und zur
Vermittlung ideologischer Erziehungsprogramme für seine
Bürger war.
4 Johann Gottfried Schadow: Denkmal für Fürst Leberecht
Blücher, 1819, Rostock
28
Bernhard Maaz
Schinkel und der Bronzeguß
In Berlin erfuhren die Neuerungsbestrebungen tätige Unterstützung durch den Hof, durch die Künstler, aber auch durch
Schinkel und Beuth, die sich in den 1820/30er Jahren gemeinsam für die rasche und niveauvolle Entwicklung des Gewerbes
in Preußen einsetzten. Schinkel machte sich auf Reisen zu den
aktuellen künstlerischen und technischen Entwicklungen kundig. Er besuchte Charles Crozatier im Pariser Stadtviertel Marais,
der unter anderem die Napoleon-Statue auf der VendômeSäule goß. Den Berliner Gast beeindruckte »Crozatier, der die
größten und kompliziertesten Statuen so gießt, daß keine ciselure nötig ist; höchst wenige und feine Nähte und eine große
Leichtigkeit und Wohlfeilheit sind ausgezeichnete Eigenschaften.«23 Wenngleich man noch 1817 französische Fachleute nach
Berlin geholt hatte, veränderte sich jetzt das Herangehen. Paris
wurde das prominenteste Reiseziel der auszubildenden deutschen
Gießer. Immer wieder sandte man Schüler als Mitarbeiter in
dortige Werkstätten, damit sie bei tätiger Mitwirkung gleichsam als ›Industriespione‹ die modernste dortige Praxis erkundeten.
Noch beim Schauspielhaus und beim Berliner Dom hatten
Schinkel und Tieck 1819 – 22 auf Großbronzen verzichten und
auf herkömmliche Kupfertreibarbeiten zurückgreifen müssen,24
gleich Schadow mit seiner Quadriga des Brandenburger Tores.25
Von Rauch wissen wir, daß er noch 1824, als Schinkel in
Neapel weilte, diesen um Nachricht über die dortige Gußtechnik bat und dieser die Gießerei Righettis aufsuchte.26 In
jenen Jahren strebten sie gemeinsam mit Beuth danach, eine
Erzgießer- und Ziseleurschule aufzubauen. Diese bestand in
den 1820er Jahren kurz, mußte allerdings mangels einer hinreichend einträglichen Auftragslage bald wieder geschlossen
werden.
Erst als 1828 Tiecks Neuruppiner Denkmal für König
Friedrich Wilhelm II. von Preußen ausgeführt war, konnten
die Künstler um Schinkel mit dem Stand der Gußtechnik
wirklich zufrieden sein. Diese vom Berliner Gießer Wilhelm
Hopfgarten, dem Bruder des in Rom unter anderem für Thorvaldsen und Canova tätigen Johann Ludwig Heinrich Hopfgarten, in drei separaten Stücken gegossene und von Christoph
Heinrich Fischer ziselierte Statue galt als der ultimativ beste
aller bis dahin in Preußen verwirklichten Bronzegüsse.27 In
Berlin, dem unumstritten führenden Zentrum der deutschen
klassizistischen Skulptur, hatte sich nun, um 1830, die Bronzegußtechnik endgültig etabliert und hinreichend verfeinert.
Zwischen Lauchhammer und Berlin
In der nördlich von Dresden gelegenen Eisengießerei in Lauchhammer wurden seit 1784 die ersten Eisenrundplastiken von
ganz Europa gegossen (Bildnisbüsten, Antikenrepliken und Bauplastik), deren technische Qualität und geringe Wandungsstärke
allgemein höchste Anerkennung fanden (Abb. 5, 6). 1836
wurde in Lauchhammer der erste Bronzeguß verwirklicht.28
Die Vorzüge der technisch perfekten Lauchhammer-Güsse
wußte auch Rauch zu schätzen. Er zog diese Firma anderen
gegenüber vor, die zwar billiger anboten, dafür aber einen vielteiligen, mühsam zu ziselierenden Guß in Aussicht stellten.
5 Johannes Schilling: Denkmal für Ernst Rietschel, 1876, Dresden,
Bronzeguß aus Lauchhammer (Aufnahme: 2000)
Als ersten Auftrag übertrug er der Gießerei das Doppelstandbild
der Polenfürsten für Posen29, deren Guß 1838/39 Carl Ludwig
Friebel überwachte und der so vorzüglich gelang, daß die Oberfläche Rauch zufolge so verdichtet erschien wie »geprägte
Bronze«30 und daß die Details höchst formgenau zutage traten.
Rauch ließ lediglich das Angußsystem entfernen und verzichtete auf eine flächendeckende Ziselierung – das langgehegte
Ideal der Bildhauer war erreicht.31
In den Folgejahren stieg die Gießerei von Lauchhammer
rasch zu einer der bedeutendsten ganz Deutschlands auf. Ernst
Rietschel aus Dresden (Abb. 7), August Kiss und Reinhold
Begas aus Berlin, Karl Donndorf aus Stuttgart und viele andere
Künstler bis hin zu Hugo Lederer und Franz Metzner ließen
dort ihre Werke gießen. Natürlich fielen Großbronzen wie
Denkmäler besonders ins Gewicht. Aber auch kleinere Museumsstücke wurden dort ausgeführt, etwa 1890 Erdmann
Enckes »Kurfürstin Elisabeth«32, die sich durch eine höchst differenzierte Oberflächenbehandlung auszeichnet und deren
Guß in jene spätere Zeit gehört, da aus der Gießerei bereits
eine Aktiengesellschaft geworden war.33
Von Lauchhammer gingen freilich nicht allein erstklassige
Güsse aus, sondern auch geschultes Personal. Als Rauch den
Zur Entwicklung des Bronzegusses in Deutschland im 19. Jahrhundert
29
Produktivität in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist
ohne die niveauvolle, zuverlässige Gießerei Gladenbeck kaum
denkbar.
Peter Vischer als Vorbild der Bildhauer-Gießer
Die Romantik stilisierte Peter Vischer zu einem Leitbild patriotischer Kunstpflege: der schulbildende Nürnberger Gießer
altdeutscher Bronzen, der im Dürer-Kreise wirkte, war zum
Sinnbild einer Verknüpfung von idealer künstlerischer Erfindungsgabe und handwerklicher Solidität geworden. Der familiäre Konnex der Vischerwerkstatt verkörperte rückblickend
aber auch ethische und künstlerische Werte, nämlich die des
Werkstattverbundes und der praktischen Ausbildung in der
handwerklichen Mitarbeit bei einem Meister.35 All dies ließ
Peter Vischer zum Leitbild für Generationen werden. Die
Apostel seines Sebaldusgrabes in Nürnberg fanden Verbreitung
durch Gipsabgüsse und wurden beispielsweise auf Wunsch
Schinkels für das Altargitter des Berliner Domes in Bronze
nachgegossen (Ausführung durch Werner & Neffen), allerdings
mit geringfügigen Modifikationen.36 Auch Goethe besaß
Gipsabgüsse der Apostel, die 1812 abgenommen wurden.37
6 Johannes Schilling: Standbild für Gottfried Semper, 1892,
Dresden, Lauchhammer-Bronzeguß (Aufnahme: 2000)
1848 –51 ausgeführten Guß seines Friedrichs-Denkmals für
Berlin (Abb. 8) vorzubereiten hatte, warb er Friebel in die
preußische Hauptstadt ab. Friebel siedelte nach Berlin über
und richtete seine Werkstatt direkt neben den Bildhauerateliers
in der Münzstraße ein. Er sicherte sich somit den engsten,
gegenseitig befruchtenden Kontakt zu seinen wichtigsten
Ansprechpartnern – den Künstlern, deren wohlwollende oder
kritische Äußerungen über ihre Gießer ja mittelbar über deren
Firmenschicksal entscheiden konnten.
Nach Friebels Tod (1856) wurde die Tradition am gleichen
Ort durch Hermann Gladenbeck fortgeführt, dessen Güssen
man dann in der zweiten Jahrhunderthälfte immer mannigfaltiger begegnet. Die Giesserei zog später vor die Tore der Stadt.
Sie trug zur Vervollkommnung des Bronzegusses maßgeblich
bei.34 Das handwerkliche Zusammenspiel ebenso wie der geistige, die Möglichkeiten und die Grenzen des Materials betreffende Gedankenaustausch zwischen Bildhauern und Gießern,
die sich seit der Zeit Friebels zur fruchtbaren Routine entwickelt und zu einem hohen gußtechnischen Wissen bei den
Künstlern geführt hatten, wurde schließlich ein tragender und
stimulierender Faktor für die anhaltende Blüte der Bildhauerkunst. Die Berliner Bildhauerschule und ihre immense
7 Ernst Rietschel: Standbild für Carl Maria von Weber, 1869,
Guß in Lauchhammer (Aufnahme: 1936)
30
Bernhard Maaz
8 Christian Daniel Rauch: Denkmal für Friedrich den Großen,
1851, Berlin, Unter den Linden (Aufnahme: 1921/1923)
9 Christian Daniel Rauch: Denkmal für Albrecht Dürer, 1840,
Nürnberg (Aufnahme: nach 1907)
Heinrich Meyers im Umfeld Goethes verfaßte »Geschichte der
Kunst« verdeutlicht, wie Vischer – »unstreitig der vorzüglichste
Bildhauer, den die Deutschen aufzuweisen haben«38 – als deutsches Gegenstück zur vielverehrten italienischen Renaissance,
namentlich zu Benvenuto Cellini respektiert und mithin zur
höchst anspruchsvollen, verpflichtenden, vaterländischen Identifikationsfigur stilisiert wurde.
Wilhelm Wolff hatte ab 1830 in der Königlichen Eisengießerei eine vierjährige Ausbildung als Former und Bildgießer
erhalten und wurde dann durch Peter Beuth vom Königlichen
Gewerbeinstitut nach Paris gesandt, wo er zeitgleich mit
Antoine-Louis Barye bei dem Gießer Soyer tätig war und beispielsweise an der Juli-Säule mitwirkte. Daneben besuchte er
den Aktsaal und setzte damit seine bereits in Berlin begonnenen künstlerischen Studien fort. Als Wolff schließlich nach
zwei Pariser Jahren und einem längeren Aufenthalt in
München bei Stiglmaier und Ferdinand von Miller wieder in
Berlin eintraf, war er gußtechnisch absolut auf der Höhe der
Zeit. Gleichwohl wurden ihm in der Folgezeit keine Großbronzen zum Guß anvertraut, jedoch viele kleinformatige
Werke. In seiner gegen 1840 gegründeten Gießerei führte er
Bronzen zahlreicher Bildhauer aus, darunter Werke von
Rauch, Blaeser und Kiss – teilweise mit komplizierten Goldund Silbertauschierungen. Er realisierte kunsthandwerkliche
Güsse, darunter den des Ehrenschildes von Cornelius.39
Natürlich goß Wolff auch seine eigenen Werke, zumeist
Tierplastik nach Art der französischen ›Animaliers‹. Bald überließ er die Werkstatt seinem Bruder, um sich ausschließlich der
künstlerischen Arbeit zu widmen. Bezeichnend ist der Wechsel
in den Einträgen der Akademie-Ausstellungskataloge: 1850
hatte es geheißen »Wilhelm Wolff, Bildhauer und Gießer«,
1852 fungierte er nur noch als Bildhauer.40
Wolff stand mit dem Aufstieg vom Gießer zum freien
Bildhauer – denn als Aufstieg wurde dies allemal empfunden
– nicht allein. Auch August Kiss und Theodor Kalide, zwei
Bildhauer, die bezeichnenderweise aus den schlesischen Montangebieten stammten und deren Lehrzeit in Gießereien begann,
waren ähnliche Wege gegangen, um den Lorbeer freien Künstlertums zu ernten. Allerdings endeten ihre Lebenswege grundverschieden: Kiss sicherte sich im Gewerbeinstitut im Kreise
um Beuth und Schinkel sowie mit etlichen großen Denkmalaufträgen ein reiches, seiner Berufung und seinen Fähigkeiten
entsprechendes Betätigungsfeld; Kalide blieb hingegen eine
glänzende Laufbahn versagt, zumal ihm nur wenige Aufträge
zufielen.41
Noch mancher andere, heute minder bekannte Künstler
gehört gleich Miller und Wolff, Kiss und Kalide zu diesen
Grenzgängern zwischen Künstlertum und Handwerklichkeit.
Namentlich in der ersten Jahrhunderthälfte gab es keine scharfe
Trennung zwischen Gußhandwerk und Kunst. Schadows
Zur Entwicklung des Bronzegusses in Deutschland im 19. Jahrhundert
Schüler Heinrich Kaehler führte die von C. Andersen gegründete Eisengießerei ab 1847 fort (und sicherte sich in den vergleichsweise kunstarmen norddeutschen Landstrichen damit
sein Brot). Alfred Gladenbeck war sowohl Gießer als auch
Bildhauer; er entstammte der berühmten Gießerfamilie. Und
der Nürnberger Jakob Daniel Burgschmiet, der zunächst mit
Skulpturenrestaurierung und mit einem Sandstein-Denkmal
auftrat42, wurde bald vom Bürgermeister seiner Stadt nach Paris
gesandt, um dort den Bronzeguß zu studieren. Angesichts einstiger Peter-Vischer-Traditionen in der Stadt wünschte man
offenkundig, daß Burgschmiet auf handwerklich-technische
Weise zur allgemeinen Wiederbelebung der Kunst beitrüge.
Sinnreich verknüpfte sich seine Gießertätigkeit zunächst mit
Rauchs Denkmal Albrecht Dürers, des Nürnberger PeterVischer-Zeitgenossen (Abb. 9). So treten neben die bereits
erwähnten nationalen Gedanken, die Vischer als Ahnherrn
einer spezifisch deutschen Skulpturengeschichte beanspruchten, auch nürnbergisch-lokalpatriotische und national-kunstgeschichtliche Aspekte. Stets aber impliziert eine derartige
Rückbesinnung auf renaissancistische Blütezeiten auch eine
Anspruchsformulierung der neuzeitlichen Gießer, die der
Perfektion der Vorzeit nahe- oder gleichzukommen und eine
neue, gleichrangige Tradition zu begründen wünschen.
In dem Moment freilich, wo Gießer wie Kiss oder Wolff
sich ausschließlich in die Rolle des erfindenden Künstlers begaben, wurden sie dem Vischer’schen Leitbild untreu und lösten
sich von der historisch präfigurierten Verknüpfung von künstlerischem Schöpfungsakt und handwerklicher Verwirklichung.
Gleichwohl blieb Wilhelm Wolff das Pseudonym ›Peter Vischer‹
im »Tunnel über der Spree«, jenem auch von Theodor Fontane
gern besuchten Berliner Verein von Literaturfreunden, noch
lange erhalten.43 Wir dürfen dies als eine Würdigung des altdeutschen Vorbilds und zugleich als Ausdruck des allgemeinen
Interesses an solider Handwerklichkeit der Umsetzung verstehen.
31
10 Christian Daniel Rauch: Jungfer Lorenzen von Tangermünde,
1832, Ziselierung von Friedrich Vollgold (1834), Staatliche Museen
zu Berlin, Nationalgalerie
Wertschätzung der Ziselierung – Bronzeguß als
Gemeinschaftswerk
Künstlerisches Schaffen im 19. Jahrhundert orientierte sich häufiger am Zusammenwirken in den mittelalterlichen Bauhütten,
als man zunächst annimmt. Das Ideal eines gemeinsamen,
wechselseitig begeisternden Schaffens wurde der gängigen,
marktbedingten Entwicklung, die zum isolierten Künstler und
zum kontextlosen, autonomen Ausstellungskunstwerk hinführte, entgegengesetzt. Vor allem bei größeren Aufgaben, etwa
im Bereich von Wandmalerei-Zyklen, wo die Meister große
Zyklen ausführten, ihre Schüler mitwirken ließen und dabei
zugleich ausbildeten44, oder im Kontext größerer Bauwerke
und Skulpturenzyklen wurde der kollektive Schaffensprozeß
gerne praktiziert. Prominente Beispiele hierfür sind das von
Schinkel entworfene, von Rauch, Tieck und Ludwig Wichmann figürlich ausgestattete Berliner Kreuzbergdenkmal (dies
ist bezeichnenderweise noch ein Eisenguß45) sowie die Schloßbrücke, auf der marmorne Skulpturengruppen von acht Bildhauern vereint sind.46
In dieses geistige Umfeld bettet sich ein bemerkenswertes
Phänomen ein, dem man an Bronzegüssen des 19. Jahrhunderts
häufig begegnet. Auf den Akademieaustellungen zeigten nämlich
11 Albert Wolff: Löwenkämpfer, 1861, Berlin, Altes Museum
(Aufnahme: um 1935)
32
Bernhard Maaz
12 August Kiss: Amazone, 1842, Berlin, Altes Museum (Aufnahme: 1998)
nicht nur die Bildhauer ihre Schöpfungen, sondern auch
Gießer und Ziseleure stellten stolz und untereinander wetteifernd ihre Produkte zur Schau. Als Beispiel sei Albert Konarzewski herausgegriffen, der in den 1840er Jahren unter anderem für Rauch und Blaeser tätig war. Das Zusammenwirken
zwischen dem Künstler (Gustav Blaeser), dem Gießer (Wilhelm
Wolff ) und dem Ziseleur Konarzewski, der nebst den üblichen
Ziselierungen auch kostbare Gold- und Silbertauschierungen
ausführte, wird in den Katalogen der Akademieausstellungen
wiederholt explizit bekundet47, ebenso auch die Tatsache, daß
manches davon in königlichen Besitz gelangt war und sich mithin allerhöchster Wertschätzung erfreute, was einem öffentlichen Empfehlungsschreiben gleichkam.48
Auch mancher andere Ziseleur – etwa der Franzose Honoré
Gonon49 und der Deutsche Friedrich Wilhelm Castner50 – stellte
in der Akademie aus, wobei die Güsse häufiger unter dem
Namen des jeweiligen Ziseleurs als dem des Gießers aufgelistet
wurden. Offenkundig maß man der Ziselierung, die ja die
endgültige Oberflächenwirkung sowie die räumliche Wirkung
des Ganzen stark beeinflußt, noch mehr Bedeutung bei als
dem Guß.
Höchstes Ideal der Künstler war bekanntermaßen ein Guß,
der keinerlei nacharbeitender Ziselierung bedarf. Der Gießer
Johann Dinger präsentierte 1830 zwei Büsten, die er im Katalog
als »roher Guß, bis auf das Wegnehmen der Gußnaht«51 auswies,
womit er stolz auf die unziselierte Oberfläche verwies. Dies
berechtigte ihn, unter eigenem Namen aufzutreten.
Ernst Rietschel predigte: »Was für Bronce gemacht wird,
muß jede Fläche und jeder Winkel rein und klar vollendet seyn,
daß der Ciseleur in der Bronce nicht den Bildhauer vertreten
muß«52, und er wußte doch, daß die Feinmodellierung im
Sandguß litt. Eben weil das Ideal eines unziseliert aufstellbaren
Bronzegusses so selten erreicht wurde, brauchte man beim gängigen Sandformverfahren den Ziseleur als den eigentlichen
›Vollender‹ des Werkes. Der Respekt vor seiner uferlosen und
langwierigen Arbeit, die nicht so sehr im Stillen als vielmehr
im Verborgenen geleistet wurde, war groß. Er fand angemessenen Ausdruck auch darin, daß den Ziseleuren zugebilligt
wurde, sich in Signaturen zu verewigen, wie es ehedem nur die
Gießer und allenfalls die Künstler persönlich taten. Blickt man
zurück in die Jahre gegen 1700, so gab es eine Zeit, in der ausschließlich dem Gießer vorbehalten war, seinen Namen auf
dem Kunstwerk zu präsentieren.53
Kaum jemals wieder billigte man dem Ziseleur zu, seinen
Anteil am Kunstwerk derart stolz auszuweisen wie im 19. Jahrhundert: Rauchs »Jungfer Lorenzen von Tangermünde«54
Zur Entwicklung des Bronzegusses in Deutschland im 19. Jahrhundert
33
deutschen Grenzen hinaus höchst gefragt war und mit Exporten bis in die USA einherging. Zu den prägenden, überragenden
und meistbeschäftigen Gießern gehörte Christoph Heinrich
Fischer, der als Ziseleur begann, in den 1820er Jahren zunächst
kleine Güsse verwirklichte und schließlich seit den späten
1830er Jahren einer der bedeutendsten Berliner Gießer war.
Rauch bescheinigte seinerzeit ungefragt, daß er ihm »das Allerwichtigste anvertrauen würde«.57 Zu den Meisterleistungen
seiner Hand gehört die 1837– 42 ausgeführte »Amazone« von
Kiss (Abb. 12) auf der Freitreppe des Alten Museums.58 Doch
er arbeitete auch für Schadow, Tieck, Rauch, Rietschel, Drake
und viele andere. Wenngleich es heißt, Fischers Gießerei habe
ihre Tätigkeit 1845 eingestellt59, sind doch hervorragend ausgeführte Güsse nachweisbar, die das in Frage stellen – etwa
Rauchs »Danaide«, die ins Jahr 1849 datiert ist.60
Der Berliner Gießer Hermann Gladenbeck begann in den
1850er Jahren mit Kleinbronzen, erweiterte sein Spektrum
aber bald auf Großbronzen und sogar auf großformatige Zink-
13 Christian Daniel Rauch: Denkmal für Maximilian I. Joseph
von Bayern, 1835, München
(Abb. 10) ist 1834 inschriftlich als von Friedrich Vollgold
ziseliert ausgewiesen; Albert Wolffs »Löwenkämpfer«55 von
1849 – 61 auf der Freitreppe des Alten Museums in Berlin
(Abb. 11) weist neben der Künstler- und der Gießersignatur auch
jene des Ziseleurs L. Grünenberg auf; Ernst Herters »Ruhender Alexander«56 von 1878 verweist inschriftlich auf den Ziseleur
A. Mertens.
Mit der Wiedereinführung des Wachsausschmelzverfahrens
um 1880 wurden die in den 1830er Jahren aufgekommenen
inschriftlichen Würdigungen der Ziseleure hinfällig, denn
nunmehr beschränkte sich deren Tätigkeit in der Entstehung
eines Bronzegusses auf ein notwendiges Minimum, nämlich
auf das Entfernen des Angußsystems und das Ausbessern von
Gußfehlern.
Sicherheit und Massenhaftigkeit:
Der Berliner Weg zur Kommerzialisierung
Um die Jahrhundertmitte ging mit dem Wirken der bereits
erwähnten Gießer wie Friebel und Gladenbeck eine Blüte der
Bildhauerkunst einher, die über die preußischen, ja über die
14 Ludwig Michael Schwanthaler: Bavaria, 1850, München
(Modellzeichnung)
34
Bernhard Maaz
gußplastik. Während Fischer die furiose und technisch herausfordernde »Amazone« von Kiss goß, lag deren Pendant, Albert
Wolffs »Löwenkämpfer«, in Gladenbecks Händen: der gesunde
Wettbewerb blühte. Seit den 1870er Jahren – es war die Zeit
massenhafter, ja übermäßiger Denkmalsetzungen – stellte auch
er Denkmäler in Serie her, untereinander absolut gleich bis ins
Detail. Er eroberte sich die Marktführung insofern, als seine
sogenannten »Ladenbronzen«, die seriell in verschiedensten
Maßstäben gegossenen dekorativen Werke für das klein- wie
großbürgerliche Heim, bald weithin vertrieben wurden. Das
Firmenprofil änderte sich auch nicht grundlegend, nachdem
die Firma 1888 in eine Aktiengesellschaft verwandelt war. Um
1900 stand der Firmenname »Aktiengesellschaft Gladenbeck«
schließlich vor allem für diese zahllosen Ladenbronzen. Sie
wiederum standen aufgrund etwas kurzschlüssiger Vereinfachung
schlußendlich stellvertretend für dümmliche Salonprunksucht
und wilhelminische Geschmacklosigkeit.61 Gladenbeck wiederum war nur der bekannteste Vertreter jener weitverbreiteten Ladenbronzen; andere Namen wären zu nennen, etwa eine
Firma wie Bellair & Co, deren Angebotsspanne vom AntikenNachguß bis zum Livréeknopf reichte, oder die Firma Conrad
Felsing, bei der man Büsten des Kaiserhauses ebenso bestellen
konnte wie »Reiterstatuetten der ganzen preussischen Kavallerie,
Garde und Linie, 43cm hoch, bronzirt u. colorirt«.62 Sie alle
machten allerdings den Gießern von großformatigen Denkmälern und freier figürlicher Plastik keine ernstliche Konkurrenz.
Auch im Königlichen Gewerbeinstitut, das seinerzeit von
Schinkels Mitstreiter Peter Beuth begründet wurde, führte
man gelegentlich Großbronzen aus, etwa um 1860 die sechs
Standbilder preußischer Feldherren für den Berliner Wilhelmsplatz, die teilweise nach Marmorbildwerken des 18. und frühen
19. Jahrhunderts und teilweise nach neuen Modellen gegossen
wurden.63 Mit diesen Güssen verknüpften sich staatspolitische,
ästhetische, unternehmerische und didaktische Interessen:
August Kiss war nicht nur der Modelleur einiger dieser Statuen,
sondern zugleich Lehrer der Ausbildungseinrichtung. So unterrichtete er in gemeinsamer praktischer Arbeit jüngere Kräfte,
zu denen unter anderem Ferdinand von Miller gehörte, der
spätere Münchner Gießer.64 Politisch zielten die Statuen auf
preußische Selbstdarstellung, ästhetisch strebten die Neugüsse
eine stilistische Reinigung von barocken Formen an, unternehmerisch war die Stärkung des Gewerbeinstituts und didaktisch die Ausbildung junger Kräfte außerhalb der großen, meist
privaten Bronzegießereien ein Ziel. Hinsichtlich des Interessen-
15 Ernst Rietschel: Goethe-Schiller-Denkmal, 1857, Weimar
(Aufnahme: 1971)
16 Ernst Hähnel: Standbild Theodor Körners, 1871, Dresden,
Guß von Lenz und Heroldt, Nürnberg (Aufnahme: 2000)
Zur Entwicklung des Bronzegusses in Deutschland im 19. Jahrhundert
35
17 Johann Friedrich Drake: Denkmal für Philipp Melanchthon,
1865, Lutherstadt Wittenberg (Aufnahme: um 1998)
18 Johann Gottfried Schadow: verkleinerte Nachbildung des
Wittenberger Luther-Denkmals, (1817– 21), Guß der Statuette
1822, Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie
gemenges unterschieden sich diese Güsse also grundlegend von
all jenen, die die frei konkurrierenden Gießer im Auftrag
von Denkmalkommitees, Städten oder Potentaten realisierten,
denn dabei zählte neben den kommerziellen Interessen allenfalls die Qualität.
der sich in Neapel ebenso wie bei den Berliner Gießern umgesehen hatte, realisierte den Guß.66 Trotz des Fehlgusses – derlei kam immer wieder vor – wurden ihm als dem Leiter der
bayerischen Königlichen Erzgießerei München in der Folgezeit
noch zahlreiche Aufträge zuteil, so etwa Güsse für Bertel Thorvaldsen und Ludwig Schwanthaler. Nach seinem Tode (1844)
übernahm Ferdinand von Miller, der bei Stiglmaier, seinem
Onkel, sowie in Paris ausgebildet worden war, die Gießerei. Zu
den größten Projekten, die er verwirklichte, gehört die Bavaria
von Schwanthaler in München (Abb. 14), und zu den ansonsten
bekanntesten Großgüssen das von Rietschel modellierte
Goethe-Schiller-Denkmal in Weimar (Abb. 15).67 Ab 1871
wurde die Gießerei als Familienbetrieb von den Söhnen Millers
fortgesetzt. Sie gehörte somit zu den traditionsreichsten deutschen Firmen der Branche.
Auf den Nürnberger Gießer Burgschmiet wurde bereits
hingewiesen. Dessen Werkstatt wurde nach seinem Tode (1858)
von seinem Schwiegersohn Christoph Lenz fortgeführt, dessen
Güsse in ganz Europa zu finden sind (Abb. 16). Er perfektionierte die Technik so weit, daß auch er sich rühmen durfte, auf
Ziselierung verzichten zu können.68
München und weitere Zentren
Ein zweites Zentrum des Bronzegusses bildete München, wo
sich zeitgleich mit Berlin die Gußtechnik etablierte und wo
man eine ähnlich enge Verknüpfung zwischen immenser
künstlerischer Produktivität – hier ist es namentlich Ludwig
Schwanthaler, dessen zahllose Bronzen in alle Lande gingen65
– und dem Florieren des Gußgewerbes feststellt. Dennoch
konnte auch dort ein Guß mangels hinreichender Erfahrung
scheitern, wie die Ereignisse um Rauchs Denkmal Maximilian
I. Josephs zeigen, das 1830 – 35 gegossen wurde und dessen
überlebensgroße, zunächst ungeteilt gegossene Hauptfigur
wegen einer Havarie in der Dammgrube ein zweites Mal
gegossen werden mußte (Abb. 13). Johann Baptist Stiglmaier,
36
Bernhard Maaz
19 August Kiss: Amazone, Marmorfassung von 1865, Antwerpen,
Museum der schönen Künste
In Braunschweig wirkte Georg Howaldt, der sich – was für
die Branche eher ungewöhnlich war – zuzeiten auch mit großformatigen Kupfertreibarbeiten, mit galvanoplastischen Werken
und mit galvanisch verkupfertem Bleiguß – gänzlich eine
Rarität im 19. Jahrhundert – befaßte.69
Materialikonographie und Materialspezifik
Johann Friedrich Drakes Wittenberger Melanchthon (Abb. 17)
entstand 1858 – 65 als Gegenstück zu Schadows Luther-Denkmal, dem ersten Denkmal für einen Reformator. Melanchthon
blickt über eine imaginäre Versammlung der Gläubigen, mit der
linken, ans Herz gelegten Hand eine bekennende Beteuerungsformel ausdrückend.70 Dieses von Gladenbeck gegossene Standbild gehört neben dem von Rauch für Nürnberg ausgeführten
Dürer zu jener Gruppe von Denkmälern, welche die geistigen
Wurzeln der Neuzeit vergegenwärtigen sollten und die in
romantisch-rückwärtsgewandten sowie in lokalpatriotischen
Gesinnungen wurzeln.
Aber im Unterschied zu vielen anderen Denkmälern, die
bestenfalls in kleinformatigen Reduktionen Verbreitung fanden (Abb. 18), wurde von Drakes Melanchthon eine originalgroße, detailgetreue Replik hergestellt, die als Zinkguß aus der
damals renommierten Firma Moritz Geiß nach Bretten, in den
Geburtsort Melanchthons östlich von Karlsruhe, gelangte.71 Ein
Novum ist in dieser Zeit, daß zuvor Denkmäler stets Unikate
blieben, während nunmehr die Doppelnutzung einer künstlerischen Schöpfung gestattet wurde, wie man es etwa von August
Kiss’ Denkmal für Leopold I. von Anhalt-Dessau kennt, dessen
erster Bronzeguß in Berlin stand und dessen zweiter Guß 1859
nach Dessau kam.72 Drakes Melanchthon-Denkmal scheint
eines der ersten reinen Personal-Denkmale zu sein, die in einer
solchen Zweitfassung reproduziert wurden, und es ist eines der
ersten in Zink ausgeführten Denkmale.73 Dabei war allen
Beteiligten sicherlich von vornherein klar, daß nur das in
Wittenberg, also am Ursprungsort der Reformation, befindliche ›Original‹ in edler Bronze existieren dürfe, während die
Replik im billigeren und minder wertgeschätztem Zink auszuführen war und – im Gegensatz zum Wittenberger Denkmal
– lediglich auf einem Sandsteinsockel (statt des Ewigkeitswerte
verkörpernden Granits) und ohne Baldachin plaziert wurde. Es
gibt mithin eine dreifache Anspruchsreduzierung gegenüber
dem Erstguß: im Material der Statue, im Bedeutungsgehalt des
Sockels, im Verzicht auf den gußeisernen Baldachin als Hoheitsformel.
Drakes Standbild konnte ohne gestalterische Veränderungen
in einem anderen Metall reproduziert werden. Der Wechsel von
Bronze zu Marmor hingegen, wie im Falle von August Kiss’
Amazone (Abb. 19), forderte nicht nur Abwandlungen einzelner
Details,74 sondern grundlegende Eingriffe in die Konzeption
des Kunstwerkes. Für die furiose Komposition war Kiss’ eigenem, ursprünglichem Bekenntnis zufolge »die Ausführung in
Erz die einzige ..., welche das Kunstwerk als solches wiedergibt,
während dieß bei dem Gusse in andern Metallen nicht möglich ist«75 – mit dieser vorgeschobenen Argumentation, die er
selber späterhin ad absurdum führte, erwirkte der Künstler den
Bronzeguß. Dabei stand ihm ein »Verein Berlinischer Kunstfreunde zur Ausführung der Kiss’schen Amazonen-Statue in
Erz« zur Seite, der 1839 in Schinkels Wohnung (und gewiß auf
sein Betreiben) gegründet wurde und der neben den zahllosen
Denkmalkommitees des 19. Jahrhunderts wohl die erste Privatinitiative zugunsten des Bronzegusses eines ganz freien (und
bereits im Modell ausgeführten) Bildwerks war. Der Guß wurde
zwar ausgeschrieben, doch der meistfordernde (!) Fischer erhielt
den Auftrag, nachdem der Preis gedrückt wurde76 – offensichtlich stand seine technische Perfektion höher im Kurs als die
Heinrich Hopfgartens und jene der damals noch nicht sehr
›bronzeerfahrenen‹ Lauchhammer-Gießerei.
Obgleich sich Kiss – wie oben zitiert – anfänglich explizit
gegen eine Ausführung in Zink verwahrt hatte, kam es überraschenderweise schon nach wenigen Jahren eben dazu. Dieser
originalgroße Zinkguß wurde 1851 auf der Londoner Weltausstellung gefeiert. Noch erstaunlicher aber ist die Tatsache der
beiden Marmorübertragungen77, denn hier stößt die so raumgreifende Komposition vollends an ihre Grenzen: Die ausgreifenden und freistehenden Partien wie Arme, Beine oder Lanze
mußten mit höchster Sorgfalt aus dem Stein herausgearbeitet
werden, konnten aber teilweise doch nicht auf so dünne Volumina reduziert werden wie im armierten Metallguß möglich.
Auch bedurfte es einer zentralen Stütze unter dem Pferdebauch,
die der intendierten kompositorischen Leichtigkeit zuwiderläuft. Nachdem eine erste Marmorfassung durch Ludwig I.
von Bayern, einen der regsamsten Mäzene seiner Zeit, bestellt
wurde, folgte eine zweite, die in das Antwerpener Museum
kam – Marmor war das Material, das antikengleiche Zeitlosigkeit versprach, und das Museum war ein Ort, an dem ein
Künstler wie Kiss in die Ewigkeit der Kunstgeschichte einzugehen hoffen durfte. Der ›Verrat‹ an den eigenen Maximen, die
Zur Entwicklung des Bronzegusses in Deutschland im 19. Jahrhundert
20 Johannes Schilling: Vier Tageszeiten, 1863 – 71, hier: Die
Nacht, Guß von Pirner & Franz (Aufnahme: 2000)
zunächst gar keine andere Umsetzung als die in Bronze zulassen
wollten (und die doch nur im taktischen Vorgehen wurzelten),
hatte also wiederum außerkünstlerische Beweggründe.
Vielzahl und Leistungsfähigkeit deutscher Gießer
gegen 1900
Während noch Gladenbeck den Berliner Markt dominierte,
erwuchs ihm ernsthafte Konkurrenz: Hermann Noack gründete 1898 eine Gießerei, die bis heute besteht.78 Zunächst goß
man Arbeiten jüngerer, unbekannterer Bildhauer, zu denen
etwa August Gaul mit seinen ersten eigenständigen Werken
gehörte (und der sich gerade erst von seinem Lehrmeister
Begas löste). Es folgten dann ab 1906 auch Güsse nach kunsthistorisch bedeutenden Bildwerken des 19. Jahrhunderts von
Schadow und Rauch, Kalide und Wolff. Diese Neugüsse nach
Wachs- und Tonmodellen und nach Originalgipsen wurden von
der Nationalgalerie und der Hamburger Kunsthalle bestellt.79
Da Noack das Wachsausschmelzverfahren beherrschte und
37
kostengünstig arbeitete, war er dazu berufen, so subtil modellierte Bozzetti wie die in Wachs modellierte »Tänzerin« von
Schadow zu gießen. Allerdings – beim Nachguß der Prinzessinnengruppe sieht man, daß dieses Werk nicht für Bronze konzipiert war und aufgrund der metallisch-harten Glanzlichter und
der undurchdringlichen Schwärzen in den Unterschneidungen
weniger überzeugt als das Marmororiginal.80
Nicht näher bekannt, aber doch sehr rege tätig war die
Berliner Gießerei Martin & Piltzing, die zuweilen den ehrgeizigen Zusatz »Hofbildgiesser« im Gießerstempel trug.81 In den
frühen 1890er Jahren arbeitete sie für Künstler der offiziellen,
neubarocken und naturalistischen Skulptur wie etwa Johannes
Götz und Erich Hösel. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wandten sich aber auch Bildhauer des Sezessionskreises an sie, etwa
August Kraus, Louis Tuaillon und Franz Metzner.
Die zahlreichen Gießer, die im ausgehenden 19. Jahrhundert
von Dresden bis Bremen, von Berlin bis München wirkten, sind
teilweise nur kurz und lokal nachweisbar. Die Anforderungen
handwerklicher Art waren hoch, ebenso die Konkurrenz. Verständlicherweise siedelten sich Bronzegiesser mit Spezialisierung
auf den Bildguß bevorzugt dort an, wo ein florierender Kunstmarkt oder Akademien bestanden. Wiederum steht München
gleich neben Berlin, nur waren die Berliner Aufgaben eher offizieller und monumentaler Art, wohingegen sich die Münchner
Erwartungen mehr auf Kleinbronzen für Liebhaber und Sammler richteten.
Nicht nur die schulbildende Wirkung Adolf von Hildebrands, der zum neuklassizistischen Gegenspieler des neubarocken Reinhold Begas in Berlin wurde, sondern auch die
Blüte sezessionistischer und teilweise dem Jugendstil nahestehender Plastik in der Isarstadt trug zur dortigen Blüte der
Gußtechnik bei. Leyrer war seit den 1890er Jahren geradezu
kontinuierlich für Franz von Stuck tätig, dessen »Amazone«
und »Athlet« in vielen Exemplaren gegossen wurden, aber auch
für Georg Wrba, Georg Roemer oder Theodor Georgii. Den
mit A. Brandstetter bezeichneten Bronzegüssen begegnet man
ebenfalls von dieser Zeit bis ins 20. Jahrhundert hinein, doch will
es bei einer ersten Übersicht scheinen, daß die bekannteren,
finanzkräftigeren Bildhauer Leyrer bevorzugten.
In Dresden lassen sich kleinere, regional tätige Gießer wie
Pirner & Franz, die etwa für Johannes Schilling arbeiteten82
und von den 1880er Jahren an nachweisbar sind (Abb. 20),
und die Firma Adalbert Milde & Co. nachweisen (Abb. 21).
Auf die zahlreichen Gießer in anderen deutschen Orten kann
hier nicht näher eingegangen werden, zumal Informationen
über Dauer und Umfang ihrer Arbeit sowie über Charakter
und Qualität ihrer Güsse rar sind.
Elitäre Ansprüche um 1900
Ansprüche und Forderungen der Bildhauer, Auftraggeber und
Käufer waren extrem unterschiedlich. Wenn vielen die einfache,
motivisch treue Reproduktion genügte, so gab es doch auch
elitäre Haltungen, die sich auf perfekteste Gußtechnik oder gar
eigenhändige Ziselierung richteten.
Als Max Klinger eines seiner Hauptwerke, den »Beethoven«
(Abb. 22) schuf, bedurfte er kostbarer Edelsteine, seltener Materialien für Einlegearbeiten, feiner Goldfolien – und eines höchst
38
Bernhard Maaz
21 Georg Wrba: Marie Gey-Heinze – Brunnen, 1910, Guß von
Adalbert Milde & Co. (Aufnahme: 1954)
subtil gegossenen bronzenen Thrones. Trotz der Existenz zahlreicher deutscher Gießereien, die für jede Preisvorstellung in
jeder erdenklichen Ausführungstechnik und Auflagenhöhe
arbeiten konnten, wählte er einen Gießer in Paris, Pierre Bingen.
Mit aller Subtilität des Fin de siècle modellierte er selber ein
halbes Jahr am auszuschmelzenden Wachsmodell83 (dieses altmeisterliche Herangehen war ganz ungewohnt), beobachtete
die Prozedur des Wachsausschmelzverfahrens84 und die partielle
Nachbearbeitung. Jubelnd konstatierte er, »daß man allenthalben ... noch die Hautabdrücke des Daumens auf dem Wachs
sehen kann. Und das worauf ich stolz bin – man sieht von A –
Z: das war für Bronze gedacht und wirkt als solche.«85
Wenngleich das Unikat und Meisterwerk in Paris gegossen
wurde, vertraute Klinger doch andere Schöpfungen auch deutschen Gießern an. So wurde etwa seine »Badende« von Gladenbeck in fünf verschiedenen Größen vertrieben und reihte sich
also in die gängigen Ladenbronzen ein. Allerdings sorgten der
Künstler und sein Gießer einvernehmlich für einen besonders
hohen Preis, womit dem Werk zumindest ein rudimentärer
Abglanz des Elitären anhaftet.86
Auch andere Außenseiter gossen bei Bingen, etwa Ernst
Moritz Geyger, dessen Interessen sich, über Europa hinausschauend, auch auf den Bronzeguß, die Legierungen und
Patinabildung im alten Japan richteten.87 Anderes, namentlich
seine gerühmte Gruppe »Kampf zwischen Nilpferd und Löwe«
von 1888 – 94, ziselierte er in langer, mühsamster Arbeit eigenhändig, und dies sicher nicht nur, um die landläufigen Gießer
und Ziseleure zu beschämen und sein Ungenügen an ihren
Leistungen zu bekunden, sondern auch, weil er einem wiederbelebten Renaissance-Ideal perfektester und eigenhändiger
Bearbeitung huldigte.88
Man konnte Geyger schwerlich ein größeres Kompliment
machen als das, daß es scheine, er sei bei Donatello in die Schule
gegangen.89 War in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Peter
Vischer das leuchtende Leitbild, so galten nunmehr RenaissanceBronzen – damals bereits anerkannte Sammlerobjekte – als
höchster Maßstab. Die Ahnenbeschwörung beim Bronzeguß
galt nicht mehr Peter Vischer und der Selbstverständigung
anhand nationaler Traditionen, sondern zielte darauf, daß sich
die Künstler des wilhelminischen Deutschlands (das sich ja
nach 1870 seinerseits auf dem direkten Weg zur Weltmacht
sah) mit den bedeutendsten Bezugsgrößen der europäischen
Kunstgeschichte mäßen, eben mit den Meistern der italienischen Renaissance.
Während im elitären Kreis um Klinger und Geyger konservative Traditionen gepflegt wurden, praktizierten der Kaiser
und seine künstlerisch-politischen Parteigänger eine expansive
Kunstpolitik und bestellten massenhaft Denkmäler. Der Kleinund Großbürger hingegen kaufte kleine oder große Ladenbronzen und beobachtete mit Argwohn oder Zufriedenheit das
Wuchern des öffentlichen Denkmalkults. Daß die Kunst jener
Jahrhundertwende und damit zugleich die Bronzetechnik nach
Untergang des wilhelminischen Reiches nachhaltig in den
Hintergrund traten, lag nicht nur am Durchbruch expressionistischer Postitionen nach dem ersten Weltkrieg, sondern gleichermaßen an den obsolet gewordenen martialischen Inhalten
und Gesten, die die Denkmalplastik transportiert hatte, wie
auch an der salonmäßigen Inhaltsarmut und Glätte mancher
weitgestreuter Ladenbronzen.
22 Max Klinger: Beethoven-Denkmal, 1902, Ansicht der Rückseite des Bronzethrones, Leipzig, Museum der bildenden Künste
Zur Entwicklung des Bronzegusses in Deutschland im 19. Jahrhundert
Für kritische Durchsicht des Textes, für Gespräch und Rat
danke ich Herrn Professor Josef Riederer, Rathgen-Forschungslabor, sehr herzlich.
Bei den Bildunterschriften wird – nicht zuletzt aufgrund
oft langer Vorarbeiten – jeweils das Jahr der Einweihung beziehungsweise Vollendung angegeben, was dem Gußdatum am
nächsten kommt.
Anmerkungen
1 Max Klinger (Paris 10. 12. 1901); zit. nach Hübscher, Anneliese
(Hrsg.): Max Klinger. Malerei und Zeichnung. Tagebuchaufzeichnungen und Briefe. Leipzig 1985, S. 133 f.
2 Ulrich, Dieter und Daisy Sigerist: Alexander Trippel (1744 –1793).
Skulpturen und Zeichnungen, Schaffhausen 1993, S. 116 –123.
3 Vgl. zum Bronzeguß: Lüer, Hermann: Die Technik der Bronzeplastik. Leipzig o.J. [1904]. – Vgl. zum Berliner Umfeld generell:
Bloch, Peter und Waldemar Grzimek: Das klassische Berlin. Die
Berliner Bildhauerschule im neunzehnten Jahrhundert. Frankfurt
a. M., Berlin, Wien 1978; Bloch, Peter und Sibylle Einholz, Jutta
von Simson (Hrsg.): Ethos und Pathos. Die Berliner Bildhauerschule 1786 –1914. Ausstellungskatalog (=Bd. 1) und Beiträge
(=Bd. 2). Berlin 1990.
4 Friedlaender, Julius (Hrsg.): Gottfried Schadow – Aufsätze und
Briefe. Stuttgart 18902, S. 32 – 38.
5 Schadow 1890 (wie Anm. 4), S. 37.
6 Franz Zauner an Johann Gottfried Schadow. Wien 12.12.1800;
Zentralarchiv der Staatlichen Museen zu Berlin, Nachlaß J. G.
Schadow, E 6.10.
7 Vom ebenfalls relativ großformatigen Kanonen- und Glockenguß
wird hier abgesehen, da dort ein anderes, primär funktionales
Anliegen verfolgt wird.
8 1778 goß Valadier Doells Winckelmann-Büste (heute Staatliche
Kunstsammlungen Kassel, Neue Galerie), die bereits 1804 durch
Gipsabgüsse verbreitet wurde. (Vgl. Schulz, Arthur: Die Bildnisse
Johann Joachim Winckelmanns. Berlin 1953, S. 31 – 43, 45 – 47,
62 f.)
9 von Holst, Christian: Johann Heinrich Dannecker. Der Bildhauer.
Ausstellung Stuttgart 14. 2. – 31. 5.1987 (Ausstellungskatalog).
Stuttgart 1987, S. 265.
10 Holst 1987 (wie Anm. 9), S. 273.
11 Spemann, Adolf: Dannecker. Berlin, Stuttgart 1909, S. 66.
12 Caroline von Humboldt an Christian Daniel Rauch. Rom
13. 3. 1818; In: von Simson, Jutta (Hrsg.): Caroline von Humboldt und Christian Daniel Rauch. Ein Briefwechsel 1811–1828,
Berlin 1999, S. 291.
13 Eckardt, Götz: Johann Gottfried Schadow 1764 –1850. Der Bildhauer. Leipzig 1990, S. 201.
14 [Johann Wolfgang von] Goethes Werke (=Weimarer bzw. SophienAusgabe), 1. Abt., Bd. 49. 2. Weimar 1900, S. 276 f.
15 Schasler, Max. In: Dioskuren 6 (1861), S. 177.
16 von Simson, Jutta: Christian Daniel Rauch. Oeuvre-Katalog. Berlin
1996, S. 231 f.
17 Lüer (wie Anm. 3), S. 101.
18 Eggers, Friedrich und Karl Eggers: Christian Daniel Rauch. Bd.
2. Berlin 1878, S. 345 f.
19 Simson 1999 (wie Anm. 12), S. 315, 322.
20 Lüer (wie Anm. 3), S. 102.
21 Volk, Peter: Ferdinand von Miller – Sein Leben und Wirken. In:
Erz-Zeit. Ferdinand von Miller – Zum 150. Geburtstag der Bavaria.
München 1999, S. 14 – 65, hier S. 20.
22 Arndt, Monika: Goethe und Schiller. In: Ethos und Pathos 1990
(wie Anm. 3), Bd. 1, S. 243 f.
23 Riemann, Gottfried (Hrsg.): Karl Friedrich Schinkel. Reise nach
England, Schottland und Paris im Jahre 1826. Berlin 1986, S. 109.
24 Maaz, Bernhard: Christian Friedrich Tieck. Leben und Werk.
Berlin 1995, S. 332 f.
25 Mackowsky, Hans: Die Bildwerke Gottfried Schadows. Berlin
1951, S. 60 – 62; Maaz, Bernhard (Hrsg.): Johann Gottfried Schadow und die Kunst seiner Zeit. Köln 1994. Nr. 26. Taf. S. 87, 176 f.
39
26 Riemann, Gottfried (Hrsg.): Karl Friedrich Schinkel. Reisen nach
Italien. Berlin 1979, S. 187, 200.
27 Gr[uppe], [Otto]: Statue Friedrich Wilhelms II. von Prof. Friedrich Tieck. In: Berliner Kunst-Blatt 1829. Heft 6, S. 176.
28 Röber, Wolf-Dieter: Lauchhammer Eisenkunstguss-Plastiken in
Wolkenburg. Glauchau 1984, S. 8.
29 Simson 1996 (wie Anm. 16), S. 269 – 274.
30 Eggers, Friedrich und Karl Eggers: Christian Daniel Rauch. Bd.
3. Berlin 1886, S. 171.
31 Lüer (wie Anm. 3), S. 107.
32 Besitz der Nationalgalerie Berlin.
33 Vgl. Schmidt, Otto Eduard: Lauchhammerwerke in Wolkenburg
und Waldenburg. In: Mitteilungen des Landesvereins Sächsischer
Heimatschutz 14 (1925), S. 161–172; ferner: Lauchhammer
Bildguß. Mitteldeutsche Stahlwerke AG. Lauchhammer 1929.
34 von Zobeltitz, Hanns: Aus der Werkstätte Meister Gladenbecks.
In: Velhagen und Klasings Monatshefte 5 (1890/1891). Bd. 2, S.
423 – 442, hier S. 429.
35 Ähnlich wurde die Ausbildung bei Rauch praktiziert; vgl. z.B.
Rietschel, Ernst: Erinnerungen aus meinem Leben. Berlin 1963,
S. 75, 81.
36 Riemann, Gottfried (Hrsg.): Karl Friedrich Schinkel 1781–1841.
Ausst-Kat. Staatliche Museen zu Berlin. 23.10.1980 – 29.3.1981.
Berlin 1980, S. 276 f.
37 Schuster, Gerhard und Caroline Gille (Hrsg.): Wiederholte Spiegelungen. Weimarer Klassik 1759 –1832. München, Wien 1999,
S. 469.
38 Holtzhauer, Helmut und Reiner Schlichting (Hrsg.): Johann
Heinrich Meyer. Geschichte der Kunst. Weimar 1974, S. 207.
39 Eggers, Fr[iedrich]: Wilhelm Wolff. In: Deutsches Kunstblatt 7
(1856), S. 143 – 146; Maaz, Bernhard: Wilhelm Wolff (1816 –
1887), der erste Berliner Tierbildhauer. In: Forschungen und
Berichte. 29/30 (1990), S. 303 – 322.
40 Katalog der Berliner Akademie-Ausstellung 1850, S. 88; Katalog
der Berliner Akademie-Ausstellung 1852, S. 78.
41 Bimler, Kurt: August Kiss, ein Bildhauer aus Oberschlesien. In:
Oberschlesien 1915; Bimler, Kurt: Theodor Kalide. In: Oberschlesien 1917.
42 Masa, Elke: Freiplastiken in Nürnberg. Neustadt o. J., S. 42 f.
43 Fontane, Theodor: Friedrich Wilhelm Wolff. In: Ders., Aufsätze
zur bildenden Kunst. Erster Teil. München 1970, S. 457– 460;
Zum »Tunnel über der Spree« vgl. Fontane, Theodor: Autobiographische Schriften. Bd. II: Von Zwanzig bis Dreißig. Berlin,
Weimar 1982, S. 154 – 174, bes. S. 158.
44 Zyklen in der Casa Bartholdy und der Villa Massimo, Rom, in
der Münchener Residenz, am Alten Museum in Berlin.
45 Schmidt, Eva: Der preußische Eisenkunstguss. Technik, Geschichte, Werke, Künstler. Berlin 1981, S. 126 –133 mit Abb.
46 Springer, Peter: Schinkels Schloßbrücke in Berlin. Zweckbau und
Monument. Berlin 1981.
47 Beispielsweise im Katalog der Berliner Akademie-Ausstellung
1848. Nr. 1233 –1236.
48 Katalog der Berliner Akademie-Ausstellung 1846. Nr. 1101.
49 Katalog der Berliner Akademie-Ausstellung 1824. Nr. 379– 382,
400.
50 Katalog der Berliner Akademie-Ausstellung 1826. Nr. 653 f., 657
f.; Castner war auch als Zinkgießer tätig (vgl. Vösgen, Nicola:
Berliner Zinkguß des 19. Jahrhunderts. In: Berliner Beiträge zur
Archäometrie 14. 1997, S. 319– 487, hier S. 364, 406).
51 Katalog der Berliner Akademie-Ausstellung 1830. Nr. 730 f.
52 Ernst Rietschel (1856); zit. nach: Das Denkmal. Goethe und
Schiller als Doppelstandbild in Weimar. Edition Haniel. Tübingen
1993, S. 103.
53 Beispielsweise die Güsse der Gießer Keller aus den 1680/90er
Jahren, die man in Paris und Versailles zahlreich findet.
54 Maaz, Bernhard: Kleinplastiken des 19. Jahrhunderts aus der Sammlung der Nationalgalerie (Ausstellungskatalog). Berlin 1992. Nr. 20.
55 von Simson, Jutta: Der Bildhauer Albert Wolff. 1814 –1892.
Berlin 1982, S. 206.
56 Keisch, Claude: Um Anselm Feuerbachs »Gastmahl«. Berlin 1992,
Nr. 75.
40
Bernhard Maaz
57 Eggers 1886 (wie Anm. 30), S. 102.
58 Maaz, Bernhard: L´ Amazone d´ August Kiss et la disparition des
normes classiques dans la sculpture. In: Revue de l’ Art 104 (1994),
S. 15 – 21.
59 Lüer (wie Anm. 3), S. 101.
60 C. FISCHER. FUD: 1849. – Siehe Maaz 1992 (wie Anm. 54),
Nr. 21.
61 Berger, Ursel: Die Bronzegiessereien Gladenbeck in Berlin. In:
Antiqua ´88 Berlin. Berlin 1988; Sprink, Claus-Dieter und Marlis
Hujer: Bildgießerei Gladenbeck – Aufstieg und Niedergang.
Berlin 1994.
62 Kiessling´s Berliner Baedeker. Berlin 18849, S. 109.
63 Maaz, Bernhard: Denkmalverständnis und Denkmalpflege im 19.
Jahrhundert am Beispiel der Generalsstandbilder vom Wilhelmsplatz. In: Jahrbuch der Stiftung Preußischer Kulturbesitz 34 (1998),
S. 237 – 260.
64 Stollreither, Eugen und Alexander Heilmeier (Hrsg.): Ferdinand
von Miller erzählt. München o.J. [1931], S. 7.
65 Otten, Frank: Ludwig Michael Schwanthaler. München 1970,
pass.
66 Hemmeter, Karlheinz: Das Denkmal für König Max I. Joseph
in München von Christian Daniel Rauch. In: Böning-Weis,
Susanne und Karlheinz Hemmeter, Michael Petzet: König Max
I. Joseph – Modell und Monument. München 1996, S. 35 – 85,
hier S. 49 f.
67 Volk 1999 (wie Anm. 21).
68 Grimme, Franz: Bronze-Kunstguss in Nürnberg. Zum 150jährigen Bestehen der Kunstgießerei Burgschmiet-Lenz. Nürnberg
1979, S. 13 – 15.
69 Lüer (wie Anm. 3), S. 113, 128 f.
70 Dioskuren 5, 1860, S. 71.
71 Kobler, Friedrich: Über Zink und Zinkguß. In: Mottner, Peter und
Martin Mach (Hrsg.): Zinkguß. Die Konservierung von Denkmälern aus Zink. München 1999, S. 17– 49, hier Abb. 26.
72 Der Guß vor der Dessauer Marienkirche ist zwar nicht von Kiss
signiert, aber inschriftlich ausgewiesen: K. GEWERBE INSTITUT EXC. BERLIN 1859.
73 Vgl. aus dem Jahre 1858 Wilhelm Wolffs Denkmal der Kurfürstin Louise Henriette von Oranien: Vösgen 1997 (wie Anm. 50),
S. 404 f. Kat. 145.
74 Vgl. zu derartigen Abwandlungen: Maaz 1998 (wie Anm. 63),
dort ein Detailvergleich an dem ebenfalls von Kiss vorgenommenen Bronzeguß nach Schadows Standbild Leopold I. von AnhaltDessau: dort Abb. 7 (Marmor: gebohrte Struktur) und 8 (Bronze:
aufgelegt modellierte Struktur).
75 Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Berlin, Rep. 137
I, Nr. 75, fol. 1.
76 Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Berlin, Rep. 137
I, Nr. 75, fol. 186 – 209.
77 Bimler 1915 (wie Anm. 41), S. 39; Ethos und Pathos 1990 (wie
Anm. 2), Bd. 1, S. 145.
78 Berger, Ursel und Josephine Gabler: Hundert Jahre Bildgiesserei
H. Noack. Berlin 1997.
79 Vgl. Syamken, Georg: Die dritte Dimension. Plastiken, Konstruktionen, Objekte. Bestandskatalog der Skulpturenabteilung der
Hamburger Kunsthalle. Hamburg 1988, S. 203 f., 341– 345,
371– 395, 425 f., 448, 459 f.; ein etwa identischer Bestand befindet sich in der Nationalgalerie, Berlin.
80 Syamken 1988 (wie Anm. 79), S. 380 f.
81 Guratzsch, Herwig (Hrsg.): Museum der bildenden Künste
Leipzig. Katalog der Bildwerke. Köln 1999. S. 168, 309.
82 Stephan, Bärbel: Sächsische Bildhauerkunst. Johannes Schilling
1828 –1910. Berlin 1996, S. 157, 159, 213, 243.
83 Asenijeff, Elsa: Max Klingers Beethoven. Leipzig 1902, S. 41.
84 Vogel, Julius: Max Klingers Leipziger Skulpturen. Leipzig 1902,
S. 97.
85 Klinger 1985 (wie Anm. 1), S. 133 f.
86 Berger 1988 (wie Anm. 61), unpaginiert, Abb. 9.
87 Guratzsch 1999 (wie Anm. 81), S. 154.
88 Guthmann, Johannes: Ernst Moritz Geyger als Bildhauer. In:
Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst 1909, S. 177–187, hier
S. 181; Maaz, Bernhard: Das konservative Ideal – Bodes Verhältnis zur Skulptur seiner Zeit. In: Angelika Wesenberg (Hrsg.):
Wilhelm von Bode als Zeitgenosse der Kunst. Berlin 1995,
S. 135 –146, hier S. 136 f., Abb. 84.
89 Rapsilber, Maximilian: Ernst Moritz Geyger, Berlin – Florenz,
und sein künstlerisches Schaffen. Darmstadt 1904, S. 2.
Abbildungsnachweis
Wolfgang Conrad: Abb. 17
Landesamt für Denkmalpflege Sachsen: Abb. 5, 6, 9, 16, 20
Martin Mach: Abb. 14
Museum für Bildende Künste Leipzig, Hans-Dieter Kluge: Abb. 22
Waltraut Rabich: Abb. 15
Reproduktion nach: Lüer, Hermann und Max Creutz: Geschichte der
Metallkunst. Bd. 1. Stuttgart 1904: Abb. 1
Reproduktion nach: Maertens, Hermann: Die deutschen BildsäulenDenkmale des XIX. Jahrhunderts. Stuttgart 1892: Abb. 13
Reproduktion nach: von Holst, Christian: Johann Heinrich Dannecker.
Der Bildhauer. Stuttgart 1987, Kat. Nr. 95, Staatsgalerie Stuttgart:
Abb. 3
Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek
Dresden, Deutsche Fotothek: Abb. 7, 21
Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie: Abb. 10, 11, 12, 18
Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie, Archiv: Abb. 2, 4, 8, 19
41
Die Umweltsituation und Entwicklung der Luftqualität in
Ost- und Westdeutschland und ihr Einfluß auf die Korrosion
von Bronze und Kupfer
Anke Doktor
Schäden an Denkmälern können oft erst dann richtig interpretiert werden, wenn die örtliche Umweltsituation bekannt
ist. Es existiert allerdings erst seit den 1950er Jahren eine systematische und kontinuierliche Erfassung der Luftqualität, die
vorher mangels geeigneter Meßverfahren für luftverunreinigende Stoffe eher sporadisch durchgeführt wurde.
Im Zusammenhang mit Korrosionsschäden auf Bronzeund Kupferdenkmälern werden als korrosionsrelevante Luftschadstoffe vor allem Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid, Ozon
und Staub genannt, die allesamt in hohen Konzentrationen vorhanden sind. Deshalb werden hauptsächlich diese in den nachfolgenden Ausführungen betrachtet, auch aus dem Grund, daß
hier die Meßdaten mehrere Jahre zurückzuverfolgen sind.1
duktionsstätten der Schwefeldioxid-Gehalt der Luft (Abb. 2).
Die angegebenen Daten sind Jahresmittelwerte, wobei zu
beachten ist, daß es große Schwankungen zwischen Sommerund Wintermonaten gibt, da Schwefeldioxide vor allem durch
Großfeuerungsanlagen zur Energiegewinnung entstehen. Aber
auch der Anteil der Kohlefeuerungen in privaten Haushalten
trägt erheblich zur SO2-Emission bei.
Publizierte Spitzenwerte aus Leipzig erreichten beispielsweise in unmittelbarer Nähe einer Buntmetallhütte bis zu
1500 µg/m3.2 In Erfurt wurden 1988 noch SO2-Gehalte zwischen 225 und 375µg/m3 gemessen.3 Erfreulicherweise sind die
Werte inzwischen auf 20% im Vergleich zu 1992 gesunken.
Abb. 3 zeigt den Verlauf der Monatsmittelwerte der SO2-Belastung seit 1992 für Leipzig und München.4 In Tab. 1 sind die
Jahresmittelwerte von Luftschadstoffen aus Leipzig aufgeführt.5
Schwefeldioxid SO2
Für Schwefeldioxid (SO2) gibt es bereits Daten aus dem Jahre
1961. Ein Vergleich zweier Industriestandorte – Gelsenkirchen
in Westdeutschland und Wolfen in Ostdeutschland – zeigt
eine extrem gegenläufige Entwicklung innerhalb Deutschlands
(Abb. 1). Während man in Westdeutschland gleichzeitig mit
der Erfassung der Meßdaten auch emissionsmindernde Maßnahmen eingeleitet hat und damit die Werte für SO2 gesenkt
wurden, stiegen die Werte in Ostdeutschland sogar noch an.
Erst nach der Wende 1989 sank mit der Schließung vieler
Industriebetriebe und der Umrüstung der verbliebenen Pro-
Jahr
1992
1993
1994
1995
1996
SO2 [µg/3m]
NO2 [µg/m3]
O3 [µg/m3]
108
79
43
34
23
33
36
36
48
48
24
26
35
30
35
Tab. 1 Jahresmittelwerte von Luftschadstoffen, Station Leipzig
Hbf. (Mitte)
1 Entwicklung der SO2-Belastung (Jahresmittelwerte) an einem industriellen Standort in Westdeutschland (Gelsenkirchen) 1961 –1995
und Ostdeutschland (Wolfen) 1979 –1995 im Vergleich zur Hintergrundbelastung (Standort Waldhof ) 1972 –1995 (Quelle: s. Anm. 1)
42
Anke Doktor
2 Schwefeldioxid-Immissionen in der Bundesrepublik Deutschland, Jahresmittelwerte 1985 –1998 (Quelle: s. Anmerkung 1)
Stickstoffoxide NO, NO2
Im Fall der Stickstoffoxid-Belastung (NO, NO2 (NOX)) ist die
Tendenz eher gegenläufig. Die Stickstoffoxide entstehen bei allen
Verbrennungsprozessen, welche bei sehr hohen Temperaturen
ablaufen. Da die Hauptquelle für Stickstoffoxide neben den
industriellen Verbrennungsanlagen der Kraftfahrzeugverkehr ist,
scheint es nicht verwunderlich, daß die Werte in Ostdeutschland durch das zunehmende Verkehrsaufkommen zunächst
gestiegen sind.6 Auch die Einführung des Katalysators, durch
den eine Emissionsminderung erreicht wird, vermag dagegen
verhältnismäßig wenig zu tun, denn seine Wirksamkeit wird
durch den Zuwachs an Kraftfahrzeugen nahezu aufgehoben.7
Dies ist zwar bedauerlich, aber für die Korrosion von Bronze
und Kupfer von eher untergeordneter Bedeutung, wie später
noch genauer erklärt wird (s. Tab. 2).
Die Umweltsituation und Entwicklung der Luftqualität in Ost- und Westdeutschland
Ozon O3
Die Bildung von Ozon (O3), das ebenfalls zu den Luftschadstoffen zählt, hängt eng mit der NOx-Emission zusammen.
Durch Ozon wird NO zu NO2 oxidiert, im Gegenzug wird NOX
durch UV(b)-Strahlung (Sonneneinstrahlung) wieder unter
Bildung hochreaktiver Radikale zersetzt. Diese Radikale führen
ihrerseits wieder zur Ozonbildung. Die Werte für Ozon zeigen
seit 1980 eine leicht ansteigende Tendenz.8 Mit dem Wissen
um den Zusammenhang zur Stickstoffoxid-Emission erscheint
dieser Verlauf allerdings logisch. Die absolute Entwicklung ist
dagegen nicht so deutlich wie beim SO2. Letztendlich ist der
alleinige Einfluß von Ozon auf die Korrosion von Bronze vernachlässigbar (siehe Tab. 2).9 Im Zusammenhang mit anderen
Luftschadstoffen kann die Ozon-Konzentration jedoch auch
eine Rolle spielen. Dies wird später erläutert.
Staub
Der chemische Einfluß von Staub auf die Korrosion von Metalloberflächen kann dagegen so gut wie ausgeschlossen werden.
Allerdings sind derartige feste Partikel oft mit Stoffen wie Säuren
oder Salzen befrachtet, die insgesamt eine aggressive Materialkombination bilden und chemisch mit der Metalloberfläche in
Wechselwirkung treten können. Gesicherte Befunde dazu gibt
es allerdings noch nicht, wobei jedoch zu berücksichtigen ist,
daß abgelagerte Schwebstäube die Bildung von passivierenden
und homogenen Oberflächenschichten beeinflussen. Bisher
wurden noch keine regional differenzierenden Messungen von
Stäuben durchgeführt, es existieren allerdings Daten aus dem
UBA-Meßnetz, die eine Tendenz ähnlich der SO2-Belastung
aufzeigen. Offensichtlich besteht daher ein Zusammenhang
zwischen dem Betreiben von Feuerungsanlagen fossiler Brennstoffe und der Entstehung von Feinstäuben.10
Einfluß der Luftschadstoffe auf die Korrosion
Tab. 2 gibt eine Übersicht über die verschiedenen Luftschadstoffe und ihre korrosive Wirkung auf Bronze und Kupfer
wieder.11 Hier wird deutlich, daß der wichtigste Faktor die
Schwefeldioxid-Belastung ist.
Neben den sogenannten Schadstoffen spielt die Anwesenheit
von Wasser auf der Metalloberfläche – also die relative Luftfeuchtigkeit – eine entscheidende Rolle für die Korrosion. Die
Korrosionsprozesse lassen sich vereinfacht mit folgendem Modell
erklären. Auf der Bronze- oder Kupferoberfläche befindet sich
ein Wasserfilm, in dem die relevanten Luftschadstoffe gelöst
vorliegen. In dieser als Elektrolyt fungierenden Wasserschicht
läuft die anodische Reaktion des Kupfers zu Kupferionen und
die kathodische Reaktion von Sauerstoff und Wasser zu Hydroxidionen ab. Sind keine anderen Ionen vorhanden, bildet sich
nun Cuprit (Cu2O). Da aber durch den mehr oder weniger
hohen SO2-Gehalt der Luft auch Sulfat-(SO42–)-Ionen anwesend
sind, stehen die Bildungsreaktionen von Cuprit und basischen
Kupfersulfaten in Konkurrenz zueinander. Der vorhandene
Sauerstoff ist nämlich in der Lage, die Kupferionen weiter zu oxidieren, so daß sich Kupferhydroxidsulfate abscheiden können.
Parameter
Einfluß auf Kupfer
Schwefeldioxid SO2
+++
Ozon O3
+
Stickstoffoxide NO X
Staub
+
Relative Luftfeuchtigkeit
++
43
Einfluß auf Bronze
+++
+
++
Tab. 2 Übersicht über die korrosionsfördernden Parameter in
atmosphärischer Umgebung
Welche Verbindungen sich nun vorrangig bilden, hängt von
der Konzentration der einzelnen Reaktionspartner im Elektrolyten ab. Demnach herrschen in höher belasteten Gegenden
die sulfatreicheren Kupfersulfatverbindungen vor.12
Wie in den analytisch-chemischen Untersuchungen aller
Bronzeskulpturen sichtbar geworden ist (siehe auch die Untersuchungsberichte zu den einzelnen Plastiken in diesem Heft),
dominieren die basischen Kupfersulfate in der Gesamtmenge
der Korrosionsprodukte. Insofern wird die Theorie bestätigt,
daß die Korrosion von Kupfer und Kupferlegierungen in erster
Linie vom Schwefeldioxid-Gehalt der Luft abhängt. Bronze
reagiert selbst schon auf leicht erhöhte Schwefeldioxidwerte
äußerst empfindlich.13 Bei den verschiedenen basischen Kupfersulfaten können sulfatärmere wie Brochantit (Cu4 (OH) 6 SO4)
und Antlerit (Cu3 (OH)4 SO4) und sulfatreichere wie Strandbergit (Cu2,5 (OH)3 SO4 · 2H2O)unterschieden werden. Die im
Vergleich zu Westdeutschland deutlich schlechteren Umweltbedingungen in Ostdeutschland haben tendenziell dazu geführt,
daß sich bevorzugt die sulfatreicheren Kupfersulfate ausgebildet haben.
Allerdings läßt sich auch an erst in jüngerer Zeit restaurierten Bronzeskulpturen wie dem Händel-Denkmal in Halle erkennen, daß sich die Umweltbedingungen drastisch gebessert
haben. Anfang der 1980er Jahre wurde diese Figur bis auf die
Bronzeoberfläche freigelegt. In der neugebildeten Staubpatina
fehlt nun der Antlerit (zugunsten von Brochantit) völlig. Hier
kann ein direkter Zusammenhang zwischen dem SO2-Gehalt
in der Luft und der Bildung sulfathaltiger Korrosionsprodukte
erkannt werden.
Wie schon oben erwähnt, spielen Stickstoffoxide eine eher
untergeordnete Rolle bei der Korrosion von Bronze und Kupfer.
Allerdings wird vermutet, daß es bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 90% einen synergistischen Effekt zwischen SO2 und
NO2 gibt, der nach folgendem Mechanismus abläuft14:
SO2 + NO2 + 2H2O → 2H + SO42- + 2HNO2(g)
+
Der sich bildende saure Elektrolyt greift die Cuprit-Schicht an
und setzt einen elektrochemischen Korrosionsprozeß in Gang,
aus dem die Bildung von Kupfersulfaten, aber auch Kupfernitraten resultiert.
Weit mehr Auswirkungen hat allerdings das Zusammenspiel von Ozon mit Schwefeldioxid. Ozon wirkt genau wie
Stickstoffdioxid als Oxidans, jedoch schon bei einer relativen
Luftfeuchtigkeit von 70%. Es entsteht auch hier ein saurer Elektrolyt, der die schützende Oxidschicht löst und zur Bildung
von verschiedenen Kupfersulfaten führt. Letztendlich hängt
die Korrosion stark vom pH-Wert der Umgebung ab. In stärker
44
Anke Doktor
3 Monatsmittelwerte der SO2-Konzentration seit 1992 in Leipzig und München (Quelle: s. Anmerkung 2, S. 18)
sauren Umgebungsbedingungen werden eher lösliches Kupfersulfat und Strandbergit gebildet, also bei gleichzeitiger Anwesenheit von SO2 und O3, während Brochantit bevorzugt unter
sulfatärmeren Bedingungen vorkommt, also bei der Kombination von SO2 und NO2 .15 Anhand dieser Studien lassen sich die
Analysenergebnisse von Bronze- und Kupferskulpturen in Ostund Westdeutschland bestimmten Umweltbedingungen zuordnen, die durch die vorhandenen Meßdaten bestätigt werden.
Anmerkungen
1 Fitz, Stephan: Entwicklung der Luftgüte in Deutschland. In: Mach,
Martin (Hrsg.): Metallrestaurierung. Arbeitshefte des Bayerischen
Landesamtes für Denkmalpflege. Bd. 94. München 1998, S. 11–
18.
2 Däßler, H.-G.: Die SO2-Belastung in der Umgebung eines
Hüttenwerkes und deren Auswirkung auf die Vegetation. Wiss.
Z. Techn. Univ. Dresden 26 (6), S. 1141 –1142. Zitiert nach:
Simon, Stefan, Elke Assfalg, Elena Koci et al.: Konservierung von
Bronze- und Galvanoplastik. Naturwissenschaftliche Untersuchungen. Jahresbericht 1998, S. 16.
3 Arnold, B.: Zusammenstellung der Klima- und Umweltdaten für
den Erfurter Dom. BMBF-Verbundprojekt Steinzerfall. Zitiert
nach: Simon, Assfalg, Koci et al. 1998 (wie Anm. 2), S. 16.
4 Simon, Assfalg, Koci et al. 1998 (wie Anm. 2), S. 16 –18.
5 Mach, Martin: Arbeiten des Zentrallabors des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege in Zusammenhang mit Restaurierungen
von Denkmälern aus Bronze in Bayern und Sachsen. In: Mach,
Martin (Hrsg.): Metallrestaurierung. Arbeitshefte des Bayerischen
Landesamtes für Denkmalpflege. Bd. 94. München 1998, S. 95 –
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
99, hier S. 95.
Mach 1998 (wie Anm. 5), S. 95.
Fitz 1998 (wie Anm. 1), S. 13.
Fitz 1998 (wie Anm. 1), S. 13.
Stöckle, Bruno und Andreas Krätschmer: Die atmosphärische
Korrosion von Kupfer und Bronze. Ergebnisse aus dem UN/ECEBewitterungsprogramm. In: Mach, Martin (Hrsg.): Metallrestaurierung. Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege Bd. 94. München 1998, S. 26 – 32, hier S. 30f.
Fitz 1998 (wie Anm. 1), S. 17.
Stöckle, Krätschmer 1998 (wie Anm. 9), S. 30.
Strandberg, Helena: Perspectives on Bronze Sculpture Conservation. Modelling Copper and Bronze Corrosion. Göteborg 1997,
S. 69 – 79, hier S. 74f.
Stöckle, Bruno, Stephan Fitz et al.: Die atmosphärische Korrosion
von Kupfer und Bronze im Rahmen des UN/ECE-Expositionsprogramms. Zwischenbericht nach 4-jähriger Bewitterung. In:
Werkstoffe und Korrosion 44. 1993, S.48 – 56, hier S. 55.
Strandberg 1997(wie Anm. 12), S. 76.
Strandberg 1997 (wie Anm. 12), S. 77f.
Abbildungsnachweis
Reproduktion nach: Fitz, Stephan: Entwicklung der Luftgüte in
Deutschland. In: Mach, Martin (Hrsg.): Metallrestaurierung. Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege. Bd. 94. München 1998, S. 12, 14: Abb. 1, 2
Reproduktion nach: Däßler, H.-G.: Die SO2-Belastung in der Umgebung eines Hüttenwerkes und deren Auswirkung auf die Vegetation. Wiss. Z. Techn. Univ. Dresden 26 (6), S. 1141–1142: Abb. 3
45
»Analytik-Guide«
Methoden zur Charakterisierung von Korrosionsphänomenen
auf freibewitterten Bronzen
Anke Doktor
Vor einer Restaurierung sollte immer eine ausführliche chemische
und physikalische Analyse des vorliegenden Objektes stehen.
Mit dem Wissen um die chemische Zusammensetzung der
Legierung oder der Korrosionsprodukte läßt sich beispielsweise
die Korrosionsrate abschätzen oder der Grad der Korrosion
feststellen. So können Restaurierungskonzepte ganz individuell
auf jedes Denkmal zugeschnitten werden, wodurch eventuell in
dem einen oder anderen Fall Kosten gespart werden können.
Der Restaurator weiß zudem, um welche Verbindungen es sich
bei den abzunehmenden beziehungsweise den freizulegenden
Oberflächen handelt und kann mögliche Gesundheitsgefährdungen besser einschätzen.
Es gibt viele verschiedene Methoden, die je nach Material
und Anwendungsbereich mehr oder weniger gut geeignet und
sinnvoll sind. Um sich in dem Dschungel der Möglichkeiten
zurechtzufinden und die für den jeweiligen Fall richtige herauszusuchen, sollen im folgenden einige Analysenmethoden
beschrieben werden. Die Ordnung der Methoden stellt dabei
eine möglich Annäherung an das zu untersuchende Objekt dar.
So werden zunächst relativ einfache, unter Umständen auch
vom Restaurator selbst durchführbare Verfahren erläutert und
danach die chemisch und physikalisch etwas komplexeren,
häufig nur von Analyselaboratorien durchführbaren Techniken
beschrieben. Die Übergänge sind dabei fließend, und es eignet
sich im Einzelfall die eine oder andere Methode eventuell nur
bedingt. Insofern sollen hier keine Patentrezepte, sondern Hilfestellungen zur analytisch-chemischen Untersuchung eines Denkmals gegeben werden.
Farbmessungen
Farben in ihrer qualitativen und quantitativen Ausprägung
haben einen entscheidenden Anteil bei der Gestaltung von
Formen und Objekten. Deshalb ist die Beurteilung und damit
Messung der Farbe als ein objektives Charakteristikum des
betrachteten Gegenstandes von großer Bedeutung. Für die
Beurteilung und Kontrolle von Farben, besonders aber für die
Festlegung von Farbtoleranzen, ist eine visuelle Begutachtung
nicht mehr ausreichend, so daß dafür ein Verfahren genutzt
wird, das die vorliegende Farbe als Zahl ausdrückt.
Die Netzhaut des menschlichen Auges besitzt zwei Arten
von »Farbempfängern«: Die Stäbchen für die Helligkeitsbeziehungsweise die Schwarz-Weiß-Empfindung und die
Zäpfchen für die Bunt-Wahrnehmung. Die Zäpfchen gliedern
sich dabei in drei Reizzentren mit jeweils einer besonderen
Empfindlichkeit für Blau, Grün und Rot. Im Gehirn erfolgt
die Addition der Farbreize, wobei als Summe dann der Farbeindruck, die Farbvalenz, resultiert. Dementsprechend sind zur
zahlenmäßigen (meßtechnischen) Beschreibung einer Farbvalenz
jeweils drei Maßzahlen notwendig und hinreichend.
Die Wahrnehmung des Farbeindruckes von farbigen Objekten verläuft über drei Stufen. Das betreffende Objekt wird
zunächst von einer Lichtquelle bestrahlt. Dabei werden je nach
Objekt sowohl unterschiedliche Lichtarten als auch verschiedene Einstrahlwinkel benutzt. Von dem betreffenden Objekt
wird ein Teil dieses Lichtes absorbiert, ein anderer Teil wird
hindurchgelassen, ein dritter Teil wird zurückgeworfen. So erscheint ein Körper blau-grün, wenn der Rotanteil des Lichtes
von ihm absorbiert wird. Auf der dritten Stufe wird das remittierte (zurückgeworfene) beziehungsweise transmittierte (durchgelassene) Licht registriert und entsprechend ausgewertet.
Für die Farbmessung gibt es im wesentlichen zwei Methoden: das Dreifilter- oder Tristimulus-Verfahren und das Spektralphotometerverfahren. Die Farbmessung nach dem Spektralverfahren ist eine sehr genaue Methode, erfordert aber entweder
einen erheblichen Zeitaufwand oder eine kostenintensive
instrumentelle Ausstattung. Der Prüfkörper wird hierbei mit
einfarbigem Licht bestrahlt sowie Remission und Transmission
dieser Lichtart photometrisch registriert. Nacheinander wird
die ganze Spektralbandbreite des Lichts abgefahren und der
Vorgang wiederholt. An die Messungen schließt sich die rechnerische Auswertung an, die sich aufgrund der Vielzahl der
Meßpunkte aufwendig gestaltet.
Das Dreifilter-Verfahren entspricht in seinem Ablauf weitgehend den Vorgängen, wie sie im menschlichen Auge ablaufen.
Der Prüfling wird mit definiertem Licht – in der Regel mit
Tageslicht – beleuchtet. Das remittierte (oder transmittierte)
Licht läuft dann durch drei Filter, deren Empfindlichkeit genormt ist, und trifft dahinter auf eine Fotozelle, welche die Farbwerte erfaßt.
Die Beleuchtung kann in zwei sogenannte Meßgeometrien
unterschieden werden. Die Meßgeometrie beschreibt, wie
innerhalb des Meßgerätes das Licht auf die Probe geleitet und
anschließend vom Empfänger aufgenommen wird. Bei der
diffus/8-Meßgeometrie (d8) wird die Probe mit diffusem Licht
beleuchtet, das aus allen Raumrichtungen mit konstanter
Leuchtdichte kommt. Nur das von der Probe unter einem
Winkel von 8° reflektierte Licht wird zur Messung herangezogen. Diese Meßgeometrie ermöglicht es, mit Glanzeinschluß
(SCI – specular component included) oder Glanzausschluß
(SCE – specular component excluded) zu messen. SCI schließt
das gesamte Licht der Probe ein – Glanz und diffuse Reflexion.
SCE erfaßt nur die diffuse Reflexion der Probe. Bei der 45/0Meßgeometrie wird die Probe unter einem Winkel von 45°
beleuchtet. Nur das Licht, das senkrecht (0°) von der Probe
reflektiert wird, gelangt zur Auswertung an den Empfänger.
Oft stimmen SCE- und 45/0-Messungen besser mit dem visuellen Urteil überein, besonders bei Differenzen im Glanz und
der Textur. SCI-Messungen sind jedoch besser in ihrer Repro-
46
Anke Doktor
duzierbarkeit, besonders beim Vorhandensein von Kratzern
und anderen Oberflächenstörungen. Beide Methoden haben
ihren Platz in der Qualitätskontrolle.1
Die Durchführung derartiger Messungen erfordert keine
speziellen Vorkenntnisse und kann somit nach einer Einweisung
auch durch den »Fachlaien« erfolgen.
In begleitenden Untersuchungen zu Restaurierungen wird
die Farbmessung zu vergleichenden Analysen eingesetzt. Das
heißt, daß eine Musterfläche auf dem Objekt angelegt wird
und die Farbmessung vor und nach restauratorischen Maßnahmen durchgeführt wird. So läßt sich beispielsweise eine
Aussage darüber machen, inwiefern sich die Farbtöne auf dem
Objekt aneinander angeglichen haben – ein Effekt, der häufig
wegen der besseren plastischen Lesbarkeit erwünscht ist.
2 Schichtdickenmessung nach dem Wirbelstromverfahren
schichten oder die immer wieder neu aufgebrachten Farbschichten in ihrer Gesamtstärke messen – ein kontrollierter
Abtrag wäre dann realisierbar.
Um Informationen über (In-)homogenität und reproduzierbare Werte zu bekommen, wird die Schichtdicke an mehreren
Stellen der Probe gemessen. Die zur Verfügung stehenden Meßgeräte können schon direkt nach Abschluß der Messungen eine
statistische Auswertung der Daten liefern.2 Auf diese Weise ist
eine direkte Kontrolle des schon erreichten Materialabtrages
durch den Restaurator möglich.
Rauhigkeitsmessungen
1 Auswertung der Farbmessung einer Kupferoberfläche. Durch
die Gegenüberstellung der Farbmeßpunkte vor und nach einer
Laserreinigung wird deutlich, daß eine Farbverschiebung auf dem
Objekt stattgefunden hat.
Schichtdickenmessungen
Eine der zerstörungsfreien Meßmethoden ist die Schichtdickenmessung an Beschichtungen auf Metallen auf der Basis des
magnetinduktiven beziehungsweise Wirbelstromverfahrens.
Nichtmagnetische Schichten auf ferromagnetischem Grundstoff
(Eisen, Stahl) können mit dem magnetinduktiven Verfahren
(nach DIN 50981, ASTM B499, ISO 2178) gemessen werden,
elektrisch nicht leitende Schichten auf Nichteisen-Metallen
mit dem Wirbelstromverfahren (nach DIN 50984, ASTM
B244, ISO 2360).
Die Messungen von Bronze- und Kupfer-Korrosionsprodukten werden demnach mit Hilfe von Wirbelströmen ausgeführt. Die Meßsonde, die direkt auf die Oberfläche des
Meßobjektes aufgesetzt wird, generiert ein hochfrequentes
magnetisches Feld, welches Wirbelströme im nicht ferromagnetischen Metall induziert (Abb. 2). Deren Stärke hängt vom
Abstand zwischen dem Meßkopf und dem Metall ab. Dies entspricht der Schichtdicke des zu messenden Materials. Der
meßbare Schichtdickenbereich bewegt sich im Bereich bis etwa
25 mm. In Einzelfällen können auch dickere Schichten (bis
70 mm) gemessen werden. So lassen sich beispielsweise die
im Verlauf mehrerer Jahrzehnte aufgewachsenen Korrosions-
Metalloberflächen können auch aufgrund ihres Rauhigkeitsgrades charakterisiert werden, da dieser immer auch ein
Anzeichen einer möglichen Schädigung der Oberfläche ist.
Diese Defekte sind meistens mit dem bloßen Auge nicht erkennbar, können aber mit Hilfe eines Infrarot-Lasers (780nm)
gemessen werden. Dazu wird die Eigenschaft rauher Oberflächen genutzt, auftreffendes Licht zu streuen.
3 Schematische Darstellung eines Rauhigkeitsmeßgerätes im Streulichtverfahren
Im sogenannten Streulichtverfahren (Abb. 3) werden damit
Abstandsmessungen durchgeführt. Hier wird die zu prüfende
Meßoberfläche mit einem intensiven, gebündelten Infrarotstrahl einer Laserdiode über einen Kollimator, welcher alle
außer den parallelen Strahlen absorbiert und somit selektiert,
»Analytik-Guide«
und ein bewegliches Linsensystem beleuchtet. Der von der
Oberflächenstruktur abhängige rückgestreute Teil der ausgesandten Strahlung wird der Auswerteeinheit zugeführt, wo ein
Mikrocomputer aus der Intensitätsverteilung sowohl den
Meßwert als auch die Stellgröße für die automatische Linsennachführung berechnet. Dadurch bleibt der Leuchtfleck des
Lasers immer fokussiert mit einem Durchmesser von 1µm auf
der Meßoberfläche. Maximale Meßbereiche von Autofokussensoren liegen zwischen 300µm und 600µm. Die Probe wird
während der Messung auf einem beweglichen Tisch fixiert und
gleichmäßig abgetastet. Dabei werden etwa 500 Messungen
pro Sekunde durchgeführt. Ändert sich die Höhe des Objektes,
so verschiebt sich das Objektiv, bis der Laserstrahl wieder exakt
auf der Oberfläche des Meßobjektes fokussiert ist. Da der
Fokusabstand konstant ist, entsprechen die Bewegungen des
Objektives exakt dem Höhenverlauf der Meßfläche.3
Leitfähigkeitsmessungen
Unter der elektrischen Leitfähigkeit eines Stoffes versteht man
sein Vermögen, elektrische Ladung zu transportieren. Sie wird
in Siemens pro Länge (S/m, S/cm oder S·m/mm2) angegeben,
ihr Formelzeichen ist χ oder κ (kappa). Da sie der reziproke Wert
des elektrischen Widerstandes ist, bedeutet eine hohe Leitfähigkeit einen niedrigen Widerstand.
Im Fall der Leitfähigkeitsmessung auf Bronzeoberflächen
wird ein wäßriges System betrachtet, in dem Salze in unterschiedlicher Konzentration und unterschiedlichem Dissoziationsgrad gelöst sind. Je höher die Konzentration der Ionen in
der Lösung, desto größer ist die Leitfähigkeit. In vergleichenden
Studien wurde herausgefunden, daß es einen direkten Zusammenhang zwischen der regional unterschiedlichen elektrischen
Leitfähigkeit des Regenwassers und den auf der Bronzeoberfläche vorgefundenen Korrosionsschäden gibt.4 Eine hohe elektrische Leitfähigkeit des (Regen-)Wassers fördert die Korrosion,
denn die Potentialunterschiede in der Bronze können bei
gleichzeitigem Vorhandensein von Feuchte und Salzen leicht in
Korrosionsströme umgesetzt werden.
Die Oberfläche der Bronze muß für Leitfähigkeitsmessungen
in beregnete und unberegnete Bereiche unterschieden werden,
wobei in den beregneten Bereichen die Salze leicht abgewaschen werden können, so daß sie häufig in den Proben nicht
mehr nachweisbar sind, obwohl sie vorher zu Schädigungen
geführt haben. In den nicht beregneten Bereichen, in denen
sich häufig tiefe Korrosionsgruben gebildet haben, können sich
jedoch größere Mengen löslicher Salze angereichert haben.
Eine Leitfähigkeitsmessung ist deshalb insbesondere in diesen
Bereichen sinnvoll.
Im Leitungswasser und Mineralwasser liegen die Werte um
500µS/cm, typische Werte im Regenwasser liegen in der Größenordnung von 50µS/cm. Auf stark versalzten Oberflächen sind
die Leitfähigkeitswerte deutlich höher (bis zu 200µS/cm). Die
Messung erfolgt durch einfaches Eintauchen der Elektroden
des Meßgerätes entweder in das Waschwasser der Bronze oder
direkt in einen auf der Oberfläche befindlichen Wassertropfen.5 Ein Leitfähigkeitsmeßgerät ist ein relativ einfaches und
preiswertes Gerät, das auch vom Laien problemlos gehandhabt
werden kann. Zusammen mit den Tips von Fachleuten ist
47
somit auch eine Auswertung der Daten möglich, so daß ein
sinnvolles Restaurierungskonzept erstellt werden kann.
Durchstrahlung mit Röntgen- oder Gammastrahlen
Mit Hilfe von Röntgenstrahlen lassen sich wichtige Informationen über den Aufbau archäologischer Objekte oder zur
Herstellungstechnik kompliziert zusammengesetzter Metallobjekte gewinnen. Hierbei wird die Eigenschaft der Strahlung
ausgenutzt, Fluoreszenz zu erzeugen beziehungsweise eine
Photoplatte zu schwärzen. Je dünner der Gegenstand ist, der
durchleuchtet werden soll und je niedriger die Ordnungszahl
der Elemente ist, aus denen er besteht, umso leichter dringt die
Röntgenstrahlung hindurch.6 Das heißt, daß die hellen Bereiche auf dem Röntgenbild von spezifisch schwereren Elementen
stammen. So läßt sich zum Beispiel die Verwendung verschiedener Metalle nachweisen, die Arten von Metallverbindungen
oder unterschiedliche Wandstärken gut erkennen. Gerade bei
Bronzegüssen oder Galvanoplastiken können innenliegende
Armierungen oder Reparaturen sichtbar gemacht werden.
Bei harten, dickwandigen Gegenständen reichen die Röntgenstrahlen oft nicht mehr für eine Durchdringung aus, so daß
dann Gammastrahlen eingesetzt werden. Derartige Untersuchungen unterliegen noch strengeren Strahlenschutzauflagen
als normales Röntgen. Aus diesem Grund werden sie nur von
entsprechend spezialisierten Instituten, wie zum Beispiel der
Bundesanstalt für Materialprüfung in Berlin, durchgeführt.
Auch im Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege (Abteilung B) besteht die Möglichkeit zu röntgen.7
Mikroskopie
Vor der Erstellung eines Restaurierungskonzeptes respektive
der Entscheidung für eine Restaurierung steht in erster Linie
der primäre optische Eindruck der Bronze- oder Kupferplastik.
Da allerdings viele Details nicht mit dem bloßen Auge zu
erkennen sind, bedient man sich der Mikroskopie.
Die einfachste Methode, die Oberfläche von Metallproben
zu betrachten, ist die Verwendung eines Auflichtmikroskops.
Dafür werden die kleinen Proben im Profil in Kunstharz eingegossen (Ø =2,5cm) und an geeigneten Stellen angeschliffen,
daher der Name Anschliff oder Querschliff. Die Oberfläche
des Metalls wird dann mit einem auf die gewünschten Beobachtungen zugeschnittenen Ätzmittel angeätzt, um die Strukturen hervorzuheben. Schon bei 50 –100facher Vergrößerung
sind Details zu erkennen, die für die Restaurierung von Bedeutung sind, zum Beispiel der Schichtaufbau der Korrosionsprodukte. Aber auch bei der Echtheitsprüfung archäologischer
Objekte findet die Auflichtmikroskopie eine wichtige Anwendung. So zeigt die Patina auf Bronzeobjekten, die bei Ausgrabungen gefunden werden, Merkmale eines langandauernden
Wachstums innerhalb des Bodens – wie die parallele Anordnung der Kristalle, ihre besondere Korngröße und eine innige
Verwachsung mit dem Untergrund, die sich zu Fälscherzwecken nicht nachahmen lassen.8 An den meisten Mikroskopen
dieser Art sind zudem Kameras angebracht, die ein fotografisches Abbilden der Befunde erlauben.
48
Anke Doktor
Rasterelektronenmikroskopie
Um noch mehr Details der Probe sehen zu können, kann entweder ein entsprechend besseres Objektiv genommen werden
oder die Probe im Rasterelektronenmikroskop (REM) betrachtet werden. Statt der elektromagnetischen Strahlung des Lichtes
und der Objektivlinse liefert ein Elektronenstrahl im Hochvakuum mit elektronenoptischen Linsen die Strahlung. Grundsätzlich ist es möglich, eine Probe mit einer bis zu 500 000-fachen
Vergrößerung darzustellen. Ein auf diese Weise vergrößerter
menschlicher Körper würde beispielsweise dann etwa die
Strecke von Hamburg bis Basel einnehmen.
4 Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme des durch Korrosion
entstandenen Oberflächenreliefs vom Augsburger Georgsbrunnen.
Hier ist das Phänomen der Lochfraßkorrosion zu sehen.
Im REM wird die metallbedampfte (Gold, Palladium,
Platin, Platinlegierungen und andere Schwermetalle) Objektoberfläche von einem Elektronenstrahl abgetastet und das Bild
– ähnlich dem Fernsehbild – aus Bildpunkten aufgebaut.
REM-Aufnahmen wirken aufgrund der Licht- und Schattenverteilung sogar plastisch (Abb. 4). Die Vorteile dieses Mikroskops sind der relativ geringe präparative Aufwand und die
gegenüber dem Lichtmikroskop 300mal höhere Schärfentiefe.9
Elektronenstrahl-Mikroanalyse
(ESMA, EMA, Elektronenmikrosonde)
Diese Analysenmethode tritt häufig in Verbindung mit dem
Rasterelektronenmikroskop auf. Es ist hier möglich, mit Hilfe
eines genau fokussierten Elektronenstrahls die stoffliche Zusammensetzung einer bestimmten Stelle der Probenoberfläche
zu bestimmen. Die auftreffenden Elektronen erzeugen ein für
die in der Probe enthaltenen Elemente typisches Röntgenspektrum, aufgrund dessen jedes Element ab Beryllium erfaßt werden kann. Mit einer Genauigkeit von etwa 1% läßt sich dann
die Konzentration der gefundenen Elemente ermitteln. Die
Auflösung der Mikrosonden liegt im Nanometerbereich und die
Nachweisgrenze bei 10 –15g. Mit der Elektronenstrahl-Mikroanalyse erhält man jedoch nicht nur Aufschluß über die
Zusammensetzung der Probe, sondern auch über die räumliche Verteilung der Bestandteile – also eine Abbildung wie in
der Rasterelektronenmikroskopie.
Die Elektronenstrahl-Mikroanalyse läßt sich zur Untersuchung von Metallen, Gläsern, Katalysatoren, Legierungen,
Mineralien, Sinterstoffen, Feuerfestmaterialien und zur Bestimmung der Dicke von metallischen Schichten und Filmen genauso heranziehen wie zur Untersuchung von Zellstrukturen.10
In einer Testreihe über die Auswirkungen unterschiedlicher
Auftragsarten (heiß, kalt) für mikrokristalline Konservierungswachse wurden Kupferplatten im Bild festgehalten und aufgrund ihrer Oberflächenbeschaffenheit bewertet.11 Es wurden
sowohl Sekundärelektronenbilder (SE) als auch Rückstreuelektronenbilder (RE) aufgenommen. Sekundärelektronen entstehen
dadurch, daß der eintreffende Elektronenstrahl mit schwach
gebundenen Elektronen der Probenoberfläche wechselwirkt
und sie freisetzt. Der hierbei resultierende Elektronenstrahl hat
einen nur geringfügig größeren Durchmesser als der einfallende
Strahl. Rückstreuelektronen sind dagegen diejenigen Elektronen,
die nach einer Reihe von Kollisionen und daraus resultierenden
Ablenkungen an den Atomen der Probe aus der Oberfläche
wieder austreten. Ein Strahl rückgestreuter Elektronen hat einen
sehr viel größeren Durchmesser als der einfallende Strahl. Dies
ist einer der limitierenden Faktoren für die Auflösung eines
Elektronenmikroskops.12 Festzustellen ist allerdings, daß im
konkreten Fall die Topografie der Oberfläche im Rückstreuelektronenbild eindeutiger zu sehen ist. Im Zusammenhang
mit der Analyse der Kupferatomverteilung auf der Oberfläche
läßt sich dann eine Aussage über die Eindringtiefe des Wachses
machen.
Röntgenfluoreszenzspektroskopie
(RFA, Röntgenfluoreszenzanalyse)
Die RFA bezeichnet ein Verfahren der Röntgenspektroskopie,
bei dem die Probe nach der Behandlung mit harter Röntgenstrahlung eine charakteristische Fluoreszenzstrahlung aussendet,
anhand der sowohl qualitative als auch quantitative Aussagen
über die Probenzusammensetzung gemacht werden können.
Charakteristische Röntgenspektren werden durch Elektronenübergänge hervorgerufen, die in den innersten Atomorbitalen
stattfinden. Hierbei werden Elektronen aus den inneren Orbitalen durch die Bestrahlung mit harten Röntgenquanten auf
höhere Energieniveaus angehoben. Kehrt nun das Element in
seinen Grundzustand zurück, indem Elektronen aus äußeren
Orbitalen die freien inneren Plätze besetzen, wird Röntgenstrahlung in der für das Element charakteristischen Wellenlänge
emittiert (Fluoreszenz). Diese Strahlung wird im Detektor
(zum Beispiel einem Geigerzähler) registriert und als Spektrum
ausgegeben.13
Die RFA ist ein sehr rasch arbeitendes, sowohl qualitatives
als auch quantitatives Bestimmungsverfahren für Elemente
(Ordnungszahl ≥ 9 (Fluor)) in Festkörpern, Pulverpreßlingen,
Pasten und Lösungen. Zudem ist es möglich, Details der Oberfläche größerer Objekte zerstörungsfrei zu analysieren, indem
der Röntgenstrahl direkt auf das Objekt gerichtet wird. Aus
diesem Grund eignet sie sich gut zur Prüfung besonders wertvoller Objekte und zu Untersuchungen in Archäologie und
Paläonthologie. Nachteile sind die mitunter aufwendige Probenpräparation und die relativ große Probenmenge für quantitative
Analysen sowie das Nachlassen der Empfindlichkeit im Bereich
der Elemente mit niedriger Ordnungszahl.14
»Analytik-Guide«
Röntgendiffraktometrie (XRD, x-ray diffraction)
Die Röntgendiffraktometrie gehört zu den Methoden der
Kristallstrukturanalyse, die seit 1912 zu den wichtigsten Verfahren zur Ermittlung der räumlichen Anordnung der Atome
in Festkörpern sowie zur Bestimmung von Kristallgittern und
Kristallbaufehlern zählen. Die am meisten verbreitete Form der
Kristallstrukturanalyse beruht auf der Diffraktion (Beugung)
und Interferenz von monochromatischen Röntgenstrahlen an
den Elektronen identischer Gitteratome. Dabei werden Interferenzbilder aufgenommen und anhand der Intensität der auftretenden Reflexe die Struktur des beugenden Kristalls ermittelt.15
Die Röntgendiffraktometrie ist gut geeignet, um Korrosionsprodukte in der Patina von Bronze- und Kupferplastiken zu
charakterisieren (Abb. 5). Es werden dabei nämlich nicht nur
die vorhandenen Elemente bestimmt, sondern diese direkt als
Mineralphase angegeben. Anhand der chemischen Zusammensetzung des Minerals können Rückschlüsse auf die Art und den
Grad der Korrosion gezogen werden. Mit diesem Wissen ist
der beauftragte Wissenschaftler beziehungsweise Restaurator in
der Lage zu beurteilen, welche Korrosionsschichten unbedingt
von der Skulptur entfernt werden müssen und welche unter
Umständen belassen werden können, weil sie der Figur nicht
schaden.
Von fast allen Proben, die im Rahmen des Bronzeprojektes
genommen wurden, wurde ein Röntgendiffraktogramm mit
Hilfe eines Philips PW 1760 Röntgendiffraktometer auf
Silicium-Einkristallprobenträgern aufgenommen. Es ging dabei
hauptsächlich um qualitative Analysen, wobei mit dieser
49
Methode auch halbquantitative Aussagen gemacht werden
können.16 Die Erfassungsgrenze für Mineralphasen in Gemischen liegt allerdings oberhalb von 3%, so daß nur in Spuren
(<3%) vorhandene Verbindungen unter Umständen nicht
erfaßt werden. Für die Erstellung eines Restaurierungskonzeptes ist diese Genauigkeit aber oft schon ausreichend.
Beispielhafte Analyse einer typischen Bronzepatina
mit Hilfe der XRD
Hauptbestandteile der Korrosionsprodukte auf Bronzeskulpturen sind die basischen Kupfersulfate Antlerit (Cu3SO4(OH)4)
und Brochantit (Cu4 SO4 (OH)6), daneben existieren meist noch
Cuprit (Cu2O) als erste Passivierungsschicht sowie Gips (CaSO4 ·
2 H2O) und Quarz (SiO2) als Bestandteile der aufliegenden
Schmutzschicht und in marinen Gegenden auch Atacamit
(Cu2 Cl(OH)3). Hinweise auf aktive Korrosionsprozesse in der
Bronzepatina gibt die Präsenz von Kupfersulfathydroxidhydraten.
Grundsätzlich binden poröse und pudrige Korrosionsprodukte aller Art verstärkt Gase und Partikel aus der Atmosphäre
und bewirken auf diese Weise eine Verschmutzung und
Durchfeuchtung der Korrosionsschichten. Die aufliegenden
Schichten enthalten deshalb nach außen hin einen zunehmenden Anteil an bronzefremden Substanzen, welche grundsätzlich unerwünscht sind. Die Analyse ermöglicht somit die
chemische Beurteilung einer Korrosionschicht, wobei Oxide
am ehesten erwünscht sind, basische Sulfate im allgemeinen
toleriert werden und bronzefremde Substanzen, wie zum
Beispiel Gips, in der Regel entfernt werden sollten.
5 XRD-Spektrum einer über zwei Jahre in Kopisty (Tschechien) exponierten Kupferplatte. Viele der für Kupfer und Bronze typischen
Korrosionsprodukte sind vorhanden.
50
Anke Doktor
Auf den Bronzeobjekten aus Sachsen und Sachsen-Anhalt,
auf die sich die Analysen größtenteils beziehen17, herrscht zudem häufig der sulfatreichere Antlerit vor dem sulfatärmeren
Brochantit, was auf die zum Teil hohe Luftbelastung mit
Schwefeldioxid (saurer Regen) zurückzuführen ist. Es sei hier
auch auf den Artikel über den Zusammenhang von Bronzekorrosion und Luftgüte hingewiesen.18
Atomabsorptionsspektrometrie (AAS)
6 Funktionsprinzip eines Atomabsorptionsspektrometers
Das Verfahren der Atomabsorptionsspektrometrie (AAS) beruht
auf dem Phänomen der Resonanzabsorption, also dem Gesetz,
daß ein von einem angeregten Atom emittiertes Lichtquant von
einem nicht angeregten Atom des gleichen Elements absorbiert
werden kann. Dazu wird die Analysenprobe verdampft, und
durch den Dampf wird Licht desjenigen Elementes geschickt,
das man bestimmen möchte. So wird gelbes von einer Natriumkathode stammendes Licht genommen, wenn man Natrium
detektieren will. Ist in der Probe Natrium vorhanden, so wird
ein Teil des Natriumlichtes von den Natriumatomen absorbiert. Das hinter dem Probendampf meßbare Natriumlicht ist
entsprechend schwächer und ein Maß für die Konzentration
des zu messenden Elementes in der Probe.
Die Versuchsanordnung im Spektrometer (Abb. 6) besteht
aus einer monochromatischen Lichtquelle (Hohlkathodenlampen, die es für verschiedene Elemente gibt), einem Brenner
mit Zerstäuber, in dem die Probe verdampft wird, einem
Monochromator oder Filter, in dem nur das zu bestimmende
Licht herausgefiltert wird, einem Detektor und einer Anzeigenvorrichtung. Als Brenngase werden Gemische aus Luft mit
Wasserstoff oder mit Propan/Butan oder Acetylen beziehungsweise aus Lachgas und Acetylen verwendet.
Mit den heutigen Geräten lassen sich selbst noch Spuren
aller metallischen Elemente (außer Cer und Thorium) auch in
biologischem Material quantitativ erfassen. Nichtmetalle sind
nicht bestimmbar.19
In Fragen der Restaurierung von Bronzeobjekten wird die
AAS häufig zur Bestimmung der Legierungszusammensetzung
eingesetzt. Dabei erfolgt die Probenahme der Metallspäne
meist mit einem Bohrer (1–2mm). Die Metallspäne werden
in HCl/HNO3 vollständig gelöst und mittels des Zerstäubers in
den Analysenraum gebracht. In einer Bronzeprobe von 0,01g
lassen sich mindestens zwölf Elemente wie Kupfer, Zinn, Blei,
Zink, Eisen, Kobalt, Nickel, Silber, Antimon, Arsen, Wismut
und Gold quantitativ mit größter Genauigkeit bestimmen.20
Hinsichtlich konkreter Ergebnisse sei auf die naturwissenschaftlichen Untersuchungen zu den Bronzeobjekten hingewiesen.
verschiedene Ionen (Anionen beziehungsweise Kationen), welche
durch die Ionen der sie durchströmenden Analytlösung von
ihren Plätzen verdrängt werden können.21
Die Probe wird dazu in destilliertem Wasser gelöst und auf
die Ionenaustauschersäule gegeben. Bei der Anionenanalytik
ersetzen die Anionen aus der Probe die Anionenplätze des
Säulenmaterials. Durch beständiges Durchpumpen einer Regenerierungslösung werden sie je nach Bindungsstärke mehr oder
weniger schnell wieder gelöst und so getrennt. Die Prozedur
des Anlagerns und wieder Ablösens wiederholt sich noch einige Male, so daß am Ende der Säule die verschiedenen Anionen
zeitlich versetzt ankommen und detektiert werden. Anhand
der Fläche des Signals kann eine quantitative Abschätzung der
Ionensorte gemacht werden. Die Lage des Signals ist für jede
Ionensorte charakteristisch und wird mit Hilfe von
Standardlösungen im Vorfeld ermittelt.22 Abb. 7 und 8 stellen
schematisch den gesamten Trennprozeß dar und erläutern den
Vorgang des Ionenaustausches am Beispiel von Natriumchlorid und Natriumhydrogencarbonat.
Für die Restaurierungsproblematik ist dieses Verfahren insofern nützlich, als daß die Menge an wasserlöslichen Salzen
auf der Oberfläche der Skulptur ermittelt werden kann. Bei
diesen Salzen kann man davon ausgehen, daß sie – wenn sie
nicht vom Regen weggewaschen werden – in Form ihrer Ionen
für einen weiteren korrosiven Angriff auf die Bronzeoberfläche
zur Verfügung stehen. Durch ihr hygroskopisches Verhalten
schaffen sie ideale Bedingungen für die Bildung von Korrosionsprodukten.
Im konkreten Fall läßt sich anhand der Menge und Art der
wasserlöslichen Salze abschätzen, mit welcher Geschwindigkeit
die Korrosion ohne konservierende Maßnahmen fortschreiten
wird. Vor der Konservierung sollte also auf jeden Fall eine Entsalzung stehen, da hygroskopische Salze selbst durch Wachsüberzüge hindurch wirksam sind.
Gaschromatographie
Ionenchromatographie
Mit dieser Methode ist es möglich, sowohl qualitative als auch
quantitative Aussagen über das Vorkommen von Ionen in der
Probe zu machen. Es ist ein Trennverfahren, das auf den
Differenzen der Affinitäten (Neigung, sich anzulagern) verschiedener Ionen gleicher Ladung gegenüber Ionenaustauschern
beruht. Darum müßte das Verfahren korrekterweise Ionenaustausch-Chromatographie heißen. Ionenaustauscher beinhalten
Die Chromatographie ist zweifellos die in allen Wissenschaftsbereichen am häufigsten angewandte analytische Trennmethode.
Der Name setzt sich aus dem griechischen Wort »chroma«
(Farbe) und »graphein« (schreiben) zusammen. Er wurde von
dem russischen Botaniker Michail Tswett vergeben, der mit
dieser Methode erstmals Pflanzenfarbstoffe getrennt hat, die in
der Säule als farbige Banden erschienen.
Im allgemeinen umfaßt die Chromatographie eine Reihe
verschiedenartiger wichtiger Methoden, die es dem Naturwissen-
»Analytik-Guide«
7 Schematische Darstellung eines Ionenchromatographen
51
Oberfläche fixiert ist. Die beiden Phasen werden so gewählt,
daß sich die Probenkomponenten in verschiedenem Maße zwischen der mobilen und der stationären Phase verteilen. Die
Komponenten, die von der stationären Phase stark zurückgehalten werden, bewegen sich nur langsam mit der mobilen
Phase weiter und umgekehrt. Aufgrund dieser Mobilitätsunterschiede trennen sich die Probenkomponenten in diskrete
(getrennt voneinander erscheinende) Banden, die sowohl qualitativ als auch quantitativ analysiert werden können.23 Bei
ungenügender Trennleistung einer Säule können auch mehrere
Säulen gleicher oder verschiedener Füllung hintereinander geschaltet oder bei verschiedenen Temperaturen betrieben werden.
Man spricht dann von multi- oder mehrdimensionaler beziehungsweise Mehrsäulen-Gaschromatographie.
Charakteristisch für die Gaschromatographie ist die geringe Viskosität der mobilen Phase, was große Geschwindigkeiten
ermöglicht. Gleichzeitig sind die Diffusionsvorgänge in der
Gasphase so schnell und der Flüssigkeitsfilm der stationären
Phase so dünn, daß ein rascher Austausch zwischen den Phasen
stattfindet. Daher arbeitet die Gaschromatographie meist erheblich schneller als die übrigen chromatographischen Verfahren.
Den Anwendungsbereichen der Gaschromatographie sind
praktisch keine Grenzen gesetzt, vorausgesetzt, daß sich die zu
trennenden Substanzen thermisch nicht zersetzen und einen
ausreichend hohen Dampfdruck besitzen (das heißt, sie müssen leicht verdampfbar sein).24
Ein Gaschromatograph setzt sich zusammen aus dem
Probeneinlaßteil, der thermostatisierten Trennsäule, dem Detektor und der Auswerteeinheit, die im einfachsten Fall aus einem
Schreiber besteht, der die Menge eluierter Komponenten
gegen die Retentionszeit (Zeit von der Einspritzung bis zum
Durchlauf des Substanzmaximums) aufzeichnet.
Zur leichteren und schnelleren Identifizierung der eluierten
Substanzen verbindet man den Gaschromatographen häufig
mit einem für die jeweilige Fragestellung ausgewählten Spektrometer. In der Routine-Analytik wird das Verfahren häufig
mit der Massenspektrometrie (GC-MS) kombiniert.
Massenspektrometrie
8 Prinzip des Ionenaustausches (Na + gegen H +) und anschließende Regenerierung der Trennflüssigkeit (H+ gegen Na+)
schaftler erlauben, sehr ähnliche Verbindungen aus komplexen
Gemischen zu trennen. Dafür wird die Probe (in der Gaschromatographie) in den gasförmigen Zustand versetzt und
mit einer mobilen Phase gemischt, bei der es sich in der Gaschromatographie um ein strömendes Gas (zum Beispiel Argon,
Helium, Wasserstoff, Stickstoff oder Kohlendioxid) handelt.
Die mobile Phase wird durch eine mit ihr nicht mischbare stationäre Phase bewegt, die in einer Säule oder an einer festen
In der Massenspektrometrie werden die Komponenten einer
Probe in sich schnell bewegende gasförmige Ionen umgewandelt und auf der Basis ihres Masse-Ladungsverhältnisses aufgetrennt und registriert. Die meist positiv geladenen Moleküle
und Molekülbruchstücke entstehen durch den Zusammenstoß
mit Elektronen im Gasentladungsraum. Danach werden sie
durch ein Magnetfeld geleitet, welches die Ionen aufgrund
ihrer unterschiedlichen Masse und Ladung in verschiedene
Bahnen lenkt, so daß sie je nach Ionisationsenergie nacheinander im Detektor eintreffen.
Die Massenspektrometrie stellt Informationen über:
1 die qualitative und quantitative Zusammensetzung sowohl
organischer als auch anorganischer Analyten (=Probe) in
komplexen Mischungen,
2 die Struktur einer Vielzahl komplexer molekularer Spezies,
3 atomare Isotopenverhältnisse in Proben und
4 die Struktur und Zusammensetzung von Festkörperoberflächen zur Verfügung.25
52
Anke Doktor
Wichtig für die Archäometrie sind vor allem zwei Anwendungen der Massenspektrometrie. Mit Hilfe der Isotopenanalyse lassen sich zum Beispiel die Herkunft und das Alter
kulturgeschichtlicher Objekte bestimmen. Die Analyse komplizierter organischer Verbindungen – Bindemittel in der Malerei,
organische Reste aus Ausgrabungen, ostasiatische Lacke und
Reste von Konservierungsbeschichtungen – ist das zweite Anwendungsgebiet dieser Analysenmethode.26
Bei der Auswertung von Spektren bedient man sich meist
umfangreicher Spektren-Bibliotheken, mit deren Hilfe Spektren
bekannter Substanzen mit denen der Probe verglichen werden.
Infrarotspektroskopie (IR)
Die Infrarotspektroskopie beruht auf der Absorption von
Strahlung im Infrarot-Bereich, deren Wellenzahlen zwischen
4 000 cm–1 und 400 cm–1 liegen. Sie ist sowohl in der qualitativen als auch in der quantitativen Analytik weit verbreitet. Der
wichtigste Anwendungsbereich ist die Identifizierung organischer Verbindungen. Die Spektren (Abb. 9) sind generell sehr
komplex, liefern aber doch in den meisten Fällen einen ein-
deutigen »Fingerabdruck«, der sich nahezu problemlos von
den Mustern anderer Verbindungen unterscheiden läßt. In den
Spektren wird die Frequenz der eingestrahlten Wellenlänge
gegen den Transmissionsgrad – also die Durchlässigkeit für
diese Strahlung in Prozent – aufgezeichnet. Für jede funktionelle Gruppe eines Moleküls gibt es charakteristische Bereiche
im Spektrum, in denen sie ein Signal geben. Voraussetzung
dafür ist allerdings, daß das Molekül einen Dipol besitzt, das
heißt, es müssen zwei elektrisch verschieden geladene Pole vorhanden sein.27
In der Restaurierungsanalytik wird dieses Verfahren hauptsächlich eingesetzt, um verschiedene Beschichtungssysteme zu
charakterisieren. Es dient beispielsweise der Auffindung früherer
Konservierungsschichten auf Bronzen oder der Erkennung von
Farbfassungen. Die Probenpräparation bei Feststoffen (Gase
und Flüssigkeiten spielen in der Restaurierung von BronzeKorrosionsprodukten eine eher untergeordnete Rolle) erfolgt
mit der KBr-Preßlingstechnik. Hierbei wird ein kleiner Teil der
Probe (beispielsweise aus patinierten Bereichen) mit Kaliumbromid (KBr) vermischt, fein gemörsert und zu einer fast
durchsichtigen Scheibe (Dicke=1mm, ∅ =13mm) zusammengedrückt. Dieser Preßling wird über eine spezielle Halterung
9 IR-Spektrum einer Probe vom Luther-Denkmal in Wittenberg, Kupfer-Wachs-Verwitterungsprodukt. Diese Probe zeigt sehr deutlich die Anfälligkeit von Esterwachsen gegenüber oxidativen Veränderungen. Hier sind die CH-Schwingungen in typischer Wachsposition
bei 2 848 und 2 914 cm -1 zu sehen. Daneben liegen anorganische Sulfate (1102 cm -1) und die Reste der Esterfunktion (1739 cm -1).
Der Peak bei 1585 cm -1 steht für ein Metallcarboxylat, in diesem Fall für das grüne Kupfercarboxylat, das sich aus den Carbonsäuren
und metallischem Kupfer unter Einwirkung von Luftsauerstoff gebildet hat.
»Analytik-Guide«
im Gerät in den Strahlengang gebracht. Da KBr hygroskopisch
ist, müssen die Preßlinge in möglichst trockener Atmosphäre
(Stickstoff ) analysiert und aufbewahrt (Exsikkator) werden.
Bei der künstlichen Bewitterung verschiedener Konservierungswachse im Gemisch mit Kupfer konnten interessante
Beobachtungen gemacht werden. Ziel dieser Untersuchung
war, die Reaktivität der Wachse mit Kupfer festzustellen, denn
alle Esterwachse unterliegen einem mehr oder weniger starken
oxidativen Abbau, was sich in Verbindung mit Kupfer an der
Bildung von grünen Kupfercarboxylaten zeigt. Das heißt, daß
die Ester-Gruppe durch Sauerstoff zur Carboxyl-Gruppe oxidiert wird. Darum sollte anhand von IR-Spektren das Auftreten entsprechender Absorptionsbanden verfolgt werden. In
den Spektren ist vor allem bei den säurehaltigen Wachsen – wie
zum Beispiel Bienenwachs – eine zunehmende Vergrößerung
der Carboxyl-Bande zu erkennen, die durch die Oxidation der
Estergruppe entstanden ist. Dies deutet auf hohe chemische
Aktivität während der Bewitterung hin, welche natürlich unerwünscht ist. So konnte in Voruntersuchungen schon getestet
werden, welche Wachse sich auch unter extremen Bedingungen bewähren werden.
Elektrochemische Impedanzspektroskopie (EIS)
Um eine unmittelbare Aussage über den Zustand einer Patina
beziehungsweise schutzbeschichteten Bronze machen zu können,
bieten sich elektrochemische Methoden zu deren Charakterisierung an. Die elektrochemische Impedanzspektroskopie eignet
sich zur Erfassung von geringfügigen Veränderungen, etwa infolge des mechanischen Abbaus einer Beschichtung oder deren
lokaler Beschädigung.
Die elektrochemische Impedanzspektroskopie wird benutzt,
um die Grenzschicht zwischen der Oberfläche des Metalls oder
der Legierung und des darauf befindlichen leitfähigen Flüssigkeitsfilms zu charakterisieren. Zur Erzeugung des Anregungssignals in Form einer Wechselspannung wird ein Potentiostat
verwendet.
Die Grenzfläche zwischen der Probe und dem Elektrolyten
verhält sich bei Wechselspannungsanregung wie eine elektronische Schaltung, die aus sogenannten passiven Bauelementen
(Widerstand, Kondensator etc.) besteht. Daher werden die spektralen Impedanzdaten auf Grundlage von Modellen betrachtet,
die dem Ersatzschaltbild eines elektrischen Stromkreises äquivalent sind. Es wird versucht, ein Modell zu finden, dessen
Impedanzspektrum mit den gemessenen Daten weitgehend
übereinstimmt. Die Art der elektrischen Komponenten des
Modells und ihre Verschaltung untereinander bestimmen das
Erscheinungsbild des Impedanzspektrums. Die Parameter des
Modells bestimmen die Ausprägung der jeweiligen spektralen
Merkmale und wirken sich auf den Grad aus, in dem das
Impedanzspektrum des Modells mit dem gemessenen Impedanzspektrum übereinstimmt.
In einem physikalischen Modell wird postuliert, daß sämtliche Komponenten dieses Modells einem physikalischen Vorgang in der elektrochemischen Zelle entsprechen. Die Wahl
des auf die vorliegende elektrochemische Zelle anzuwendenden physikalischen Modells wird aus der Kenntnis der physikalischen Merkmale derselben getroffen.
53
Die EIS liefert nicht alle Antworten auf eine elektrochemische Fragestellung. Im allgemeinen ist sie nur für die
Untersuchung von Systemen im Gleichgewicht dienlich.
Dynamische oder stochastische Systeme wie das Phänomen
der Lokalkorrosion oder Lochfraß können oftmals besser mit
potentiodynamischen Methoden untersucht werden. Unter
Einsatz weiterer, relativ einfacher und zerstörungsarmer
Methoden kann der Polarisationswiderstand des korrodierenden Systems direkt ermittelt und daraus die Korrosionsrate
berechnet werden. Vertiefende Erklärungen zur EIS mit der
dazugehörigen Theorie liefert der in diesem Heft befindliche
Artikel über die elektrochemische Impedanzspektroskopie
natürlich verwitterter Kupferpatina.28
Weiterführende und vertiefende Literatur
Riederer, Josef: Archäologie und Chemie – Einblicke in die Vergangenheit. Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Rathgen
Forschungslabor. Berlin, 1987;
Riederer, Josef: Kunstwerke chemisch betrachtet. Materialien –
Analysen – Altersbestimmung. Berlin, Heidelberg, New York 1981;
Riederer geht hier weit über die Beschreibung der für die Voruntersuchungen zu Restaurierungen geläufigen Analysenmethoden hinaus.
Dabei wird neben einer kurzen physikalisch-technischen Erklärung
des Verfahrens konkret auf die Anwendungsfälle hingewiesen. Der
Leser kann sich somit ein eigenes Urteil darüber erlauben, ob diese
Methode für seinen speziellen Fall geeignet ist;
Skoog, Douglas A. und James J. Leary: Instrumentelle Analytik. Berlin,
Heidelberg, New York, 1996; Die Lektüre Skoog/Leary ist für diejenigen gedacht, die tiefer in die analytische Chemie einsteigen möchten. Hier werden vor allem die Funktionen der einzelnen Geräteteile
physikalisch-chemisch erklärt.
Graphit-Gegenelektrode
(Kathode)
Stromzuführungen
zum Potentiostaten
Referenzelektrode
(Kalomelhalbzelle)
Elektrolyt
(0,1 m Natriumsulfat-Lösung)
Probe (Arbeitselektrode, Anode)
Stromzuführungen
zum Potentiostaten
10 Geräteaufbau für die Elektrochemische Impedanzspektroskopie.
Die potentiostatische Steuerung, an den diese vergleichsweise einfache Versuchsanordnung angeschlossen ist, befindet sich in Form
von zwei Steckkarten (Potentiostat, Controller) in der Auswerteeinheit (Computer), die im Bild nicht zu sehen ist.
54
Anke Doktor
Anmerkungen
1 Produktinformation: Kurze Einführung in die Farbmetrik und
die Funktion des ERICHSEN Colorimeters 511. 1981.
2 Produktinformation System Fischer: Handmeßgeräte zur Schichtdickenmessung. 1998.
3 Lunderstädt, Reinhart und Udo Müller: Laserprofilometrie zur
quantitativen Analyse der menschlichen Hautoberfläche. In: Technisches Messen 59 (1992) 11, S. 448f.
4 Stöckle, Bruno, Stefan Fitz et al.: Die atmosphärische Korrosion
von Kupfer und Bronze im Rahmen des UN/ECE-Expositionsprogramms. Zwischenbericht nach vierjähriger Bewitterung. In:
Werkstoffe und Korrosion 44, 1993, S. 48 – 56, hier S. 50.
5 Nicht veröffentlichte Mitteilung über Leitfähigkeitsmessungen in
Zusammenhang mit der Beurteilung der Patina auf Bronzen im
Freien von Dipl.-Chem. Martin Mach, Zentrallabor, Bayerisches
Landesamt für Denkmalpflege.
6 Riederer, Josef: Kunstwerke chemisch betrachtet. Materialien –
Analysen – Altersbestimmung. Berlin, Heidelberg, New York
1981, S. 113 f.
7 Riederer 1981 (wie Anm. 6), S. 116 f.
8 Riederer, Josef: Archäologie und Chemie – Einblicke in die
Vergangenheit. Berlin 1987, S. 26.
9 Römpps Chemie Lexikon. Bd. 2. Stuttgart 1979, S. 1102 f.
10 Römpps Chemie Lexikon 1979 (wie Anm. 9), S. 1105 f.
11 siehe in diesem Heft: Krätschmer, Andreas, Anke Doktor und
Martin Mach: Veränderung der Schutzwirkung von mikrokristallinen Wachsen auf Kupferblech unter thermischer
Wechselbelastung, S. 77– 85, hier S. 81– 83.
12 Skoog, Douglas A. und James J. Leary: Instrumentelle Analytik.
Berlin, Heidelberg, New York 1996, S. 430 f.
13 Skoog und Leary 1996 (wie Anm. 12), S. 387 f.
14 Römpps Chemie Lexikon. Bd. 5. Stuttgart 1979, S. 3606.
15 Römpps Chemie Lexikon. Bd. 3. Stuttgart 1979, S. 2247.
16 Krätschmer, Andreas und Bruno Stöckle: Results from XRD
analysis of copper corrosion products. In: UN/ECE Report No
32. München 1998.
17 siehe in diesem Heft: Mach, Martin und Stefan Simon:
Metallanalysen freibewitterter Bronzedenkmäler. S. 55 –76.
18 siehe in diesem Heft: Doktor, Anke: Die Umweltsituation und
Entwicklung der Luftqualität in Ost- und Westdeutschland und
ihr Einfluß auf die Korrosion von Bronze und Kupfer, S. 41– 44.
19 Römpps Chemie Lexikon. Bd. 1. Stuttgart 1979, S. 304.
20 Riederer 1981 (wie Anm. 6), S. 123.
21 Römpps Chemie Lexikon 1979 (wie Anm. 15), S. 1921 f.
22 Weiß, Joachim: Ionenchromatographie. Weinheim 1991, S. 25 f.
23 Skoog und Leary 1996 (wie Anm. 12), S. 623.
24 Römpps Chemie Lexikon (wie Anm. 9), S. 1403.
25 Skoog und Leary 1996 (wie Anm. 12), S. 453.
26 Riederer 1987 (wie Anm. 8), S. 52.
27 Skoog und Leary 1996 (wie Anm. 12), S. 274 f.
28 s. Anm. 11.
Abbildungsnachweis
Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege: Abb.1 – 10
55
Metallanalysen freibewitterter Bronzedenkmäler
Martin Mach, Stefan Simon
Mendebrunnen in Leipzig (1886)1
1
1.1 Probenverzeichnis
Nr
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Figur
HI 1 O
HI 1 O
HI 1 O
HI 1 O
HI 1 O
HI 1 O
HI 1 O
HI 1 O
HI 1 O
HI 1 O
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
38
39
40
41
42
DE 4 NW
TR 2 W
TR 2 W
TR 2 W
HI 2 W
DE 3 SW
DE 2 SO
PU 3 SW
PU 2 SO
PU 1 NO
NE 4 NW
NE 4 NW
NE 3 SW
TR 1 O
TR 1 O
TR 2 W
FI 2 S
GI 1 N
GI 3 SR
MU 1 O
MU 1 O
PU 3 SW
PU 3 SW
PU 3 SW
SA 2 W
PU 4 NW
PU 4 NW
MU 2 W
HI 1 O
OS
OS
PU 3 SW
Beschreibung
Hippokamp, linke Hinterflosse
Hippokamp, Mähne links, Halsbereich
Hippokamp, Vorderkante rechter Flügel, hellgrüne Patina
Hippokamp, linker Flügel, Außenseite unten
Hippokamp, Unterseite rechter Flügel, dunkelgraue Kruste
Hippokamp, rechte Bauchseite, braune Ablaufspur
Hippokamp, Bauch unten links
Hippokamp, Vorderlauf
Hippokamp, Unterseite rechter Flügel, schollenartige Ausblühung, dunkelgrün-schwarz
Hippokamp, Unterseite rechter Flügel, etwas unterhalb 9 auf einer Feder,
schollenartige Ausblühung, hellgrün-schwarz
rechter Delphin, rechte Bauchseite
Triton, Rücken, schwarze Patina (regengeschützt?)
Triton, Vorderseite, Schulterhöhe, hellgrün (beregnet?)
Triton, Vorderseite, Schulterhöhe, etwas unterhalb 13, schwarz
Hippokamp, rechtes Vorderbein, Oberschenkel innen, hellgrün
rechter Delphin, rechte Bauchseite
linker Delphin, linke Bauchseite (Nachguß?)
Putto, Unterseite, linker Flügel
Putto, Gewandsaum, linker Oberschenkel
Putto, rechter Flügel außen
Nereide, Gabel des Dreizacks, unten
Nereide, Haarlocke, unten
Nereide, Gewand Faltenwurf rechts hinten
Zügel, Triton (neu)
Triton, Haarlocke über Ohr, rechts
Triton, Zügel, original
Fischkopf Wasserspeier, linke Kiemen
Girlande, Blütenblatt unten
einfache Girlande
Muschel, unterhalb Gußnaht
Muschel, oberhalb Gußnaht
Schraube mit Gewinde, d 16mm
vierkantiger Bolzen 2 × 2cm
rund, d 15mm
Satan Wasserspeier
Schraubenkopf, 2 × 2cm
Schraubenkopf, 1 × 1cm
Schraube 2cm Gewinde
Hippokamp, Reparatur Schwanzflosse (Kittung)
Obeliskspitze (Überzug)
Obeliskspitze, Fuß, schwarze Patina
Putto Flügel, Innenseite, grün-graue Schollen (Korrosionskrater)
Fragestellung
LEG
LEG
PHA (XRD)
LEG
PHA (XRD)
PHA (XRD)
LEG
LEG
PHA (XRD)
PHA (XRD)
LEG
PHA (XRD)
PHA (XRD)
PHA (XRD)
PHA (XRD)
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
IR
IR
PHA (XRD)
PHA (XRD)
56
Martin Mach, Stefan Simon
43
44
45
46
47
48
49
50
51
52
53
54
55
56
57
58
59
60
61
62
63
64
65
66
67
68
69
70
71
72
73
74
75
76
PU 3 SW
HI 2 W
HI 2 W
HI 2 W
NE 4 NW
NE 2 SO
NE 2 SO
NE 2 SO
NE 4 NW
DE 1 NO
DE 1 NO
DE 1 NO
DE 1 NO
NE 1 NO
NE 1 NO
NE 1 NO
NE 3 SW
NE 3 SW
MU 2 W
TR 2 W
TR 2 W
HI 2 W
HI 1 O
HI 1 O
TR 1 O
PU 3 SW
PU 2 SO
PU 1 NO
PU 4 NW
MB 2 SO
MB 1 NO
FI 2 S
FI 2 N
DE 4 NW
77
78
DE 4 NW
DE 4 NW
79
80
81
82
DE 2 SO
DE 2 SO
DE 2 SO
DE 2 SO
83
84
85
86
87
88
89
DE 2 SO
DE 3 SW
DE 3 SW
DE 3 SW
DE 3 SW
MB 3 SW
MB 4 NW
Putto, linker Flügel, Unterseite, hellgrüne pulvrige Patina
hintere rechte Schwanzflosse, Oberfläche braun
linker Flügel, Innenseite, unter schwarzer Gipskruste (abgesprungen)
unterhalb ehemaliger Befestigung am Hals links vorne
Pflanzen links hinten unten
Pflanzen links hinten unten
Mittlere Haarlocke, links hinten
Attribut, Unterseite der Schaufel
Pflanzen links hinten unten, nahe 47, grün
rechter Delphin, Unterseite Maul
rechter Delphin, Schwanzflosse
linker Delphin, Schwanzflosse
linker Delphin, dunkelgrau, Bauchflosse rechts
Haarlocke hinten
linke Greifzange von Krebs (Attribut) in linker Hand
Faltenwurf hinten links
Haarlocke
Koralle in rechter Hand
Muschel vorne Mitte
Schwanzflosse links hinten
Faltenwurf Hüfte hinten
Linker Vorderlauf
rechter Flügel, Innenseite, Patina, grau Kalkablagerung?
wie 65, darunter, Unterkante Flügel, hellgraue Auflagerung
Schwanzflosse rechts hinten unten
Krebs rechte Zange unter Putto
Unterseite Muschel
Krebsmaul unten
Faltenwurf rechts hinten Hüfte
Muschelbaldachin, Fisch oben Schwanzflosse
Muschelbaldachin, Fisch oben Schwanzflosse
Fischkopf, gleichmäßig dunkel, linke Flosse oben
Fischkopf, linke Flosse unten
rechter Delphin, weiche abgewitterte Oberfläche, rechte Bauchflosse unten, grau,
Schwanz nicht abgetrennt
linker Delphin, hellgrün-grau, linke Bauchflosse, Schwanz angeschweißt
linker Delphin, hellgrün-grau, rechte Brustflosse, schärfere Oberflächendetails als
rechter Delphin
rechter Delphin, hellgrün, Schwanz grau, rechte Brustflosse
linke Bauchflosse rechter Delphin
Schwanz, grau, von rechtem Delphin durch Schweißnaht getrennt
linker Delphin, linke Bauchflosse, grau-türkisgrün, Schuppen abgewaschen,
flacher, Oberfläche detailärmer, teilweise Bearbeitungsspuren(Rillen) sichtbar
linker Delphin, oben vor Schwanzansatz
rechter Delphin, linker Bauch unten (beide Delphine ähnlich)
rechter Delphin, Schwanz
linker Delphin, linke Bauchflosse
linker Delphin, rechte Brustflosse
Muschelbaldachin, Unterseite Muschel
Muschelbaldachin, Unterseite Muschel
PHA (XRD)
REM LEG
REM LEG
REM
LEG
LEG
LEG
LEG
REM
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
PHA (XRD)
PHA (XRD)
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
Tab. 1 Verzeichnis aller Proben, LEG = Legierungszusammensetzung, PHA (XRD) = Phasenanalyse (Röntgendiffraktometrie), REM =
Rasterelektronenmikroskopie, IR = Infrarotspektroskopie
Metallanalysen freibewitterter Bronzedenkmäler
1.2
Nr
1
2
4
7
8
11
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
44
45
47
48
49
50
52
53
54
55
56
57
58
59
60
61
62
63
64
67
68
69
70
71
72
73
57
Legierungszusammensetzung (%)
Probe
HI
HI
HI
HI
HI
DE
DE
DE
PU
PU
PU
NE
NE
NE
TR
TR
TR
FI
GI
GI
MU
MU
PU
PU
PU
SA
PU
PU
HI
HI
NE
NE
NE
NE
DE
DE
DE
DE
NE
NE
NE
NE
NE
MU
TR
TR
HI
TR
PU
PU
PU
PU
MB
MB
N
1
1
1
1
1
4
3
2
3
2
1
4
4
3
1
1
2
2
1
3
1
1
3
3
3
2
4
4
2
2
4
2
2
2
1
1
1
1
1
1
1
3
3
2
2
2
2
1
3
2
1
4
2
1
Dir
O
O
O
O
O
NW
SW
SO
SW
SO
NO
NW
NW
SW
O
O
W
S
N
SR
O
O
SW
SW
SW
W
NW
NW
W
W
NW
SO
SO
SO
NO
NO
NO
NO
NO
NO
NO
SW
SW
W
W
W
W
O
SW
SO
NO
NW
SO
NO
Cu
91,0
91,4
91,6
91,1
91,5
83,0
88,1
81,3
88,0
87,5
88,0
80,4
90,8
89,6
94,7
89,6
85,5
85,9
82,1
82,8
89,9
90,0
83,8
83,5
98,8
82,9
90,9
89,7
91,4
91,0
89,9
89,6
88,8
84,1
89,1
90,5
90,3
82,6
90,3
82,3
89,1
89,4
82,2
90,9
91,8
89,2
91,2
91,0
90,2
90,6
89,3
89,6
89,5
89,3
Zn
4,4
4,4
4,1
4,4
4,4
4,3
3,9
4,2
7,1
7,9
7,0
5,1
5,7
5,0
1,2
5,5
9,9
5,3
5,1
4,3
5,1
5,2
12,3
12,3
0,0
3,5
4,9
4,5
4,9
4,5
4,3
4,4
4,6
3,1
2,8
2,7
2,7
3,5
4,6
3,8
4,4
4,6
3,7
4,1
3,8
4,9
4,1
4,5
4,4
4,6
5,1
4,5
4,5
3,8
Pb
0,7
0,6
0,5
0,7
0,6
4,5
0,5
4,1
0,5
0,7
0,6
4,7
0,5
1,2
0,1
0,6
0,5
2,5
4,6
4,5
0,6
0,7
1,7
1,6
0,0
4,6
0,5
0,6
0,5
0,6
0,6
0,5
0,7
4,5
0,5
0,9
0,8
4,6
0,9
4,1
0,8
0,6
4,5
0,5
0,4
0,5
0,5
0,6
0,5
0,5
0,6
0,7
0,6
0,6
Sn
3,7
3,1
3,1
3,7
2,9
7,3
6,5
9,5
4,0
3,3
3,8
9,4
2,1
3,4
3,4
3,6
3,6
5,6
7,9
7,9
3,3
3,0
1,5
1,4
0,8
7,8
3,4
4,2
2,7
3,1
3,9
4,5
5,6
7,8
5,9
5,3
5,2
8,2
3,5
8,6
4,9
4,6
8,1
4,1
3,5
4,2
3,4
3,2
3,2
2,9
4,3
4,3
4,3
4,5
Sb
0,06
0,04
0,08
0,10
0,08
0,06
0,04
0,07
0,04
0,07
0,05
0,09
0,03
0,17
0,10
0,06
0,14
0,11
0,04
0,04
0,16
0,14
0,10
0,08
0,08
0,11
0,01
0,00
0,18
0,17
0,03
0,06
0,05
0,14
0,18
0,17
0,16
0,17
0,10
0,12
0,11
0,02
0,09
0,03
0,03
0,07
0,08
0,12
0,13
0,10
0,12
0,07
0,01
0,01
Fe
0,05
0,02
0,03
0,02
0,02
0,10
0,10
0,06
0,03
0,07
0,04
0,05
0,07
0,06
0,02
0,03
0,05
0,08
0,05
0,10
0,03
0,04
0,34
0,34
0,02
0,11
0,08
0,08
0,18
0,19
0,13
0,16
0,17
0,16
0,58
0,21
0,21
0,22
0,18
0,19
0,23
0,22
0,34
0,20
0,17
0,30
0,20
0,23
0,21
0,17
0,22
0,23
0,08
0,14
Ni
0,03
0,02
0,02
0,02
0,01
0,26
0,04
0,12
0,02
0,02
0,02
0,12
0,03
0,05
0,00
0,01
0,03
0,16
0,11
0,17
0,04
0,04
0,12
0,12
0,01
0,20
0,05
0,07
0,01
0,02
0,03
0,04
0,05
0,22
0,10
0,07
0,07
0,17
0,03
0,12
0,03
0,03
0,21
0,03
0,03
0,01
0,02
0,00
0,01
0,02
0,01
0,01
0,01
0,03
Summe
99,8
99,6
99,4
99,9
99,5
99,5
99,1
99,4
99,7
99,6
99,5
99,9
99,1
99,4
99,4
99,4
99,7
99,5
99,9
99,8
99,1
99,1
99,8
99,4
99,8
99,1
99,9
99,1
99,8
99,6
98,9
99,3
99,9
100,0
99,1
99,8
99,6
99,5
99,6
99,2
99,5
99,4
99,1
99,9
99,8
99,2
99,4
99,7
98,7
99,0
99,7
99,4
99,1
98,4
58
74
75
76
77
78
79
80
81
82
83
84
85
86
87
88
89
Martin Mach, Stefan Simon
FI
FI
DE
DE
DE
DE
DE
DE
DE
DE
DE
DE
DE
DE
MB
MB
2
1
4
4
4
2
2
2
2
2
3
3
3
3
3
4
S
N
NW
NW
NW
SO
SO
SO
SO
SO
SW
SW
SW
SW
SW
NW
85,7
87,6
82,2
88,5
88,7
88,8
86,9
83,4
79,6
79,2
88,8
87,1
88,9
90,4
89,2
88,6
4,3
2,2
4,4
2,9
2,9
3,6
2,6
3,6
4,6
4,5
4,5
3,1
4,3
3,0
5,1
4,9
2,6
0,6
4,1
0,6
0,6
0,5
0,5
4,3
4,4
4,5
0,6
0,5
0,4
0,5
0,5
0,6
6,6
7,9
8,2
6,4
6,3
6,0
8,5
8,1
10,6
10,6
5,3
8,5
5,8
5,1
4,9
5,4
0,07
0,19
0,12
0,18
0,17
0,14
0,41
0,17
0,12
0,05
0,07
0,09
0,07
0,13
0,12
0,14
0,15
0,49
0,16
0,43
0,15
0,15
0,87
0,12
0,11
0,10
0,19
0,31
0,25
0,12
0,13
0,17
0,15
0,08
0,22
0,06
0,03
0,04
0,08
0,07
0,09
0,07
0,03
0,03
0,02
0,03
0,03
0,03
99,5
99,1
99,5
98,9
98,9
99,2
99,8
99,8
99,6
99,0
99,5
99,7
99,6
99,4
99,9
99,8
Tab. 2 Legierungsanalysen des Leipziger Mendebrunnens
Auf den ersten Blick verwirrt die Vielfalt unterschiedlicher
Legierungstypen, welche noch dazu zum Teil fließend ineinander überzugehen scheinen. Allein diese Tatsache ist jedoch
bereits ein charakteristisches Merkmal des Brunnens, wenn
man die wesentlich genauer definierte und strenger durchgehaltene chemische Zusammensetzung zum Beispiel bei der
Friesen-Büste oder dem Herzog-Heinrich-Denkmal zum Vergleich heranzieht (siehe dort). Im Falle des Mendebrunnens
existierten die bei der Friesen-Büste genannten Forderungen
der Chemiker nach einer vermeintlich ideal zusammengesetzten Bronze noch nicht. Auch hätte sich die von Millersche
Gießerei in Anbetracht ihrer langen Tradition in Fragen der
Legierungszusammensetzung wahrscheinlich nur mit Mühe
von außen beeinflussen lassen.
Die größten Figuren – die Hippokampen, Tritonen und
Nereiden – sind in recht einheitlicher Rotguß-Legierung (mit
ca. 4% Zn, 0,6% Pb und 4% Sn) gegossen. Die Putti ähneln
diesem Grundtypus, weisen jedoch einen zum Teil etwas höheren Zinngehalt auf.
Die Nachgüsse, in erster Linie Teile von geringer Größe,
sowie kleinere Nebenfiguren sind in der Regel durch gegenüber der Hippokampen-Legierung stark erhöhte Bleigehalte
(ca. 5%) und meist (jedoch leider nicht immer) erhöhte
Nickelgehalte identifizierbar. Die Proben von den Delphinen
bestehen entweder aus einer bleiarmen Legierung (#16, #52,
#53, #54, #77, #78, #79, #80, #84, #85, #86, #87) oder aus
einer bleireichen Legierung (#11, #17, #55, #76, #81, #82,
#83), wobei es sich bei der zweiten Gruppe um Nachgußteile
handeln dürfte.
Bei den augenscheinlich später erneuerten Attributen (#21
Dreizack, #50 Wasserschaufel, #60 Koralle) sind ebenfalls erhöhte Bleianteile (5%), sehr hohe Zinngehalte (8 – 9%) und
mittlere bis hohe Nickelwerte (0,12 – 0,22%) feststellbar.
Der erneuerte Zügel in der Hand des östlichen Tritonen (#24)
besteht aus einer zinkarmen und im Spurenbereich besonders
reinen Zinnbronze, während der originale Zügel in der Hand
des westlichen Tritonen (#26) auffällig viel Zink enthält.
1.3 Korrosionsprodukte und aufliegende Schichten
Name
ANT ATA BRO CAS CUP CUS ANG G Q
65HI1O
×
(×)
×
(×)
66HI1O
×
×
×
6HI 1O
(×) (×)
12TR2W
×
×
43PU3SW ××
×
×
10HI1O
×
(×)
××
×
41OS
×
42PU3SW ×
×
×
14TR2W
×
9HI 1O
×
×
×
13TR2W ×
×× (×)
×
5HI 1O
×× ×
15HI2W
×
3HI 1O
×
××
(×)
×
Tab. 3 Ergebnisse der röntgendiffraktometrischen Phasenanalyse
(Abkürzungen: Anglesit (ANG), Antlerit (ANT), Atacamit (ATA),
Brochantit (BRO), Cassiterit (CAS), Cuprit (CUP), Kupfersulfathydroxidhydrat (CUS), Gips (G), Quarz (Q))
Die Korrosionsprodukte belegen den – im Vergleich zu den
meisten der nachfolgend hier vorgestellten Denkmälern – insgesamt besseren Erhaltungszustand des Mendebrunnens: der
schwefelärmere Brochantit und der schwefelreichere Antlerit
halten sich in etwa die Waage.
Besonders bemerkenswert erscheint das Fehlen jeglicher
Kalkablagerungen auf den Hippokampen. So treten die für
Brunnenfiguren typischen Substanzen Calcit und Calcitmonohydrat in den Oberflächenschichten nicht auf. Dies bedeutet
einerseits, daß die üblicherweise recht grob ausgeführten Entkalkungsarbeiten bei der Brunnenwartung entfallen, andererseits können jedoch geringe Mengen an gleichmäßig ausgebildeten Kalkablagerungen die Bronzeoberfläche gegen chemisch
saure Umwelteinflüsse schützen.
Metallanalysen freibewitterter Bronzedenkmäler
2
59
Martin Luther-Denkmal in Lutherstadt Wittenberg (1821) 2
2.1 Probenverzeichnis
Probe
WBL
WBL
WBL
WBL
1
2
3
4
WBL
5
WBL
WBL
WBL
6
7
8
Ort
Mantelsaum hinten, links unten
seitlich linker Arm, Mantelfalte
Plinthe, hinten rechts
Unterseite des aufgeschlagenen
Mantelkragens, rechts
Linke Hand, Handrücken in
Daumennähe
Brust Mitte, in Vertiefung
Unterhalb Kinn
Linker Mantelkragen
WBL
9
Linker Ärmel, Faltenwurf
WBL 10
WBL 11
WBL 12
WBL 13
WBL 14
WBL 15
Tab. 4
Rückseite Bibel
Mantel, Rückseite im Faltenwurf
Faltenwurf, linkerArm,
tiefe Korrosionskrater
Mantel hinten rechts
Mantel hinten rechts
Rechter Fuß innen
Beschreibung
Spanprobe
Spanprobe
Spanprobe
Fragestellung
LEG
LEG
LEG
Spanprobe
LEG
Spanprobe
Gelbgrüne Wachspatina in Vertiefung
schwarze/graue Kruste, darunter grün
graue Kruste, rel. dick, darunter hellgrün,
kleine Korrosionskrater
regengeschützt, graugrüne Kruste, rel. dick,
enthält Wachs?
dünne Kruste, dunkelgrün
dünne graue Kruste
LEG
PHA (XRD)
PHA (XRD)
PHA (XRD)
PHA (XRD)
PHA (XRD)
hellgraue Schicht über Korrosionskratern
hellgrün, pudrig, aufliegende Patina
dunkelgraue/schwarze Kruste, neben grünen Bereichen
dicke Sinterkruste, regengeschützt
PHA (XRD)
PHA (XRD)
PHA (XRD)
PHA (XRD)
PHA (XRD)
Verzeichnis aller Proben, LEG = Legierungszusammensetzung, PHA (XRD) = Phasenanalyse (Röntgendiffraktometrie)
2.2 Legierungszusammensetzung (%)
Probe
WBL 1
WBL 2
WBL 3
WBL 4
WBL 5
Mittelwert
Stdabw.
Tab. 5
Cu
86,61
86,47
88,17
87,89
87,61
87,35
0,77
Zn
6,15
6,04
3,77
3,99
5,04
5,00
1,11
Pb
1,08
1,09
1,17
1,28
0,92
1,11
0,13
Sn
5,15
5,47
5,39
5,23
5,34
5,32
0,13
Sb
0,367
0,399
0,403
0,412
0,354
0,39
0,03
Fe
0,150
0,138
0,146
0,313
0,463
0,24
0,14
Ni
0,237
0,238
0,248
0,244
0,267
0,25
0,01
Summe
99,74
99,86
99,29
99,35
100,01
99,65
0,31
Legierungsanalysen des Luther-Standbildes
Das Luther-Denkmal besteht aus einer Rotguß-Legierung, wie
sie auch heute noch im Kunstguß verwendet wird. Die Proben
enthielten neben Kupfer im Durchschnitt 5% Zink, 5% Zinn
und 1% Blei. Die Zusammensetzung ist nicht so homogen wie
beispielsweise bei der Friesen-Büste oder beim Herzog-HeinrichDenkmal (siehe dort), auch sind bei den Nebenanteilen und
Spuren deutlich erhöhte Werte feststellbar.
60
Martin Mach, Stefan Simon
2.3 Korrosionsprodukte und aufliegende Schichten
Probe
WBL
WBL
WBL
WBL
WBL
WBL
WBL
WBL
WBL
7
8
9
10
11
12
13
14
15
ANT
××
(×)
×
××
××
××
××
××
(×)
ATA
BRO
CAS
CUP
CUS
NH4-CUS
ANG
×
×
×
(×)
(×)
(×)
×
(×)
×
(×)
G
(×)
(×)
××
Q
×
(×)
(×)
×
×
(×)
(×)
×
Tab. 6 Ergebnisse der röntgendiffraktometrischen Phasenanalyse (Abkürzungen: Anglesit (ANG), Antlerit (ANT), Atacamit (ATA),
Brochantit (BRO), Cassiterit (CAS), Cuprit (CUP), Kupfersulfathydroxidhydrat (CUS), Ammoniumkupfersulfat (NH4-CUS), Gips (G),
Quarz (Q))
Das auffällige Vorherrschen des schwefelreicheren Antlerit im
Vergleich zum schwefelärmeren Brochantit in allen Proben ist
ein Hinweis auf die ungünstigen Umweltbedingungen im
20. Jahrhundert. Man könnte nun argumentieren, daß durch die
Überdachung verstärkt gipshaltige Stäube auf der Oberfläche
angereichert und nicht abgewaschen würden. Dies ist jedoch
offensichtlich für die Antlerit-Bildung nicht ausschlaggebend,
3
weil Gips in einigen Proben nicht oder nur in geringer Menge
vorgefunden wurde, während Antlerit stets und meist in großer
Menge vorkommt.
Das Ammoniumkupfersulfat (Probe WBL 15) wird auf
Bronzen nur äußerst selten gefunden und dürfte auf dem
Luftweg von den in Windrichtung liegenden Stickstoffwerken
angetragen worden sein.3
Herzog Heinrich - Denkmal in Marienberg (1900)4
3.1 Probenverzeichnis
Probe
MHH
MHH
1
2
MHH
MHH
MHH
MHH
MHH
MHH
MHH
3
4
6
11
12
15
16
MHH 17
MHH 8
MHH 9 a
MHH 9b
MHH 10
Tab. 7
Ort
Plinthe, rechte Seite
Steinsockel, unterhalb der Signatur »Offermann«,
rechte Seite
Deckplatte der Plinthe, rechte Seite
Kette lose, nahe Steinsockel
Schwertspitze, unten
Steinsockel, Hinterseite
Helmzier
Hose über rechtem Knie
Brust, rechts unter Kettenhemd, in Höhe Hand
und Schwert
Kopf hinter rechtem Ohrläppchen
Wappen, unterhalb des Standbilds, Rand der
linken Seite
Buchstabe »s« der Inschrift (Marienbergs)
wie 9a »silbriges« Metall darunter
Buchstabe »d« der Inschrift (dem)
Verzeichnis der Proben für die Legierungsanalysen
Probe
MHH 13
MHH 23
Ort
Nordseite, Sockel
»Felsen«, Mitte
wie MHH 13,
etwas östlich
Herzog, linker Arm,
Armbeuge und
Ellenbogen
wie MHH 13
Herzog, rechtes Bein,
Kniehöhe innen am
Ende des Waffenrocks
Herzog, linkes Bein,
Oberschenkel Rückseite,
schwarz-grüne Kruste
wie MHH 20,
Unterkante im regengeschützten Bereich
Nähe MHH 18
MHH 24
Nähe MHH 18
MHH 14
MHH 18
MHH 19
MHH 20
MHH 21
MHH 22
Beschreibung
schwarze bis dunkelgraue
Ablaufspuren, sehr hart
dunkelgrau, wie
Probe MHH 13
grün, Scholle, Pusteln
hellgrüner Bereich
schwarz-grüne Kruste
(innen grün, außen
schwarz)
schwarz-grüne Kruste
(innen grün, außen
schwarz)
dunkelgrüne, schwarze
Schollen
hellgrün, sehr harter
Untergrund, pudrig
dunkelgrau, sehr harter
Untergrund, pudrig
Tab. 8 Proben zur Bestimmung der Korrosionsprodukte und
Krusten, Proben aus von Lochfraß betroffenen Bereichen sind in
der Tabelle dunkelgrau unterlegt.
Metallanalysen freibewitterter Bronzedenkmäler
61
3.2 Legierungszusammensetzung (%)
Probe
MHH 1
MHH 2
MHH 3
MHH 4
MHH 6
MHH 11
MHH 12
MHH 15
MHH 16
MHH 17
Mittelwert
Stdabw.
Tab. 9
Cu
91,51
94,66
93,05
92,33
92,26
91,94
91,91
93,39
91,77
92,47
92,53
0,90
Zn
0,00
0,00
0,00
0,00
0,00
0,00
0,00
0,00
0,00
0,00
0,00
0,00
Pb
0,01
0,00
0,00
0,00
0,01
0,01
0,01
0,00
0,01
0,01
0,01
0,00
Sn
7,84
4,78
6,46
6,55
7,10
6,72
7,49
5,34
7,44
6,51
6,62
0,91
Sb
0,070
0,026
0,078
0,056
0,050
0,134
0,035
0,039
0,015
0,083
0,06
0,03
Fe
0,144
0,023
0,057
0,046
0,197
0,049
0,059
0,420
0,079
0,289
0,14
0,12
Ni
0,008
0,026
0,000
0,123
0,185
0,142
0,074
0,057
0,079
0,102
0,08
0,06
Summe
99,58
99,52
99,65
99,11
99,80
99,00
99,57
99,25
99,38
99,47
99,43
0,24
Legierungszusammensetzung des figürlichen Teils des Denkmals
genau definierte, blei- und zinkfreie Legierung mit knapp 7%
Zinn vor, welche – wie beim Friesen-Denkmal begründet –
zum Lochfraß neigt.
Die Legierung des Standbilds und aller seiner Einzelteile ist der
Legierung der Friesen-Büste recht ähnlich (ausführliche Diskussion und Schlußfolgerungen siehe S. 65). Auch beim
Herzog-Heinrich-Denkmal liegt eine geradezu labormäßig
Sonstige Ergebnisse
Probe
MHH 8
MHH 9a
MHH 9b
MHH 10
Ort
Wappen, unterhalb des Standbilds, Rand der linken Seite
Buchstabe »s« der Inschrift (Marienbergs)
wie 9a »silbriges« Metall darunter
Buchstabe »d«der Inschrift (dem)
Zusammensetzung
Cu (90%), Zn (8%), Sn (2%)
Kupfer (Cu)
Blei/Zinnlot
Kupfer (Cu)
Tab. 10 Proben von Wappen und Sockelinschrift
Das Wappen unterscheidet sich vom Standbild in seiner Zusammensetzung deutlich. Es enthält rund 8% Zink, während
das Standbild kein Zink enthält. Die Buchstaben auf dem
Sockel des Denkmals bestehen aus mit Blei-Zinn-Legierung
ausgeschwemmtem Kupferblech.
3.3 Korrosionsprodukte und aufliegende Schichten
Probe
MHH 13
MHH 14
MHH 18
MHH 19
MHH 20
MHH 21
MHH 22
MHH 23
MHH 24
ANT
ATA
BRO
CAS
CUP
CUS
(×)
×
×
×
×
×
×
×
(×)
×
ANG
G
Q
×
×
×
×
×
(×)
×
×
×
(×)
×
Tab. 11 Ergebnisse der röntgendiffraktometrischen Phasenanalyse (Abkürzungen: Anglesit (ANG), Antlerit (ANT), Atacamit (ATA),
Brochantit (BRO), Cassiterit (CAS), Cuprit (CUP), Kupfersulfathydroxidhydrat (CUS), Gips (G), Quarz (Q))
Die Schabeproben wurden – soweit möglich – in der Röntgendiffraktometrie untersucht, lediglich bei Probe MHH 1 stand
nicht ausreichend Substanz zur Verfügung. Die Diffraktome-
trie-Ergebnisse wurden zur Erleichterung der Interpretation in
Tab. 12 (Seite 62) so umgruppiert, daß augenscheinlich von
Lochfraß weniger betroffene beziehungsweise von Lochfraß
62
Martin Mach, Stefan Simon
stark betroffene Proben eine Gruppe bilden. Es ist deutlich zu
erkennen, daß sich die Korrosion in den von Lochfraß deutlich betroffenen Bereichen nicht nur quantitativ, sondern auch
chemisch qualitativ unterscheidet. Brochantit, das schwefelärmste der im Freien vorkommenden basischen Kupfersulfate,
kommt in erster Linie in den von der Lochfraßkorrosion nicht
betroffenen Flächenbereichen vor. Das in der Dissertation von
Probe
MHH
MHH
MHH
MHH
MHH
MHH
MHH
MHH
MHH
Brochantit
Cu4 SO4 (OH) 6
13
14
19
23
24
18
20
21
22
×
×
×
×
(×)
Antlerit
Cu3 SO4 (OH) 4
STRANDBERG5 beschriebene Korrosionsprodukt Cu2.5SO4(OH)3 ·
2 H2O (ähnlich PCJDS 41-0007, Cu5(SO4)2(OH)6 · 5 H2O)
wurde nur in den von Lochfraß besonders betroffenen Bereichen identifiziert, während der in der Korrosionsliteratur ebenfalls als ungünstig bewertete Antlerit in der Tabelle eine Art
Mittelstellung einzunehmen scheint.
Strandbergit
Cu2.5 SO4 (OH)3 · 2 H2O
Cuprit
Cu2O
Cassiterit
SnO2
×
(×)
×
×
×
×
×
(×)
×
×
×
(×)
Tab. 12 Ergebnisse aus Röntgendiffraktometrie (XRD), Proben aus von Lochfraß besonders betroffenen Bereichen sind dunkel unterlegt
Für die ionenchromatographische Untersuchung der Korrosionsprodukt-Proben stehen zwei gängige Untersuchungstechniken zur Verfügung: Beim ammoniakalischen Aufschluß6 der
Proben gehen praktisch alle Korrosionsprodukte – auch die
wasserunlöslichen Sulfate – in Lösung. Man erhält auf diese
Weise die Gesamtmenge der wichtigsten Anionen in der Probe
einschließlich der Gesamtmenge an Sulfat.
Beim wäßrigen Extrakt 7 geht ein wesentlich geringerer Teil
der Proben in Lösung. Wegen der erhöhten chemischen Verfüg-
1
Ammoniakalischer Aufschluß
barkeit und dem Beitrag zur elektrischen Leitfähigkeit des
Wasserfilms auf der Oberfläche muß allerdings den wasserlöslichen Substanzen besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden.
Die beiden Aufschlußmethoden liefern einander ergänzende Ergebnisse. Die Ergebnisse vom ammoniakalischen Aufschluß belegen, daß in der Gesamtmenge der Korrosionsprodukte die Sulfate mit typischen Massenanteilen von 15 bis 20%
dominieren, während andere Anionen von untergeordneter
Bedeutung sind (Abb. 1). Fluorid, Nitrat und Chlorid kommen
Metallanalysen freibewitterter Bronzedenkmäler
in allen Proben vor, Phosphat nur in den Flächenbereichen ohne
Lochfraß, Oxalat nur in den Flächenbereichen mit Lochfraß.
Beim wäßrigen Aufschluß (Abb. 2) ist in der Lochfraßsituation
2
63
eine leichte Anreicherung sämtlicher Anionen (mit Ausnahme
von Phosphat) festzustellen. Besonders auffällig ist jedoch der
hohe Massenanteil löslichen Kupfers.
Wäßriger Aufschluß
3 Karl Friedrich Friesen-Denkmal (Ernst Habs, 1893), Magdeburg, Vorzustand (1997)
4
Nach der Restaurierung des Friesen-Denkmals (März 2000)
64
Martin Mach, Stefan Simon
Gegenüberstellung der unterschiedlichen
Korrosionsformen
Die Befunde von Flächenbereichen mit und ohne Lochfraß wurden der Übersichtlichkeit halber in Tab. 13 zusammengefaßt.
Eigenschaft
pH Wert8
In Ammoniak lösl. Sulfat (%)
Wasserlösliches Sulfat (%)
Wasserlösliches Oxalat (%)
Wasserlösliches Kupfer (%)
Wasserlösliches Chlorid (%)
Wasserlösliches Nitrat (%)
Wasserlösliches Fluorid (%)
Phosphat, Gesamtmenge (%)
Normale Oberflächenkorrosion
> 5,5
15 bis 20
1,1
0,00
0,12
0,02
0,03
0,00
1,10
Lochfraßsituation
5 bis 5,5
15 bis 20
1,5
0,24
2,0
0,12
0,21
0,02
0,00
Tab. 13 Herzog-Heinrich-Monument, Marienberg – Zusammenfassung charakteristischer Eigenschaften von Bereichen mit und
ohne Lochfraß
Das Fehlen von Phosphat in den von Lochfraß betroffenen
Bereichen dürfte durch die Schwerlöslichkeit der in Frage
kommenden Phosphate bedingt sein. Die Phosphate werden
üblicherweise mit dem Straßenstaub angetragen und – genau
wie eisenhaltiger Staub – bevorzugt in die äußeren Bereiche
der Korrosionsschicht eingebaut.9
Oxalat hingegen findet sich bevorzugt in den Korrosionsgruben, vermutlich weil sich Mikroorganismen hier wegen der
gleichmäßigeren Feuchte besser halten und vermehren können
und als Stoffwechselprodukt Oxalate abscheiden.
Verbindung
Chemische
Formel
Cu4 SO4 (OH)6
Brochantit
Antlerit
Hydroxid/ Sulfat/
Kupfer Kupfer
1.50
0.25
Cu3 SO4 (OH)4
1.33
0.33
Strandbergit
Basisches Kupfersulfat 11
Cu2.5 SO4 (OH)3 · 2 H2O
1.20
0.40
Cu5 (SO4)2 (OH)6 · 5 H2O
1.20
0.40
Kupfersulfat
CuSO4 · 5 H2O
0.00
1.00
10
5 Reiterstandbild Friedrich Wilhelm III. (Louis Tuaillon,
1915/18), Merseburg, hier noch am alten Standort in der Ruine
der Sixtikirche (September 1997)
Tab. 14 Stöchiometrische Verhältnisse der diskutierten Kupfersulfate
Anhand der Tab. 14 mit den stöchiometrischen Verhältnissen der
hier interessierenden Kupfersulfate wird deutlich, daß es eine
Abstufung der Kupfersulfate gibt, die vom Brochantit (schwefelarm, alkalisch) bis zum normalen Kupfersulfat (schwefelreich,
neutral) reicht. Unter den in Mitteleuropa vorherrschenden
Bedingungen finden sich in erster Linie die schwefelärmeren
Korrosionsprodukte Brochantit und Antlerit, wobei die Interpretation im Hinblick auf die Umweltbelastung zum Teil
erschwert ist, weil sich der Antlerit – unabhängig von der Schadstoffbelastung – auch unter ganz bestimmtem Beregnungsbedingungen, zum Beispiel an Wasserablaufkanten (mit erhöhter
Gipskonzentration), vorrangig bilden kann.
6 Nach der Restaurierung des Denkmals am neuen Standort im
Merseburger Schloßpark (November 1998)
Metallanalysen freibewitterter Bronzedenkmäler
In Marienberg wurde das noch schwefelreichere basische
Kupfersulfat Cu5 (SO4)2 (OH)6 · 5 H2O gefunden. Unter extremen Bedingungen – etwa in einer Bewitterungskammer mit
4
65
Schwefeldioxidkonzentrationen in der Größenordnung von
10 000µg/m3 – wird, quasi als ärgstes Korrosionsprodukt, auch
Kupfersulfat gebildet.
Karl Friedrich Friesen-Denkmal in Magdeburg (1893)12
4.1 Probenverzeichnis
Probe
MDF 1
MDF 2
MDF 3
MDF 4
MDF 5
MDF 6
MDF 7
MDF 8
MDF 9
MDF 10
MDF 11
MDF 12
MDF 13
MDF 14
Ort
Büste hinten rechts, unter Mantel
Büste, hinten links, Sockelbereich
Büste, unterhalb rechter Schulter,
Mantelkragen
Büste, Kopf, hinter rechtem Ohr
Reliefplatte rückseitig, links unten
Büste, rechte Seite, Mantel Unterseite
linke Reliefplatte, linke untere Ecke
Nähe MDF 1
Büste, rechte Seite Hals
rechte Reliefplatte, Turnvater Jahn,
im Schritt
Büste, auf rechtem Kragen,
regenexponiert
rückseitige Reliefplatte, rechte
obere Ecke
Büste, rechte Seitein Mantelfalten,
eher Rückseite, Armbereich
rückseitige Reliefplatte, rechts unten,
Sockel
Beschreibung
dicke Gipssinterkruste, grün-schwarz, Unterseite hellgrün
Spanprobe
Spanprobe
Fragestellung
PHA (XRD)
LEG
LEG
Spanprobe
Spanprobe
Spanprobe (etwas verunreinigt mit Lot/Alu)
Spanprobe
pudriges Korrosionsprodukt direkt unter Kruste, hellgrün
dünne schwarze Kruste, Unterseite teilweise grün
schwarze Kruste, dicke Pusteln, Unterseite grün
LEG
LEG
LEG
LEG
PHA (XRD)
PHA (XRD)
PHA (XRD)
hellgrüne, pudrige Patina, locker aufliegend
PHA (XRD)
Patina, schwarz-grün
PHA (XRD)
dünne schwarze Kruste, flach, sehr fest,
Unterseite türkisgrün
grün-schwarze Patinaprobe
PHA (XRD)
PHA (XRD)
Tab. 15 Verzeichnis aller Proben, LEG = Legierungszusammensetzung, PHA (XRD) = Phasenanalyse (Röntgendiffraktometrie)
4.2 Legierungszusammensetzung (%)
Probe
MDF 2
MDF 3
MDF 4
MDF 5
MDF 6
MDF 7
Mittelwert
Stdabw.
Cu
92,19
92,67
92,06
91,31
91,61
91,75
91,93
0,48
Zn
0,026
0,023
0,020
0,096
0,023
0,119
0,05
0,04
Pb
0,000
0,000
0,009
0,288
0,009
0,357
0,11
0,17
Sn
6,130
6,311
6,760
6,907
7,077
6,875
6,68
0,37
Sb
0,325
0,223
0,196
0,301
0,245
0,275
0,26
0,05
Fe
0,090
0,034
0,035
0,035
0,039
0,220
0,08
0,07
Ni
0,084
0,034
0,035
0,030
0,057
0,063
0,05
0,02
Summe
98,84
99,30
99,12
98,97
99,06
99,66
99,16
0,29
Tab. 16 Legierungsanalysen der Magdeburger Friesen-Büste
Die Friesen-Büste (Proben 2, 3, 4 und 6) und die Reliefplatten
(Proben 5 und 7) bestehen aus einer sehr einheitlichen Legierung, welche fast ausschließlich Kupfer (Cu) und Zinn (Sn)
enthält. Sowohl die Homogenität der Zusammensetzung als
auch die Reinheit der Komponenten sind auffällig. Lediglich
in der Probe MDF 7 vom linken Relief sind die Spuren an Blei,
Zink und Eisen etwas erhöht. Leider liegt der Zinngehalt mit
6,7% bereits über der kritischen Schwelle, die bei hoher Luftverschmutzung das Auftreten von Lochfraßkorrosion begünstigt.
Die Legierung der Büste ist absolut bleifrei und enthält nur
äußerst wenig Zink. Insofern spiegelt sie den Streit zwischen
Chemikern und Bronzegießern wieder, welcher zeitgleich mit
der Herstellung der Friesen-Büste tobte:
»... Als normale Zinnbronze galt in den letzten Jahren die
Legierung 93% Kupfer und 7% Zinn. Die Erzgießer haben
durch ihre Misserfolge in der Praxis nachgewiesen, dass letztere
Mischung sich schliesslich noch während des Gusses gern entmischt
bzw. aussaigert und dass sich beim Erkalten leicht Gussblasen bilden. Die auf S. 37 erwähnte Partei der Chemiker gestattet den
66
Martin Mach, Stefan Simon
Erzgiessern daher in neuester Zeit wieder eine geringe Beimischung von Zink. Wie viele Prozente dieselbe aber betragen soll,
das gerade ist in dem leidenschaftlichen Streite beider Parteien die
brennende Frage der Gegenwart geworden: Die Chemiker wollen
höchstens 2% Zinkzumischung zulassen, die Erzgiesser, um sich
ein besseres Gelingen eines jeden ihrer Güsse zu sichern, fordern
die Erlaubnis zu einem grösseren Prozentsatze, drängen überhaupt im allgemeinen zu einer Legierung zurück, welche in der
Mitte zwischen Zinn- und Zinkbronze liegt. Die Chemiker hoffen mit Durchführung ihrer Forderung für die Bildhauer zu erreichen, dass ihre im Freien aufgestellten Erzdenkmäler nach Verlauf
weniger Jahre die edle antike Patina antiker Bronzewerke zeigen
werden. Die Bronzegießer behaupten dagegen, jede der beiden
Bronzelegierungen, wenn sie frei von Arsen, Schwefel und Blei
gehalten werde, würde nach längeren (wenigstens 40) Jahren, die
in Ruhe abzuwarten wären, die Patinawünsche der Bildhauer
und des kunstliebenden Publikums erfüllen. ...«.13
Aus der Sicht der Autoren ist zusammenfassend anzumerken, daß der extreme Lochfraß an der Friesen-Büste auf zwei
Faktoren zurückzuführen sein dürfte: auf die Verschlechterung
der Umweltbedingungen in einem Maße, welches für unsere
Vorfahren unvorstellbar war, sowie auf die Wahl der von den
Chemikern favorisierten Legierung, welche – wie die Gießer
richtig feststellten – besonders zur Aussaigerung und somit
letztendlich zur Bildung unterschiedlich zinnhaltiger Bereiche
mit unterschiedlichem Korrosionsverhalten neigt. Diese lokal
unterschiedliche Korrosionsanfälligkeit erleichtert die Lochfraßbildung.
Unter günstigeren Umweltbedingungen hätte die Fraktion
der Chemiker wohl recht behalten, weil der Lochfraß in dieser Stärke nicht aufgetreten wäre und sich durchaus die für
Zinnbronzen typische, einheitlich grüne und glänzende Patina
hätte bilden können.
7 Lutherstadt Wittenberg, Markt, Standbild Philipp Melanchthons (Friedrich Drake, 1865) unter einem Eisengußbaldachin
(November 1997)
4.3 Korrosionsprodukte und aufliegende Schichten
Probe
MDF 1
MDF 8
MDF 9
MDF 10
MDF 11
MDF 12
MDF 13
MDF 14
ANT
×
×
×
×
ATA
BRO
CUP
CUS
ANG
G
×
×
×
(×)
×
×
×
(×)
CAS
(×)
×
×
(×)
(×)
Q
×
×
×
(×)
×
(×)
(×)
(×)
Tab. 17 Ergebnisse der röntgendiffraktometrischen Phasenanalyse (Abkürzungen: Antlerit, PDF 7-407 (ANT); Atacamit, PDF 25269 (ATA); Brochantit, PDF 13-398 (BRO); Cassiterit, PDF 21-1250 (CAS); Cuprit, PDF 5-667 (CUP); Kupfersulfathydroxidhydrat 41-7 (CUS); Gips, PDF 6-46 (G); Quarz, PDF 33-1161 (Q))
Metallanalysen freibewitterter Bronzedenkmäler
67
Die Proben MDF 1 und MDF 8 entsprechen der chemischen
Situation, wie man sie auch von anderen Krusten in nicht beregneten Bereichen kennt: durch den kontinuierlichen Sulfateintrag von außen und infolge der fehlenden Beregnung bildet
sich dann eine dicke Schicht aus schwefelreicherem Antlerit
(Cu3 SO4 (OH)4) und Gips. Der schwefelärmere Brochantit
(Cu4 SO4 (OH)6) wird im vorliegenden Fall nicht gefunden.
Die Pusteln aus dem stark zerfressenen Bereich der Probe
MDF 10 enthalten das für aktive Korrosion typische Kupfersulfathydroxidhydrat Cu5 (SO4)2 (OH)6 · 5 H2O mit maximalem
Schwefelanteil.14 Wie weitere Messungen zeigten, hat die Probe
MDF 10 noch dazu die höchste elektrische Leitfähigkeit
von allen Proben (38 µS/m, an zweiter Stelle folgt MDF 1 mit
23 µS/m). Die hohe Leitfähigkeit wird durch einen hohen
Salzanteil bedingt, welcher wiederum die elektrochemischen
Korrosionsreaktionen fördert.
Probe MDF 11 vom Hals der Büste hat den chemisch günstigsten Befund: Sie enthält den schwefelärmeren Brochantit
(statt Antlerit) und erhebliche Mengen an Cuprit. Letzterer
entsteht durch Luftoxidation und muß als passivierend, also
schützend, eingestuft werden.
Die Proben MDF 9 sowie MDF 10 bis 14 sind Mischzustände zwischen den genannten Extremen und sollen deshalb
hier nicht im einzelnen diskutiert werden.
Betrachtet man alle Proben gemeinsam, so fällt auf, daß das
Massenverhältnis zwischen Antlerit und Brochantit leicht zugunsten des Antlerits verschoben ist.
8 Bronzestandbild Georg Friedrich Händels (Hermann Heidel,
1859) auf dem Markt in Halle, Vorzustand (August 1997)
5
Reiterstandbild Friedrich Wilhelm III. in Merseburg (1918)15
5.1 Probenverzeichnis
Probe
MER
MER
MER
MER
MER
MER
MER
MER
1
2
3
4
5
6
7
8
MER 9
MER 10
MER 11
Ort
Pferd, linke Bauchseite unten
Reiter, linker Arm, Achselhöhe hinten
Reiter, hinter linkem Ohr
Hutspitze, hinten unten, abgeschattet
Reiter, Rücken/Schulter links oben
linke Schulter, Reiter, flächig
Reiter, Hutspitze hinten links, regenexponiert
Pferd, linker Hinterlauf, Innenseite
abgeschattet
Pferd, linker Hinterlauf innen
Reiter, rechte Hand, zwischen Oberschenkel
und Handrücken (Kittung?)
Pferd, rechter Vorderhuf zwischen
Steinsockel und Bronze
Beschreibung
dünne schwarze Kruste mit teils hellgrüner Unterseite
Spanprobe
Spanprobe
schwarze Pustelpatina, dunkelgrün
schwarze fest sitzende dünne Patina
hellgrüne, sehr dichte fest aufliegende dünne Patina
grau-braune Kruste, spröde,unterliegende Schicht braun
Patina dunkelgrün, unterwandert von Insekten
Spanprobe
Kittmaterial
Fragestellung
PHA (XRD)
LEG
LEG
PHA (XRD)
PHA (XRD)
PHA (XRD)
PHA (XRD)
PHA (XRD),
Einbettung
LEG
XRF, XRD, IR
Zementkitt
PHA (XRD)
Tab. 18 Verzeichnis aller Proben, LEG = Legierungszusammensetzung, PHA (XRD) = Phasenanalyse (Röntgendiffraktometrie), XRF =
Röntgenfluoreszenz, IR = Infrarotspektroskopie
68
Martin Mach, Stefan Simon
5.2 Legierungszusammensetzung (%)
Probe
MER 2
MER 3
MER 9
Mittelwert
Stdabw.
Cu
91,89
91,65
91,10
91,55
0,41
Zn
3,206
3,992
3,809
3,67
0,41
Pb
1,006
0,847
1,326
1,06
0,24
Sn
3,143
2,782
3,075
3,00
0,19
Sb
0,390
0,298
0,358
0,35
0,05
Fe
0,176
0,218
0,234
0,21
0,03
Ni
0,088
0,129
0,124
0,11
0,02
Summe
99,90
99,92
100,03
99,95
0,07
Tab. 19 Legierungsanalysen des Merseburger Reiterstandbildes
Die Proben von der Legierung des Denkmals für Friedrich
Wilhelm III. enthalten im Durchschnitt 92% Kupfer, 4%
Zink, 3% Zinn und 1% Blei. Diese Legierung ist vergleichsweise kostengünstig, eher weich, gut gießbar und nur durch5.3
schnittlich korrosionsbeständig, neigt jedoch nicht zum Lochfraß. Der auffällig gute Erhaltungszustand des Denkmals dürfte
primär der verhältnismäßig kurzfristigen Bewitterung im
Freien zuzurechnen sein.16
Korrosionsprodukte und aufliegende Schichten
Probe
MER 1
MER 4
MER 5
MER 6
MER 7
MER 8
ANT
×
×
(×)
×
ATA
BRO
(×)
(×)
×
×
×
CAS
CUP
CUS
ANG
G
(×)
(×)
(×)
(×)
(×)
Q
(×)
(×)
(×)
(×)
(×)
Tab. 20 Ergebnisse der röntgendiffraktometrischen Phasenanalyse (Abkürzungen: Anglesit (ANG), Antlerit (ANT), Atacamit (ATA),
Brochantit (BRO), Cassiterit (CAS), Cuprit (CUP), Kupfersulfathydroxidhydrat (CUS), Gips (G), Quarz (Q))
Die in der Analyse festgestellten Korrosionsprodukte sind für
Bronzen in städtischer Atmosphäre typisch, wobei sich der
schwefelreichere Antlerit und der schwefelärmere Brochantit in
6
etwa die Waage halten. Das bei den Denkmälern mit starkem
Lochfraßbefall festgestellte Kupfersulfathydroxidhydrat wurde
im vorliegenden Fall nicht gefunden.
Philipp Melanchthon-Denkmal in Wittenberg (1865)
6.1 Probenverzeichnis
Probe
WBM
WBM
WBM
WBM
WBM
WBM
WBM
WBM
WBM
WBM
WBM
WBM
WBM
WBM
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
Ort
hinten Mitte, in Mantelfalte
Plinthe hinten, links
Ellenbogen, linker Arm, von hinten
rechter Mantelkragen, vorne
Innenseite rechter Ärmel
vorne, Mantel/Faltenwurf, rechts unten
rechter Ärmel hinten
innerhalb Mantelfalte, hinten, links
rechte Seite in Mantelfalte
Mantel hinten links, Korrosionskrater
Unterseite Mantel innen (kein Photo)
Mantel Innenseite unten
Haarlocke, rechts vorne
rechts unterhalb Kinn
Beschreibung
Spanprobe
Spanprobe
Spanprobe
Spanprobe
Spanprobe
Spanprobe
hellgrüne pulvrige Patina
dünne feste dunkelgraue Kruste
dunkelgraue Kruste, kleine Schollen
hellgrau/grüne Patina, locker aufliegend, neben Korrosionskratern
Rißkittung, rotbraun
Gipssinterkruste, hellgrau-grün
regengeschützte Gipssinterkruste, graugrün
dunkelgraue schwarze Kruste
Fragestellung
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
PHA (XRD)
PHA (XRD)
PHA (XRD)
PHA (XRD)
PHA (XRD)
PHA (XRD)
PHA (XRD)
PHA (XRD)
Tab. 21 Verzeichnis aller Proben, LEG = Legierungszusammensetzung, PHA (XRD) = Phasenanalyse (Röntgendiffraktometrie)
Metallanalysen freibewitterter Bronzedenkmäler
69
6.2 Legierungszusammensetzung (%)
Probe
WBM 1
WBM 2
WBM 3
WBM 4
WBM 5
WBM 6
MitteIwert
Stdabw.
Cu
87,69
87,91
87,89
88,18
87,65
87,98
87,88
0,20
Zn
7,04
6,47
7,40
7,14
7,51
7,30
7,14
0,37
Pb
0,23
0,23
0,17
0,18
0,22
0,15
0,20
0,03
Sn
4,21
4,34
4,09
3,65
4,14
3,90
4,06
0,25
Sb
0,205
0,175
0,240
0,232
0,274
0,226
0,23
0,03
Fe
0,138
0,127
0,155
0,156
0,153
0,245
0,16
0,04
Ni
0,248
0,242
0,269
0,261
0,255
0,265
0,26
0,01
Summe
99,76
99,50
100,22
99,80
100,20
100,07
99,92
0,28
Tab. 22 Legierungszusammensetzungen des Melanchthon-Denkmals
Ähnlich wie das unmittelbar benachbarte Luther-Denkmal besteht auch die Melanchthonfigur aus einer Rotgußlegierung
(also einer Kupfer-Zink-Zinn-Legierung). Der Zinkgehalt liegt
mit 7 % deutlich höher als der des Luther-Standbilds, der
Zinnanteil etwas niedriger (4%) und der Bleigehalt auffällig
niedrig (nur 0,2%). Der hohe Zinkanteil führt zu einer etwas
dunkleren Farbe der Korrosionsprodukte, weil die weißen Zinnoxidhydrate weniger farbdominierend sind.
6.3 Korrosionsprodukte und aufliegende Schichten
Probe
WBM
WBM
WBM
WBM
WBM
WBM
WBM
7
8
9
10
12
13
14
ANT
××
××
××
××
×
××
××
ATA
BRO
×
(×)
CAS
CUP
(×)
CUS
NH4-CUS
ANG
G
(×)
(×)
××
(×)
×
(×)
Q
(×)
(×)
(×)
(×)
(×)
×
Tab. 23 Ergebnisse der röntgendiffraktometrischen Phasenanalyse (Abkürzungen: Anglesit (ANG), Antlerit (ANT), Atacamit (ATA),
Brochantit (BRO), Cassiterit (CAS), Cuprit (CUP), Kupfersulfathydroxidhydrat (CUS), Ammoniumkupfersulfat (NH4-CUS), Gips (G),
Quarz (Q))
Es verwundert nicht, daß die Korrosionsprodukte auf dem
Melanchthon-Denkmal denen des direkt benachbarten LutherStandbildes entsprechen (vgl. S. 60). Das Dominieren des
schwefelreicheren Antlerits belegt die zeitweise äußerst
7
ungünstigen Umweltbedingungen. Weiterhin fand sich
auch hier das auf Bronzen im Freien äußerst seltene
Ammoniumkupfersulfat als Immission von den benachbarten
Stickstoffwerken (siehe Diskussion beim Luther-Denkmal).
Georg Friedrich Händel – Denkmal in Halle (1859)
7.1 Probenverzeichnis
Probe
HAH 1
Ort
Brustbereich, unterhalb Jabot
HAH 2
HAH 3
HAH 4
HAH 5
auf Schriftrolle oben, darunter Metall
Schriftrolle
rechter Arm,Rüschen des Ärmels
Haarlocke rechteSeite, neben Scheitel,
darunter Metall
Kopf/Haare, rechte Seite
rechter Arm, Ärmelsaum, Rüschen
Brust vorne, unterhalb Jabot
HAH 6
HAH 7
HAH 8
Beschreibung
schwarze, pulvrige Patina, läßt sich sehr leicht ablösen,
darunter Metall
graugrüne Patina, direkt auf Metall
gelbgrüne Patina
dunkelgrüne Patina, sehr dünn
dunkelgrau bis schwarz, locker auf Metall aufliegende Patina
Fragestellung
PHA (XRD)
Spanprobe
Spanprobe
Spanprobe
LEG
LEG
LEG
PHA (XRD)
PHA (XRD)
PHA (XRD)
PHA (XRD)
Tab. 24 Verzeichnis aller Proben, LEG = Legierungszusammensetzung, PHA (XRD) = Phasenanalyse (Röntgendiffraktometrie)
70
Martin Mach, Stefan Simon
7.2 Legierungszusammensetzung (%)
Probe
HAH 6
HAH 7
HAH 8
Mittelwert
Stdabw.
Cu
87,93
87,53
87,26
87,57
0,34
Zn
8,32
9,13
9,00
8,82
0,43
Pb
0,26
0,32
0,52
0,37
0,14
Sn
2,35
2,44
2,72
2,50
0,19
Sb
0,199
0,158
0,155
0,17
0,02
Fe
0,184
0,137
0,154
0,16
0,02
Ni
0,046
0,049
0,049
0,05
0,00
Summe
99,29
99,76
99,86
99,64
0,30
Tab. 25 Legierungscharakteristik des Hallenser Händel-Denkmals
Die Legierung des Händel-Denkmals besteht aus rund 88%
Kupfer, 9% Zink und 2,5% Zinn. Sie ist demnach im Vergleich
zu den übrigen hier vorgestellten Denkmälern sehr zinkreich.
Wie bereits in den vorhergehenden Abschnitten begründet,
neigt die Legierung des Händel-Denkmals wegen dieses hohen
Zinkgehaltes nicht zum Lochfraß, wie er zum Beispiel bei der
Friesen-Büste zu beklagen ist. Dementsprechend ist der Erhaltungszustand vergleichsweise gut.
7.3 Korrosionsprodukte und aufliegende Schichten
Probe
HAH 1
HAH 4
HAH 5
ANT
ATA
BRO
CAS
CUP
(×)
(×)
CUS
NH4-CUS
ANG
G
Q
×
×
×
Tab. 26 Ergebnisse der röntgendiffraktometrischen Phasenanalyse (Abkürzungen: Anglesit (ANG), Antlerit (ANT), Atacamit (ATA),
Brochantit (BRO), Cassiterit (CAS), Cuprit (CUP), Kupfersulfathydroxidhydrat (CUS), Ammoniumkupfersulfat (NH4-CUS), Gips (G),
Quarz (Q))
Wegen der erst kurz zurückliegenden Generalrestaurierung
haben sich auf der Oberfläche des Denkmals bislang nur wenig
neue Korrosionsprodukte gebildet. Interessanterweise findet
9 Chemnitz, Karl Marx-Monumentalbüste (Lew Kerbel, 1971)
sich (vermutlich infolge der jetzt besseren Umweltbedingungen),
wenn überhaupt, vorrangig der verhältnismäßig schwefelarme
Brochantit statt des ansonsten häufiger auftretenden Antlerits.
Metallanalysen freibewitterter Bronzedenkmäler
8
71
Karl Marx-Denkmal in Chemnitz (1971)
8.1 Probenverzeichnis
Probe
CHM
CHM
CHM
CHM
CHM
CHM
CHM
CHM
CHM
1
2
3
4
5
6
7
8
9
Ort
Unterseite Bart, rechts vorne
Hals unten, rechte Seite, eher hinten
Hals hinten rechts (in ca. 1,60m Höhe)
Hals hinten links (in ca. 1,60m Höhe)
Bart hinten unten, linke Seite
Bart linke Seite, vorne unten
Hals, hinten links
Hals, hinten links, nahe CHM7
Hals hinten links (in ca. 1,60 m Höhe)
CHM 10
Nähe CHM9, Hals hinten links
CHM 11
Hals hinten links
CHM 12
CHM 13
Patina, unter CHM 11, Hals hinten links
rechte Hals/ Bartseite
Beschreibung
Spanprobe
Spanprobe
Spanprobe
Spanprobe
Spanprobe
Spanprobe
grüne Patina, regengeschützt
schwarze Inselkrusten, darunter grün, locker aufsitzend
schwarz, etwas dicker, ähnlich Gipssinterkruste,
unten grün, regengeschützt
hellgrün bis grau, pudrige Patina (Cuprit??)
(in ca. 1,60m)
dunkelgrau/schwarz, dünn, pudrige Patina, liegt auf
braunem Untergrund
braune direkt auf Metall aufliegende (Original?-)Patina
Bronzeprobe mit Patina
Fragestellung
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
PHA (XRD)
PHA (XRD)
PHA (XRD)
PHA (XRD)
PHA (XRD)
PHA (XRD)
Einbettung/Anschliff
PHA (XRD)
Tab. 27 Verzeichnis aller Proben, LEG = Legierungszusammensetzung, PHA (XRD) = Phasenanalyse (Röntgendiffraktometrie)
8.2 Legierungszusammensetzung (%)
Probe
CHM 1
CHM 2
CHM 3
CHM 4
CHM 5
CHM 6
Mittelwert
Stdabw.
Cu
81,21
81,61
81,37
82,02
83,21
82,52
81,99
0,76
Zn
9,23
9,11
9,08
8,68
9,13
9,98
9,20
0,42
Pb
4,70
4,48
4,74
4,58
3,03
2,63
4,03
0,94
Sn
3,69
3,52
3,65
3,32
2,95
3,55
3,45
0,27
Sb
0,272
0,248
0,283
0,270
0,230
0,231
0,26
0,02
Fe
0,417
0,442
0,412
0,438
0,470
0,512
0,45
0,04
Ni
0,308
0,352
0,322
0,349
0360
0,311
0,33
0,02
Summe
99,83
99,76
99,87
99,65
99,37
99,73
99,70
0,18
Tab. 28 Legierungstypen der Chemnitzer Karl Marx – Büste
Die Legierung ist vergleichsweise reich an Zink und Blei und
ist deshalb leicht gießbar. Die Nebenbestandteile und Spuren
sind im Vergleich zu den genauer definierten Legierungen –
zum Beispiel bei der Friesen-Büste und beim Herzog HeinrichDenkmal – deutlich erhöht.
8.3 Korrosionsprodukte und aufliegende Schichten
Probe
CHM 8
CHM 9
CHM 10
CHM 11
CHM 12
CHM 13
ANT
×
××
××
×
××
ATA
BRO
CAS
CUP
×
CUS
××
×
(×)
(×)
(×)
(×)
(×)
×
NH4-CUS
ANG
G
Q
×
×
××
×
Tab. 29 Ergebnisse der röntgendiffraktometrischen Phasenanalyse (Abkürzungen: Anglesit (ANG), Antlerit (ANT), Atacamit (ATA),
Brochantit (BRO), Cassiterit (CAS), Cuprit (CUP), Kupfersulfathydroxidhydrat (CUS), Ammoniumkupfersulfat (NH4-CUS), Gips (G),
Quarz (Q))
72
Martin Mach, Stefan Simon
Das Denkmal spiegelt die äußerst ungünstigen Umweltbedingungen wieder, welche zum Zeitpunkt seiner Aufstellung
herrschten: es hat – obwohl frei von Lochfraß – von allen hier
9
untersuchten Proben den höchsten Anteil an Kupfersulfathydroxidhydrat, welches für schnell voranschreitende Korrosion
charakteristisch ist.
Reichseinigungsdenkmal in Magdeburg (1866, 1870 – 71)
9.1 Probenverzeichnis
Probe
MDR
MDR
MDR
MDR
1
2
3
4
MDR
MDR
MDR
MDR
MDR
MDR
MDR
5
6
7
8
9
10
11
MDR
MDR
MDR
MDR
12
13
14
15
Ort
Medaillon, Kaiser Friedrich III, Rahmen, Rand links, Südseite
Medaillon, Kaiser Friedrich III, rechte Seite Bart unten, Südseite
Medaillon, Kaiser Friedrich III, unterhalb Bart, unberegnet, Südseite
Medaillon, Kaiser Friedrich III, Rahmen, rechts, Südseite
aufliegend, darunter bräunlich
Medaillon, Moltke, eisernes Kreuz (eventuell Rahmen)
Medaillon, Moltke, rechtes Ohrläppchen
Medaillon, Kaiser Wilhelm I, Rand, Ostseite
Medaillon, Kaiser Wilhelm I, Kinnspitze, Ostseite
Reliefplatte, Nordseite, linker Fuß des Franz. Kaisers
Reliefplatte, Nordseite, rechts Gewehrträger, Kopfbereich
Reliefplatte, Nordseite,Rock/Mantel linker Oberschenkel
des Franz. Kaisers
Reliefplatte, Nordseite, rechts neben Kopf des Franz. Kaisers
Reliefplatte, Südseite, knieender Schütze, linker Fuß
Reliefplatte, Südseite, Soldat der Gefallenen auffängt, Kopf linkes Ohr
Reliefplatte, Südseite, gefallener Soldat linker Arm innen
Beschreibung
Spanprobe
Spanprobe
dicke Gipssinterkruste
dünne schwarze Patina, fest
Fragestellung
LEG
LEG
PHA (XRD)
PHA (XRD)
Spanprobe
Spanprobe
Spanprobe
Spanprobe
Spanprobe
Spanprobe
dicke Schollen, grau-braun
darunter grün
grün-graue Patina, rel. hart
Spanprobe
Spanprobe
Gipssinter grau-schwarz,
unten grün
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
PHA (XRD),
Einbettung
PHA (XRD)
LEG
LEG
PHA (XRD)
Tab. 30 Verzeichnis aller Proben, LEG = Legierungszusammensetzung, PHA (XRD) = Phasenanalyse (Röntgendiffraktometrie)
9.2 Legierungszusammensetzung (%)
Probe
MDR 1
MDR 2
MDR 5
MDR 6
MDR 7
MDR 8
MDR 9
MDR 10
MDR 13
MDR 14
Mittelwert
Stdabw.
Cu
88,35
88,33
90,24
88,42
88,53
88,95
90,94
90,29
88,30
88,90
89,12
0,99
Zn
5,38
4,35
2,95
4,28
4,89
4,51
2,69
2,57
3,55
4,21
3,94
0,96
Pb
0,39
0,34
0,29
0,28
0,37
0,38
0,36
0,37
0,41
0,40
0,36
0,04
Sn
4,49
5,55
5,27
5,48
4,77
4,77
4,76
4,74
5,59
5,44
5,08
0,42
Tab. 31 Legierungsanalysen des Magdeburger Reichseinigungsdenkmals
Das Reichseinigungsdenkmal besteht aus einer Rotguß(Kupfer-Zink-Zinn-)Legierung, wobei deutliche Schwankungen
im Zinkgehalt und bei den Spuren zu erkennen sind.
Sb
0,067
0,084
0,150
0,019
0,141
0,144
0,079
0,123
0,151
0,219
0,12
0,06
Fe
0,076
0,584
0,134
0,293
0,335
0,254
0,113
0,140
0,130
0,391
0,24
0,16
Ni
0,089
0,080
0,077
0,094
0,093
0,097
0,098
0,093
0,095
0,092
0,09
0,01
Summe
98,84
99,31
99,10
98,86
99,13
99,11
99,04
98,33
98,23
99,65
98,96
0,43
Metallanalysen freibewitterter Bronzedenkmäler
73
9.3 Korrosionsprodukte und aufliegende Schichten
Probe
MDR
MDR
MDR
MDR
MDR
3
4
11
12
15
ANT
×
×
×
×
(×)
ATA
BRO
CAS
(×)
CUP
(×)
(×)
(×)
(×)
CUS
ANG
G
(×)
(×)
(×)
Q
(×)
(×)
(×)
(×)
Tab. 32 Ergebnisse der röntgendiffraktometrischen Phasenanalyse (Abkürzungen: Antlerit (ANT), Atacamit (ATA), Brochantit (BRO),
Cassiterit (CAS), Cuprit (CUP), Kupfersulfathydroxidhydrat (CUS), Gips (G), Quarz (Q))
Das Dominieren des schwefelreicheren Antlerits weist auch hier
auf zumindest zeitweise starke Luftverschmutzung hin.
10 Magdeburg, Reichseinigungsdenkmal (Emil Hundrieser,
1877), Bronzereliefs am Sockel
11 Magdeburg, Dr. Eisenbart – Brunnen (Fritz von Graevenitz,
1939), Vorzustand (September 1997)
74
Martin Mach, Stefan Simon
10 Dr. Johann Andreas Eisenbart-Brunnen in Magdeburg (1939)
10.1 Probenverzeichnis
Probe
MDE 1
MDE 2
MDE 3
Ort
Figur, linker Fuß, unten Mitte
linkes Handgelenk, Ärmelsaum
rechterUnterschenkel
Beschreibung
Spanprobe
Spanprobe
dünne schwarz-graue Kruste (Schollen) mit teilweise
grüner/brauner Unterseite
MDE
MDE
MDE
MDE
Plinthenoberfläche, zentral
unter Mantelsaum
linker Unterschenkel vorne
linkes Schienbein vorne
braune Patina (Schollen) eventuell Überzug (?)
graue, dicke (Gips?) Sinterkruste mit grüner Unterseite
pudrige Patina, flächig, flach liegt über MDE 7
grüne pudrige Patina (scheint direkt auf der
Bronze aufzuliegen)
Patina (Pusteln?), braun-grau unten grün
Spanprobe
Überzug/Patina/Wachs?Schwarz
4
5
6
7
MDE 8
MDE 9
MDE 10
Mantel, Rücken unten
Schriftplatte T 3 linker Rand
Reliefplatte R 3
Fragestellung
LEG
LEG
PHA (XRD), Einbettung
(Scholle) Anschliff und
Photodokumentaion
PHA (XRD, IR
PHA (XRD)
PHA (XRD)
PHA (XRD)
PHA (XRD)
LEG
PHA (XRD), IR
Tab. 33 Verzeichnis aller Proben, LEG = Legierungszusammensetzung, PHA (XRD) = Phasenanalyse (Röntgendiffraktometrie), IR =
Infrarotspektroskopie
10.2 Legierungszusammensetzung (%)
Probe
MDE 1
MDE 2
MDE 9
Mittelwert
Stdabw.
Cu
85,24
85,54
84,64
85,14
0,46
Zn
4,637
4,776
4,921
4,78
0,14
Pb
4,020
3,750
3,560
3,78
0,23
Sn
4,670
4,336
5,383
4,80
0,53
Sb
0,310
0,280
0,260
0,28
0,03
Fe
0,282
0,280
0,179
0,25
0,06
Ni
0,304
0,312
0,287
0,30
0,01
Summe
99,46
99,28
99,23
99,32
0,12
Tab. 34 Legierungsanalysen des Eisenbart-Brunnens
10.3 Korrosionsprodukte und aufliegende Schichten
Name
MDE
MDE
MDE
MDE
MDE
MDE
MDE
3
4
5
6
7
8
10
ANT
××
×
×
×
×
×
ATA
BRO
×
×
CAS
CUP
CUS
ANG
G
(×)
×
×
(×)
(×)
×
(×)
Q
×
×
(×)
×
×
×
×
Tab. 35 Ergebnisse der röntgendiffraktometrischen Phasenanalyse (Abkürzungen: Anglesit (ANG), Antlerit (ANT), Atacamit (ATA),
Brochantit (BRO), Cassiterit (CAS), Cuprit (CUP), Kupfersulfathydroxidhydrat (CUS), Gips (G), Quarz (Q))
Metallanalysen freibewitterter Bronzedenkmäler
75
11 August Hermann Francke-Denkmal in Halle (1829)
11.1 Probenverzeichnis
Probe
HAF
HAF
HAF
HAF
HAF
HAF
HAF
1
2
3
4
5
6
7
Beschreibung
Spanprobe
Spanprobe
Spanprobe
Spanprobe
Spanprobe
hellgrüne pudrige Patina unterhalb HAF 8
spröde Wachsschicht
8
Ort
Plinthe linke Seite
Francke, Mantelfalte rechts, im hinteren Drittel
Francke, Haarlocke im Schulterbereich
Knabenfigur, rechter Fuß
Francke, rechter Fuß
unterliegend HAF 8
Francke, linker Halsbereich, zwischen Gesicht
und Mantelkragen
Francke, rechter Ärmel, Falte (grau)
HAF
HAF
9
Francke, Mantelkragen links, Korrosionskrater
hellgrüne Patina in Korrosionskrater, unter
der weiß-grauen Wachsschicht
weißgrauer, krepierter Überzug vermutlich
Antigraffitibeschichtung von 1992
HAF 10
graue Wachsschicht (unterliegend grüne Patina)
Sockel (Kunzendorfer Marmor) linke Seite
links oben
Fragestellung
LEG
LEG
LEG
LEG
LEG
PHA (XRD)
PHA (XRD), IR,
GC-MS
PHA (XRD), IR,
GC-MS
PHA (XRD), IR
IR
Tab. 36 Verzeichnis aller Proben, LEG = Legierungszusammensetzung, PHA (XRD) = Phasenanalyse (Röntgendiffraktometrie), REM =
Rasterelektronenmikroskopie, IR = Infrarotspektroskopie, GC-MS = Gaschromatographie-Massenspektrometrie
11.2 Legierungszusammensetzung (%)
Probe
HAF 1
HAF 2
HAF 3
HAF 4
HAF 5
MitteIwert
Stdabw.
Cu
87,43
88,12
89,32
89,60
88,53
88,60
0,88
Zn
1,710
1,124
0,514
0,525
1,101
0,99
0,50
Pb
1,885
1,263
1,302
1,130
1,160
1,35
0,31
Sn
7,660
7,955
7,190
7,467
7,710
7,60
0,29
Sb
0,242
0,301
0,341
0,283
0,340
0,30
0,04
Fe
0,092
0,071
0,115
0,035
0,078
0,08
0,03
Ni
0,295
0,332
0,345
0,341
0,330
0,33
0,02
Summe
99,31
99,16
99,13
99,38
99,25
99,25
0,11
Tab. 37 Legierungsanalysen des Hallenser Francke-Denkmals
Die Legierung ist verhältnismäßig zinnreich. Sie neigt deshalb
– wie bereits bei der Friesen-Büste erläutert – zum Lochfraß.
11.3 Korrosionsprodukte und aufliegende Schichten
Probe
HAF 6
HAF 7
HAF 8
HAF 9
ANT
×
ATA
BRO
(×)
CAS
×
CUP
CUS
ANG
G
Q
(×)
Tab. 38 Ergebnisse der röntgendiffraktometrischen Phasenanalyse (Abkürzungen: Anglesit (ANG), Antlerit (ANT), Atacamit (ATA),
Brochantit (BRO), Cassiterit (CAS), Cuprit (CUP), Kupfersulfathydroxidhydrat (CUS), Gips (G), Quarz (Q))
Die Analysen von den Korrosionsprodukten sind wegen der
geringen Menge an neu gebildetem Korrosionsprodukt unvollständig. Es hat sich vorwiegend Antlerit gebildet.
76
Martin Mach, Stefan Simon
Anmerkungen
1 zu Geschichte und Restaurierung des Brunnens siehe in diesem
Heft: Meißner, Birgit, Georg J. Haber und Martin Mach: Der
Leipziger Mendebrunnen – Historie und Restaurierung. S. 92–108.
2 zu Geschichte und Restaurierung des Denkmals siehe in diesem
Heft: Meißner, Birgit: Zur Restaurierung des Martin Luther –
Denkmals in Lutherstadt Wittenberg S. 109–115.
3 Hinweis von Wolfgang Conrad, Lutherstadt Wittenberg, auf die
ca. 8km westlich, also in Windrichtung liegenden Stickstoffwerke
Piesteritz, zu deren Hauptprodukten Kalkammonsalpeter zählt(e).
4 zu Geschichte und Restaurierung des Denkmals siehe in diesem
Heft: Michel, Annegret und Birgit Meißner: Das Standbild Herzog
Heinrich des Frommen in Marienberg. S. 116 –126.
5 Strandberg, Helena: Perspectives on Bronze Sculpture Conservation. Dissertation. Universität Göteborg, 1997.
6 10mg der Probe werden im Ultraschallbad 20 Minuten lang mit
1cm3 16% NH4 (OH) behandelt.
7 Die Proben werden fein zerrieben und nach kräftigem Umrühren
30 Minuten in destilliertem Wasser stehen gelassen.
8 Messung mit Neutralbereichs-Indikatorpapier nach Verrühren mit
einem kleinen Tropfen destillierten Wassers.
9 Mach, Martin, Ulrike Reinhardt und Rolf Snethlage: Elementverteilungsbilder von Querschnitten durch Bronze-und Kupferpatina
von Objekten im Freien. Wiener Berichte über Naturwissenschaft
in der Kunst. Bd. 4/5. 1987/1988, S. 214 – 219.
10 Strandberg 1997 (wie Anm. 5).
11 JCPDS 41–7.
12 Die Restaurierung der Bronzebüste sowie der zugehörigen vier
Relieftafeln fand gegen Ende des Bronzeprojektes statt, Informationen hierzu siehe Restaurierungsdokumentation, Landesamt für
Denkmalpflege Sachsen-Anhalt.
13 Maertens, Hermann: Die deutschen Bildsäulen-Denkmale des XIX.
Jahrhunderts nebst einer Abhandlung über die Größenverhältnisse, die Materialienwahl, die Gruppierung, die Aufstellungsweise
und die Kosten derartiger Monumente. Stuttgart 1892, S. 38.
14 Selwyn, L. S., N.E. Binnie, J. Poitras et al.: Outdoor Bronze Statues:
Analysis of Metal and Surface Samples. In: Studies in Conservation 41. 1996, S. 205 – 228.
15 Das Denkmal wurde 1998 restauriert, siehe hierzu Restaurierungsdokumentation, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt.
16 Das Denkmal befindet sich erst seit Ende des Zweiten Weltkrieges
ununterbrochen im Freien.
12 Halle, Franckesche Stiftungen, August Hermann Francke –
Denkmal (Christian Daniel Rauch, 1829)
Abbildungsnachweis
Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege: Abb. 1, 2
Landesamt für Denkmalpflege Sachsen: Abb. 9
Landesamt für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt: Abb. 3 – 8, 10 – 12
77
Veränderung der Schutzwirkung von mikrokristallinen
Wachsen auf Kupferblech unter thermischer Wechselbelastung
Elektrochemische Impedanzspektroskopie und rasterelektronenmikroskopische
Untersuchungen an gewachsten Kupferplatten mit natürlich verwitterter Patina
Andreas Krätschmer, Anke Doktor, Martin Mach
Überblick
Es wurde das Korrosionsverhalten von natürlich verwittertem
Kupferdachblech vor und nach einer Wachskonservierung
sowie nach der anschließenden zyklischen Frost-Tau Wechselbelastung beobachtet. Dabei konnte festgestellt werden, daß
die wachskonservierte Oberfläche imstande ist, rein thermisch
auszuheilen. Zur Quantifizierung des Zustands wurde die weitgehend zerstörungsfreie elektrochemische Impedanzspektroskopie angewendet. In Anbetracht der unterschiedlichen Applikationsmöglichkeiten des Restaurators kamen drei verschiedene
Wachssysteme zum Einsatz, die mittels der Rasterelektronenmikroskopie auch hinsichtlich ihrer morphologischen Eigenschaften untersucht wurden. Zur Frost-Tau-Bewitterung wurde
ein spezielles Gerät konstruiert.
Einleitung
Die elektrochemische Impedanzspektroskopie, im folgenden
kurz EIS genannt, wurde bereits in vielseitiger Weise zum
Gegenstand innerhalb der Restaurierungs- und Konservierungswissenschaften und nimmt in Fragen der Restaurierung und
Konservierung von metallischen Gegenständen eine wesentliche
Stellung ein. Zahlreiche Autoren verwenden hierzu die Bestimmung des Polarisationswiderstands zur Diagnostizierung des
Korrosionsverhaltens restaurierter Skulpturen.1 Die EIS beinhaltet dessen Ermittlung und führt darüber hinaus zum tieferen
Verständnis des Aufbaus der Patina.
Beschreibung der Patina auf dem Metallsubstrat als elektrochemisches System
Bei einer Kupferpatina handelt es sich um eine poröse dreidimensionale Schicht aus Oxiden und basischen Sulfathydraten
auf einem metallischen Substrat. Das Oxid fungiert dabei als
sogenannter »Interphasen-Inhibitor« zwischen der Kupferoberfläche und der äußeren Patina. Die Oberfläche ist aufgrund der
Verteilung von korrosiv aktiven und inaktiven Bereichen in
atomarer wie auch makroskopischer Größenordnung stets als
inhomogen zu bezeichnen.2
Die atomaren Strukturen begründen sich in der kristallographischen und physikalischen Natur der Metalloberfläche.
In dieser Arbeit wird das besondere Augenmerk auf die makroskopische Inhomogenität der Patina gelenkt.
Die hier angewandte potentiostatische EIS bietet die
Möglichkeit, die Schutzwirkung der Patina in situ im Bereich
des Korrosionspotentials qualitativ und quantitativ zu untersuchen. Zudem erhält man einen unmittelbaren Vergleich der
Auswirkung jeglicher Konservierungsmaßnahmen auf das vorliegende System.
Das zur Auswertung der erfaßten Impedanzspektren,
Phasengang-Kennlinien und komplexen Ortskurven entwickelte
Modell soll hier nicht weiter ausgeführt werden. Es bleibt zu
erwähnen, daß es auf rein physikalischen Vorstellungen vom
Aufbau der Korrosionsschicht fußt und demnach kein empirisches Modell allein zur Kurvenanpassung darstellt. Interessant
sind dabei die qualitativen Betrachtungen. Einbezogen ist die
elektrochemische Kinetik3 hinsichtlich der Inhomogenitäten
auf der zweidimensionalen Grenzschicht zwischen metallischer
Oberfläche und nichtmetallischer Korrosionsschicht.4 Bedingt
durch die Porenstruktur der Patina kommt neben dem rein
Faradayschen Verhalten der Polarisation und des Ladungsdurchtritts der Konvektion und dem dynamischen Verhalten
des Ionentransports eine besondere Rolle zu.
Das physikalische Modell wurde auf Grundlage des bereits
vorliegenden Modells einer porösen dreidimensionalen Oxidschicht entwickelt. Die hier zusammengefaßten Annahmen des
Grundmodells sind in der Literatur bereits beschrieben.5
An verschiedenen Stellen der Oberfläche laufen parallel die
anodische Metallauflösung
Cu → Cu2+ + 2e[1]
und die kathodische Reduktion des im Elektrolyt gelösten
Sauerstoffs
O2 + 2H2O + 4e- → 4OH- [2]
als maßgebende Korrosionsreaktionen ab. In erster Näherung
wird die anodische Teilreaktion als vom Ladungsdurchtritt
maßgeblich bestimmt angesehen, die kathodische Teilreaktion,
welche die treibende Kraft darstellt, als hauptsächlich durch
Diffusion bestimmt.
Der Metallauflösung folgt die Bildung von Oxiden oder
basischen Sulfathydraten. Da das Metallsubstrat ein sehr geeigneter Ladungsüberträger ist, können beide Reaktionen [1] und
[2] an verschiedenen Stellen der Oberfläche auftreten. Während
Reaktion [1] an der Defektstelle in Erscheinung tritt, läuft Reaktion [2] meist in deren Nachbarschaft ab.
Es wird angenommen, daß die Sauerstoffreduktion vorwiegend innerhalb des Porenraums auf den nicht passivierten
Stellen des Metallsubstrats stattfindet. Dabei soll sich dieser
Prozeß an der Grenzschicht abspielen.
78
Andreas Krätschmer, Anke Doktor, Martin Mach
Bewertung der Wirksamkeit einer Wachskonservierung
Die Korrosionsanfälligkeit wird hier über den Polarisationswiderstand6 R p ausgedrückt.7 Je höher dieser ist, um so geringer
ist die zu erwartende Korrosionsrate. Nach einer sinnvollen
Wachskonservierung sollte demnach der Polarisationswiderstand deutlich erhöht sein. Die Effizienz der Maßnahme drücken
wir als Verhältnis der Erhöhung des Polarisationswiderstands
R p – R p0 und dem absolut erreichten Wert R p aus. Es gilt ε =
(R p – R p0)/R p. Der resultierende Wert wird üblicherweise in
Prozent angegeben. Wie sich aus Voruntersuchungen abzeichnet, erzielt man in Abhängigkeit vom Vorzustand der Patina
unterschiedliche Werte, weshalb die Wirksamkeit einer Konservierung in Form von d ε/d log R p0 = const. als Steigung einer
für das jeweilige Wachs charakteristischen Kennlinie gedeutet
werden kann. Die Ermittlung dieser Kennlinien wird Gegenstand künftiger Untersuchungen sein und kann in dieser Arbeit
aufgrund des hier zu zeitraubenden experimentellen Aufwands
noch nicht dargestellt werden.
Probe 01
TeCero 30222
Kaltauftrag
62,49 µm
71,37/-12,05/15,36
8.7 GY 7.0/3.1
Probe 02
TeCero 30222
Heißauftrag
52,15 µm
64,30/-8,87/23,68
4.9 GY 6.3/3.7
Probe 03
TeCero 3534F
Kaltauftrag
67,42 µm
66,80/-12,58/17,98
7.9 GY 6.6/3.5
Probe 04
TeCero 3534F
Heißauftrag
62,74 µm
67,08/-7,67/23,98
3.9 GY 6.6/3.6
Probe 05
30201/30410
Kaltauftrag
49,93 µm
65,72/-9,07/23,22
5.1 GY 6.5/3.7
Probe 06
30201/30410
Heißauftrag
50,12 µm
66,16/-9,61/22,68
5.5 GY 6.5/3.7
Probe 07
TeCero 30222
Kaltauftrag
48,25 µm
62,72/-10,65/19,56
6.6 GY 6.2/3.5
Probe 08
TeCero 30222
Heißauftrag
55,35 µm
68,70/-9,97/20,09
6.2 GY 6.8/3.4
Probe 09
TeCero 3534F
Kaltauftrag
57,31 µm
68,89/-10,19/20,29
6.3 GY 6.8/3.4
Probe 10
TeCero 3534F
Heißauftrag
51,79 µm
63,54/-7,48/25,23
3.4 GY 6.3/3.8
Probe 11
30201/30410
Kaltauftrag
52,45 µm
65,38/-8,10/24,83
4.0 GY 6.4/3.8
Probe 12
30201/30410
Heißauftrag
48,55 µm
62,36/-8,10/24,83
6.0 GY 6.1/3.5
Beschreibung der Proben
Bei den Proben handelt es sich um etwa 6 × 6cm große Stücke
aus einem natürlich verwittertem Kupferblechdach von 1 mm
Stärke. Die Proben wurden auf ihren optisch homogen wirkenden Eindruck hin ausgewählt (Abb. 1c). Nach Messung der
Schichtdicken8 ergab sich eine durchschnittlich 50 bis 60 µm
dicke Patina (Abb. 1a, 1b). Es wurden die in Abb. 1b bezeichneten Wachskonservierungen vorgenommen (Ergebnis: siehe
Abb. 1d). Dabei wurde je ein Teil Wachs in drei Teilen Shellsol
D40 (= handelsübliche Bezeichnung eines als Lösungsmittel
verwendeten aromatenfreien Kohlenwasserstoffgemisches)
gelöst.9
Probe 01
62,49 µm
71,37/-12,05/15,36
8.7 GY 7.0/3.1
Probe 02
52,15 µm
64,30/-8,87/23,68
4.9 GY 6.3/3.7
Probe 03
67,42 µm
66,80/-12,58/17,98
7.9 GY 6.6/3.5
Probe 04
62,74 µm
67,08/-7,67/23,98
3.9 GY 6.6/3.6
Probe 05
49,93 µm
65,72/-9,07/23,22
5.1 GY 6.5/3.7
Probe 06
50,12 µm
66,16/-9,61/22,68
5.5 GY 6.5/3.7
Probe 07
48,25 µm
62,72/-10,65/19,56
6.6 GY 6.2/3.5
Probe 08
55,35 µm
68,70/-9,97/20,09
6.2 GY 6.8/3.4
Probe 09
57,31 µm
68,89/-10,19/20,29
6.3 GY 6.8/3.4
Probe 10
51,79 µm
63,54/-7,48/25,23
3.4 GY 6.3/3.8
Probe 11
52,45 µm
65,38/-8,10/24,83
4.0 GY 6.4/3.8
Probe 12
48,55 µm
62,36/-8,10/24,83
6.0 GY 6.1/3.5
1a Natürlich verwittertes Kupferdachblech vor der Wachskonservierung (mit Probenbezeichnung, mittlerer Schichtdicke, L · a · b · Werte und Munsell-Farbcode der Patina).
1b Natürlich verwittertes Kupferdachblech nach der Wachskonservierung (mit Probenbezeichnung, mittlerer Schichtdicke,
L · a · b · -Werte und Munsell-Farbcode der Patina).
Die Proben wurden im Vorzustand und nach der Wachskonservierung im Bild dokumentiert (Abb. 1c, 1d) und zugleich
die Oberseiten der Proben kolorimetrisch vermessen (Abb. 1a,
1b).10 Die Farbe wurde mit der Tageslichtart D65 unter einem
Betrachterwinkel von 10° unter Glanzeinschluß bestimmt und
in CIE-L · a · b · -Werten zusammen mit dem nach Munsell
benannten Farbcode angegeben.
Experimentelle Durchführung
Die Charakterisierung des Korrosionsverhaltens der einzelnen
Zustände – (a) Vorzustand, (b) nach der Wachskonservierung
und (c) nach der zyklischen Frost-Tau-Wechselbelastung –
wurde entsprechend dem folgenden Schema vorgenommen:
Im ersten Schritt wird die Probe der potentiostatischen EIS
zugeführt, im zweiten Schritt der Polarisationswiderstand ermittelt und im dritten Schritt wiederum eine potentiostatische
EIS angeschlossen, um den Einfluß der Bestimmung des
Polarisationswiderstands auf die Probe zu bewerten.
Bei der zyklischen Frost-Tau-Bewitterung werden die
Proben zehn Zyklen lang jeweils fünf Minuten bei –10°C und
+30°C im Wechsel gehalten. Zu diesem Zweck werden die
Proben auf einer Aluminiumplatte, die rückseitig mit einer
Kaskade von Peltier-Elementen11 temperaturgeregelt beheizt
oder gekühlt werden kann, mit einem schließenden Film aus
Veränderung der Schutzwirkung von mikrokristallinen Wachsen auf Kupferblech unter thermischer Wechselbelastung
1c Natürlich verwittertes Kupferdachblech vor der Wachskonservierung (Bilddarstellung der Patina).
79
1d Natürlich verwittertes Kupferdachblech nach der Wachskonservierung (Bilddarstellung der Patina).
einer Temperaturleitfähigkeitspaste fixiert.
Für die elektrochemischen Messungen wurde die unter der
entsprechenden Methodenbeschreibung im »Analytik-Guide«
dargestellte Anordnung verwendet.12
Konditionierung der Proben für die EIS
Nach Voruntersuchungen hat sich erwiesen, daß die Probenoberfläche eine Stunde mit dem Elektrolyten konditioniert
werden muß, um in einem stabilen Gleichgewichtszustand zu
messen (Abb. 2). Die aus der EIS ermittelten Kennlinien zeigen
nach dieser Zeit praktisch keine Veränderung mehr.
Besteht die Möglichkeit, die Anordnung zu evakuieren, ist
dies zu empfehlen, da bereits nach 15 min dasselbe Ergebnis
erzielt wird. Falls die Probenoberfläche beispielsweise über
Nacht mit dem Elektrolyten konditioniert werden kann, ist
dies sicher die bequemste Art, einen optimalen Zustand herzustellen. Allerdings muß immer berücksichtigt werden, inwieweit der Elektrolyt imstande ist, chemisch mit der Probe zu
reagieren.
Die Reaktion mit dem Elektrolyten beziehungsweise sein
Quellverhalten als schädlicher Angriff auf die Wachskonservierung ist Gegenstand weiterer Betrachtungen. Hier soll der
Elektrolyt nur als Medium zum Ladungstransport dienen.
2 Nyquist-Darstellung der EIS-Resultate in der komplexen
Ebene. Gemessen wurde an einem natürlich bewitterten Kupferdachblech mit einer etwa 50µm dicken Patina. Die einzelnen
Kurven geben eine Vorstellung darüber, wie im Verlauf der Zeit
das System in einen Gleichgewichtszustand übergeht.
80
Andreas Krätschmer, Anke Doktor, Martin Mach
Ergebnisse der EIS
Nach der Wachskonservierung wurden die in Tab. 1 dargestellten
Ergebnisse erzielt.
Bei der Betrachtung der ermittelten Polarisationswiderstände
läßt sich erkennen, daß die Vorzustände der Proben bereits
starke Streuungen aufweisen. Die sich daraus ergebenden Abweichungen für die Effizienz einer Wachskonservierung mit
ein und demselben Wachs bestimmter Applikationsart waren
Anlaß weiterer Versuche, um die Abhängigkeit vom Vorzustand
in die quantitative Bewertung einzubeziehen. Die Ergebnisse
aus diesen Untersuchungen werden an anderer Stelle in der
weiterführenden Fachliteratur veröffentlicht.
Zunächst läßt sich also sagen, daß die Wirksamkeit der
Wachskonservierung stets in bezug auf den Vorzustand zu betrachten ist. Je schlechter dieser ist, um so effizienter wirkt sich
die Maßnahme aus. Interessant ist im Vergleich der einzelnen
Wachse, wie deutlich sich dieser Effekt hervorhebt.
Eindeutig ist der Vorteil eines Heißauftrags gegenüber dem
Kaltauftrag bei allen Wachsen. Beim relativ niedrig schmelzenden TeCero 3534F allerdings erreicht man bereits beim Kaltauftrag eine enorme Schutzwirkung.
Nach der zyklischen Frost-Tau-Wechselbelastung wurden
die in Tab. 2 dargestellten Ergebnisse erzielt.
3a Impedanzmessung der kalt gewachsten Proben.
3b Impedanzmessung der heiß gewachsten Proben.
4a Impedanzmessung der kalt gewachsten Proben nach dem
Wechselbelastungstest.
Bezeichnung Wachstyp
Applikation
Polarisationswider- Effizienz
stand Rp in MΩ
ε
01# & 07#
kalt
0,04…0,24
→ 0,09…0,34
0,05…0,30
→184… 968
0,01…0,19
→10,8…205
0,16…0,30
→ 8·108… >10·108
0,19…0,31
→ 0,45…0,58
02# & 08#
03# & 09#
04# & 10#
05# & 11#
06# & 12#
Tab. 1
TeCero
30222
TeCero
30222
TeCero
3534F
TeCero
3534F
TeCero
30201/
30410 1:1
TeCero
30201/
30410 1:1
heiß
kalt
heiß
kalt
heiß
0,23…0,38
→ 488…12000
28,7…
55,5 %
100 %
98,2…
100 %
100 %
46,5…
58,9 %
100 %
Effizienzvergleich der Heiß- und Kaltwachsung
4b Impedanzmessung der heiß gewachsten Proben nach dem
Wechselbelastungstest.
Veränderung der Schutzwirkung von mikrokristallinen Wachsen auf Kupferblech unter thermischer Wechselbelastung
Bezeichnung Wachstyp
Applikation
Polarisationswider- Effizienz
stand R p in MΩ
ε
01# & 07#
kalt
0,04 … 0,24
→ 0,13 … 0,41
0,05 … 0,30
→ 147… 940
0,01… 0,19
→ 15,7… 280
0,16 … 0,30
→ 3 ·104 … >10 ·108
0,19 … 0,31
→ 0,57… 0,63
02# & 08#
03# & 09#
04# & 10#
05# & 11#
06# & 12#
Tab. 2
TeCero
30222
TeCero
30222
TeCero
3534F
TeCero
3534F
TeCero
30201/
30410 1:1
TeCero
30201/
30410 1:1
heiß
kalt
heiß
kalt
heiß
0,23 … 0,38
→ 372 … 6,1·103
41,4…
68,5 %
100 %
98,8…
100 %
100 %
50,8…
67,5 %
100 %
Effizienz nach dem Wechselbelastungstest
Somit relaxiert das System nicht nur in allen Fällen bereits bei
30°C, sondern zeigt bei den kalt aufgetragenen Wachsen allmählich eine Verbesserung. Ziel weiterer Versuche wird es sein,
die Temperaturabhängigkeit dieses Verhaltens zu verfolgen.
81
Rasterelektronenmikroskopische Untersuchungen
Um die Eigenschaften der eingangs verwendeten Wachse im
Hinblick auf ihr morphologisches Erscheinungsbild zu untersuchen, wurde die nach der Applikation resultierende Oberflächenstruktur im Rasterelektronenmikroskop betrachtet
(Abb. 5 a – c). Dabei wurden sowohl Bilder in 600facher als
auch in 120facher Vergrößerung aufgenommen.13
Die hier verwendeten Wachsarten sind:
1 Tromm TeCero 30 222
2 Tromm TeCero 3 534 F
3 Tromm TeCero 30 410 + 30 201 (55:45)
Die in Abb. 5 a – c gezeigten Auftragungsarten sind:
A mit Pinsel, kalt
B mit Pinsel, kalt; anschließend mit Heißluftfön aufgeschmolzen
C mit Pinsel, heiß (Kupferplättchen mit Heißluftfön auf ca.
75 – 80°C erwärmt)
Das erste Bild (von links nach rechts) zeigt jeweils das Sekundärelektronenbild (SE) in 600facher Vergrößerung, im zweiten Bild
ist in gleicher Vergrößerung das Rückstreuelektronenbild (RE)
zu sehen, und das dritte Bild stellt das Rückstreuelektronenbild
in 120facher Vergrößerung dar. Auf den kleinen Bildern ist
5a REM-Aufnahmen, Verwendung verschiedener Wachssorten und Auftragsarten
82
Andreas Krätschmer, Anke Doktor, Martin Mach
5b REM-Aufnahmen, Verwendung verschiedener Wachssorten und Auftragsarten
rechts die Kupferatomverteilung auf einer ca. 0,8mm2 großen
Fläche und links das entsprechende morphologische Bild (SE)
zu sehen.
Sekundärelektronen entstehen dadurch, daß der eintreffende Elektronenstrahl mit schwach gebundenen Elektronen
der Probenoberfläche wechselwirkt und sie freisetzt. Der hierbei resultierende Elektronenstrahl hat einen nur geringfügig
größeren Durchmesser als der einfallende Strahl. Rückstreuelektronen sind dagegen diejenigen Elektronen, die nach einer
Reihe von Kollisionen und daraus resultierenden Ablenkungen
an den Atomen der Probe aus der Oberfläche wieder austreten. Ein Strahl rückgestreuter Elektronen hat einen sehr viel
größeren Durchmesser als der einfallende Strahl. Dies ist einer
der limitierenden Faktoren für die Auflösung eines Elektronenmikroskops. Festzustellen ist allerdings, daß im konkreten Fall
die Topografie der Oberfläche im Rückstreuelektronenbild
eindeutiger zu sehen ist. Im Zusammenhang mit der Analyse
der Kupferatomverteilung auf der Oberfläche läßt sich dann
eine Aussage über die Eindringtiefe des Wachses machen.
Diskussion
Es konnte eindeutig nachgewiesen werden, daß der Korrosionsschutz – ausgedrückt über die Erhöhung des Polarisationswiderstands – durch eine Konservierung mit heißem Wachs
gegenüber der Konservierung mit kaltem Wachs generell deutlich wirksamer ist und damit die Situation auf der Metalloberfläche wesentlich verbessert wird. Wichtige Erkenntnis ist
dabei, daß eine dem Ausbringen im Freien nachgestellte Situation (hier die zyklische Wechselbelastung durch Frost und
Tau) diesen Effekt bei der Maßnahme mit Heißwachs wiederherstellt und bei der Maßnahme mit Kaltwachs sogar übertrifft.
Hierzu kann man postulieren, daß das Wachs gemäß seiner
Fähigkeit, weit unter dem Schmelzpunkt zu erweichen, bei
jedem Tauvorgang tiefer in die Patina eindringt und diese verdichtet. Selbst nach der dazwischen geschalteten Messung des
Polarisationswiderstands, durch die ein nicht zu vernachlässigender Potentialbereich14 um das Korrosionspotential durchschritten und damit die Probenoberfläche angegriffen wird,
erholt sich das System in der geschilderten Form. Das bedeutet, daß sich dieser Effekt sogar nach einer – mit dem eigentlichen Vorzustand verglichen – schlechteren Ausgangssituation
einstellt.
Veränderung der Schutzwirkung von mikrokristallinen Wachsen auf Kupferblech unter thermischer Wechselbelastung
83
5c REM-Aufnahmen, Verwendung verschiedener Wachssorten und Auftragsarten
Erstaunlich ist, daß bei den heiß gewachsten Proben die
Relaxierung des Systems bereits nach der Erwärmung auf 30°C
und damit weit unter dem Schmelzpunkt aller verwendeten
Wachse in einen gesättigten Zustand eintritt, was bedeutet,
daß eine weitere Erwärmung zum Erzielen des Effekts nicht
mehr notwendig ist. Dies ist ein sehr bedeutungsvolles Ergebnis, wenn man an die Wiederaufstellung eines restaurierten
Objekts denkt. Für das Kaltwachsen läßt sich in Aussicht stellen,
daß die Situation mit zunehmender Erwärmung nach jeweiligem Frost ständig verbessert und letztendlich bis zum
Erreichen eines Sättigungsgrads optimiert wird.
Bei den kalt applizierten Wachsen ist die starke Abhängigkeit der erzielbaren Korrosionsbeständigkeit vom Schmelzpunkt des Wachses zu beobachten. Je niedriger schmelzend das
Wachs ist, um so beträchtlicher ist die Schutzwirkung. Das
Relaxationsverhalten erweist sich bei der Mischung nach
Roidl15 (TeCero 30201/30410 1:1) am günstigsten und spricht
damit für das flexible Verhalten der Matrix. Dieses Verhalten
ist sicherlich zum größten Teil auf das gegenüber härteren
Wachsen verbesserte Eindringen niedrig schmelzender Wachse
in den Porenraum zurückzuführen.
Gegenstand dieser Untersuchung war die Differenzierung
der verschiedenen Wachskonservierungen bezüglich der thermischen Wechselbelastung. Bei diesen Betrachtungen wurde
der Materialabtrag durch Regen beziehungsweise Ablaufspuren
sowie die Belastung durch angetragene Partikel und Inklusion
von Salzen als auch die Bewitterung durch Schadgase zunächst
außer acht gelassen. In weiterführenden Studien sollen diese
Einflüsse ebenfalls untersucht werden.
Die Auswertung der REM-Bilder (Abb. 5a – c) ergab, daß
grundsätzlich die Auftragungsmethode B sehr geeignet erscheint,
denn hier sind nur sehr wenig bis keine kupferhaltigen Stellen
innerhalb der Wachsoberfläche sichtbar. Dies spricht für eine
flächendeckende Schutzschicht. Sowohl bei der kalten als auch
bei der heißen Präparierung weist die Wachsschicht Lücken
auf. Ein kalter Auftrag mit dem Pinsel ist vermutlich zu grob,
so daß die Pinselhaare das Wachs nur ungleichmäßig verteilen
können. Auf der heißen Kupferplatte dringt das Wachs hingegen
so tief ein, daß vermutlich besonders erhabene Stellen wieder
freigelegt werden. Diese und auch die vom Pinsel freigelegten
Stellen erscheinen dann auf dem Bild der Kupferatomverteilung als helle Punkte. Lediglich bei der Wachsmischung (Abb. 5c)
ist der heiße Auftrag nahezu ebenso gut wie der nachträglich
erwärmte.
84
Andreas Krätschmer, Anke Doktor, Martin Mach
Exkurs: Anmerkungen zur Konservierung mit
mikrokristallinem Wachs
Wenn die Mikrowachse in pastösem Zustand (üblicherweise in
Wachs/Shellsol D40 1:4 gelöst) bei geeigneter Temperatur, also
bei mindestens 80°C, auf die Bronze aufgetragen werden, ist
ein plötzliches Dünnflüssigwerden und gleichzeitiges Einsinken
des Mikrowachses zu beobachten. Die vorher grünen Korrosionsprodukte werden in diesem Moment durch die vollständige
Benetzung mit Wachs schlagartig dunkel. Dies ist ein sicheres
Anzeichen dafür, daß das Mikrowachs »gegriffen« und sich mit
den Korrosionsprodukten innig verzahnt hat. Nur in diesem
Zustand wirkt die Wachskonservierung optimal. Es erfolgt
eine kleinräumige, vielzellige Abschottung der korrosionsgefährdeten Bereiche. Die Korrosionschemie, welche auf Ionentransporte in wässriger Lösung über vergleichsweise lange
Strecken angewiesen ist, kommt durch die tiefgreifende, hydrophobierende Abschottung fast vollständig zum Stillstand.
Als angenehmen Nebeneffekt der Konservierung erhält
man ein ansprechendes Äußeres – Regenablaufstreifen und
andere, die Plastik verunklärende Kontraste werden durch die
Farbvertiefung gemildert. Dies äußert sich auch in den Ergebnissen der Farbmessung (Abb. 6). Der neu entstandene Oberflächenglanz und die gesteigerte Glätte vermitteln dem Denkmal
das als metalltypisch empfundene Tiefenlicht.
Bei der Bewitterung im Freien kommt es zu einer Reihe von
Alterungserscheinungen, welche den oben geschilderten Prozeß
der innigen Verbindung zwischen Wachs und Denkmaloberfläche im Laufe der Zeit wieder umkehren und zu einer
Vergrauung oder Vergrünung führen können:
Lösevorgänge – vor allem durch direkte Beregnung – dünnen
die Wachsschicht aus. Dies geschieht vorrangig an der Wetterseite und an den nach oben weisenden Flächen. In Abhängigkeit von der Qualität der Konservierung und von der Stärke
der Bewitterung können sich erste kleinflächige Fehlstellen
nach etwa eineinhalb bis drei Jahren bilden, während das
Wachs in senkrechten und abgeschatteten Partien im allgemeinen
wesentlich länger hält.
Rißbildung – vor allem Frostbelastung – kann den Schichtverbund in der Wachsschicht zumindest vorübergehend
schwächen.
Nachkorrosion – wenn auch im Vergleich zum unkonservierten Zustand in deutlich geringerem Umfang – bildet neue,
grüne Korrosionsprodukte. Diese sind nicht mehr vom Wachs
benetzt und deshalb inmitten der dunkleren Umgebung störend
erkennbar. Nicht zuletzt können die Korrosionsprodukte über
längere Zeit hinweg stetig an Volumen zunehmen und die
Wachsschicht wegdrücken.
6 Farbmessungen zu unterschiedlichen Stadien der Restaurierung. Die Messungen zeigen (1) die durch die Skalpellfreilegung (Entfernung einer bräunlichen Schicht) bedingte Farbverschiebung von gelb nach grün (2) das Verschmelzen der noch verbliebenen Farbunterschiede nach der Wachskonservierung (die Meßpunkte rücken im Diagramm enger zusammen)
Veränderung der Schutzwirkung von mikrokristallinen Wachsen auf Kupferblech unter thermischer Wechselbelastung
Wie dieser Artikel hinsichtlich der elektrochemischen
Messungen zeigt, haben die Wachse die erstaunliche Fähigkeit,
schon bei Temperaturen weit unterhalb des Schmelzpunktes
(30°– 40°C) wieder auszuheilen, wodurch der Verbund zwischen Wachsschicht und Denkmaloberfläche und innerhalb
der Wachsschicht wiederhergestellt wird.
Anmerkungen
1 Vgl. Bartùli, Cecilia, Sergio Angelucci und Stefano Lanuti:
Polarization resistance measurements for the monitoring of the
corrosion rate of protected copper alloy sculptures. In: art ‘99, 6th
International Conference on Non-destructive Testing and
Microanalysis for the Diagnostics and Conservation of the
Cultural and Environmental Heritage. Rome 1999, S. 1345 –
1359; D’Ercoli, Giorgio, Paola Letardi, Maurizio Marabelli et al.:
The resistance of polarization for the testing of corrosion: practice and problems. In: art ‘99, S. 1729 –1738; Letardi, Paola,
Anna Beccaria, Maurizio Marabelli et al.: Non-destructive electrochemical impedance measurements: application to the corrosion characterization on bronze works of art. In: art ‘99, S. 313 –
319; Price, C., D. Hallam, G. Heath, et al.: An electrochemical
study of waxes for bronze sculptures. In: Metal 95. Proceedings
of the International Conference on Metals Conservation. Hrsg.
von Ian D. MacLeod, Stéphane, L. Pennec und Luc Robbiola.
London 1997, S. 233 – 241; Letardi, Paola, Anna Beccaria,
Maurizio Marabelli et al.: Application of electrochemical impedance measurements as a tool for the characterization of the conservation and protection state of bronze works of art. In: Metal
98. Hrsg. von Wiliam Mourey und Luc Robbiola. London 1998,
S. 303 – 308; Otieno-Alego, Vincent, Graham Heath, David
Hallam et al.: Electrochemical evaluation of the anti-corrosion
performance of waxy coatings for outdoor bronze conservation.
In: Metal 98, S. 309 – 314; Otieno-Alego, Vincent, David
Hallam, Andrew Viduka et al.: Electrochemical impedance studies of the corrosion resistance of wax coatings on artificially patinated bronze. In: Metal 98, S. 315 – 319.
2 Hitzig, J., J. Titz, K. Jüttner et al.: Frequency response analysis of
the Ag/Ag+ system: a partially active electrode approach. In:
Electrochimica Acta 29 (3), 1984, S. 287 – 96.
3 Ladungsaustausch, Ladungsdurchtritt, Adsorption und Elektrokristallisation.
4 Vgl. Jüttner, K., W. J. Lorenz, M. W. Kendig et al.: Electrochemical impedance spectroscopy on 3-D inhomogenous surfaces:
corrosion in neutral aerated solutions. In: Journal of the Electrochemical Society 135 (2), 1988, S. 332 – 339; Schmidt, E.,J. Hitzig,
J. Titz, et al.: Inhomogeneous electrodes – a polarization model
of the partially blocked reversible metal ion electrode. In: Electrochimica Acta 31 (8), 1986, S. 1041 – 1050.
85
5 Vgl. Tomkiewicz, Micha und Benedict Aurian-Blajeni: Impedance
of composite materials. In: Journal of the Electrochemical Society
135 (11), 1988, S. 2743 – 2747; Andonoglou, P. P., A.D. Jannakoudakis, P.D. Jannakoudakis et al.: Preparation and electrocatalytic
activity of rhodium modified pitch-based carbon fiber electrodes.
In: Electrochimica Acta 44, 1998, S. 1455 –1465; Frateur, I., C.
Deslouis, M. E. Orazem et al.: Modeling of the cast iron/drinking water system by electrochemical impedance spectroscopy. In:
Electrochimica Acta 44, 1999, S. 4345 – 4356; Bousselmi, L., C.
Fiaud, B. Tribollet et al.: Impedance spectroscopic study of a steel
electrode in condition of scaling and corrosion: Interphase model.
In: Electrochimica Acta 44, 1999, S. 4357– 4363.
6 Der Polarisationswiderstand wurde mittels der sogenannten TafelMethode bestimmt. Der gemessene Korrosionsstrom wird entsprechend dem Butler-Vollmer-Modell eingeführt.
7 Vgl. Mathias, Cathy: Assessment of corrosion measurements for
soil samples excavated at a seventeenth-century colonial plantation
site. In: Archaeological conservation and its consequences.
Preprints of the Contributions to the Copenhagen Congress
1996. Hrsg. von Ashok Roy und Perry Smith. London, S. 121–
126; Kharkats, Yurij I., Artjom V. Sokirko und Fritz H. Bark:
Properties of polarization curves for electrochemical cells described by Butler-Volmer kinetics and arbitrary values of the transfer coefficient. In: Electrochimica Acta 40 (2), 1995, S. 247– 252.
8 DIN 50 984: Messung von Schichtdicken. Wirbelstromverfahren
zur Messung der Dicke von elektrisch nichtleitenden Schichten
auf nicht-ferromagnetischem Grundmetall. Gemessen wurde mit
einem Isoscope MP 3 B/T 3.3 B der Firma Fischer GmbH & Co.
9 Bei den hier eingesetzten Wachsen handelt es sich ausschließlich
um mikrokristalline Wachse. Sämtliche Wachse wurden von der
Firma Tromm bezogen.
10 Gemessen wurde im CIE-Lab-System von 1976 mit einem CM508d Spektralphotometer der Firma Minolta.
11 Technische Ausführung durch die Firma Driesen + Kern GmbH.
12 siehe in diesem Heft: Doktor, Anke: Analytik-Guide. Methoden
zur Charakterisierung von Korrosionsphänomenen auf freibewitterten Bronzen. S. 45–54, hier S. 53.
13 Alle REM-Untersuchungen wurden von Christian Gruber (BLfD)
ausgeführt.
14 250 mV bezüglich dem Korrosionspotential (entspricht dem
Potential bei offenem Stromkreis).
15 Roidl, Egidius: Restaurierung- und Konservierungsmethoden bei
Bronzen im Freien. In: Maltechnik. Restauro. 4 (1987), S. 9 – 27.
Abbildungsnachweis:
Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege: Abb. 1 – 6
86
ORMOCER®e – Eine neue Verbindungsklasse zur
Konservierung von Bronzeoberflächen an Denkmälern
Peter Mottner, Monika Pilz
Allgemeines
Herstellung
Die Verbindungsklasse der Ormocere (eine Marke der Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung
e.V., München) wurde am Fraunhofer-Institut für Silicatforschung (ISC) in Würzburg für eine Vielzahl von Anwendungen
– überwiegend im industriellen Sektor – entwickelt. Es handelt
sich hierbei um anorganisch-organische Hybridpolymere, die
ein anorganisches Grundgerüst und zusätzlich Eigenschaften
organischer Polymere und Silicone besitzen (Ormocer = ORganically MOdified CERamics). Abb. 1 vermittelt einen Überblick
über die Produktvarietäten und Anwendungsmöglichkeiten
der Ormocere, die über einen Einsatz als Korrosionsschutzbeschichtung, wie er im folgenden näher erläutert wird, weit
hinausreichen. In Abb. 2 ist die Korrelation der unterschiedlichen Ormocer-Komponenten zu den daraus resultierenden
Materialeigenschaften wiedergegeben.
Die Synthese der Ormocere erfolgt über den Sol-Gel-Prozess
in Lösung.1 Hierbei werden organisch modifizierte Kieselsäureester gezielt hydrolvsiert. Anschließende Kondensationsreaktionen resultieren in der Ausbildung eines anorganisch-oxidischen Grundgerüstes. Reaktive funktionelle organische Gruppen
der Ausgangsverbindungen bauen über induzierte Polymerisationsreaktionen ein zusätzliches dreidimensionales Netzwerk auf.
In Abb. 3 sind die chemischen Reaktionen während der
Ormocer-Herstellung dargestellt.
Herstellung ORMOCER®e:
Sol-Gel-Reaktionen organisch
modifizierter Si-Alkoxide: RX Si(OR)y
1. Schritt: Aufbau des anorganischen Netzwerkes
Hydrolyse (+H2O) → ≡ Si-OH
Polykondensation → ≡ Si-O-Si ≡
(Cokondensation mit anderen Metallalkoxiden möglich)
2. Schritt: Aufbau des organischen Netzwerkes
≡ Si –X+X–Si≡ → ≡ Si ∼ Si≡
Vernetzungsreaktion von Si-gebundenen Monomeren X: Acryl, Vinyl,
Epoxy, etc. Härtung: thermisch, UV/IR/Licht, redox-initiiert
3 Herstellung der Ormocere
1 Produktvarietäten und Anwendungsmöglichkeiten der Ormocere
ORMOCER®e: ORganically MOdified CERamics
Marke der
Fraunhofer-Gesellschaft
zur Förderung der angewandten Forschung e.V.,
München
Elastomer
Grenzflächeneigenschaften
Hybridpolymere:
anorganische-organische Polymere
Heteropolysiloxane:
Kombination von Materialeigenschaften auf molekularer Ebene
Bezug von ORMOCER®en
zu anderen Materialklassen
Silicone
Zähigkeit
Funktionalisierung
Verarbeitung
org.
Polymere
Durch den zusätzlichen Einbau von Organosilanen können
weitere funktionelle Molekülgruppen zur Variation der physikalischen und chemischen Eigenschaften (wie zum Beispiel der
Adhäsion zum Untergrund, der Ionenleitfähigkeit oder der
Permeabilität gegenüber Wasser und Wasserdampf ) in die Verbindung eingebaut werden. Die Eigenschaften der Ormocere
sind dadurch in weiten Grenzen je nach Einsatzgebiet und Anforderung variier- und steuerbar (Abb. 4). Prinzipiell zeichnen
sie sich durch gute Haftungseigenschaften auf metallischen und
oxidischen Oberflächen aus.
Ormocer-Anwendungen im Kulturgüterschutz
ORMOCERe
Keramik,
Glas
Härte
chemische und
thermische Stabilität
2 Ormocer-Komponenten und deren Materialeigenschaften
Im Bereich des Kulturgüterschutzes wurden am ISC im Rahmen von national und EU-geförderten Forschungsprojekten
Ormocere zur Konservierung unterschiedlicher Substratoberflächen mit Erfolg entwickelt und adaptiert. Grundlegende
Arbeiten hierzu, die aber auch die praktische Erprobung einschlossen, wurden – in Zusammenarbeit mit diversen Partnern
– an Bronze2 (zur genaueren Beschreibung des Projektes siehe
ORMOCER®e – Eine neue Verbindungsklasse zur Konservierung von Bronzeoberflächen an Denkmälern
O
R
87
O
Al, Ti, Zr, …
■ Einfluß durch Strukturelemente auf verschiedene Eigenschaften:
O
O
Si
■ ■ ■ ■ Härte, Elastizität, Dichte, Porosität
O
■ ■ ■ thermische Ausdehnung
Si
■ Polarität: hydrophil/-phob
O
O
■ Strukturierbarkeit
■ ■ Brechzahl, Dispersion
Si
■ Sensitivität (Gase, Ionen)
O
■ ■ ■ Barrierewirkung
■ Grundlegende Materialeigenschaften:
❏ optisch transparent
❏ duroplasisch verarbeitbar
❏ nichtkristallin
O
Si
ORMOCER-Strukturelemente
■ anorganisches Netzwerk
■ Heterometalloxidnetzwerk
■ funktionelle organische Gruppen
■ organische Quervernetzung
4 Steuerung der Ormocer-Eigenschaften durch die gezielte Variation von Strukturelementen
nachfolgendes Kapitel), Eisen/Stahl3 und Glas4 durchgeführt.
Weitere, stark anwendungsorientierte Förderprojekte ermöglichten Ormocer-Konservierungen an weiteren Oberflächen wie
Email5 oder Glasuren.6
Allen Ormocer-Entwicklungen und Untersuchungen gemeinsam ist die systematische Herangehensweise. Eine große
Zahl unterschiedlich funktionalisierter oder in ihren reaktiven
und adhäsiven Eigenschaften bereits auf das Substrat abgestimmter Ormocer-Grundlacke werden auf realitätsnahen
Modellsubstraten aufgebracht. Eigenschaften wie zum Beispiel
Langzeitbeständigkeit, Korrosionsschutzpotential, Haftfestigkeit, Reversibilität, visuelles Erscheinungsbild (Transparenz)
und UV-Stabilität werden verglichen und selektiert. Als Belastungtests und Untersuchungsmethoden kommen Verfahren wie
die zeitraffende Bewitterung im Klimaschrank, Freibewitterungen oder mechanische Haftzugprüfungen sowie die Beurteilung
des Korrosionsfortschrittes durch die Präparation von Querschliffen, Bestimmungen des Rostgrades oder das Aufbringen
von Gitterschnitten zur Anwendung. Daneben spielen vergleichende Untersuchungen mit etablierten Beschichtungssystemen samt Oberflächenvorbehandlungen bei der Bewertung
Ausgangsstoffe
Ormocer-Glas
Ormocer-Bronze
Ormocer-Eisen/Stahl
Ph2 SiCl2
Ph2 Si(OH)2
Ph2 Si(OH)2
MeViSiCl2
Organische Vernetzung
der erfolgreich getesteten Ormocere eine entscheidende Rolle.
Bei den oben genannten Anwendungen auf verschiedenen
Modellsubstraten und Originaloberflächen haben sich die Ormocere als wirkungsvolle Beschichtungsalternative mit hohem
Schutzpotential für korrodierte und unkorrodierte Oberflächen
erwiesen.
Schematisch können die Ormocere zur Konservierung von
Metall und Glas gemäß Abb. 5 charakterisiert und unterschieden
werden.
Wie hieraus ersichtlich, unterscheiden sich die für verschiedene Substratoberflächen verwendeten und mittels Sol-Gel-Synthese zur Reaktion gebrachten Edukte erheblich voneinander.
Gemeinsames Kennzeichen ist der Aufbau eines anorganischen
Grundgerüstes sowie die Vernetzung über polymerisierbare
organische Gruppen. Diese speziellen funktionellen Gruppen
der organischen Komponenten und der Silane bestimmen die
jeweiligen positiven Konservierungseigenschaften. Bei den für
Glas- und Eisen/Stahloberflächen entwickelten Ormocer-Systemen wird durch die zusätzliche Beimischung von Glasflakes in
die Beschichtung (Durchmesser der Plättchen im µm-Bereich)
eine weitere Verbesserung der Korrosionsschutzwirkung erreicht.
Si(OMe)3 (Glymo)
Tetraethoxysilan
z.T. Si(OEt)3
Kondensat:
thermische Behandlung
bei 150°C
→ Harz
Kondensat:
Zugabe von Härter
vor der Beschichtung
Zumischung von Glasflakes
Lagerfähigkeit
als Harz: mehrere Jahre
5 Geeignete Ormocere zur Konservierung von Glas und Metall
Si (OMe)3 (Glymo)
Kondensat:
Zugabe von Härter
vor der Beschichtung
Zumischung von Glasflakes
ohne Härter: mehrere Monate
ohne Härter: mehrere Monate
mit Härter: einige Tage
mit Härter: einige Tage
88
Peter Mottner, Monika Pilz
Die Flakes dienen hierbei als Diffusionsbarriere für Wasserdampf.
Da im Bereich des Kulturgüterschutzes die Ormocer-Beschichtungen nur bei Raumtemperatur polymerisiert werden
können, ist der Vernetzungsgrad im Vergleich zu industriell applizierten Systemen limitiert. Diese relativ niedrige Vernetzung
wird auch durch die teilweise Verwendung von Dialkoxysilanen erreicht und resultiert in einer Erhöhung der Reversibilität.
Durch die Zumischung von Fremdpolymeren (zum Beispiel
teilpolymerisierten Acrylaten) kann die mechanische Festigkeit
der Beschichtung verbessert werden. Ebenso gelingt eine Erhöhung der Abriebfestigkeit der Ormocer-Beschichtung durch
den Auftrag einer Deckschicht aus alternativen Bindemitteln.
Die Reversibilität der Beschichtungen ist in der Regel –
auch nach einer künstlichen Alterung der Beschichtung im
Klimaschrank unter UV-Strahlung – gegeben. Die Ablösung der
Ormocere gelingt mit Lösemitteln wie Toluol, Essigester oder
Butoxyethanol. Je höher der Anteil an acrylatischen Fremdpolymerisaten, desto einfacher läßt sich die Beschichtung lösen. In
speziellen Fällen (Epoxidzugabe) muß auf halogenierte Kohlenwasserstoffe oder mechanische Methoden (Skalpell, Airbrasive)
zurückgegriffen werden. Die Reversibilität einer zur Festigung
lockerer Schichten wie beispielsweise Bronzepatina eingesetzten
Ormocer-Beschichtung ist naturgemäß begrenzt. Hierin unterscheiden sich die Ormocere jedoch nicht von herkömmlichen
Festigungsmitteln.
Die Ergebnisse der Adaption der Ormocer-Produktfamilie
für die Konservierung von Oberflächen an Bronzedenkmälern
werden nachfolgend präsentiert.
Ormocer-Beschichtungen auf Bronze
Im Rahmen des EU-ENVIRONMENT Forschungsprogramms
»New Conservation Methods for Outdoor Bronze Sculptures«
wurden Ormocer-Varianten (ca. 400 verschiedene Beschichtungssysteme) auf Bronze getestet. Die Ergebnisse wurden
mehrfach publiziert.7 Als Ormocer-Grundlacke kamen hierbei
Reaktionsmischungen aus den Edukten »Glymo« beziehungsweise »Memo« (Tab. 1) als anorganisch und organische Netzwerkbildner einerseits, Silanole und Zirkonate als rein anorganische Netzwerkbildner und Netzwerkwandler andererseits
zum Einsatz. Tab. 1 gibt die getesteten Edukte wieder.
6 Mendebrunnen Leipzig, Hippokamp (HI 1 0), Zustand vor der Restaurierung (August 1997)
ORMOCER®e – Eine neue Verbindungsklasse zur Konservierung von Bronzeoberflächen an Denkmälern
89
Ormocer-Applikation am Mendebrunnen
Netzwerkbildner
(anorganisch und
organisch)
ggf. Netzwerkbildner
(anorganisch)
Netzwerkwandler
Glymo (epoxifunktionalisiertes Silan):
γ-Glycidoxypropyltrimethoxysilan
Tetraethoxysilan
Diphenylsilandiol
Memo (acrylatfunktionalisiertes Silan):
γ-Methacryloxypropyltrimethoxysilan
Dimethyldiethoxysilan
Vinyltrimethoxysilan
Zirkoniumtetraisopropylat
Tab. 1 Untersuchte Eduktvarianten für die Anwendung der
Ormocere an Bronzeoberflächen
Als Beschichtungsysteme wurden Kombinationen der Ormocere
mit diversen kommerziell erhältlichen Kunstharzen (Acrylate,
Epoxide) erfolgreich getestet und verwendet. Die Spannbreite
der Applikation reichte von ein- und zweilagigen Systemen über
die Zugabe von speziellen Polymerisations-Härtern bis hin zur
Anwendung unterschiedlicher Trocknungsmodi.
Folgende Beschichtungssysteme konnten als erfolgversprechendste Varianten für Bronzeoberflächen ermittelt werden:
Im Rahmen des DBU-Förderprojektes »Konservierung von
Bronze- und Galvanoplastik« ergab sich im August 1998 die
Möglichkeit, die neu entwickelten Ormocere für Bronzeoberflächen (Tab. 2) auf Probeflächen eines Untersuchungsobjektes aufzubringen. Hierzu bot sich die Figur eines Hippokampen des Leipziger Mendebrunnens (Guß 1886) an, dessen
anstehende Restaurierung vom zuständigen Projektteam umfassend betreut und begleitet wurde.8 Abb. 6 zeigt die Figur vor
der Restaurierung.
Vor Aufbringung der konservierenden Beschichtung wurde
die patinierte Oberfläche der Figur gereinigt. Zur Entfernung
artfremder Schmutzschichten und zur Entsalzung erfolgte eine
Vorreinigung durch Wasserdampfstrahl. Daran schloß sich die
Freilegung der Patina durch den manuellen Abtrag der durch
Korrosion entstandenen Krustenbeläge mittels Skalpell und
verschiedenen anderen Werkzeugen an. Die Oberfläche der
Bronze war im Endzustand charakterisiert durch dünne, mikroporöse Patinabeläge (schwarze und grüne Farbe).
Metallisch glänzende Oberfläche ohne Korrosion
Zweilagiges Beschichtungssystem:
1. Grundbeschichtung: Glymo + Diphenylsilandiol mit
20% Paraloid B72 (1:6 in Butoxyethanol)
2. Deckbeschichtung: Paraloid B72
Patinierte Oberfläche, matter Bronzeton
Zweilagiges Beschichtungssystem:
1. Glymo + Diphenylsilandiol + Tetraethoxysilan mit
10% Araldit GY260 (1:6 in Butoxyethanol)
2. Deckbeschichtung: Paraloid B72
Oberfläche mit poröser und/oder grüner Patina:
Glymo + Diphenylsilandiol mit 20% Paraloid B72
(1:6 in Butoxyethanol)
Tab. 2 Geeignete Ormocere für Bronzeoberflächen (Trocknung
jeweils bei Raumtemperatur)
Probefläche
1
2
3
Zustand der Oberfläche
vor Beschichtung
schwarze Patina
Linke äußerste
Mähnenlocke
(unteres Ende)
Linker Flügel, Rückseite grüne Patina
(4. Feder von unten,
3. Reihe von außen)
Schweifansatz
grüne Patina
Tab. 3
7 Mendebrunnen Leipzig, Hippokamp (HI 1 0), OrmocerApplikation auf Probefläche 2 (linker Flügel, grün patinierte
Oberfläche; siehe Tab. 3). Umgebende Partien bereits wachsbeschichtet (August 1998). Erscheinungsbild Ormocer und Wachs
vergleichbar.
OrmocerApplikation
3-lagig
3-lagig
4-lagig, (2. Lage: Zumischung einer grünen
Pigmentretouche)
Erscheinungsbild nach
Applikation (August 98)
seidenmatt glänzende
Oberfläche
(entsprechend Wachs)
mattgrünes
Erscheinungsbild
seidenmatt glänzende
Oberfläche
(entsprechend Wachs)
Pilotflächen der Ormocer-Anwendung an der Figur des Hippokampen des Mendebrunnens, Leipzig
Erscheinungsbild nach
Inspektion (März 99)
Keine Änderung
Aufhellung,
Hervortreten der
hellgrünen Patina
Aufhellung
90
Peter Mottner, Monika Pilz
Die Konservierung erfolgte überwiegend durch Heißwachs
(mikrokristallines Wachs), an ausgesuchten kleinen Pilotflächen
kamen Kunstharz (2K-Acrylat) und Ormocere zur Anwendung.
Die folgende Beschreibung beschränkt sich auf die vom ISC
applizierte Ormocer-Beschichtung.
Angewendet wurde das Ormocer-Beschichtungssystem für
grün patinierte, poröse Oberflächen. Die Beschichtung mit der
stark penetrierenden und festigenden Ormocer-Variante erfolgte in mehreren Lagen. Als Polymerisationshärter wurden
15 Mol-% Diamo (N-2-aminoethyl-3-aminopropyl-triethoxysilan), Verdünnung 1:4 in Butoxyethanol, zugegeben.
In Tab. 3 sind die im August 1998 mit Ormocer beschichteten Partien angegeben. Zusätzlich sind der jeweilige Beschichtungsmodus sowie das Erscheinungsbild der Oberflächen
direkt nach der Applikation sowie nach der ersten visuellen
Inspektion im März 1999 beschrieben.
Abb. 7 zeigt die Probefläche 2 (grüne Patina) während der
Ormocer-Applikation, Abb. 8 die komplette Figur mit frischer
Wachsbeschichtung. In Abb. 9 ist die beschichtete Probefläche 1
im Kalenderjahr nach der Ormocer-Applikation wiedergegeben.
Während der Konservierungseffekt an allen Pilotflächen als
optimal bezeichnet werden kann, ist im Kalenderjahr nach der
Applikation (März 1999) an den grün patinierten Partien eine
Aufhellung der Oberfläche gegenüber den dunkleren, durch
den Wachsauftrag mattierten Partien zu verzeichnen. Hervorgerufen wird sie durch eine so weitgehende Penetration des
Ormocers in die zu festigende poröse Patina, daß die Oberfläche
wenige Stunden bis Tage nach dem Auftrag der Beschichtung
wieder freiliegt. Neuere Applikationen an vergleichbaren Denkmaloberflächen haben gezeigt, daß dieser Effekt durch den
Auftrag weiterer Beschichtungslagen nach dem vollständigen
Eindringen des Ormocers in die Patina vermieden werden
kann. Die Schutzeigenschaften der Konservierung werden
durch die partielle Aufhellung nicht beeinträchtigt. Eine Farbretusche (siehe Probefläche 3) sollte – falls gewünscht und nötig
– diesen Effekt bereits bei der Anmischung der Pigmentierung
berücksichtigen.
Abschließende Resultate zum Langzeitverhalten der Beschichtungen am Mendebrunnen liegen zum momentanen
Zeitpunkt noch nicht vor. Ihre Publikation wird an geeigneter
Stelle erfolgen.
8 Mendebrunnen Leipzig, Hippokamp (HI 1 0) mit Triton (TR 1 0), Zustand nach der Restaurierung mit frischer Wachsbeschichtung
(August 1998).
ORMOCER®e – Eine neue Verbindungsklasse zur Konservierung von Bronzeoberflächen an Denkmälern
91
silan), Diphenylsilandiol, Paraloid B72 und »Diamo« (N-2aminoethyl-3-aminopropyl-triethoxysilan) als Polymerisationshärter zusammensetzt. In den letzten Jahren sind weitere
Beschichtungen an freibewitterten Probekörpern und auch
Skulpturen ausgeführt worden. Die Ergebnisse, die aufgrund
der Langzeitbeständigkeit der Ormocer-Systeme erst in den
nächsten Jahren zu erwarten sind, werden die Entwicklung der
Ormocere zur Serienreife unterstützen.
9 Mendebrunnen Leipzig, Hippokamp (HI 1 0), Zustand
Probefläche 1 (Mähnenlocke, siehe Tab. 3), im März 1999. Keine
Änderung des Erscheinungsbildes im Vergleich zur OrmocerApplikation im August 1998.
Zusammenfassung und Ausblick
Die Verbindungsklasse der Ormocere wurde für die Anwendung als Konservierungsbeschichtung für Bronzeoberflächen
systematisch getestet und erfolgreich adaptiert. Die für verschiedene patinierte und unpatinierte Oberflächen am besten
geeigneten Ormocer-Beschichtungssysteme sind zusammenfassend beschrieben. Bei der Pilotapplikation am Mendebrunnen wurde eine Ormocer-Spezies verwendet, welche sich
für grün patinierte und/oder poröse Oberflächen anbietet und
sich aus den Edukten »Glymo« (γ-Glycidoxypropyltrimethoxy-
Anmerkungen
1 Haas, Karl-Heinz: Abteilung Ormocere. In: Jahresbericht 1996.
Fraunhofer-Institut für Silicatforschung Würzburg. 1997 S. 21– 27.
2 EU ENVIRONMENT-Projekt EV5V-CT92-0107 »New Conservation Methods for Outdoor Bronze Sculptures«, 1993 –1995.
3 DBU-Förderprojekt »Korrosionsschutz für Industriedenkmäler
aus Eisen und Stahl«, 1996 –1999.
4 z.B. UBA-Forschungsprojekt 10807005/03 »Konservierung historischer Glasmalereien – Internationale Untersuchungen neuer
Methoden«, 1988 –1992, und DBU-Förderprojekt »Erarbeitung
von modellhaften Aufbewahrungsbedingungen und Restaurierungsmethoden für stark umweltgefährdete archäologische Gläser
national bedeutender Sammlungen«, 2000 – 2003.
5 DBU-Förderprojekt »Modellhaftes Konservierungskonzept für umweltgeschädigte Email-Pretiosen im Grünen Gewölbe/Dresden«.
1997–1999.
6 DBU-Förderprojekt »Entwicklung von modellhaften Restaurierungsmethoden für umweltgeschädigte glasierte Ziegel und
Terrakotten an national bedeutenden Kulturdenkmalen Norddeutschlands«, 2000 – 2003. Erste Ergebnisse zu Ormoceren
liegen im Rahmen einer am Projektthema orientierten Diplomarbeit vor: Radujkovic, Sonja: Erhaltung farbiger Glasuren auf
Terrakotta, FH Potsdam, ISC Bronnbach, 2000.
7 Römich, Hannelore (Hrsg.): New conservation methods for outdoor bronze sculptures. Research report Nr. 3. Final Report to EC
Environment Project EV5V-CT92-0107, 1993 – 1995. 1996;
Pilz, Monika und Hannelore Römich: A new conservation treatment for outdoor bronze sculptures based on Ormocer. In:
Metal 95. Hrsg. von Ian D. McLeod, Stefan. L. Pennec und
Luc Robbiola. London 1997, S. 245 – 250; Römich, Hannelore
und Monika Pilz: Materialentwicklung für die Bronzekonservierung. In: Martin Mach (Hrsg.): Metallrestaurierung. Arbeitsheft 94 des Bayer. Landesamtes für Denkmalpflege. München
1998. S. 85 – 89; Pilz, Monika und Doris Vogel: Report on the
Internal ISC-Project »Evaluation of current Ormocer pilot applications on outdoor bronze surfaces«. Interim-Report FraunhoferInstitut für Silicatforschung Würzburg, Außenstelle Bronnbach,
1999.
8 siehe in diesem Heft: Meißner, Birgit, Georg J. Haber und Martin
Mach: Der Leipziger Mendebrunnen – Historie und Restaurierung, S. 92 –108.
Abbildungsnachweis
ISC Würzburg, Abteilung Ormocere: Abb. 1– 4
ISC Würzburg, Außenstelle Bronnbach: Abb. 5
Landesamt für Denkmalpflege Sachsen: Abb. 6 – 9
92
Der Leipziger Mendebrunnen – Historie und Restaurierung
Birgit Meißner, Georg J. Haber, Martin Mach
Seit Beginn des Jahres 2000 ist auf dem Augustusplatz in
Leipzig der monumentale Mendebrunnen wieder komplett aufgestellt. Vier Jahre zuvor wurde die gesamte Anlage einschließlich Brunnenbecken und -technik, bekrönendem Obelisken sowie
aller 38 Bronzeteile abgebaut – unter dem Platz sollte eine Tiefgarage entstehen.
Nach dem Abbau und der Einlagerung der Bronzen konnten
diese eingehend begutachtet werden. Eine der Figurengruppen
wurde für eine modellhafte Restaurierung einschließlich aller
notwendigen Voruntersuchungen und Objektrecherchen ausgewählt. Entscheidend war dabei, daß das zu untersuchende und
bearbeitende Objekt ein möglichst signifikantes Erscheinungsbild hinsichtlich der Fülle der unterschiedlichen Schäden bot,
um im Verlauf der Untersuchungen und anschließenden
Bearbeitung möglichst umfassende Rückschlüsse auf den
Zustand der anderen Figuren zu erhalten und exemplarisch
Lösungsansätze für deren Restaurierung zu erarbeiten. Zudem
sollte die modellhafte Bearbeitung der Bronzen veranschaulichen,
welche restauratorischen Möglichkeiten bei der Bearbeitung
solcher Großobjekte nach aktuellem Forschungsstand bestehen. Damit konnte aber auch für den Denkmaleigentümer ein
Weg aufgezeigt werden, die Restaurierung der restlichen
Brunnenplastiken auf der Grundlage einer exakten Kenntnis
des Restaurierungsergebnisses und der dabei anfallenden Kostensituation zu planen.1
Die Brunnenanlage wird von zwei nahezu identischen
Tritonen-Hippokampen-Gruppen dominiert, die nur wenig
erhöht im inneren Brunnenbecken aufgestellt sind. Bei Inbetriebnahme der Wasserzufuhr werden einige Bereiche dieser
überlebensgroßen Plastiken ununterbrochen bewässert, andere
sind lediglich einer hohen Luftfeuchtigkeit beziehungsweise
dem Regen ausgesetzt. Wie bei den meisten freibewitterten
Bronzen, so gibt es auch hier Zonen – besonders im Bereich von
Unterschneidungen, etwa bei den Flügelunterseiten der Hippokampen – die vor natürlicher Beregnung und Brunnenwasser
geschützt sind und keinerlei Abspülung oder Reinigung erfahren.
1 Wasserspiele des Brunnens, dahinter das 1963 abgerissene Museum der Bildenden Künste, Ansicht von Norden (1933)
Der Leipziger Mendebrunnen – Historie und Restaurierung
93
Die durch die beschriebenen Bewitterungssituationen entstandenen hellgrünen bis schwarzen Patinaausprägungen und
Krustenbildungen, aber auch die bewegte Geschichte der
Objekte haben das äußere Erscheinungsbild der Figuren des
Mendebrunnens wesentlich geprägt. Auf dieser Grundlage
wurde die östliche Triton-Hippokamp-Gruppe für die exemplarische Bearbeitung im Rahmen des Bronzeprojektes ausgewählt (Abb. 2, 3).
Beschreibung
Die Gesamtdimensionen des Brunnens erscheinen in ihren
Maßangaben gewaltig, relativieren sich aber im Hinblick auf
die Platzanlage. Die Gesamthöhe einschließlich Obelisken
beträgt 18m, die Längsachse erstreckt sich über 17m. Triton
und Hippokamp – die beiden Figuren der Hauptgruppen –
sind jeweils 2,7m und 3m hoch.
Vorbilder für die architektonische Anlage wie auch für die
Figurengruppen selbst sind in Italien – hauptsächlich in Rom
– zu finden. Dort tummeln sich in einer Anzahl von Brunnenanlagen Meeresgötter und Getier in ovalen, abgestuften Doppelbecken. Die drei berühmten römischen Brunnen der Piazza
Navona lassen sich weithin unter diese Thematik einordnen.
Der mittlere und der südliche Brunnen, beide Mitte des 17. Jahrhunderts errichtet, sind direkte Entwürfe und Planungen beziehungsweise Anregungen Lorenzo Berninis. Im Zentrum des
mittleren Brunnens – nach seinen Flußgottheiten Vierströmebrunnen genannt – steht ein hoher Obelisk, um den sich Figuren
des Wassers versammelt haben. Obelisken waren ursprünglich
im alten Ägypten als Symbol der Gottheiten im Tempelbezirk
aufgestellt, bevor sie später häufig nach Europa transportiert
und dort als Macht- und Ruhmessymbol präsentiert wurden.
Die Wiedereinführung dieses symbolischen Architekturmotivs
in Europa fiel in die Zeit der Spätrenaissance. Die Einbeziehung
eines Obelisken in den Mittelpunkt einer Brunnenanlage, von
dem die Figuren strahlenförmig ausgehen, unterstützt sowohl
die Zentralität des Aufbaus als auch die deutliche Markierung
des Platzes. Die Funktion des Brunnens spielt auf diese Art mit
der Idee des Platzmonumentes.
Anhand der beiden äußeren Brunnen der römischen Piazza
Navona lassen sich Vorbildbezüge zum Mendebrunnen erkennen. Im ähnlich konturierten Brunnenbecken des südlichen
Mohrenbrunnens (1649) blasen vier große Tritonen in ihre
Muscheln – hier zeigen sich bereits die später mit der Brunnenthematik oft und gern verbundenen Wasserfiguren und –gottheiten in makelloser Schönheit und Aktivität. Im nördlichen,
erst später (1878) errichteten Brunnen tummeln sich Tritonen
und Nereiden. In der berühmten Fontana di Trevi (1732 –1736)
kämpfen Tritonen mit sich aufbäumenden Hippokampen in
einer künstlichen Felslandschaft (Abb. 4). Wie später auch
beim Mendebrunnen halten Tritonen mit der einen Hand das
Pferd, mit der anderen eine »Trompetermuschel«. Andere
Brunnen nehmen diese Thematik bereitwillig auf.2
Auch der Nürnberger Neptunbrunnen (Originalmodell:
1668) zeigt ein dem Mendebrunnen ähnliches Konzept: in
einem früher ovalen Becken gruppieren sich um einen als
Sockel für die Hauptfigur fungierenden, kartuschenverzierten
Brunnenstock Figuren des Meeres – Tritonen, Hippokampen,
2, 3 Östliche Triton-Hippokamp-Gruppe TR1O-HI1O während
der Demontage des Brunnens (1996)
94
Birgit Meißner, Georg J. Haber, Martin Mach
4 Fontana di Trevi (1732 –1762), Rom, kraftvolle Interaktionen zwischen Tritonen und Hippokampen im flutenden Wasserspiel
allerlei Meeresgetier strahlen lebenssprühende, kraftvolle Energien aus.
Zurück zum Mendebrunnen: Dessen architektonische
Anlage breitet sich ellipsenförmig auf der Südseite des Platzes
aus. Ein äußeres und ein inneres geschwungenes Wasserbecken
umschließen den zentralen, dreifach gestuften Brunnenstock
als Grundgerüst, welcher von figürlichem Schmuck eingefaßt
wird. Er dient gleichzeitig auch als Sockel des Obelisken und
erhebt diesen somit zum Denkmal. Unterhalb der Girlanden
befinden sich an der Nord- und Südseite zwei große Kartuschen
mit Inschriften. 32 (ursprünglich 36) Wasserfontänen strömen
in unterschiedlichen Höhenniveaus aus vielen Quellen und
unterstreichen die Lebenslust neobarocker Wasserkunst.
Groteskenmasken leiten in breitem Strahl das Wasser in große
Muschelbecken, von dort läuft es in das innere Becken. Vier
Delphinpaare speien das Wasser aus diesem Becken hinaus in
das äußere Becken des Meeres.
Die Bedeutung der Figuren als für den Menschen nutzbringende Allegorien des Wassers läßt sich am besten anhand
der Wasserläufe des Brunnens beschreiben, die sich in ihrer
Abfolge an den natürlichen Verlauf der lebensspendenden
Naturkraft anlehnen. Unter dem bekrönenden Stern des
Obelisken – dem Himmel nah – stehen an dessen Basis vier
geflügelte Putti auf Fröschen und Krebsen und verteilen mit
langen Stabmuscheln das Wasser der regenspendenden Wolken
in alle Himmelsrichtungen. Über kleine Baldachine läuft es auf
die Körper von vier fischschwänzigen Nereiden3, die sich auf
den Konsolen des mittleren figürlichen Niveaus befinden. Ihr
Blick folgt den weit ausgebreiteten Armen, die Hände halten
Attribute wie Seestern, Krebs, Korallenzweig und Muschel –
Geschöpfe, denen das Wasser zum Leben verhilft, die aber gleichzeitig dem Menschen Nutzen bringen. Das Bindeglied zwischen den Elementen Himmel, Land und Meer stellen die beiden aus Triton und Hippokamp gebildeten Paare dar (Abb. 5).4
Die scheinbar unbezähmbaren, geflügelten Wasserpferde bäumen sich kraftvoll auf, die sehnig gespannten Vorderbeine greifen in den Raum. Anspannung und Energie finden im hochgerissenen Kopf mit geöffnetem Maul, den ausgebreiteten
mächtigen Flügeln und den als stützende Basis all dieser
Energie funktionierenden Hinterbeinen, die in langen Fischschwänzen enden, seinen Fortlauf – einzig gebändigt durch
den Zug des Tritonen am Halfter. Mit deren rechter Hand
wird die wilde Kraft des Meeres gezügelt und eingefangen, die
dann durch die mit der Linken gehaltene große Stabmuschel
wieder ausgeblasen wird. Pure Energie, gepaart mit einem
Schuß Unberechenbarkeit zeigen das Charakteristikum des
Meeres, das der Mensch zu zähmen sucht.
»... Gewaltige Kraft in der Bewegung auf der einen, feine
Empfindung für das Nackte und formvollendete Linienführung
auf der anderen Seite, reiche Erfindung und liebenswürdigste
Durcharbeitung auch des Nebensächlichsten zeichnen diese wie
alle sonstigen Schöpfungen seiner [Jakob Ungerer, d. Verf.] Künstlerhand aus. ... Ein Brunnen soll eben keinen belehrenden oder
ernsthaften, sondern einen fröhlichen Charakter tragen; das Wasser,
Der Leipziger Mendebrunnen – Historie und Restaurierung
seine richtige Vertheilung und die sinnvolle Kennzeichnung seiner
Ausgüsse und Strahlen muß den leitenden Gedanken für den
Entwurf abgeben. ...«.5
Historie
Der Mendebrunnen ist nach seiner Stifterin Pauline Mende
benannt. Diese hatte der Stadt Leipzig nach ihrem Tode im
Jahre 1881 die Summe von 50 000 Talern mit der Auflage hinterlassen, einen monumentalen Zierbrunnen zu errichten, der
auf einem freien Platz in der Nähe der inneren Promenaden
aufgestellt werden soll. Ein Jahr später schrieb die Stadtverwaltung einen öffentlichen Wettbewerb aus, der das beachtliche
Ergebnis von 38 Entwürfen brachte. Der erste Preis ging an die
Berliner Heinz Hoffmeiser und Heinrich Stöckhardt, deren
Modell »Handel und Wissenschaft« man aber als für die
Ausführung nicht geeignet empfand. Man benannte darum in
einer zweiten Konkurrenz die Teilnehmer persönlich, kam aber
auch hier zu keinem befriedigendem Ergebnis und empfahl
darum den Entwurf von Hoffmeiser und Stöckhardt – allerdings mit wesentlichen Abänderungen – zur Ausführung. Die
Jury, der neben dem Bürgermeister der Stadt auch der Bildhauer und Direktor der Dresdner Kunstakademie Ernst
Hähnel angehörte, bemängelte vor allem die im Vergleich zur
Platzsituation zu geringen Dimensionen der Vorschläge. Sie
kam zu dem Schluß, »... daß von einer Lösung lediglich figürlichen Charakters ... auf dem großen Platze keine beherrschende
Wirkung zu erwarten sei. ...«.6 Hier wird die spätere Integration
eines dominierenden Obelisken bereits gedanklich vorbereitet.
Der Leipziger Baudirektor Hugo Licht empfahl die
Verwendung eines ellipsenförmigen Grundrisses, der sowohl
den Dimensionen des Platzes als auch der Lage des Brunnens
auf diesem Platz besser entspräche.
Nach diesen Maßgaben wurde nun der Architekt Adolf
Gnauth beauftragt, einen neuen Entwurf zu erstellen.7 Dieser
ließ recht bald wissen, daß der Brunnen um einige Meter
höher sein werde als die Vorschrift es erlaube, da er mit etwas
»obeliskenartigen« gekrönt werden solle. Der Vorteil einer solchen Konstruktion bestehe zudem darin, »... daß er den ganzen
Platz viel besser beherrscht als jede Figur, hauptsächlich in der
großen Kostenersparnis gegenüber letzterer ...«.8 Gnauth wehrte sich
5 Westliche Triton-Hippokamp-Gruppe, Nereide, Zustand vor
der Restaurierung (1998)
95
gegen standardisierte Vorgaben, zum Beispiel das Anbringen
der Allegorien der Künste, da ein Brunnen nicht mit einem
Denkmal gleichzusetzen sei. Diese Auffassung führte wiederum zu heftigen Kontroversen mit Ernst Hähnel. Für die figürliche Entwicklung der Modelle zeichnete der Münchner
Bildhauer Jakob Ungerer verantwortlich – die Figuren sollten
sein Hauptwerk werden.9 Im April 1883 wurde das gemeinsam
entwickelte Modell im Maßstab 1:10 im Bildermuseum ausgestellt. Für den Guß der Figuren war die Kgl. Erzgießerei
Ferdinand von Miller aus München vorgesehen, die seit Mitte
des 19. Jahrhunderts durch den Guß weltberühmter Statuen
hohes Ansehen erreicht hatte. Das Kolossalstandbild der
Münchner Bavaria10, das Goethe-Schiller-Denkmal in Weimar
(1857) und die Panther-Quadriga auf der Dresdner Semperoper (1877) stellen nur einen Auszug aus dem Gesamtwerk
dieser Gießerei dar. Das Drängen Hugo Lichts, der nach dem
plötzlichen Tod Gnauths die Bauleitung ohne wesentliche
Planänderungen übernahm, nach frühzeitiger Versendung der
fertigen Güsse, notfalls auch in mehreren Sendungen, beantwortete Miller so: »... Die einzelnen Theile sind so weit fertig,
daß, wen Herr Oberbaudirektor es verlangen, die Verpackung
sofort geschehen kann – wir halten uns jedoch für verpflichtet auf
einige sehr wesentliche Nachtheile aufmerksam zu machen, welche eine, wie uns scheint, zur Zeit noch etwas verfrühte Befestigung mit sich bringen müßte: 1. Ist es nicht zu vermeiden, daß
durch die ganz unvermeidliche Berührung der viel länger den
Arbeitenden ausgesetzten Theile, wie durch den Einfluß der
Witterung diese schon jetzt befestigten Theile in Farbe und Aussehen wesentlich von den später angebrachten Broncen abstechen
werden, was für die Gesamterscheinung keineswegs günstig sein
kann. ...«.11 Die bei Neugüssen in Abhängigkeit von Zeit und
Witterung rasch einsetzende teilweise indifferente PatinaEntwicklung wurde also schon damals beobachtet.
Die Gesamtkosten für die Errichtung des Denkmals werden mit 170 000 bis 188 000 M beziffert. MAERTENS bezieht
sich auf das Leipziger Stadtbauamt und gibt unter anderem folgende Ausgaben an: 9 545 M für beide Preiskonkurrenzen,
10 000 M erhielt Gnauth, 25 000 Ungerer, der Bronzeguß
schlug mit 57 860 M zu Buche.12 Die feierliche Einweihung des
Brunnens fand am 1. September 1886 statt. »... als leitender
Gedanke schwebte ihm [Gnauth, d. Verf.] vor, nicht eine Allegorie, sondern das einfache, Augen und Herz erfreuende Spiel des
6 Der Mendebrunnen und seine nähere Umgebung (nach 1910)
96
Birgit Meißner, Georg J. Haber, Martin Mach
7 Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges, Ansicht von Südosten (1946)
Wassers durch die mannigfaltigen Figuren und Gebilde, mit
denen die Mythologie und Natur das Wasser belebt zu haben, zur
Erscheinung zu bringen... ».13 Der Brunnen wurde anschließend
nur zu bestimmten Tageszeiten von April bis Oktober angestellt, auch über weitere Sparmaßnahmen, wie eine teilweise
Wiederverwendung des Wassers oder eine gruppenweise
Inbetriebsetzung der Wasserausläufe, wurde nachgedacht. Eine
Blumenrabatte mit kleinem Gitter umrahmte das Ensemble,
Bänke und eine bunte Bepflanzung luden zum Verweilen ein
(Abb. 6).
Herstellung
Die Herstellung der bildhauerischen Modelle für solch eine
monumentale vielfigurige Brunnenanlage bedeutete die mühevolle, zeitaufwendige Herstellung von Unikaten. Doch auch
hier versuchte man durch Rationalisierung bei der Modellherstellung Zeit und Kosten zu sparen, was – wie folgende
Zitate belegen – so neu gar nicht war. »... Mit gleich sorgfältiger
Ueberlegung und Sparsamkeit griff nun Ungerer unter geschickter
Beihilfe des für die Bronzearbeiten gewählten Erzgiessers v. Miller
in München zu dem schon während der italienischen Renaissancezeit an der Fontana delle Tartarughe zu Rom angewendeten Mittel,
beim Schaffen der figürlichen Ornamente für die unter sich ähnlichen Gestalten wieder dieselben Gussformen zu benutzen und
nur an den nebensächlichen Teilen, also an den Einzelgliedern
derselben, charakteristische Umänderungen vorzunehmen. Auf
diese Weise ersparte man über die Hälfte der sonst erforderlichen
Modelle. ...«.14 Für zwölf vorhandene größere Figuren wurden
demzufolge nur sechs Modelle verwendet (ein Hippokamp, ein
Triton, zwei Nereiden, zwei Putti) und dazu separat die verschiedenen Attribute gegossen. »... Die Gesamtanordnung ist so
getroffen, daß von den 4 Putten und den darunter sitzenden
Wasserweibchen die je über Eck befindlichen, die also nie gleichzeitig gesehen werden können, nach einem Modell gegossen wurden. Für die beiden Hippokampen und die beiden Tritonen, die
bei gleichzeitiger Besichtigung sich dem Beschauer einmal von der
linken, einmal von der rechten Seite zeigen, ist ebenfalls je nur ein
Modell benutzt worden, welches nach Vollendung des ersten Gusses
hauptsächlich in der Haltung der Köpfe der Rosse verändert wurde
...«.15 Man sah also durchaus keinen Widerspruch zwischen
kunstvoller Erscheinung auf der einen und durchdachter technischer Herstellung auf der anderen Seite.
Kurz vor Fertigstellung des Gusses schrieb Ferdinand von
Miller 1886 an den Leipziger Baudirektor: »... Heute Nachmittag wird das Pferd gegoßen das Metall ist bereits im Fluß hoffentlich geht alles gut. Es wird seit 2 Monaten von früh 4 Uhr bis
abends 8 Uhr gearbeitet jeden Son und Feiertag ebenfalls. Es ist
als ob die Stücke kein Ende nehmen wollten. Was bei Ungerer im
Atilier war ist hier doppelt. Ich gebe die Hoffnung noch nicht auf
fertig zu werden ...«.16
Der Leipziger Mendebrunnen – Historie und Restaurierung
In der Fachpresse wurde das neue Leipziger Wahrzeichen
anerkennend beurteilt: »... Der Guß, die Ciselirung und der
grüne Edelrost der Bronce 17, der herrlich mit dem rohten Granit
zusammenstimmt, sind außerordentlich gelungen. ...«.18
Kriegszerstörungen und Reparaturen
Leider gingen auch am Mendebrunnen die Zerstörungen des
Zweiten Weltkrieges nicht spurlos vorüber. 1944 führten
Sprengbomben zu schweren Beschädigungen. Hunderte von
Einschlägen und Granatensplittern rissen die Bronzehaut auf,
ein Teil der Figuren stürzte um (Abb. 7). Nach einem Zustandsbericht von 1946 erlitten vor allem die östliche und südliche
Seite des Brunnens starke Schäden, zwei Nereiden und der
innerhalb des Bronzeprojektes restaurierte Hippokamp schlugen ins Becken, ebenso fast alle Delphinpaare. Auch am Stein
und an der Brunnentechnik waren starke Schäden zu verzeichnen. Durch Diebstahl der Bleirohre der wasserspeienden
Figuren und ihrer Mundstücke entstanden weitere Schäden.
Die Reparatur des Brunnens stand aber trotz erster, sehr
hoher Kostenvoranschläge nie außer Frage.19 Um die geplanten
Arbeiten rechtfertigen zu können, wurde ein Gutachten erstellt,
in welchem unter anderem der architektonische Zusammenhang mit der länglichen, in größerem Abstand parallel zum
Brunnen verlaufenden Museumsfassade hervorgehoben wurde.
Der direkte Bezug aufeinander mache somit das Entfernen des
Brunnens unmöglich, auch die Betonung der Platzachse sei
eine Aufgabe der Anlage. Ein interessantes, scheinbar recht
gewichtiges Argument war der Hinweis darauf, daß der
Brunnen mehrfach im Künstlerlexikon erwähnt sei. Zudem
wird auf die Zurückstellung bei den Metallablieferungen für
Kriegszwecke 1942/44 verwiesen und damit an die Bedeutung,
die der Brunnen zu dieser Zeit besaß, angeknüpft. Man bediente sich also argumentativ der vergangenen Epochen und
Ideologien, solange es dem Zweck förderlich war. Letztlich und
endlich wies man auf die außerordentliche Popularität hin, die
der Brunnen in der Bevölkerung Leipzigs besaß.20 Ein wenig
grotesk mutet die Tatsache an, daß andere Kriegszerstörungen
die Planungen zum Wiederaufbau des Brunnens unterstützten:
»... Eine Instandsetzung ... wäre zur Zeit leicht möglich, da
Bronze-Material von dem gegenwärtig im Abbau befindlichen
Siegesdenkmal auf dem Markt zur Verfügung stehen würde ...«.21
Granitblöcke könnten vom Luther-Melanchthon-Denkmal
verwendet werden, dessen Figuren eingeschmolzen wurden –
der Sockel war dem neuen Straßenbau im Wege. Andere, kleine
Kuriositäten begleiteten die erste Reparaturphase. So wurde
eine Nereide für kurze Zeit durch die russische Kommandantur
aus der Werkstatt der Bronzegießerei Noack beschlagnahmt,
später aber wieder zurückgegeben. Durch fehlende oder eingefrorene Geldmittel (bedingt durch die Währungsreform),
nicht erteilte Gußgenehmigungen, Erhöhung der Löhne und
anderes mehr verzögerte sich der Arbeitsablauf immer wieder.22
Großereignisse, wie die Kundgebung des 3. Parlaments der FDJ
im Juni 1949 und die Leipziger Herbstmesse im gleichen Jahr,
drängten allerdings auf die baldige Fertigstellung der Arbeiten auf
dem zentralen Platz. Am 30. 8. 1949 wurde der Hauptabschnitt
übergeben, die Gesamtausgaben waren inzwischen auf 130 000 M
gestiegen, 350 kg Altbronze wurden hierbei verbraucht.23
97
20 Jahre konnten die Brunnenfiguren ungestört die Veränderungen beobachten, die um sie herum vorgingen, bevor
sie selbst wieder Teil dieser Veränderungen wurden. Das Neue
Gewandhaus sollte an Stelle des 1963 abgebrochenen Bildermuseums auf der Südseite der nun in Karl-Marx-Platz umbenannten Anlage entstehen – Baufreiheit war erforderlich. Die
im Jahr 1970 durchgeführte Demontage des Brunnens zeigte,
daß einige Bronzeteile fehlten. Diese sollten nachmodelliert
und in der Gießerei Lauchhammer gegossen werden. Die Modelle wurden mangels guter Vorlagen vom Dresdner Bildhauer
Hans Thiele neu angefertigt, der auch schon bei den Nachkriegsreparaturen mitgewirkt hatte. Am 27. 6.1982 konnte der
Brunnen – pünktlich zum Tag der Bauarbeiter – wieder eingeweiht werden.
Restaurierung
Die Zeitspanne zur nächsten Demontage umfaßte nur 14 Jahre,
Ursache war wiederum das Baugeschehen in der direkten
Umgebung. Der Neubau einer Tiefgarage sollte den gesamten,
nun wieder Augustusplatz genannten Bereich unterhöhlen.
Nach einer detaillierten Bestandsaufnahme und photogrammetrischer Dokumentation wurden die Bronzeplastiken
im Februar 1996 von Metallrestauratoren der Firma Haber &
Brandner geborgen. Eine große Lagerhalle nahm die Bronzen
und die ebenfalls abgebaute steinerne Brunnenarchitektur vorläufig auf. An den eingelagerten Figuren konnte eine detaillierte Schadenserfassung vorgenommen werden.
Hierbei wurde zunächst unterschieden zwischen großflächigen Schadenstypen, die an unterschiedlichen Figuren,
aber ähnlich exponierten Bereichen vorkamen, und solchen
Schadenskategorien, die sich nur punktuell an einer bestimmten Stelle beziehungsweise Figur finden ließen. Letztere standen
oft mit Altreparaturen vergangener Jahre in Zusammenhang
und wurden nun in Listen genau erfaßt, ohne zu diesem
Zeitpunkt schon über die spätere Bearbeitung zu entscheiden.
Die Notwendigkeit einer Schadenskartierung an den ausgewählten Objekten stellte sich dabei aber klar heraus, um einerseits eine deutliche Charakterisierung der einzelnen Schadensbilder vorzunehmen, zugleich aber auch Aufschluß über den
Umfang der zu erwartenden Arbeitsschritte sowie den erforderlichen Zeit- und Materialaufwand zu gewinnen. Zudem
entwickelte sich aus der Schadenskartierung eine Grundlage für
die Festlegung der unterschiedlichen Bearbeitungstechniken.
Schadenskartierung der Oberfläche des östlichen Hippokampen
HI 1 O vom Leipziger Mendebrunnen
Die hier vorgestellte Kartierung (Abb. 8, 9) soll den einfachen
Fall erläutern, bei dem eine Schadenskartierung direkt in eine
Maßnahmenkartierung zur Kostenschätzung mündet. Zur
Abschätzung der Kosten der Oberflächenrestaurierung wurden
die Oberflächen wie unten vorgeführt kartiert, wobei der
Arbeitsaufwand in den Tabellen jeweils von oben nach unten
abnimmt. Anhand von kleinflächigen Arbeitsproben zu den
unterschiedlichen Flächentypen – notfalls auch auf der
Grundlage von Erfahrungen mit den gleichen Flächentypen an
anderen Bronzen – kann anschließend für jeden Flächentypus
98
8
Birgit Meißner, Georg J. Haber, Martin Mach
Hippokamp HI1O, rechte Seite, Vorzustand
9 Schadenskartierung der verschiedenen Oberflächentypen am Hippokampen
Der Leipziger Mendebrunnen – Historie und Restaurierung
die zu bearbeitende Fläche pro Zeit abgeschätzt werden. Mit
Hilfe der Quadratmeterangaben errechnet sich hieraus der
Zeitbedarf für den jeweiligen Flächentyp und – aufsummiert
über alle Flächentypen – der Gesamt-Zeitbedarf.
a) Kartierung der Oberflächentypen auf der rechten Seite
des Hippokampen
Der je Flächentypus anzunehmende Arbeitsaufwand nimmt in
der Tabelle von oben nach unten ab.
Hippokamp, Seitenansicht (rechte Seite, linke Seite ist ähnlich)
Beschreibung der
Oberflächeneigenschaften
Schwarz. Harte, z.T.
kristalline Kruste, Lochfraß
Schwarz. Weniger stark
verkrustet, Lochfraß
Grau. Mutmaßlich
dünne Kalkschicht
Farbkodierung
Ofl.%
m
rot
4.8%
0.19
hellrosa
dunkelrosa
10.5%
2.5%
0.41
0.10
gelb
25%
0.97
Grün. Etwas kreidend
grün
48%
1.89
Sonstiges: Zementverfüllung
(wird belassen)
Summe
ziert (entsprechend dem Verhältnis von Durchmesser und
Umfang eines Zylinders) und um Zylinderdeckflächen ergänzt.
Bei plastisch anspruchsvoll geformten, partiell von anderen
Partien abgedeckten Teilen (vor allem am gabelförmig ausgebildeten Fischschwanz) wurde für die Flächenabschätzung noch
zusätzlich mit dem Faktor zwei multipliziert, für die Mähne
wurde ein Komplizierungsfaktor von 5 angesetzt.
Hippokamp, auf Gesamtfläche hochgerechnet
Beschreibung der
Eigenschaften
Schwarz. Harte, z.T.
kristalline Kruste, Lochfraß
Farbkodierung
Ofl.%
m2
rot
2.5%
0.4
5%
0.8
2
Gelbbraune Ablagerungen
auf grünem Untergrund
Grauschwarz. Ohne Kruste,
Oberfläche sehr gut erhalten
99
dunkelgrau
8.5%
0.33
hellgrau
0.7%
100%
0.02
3.91
b) Hochrechnung der Kartierungsergebnisse auf die
Gesamtoberfläche des Hippokampen
Die oben durchgeführte Kartierung der einen Seitenansicht
liefert für diesen Bereich präzise Ergebnisse. Zur Abschätzung
des gesamten Arbeitsaufwandes ist es jedoch erforderlich, alle in
Frage kommenden Flächenbereiche der Figur zu berücksichtigen.
Bei der Hochrechnung der Flächenverteilung von der
Seitenansicht auf die Gesamtoberfläche des Hippokampen
mußten einige besondere Eigenschaften der Figur berücksichtigt werden: in der Frontalansicht gibt es ausschließlich grüne
und gelbbraune Oberflächen, an der Unterseite dominieren
die gelbbraunen Schichten, auf dem Rücken halten sich gelbbraune und grüne Bereiche in etwa die Waage. Bei der
Rückansicht zeigen sich kreidende grüne und graue, dünn verkrustete Bereiche. Natürlich stellt sich auch die Frage, ob die
schlecht einsehbare Ober- und Unterseite des Hippokampen
mit gleicher Akribie restauriert werden müssen wie die
Schauseiten der Figur.
Die Abschätzung der Flächenanteile geschah wie folgt: die
schwarzen Bereiche (Lochfraß, stark verkrustet, hauptsächlich
an der Unterseite der Flügel des Hippokampen) konnten direkt
gemessen werden, so daß hier die Flächenangaben am genauesten sein dürften. Bei Rumpf und Pferdebeinen wurden die
Flächeninhalte der Seitensicht mit dem Faktor 3,14 multipli-
Schwarz. Weniger stark
verkrustet, Lochfraß
hellrosa
Grau. Mutmaßlich dünne
Kalkschicht
dunkelrosa
1.3%
0.2
Gelbbraune Ablagerungen
auf grünem Untergrund
gelb
30%
5
Grün. Etwas kreidend
grün
55%
9
Grauschwarz. Ohne Kruste,
Oberfläche sehr gut erhalten
dunkelgrau
6%
1
Sonstiges: Zementverfüllung
(wird belassen)
Summe
hellgrau
0.2%
100%
0.04
16.4
Schadenskartieung am östlichen Triton TR 1 O
Beim Tritonen ergibt sich eine sehr viel einfachere Situation.
Die Oberfläche (insgesamt zwischen 4 und 5m2) besteht zu
etwa 90% aus nicht allzu dick ausgebildeten, kreidenden grünen Korrosionsprodukten. In kleineren Teilbereichen finden
sich gelbe und – meist an den kaschierten Verbindungen –
graue Oberflächen, ähnlich wie beim Hippokampen (jeweils
mit etwa 5%).
Triton, Gesamtoberfläche
Beschreibung der
Eigenschaften
Gelbbraune Ablagerungen
auf grünem Untergrund
Farbkodierung
gelb
5%
Grün. Etwas kreidend
grün
90%
Grau. Nicht oder nur
geringfügig verkrustet
dunkelgrau
Ofl.%
5%
Als dokumentierendes Arbeitswerkzeug wurden weitere Kartierungen beider Figuren (je vier Ansichten) erstellt und hierbei
folgende Kategorien aufgenommen:
• herstellungstechnische Merkmale (Fügenähte, originale
Flickungen)
• Altreparaturen (Schweißungen, nachträgliche Flickungen)
100
Birgit Meißner, Georg J. Haber, Martin Mach
10 Verschiedene Legierungstypen am Mendebrunnen (Lageplan: Ingenieurbüro für Luftbildauswertung und Vermessung Dipl.-Ing.
M. Wagner)
• Schadstellen (defekte Nähte, Fehlstellen)
• Patina – Differenzierung verschiedener Oberflächentypen
sowie deren flächenmäßige Erfassung
• Restaurierungsmaßnahmen (Ergänzungen, Kunstharzklebungen, Stabilisierungsmaßnahmen)
• Konservierungsmaßnahmen
Legierung
Die große Anzahl der Bronzefiguren, die aus vielen Einzelteilen
zusammengesetzt sind, sowie die späteren Reparatur- und Nachgußarbeiten erforderten wissenschaftliche Methoden zur Bestimmung der unterschiedlichen Legierungen des Gußmaterials.
Der Leipziger Mendebrunnen – Historie und Restaurierung
Auf den ersten Blick verwirrt die Vielfalt unterschiedlicher
Analysenergebnisse, welche noch dazu zum Teil fließend ineinander überzugehen scheinen. Alleine diese Tatsache ist jedoch
bereits ein charakteristisches Merkmal des Brunnens, wenn
man die wesentlich genauer definierte und strenger durchgehaltene chemische Zusammensetzung zum Beispiel der Friesenbüste oder des Herzog Heinrich – Denkmals zum Vergleich
heranzieht. Im Falle des Mendebrunnens existierten die bei der
Friesenbüste genannten Forderungen der Chemiker nach einer
vermeintlich ideal und möglichst homogen zusammengesetzten Bronze scheinbar noch nicht. Auch hätte sich die Millersche Gießerei in Anbetracht ihrer langen Tradition in Fragen
der Legierungszusammensetzung vermutlich nur mit Mühe von
außen beeinflussen lassen. Einen wiederum abweichenden,
zusätzlichen Legierungstyp stellen die Nachgüsse kleinerer
Figuren dar, welche wahrscheinlich aus der Zeit nach dem
Zweiten Weltkrieg stammen.
Abb. 10 faßt einige Ergebnisse der Einzelanalysen zusammen. Sie zeigt, daß die größten Figuren – Hippokampen,
Tritonen und Nereiden – in einer nicht streng einheitlichen
Rotguß-Legierung gegossen wurden (mit ca. 4% Zink, 4%
Zinn, 0,6% Blei, Rest Kupfer – in der Abbildung Typ A, rosa).
Auch die Putti entsprechen in erster Näherung noch diesem
Grundtypus, haben jedoch zum Teil einen höheren Zinkgehalt.
Der Legierungstyp B (blau dargestellt), mit gegenüber Typ
A deutlich erhöhtem Zinn- und verringertem Zinkgehalt, aber
gleichem Bleianteil (0,6%) ist ebenfalls Originalteilen zuzurechnen.
101
Die Nachgüsse – in erster Linie kleine Teile und kleinere
Nebenfiguren (Legierungstyp C, grün) – sind in der Regel
durch gegenüber der Hippokampen-Legierung stark erhöhte
Bleigehalte (ca. 5%) und meist, jedoch leider nicht immer,
durch erhöhte Nickelgehalte identifizierbar.
Die Proben von den Delphinen bestehen entweder aus
einer bleiarmen Legierung (#16, #52, #53, #54, #77, #78, #79,
#80, #84, #85, #86, #87) oder aus einer bleireichen Legierung
(#11, #17, #55, #76, #81, #82, #83), wobei es sich bei der
zweiten Gruppe um die Nachgußteile handelt.
Bei den augenscheinlich später erneuerten Attributen (#21
Dreizack, #50 Paddel, #60 Koralle) sind ebenfalls erhöhte
Bleianteile (5%), sehr hohe Zinngehalte (8 – 9 %) und zusätzlich mittlere bis hohe Nickelwerte (0,12 – 0,22 %) feststellbar.
Der erneuerte Zügel in der Hand des östlichen Tritonen
(#24, Legierungstyp D, gelb) besteht aus einer zinkarmen und
im Spurenbereich besonders reinen Zinnbronze, während der
originale Zügel in der Hand des westlichen Tritonen (#26) auffällig viel Zink enthält.
Bei den Schrauben und Bolzen finden sich unterschiedliche
Werkstoffe: reines Kupfer, zinkhaltige Zinnbronzen und
Kupfer-Zink-Legierungen mit bis zu 12 % Zink.
Das Zusammenspiel der verschiedenen Bewitterungssituationen führte zu unterschiedlichen Patinaausprägungen, die
ebenfalls beprobt und naturwissenschaftlich untersucht wurden.24 Als Hauptbestandteile der Patina fand man Brochantit
und Antlerit, partiell auch Atacamit. In den dicken, schollenartigen Krusten war die Chloridbelastung relativ hoch. In den
hellgrünen, pudrigen Partien der Patina ließ sich dagegen nur
11 TR10-HI1O, Zustand vor der Restaurierung, Anlage von Musterflächen
102
Birgit Meißner, Georg J. Haber, Martin Mach
eine geringe Salzbelastung nachweisen. Für den Erhalt der
Bronzen unbedenklich erwiesen sich die rostbraun verfärbten
Auflagen, die vor allem eine optische Beeinträchtigung darstellten.
Flächencharakteristik
Der Großteil der Oberfläche der östlichen Triton-HippokampGruppe war mit hellgrüner Patina überdeckt, die an vielen
Stellen von gelbbraun-rostroten Schleiern überlagert war (Abb.
11). Die Bronzeepidermis ist hier durch Korrosionsprozesse
großflächig gestört, das originale Oberflächenniveau ist nicht
mehr vorhanden, Spuren hiervon sind nur noch innerhalb der
Korrosionsschicht nachweisbar. Auf den kreidigen Zersetzungsprodukten der Bronze hat sich die gelbbraune Schicht angelagert und sich mit dieser aufgrund ihrer ebenfalls pulvrigen
Konsistenz oberflächlich vermischt.
Nur sehr kleine Bereiche, zum Beispiel im Gesicht des
Tritonen, zeigen den allgemein als »Großstadtpatina« bezeichneten Oberflächentypus: ein kontrastreiches Nebeneinander
von unterhalb des ursprünglichen Oberflächenniveaus liegenden
grünen, meist pulvrigen Bereichen mit den auf der originalen
Bronzeepidermis aufgewachsenen, unterschiedlich dicken,
schwärzlichen Krusten (Abb. 12). In geschützten, regenabgewandten Partien sind diese Krusten stärker ausgebildet (Abb.
13), darunter ist zum Teil starke Korrosion in Form von
Lochfraß zu beobachten. Am östlichen Hippokampen war dies
vor allem auf den Flügelinnenseiten der Fall. Neben diesen
flächigen Schäden an der Bronzeoberfläche sind punktuell
ablesbare Merkmale signifikant, die nur bedingt als Schäden
bezeichnet werden können. Großteils handelt es sich dabei um
Flicken, Vierungen und Schweißnähte, verursacht durch Altreparaturen. Diese Flickungen – mit einer durchschnittlichen
Größe von ein bis zehn cm2 – sind relativ gleichmäßig über die
gesamte Oberfläche von Triton und Hippokamp verteilt. Die
originalen Flicken und Vierungen sind anhand ihrer Paßgenauigkeit und exakten Nachziselierung sowie der dem Umfeld
relativ ähnlichen Patinierung erkennbar.25 Bei den letzten
Reparaturen vor 1982 hatte man versucht, die durch Kriegsschäden und mehrfache Umlagerungen entstandenen Risse
und Fehlstellen an den originalen Fügenähten durch Bronzeschweißungen an einigen Stellen zu beheben. Allerdings traten
hierdurch Gefügespannungen und neue Risse auf, die aber
keine statisch relevanten Probleme mit sich brachten. Sie wirken jedoch wegen der durch diesen thermischen Eingriff verursachten dunklen Verfärbungen optisch störend. Bei der
Montage 1982 wurden zwar die originalen Befestigungspunkte
im Stein beibehalten, die Verbindungen jedoch mit technisch
unsauber ausgeführten Schweißungen und teilweise überdimensionierten Befestigungsmitteln hergestellt. Auch Edelstahlanker
und inzwischen stark korrodierte Eisenschrauben kamen zum
Einsatz. In den Akten wurde auf Nachgüsse für Ergänzungen
hingewiesen, die aber mit dem bloßen Auge schwer zu erkennen waren – hier halfen naturwissenschaftliche Analysen. Die
ausführenden Metallrestauratoren konnten die einzelnen, zeitlich abweichenden Reparaturphasen auch anhand ihrer unterschiedlichen Ausführungstechnik und Patina unterscheiden
und in der Schadenskartierung dokumentieren.
Im Februar 1998 wurde die östliche Triton-Hippokamp-
Gruppe TR1O/HI1O in die Restaurierungswerkstatt gebracht, während die restlichen Bronzen nach Fertigstellung der
Baumaßnahmen auf dem Augustusplatz vorläufig wieder montiert wurden – vorerst ohne restaurierende oder konservierende
Maßnahmen. Nach der Vorstellung des Restaurierungskonzeptes im Kreise der Projektteilnehmer26 wurde vor Ort am
Objekt über die anzulegenden Musterflächen diskutiert.
Musterflächen
Die Bronzeplastiken wurden zunächst zur Abnahme lose
aufliegender Verschmutzungen mit Heißdampf vorgereinigt. Es
erfolgte eine mehrmalige Waschung der Oberfläche mit demineralisiertem Wasser und Schwamm. Für die Beurteilung
der Freilegemethoden und deren Ergebnisse wurden verschiedene Musterachsen entsprechend der unterschiedlichen Oberflächenzustände angelegt (Abb. 11).
Recht unproblematisch stellten sich hierbei die größeren
hellgrünen Bereiche mit partiellen gelbbraunen Auflagen dar.
Die auf der pulvrig-hellgrünen aufliegenden dunkleren Schichten ließen sich an der Probefläche mit Freilegepinseln relativ
problemlos abnehmen. Die hellgrüne Schicht trat nahezu unbeschädigt hervor. Der versuchsweise Einsatz von rotierenden
Bürsten (Messing oder Edelstahl feinster Drahtstärke) führte
dagegen umgehend zur vollständigen Abnahme der Patina bis
auf die darunterliegende rötliche Kupferoxidschicht. An zwei
12 »Großstadtpatina«
13 HI1O, rechter Flügel, Innenseite, unterschiedliche Oberflächenkorrosion
Der Leipziger Mendebrunnen – Historie und Restaurierung
Musterflächen in Bereichen mit vergleichsweise dünn ausgebildeten Krusten – teilweise mit kalkiger Schicht überdeckt –
konnten diese nach Vorarbeiten mit Freilegepinseln gut mit
Skalpellen und Freilegemessern ausgedünnt und geglättet werden. In den Flächen mit einer festen, glatten Patina wurden die
darüberliegenden Krusten vollständig abgenommen. Die dicken
Krusten in Bereichen mit starker Lochfraßschädigung wurden
in den Probeflächen zuerst mit einem Ultraschallfeinmeißel
reduziert und anschließend mit Skalpellen geglättet. Zusätzlich
kamen rotierende Edelstahlbürsten sowie Schleifvliese bei der
Nivellierung der Schadstoffkrusten zum Einsatz. Alle an den
Musterachsen angewandten Freilegungstechniken wurden unter
der Prämisse des optimalen Substanzerhalts durchgeführt.
Für sämtliche Oberflächenkategorien wurden anschließend
auf Grundlage der verschiedenen Voruntersuchungen die Bearbeitungsmethoden festgeschrieben. Bei der Bearbeitung der
Bronzeoberfläche kamen unterschiedliche Technologien im
Methodenmix zur Anwendung, die auf die jeweilige Beschaffenheit der Patina und Korrosionsprodukte abgestimmt waren.
Chemikalien wurden bei der Freilegung, wie auch bei der
Restaurierung insgesamt, nicht verwendet.
Neben der Anwendung verschiedener Werkzeuge an den
unterschiedlichen Patinaausprägungen wurden einige Probeflächen auch mittels Lasertechnik bearbeitet.
103
14 Hippokamp, mechanische Abtragung der gelben Schicht auf
grünem Untergrund mit herkömmlichen Mitteln, unterer Streifen
gewachst
Orientierende Erprobung eines Lasers am östlichen
Hippokampen
Der wohl bislang am häufigsten für Restaurierungszwecke vorgeschlagene und bei manchen Restaurierungen (besonders auf
Naturstein) auch erfolgreich eingesetzte Nd-YAG-Laser arbeitet mit gepulstem infraroten Licht (Wellenlänge 1,06 Mikrometer). Er reinigt primär durch einen kleinvolumigen, scharf
abgegrenzten Temperaturschock, welcher den Materialverbund
in der zu entfernenden Schicht thermisch aufbricht. Eine hervorragende, allgemein verständliche Einführung in die grundsätzliche Wirkungsweise der Laser sowie ausführlich diskutierte
Anwendungsbeispiele (allerdings leider nicht für Bronze und
Kupfer) finden sich bei Cooper.27
Besonders schwarze Materialien auf hellem Untergrund
lassen sich per Laser gut entfernen, weil nur die dunkle Oberfläche die Laserenergie ausreichend absorbiert. Deshalb kommt
der Freilegungsprozeß beim Erreichen der hellen, den Laserstrahl
reflektierenden Oberfläche quasi von selbst zum Stillstand.
Das vom Fraunhofer-Institut für Werkstoffe und Strahltechnik (IWS) Dresden zur Verfügung gestellte Gerät – ebenfalls ein Neodym-YAG-Laser – wurde anläßlich der ohnehin
erforderlichen Diskussion über die Restaurierungsmusterflächen
am Hippokampen erprobt.
In einer Leipziger Bronzegießerei wurden einige Halbfabrikate und Rohlinge aus verschiedenen Buntmetallegierungen zu
Versuchszwecken hergestellt. Es zeigte sich, daß der von den
Mitarbeitern des Instituts bediente Laser auch bei schonendster
Einstellung an einigen blanken Metalloberflächen der Probenkörper zu deutlicher Verbräunung oder Vergilbung führte,
während andere blanke Metallflächen unverändert blieben. In
anderen Fällen konnten dunkle Oxidschichten mit durchaus
befriedigendem Erfolg entfernt werden.
Erste orientierende Versuche der Restaurierungsfirma an
15 Laser-Reinigungsprobe am östlichen Hippokampen des Leipziger Mendebrunnnens, Abtragung der gelben Schicht auf grünem
Untergrund
der Oberfläche des Hippokampen ergaben, daß zum Beispiel
bei der Entfernung der gelben Ablagerungen die mechanische
Freilegung (Abb. 14) der Laser-Freilegung (Abb. 15) offenkundig überlegen war, während in anderen Fällen die Lasermuster
durchaus als mögliche Alternative in Betracht gezogen wurden.
Abb. 16 zeigt wiederum einen mechanisch freigelegten Bereich,
Abb. 17 eine Versuchsfläche nach Laserreinigung.
Die durch die Materialeigenschaften bedingte Verringerung der Abtragsrate des Laserstrahls ist auf der Bronze häufig
nicht so günstig wie bei dem oben geschilderten Beispiel einer
dunklen Substanz auf hellem Untergrund. Es besteht vor allem
die Gefahr, daß gerade die in den schwarzen Schichten auf
Bronzen häufig noch verborgenen Reste des ursprünglichen
Oberflächenverlaufs übersehen oder mißachtet werden. Es
muß besonders vor einer pauschalen Entfernung aller dunklen
Schichten auf der Bronze bis hin zu den grünen Korrosionsprodukten gewarnt werden. Man würde auf diese Weise in vielen Fällen gerade die letzten, noch gut erhaltenen Oberflächenbereiche der Bronze selektiv vernichten, was natürlich nicht
Sinn einer Restaurierung sein kann.
Insgesamt erscheint es noch zu früh, eine abschließende
Wertung des Gesehenen abzugeben. In Bezug auf die Arbeitsgeschwindigkeit und die Gesamtkosten ist eine Kostenersparnis
104
Birgit Meißner, Georg J. Haber, Martin Mach
durch die Laserfreilegung momentan noch nicht wahrscheinlich. Wie alle in der Restaurierung eingesetzten Werkzeuge zeigt
der Laser Stärken und Schwächen, so daß er von Fall zu Fall
sehr wohl sinnvoll eingesetzt werden kann. Der Laser sollte
jedoch keinesfalls als zukünftige Universallösung für alle denkbaren Problemstellungen an Metalloberflächen angesehen
werden. Es wird deshalb vorgeschlagen, in zukünftigen Versuchsreihen die zahlreichen gerätetechnischen Variationsmöglichkeiten zunächst an Probekörpern zu studieren und bei
Ortsterminen, falls offenkundig sinnvoll, Laser-Freilegungen
in die Überlegungen einzubeziehen.
Freilegungsmaßnahmen
16 Freilegung mittels Skalpell (nahe dem Muster von Abb. 17),
glatte, feste Oberfläche
17 Lasergereinigte Musterfläche am Hippokampen
18 Figurengruppe nach Abnahme der rostbraunen Verfärbungen,
am linken Arm des Tritonen Probewachsung, am Muschelhorn
neu eingeklebter Bronzestreifen
Die gelbrötlich verfärbte Patina, die auf der kreidenden hellgrünen Oberfläche auflag und einen Großteil der Figurengruppe bedeckte, ließ sich mit unterschiedlichen Freilegepinseln
gezielt bis auf die darunterliegende grünliche Patina abnehmen. Hierdurch entstand in diesen Bereichen ein weitgehend
geschlossenes Erscheinungsbild hellgrüner Patina – nahezu
ohne optische Beeinträchtigungen, dafür mit besserer Lesbarkeit der plastischen Form. Die losen Partikel dieser Patinabereiche konnten mit kurzborstigen Freilegepinseln unterschiedlicher Härtegrade reduziert werden. Da die Grünpatina
als optisch sehr ansprechend empfunden wird, konnten sich
hier die Freilegungsmaßnahmen auf ein gezieltes Ausdünnen
beschränken (Abb. 18).
In Bereichen mit nur dünn verkrusteten Oberflächen
mußte mit speziell zugerichteten Freilegemessern und Skalpellen gearbeitet werden. Das gezielte Ausdünnen dieser Partien
gestaltete sich äußerst zeitaufwendig, da die Patinaschicht
direkt auf der originalen Bronzeepidermis lag und eine sehr
gute Haftung aufwies. Eine vollständige Abnahme dieser oberflächlich grau-schwarz erscheinenden Patinaschicht hätte eine
metallisch blanke, freiliegende Bronzeoberfläche bewirkt. Dies
war jedoch im Restaurierungskonzept von allen Projektbeteiligten abgelehnt worden.
Dicker verkrustete Partien, die sich in geschützten, nicht
19 Hippokamp, Flügel, Glättung der Krusten ohne deren vollständige Abnahme
Der Leipziger Mendebrunnen – Historie und Restaurierung
105
20 Abschluß der Freilegungsmaßnahmen, Zustand vor der Wachskonservierung
oder nur wenig bewitterten Bereichen befanden, wurden mit
rotierenden Edelstahlbürsten bearbeitet, mit Skalpell und Freilegemesser ausgedünnt und abschließend mit feinem Schleifvlies nachbehandelt und geglättet. In Teilbereichen war die
Bronzeepidermis durch Lochfraßkorrosion angegriffen. Diese
Lochfraßstellen wurden – soweit möglich – mit dem Skalpell,
Ultraschallfeinmeißel und ölfreier Druckluft ausgeräumt. Zur
Reduzierung der löslichen Salze wurde mehrfach mit demineralisiertem Wasser nachgewaschen. An den Flügelunterseiten
des Hippokampen ließen sich die mehrere Millimeter dicken
Krusten in den Randzonen mit dem Ultraschallfeinmeißel gezielt abnehmen. Die hier ebenfalls vorhandene Lochfraßkorrosion wurde nur im Bereich bereits schollig aufplatzender Patina
mit dem Ultraschallfeinmeißel ausgeräumt. In der Arbeitsgruppe hatte man sich nämlich darauf verständigt, die extrem
dicken Krusten lediglich auf ein festgelegtes Niveau auszudünnen und damit als geschlossene Schicht auf der Bronze
zu erhalten (Abb. 19). Die in der Kruste eingeschlossenen
Lochfraßstellen und Salze mußten daher belassen werden.
Prophylaktisch wurden diese Bereiche deshalb wiederholt mit
demineralisiertem Wasser ausgewaschen und später mit einem
mehrfach applizierten Mikrowachs durchtränkt und stabilisiert. Die Übergänge und Randbereiche dieser Patinakrusten zu
den benachbarten Oberflächenzuständen konnten mit Skalpell
und Schleifvlies angeglichen werden. Nach Abschluß der
mechanischen Freilegungsmaßnahmen (Abb. 20) wurden die
in den Poren der Bronzeoberflächen befindlichen Stäube und
Verschmutzungen zunächst trocken ausgebürstet, mit Druckluft ausgeblasen und abgesaugt. Die nach der Freilegung auf
der Oberfläche befindlichen Salze wurden durch ein zweifaches Nachwaschen mit demineralisiertem Wasser reduziert,
die Abwässer zur Kontrolle mit einem Leitfähigkeitsmeßgerät
zur Überprüfung der Schadstoffreduktion gemessen. Als letzte Vorbereitungsmaßnahme für die abschließende Applikation
des Konservierungsmittels wurden die Oberflächen mit
Siedegrenzbenzin gründlich entfettet.
Ziel der bei dieser Musterrestaurierung durchgeführten
Freilegungsmaßnahmen war die möglichst weitgehende Abnahme substanzgefährdender Schadstoffkrusten und Korrosionsprodukte auf der Bronzeepidermis sowie die kontrollierte
Freilegung der historisch gewachsenen Patina.
Reparaturen
Alle Flickungen und Schweißungen vorausgegangener Altreparaturen wurden überprüft und soweit möglich belassen, um
weitere Eingriffe in die Originalsubstanz zu vermeiden. Die
Ergänzungsarbeiten beschränkten sich, wie im Falle eines herausgefallenen Flickens, auf wenige Stellen. Die Rekonstruktionen
106
Birgit Meißner, Georg J. Haber, Martin Mach
mit feuchtigkeitshärtendem Polyurethan (BOB Rostversiegelung und BOB Grundprimer/Vosschemie Uetersen) versiegelt.
Konservierung
21 TR1O, Abschlußzustand mit Retusche unterhalb des linken
Auges und Wachskonservierung
wurden reversibel in Bronze ausgeführt und nachziseliert. Für
das am Mundstück an einem Verbindungspunkt eingerissene
Muschelhorn des Tritonen wurde ein Bronzestreifen angefertigt, der mittels 2-K-Epoxidharzkleber mit dem originalen
Material verbunden wurde. Die defekte Fügenaht über dem
rechten Kniegelenk des Hippokampen wurde mit einem BleiInlay ausgefüllt, das durch Vertreiben an die Originaloberfläche
angepaßt wurde. Die teilweise noch vorhandenen originalen
Eisenarmierungen des Gußkerns der Figuren wiesen größere
Rostschäden auf, die Stabilität der Bronzeplastiken war dadurch
aber nicht gefährdet. Zur Konservierung wurden zuerst die
losen Rostpartikel entfernt und anschließend die Eisenbänder
Die Arbeitsgruppe legte fest, daß die Oberfläche der Brunnenplastiken mit einem reversiblen Mikrokristallinwachs zu konservieren sei. Diese Technik hat sich bereits bei zahlreichen
vorausgegangenen Konservierungen an freibewitterten Großbronzen bewährt.
Als Alternative zur Wachskonservierung wurde eine Konservierung mit einem farblosen Schutzlack (2K-Acrylat 28) sowie
eine Behandlung mit dem Konservierungsmittel Ormocer
diskutiert. Man einigte sich darauf, kleinere Teilflächen im
Rücken- und Flügelbereich des Hippokampen mit den beiden
letztgenannten Konservierungsmitteln zu behandeln und
deren Schutzwirkung der Wachsbeschichtung gegenüberzustellen. Die Wirksamkeit dieser Konservierungsalternativen soll
im Laufe der nächsten Wartungsintervalle überprüft werden.
Das Ormocer-Beschichtungssystem wurde vom Fraunhofer
Institut Würzburg appliziert.29 Hierzu wurden drei kleine
Felder an verschieden bewitterten Bereichen des Hippokampen
markiert und die Konservierungsflüssigkeit mehrmals mit
Zwischentrocknungszeiten aufgetragen. An einer Testfläche
sollten Farbpigmente im Ormocer versuchsweise eine Angleichung an die Umgebung bewirken. Nach der Durchtrocknung
hat sich diese Färbung allerdings als zu hell erwiesen und entspricht nun eher dem optischen Erscheinungsbild einer unkonservierten Bronze. Nach einem halben Jahr zeigte sich diese
22 TR1O-HI1O nach Restaurierung und Wiederaufstellung im Brunnenbecken (1998)
Der Leipziger Mendebrunnen – Historie und Restaurierung
Fläche noch etwas stumpfer als die ebenfalls bereits etwas
matter gewordene Wachskonservierung. Die mit Acrylat konservierten Musterflächen ließen noch keine Veränderung
erkennen.
Die Wachs-Konservierung erfolgte durch Applikation eines
säurefreien Mikrokristallinwachses mit hohem Schmelzpunkt.30
Die erste Wachsschicht wurde mit Pinseln auf die vorher
erwärmten Bronzeoberflächen aufgetragen. In die offenporigen
Patinabereiche und dickeren Krusten mit darunter befindlichen Lochfraßkorrosionen wurde das Wachs gezielt mit dem
Pinsel einmassiert. In ähnlicher Manier – mit gleichzeitigem
Einschmelzen des Wachsfilms durch Heißluft – erfolgte der
Wachsauftrag der nächsten Schicht. Die dritte und letzte
Wachsschicht ist abschließend mit weichen Bürsten und Baumwollappen verdichtet und frottiert worden. Patinaretuschen
wurden nur in sehr geringem Umfang durchgeführt. Zur besseren Lesbarkeit der bildhauerischen Qualität sollten lediglich
am Triton die starken Kontraste von hellgrüner und schwarzgrauer Rieselpatina im Gesicht durch eine Wachsretusche
gemildert werden. Diese Retusche wurde mittels mikrokristallinem Wachs und Trockenpigmenten reversibel ausgeführt. Sie
liegt in der Konservierungsschicht eingebunden zwischen dem
zweiten und dritten Wachsauftrag (Abb. 21). Weitere Wachsretuschen finden sich am Hippokampen im Bereich der
Flügelinnenseiten, um auch hier Kontraste in den unterschiedlichen Freilegungszonen auszugleichen. Die geringfügigen Ergänzungsmaßnahmen an den Objekten (zum Beispiel
neue Bronzeflicken am Schweif des Hippokampen) wurden
mit einem chemischen Patinierungsmittel nach Werkstattrezeptur einpatiniert, jedoch deutlich sichtbar als Ergänzung
belassen.
Die reversible Konservierung mit Wachs weist allerdings
nur relativ kurze Standzeiten auf – ein bis drei Jahre abhängig
von Standort und Bewitterung. Ein unbestrittener Vorzug dieser
Konservierungsmethode ist die einfache Reinigung und Nachkonservierung der Objekte. Zudem verleiht die Wachskonservierung der Bronzepatina einen ansprechenden Glanz sowie
Tiefenlicht, die Plastizität der Objekte wird deutlich gesteigert
– Gesichtszüge und Körperformen sind wieder lesbar (Abb. 22,
23). Die regelmäßige Pflege und Wartung wachskonservierter
Bronzedenkmäler ist jedoch zwingend erforderlich, um die
Schutzwirkung des Überzugs und das ästhetische Gesamtbild
der restaurierten Bronzen zu erhalten.
Anmerkungen
1 Diese »Taktik« hat sich ausgesprochen gut bewährt: im Anschluß
an die Modellrestaurierung zweier Bronzen sind im Verlauf von
anderthalb Jahren auch alle restlichen Bronzeobjekte restauriert
worden.
2 Florenz, Neptunbrunnen, 1575 – Wasserpferde im Brunnenbecken (allerdings noch ohne dynamische Verflechtung mit anderen Figuren); Trient, Neptunbrunnen, 1768 – auf Hippokamp
reitender Triton, muschelblasend, pathetischer Barock; Bayreuth,
Wasserspiele der Eremitage – mehrere Gruppen lebenssprühender
Tritonen, Nereiden, Hippokampen, Putti, Meeresgetiers im reichen Fontänenspiel; weiterhin: Rom, Fontana di Quirinale
(Obelisk), Fontana di Termini (mehrere Gruppen Hippokamp
mit Nereide, mehrstufige Anordnung der Wasserbecken).
3 Nereiden: göttliche Meereswesen aus dem griechischen Mythos,
Darstellung meist tanzend oder auf anderen Meerestieren reitend.
4 Triton: den griechischen Meeresgottheiten verwandter Sohn
Poseidons, Abbildung als männliches Pendant zu den Nereiden,
zum Teil mit menschlichem Oberkörper und fischschwänzigem
107
23 TR1O-HI1O nach Restaurierung und Wiederaufstellung im
Brunnenbecken (1998)
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14
Unterteil, teilweise aber auch nur in menschlicher Gestalt mit
jugendlich-männlicher Figur; Hippokamp: aus der Gestalt des
Seepferds entwickeltes Mischwesen von Pferd und Fisch, Darstellung mit Pferdevorder- und fischschwänzigen Hinterbeinen.
Der Mende-Brunnen auf dem Augustusplatze in Leipzig. In:
Centralblatt der Bauverwaltg. 6. Jg. (1886), S. 361.
Der Mende-Brunnen auf dem Augustusplatze in Leipzig. 1886
(wie Anm. 5), S. 360.
Adolf Gnauth, 1840 –1884, Architekt, Kunstgewerbler, Architekturmaler und -schriftsteller, 1877–1884 Direktor der Nürnberger
Kunstgewerbeschule.
Stadtarchiv Leipzig. Stadtbauamt. Mendebrunnen. 1882 –1907.
Nr. 615, Bl. 4.
Jakob Ungerer, 1840 –1920, Bildhauer, hauptsächlich in München
tätig, neben dem Mendebrunnen als ein Hauptwerk verschiedene
Architekturplastik in Leipzig, zum Beispiel am Museum der
Bildenden Künste.
siehe in diesem Heft: Meißner, Birgit und Anke Doktor: Galvanoplastik – Geschichte einer Technik aus dem 19. Jahrhundert.
S. 127–137, hier: S.129, Abb. 3.
Stadtarchiv Leipzig (wie Anm. 8), Bl. 138.
Maertens, Hermann: Die deutschen Bildsäulen-Denkmale des
XIX. Jahrhunderts nebst einer Abhandlung über die Größenverhältnisse, die Materialienwahl, die Gruppierung, die Aufstellungsweise und die Kosten derartiger Monumente. Stuttgart
1892, Tf. 52.
Festrede des Oberbürgermeisters Georgi anläßlich der Enthüllung
des Mendebrunnens. Aus: Verwaltungsbericht des Rathes der
Stadt Leipzig für das Jahr 1886. Leipzig 1888, S. 309.
Maertens 1892 (wie Anm. 12), o. S.
108
Birgit Meißner, Georg J. Haber, Martin Mach
15 Der Mende-Brunnen auf dem Augustusplatze in Leipzig. 1886
(wie Anm. 5), S. 361 f.
16 Stadtarchiv Leipzig (wie Anm. 8), Bl. 169.
17 Dies ist ein Hinweis auf eine wahrscheinlich grünliche Patinierung der Bronzefiguren im Zuge der Herstellung.
18 Der Mende-Brunnen auf dem Augustusplatze in Leipzig. 1886
(wie Anm. 5), S. 362.
19 Die Kostenvoranschläge beliefen sich auf ca. 65 000 RM. Aus:
Stadtarchiv Leipzig, Stadtverordnetenversammlung. Rat der Stadt
[Leipzig]. 1946 –1951. Nr. 8616, Bl. 3.
20 Stadtarchiv Leipzig. (wie Anm. 19), Bl. 5, 6.
21 Stadtarchiv Leipzig. (wie Anm. 19), Bl. 7. Schreiben vom Dezernat
Bauwesen an Oberbaurat Kahnt, 24. 6.1946.
22 »... unvorhergesehene Ausgabenerhöhungen infolge schwerer
Materialbeschaffungen ... Die weiteren Fertigstellungsarbeiten
wurden z. Zt. unterbrochen durch Abzug von Spezialarbeitskräften an vordringliche Investbauten und Mangel an Zement ».
Aus: Stadtarchiv Leipzig. Stadtbauamt. Abt. Hochbau Ib.
29. 11. 49 ... Bericht des Stadtbauamtes der LRS. vom
22. 10. 1949.
23 Stadtarchiv Leipzig (wie Anm. 19), Bl. 70. Arbeitsbericht »Stadtbauamt 2. 9. 1949. An das Nachrichten- und Verkehrsamt über
Dezernat Bauwesen. Bericht über die Teilfertigstellung des Mendebrunnens« sowie Nr. 8585, Bl. 04.
24 Die Analysen wurden durchgeführt von Mitarbeitern des Zentrallabors des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege.
25 Eine identische Patinierung ist selten, da oft eine abweichende
Legierung für die Nacharbeiten verwendet wurde, auch ist das
Gefüge durch die im Vergleich zum Gußprozeß unterschiedlichen Bearbeitungstechnologien verändert; allerdings können
auch Reparaturen späterer Generationen handwerklich hervorragend gearbeitet und dann künstlich treffsicher patiniert worden
sein.
26 Mitarbeiter der Landesämter für Denkmalpflege Bayern, Sachsen
und Sachsen-Anhalt, Restauratoren.
27 Cooper, Martin: Laser Cleaning in Conservation. Oxford 1998.
28 Mipa 2K-MS-Klarlack C 75.
29 siehe in diesem Heft: Mottner, Peter und Monika Pilz: ORMOCER®e – Eine neue Verbindungsklasse zur Konservierung von
Bronzeoberflächen an Denkmälern. S.86 –91.
30 Cosmoloid H 80 in Siedegrenzbenzin 100/140, Mischverhältnis
1:5 –1:10 je nach Applikationsflächen.
Abbildungsnachweis:
Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege: Abb. 8 –10, 14, 16, 17
Fa. Haber & Brandner: Abb. 2, 3, 12, 13, 18, 20, 22, 23
Landesamt für Denkmalpflege Sachsen: Abb. 5, 6, 11, 15, 19, 21
Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek
Dresden, Deutsche Fotothek: Abb. 1, 4, 7
109
Zur Restaurierung des Martin Luther – Standbildes
in Lutherstadt Wittenberg
Birgit Meißner
Die sachsen-anhaltinische Lutherstadt Wittenberg würdigt
seinen berühmten Namensgeber in vielerlei Hinsicht, in den
letzten Jahren bemüht man sich verstärkt um das Luthersche
Andenken.
Die überlebensgroße Bronzestatue Martin Luthers wurde
1821 auf dem prächtigen Marktplatz unter einem neogotischen Eisenbaldachin aufgestellt (Abb. 1). Dieser stellt eine
Besonderheit des Denkmals dar und wurde aus dem zu Beginn
des 19. Jahrhunderts sehr populären Gußeisen gefertigt. Als
Rahmen und Himmelszelt beleuchtet er die Glorie Luthers –
gemeinsam mit anderen »Hilfsmitteln« wie dem edlen Bronzematerial, aus dem die Figur besteht, und der Plazierung der
Figur auf einem hohen Granitsockel, wodurch eine Berührung
der Figur nicht ohne weiteres möglich scheint. Zudem vermittelt die Baldachin-Rahmung, die zugleich eine kraftvolle
Markierung des Denkmals ist, eine Aura der Kostbarkeit, ähnlich einem wertvollen Gemälde oder einer mittelalterlichen
Holzskulptur. All dies entrückt die Figur, fordert aber gleichzeitig zum Betrachten heraus. Dieses Zusammenspiel von Figur,
Baldachin und Sockel schien so geglückt, daß 40 Jahre später
ein Weggefährte Luthers – Philipp Melanchthon – ein stilistisch ganz ähnliches Denkmal im westlichen Bereich des
Marktplatzes erhielt.1
Das Standbild Martin Luthers ist eines der ersten Denkmäler in Deutschland, welches nicht dem Angehörigen eines
Herrscherhauses, sondern einem verdienstvollen Bürgerlichen
gewidmet war. Die Berliner Feldherrenmonumente2 (ab 1779)
vertraten bereits diesen neuen Typus, im Jahr 1818 schuf
Johann Gottfried Schadow das Rostocker Blücher-Denkmal –
der Weg war nun bereitet. Es war gleichzeitig der Beginn für die
Errichtung einer Vielzahl weiterer Luther-Standbilder in ganz
Deutschland, deren Höhepunkt gegen Ende des 19. Jahrhunderts lag.
Die Idee zur Errichtung eines Luther-Denkmals an einer
seiner historischen Wirkungsstätten war bereits 1801 geboren.
König Friedrich Wilhelm III. veranlaßte die Aufstellung der
Statue in Wittenberg. »... Das Denkmal sollte nicht an einen
einzelnen Moment aus Luthers Leben, sondern an sein ganzes
Wirken und Schaffen erinnern, und so war dieser Anforderung
kein anderer Ort so entsprechend, als Wittenberg. Hier war er
zuerst als Reformator aufgetreten, hier hatte die neue Lehre in den
Gemüthern der gebildeten Jugend, die ihn als Professor und in den
Herzen der Gemeinden, die ihn als Prediger hörten, einen sicheren Boden gewonnen, eine Gesellschaft redlicher Gehilfen war hier
um ihn versammelt, und die Landesfürsten, unter deren Schutz
er auftrat, hatten hier ihre Hofburg. ...«.3
Wie auch bei späteren Denkmal-Errichtungen üblich,
wurde ein Komitee gegründet. Dessen Hauptaufgabe bestand
in der Popularisierung des großen Vorhabens, um die notwendigen Spendengelder in der Bevölkerung einzusammeln –
1 Schadows Standbild Martin Luthers unter Schinkels Eisenbaldachin, Zustand vor der Restaurierung (1997)
110
Birgit Meißner
2 Vorzustand der Bronzefigur, starke Verschmutzungen, zum
Teil mit darunterliegender Lochfraßkorrosion (Aufnahme: 1997)
3 Darstellung Martin Luthers auf der Mitteltafel des Altars der
Weimarer Stadtkirche, Lucas Cranach d. Ä., 1553, Öl auf Holz,
Detail
fehlende Beträge wurden meist vom entsprechenden Herrscherhaus hinzugefügt. Die in Wittenberg gesammelten 33 000
Reichstaler reichten aus, um Gottfried Schadow ein Modell
der Luther-Figur entwerfen zu lassen. Aber auch Karl Friedrich
Schinkel wurde um Anregungen zum Denkmal gebeten. Dieser
bevorzugte eine monumentale Ausführung des Denkmalgedankens: eine riesige Halle, verziert mit vielen Wandreliefs,
sollte im Zentrum das Luthersche Standbild aufnehmen.
Schadows Entwurf eines einfachen Standbildes hielt er für nicht
repräsentativ genug – dennoch wurde dessen Modell bevorzugt. Schinkel entwarf dann aber immerhin den Eisenbaldachin
sowie den Sockel, er wählte auch den repräsentativen Standort
gegenüber dem Rathauseingang aus. Trotz der Schwierigkeiten
bei der Verbindung von Granitsockel und Eisenbaldachin
beharrte König Friedrich Wilhelm III. auf dem Granitmaterial,
das in späteren Jahren zum Standardmaterial für Sockel imposanter Denkmäler wurde: »... an dieses Material knüpft sich
indessen die Idee von unerschütterlicher Festigkeit, dem Charakter
des Mannes so entsprechend ... und Ich [Friedrich Wilhelm III.,
d. Verf.] würde es daher nur ungern nachgeben, ein anderes
Material statt des Granits zu wählen ...«.4
Die feierliche Enthüllung des Monuments fand am
31. 10. 1821, dem Reformationstag, im feierlich inszenierten
Rahmen statt. »... Ein heiliges, tiefes Schweigen folgte, durch
keinen Laut, kaum durch ein leises Athmen unterbrochen; und
stille Thränen, von welchen selbst Männeraugen glänzten, füllten
und weiheten die Pause ...«.5
Karl Friedrich Schinkel äußerte sich drei Jahre später noch
einmal zu dem Denkmal: »... Der Baldachin ... fast zu leicht
gehalten ... Der graue Anstrich des Eisens ist sehr schön getroffen
gegen die rötliche Farbe des Granits. An der Statue, welche mit zu
vielen kleinen Falten überladen ist, könnte indessen der Stil der
Falten besser sein; sie sind alle zu gleichmäßig rundlich, haben
keine decidierte Linie und Fläche ... Der Kopf ist recht schön im
Charakter und gut ausgeführt, das ganze Monument dem Platz
angemessen und von angenehmer Wirkung ...«.6
Martin Luther ist barhäuptig, mit langem Predigertalar
bekleidet, dargestellt.7 In der linken Hand hält er die Bibel, auf
deren aufgeschlagene Seiten seine rechte weist (Abb. 2). Beim
Entwurf seines Modells orientierte sich Schadow an bekannten
Darstellungen, die im Laufe der Jahrhunderte bereits eine feste
Vorstellung vom Abbild des Reformators geschaffen hatten
und so zur Autorität geworden waren. Zu nennen sind hier vor
allem der Weimarer Flügelaltar (1553) von Lucas Cranach d. Ä.
(Abb. 3) und die nach Cranach d. J. gestaltete Bronzegrabplatte
Luthers in der Jenaer Stadtkirche St. Michael beziehungsweise
deren Kopie in der Wittenberger Schloßkirche.8 So konnte sich
der künstlerische Genius des Bildhauers vermutlich nur in vorgegebenen Bahnen bewegen, die dennoch ein Modell mit
Vorbildcharakter für spätere Entwürfe entstehen ließen.
»... hat der Künstler mit großem Sinn und glücklicher Wahl
nicht eine einzelne That, sondern die allgemeine That aus Luthers
Leben dargestellt; diese nämlich, daß er das Wort Gottes, welches
päpstlicher Zwang an Ketten angeschlossen, dem Volke zum Trost
und zur Belehrung wieder frei gemacht hat. Mit freudigem Ernst
schaut er herab auf die Menge und deutet auf die aufgeschlagene
Bibel in seiner Hand, die durch seine Uebersetzung zuerst dem
Volke offenbar wurde; einer weiteren Auslegung bedarf das Bild
nicht, jedem ist es verständlich. ...«.9
Zur Restaurierung des Martin Luther – Standbildes in Lutherstadt Wittenberg
111
4 Rechter Talarärmel (West-Seite), dunkle Reste der originalen
Oberfläche, von hellgrün-rauher Patina unterwandert
5 Linker Talarärmel (Osten), Lochfraßkorrosion, Reste von Altkonservierung
6 Kopfbereich, Vorzustand, starke Verschmutzungen, darunter
gleichmäßiges Korrosionsgruben-Netz
Die Statue wurde in mehreren Teilen gegossen, der Gußkern
anschließend großteils entfernt sowie die einzelnen Segmente
miteinander verschraubt und verzapft. Im Laufe der Jahre
wurden die Figur und der Baldachin ab und zu gereinigt und
gepflegt.10 Welche Maßnahmen konservierenden Charakters
tatsächlich an der Bronzestatue unternommen wurden, ist
derzeit allerdings nicht mehr exakt nachweisbar.
Restaurierung
Mit Hilfe des von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderten Bronzeprojektes war es möglich, eine umfassende
Untersuchung der Bronzestatue mit anschießender Restaurierung zu veranlassen. Die Bearbeitung sollte vor Ort erfolgen –
unter den Augen der Einwohner und Touristen.
Es wurden sowohl Materialproben für eine Legierungsanalyse als auch Schabeproben der aufliegenden Schichten für
die Untersuchung der Korrosionsprodukte entnommen11.
Die optische Begutachtung der Bronzeoberfläche führte
schnell zu einer klaren Trennung in unterschiedlich geschädigte Flächenbereiche, abhängig von der jeweiligen Himmelsrichtung. Die rechte und linke Seite der Figur sind nach Westen
beziehungsweise Osten ausgerichtet und zeigten dadurch eine
7 Linke Wange, Musterfläche, nach Vorreinigung
112
Birgit Meißner
8 Anwendung von Schleifleinen zur nivellierenden Reduzierung
der Auflagen an relativ glatten Bereichen (hier: Talarfalte)
9 Nach der Bearbeitung einer Bibelseite mittels Keramikskalpell,
deutlich verbesserte Lesbarkeit durch wiedergewonnene klare
Formen
10 Wachsauftrag im Rückenbereich, farbliche Vertiefungen
erkennbar (Aufnahme: 1998)
unterschiedliche Oberflächenschädigung. Der westliche Bereich
– immer wieder regenbespült und gewaschen – wies nur noch
wenige pulvrige Auflagen auf. Das Metall stellte sich optisch
recht ansprechend und relativ glatt dar. Grüne Farbigkeit überwog, nur in den abgeschatteten Bereichen bestimmten dunkle
Schmutzauflagen das Bild. Bei näherer Betrachtung zeigte es
sich, daß dennoch eine gewisse Rauhigkeit vorhanden war,
verursacht durch den hier vorherrschenden Materialabtrag.
Originale Oberflächenbereiche wurden durch sich immer
weiter reduzierende, partiell noch zusammenhängende bräunlich-schwarze ›Inseln‹ markiert, die – je nach Lage – mit dünnen
Schmutzkrusten überzogen sind. Daneben lagen rauhe, hellgrüne Flächen, die sich bereits unterhalb des originalen
Oberflächenniveaus befinden und somit auch für einen Verlust
künstlerischer Oberflächenzeichnungen und Ziselierungen
stehen (Abb. 4).
An der östlichen Seite hatten sich aufgrund fehlender Abregnung materialfremde Auflagen, Ruß und Schmutz angelagert und zu meßbaren Schichten addiert, welche dann als
Schadstoffkompressen die Umgebungsfeuchtigkeit aufnahmen und auf die Bronzeoberfläche einwirkten. Ergebnis sind
tiefe Korrosionsgruben oder auch netzartig nebeneinander liegende, flachere Mulden, die unter dicken, Form und Farbe verunklärenden bräunlichen Schmutzschleiern liegen und sich
immer weiter in das Metall hineingraben. Hinzu kamen Reste
einer bräunlichen Altkonservierung12 in den tieferliegenden
Bereichen (Gewandfalten), die zur schmutzig-verwaschenen
Wirkung der Oberfläche beitrugen (Abb. 5).
Vorder- und Rückseite der Figur waren durch eine Vermischung der Korrosionsformen gekennzeichnet – abgeregnete, relativ glatte Flächen gingen in aufgerauhte Bereiche über,
die sich wiederum im Korrosionsgrubengeflecht auflösten.
Diese Einflußnahme der Himmelsrichtungen auf das
Schadensbild freibewitterter Bronzedenkmäler sollte vor jeder
Restaurierung berücksichtigt werden, meist lassen sich dadurch
klare Abgrenzungen verschiedener Korrosionsformen sowie
ihrer Ursachen und Verläufe treffen, der Blick für spätere
Vorhaben wird trainiert. Natürlich bleibt dieser Punkt nur
einer von vielen innerhalb der restauratorischen Voruntersuchungen. Gemeinsam mit der Kenntnis über Legierung, aufliegende Korrosionsprodukte (im Zusammenhang mit der
Kenntnis der aktuellen und historischen Umweltbedingungen),
einer Standortcharakteristik (freistehend, unter Bäumen, überdacht ...) lassen sich – mit entsprechender Erfahrung – schon
vor der Besichtigung vor Ort recht wahrscheinliche Aussagen
über den tatsächlichen Zustand der Bronze treffen.
Ebenfalls für den Erhaltungszustand des Martin Luther –
Standbildes von Bedeutung ist dessen Aufstellung unter einem
Zur Restaurierung des Martin Luther – Standbildes in Lutherstadt Wittenberg
Eisen-Baldachin, der zwar eine seitliche Bewitterung ermöglicht, den Kopfbereich aber fast vollständig von direktem
Regenabfluß abschirmt. Dieser war stark verunklärt, erst nach
einer Wasserdampfreinigung waren die kleinen Korrosionsgruben, die das gesamte Gesicht überdecken, besser erkennbar
(Abb. 6, 7).
Die auf der Bronzeoberfläche liegenden Schichten waren
unterschiedlich fest: ganz oben lag ein zumeist leicht entfernbarer, pulvriger Überzug. Darunter befanden sich festere,
schollenartige Gebilde, die teilweise vom Untergrund abplatzten und hier tiefe, metallisch blanke Wunden reißen konnten.
Eine vorsichtige Bearbeitung gerade dieser Bereiche war
besonders wichtig, um die Bronzeoberfläche nicht noch mehr
zu beschädigen.
Auf allen Seiten der Figur wurden Musterflächen angelegt,
die mit unterschiedlichen Werkzeugen (Freilegepinsel, Skalpell,
Schleifleinen, Holzschaber), angepaßt an Lage und Form der
Musterflächen sowie deren Konsistenz, bearbeitet wurden.
Nach der optischen Begutachtung und den naturwissenschaftlichen Analysen ist dies der dritte Weg, die Eigenschaften des
Materials und seiner Korrosionsprodukte zu charakterisieren.
Oft werden hierdurch die Ergebnisse der ersten Untersuchungen bestätigt beziehungsweise präzisiert – das vollständige
Erfassen der Objekteigenschaften ist erst jetzt gegeben. Im
konkreten Fall ließen sich so zum Beispiel die Festigkeit der
aufliegenden Schichten sowie der darunterliegenden Flächenbereiche bestimmen – gemeinsam mit den Analyse-Ergebnissen
entscheidend für die endgültige Festlegung des Restaurierungskonzeptes. Zu beantworten sind Fragen wie zum Beispiel: bis
zu welchem Niveau soll (abtragend) gearbeitet werden? Welches
Werkzeug kann diese Festlegung am besten und möglichst
schonend umsetzen?
Herausgestellt hat sich außerdem, daß in besonders instabilen Bereichen mit dicken Auflagen und darunter liegenden
Lochfraßbereichen bei der Anwendung herkömmlicher Werkzeuge schnell die metallisch-glänzende, ungeschützte Schicht
erreicht wird13 und somit ein Freilegungsniveau geschaffen
wäre, das sich ungeschützt sofort wieder den direkten Angriffen
der Umgebungsbedingungen aussetzen würde. Die Verwendung
von Schleifleinen für klar strukturierte Flächen war hier eine
schonende Methode, um die rauhe, mit Gips- und Schmutzauflagen durchsetzte korrodierte Oberfläche auf ein vertretbares Maß zu nivellieren, allerdings werden dabei gleichzeitig die
obersten Schichten verdichtet (Abb. 8). Es kann hierdurch zwar
keine vollständig plane Oberfläche erzielt werden, jedoch
immerhin ein gewisser Grad der Einebnung. Die Angriffsfläche für aggressive, schädigende Einflüsse verkleinert sich
somit, Mulden und Vertiefungen – Sammelbecken für kompressenartig wirkende Feuchtigkeitsreservoirs – werden reduziert.
Mit Schleifleinen bearbeitete Flächen haben während der
Bearbeitung zudem weniger Abbrüche aufliegender Schichten
zu verzeichnen, die dann meist die gesamten Ablagerungen bis
hinunter auf die blanke Metalloberfläche mitgerissen hätten. Es
kommt beim Einsatz dieses Werkzeuges wahrscheinlich nicht zu
Spannungsrissen mit schollenartigen Abplatzungen – der sanfte,
jederzeit regulierbare Druck vieler kleiner, dicht nebeneinander
liegender Schleifkörnchen verteilt sich offenbar recht gleichmäßig. Mechanisch eher instabile Bereiche sind – nach
Feststellung des Restaurators – besser für eine Überarbeitung
113
11 Nach der Restaurierung, abperlende Regentropfen auf konservierender Wachsschicht
mittels Schleifleinen geeignet, festere Partien lassen sich dagegen auch gut auf traditionellem Wege mit verschiedenen
Skalpellen behandeln.
Auch sehr lockere, pulvrige und dünnschichtige Partien
mußten bearbeitet werden, um einen sicheren Halt der abschließenden Wachskonservierung zu gewährleisten. Diese
benötigt einen relativ festen Untergrund, um nicht durch Witterungseinflüsse zügig wieder abgewaschen zu werden. Porosität ist wiederum kein Problem, da die während des Auftragens
flüssig-pastose Wachsschicht unter diesen Voraussetzungen
besser eindringen kann. Zur Entfernung der pudrigen Schichten reichen oft eine Wasserdampfreinigung – zur Vorreinigung
des Objektes ohnehin notwendig – und die vorsichtige
Bearbeitung mit Freilege- beziehungsweise Stupfpinseln aus.
Das Restaurierungsziel war klar definiert und wurde anhand der bereits genannten theoretischen und praktischen
Vorbereitungen umgesetzt: weitestmögliche Abnahme aller von
außen angelagerten Verunreinigungen. Durchmischte Partien –
die immer noch Informationen des Originalmaterials enthalten
– sollten geglättet und auf eine Wachskonservierung vorbereitet
werden. Die Grundreinigung der Statue erfolgte mit heißem
Wasserdampf, feste, dickere Schmutzauflagen ließen sich hierbei nach längerer Wasserbenetzung mit Pinseln reduzieren.
Nur an schwer zugänglichen Stellen wurden die dicken, festen
114
Birgit Meißner
12 Bronze-Standbild Martin Luthers vor der Restaurierung,
ungereinigt (Aufnahme: 1996)
Krusten mit einem Ultraschallfeinmeißel zertrümmert und
anschließend mit Skalpellen geglättet. Klar strukturierte Partien
mit dickeren Krusten ließen sich – nach diesen Vorarbeiten –
gut mit Schleifleinen nacharbeiten, ohne auf die metallische
Oberfläche zu gelangen. Andere Bereiche mit mäßigem Krustenaufwuchs wurden mit verschiedenen Skalpellen geschabt
(Abb. 9). Für die abschließende Wachskonservierung fand ein
mikrokristallines Wachs Anwendung (TeCero 3534F, Schmelzpunkt 90 – 95°C, gelöst in Shellsol D40 im Verhältnis 1:3 bis
1:4 bei stark saugenden Bereichen, im Verhältnis 1:2 in glatteren Flächenbereichen), hierfür wurde die Bronzestatue mit
Infrarotstrahlern erwärmt. Die durch das Wachs bedingte
Farbvertiefung vereinte die anfangs farblich doch recht unterschiedlich wirkenden Partien zu einem ansprechend wirkenden
Ganzen (Abb. 10, 11).
Anmerkungen
1 Bronzestandbild (Höhe: 2,60 m) unter neogotischem Eisenbaldachin, entworfen von Friedrich Drake und 1865 aufgestellt.
2 Theuerkauff, Christian: Zur Geschichte der Bildhauerkunst in
Berlin und Potsdam von der Mitte des 16. bis zum späten 18. Jahrhundert. In: Ethos und Pathos. Die Berliner Bildhauerschule
1786 –1914. Beiträge. Hrsg. von Peter Bloch, Sibylle Einholz und
Jutta von Simon. Berlin 1990. S. 33 f.
13 Restauriertes Bronzedenkmal mit Wachsüberzug (Aufnahme:
1998)
3 Schadow, Johann Gottfried: Wittenbergs Denkmäler der Bildnerei, Baukunst und Malerei, mit historischen und artistischen
Erläuterungen. (Wittenberg 1825). Reprint: Lutherstadt Wittenberg 1993, S. 121.
4 Schadow (1825) 1993 (wie Anm. 3), S. 123.
5 Westermeier, F. B.: Doctor Martin Luther’s Denkmal zu Wittenberg und die Feyer zur Einweihung desselben am 31ten October
1821. Magdeburg 1821, S. 11.
6 Bellmann, Fritz, Marie-Luise Harksen und Roland Werner: Die
Denkmale der Lutherstadt Wittenberg. Weimar 1979, S. 47.
7 Hier wurde bereits der Typus vieler, später errichteter LutherDenkmäler gezeigt.
Zur Restaurierung des Martin Luther – Standbildes in Lutherstadt Wittenberg
8 Guß 1548/49 durch Heinrich Ziegler, Erfurt, eigentlich für
Wittenberg bestimmt, durch die Schmalkaldischen Kriege in
Thüringen verblieben und 1571 in der Jenaer Stadtkirche St.
Michael aufgestellt; erst 1892 Nachguß für die Wittenberger
Schloßkirche. Vgl.: Das christliche Denkmal. Die Schlosskirche
zu Wittenberg. Hrsg. von Fritz Löffler. H. 71. Berlin 1966, S. 30 f.
9 Schadow (1825) 1993 (wie Anm. 3), S. 124.
10 In den Akten des Stadtarchivs sind entsprechende Angebote
lokaler Handwerksbetriebe belegbar: »... 1867 ... Die Statue
Dr: Martin Luther, welche bronze Guß ist, muß um den Schmutz
und Grünspan zu entfernen mit sehr verdünter Salzsäure sorgfältig gewaschen werden, diese Salzsäure muß nach den die allen
Schmutz und Grünspan aufgelöst sorgfältig mit reines Wasser
abgespült und daß so reines Metall drocken abgerieben werden,
sodan mit dem feinsten Feuerstein=Papier abgeschliffen und mit
guten Metall=Lack lackirt. ...«. Aus: Stadtarchiv Wittenberg.
Instandsetzungsarbeiten am Luther- und Melanchthondenkmal.
1862 –1863, 1868 –70, 1935 –36, 1942. Nr. 3767, S. 11.
11 siehe in diesem Heft: Mach, Martin und Stefan Simon: Metallanalysen freibewitterter Bronzedenkmäler. S. 55 –76, hier: S. 59 f.
115
12 Vermutlich eine Mischung aus Wachsen (Paraffinen?) und Alkydharzen, ein übliches Bindemittel in Malerfarben – eventuell ein
Hinweis auf eine Figurenbehandlung von den mit der Konservierung des Baldachins beauftragten Malerfirmen (Ende 19./
Anfang 20. Jhd.).
13 Auch bei anderen, innerhalb des Projektes bearbeiteten Denkmälern mußte dies festgestellt werden – sowohl am Leipziger
Mendebrunnen, dem Herzog Heinrich-Standbild in Marienberg
als auch am Magdeburger Friesen-Denkmal konnte sich in den
erwähnten Bereichen unter den Schmutz- und Korrosionsauflagen keine schützende, feste Patina ausbilden.
Abbildungsnachweis
Wolfgang Conrad: Abb. 4 – 13
Landesamt für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt: Abb. 1, 2
Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek
Dresden, Deutsche Fotothek: Abb. 3
116
Das Standbild Herzog Heinrichs des Frommen
Exkurs: Die Erfassung von Bronze- und Galvanoplastiken in Datenbanken
Annegret Michel, Birgit Meißner
Herzog Heinrich und die Stadt Marienberg
»... Mit großer Genugthuung hören wir, daß schon seit längerer
Zeit geplant ist, dem Herzoge Heinrich auf dem Marktplatze
Marienbergs ein Denkmal zu errichten, und dürfte diese gute
Absicht wohl um so schneller zu verwirklichen sein, wenn man
durch freiwillige Sammlungen unter den Bürgern und Freunden
der Stadt den schon vorhandenen Fond, welchem auch zum
Teil ein etwaiger Reinertrag gegenwärtiger Gedenkblätter zugewiesen werden soll, möglichst zu erhöhen sucht. Überlassen wir
aber vor der Hand der Zukunft, ob und wann das sichtbare
eherne Monument errichtet werden wird: Eines wissen wir
jetzt bereits, daß nämlich dem ›guten, frommen Heinz‹ ein
unvergängliches Denkmal der Liebe und Verehrung in den
Herzen gesichert ist, so lange es dankbare, treue Sachsen giebt.
Sein Andenken, es bleibet allezeit ein Segen! ...«1
Am 30. Juli 1900 war es endlich soweit, daß die Marienberger ihrem »Heinrich« ein Denkmal weihen konnten. Im »Erzgebirgischen Nachrichten und Anzeigenblatt« vom 2. August
1900 heißt es: »... Die überlebensgroße Figur erhebt sich auf
einem über 1m hohen Block aus schwedischem Granit, welcher auf einem annähernd ebenso hohen Sockel aus demselben
Gestein ruht. Der Herzog, zu dessen Darstellung sich der geniale Künstler, Herr Bildhauer Offermann aus Dresden, ein Bildniß von Lukas Kranach zu Grunde gelegt hat [Abb. 1, d. Verf.],
trägt Brustpanzer, Ringkragen und lederne Beinschienen, ist
barhäuptig und mit Degen und Dolch umgürtet. Mit beiden
Händen hält er das gewaltige Schlachtschwert, den ›Zweihänder‹,
welcher in schräger Haltung auf den Boden gestützt ist. Zu seinen Füßen hinter ihm liegen der reich mit Federn geschmückte
Helm, die Bibel und die Friesenkette, an welcher er von den
friesischen Empörern seiner Zeit gehenkt werden sollte. Das
Standbild ist eine Stiftung des sächs. Kunstfonds, während der
Unterbau aus städtischen Mitteln beschafft und von dem
Berliner Granitwerk von Kessel und Röhl ausgeführt ist. ...«2
Herzog Heinrich von Sachsen (1473 –1541) war mit 66
Jahren schon recht betagt bei seinem Regierungsantritt im
Jahre 1539. Seinen Regierungsaufgaben war er nicht so recht
gewachsen, wie sich schon bald zeigte: »... Als sein Vater 1499
Friesland verließ, um sich endlich wieder den Aufgaben in der
Heimat zu widmen, setzte er Heinrich zu seinem Stellvertreter
ein, doch dieser versagte völlig. Unerfahren und ungeschickt
wie er war, reizte er die freiheitsliebenden Friesen, die ihn in
seiner Residenz Franecker belagerten und schon die Kette
bereithielten, an der sie ihn aufhängen wollten. Nur dem
schnell herbeigeeilten Vater war es zu danken, daß er befreit
und Friesland wieder zur Ruhe gebracht wurde. ...«3
Diese sogenannte Friesenkette hat Offermann auf dem
Denkmal zu Füßen des Fürsten verewigt. Ein weiteres wichtiges Attribut für den »frommen Heinrich« ist die Bibel, auf der
1 Vorbild für den Entwurf der Bronzestatue: Bildnis Herzog
Heinrich des Frommen von Lucas Cranach d. Ä. (1537, Lindenholz, 2,08 m × 0,89 m, Staatliche Kunstsammlungen Dresden –
Gemäldegalerie Alte Meister, Kriegsverlust)
Das Standbild Herzog Heinrichs des Frommen
sein Helm ruht. »... Mit ihm ging ein gutmütiger, milder und
biederer Fürst dahin, der in seiner kurzen Regierungszeit von
zwei Jahren nur deshalb für die sächsische Landesgeschichte
eine Bedeutung erlangte, weil er im albertinischen Herzogtum
Sachsen die Reformation einführte. Die lutherisch geprägte Geschichtsschreibung hat ihm aus diesem Grunde den Beinamen
des Frommen gegeben, obwohl sich eine persönliche Frömmigkeit, wie etwa bei Friedrich dem Weisen und Georg dem Bärtigen, bei ihm kaum feststellen läßt. Es ist gezeigt worden, daß
sein Weg in die Reformation vor allem das Werk seiner Frau
war. So ist es lediglich sein Verdienst gewesen, daß er diesen Weg
mitgegangen ist, und sich ihm nicht widersetzt hat. ...«4
Doch um dem bis heute sehr populären und sicherlich
damals recht beliebten Heinrich die Ehre zu geben, darf man
auch einen weiteren großen Verdienst nicht außer acht lassen:
»... Die einzige bemerkenswerte Leistung seines Lebens war die
Gründung der Bergstadt Marienberg, die er nach einem vom
Freiberger Stadtphysikus Ulrich Rülein von Calw entworfenen, streng geometrischen Grundriß dort errichten ließ, wo
sich in seinem Amt Wolkenstein neue mächtige Silbererzlager
3 Bronzestandbild Herzog Heinrichs vor der Restaurierung
(März 1997)
117
2 Historische Postkarte (um 1910), alter Standort zentral auf
dem Marktplatz, handkoloriert, Braunpatina
aufgetan hatten. Seinen schmalen Einkünften kam das sehr
zustatten. ...«.5 Bei dieser Stadtgestaltung wurden zum ersten
Mal in Deutschland die Prinzipien der als Ideal angesehenen
italienischen Stadtanlagen verwirklicht.
4 Erste Untersuchungen im März 1997
118
Annegret Michel, Birgit Meißner
Voruntersuchungen
5 Gesichtspartie, Vorzustand
Zur Geschichte des Denkmals
Das überlebensgroße Standbild des Stadtgründers wurde, wie
bereits erwähnt, am 30. Juli 1900 auf dem Marienberger Marktplatz aufgestellt (Abb. 2).
Entworfen von Friedrich Offermann (Signatur an der Südseite der Plinthe) und gegossen in Lauchhammer, wurde es auf
einem von Paul Wallot entworfenen Sockel aus rotem schwedischem Granit aufgestellt.6 Einstmals zierten es eiserne Ketten
und Säulchen im farbig abgesetzten Pflaster des Platzes. 1970
wurde im Zuge eines Umbaus des Marktplatzes (wobei sicher
auch der sehr unglücklich hinter dem Denkmal plazierte Imbißkiosk aufgestellt wurde) das gesamte Standbild etwa 4,50m
nach hinten und 1,80m nach links versetzt. Bei der Demontage wurde für das Bronzebild ein Gewicht von 1,2t angegeben, die Höhe der Figur ohne Sockel beträgt 2,95m.
Das Wappenschild des albertinischen Sachsens auf der Vorderseite des Sockels – gegossen von Adalbert Milde und Co. –
ist umrahmt vom Thüringer Wappen, dem der Mark Meißen,
der Pfalzgrafschaft Sachsen und schließlich unten rechts vom
Landsberger Wappen, einem der Sitze der Wettiner. Die Bronzebuchstaben der Inschrift »Herzog Heinrich dem Frommen,
dem Gründer Marienbergs 1521« wurden von der galvanoplastischen Kunstanstalt Geislingen/Steige hergestellt.
Im Zuge der wissenschaftlichen Voruntersuchungen wurden zur
Feststellung der Legierungszusammensetzung verschiedene
Proben entnommen, um etwaige Schäden und Schadensbilder
besser erklären zu können. Im Zwischenbericht des Bayerischen Landesamtes (Zentrallabor) heißt es dazu, daß das 3,43m
hohe Standbild aus einer Zinnbronze mit durchschnittlich
92,5% Kupfer und 6,6% Zinn sowie geringfügigen Gehalten
an Eisen, Nickel und Antimon in abnehmender Konzentration
besteht. Blei konnte nur in minimalen Spuren in einzelnen
Proben nachgewiesen werden.
»... Die für die geplante Restaurierung des Bronzestandbildes Heinrichs des Frommen durchgeführten naturwissenschaftlichen Voruntersuchungen lassen sich zusammenfassen:
Das Verwitterungsmuster steht in engem Zusammenhang mit
der eingesetzten Legierung und deren Struktur. Die Hauptkomponente der Patina Antlerit deutete daraufhin, daß der
Korrosionsprozess in der Oberfläche des Denkmals in diesem
Jahrhundert unter den Bedingungen des ›Nebel-Regimes‹ bei
überdurchschnittlich niedrigen ph-Werten verlaufen ist. Die
Anwesenheit von Kupfersulfathydroxidhydraten in den pockenartig aufgeworfenen Bereichen zeigt einen weiterhin aktiven
Korrosionsprozess an, der nicht zu einer stabilen Situation in
der Patina geführt hat. Die Anteile löslicher Salze in der Patina,
insbesondere in den besonders geschädigten Bereichen, sind
relativ hoch. Chloride und Sulfate sind mit hohen Anteilen
vertreten. Eine sorgfältige Entsalzung, unter Umständen unter
Zusatz von Tensiden und unter naturwissenschaftlicher
Kontrolle sollte daher jedem weiteren stabilisierenden Eingriff
in das Patinasystem vorausgehen. ...«.7
Auf der Grundlage dieser Untersuchungsergebnisse wurde
dann in Zusammenarbeit mit den ausführenden Restauratoren
das Restaurierungskonzept erarbeitet.8
Ein Kriterium bei der Auswahl des Marienberger Denkmals für eine Restaurierung war seine relative Nähe zur Grenze
der Tschechischen Republik, was eine hohe Umweltbelastung
besonders vor 1990 bedeutete – nahe der Grenze befanden
(und befinden sich zum Teil noch heute) zahlreiche Kohlekraftwerke. Die vorliegenden Untersuchungsergebnisse bestätigten
die hohe Salzbelastung und Oberflächenverschmutzung.
Es zeigten sich daher verschiedene Schadensbilder (Abb.
3 – 6): dicht nebeneinander lagen schollenartige Aufwerfungen
von Krusten, pockenartige Korrosionskrater und starke GrünSchwarz-Kontraste sowie glatt patinierte Breiche. Teilweise war
bereits ein Substanzverlust an den Oberflächen eingetreten, besonders betroffen waren – wie auch bei anderen Bronzedenkmälern – die unbewitterten Bereiche. Plastische Formen
sind so oftmals schwer ablesbar, Gesichtspartien durch starke
Farbkontraste entstellt.
Zudem waren einige mechanische Schäden erkennbar: der
untere Teil des Rapiers war abgebrochen und verloren, wahrscheinlich eine Folge von Gewaltanwendung. Am Zweihänder
gab es aufgrund von Rostbildung der inneren Armierung starke
Verformungen sowie im unteren Bereich rotbraune Verfärbungen. Am Übergang von der Plinthe zum Sockel fehlten alle
Senkschrauben, diese wurden durch eine Weichlotnaht eines
früheren Eingriffes ersetzt. Einzelne eingesetzte Stahlschrauben
waren stark korrodiert.
Das Standbild Herzog Heinrichs des Frommen
119
Zur Restaurierung
Wie bereits erwähnt, wurde nach den Voruntersuchungen
durch das Zentrallabor des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege ein Restaurierungskonzept entworfen, das zuerst
eine Entsalzung der Metalloberfläche beinhaltete.9 Die Figur
wurde komplett in einem eigens dafür hergestellten Gefäß mehrfach gewässert, um Salze zu eliminieren. Eventuell trotzdem in
den Oberflächenkratern verbleibende Reste wurden später nach
dem Trocknen durch das Aufbringen von mikrokristallinem
Schutzwachs passiviert.10 Diese Wachsschicht ermöglichte im
Sinne einer Zwischenkonservierung zugleich eine leichtere und
schonendere, weit elastischere Oberflächenbearbeitung (Abb. 7).
Das Einebnen der zerklüfteten Bereiche der Metalloberflächen erfolgte auf mechanischem Wege durch Ausdünnen
und Glätten aufliegender Schichtkrusten mittels Skalpell und
schleifender Werkzeuge wie Riffelfeilen und Schleifpapier, an
feinteiligen Partien wie Bart und Wangen auch mit feinen
Bürsten. Diese relativ neue Methode zeigte mehrere Vorteile:
neben dem geringeren Materialabtrag konnte auch das Aufbrechen von Krusten und Kratern geringer gehalten beziehungsweise flächig auf kleinere Bereiche begrenzt werden – die
Oberflächen erwiesen sich als weniger spröde. Durch die
schleifende Methode fand gleichzeitig eine Verdichtung der
Oberfläche statt.
Die Eisenarmierungen am Zweihänder wurden aufgrund
ihrer starken Korrosionsspannungen entfernt und die aufgetriebene Bronzehaut anschließend kalt zurückgeformt. Die
Rapierergänzung erfolgte nach historischem Vorbild und
wurde in Bronze nachgegossen, farblich dem Originalstück
7 Rechte Wade während der Restaurierung, festigende WachsZwischenkonservierung
6 Rechte Wade, Vorzustand
8 Rechter Wadenbereich, Abschlußzustand, wachskonserviert
120
Annegret Michel, Birgit Meißner
angepaßt und abschließend mit der originalen Ausführung
entsprechenden Nietschrauben befestigt (Abb. 9).
Bei der Konservierung der Oberfläche war aus ästhetischen
Gründen ein seidenmatter Glanz erwünscht. Es wurde daher
auf ein mikrokristallines Schutzwachs zurückgegriffen, hier in
einer Mischung aus weicherer und härterer Komponente, die
gleichzeitig durch ihren höheren Schmelzpunkt ein späteres
Anhaften von Staub und Schmutz erschweren würde (Abb. 8,
10). Ergänzungen kleinerer Ausbrüche und Krater wurden in
einem schwarz eingefärbten, weichen, mikrokristallinen Knetwachs ausgeführt.11
Die Wiederbefestigung des Denkmals auf dem Granitsockel erfolgte mit einem neuen, reversiblen Befestigungssystem
aus Edelstahl.
Schlußbemerkung
Am 28. April 1999 konnten die Marienberger »ihren« Heinrich
wieder in Marienberg empfangen. Wie viel ihnen an dem
Denkmal gelegen ist, zeigte zum einen die große Anteilnahme
am Ab- und Aufbau – ungeachtet des jeweils recht mißlichen
Wetters. Zum anderen wurde, um die trotz der großzügigen
Förderung durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt noch
nicht ausreichenden Mittel zusammenzubringen, eine
Bilderauktion durch die Stadtverwaltung Marienberg ins
Leben gerufen. Ortsansässige Künstler stellten ihre Werke zur
Verfügung, und diese konnten öffentlich ersteigert werden.
10 Festrede des sächsischen Landeskonservators Prof. Dr. Gerhard
Glaser anläßlich der Wiedererrichtung des Denkmals am 2. Mai
1999, mit Bergparade, Kinderchor und Kapelle
Als dann am 2. Mai nach festlichem Gottesdienst mit
anschließender großer Bergparade und festlichen Ansprachen
das Denkmal wieder enthüllt wurde (Abb. 11), war wohl jedem
Marienberger die Freude darüber anzusehen – was alle an Vorbereitung, Betreuung und Durchführung der Restaurierung
Beteiligten wiederum sehr gefreut hat.
Exkurs: Erfassung von Bronze- und Galvanoplastiken
9 Wachskonservierte linke Hand mit ergänzter Rapierklinge, die
mit Nietschrauben am Original befestigt ist
Ein Teil der Aufgaben des Bronzeprojektes umfaßte die Inventarisation ausgewählter Bronze- und Galvanoplastiken in Sachsen und Sachsen-Anhalt, um zum einen bestimmte Zustände
zu einem jeweiligen Zeitpunkt festzuhalten, zum anderen aber
auch Vergleiche ziehen zu können und Hilfestellungen bei einzelnen Entscheidungsfindungen zu erhalten.
Voraussetzung für diese Erfassung von Bronzeobjekten (und
Kunstdenkmälern generell) ist die Klärung einiger grundlegender Fragestellungen, die anhand der sich im Verlauf des
Bronzeprojektes konzipierenden Datenbank erläutert werden
sollen.
Die Festlegung dieser grundlegenden Kriterien war die
Voraussetzung für die Entwicklung eines Erfassungsschemas,
das sowohl länderübergreifend für dieses Projekt als auch langfristig in den einzelnen Landesämtern Arbeitsgrundlage sein
soll. Bei entsprechender Bewährung könnte es zudem für andere Erfassungstypen – zum Beispiel Kunstgüter unterschiedlicher Art – angewendet werden.
Die einzelnen Fragestellungen des Schemas wurden bis zu
einem bestimmten Zeitpunkt auf der Grundlage theoretischer
Das Standbild Herzog Heinrichs des Frommen
Problem
Festlegung einer oder mehrerer
gemeinsamer Eigenschaften
aller zu erfassenden Objekte
Ziel der Erfassung
Umfang der zu erfassenden
Daten
zeitliche Eingrenzung der zu
erfassenden Objekte
regionale Ausdehnung
Personen-, Zeit- und
Materialeinsatz
zukünftiges Arbeitsmodell
Archivierung
Anwendung im Bronzeprojekt
hier: Material
(Bronze)
Arbeitswerkzeug für Denkmalpflege und Restaurierung,
Austausch der Daten mit
anderen Institutionen
alle relevanten Kriterien,
aber dennoch kurze, prägnante
Charakteristik des Objektes
sämtliche Bronzen, Kunstwerke
neueren Datums (nach 1945)
werden zumindest mit ihrem
Standort erfaßt12
modellhafte Erfassung, dies
meint: nur einzelne Gebiete
werden vor Ort untersucht,
sonstige Informationen werden
stichpunktartig für eine spätere
Bearbeitung gesammelt
eine wissenschaftliche Mitarbeiterin für 2,5 Jahre; Arbeitsmittel:
Computer- und Fototechnik
fortlaufend geführtes
Arbeitsinstrument
Computerdatenbank
Überlegungen und praktischer Tests an den Objekten immer
wieder ergänzt. Das vorläufige Ergebnis wurde im Anschluß
daran Mitarbeitern der Landesämter für Denkmalpflege in
Bayern, Sachsen und Sachsen-Anhalt – Restauratoren und
Naturwissenschaftlern – vorgestellt und diskutiert. Das Resultat
ist ein Inventarisationsschema, das seitdem für viele Bronzedenkmäler Anwendung fand und Basis einer Datenbank geworden ist. Es ist als »Maximalschema« zu verstehen, dessen
einzelne Punkte nur selten ohne größeren Arbeitsaufwand vollständig ausgefüllt werden können – dies bestätigt die
Orientierung auf ein langfristig angelegtes Arbeitswerkzeug.
Wichtig erschien hier als allererstes die eindeutige Definition des jeweiligen Objektes in seinem Standort mit einer kurzen Beschreibung und Fotografie, um es klar festzulegen.
Im folgenden werden die einzelnen Punkte der Erfassung sowie deren Inhalt erläutert und am Beispiel des Bronzestandbildes
Herzog Heinrichs des Frommen in Marienberg vorgestellt.
Erfassung des Denkmals Herzog Heinrichs des Frommen
in Marienberg
1 Bezeichnung
Es sollte eine eindeutige Benennung erfolgen, da dieser Terminus häufig als zentraler Suchbegriff auftreten wird. In der Regel
ist er durch das Denkmal selbst, eine Inschrift oder auch langjährige Traditionen festgelegt. Ist dies nicht der Fall, sollte eine
leicht nachvollziehbare, kurze Benennung anhand der äußeren
Gestaltung beziehungsweise des dargestellten Inhaltes festgelegt werden.13
Bsp.:
Herzog Heinrich der Fromme
■■■
121
2 Typus
Hier sind bestimmte Kategorien zu definieren, in welche sich
die Bronzen einordnen lassen, wie zum Beispiel (Personen-)
Standbild, Reiterstandbild, Büste, Relief.
Bsp.:
Standbild
■■■
3 Standort
Ort, Adresse
Bsp.:
Marienberg, Marktplatz
■■■
4 Datierung
Die Nennung verschiedener Daten ist möglich, wichtig ist
hierbei aber der Verweis auf die entsprechende Quelle.14 Nicht
nur unterschiedliche Quellen können die Ursache für verschiedene Daten sein, sondern auch die Orientierung auf ganz
andere Ereignisse, zum Beispiel das Jahr der Auftragsvergabe an
den Künstler, das der Grundsteinlegung des Denkmalsockels,
des Gusses und – am häufigsten – das der Enthüllung.
Bsp.:
1900/126 15
■■■
5 Künstler
Manchmal sind getrennte Aufgabenbereiche nachweisbar (Entwurf, Modell, Ausführung, auch bei der Sockelgestaltung).
Bsp.: Offermann, Friedrich (Bronzemodell)/ Inschrift;
■■■
Wallot, Paul (Sockel)/155
6 Gießerei
Hier geben vor allem Signaturen Aufschluß.
Bsp.: Lauchhammer (Figur)/126; Adalbert Milde & Co
■■■
(Wappen)/Stadtarchiv Marienberg
7 Eigentümer
Eigentumsverhältnisse lassen sich im Zuge der Erfassung in der
Regel erst im Nachhinein durch entsprechende Anfragen und
Nachforschungen feststellen.
Bsp.:
Stadt Marienberg
■■■
8 Maße/Gewicht
Es werden die Gesamtmaße des Denkmals sowie die Maße
und das Gewicht des Bronzeobjektes aufgeführt. Teilweise werden diese Angaben aus der Literatur übernommen oder sind
nur mit größerem Aufwand oder im Zuge einer Restaurierung
zu ermitteln.16 Neben direkten Messungen können Schätzungen und Vergleiche mit dem zumeist leichter meßbaren Sockel
einen ersten Anhaltspunkt geben.
Bsp.:
Höhe Figur: 2,95 m; Gewicht: 1,2 t
■■■
9 Material
Hier können die Legierungszusammensetzung, sich daraus
ergebende Schlußfolgerungen zur Eigenart des Materials, eventuell entsprechende Kartierungen sowie Konsequenzen für den
bisherigen und weiteren Schadensverlauf vermerkt werden.
Bsp.:
Zinnbronze, durchschnittlich 92,5 % Cu und
■■■
6,6 % Sn (detaillierte Ausführungen hierzu:
siehe Untersuchungsbericht BLfD)
10 Lage/Umgebung
Aufgeführt werden die Standort- und Umgebungsbedingungen des nahen Umfeldes, welche Auswirkungen auf das
122
Annegret Michel, Birgit Meißner
11 Restauriertes Bronzestandbild nach Wiederaufstellung auf dem Marienberger Marktplatz (Mai 1999)
Das Standbild Herzog Heinrichs des Frommen
Erscheinungsbild, den Zustand des Bronzeobjektes und dessen
weiteren Schadensverlauf haben können, zum Beispiel: Klima,
Wind- und Regenschutz durch nahestehende Architektur oder
Vegetation, auch die Verkehrslage der Umgebung ist von entscheidender Bedeutung. So zeigt eine ungeschützte, beregnete
Bronzeoberfläche ein anderes Erscheinungsbild als ein regengeschützter Bereich, an welchem die Schadstoffe nicht regelmäßig abgespült werden können.
Bsp.:
freistehend, kein Wind- und Regenschutz, zentrale
■■■
Lage, normales Verkehrsaufkommen
11 Beschreibung
Die Charakteristik des entsprechenden Objektes ist untergliedert in eine kurze Beschreibung der Denkmalanlage (direktes
Umfeld, eventuell Architektur, Umzäunungen …) sowie die
des Bronzeobjektes selbst.
11.1 Gesamtanlage
Bsp.: gepflegte Denkmalanlage, der exponierten Lage des
■■■
Denkmals entsprechend; um den Sockel Gehwegplatten mit einseitigem Zugang, als Abschluß Rasenbelag und Blumenbepflanzung, umgeben von einer
niedrigen Umzäunung nach historischem Vorbild
(Gußpfeiler und Ketten)
11.2 Bronzeobjekt
Hier lassen sich neben der reinen Beschreibung auch kunsthistorische Vergleiche und Vorbilder sowie Besonderheiten und
anderes mehr einfügen.
Bsp.: Herzog Heinrich ist als ritterlicher Kriegsmann mit
■■■
vorgestelltem Spielbein dargestellt, er trägt einen
Brustpanzer, Kettenkragen sowie Arm- und Beinschienen; der Blick ist grimmig, die Stirn in Falten
gelegt, das Haar ist kurz, der üppige Bart wallt bis
auf die Brust hinab; ein diagonal vor seinen Körper
gehaltener mannshoher Zweihänder unterstützt seine
landesväterliche Würde, an einem Tragegurt hängen
ein (abgebrochener) Degen mit Querarm, Stichblatt
und Korb sowie ein Dolch mit Scheide; auf einer
Bibel (Einführung der Reformation 1539 in Sachsen,
darum auch sein Beiname »der Fromme«) steht ein
prächtiger Visierhelm mit Federbusch, ihm zu Füßen
liegt die sogenannte Friesenkette (bei einem Aufstand
der Friesen sollte er als Statthalter damit stranguliert
werden, nach der Rettung durch seinen Vater hob er
die Kette zur Erinnerung auf /155); der Bronzesockel
wird durch einen mächtigen Steinquader auf einer
schmalen, aus Kupferblechen zusammengeschraubten Plinthe gebildet
12 Inschriften
Es werden sämtliche Inschriften am gesamten Denkmalobjekt
(Brunnenbecken, Sockel, Bronzeplastik) aufgeführt. Wichtig
ist hierbei eine Lage-, Zustands- und eventuell Typusbeschreibung. Zur besseren Vorstellung beziehungsweise Überprüfung
sollten diese Schriften immer auch fotografisch erfaßt werden.
Bsp.: Sockel, zweite Stufe, West-Seite: »GRANITWERK/
■■■
KESSEL & RÖHL/BERLIN« (Gravur); Sockelkubus, Vorderseite, Ost-Seite: »Herzog/Heinrich/dem
Frommen,/dem Gründer/Marienbergs/1521.« (deut-
123
sche Druckschrift); Bronzeplinthe, Süd-Seite: »OFFERMANN«, darunter »1899« (schwer lesbar)
13 Herstellung
Es werden alle Angaben aus der Literatur beziehungsweise der
Besichtigung vor Ort aufgenommen, die Aufschluß über das
Herstellungsverfahren und den Montageprozeß geben. Dieser
Punkt wird im Laufe späterer Restaurierungen durch entsprechende Fachleute in näheren Untersuchungen erweitert. Auch
zur Zeit nicht zu deutende, ungewöhnliche Oberflächenspuren
und andere Kennzeichen können hier benannt werden.
Bsp.: die Plinthe ist aus dünnen Kupferblechen zusammen■■■
geschraubt, Rostspuren am Zweihänder (Eisenarmierung), Bronzeflickungen im Sockelbereich
14 Sockel
Hier erscheint es sinnvoll und notwendig, in verkürzter Form
einige Kenndaten aufzunehmen, da sowohl der (Stein-)Sockel als
auch die Bronze kaum isoliert voneinander betrachtet werden
können und zumeist auch in direkter Abstimmung zueinander
konzipiert wurden. Zudem lassen sich unter Umständen am
Steinsockel Spuren der Geschichte des Denkmals ablesen, die am
Bronzeobjekt selbst möglicherweise schon beseitigt wurden.17
14.1 Datierung
Bsp.: anläßlich der Umsetzung des Denkmals 1970 wurde
■■■
ein »neuer Sockel vorbereitet« /156 – dies meint
eventuell: ein neues Fundament?
14.2 Maße
Bsp.:
unterste Stufe L/B/H 2,86 m ¥2,86 m ¥0,27 m;
■■■
obere Stufe 1,95 m ¥1,95 m ¥0,50 m;
Kubus 1,3 m ¥1,3 m ¥1,7 m
14.3 Material
Bsp.:
schwedischer, roter Lysekil-Granit/155
■■■
14.4 Beschreibung
Bsp.: zwei umlaufende Stufen tragen einen quadratischen
■■■
Kubus mit Sockelgesims; an der Vorderseite Gedenkinschrift (siehe Pkt. 12) sowie daneben das Wappen
des albertinischen Sachsen (oben links: Wappen von
Thüringen, oben rechts: Wappen der Mark Meißen,
unten links: das der Pfalzgrafschaft Sachsen, unten
rechts: Landsberger Wappen)/154
14.5 Zustand
Bsp.:
gut – 1970 eventuell erneuert? (siehe Punkt 14.1)
■■■
14.6 Sonstiges
15 Objektgeschichte
Dieser Punkt stellt eine Datensammlung aller relevanten historischen Informationen zum Objekt dar. Für die Restaurierung
von unmittelbarer Bedeutung sind hierbei Maßnahmen, welche
direkt am (Bronze-)Objekt durchgeführt wurden – Reparaturen, Umsetzungen, Schutzüberzüge ...
124
Annegret Michel, Birgit Meißner
15.1 Auftraggeber
Der Initiator beziehungsweise unmittelbare Auftraggeber eines
Denkmals läßt sich meist nur durch Literatur- und Aktenrecherchen herausfinden und ist bei der ersten Schnellerfassung oft
noch nicht feststellbar (es sei denn, es lassen sich widmende
Gedenkinschriften finden).
Bsp.: Kostenübernahme (Bronzefigur) durch das Ministe■■■
rium des Innern, Kunstfond /155, Finanzierung des
Sockels durch die Stadt Marienberg
15.2 Historie
Es können – je nach Notwendigkeit und Bedeutung – kurze
Angaben zur Person der oder des Dargestellten, aber vor allem
zur Entstehungsgeschichte und die sich daran anschließende
Historie des Denkmals erläutert werden.
Bsp.: Herzog Heinrich war der Regent der Ämter Freiberg
■■■
und Wolkenstein und kurzzeitig Kurfürst (1539 –
1541), 1521 gründete er die Bergstadt Marienberg,
1539 führte er in Sachsen die Reformation ein
15.3 Restaurierungen / Reparaturen
In diesem Abschnitt werden sämtliche am Objekt oder in den
Akten nachweisbare Veränderungen durch Restaurierungen oder
Reparaturen aufgenommen, um anhand dieser Maßnahmen
das jetzige Erscheinungsbild nachvollziehen und verstehen zu
können.
Bsp.: Ende 1970 wurde das Denkmal im Zuge einer Neu■■■
gestaltung des Marktes versetzt – 4,20 m bis 4,50 m
(/157) nach hinten, 1,80 m nach links sowie 0,70 m
tiefer (?), dabei wahrscheinlich Herstellung eines neuen
Sockels /156 (aber auf alten Ansichten von gleicher
Form und Höhe – eventuell nur neues Fundament);
kein Hinweis auf Pflegearbeiten am Denkmal,
Schrift und Wappen wurden aber sicher gereinigt
und ein oder zwei Buchstaben in Blei ergänzt
16 Restauratorische Zustandsbeurteilung
Dieser Teil der Objekterfassung wird bei einer geplanten
Restaurierung in Zusammenarbeit mit einem Restaurator
exakt erfaßt werden. Eine zuvor erstellte, kurze, stichpunktartige Schadensbewertung bietet in Zusammenhang mit einer
Ortsbegehung und fotografischen Erfassung aber schon eine
erste Hilfestellung.
16.1 Schadenserfassung
16.1.1 Oberfläche
Hier wird die Oberfläche optisch charakterisiert sowie deren
farbliche und strukturelle Merkmale festgehalten.
Bsp.: farblich heterogene Oberfläche, unterste grüne
■■■
Schicht großflächig von bräunlich-schwarzen Schichten überlagert; darauf bzw. damit verbunden braune,
selektiv zu meßbaren Schichten aufwachsende Bereiche mit Lochfraßbildung und Substanzverlust
(vor allem in Regen-Schatten-Bereichen); hellgrüne,
nur punktuell sichtbare Patina im Gesicht von
schwarzer, fester Schicht überzogen; das Schwert ist
unterhalb des Griffes abgebrochen (Nachguß anhand
historischer Vorlagen möglich, da es sich lediglich um
die Klinge handelt und der Ansatz noch vorhanden
ist); der Zweihänder ist aufgetrieben (korrodierendes
inneres Eisengerüst, Volumenzunahme verursachend)
16.1.2 Statik
An dieser Stelle können Hinweise auf schadhafte Befestigungen (erkennbar beispielsweise an Rostablaufspuren), aber auch
sonstige statische Probleme der Bronze (nachvollziehbar aufgrund fehlender Metallteile) und Vermutungen zur Befestigung
des Denkmals aufgenommen werden.
Bsp.: Verbindung zum Sockel bedingt instabil; Austritt von
■■■
Rostwasser (rostende Eisenarmierung?), Rostspuren
auch an den Verbindungselemeten der Bronzeplinthe
(Eisenschrauben, wahrscheinlich von 1970)
16.1.3 Dringlichkeitswertung
Dieser Punkt wird direkt bei der Erfassung vor Ort relevant
und kann zumeist erst dort bewertet werden. Es lassen sich hier
auffällige Schadensbilder vermerken und klassifizieren, die unter
Umständen zu einer tiefgreifenden oder gar irreparablen Schädigung des Objektes führen können und somit baldmöglichst
behandelt oder zumindest neutralisiert werden müssen. Eine
möglichst genaue Beschreibung in Zusammenhang mit fotografischen Aufnahmen erweist sich als notwendig, um im
Nachhinein weitere Experten zu Rate ziehen zu können. Die
Bewertung dieses Abschnittes ist für das Objekt von besonderer
Bedeutung und sollte somit ständig von den Nutzern der
Datenbank beobachtet und gegebenenfalls aktualisiert werden.
Bsp.: Gefährdung der Statik – Verbindung der Figur zum
■■■
Sockel schadhaft, Stabilsierungsmaßnahmen oder
Abnahme der Figur im Zuge der geplanten Restaurierungsmaßnahmen ist dringend erforderlich
16.2 Schadensursachen
Sie lassen sich häufig aus vorangegangenen Punkten ableiten –
die Zusammensetzung der Legierung kann beispielsweise Rückschlüsse auf das Korrosionsbild ermöglichen und hilft, es zu
deuten und zu verstehen. Auch die Angaben zur Lage und Umgebung, zur Herstellung, zu Restaurierungen und Reparaturen
können bei der Suche nach Schadensverursachern Antworten
geben. Bei der Erstellung einer größeren Datenbank und den
sich daraus ergebenden Vergleichen lassen sich dann hypothetische Schlußfolgerungen zur Charakteristik der Schadensbilder
einer zeitlich oder materialtechnisch vergleichbaren Objektgruppe ziehen.
Bsp.: statische Probleme möglicherweise verursacht durch
■■■
rostende Eisenarmierungen infolge eintretenden Wassers oder auch der Umsetzung des Denkmals in den
siebziger Jahren (Anhebung mit schwerem Sockel),
freistehende Lage der Figur (kein Windschutz), starke
Luftverschmutzungen (Braunkohle-Industrie) ...
16.3 Maßnahmen – Empfehlungen
Hier lassen sich Vorschläge – in komprimierter Form – oder
auch detaillierte Ausführungen eines Restaurators plazieren.
Das Standbild Herzog Heinrichs des Frommen
16.3.1 Sofortmaßnahmen
Aus Punkt 16.1.3 lassen sich diese Maßnahmen ableiten und
begründen.
Bsp.:
statische Sicherung beziehungsweise Abnahme der
■■■
Figur
16.3.2 Restaurierungs-/Konservierungskonzept
Liegt eine positive Entscheidung bezüglich einer Restaurierung
des Objektes vor, wird hier das Konzept des Restaurators
(Voruntersuchungen, Behandlung der Oberflächen, gegebenenfalls Ergänzungen …) eingetragen.18
Bsp.: das Konzept für die Restaurierung des Herzog■■■
Heinrich-Denkmals wurde gemeinsam mit der ausführenden Restaurierungsfirma vom Landesamt für
Denkmalpflege erstellt und beinhaltet im wesentlichen folgende Punkte:
1. …
2. …
16.3.3 Nachbehandlung/Pflegemaßnahmen
Da die abschließende Behandlung eines restaurierten Objektes
großen Einfluß auf seinen künftigen Schadensverlauf oder
dessen Einhalt haben kann, ist eine genaue Erläuterung dieser
Maßnahmen notwendig. So sollten an dieser Stelle sowohl das
Material des aufgebrachten Schutzüberzuges, die Art seines
Auftrages sowie gegebenenfalls ein Hinweis auf die Notwendigkeit regelmäßiger Pflegearbeiten aufgeführt werden.
17 Abbildungen
Im Laufe der Arbeit an einem Objekt werden sowohl historische als auch aktuelle Abbildungen recherchiert beziehungsweise erstellt, die dann – auch auf längere Sicht betrachtet –
als Arbeitsgrundlage dienen und archiviert werden. Vorgeschlagen wird für die Erfassung der Bronzedenkmäler die Herstellung
von mindestens fünf Fotografien vor Ort – eine umfassende
Aufnahme für eine Bewertung von Lage und Umgebung sowie
Abbildungen des Objektes aus allen vier Himmelsrichtungen.
Dies ist jedoch der »Minimalstandard«, hinzu kommen Fotografien auffälliger Details (Inschriften, spezifische Schadstellen,
ungewöhnliche Oberflächenerscheinungen) sowie die Dokumentation sichtbarer restauratorischer oder anderer Veränderungen am Objekt. Die exakte Datierung der Aufnahmen
stellt die Grundlage für eine Langzeitbeobachtung dar. Neben
der Sammlung historischer Abbildungen19, die ständig erweitert werden kann, läßt sich auch ein Lageplan des Objektes
einfügen.
Die bilddokumentarische Sammlung kann sowohl analog
als auch digital angelegt werden, letzteres hat – neben dem
Schutz der Abbildungen – den Vorteil einer simultan abrufbaren,
schnellen Verfügbarkeit aller Informationen.
18 Quellen
Es werden alle vom Autor verwendeten Quellen aufgeführt
(hier: numerisch verkürzt), so daß die einzelnen, daraus entnommenen Informationen gewertet und gegebenenfalls für
weitere Forschungen verwendet werden können.
Bsp.: 126: Lüer, Hermann: Kunstgeschichte der unedlen
■■■
Metalle. Schmiedeisen, Gusseisen, Bronze, Zinn,
Blei und Zink. Stuttgart 1904, 154: Stadtverwaltung
125
Marienberg (Hg.): Marienberg – Ein Stadtführer.
155: …, 156: …, 157: …
19 Adressen
Dieser Punkt stellt ein Arbeitswerkzeug im Zuge der Erfassung
als auch vor allem der Restaurierung des jeweiligen Objektes
dar. In die Adressensammlung, die ebenfalls ständig aktualisiert werden sollte, lassen sich Angaben zu Eigentümern, Restauratoren, Untersuchungslaboren, Archiven und Behörden
ablegen. Dies erlaubt auch für spätere Nutzer eine zügige
Einarbeitung und stellt kontinuierliche Möglichkeiten der
Kontaktaufnahme bereit.
Bsp.: Adresse des Eigentümers (Stadt Marienberg, Bauamt)
■■■
Adressen der Metall-Restauratoren
20 Sonstiges
Hier lassen sich Ergänzungen, wie künftige Zeitvorgaben oder
anderes eingliedern.
Bsp.: Abnahme des Denkmals und Restaurierung kann –
■■■
in Absprache mit der Stadt Marienberg – erst ab
Ende April 1998 erfolgen (nach einer Jubiläumsfeier
am 16. 4.1998)
Im Verlauf dieses Projektes entstanden exemplarisch modellhafte Erfassungsbeispiele, bei denen aufgrund der zeitlichen
Begrenzung zumeist nicht alle oben genannten Charakteristika
vollständig beantwortet werden konnten. Es erscheint aber
wesentlich, mit der Registrierung des Standortes das jeweilige
Objekt eindeutig zu definieren und festzuhalten. Diese Objekte sind dann sozusagen bindend auf der »Bronze-Landkarte«
erfaßt und somit in einem bestimmten Umfang geschützt und
in ihrem Bestand gewahrt, gleichzeitig stehen sie für eine Langzeitbeobachtung und –auswertung zur Verfügung. Darüber
hinaus können fehlende Daten laufend ergänzt werden, weitere
Objekte lassen sich problemlos einfügen, auch die Zusammenarbeit mit anderen Textdateien sowie Grafiken ist möglich.
Die Informationen zum jeweiligen Objekt setzen sich aus
den direkt vor Ort gesammelten Daten und den durch Literaturund Archivrecherchen und in Zusammenarbeit mit anderen
Behörden und Institutionen gewonnenen Hinweisen zusammen,
die zeitlich unabhängig voneinander erfaßt werden können.
Diese Erfassung stellt den Beginn des »Lebenslaufes« eines Objektes dar und ist gleichzeitig Basis für eine spätere Bearbeitung
und Ergänzung.
Anmerkungen
1 Holzhaus, C. A.: Jubiläumsschrift Herzog Heinrich der Fromme,
der Gründer Marienbergs. Ein Beitrag zur Geschichte des
Erzgebirges. Marienberg 1889, S. 38 – 39.
2 Erzgebirgisches Nachrichten- und Anzeigenblatt. Amtsblatt für
die königlichen und städtischen Behörden zu Lengefeld, Marienberg, Wolkenstein und Zöblitz. No. 92, 1900. Marienberg, den
2. August.
3 Blaschke, Karlheinz: Der Fürstenzug zu Dresden. Denkmal und
Geschichte des Hauses Wettin. Leipzig, Jena, Berlin 1991, S. 135.
4 Blaschke 1991 (wie Anm. 3), S. 139; Meinhold, Theodor (Hrsg.):
Der Fries der Sgraffito-Bilder des sächsischen Fürstenhauses am
königlichen Schlosse in Dresden (Augustusstraße) ausgeführt von
W. Walther. Dresden und Leipzig 1875, S. 20: »… Heinrich ließ
seine Kinder gut erziehen, war aber sonst schwach und ließ sich
lieber von seiner herrschsüchtigen Gemahlin Katharina von Mecklenburg oder von Johann Friedrich leiten. Letzterer führte eigent-
126
5
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8
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11
12
Annegret Michel, Birgit Meißner
lich auch im neu erworbenen Herzogthume die Reformation ein,
indeß Heinrich seine Freude an der Jagd, an riesenhaften Kanonen und lustigen Gelagen hatte. …«.
Blaschke 1991 (wie Anm. 3), S. 135; vgl. auch Dehio, Georg:
Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Sachsen II. Regierungsbezirke Leipzig und Chemnitz. München, Berlin 1998,
S. 673 f.: »… 1521 Gründung der Stadt durch Herzog Heinrich
den Frommen. Nach Plan von Ulrich Rülein aus Calw Anlage der
Stadt auf schachbrettartigem Grundriß. In den folgenden Jahren
große wirtschaftliche Blüte durch den Erzbergbau, die in den
repräsentativen öffentlichen Gebäuden der zunehmenden
Errichtung von Steinhäusern sowie dem Bau der Stadtmauer
1541 – 66 zum Ausdruck kam (von dieser nach fast vollständiger
Abtragung E. 19. Jh., noch der Zschopauer Torturm und der
Rote Turm erhalten). …«.
siehe Erfassungsbogen von Birgit Meißner im Rahmen der Inventarisationsarbeit der Bronzeprojektes.
Assfalg, Elke, Elena Koci, Christian Gruber et al.: Zwischenbericht dbu 1/07/97 si. DBU-Projekt »Konservierung von Bronze
und Galvanoplastik«. Bronzestandbild Herzog Heinrich der
Fromme, Marienberg. 1997, S. 16.
siehe in diesem Heft: Mach, Martin und Stefan Simon: Metallanalysen freibewitterter Bronzedenkmäler. S. 55 –76, hier: S. 60 –63.
Detail-Informationen sind in der Dokumentation der ausführenden
Restaurierungsfirma nachzulesen: Fa. Fuchs+Girke. Restaurierungsdokumentation Bronzestandbild »Herzog Heinrich der Fromme«.
Ottendorf-Okrilla 1999. Dokumentationsarchiv des Landesamtes
für Denkmalpflege Sachsen.
Mikrokristallines Wachs TeCero 30201 und TeCero 30410 der
Fa. Tromm, gelöst in Siedegrenzbenzin 100/140.
Mikrokristallines Wachs TeCero 30201 der Firma Tromm, Köln,
unter Zusatz von Eisenoxid-Schwarz-Pigmenten.
Die zeitliche Eingrenzung der zu erfassenden Bronzeobjekte
wurde kontrovers diskutiert, die Verfasserin plädierte dafür, auch
neuere Kunstwerke wenigstens mit ihrem Standort sowie fotografisch zu registrieren und somit eindeutig zu definieren, da sich
auch der Werkstoff Bronze verändert und im Rahmen des Projektes und darüber hinaus der Einfluß von Material-, Zeit- und
Umweltfaktoren untersucht werden soll. Bronzeplastiken jüngeren
13
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18
19
Datums bieten sich somit zu Vergleichszwecken an und können
– nachdem sie nun erfaßt worden sind – in späteren Jahren erneut
untersucht und im Sinne des Projektes beurteilt werden.
Ist diese Bezeichnung vom Bearbeiter selbst vergeben worden und
hat somit vorerst eher inoffiziellen Charakter, wurde dieser Status
durch »…« gekennzeichnet.
Dies können sowohl Akten, Fach- und Regionalliteratur, mündliche Aussagen oder Inschriften am Denkmal, notfalls auch eigene
Schätzungen sein. Ist im Erfassungstext keine Quellenangabe vermerkt, handelt es sich um eigene Formulierungen und Gedanken.
Wichtig erscheint der Verweis auf die Quelle auch unter dem
Aspekt der Wertung der entsprechenden Aussage, zudem ist
damit die Möglichkeit für weitere Nachforschungen zu einem
späteren Zeitpunkt gegeben.
Die einzelnen Literatur- bzw. Quellenhinweise sind in dieser
Datenbank durch Zahlen verschlüsselt, so meint zum Beispiel hier
»/126«: Lüer, Hermann: Kunstgeschichte der unedlen Metalle.
Schmiedeisen, Gusseisen, Bronze, Zinn, Blei und Zink. Stuttgart
1904.
So ist bei großen Objekten eine entsprechende Vermessungstechnik notwendig; darum wurden diese Angaben nur bei den für
das Bronzeprojekt relevanten und bei allen unkompliziert zu vermessenden Bronzen (Zeitaufwand!) ermittelt.
Im allgemeinen ist auf das Äußere und den Zustand der Bronzeplastik größeres Augenmerk als auf den Sockel gelegt worden –
dieser wurde oft nur dann repariert, wenn sich statische Probleme
ergaben, da er vorrangig in einer Nutzfunktion gesehen wurde.
Natürlich wird für jedes zu restaurierende Objekt unabhängig
davon eine Restaurierungsdokumentation gefordert und erstellt
werden, jedoch erweist es sich nach Meinung der Verfasserin als
zweckmäßig, alle Informationen zu einer Problematik – wenn
auch in verkürzter Form – an einer Stelle zusammenzutragen.
Wichtig ist hier der Quellenhinweis, da nicht alle Fotos oder
Zeichnungen der Datenbank angefügt werden können.
Abbildungsnachweis
Landesamt für Denkmalpflege Sachsen: Abb. 2 –11
Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek
Dresden, Deutsche Fotothek: Abb. 1
127
Galvanoplastik – Geschichte einer Technik
aus dem 19. Jahrhundert
Birgit Meißner, Anke Doktor
Ein immer seltener zu findendes Phänomen sind die galvanoplastisch hergestellten Kupferfiguren, die um die Jahrhundertwende äußerst zahlreich vor allem auf den städtischen Friedhöfen Aufstellung fanden.
Die Grabdenkmäler zeigen einen charakteristischen Formenreichtum, der von überlebensgroßen Engel- und Christusfiguren
und weiblichen Trauernden bis hin zu kleinen Kruzifixen,
Kränzen und Reliefs reichte. Dieser Grabschmuck fand Ende
des 19. Jahrhunderts recht schnelle Verbreitung, meist in Auftrag gegeben von Vertretern des mittleren Bürgertums. So
konnten diese sich eine äußerlich nur schwer von einer »echten«
Bronzeplastik zu unterscheidende Grabzierde leisten, die zudem noch erheblich preiswerter war. Aus verkaufstechnischen
Gründen als Galvanobronze bezeichnet1, hatte hier vor allem
die Württembergische Metallwarenfabrik (WMF) Geislingen/
Steige mit ihrer ausgeklügelten Produktionstechnik und einem
nahezu flächendeckenden Vertriebssystem Anteil an der zu
jener Zeit deutschlandweit umfangreichen Verbreitung der
Galvanoplastik. Einige dieser kunstindustriellen Produkte sind
heute noch erhalten, obwohl ihr Material in Kriegszeiten –
genau wie zum Teil auch das der Bronzedenkmäler – für die
Rüstungsindustrie verwendet wurde.2
Die verschiedenen Materialien der Kerngalvanoplastik
machen sie zu einem komplexen, schwer zu restaurierenden
1 Hohlgalvanoplastik auf einem Dresdner Friedhof, nach WMFKatalog Nr. 953
System. Beginnend mit dem geschichtlichen Hintergrund
dieser Kunstgattung soll das »Geheimnis Galvanoplastik« Stück
für Stück gelüftet werden.
Geschichte der Galvanoplastik
Es gibt Vermutungen darüber, daß die Anfänge der Galvanotechnik bis in die Jahrhunderte vor unserer Zeitrechnung
zurückreichen. Dafür sprechen Funde bei Ausgrabungen in der
Nähe von Bagdad in den 1950er Jahren, die Geräte hervorbrachten, welche für die Anwendung galvanischer Verfahren
dienen konnten. Es handelt sich hier vermutlich um frühe
Formen von Batterien. Zudem wurden in Pharaonengräbern
vergoldete Gegenstände gefunden, die nicht durch Aufhämmern
von Blattgold, sondern elektrolytisch vergoldet wurden. Ebenso
wird von zahlreichen verkupferten Tongefäßen, Figuren und
hölzernen Lanzenspitzen berichtet. Auch die Herstellung einer
lebensgroßen Statuette aus dünnem Kupfer und von geringem
Gewicht kann kaum anders als auf elektrolytischem Wege
erklärt werden.
Bis aus der eher zufällig gefundenen Elektrizität eine Wissenschaft entstanden war, die solche Vorgänge deuten konnte,
dauerte es allerdings noch über zweitausend Jahre, in denen
nicht immer kontinuierlich an diesem Geheimnis geforscht
wurde. Bis vor etwa 300 Jahren blieben die Kenntnisse über die
Elektrizität fast unverändert auf jenem Stand. Erst als eine
Stromquelle gefunden wurde, die kontinuierlich Strom lieferte,
gab es eine Wende und damit den Beginn der Elektrochemie
und somit auch der Galvanotechnik.3
Die Geschichte der Galvanoplastik begann mit der
Entdeckung der Elektrizität und ihrer Entwicklung seit dem
18. Jahrhundert. Der Mediziner und Anatomieprofessor Luigi
Galvani (1737–1798) erlangte um 1780 grundlegende Kenntnisse über die Elektrochemie, die von Beobachtungen an Froschbeinen ausgingen. Er hatte diese auf Kupferhaken an einem
Eisengeländer aufgehängt, und immer, wenn der Kontakt zwischen dem Kupfer und dem Eisen unterbrochen und dann
wieder hergestellt wurde, zuckten die Muskeln. Die aus diesen
Beobachtungen entstandenen Theorien entwickelte Alessandro
Volta (1745 –1827) weiter. 1805 wurde von Voltas Schüler
Lodovico Brugnatelli erstmals eine Silbermünze galvanisch
vergoldet. Danach folgten ständige Verbesserungen des Verfahrens, so daß bereits im Jahre 1834 in der Silberwarenfabrik
Elkington galvanisch vergoldet werden konnte. Die Oberflächenveredelung auf galvanischem Wege verdrängte so immer
mehr die klassische Feuervergoldung.
Auf dieser Basis gelang es Moritz von Jakobi, der als der
Erfinder der Galvanoplastik gilt, im Jahre 1838 ein Verfahren
vorzustellen, mit dem metallische Abformungen von Münzen
128
Birgit Meißner, Anke Doktor
und ähnlichem hergestellt werden konnten. Hinzu kam zwei
Jahre später die Entdeckung, daß sich durch das Aufbringen
einer elektrisch leitfähigen Graphitschicht nichtleitende Materialien wie Holz, Gips oder Leimformen galvanisch verkupfern
lassen. Durch die Entwicklung der Dynamomaschine durch
Werner von Siemens im Jahre 1867 konnte endlich auch genügend Strom produziert werden, so daß der Weg zur industriellen Anwendung der Galvanoplastik frei wurde.4
Als Ferdinand von Miller, der damals weit über die Grenzen
Deutschlands hinaus berühmte Münchner Erzgießer, Mitte
des 19. Jahrhunderts von der industriellen Anwendung der
Galvanoplastik erfuhr, fürchtete er zunächst, daß sie die Herstellung von Bronzen überflüssig machen würde: »... Professor
Steinheil, der Pionier auf dem Gebiete der elektrischen Telegraphie, kam in die Erzgießerei, um Stiglmaier zu erzählen, was
Jakobi in Rußland und der Herzog von Leuchtenberg in München mit Hilfe der Elektrizität zu wege gebracht hätten. Man
brauche keine Öfen mehr, man hänge das Modell in ein Bad mit
Kupferlösung, und dann überziehe es sich mit Hilfe des elektrischen Stromes mit einer Metallkruste, die genau die Form des
Modells wiedergäbe ...«.5
Zu dieser Zeit brüsteten sich vor allem französische Fabrikanten von Galvanoplastiken damit, selbst riesengroße Figuren
wie beispielsweise die Bavaria in München (Abb. 3) auf galvanischem Wege herstellen zu können. Miller informierte sich in
Paris über den Herstellungsprozeß und verfolgte den Werdegang eines Riesenadlers, der letztendlich nicht gelang. Nach
seiner Rückkehr probierten er und seine Frau auch selber galvanoplastische Arbeiten aus: »... Es gelang dem Ehepaar, nicht
nur Gips, sondern auch Blumen, Schmetterlinge und manches
andere ausgezeichnet galvanisch zu überziehen. Auch größere
Arbeiten fielen sehr gut aus. Das sprach sich bald herum. Adlige
Damen des Hofes begannen fleißig, Millers zu besuchen mit der
Bitte, ihnen Blumensträuße, Brautkränze und alles mögliche
andere doch aus Gefälligkeit zu überziehen ...«.6
Als Miller gesehen hatte, daß die sehr großen Arbeiten wie
der genannte Adler galvanoplastisch nur schwer hergestellt
werden konnten, brauchte er nicht mehr zu fürchten, daß
seine Kunst der Erzgießerei überflüssig werden würde.
Die Württembergische Metallwarenfabrik Geislingen/
Steige (WMF)
Die WMF – heute als Hersteller von Haushaltswaren bekannt
– hatte 1890 nach dem Kauf der »Kunstanstalt für Galvanoplastik München« die Technik der Galvanisierung nahezu perfektioniert und ein zumindest in Deutschland annähernd
flächendeckendes Vertriebssystem aufgebaut. Filialen existierten nicht nur in Berlin, München, Hamburg und Stuttgart,
sondern auch in London, Warschau und in Wien. Dennoch
wurde der Kauf der Münchner Galvanoplastikfabrik in den
ersten Jahren von der WMF als Fehlinvestition betrachtet. Nur
dem persönlichen Engagement eines der Mitbegründer der
WMF, der in dem neuen Verfahren der Galvanisierung eine
große Zukunft sah, ist es zu verdanken, daß der Betrieb nicht
wieder veräußert wurde. Einen gewissen Umsatz erzielte man
zu Anfang vor allem mit kleinen Statuetten, nach 1902 dominierten dann Grabplastiken die galvanoplastische Produktion.
2 Kerngalvanoplastische Grabfigur vom Münchner Ostfriedhof
mit typischen Schäden: abgefallene Hand, freiliegende Eisenarmierung, geplatzte Kupferhaut, Korrosionsschäden
Dennoch war die Abteilung Galvanobronze bis 1914 nur mit
maximal 5% am Gesamtumsatz der WMF beteiligt.7
Es wurde ein umfangreiches Marketingkonzept erarbeitet
und in Form verschiedener Werbemaßnahmen ausgeschöpft.
Die noch unbekannte Technik und ihre Produkte sollten unter
den potentiellen Auftraggebern popularisiert und gleichzeitig
eine Art »künstlerische Wertigkeit« und Akzeptanz geschaffen
werden. So begann man ab 1890 mit dem Kopieren antiker
Statuen, die in verkleinerter Form mit einer maximalen Höhe
von etwa 1 m als Zimmerschmuck dienten, bevor man – nun
technisch dazu in der Lage – nicht nur Figuren aus diesem
Themenkreis, sondern auch die Angebotspalette selbst vergrößerte. Aber auch die WMF stand mit ihrer seriellen Fertigung von Plastiken im Spannungsfeld des industrialisierten
19. Jahrhunderts. Traditionelle Handarbeit, die Produktion in
Manufakturen, das klassische Handwerk also standen im Gegensatz zur anonymen spezialisierten und maschinellen Großfertigung. Deren Kritiker setzten häufig eine industrielle Fertigung mit künstlerischer Wertminderung gleich, bewirkten
damit manchmal aber auch eine Rückbesinnung auf traditionelle, gleichwohl ausgeklügelte Techniken der Renaissanceund Barockzeit. Nachweisbar ist dies im Bereich des MetallKunsthandwerks sowohl für die Bronzegießerei als auch für die
Schmiede- und Schlosserkunst.
Darum setzte die WMF auf viele ihrer Grabfiguren die
Signatur des (möglichst populären) Künstlers und nannte in
Galvanoplastik – Geschichte einer Technik aus dem 19. Jahrhundert
3 Bavaria in München, Modell: Ludwig von Schwanthaler,
Bronzeguß: Ferdinand von Miller, 1843 –1853
129
ihren Katalogen unter den jeweiligen Abbildungen der lieferbaren Figuren den entwerfenden Künstler mit Titel (Professor
Pohlmann, Professor Neri ...). Ein heute argumentativ amüsanter, wenngleich wenig befriedigender Versuch, dem »Markenziel Bronze« näher zu rücken, ist einer Broschüre der Münchner
Kunstanstalt für galvanoplastische Bronzen von 1893 – damals
schon Teil der WMF – zu entnehmen: »...Der Hauptbestandteil
der ächten Bronzen ist also das Kupfer und es liegt in dem
Vorherrschen dieses Metalls das Merkmal der Aechtheit der Bronze.
Da das reine Kupfer ... zum Gusse untauglich ist, so mußte man
dem Mißstande durch Beigabe anderer Metalle abhelfen ... Je
größer nun der Kupfergehalt genommen werden kann, desto mehr
gewinnt die Bronze an Aechtheit und eine getriebene oder galvanoplastische Arbeit aus lauterem Kupfer repräsentiert also gewissermaßen die höchste Stufe ächter Bronze ...«.8
Um die Gleichwertigkeit zum Bronzeguß dieser sehr denkmalfreudigen Zeit aufzuzeigen, wurden einige bedeutende
Bronzeplastiken der Kunstgeschichte als »dreidimensionale
Visitenkarten« kopiert und zum Teil in Einzelbroschüren präsentiert.9 Zu nennen wären hier beispielsweise die galvanoplastischen
Kopien der Bronzetüren des Florentinischen Baptisteriums von
Lorenzo Ghiberti, die jetzt im Ausstellungsraum der WMF in
Geislingen zu besichtigen sind. Auch die Reiterstandbilder des
Bamberger Reiters, des Condottiere Bartolommeo Colleoni
(Andrea Verrocchio, Venedig) sowie des Großen Kurfürsten
(Andreas Schlüter, Berlin) wurden galvanisch hergestellt und
dienten als Beweis der Kunstfertigkeit des Verfahrens und des
technischen Vermögens ihres Herstellers (Abb. 5).10 Um dies zu
demonstrieren, formte man auch äußerst feingliedrige Dinge
wie verschiedene Lederarten ab. Besonders spektakulär muß
hier die Kupferkopie einer Schlangenhaut gewirkt haben – als
Bestandteil eines ausgeklügelten Werbefeldzuges, der die
Markteinführung eines neuen Produktes und der zugehörigen
Technologie unterstützen sollte.
Repräsentative zeitgenössische Fotografien der einzelnen
Werkstätten zeigen deutlich, daß der Verkauf eines Produktes
nun nicht mehr nur über ansprechend gestaltete Kataloge und
Filialen vorangetrieben werden sollte, sondern auch die Präsentation der neuen Technologie und des Produktionsablaufes selbst
zur Prestigebildung herangezogen wurden – ein erster Schritt
in Richtung moderner Firmenkultur und »corporate identity«.
Die Angebotspalette der Firma war immens und wurde im
halbjährlichen Abstand durch eine Vorstellung von Neuheiten
erweitert11, andererseits wurden schlecht absetzbare Modelle aus
den Katalogen gestrichen und nur noch auf Sonderwunsch angefertigt. Für jede Gattung gab es Kataloge und Preisverzeichnisse (Abb. 6), in denen die angebotenen Produkte in Bild,
Größe und Preis präsentiert wurden. Zudem unterstrichen
abgedruckte lobende Zeugnisse einiger, möglichst anerkannter
Auftraggeber den Anspruch der neuen Technik: » ...Von der
Reise zurück finde ich Ihre Sendung von 3 Figuren, sowie eine
Ringergruppe und 1 Venus vor. Ich bin mit allen Gegenständen
ausserordentlich zufrieden, sowohl was Niederschlag als Patinierung anbetrifft, und werde später wieder darauf zurückgreifen.
... Professor Hermann Prell (Direktor der Kunst-Akademie) ...
DRESDEN ...«.12
Neben diversem Grabschmuck konnten Büsten, Statuen,
Inschriften- und Relieftafeln für öffentliche und private
Zwecke, Kriegerdenkmäler, aber auch verschiedenes Kirchen-
130
Birgit Meißner, Anke Doktor
4 Werkstätten der Württembergischen Metallwarenfabrik Geislingen/Steige, um 1900
gerät, Kruzifixe, Kerzenständer, Lampen, Pokale und vieles mehr
bestellt werden. Beliebt waren Memoralien: Kinderschuhe
wurden mit einem galvanischen Überzug versehen und aufbewahrt, Pflanzen – bevorzugt Rosen – verkupfert. Auch Bauornamente wurden angeboten und aufgrund ihres gegenüber
der Bronze deutlich geringeren Gewichtes und Kostenaufwandes gern verwendet. Einen wissenschaftlichen Anspruch
konnte die WMF mit eigenen Katalogen zu aktuellen Ausgrabungsfunden herstellen.13 Die dort entdeckten Münzen und
anderen Objekte aus Metall wurden der Firma für eine detailgetreue Abformung geliehen, die galvanoplastischen Kopien
dann an verschiedene Museen verkauft.
Der Entwurf der Modelle für die Grabplastiken erfolgte
teilweise in den Werkstätten der WMF (in diesem Fall erfolgte
keine Namensnennung des Künstlers in den Katalogen), zum
großen Teil aber auch in den Ateliers freischaffender Bildhauer.
Neben der Zusammenarbeit mit populären Künstlern der Zeit,
deren Entwürfe sogar in eigenen Katalogen präsentiert wurden14,
entwickelte sich mit einigen Bildhauern wie Hans Dammann,
Gustav Eberlein und Heinrich Pohlmann eine kontinuierliche
Zusammenarbeit. Deren Entwürfe wurden oft mit allen Rechten gekauft, der Künstler erhielt eine einmalige Geldzahlung.
Es konnten nun – nach Kundenwunsch – immer wieder
Veränderungen an diesem Modell ausgeführt werden, so zum
Beispiel am Modell Nr. 727 – hier wurden für einzelne Besteller
Änderungen vorgenommen, hauptsächlich am Gewandverlauf.15
Eine weitere praktizierte Variante bestand darin, dem Künstler
pro verkauftem Objekt einen zuvor vereinbarten Anteil auszuzahlen, Veränderungen am Modell bedurften gegenseitiger
Absprachen.16
Nahezu alle Figuren konnten in verschiedenen vorher festgelegten Größen bestellt werden. Neben dieser Größenvarietät
waren einige Figuren auch in abweichenden Ausführungen
bestellbar (Abb. 7–10). Die Vielfalt der Modifikationen richtete sich nach den technologischen Gegebenheiten. Da die
Plastiken aus mehreren Teilen zusammengesetzt wurden,
konnten an diese Nahtstellen auch andere Elemente alternativ
angesetzt werden. So war eine Engelsfigur entweder mit gesenkten oder mit erhobenen Flügeln lieferbar.17 Der heute noch
am häufigsten anzutreffende Typus Nr. 727 von Raimund
5 Großer Kurfürst, Modell von Andreas Schlüter: Herstellung
der galvanoplastischen Kopie des Reiterstandbildes, WMF
6 Auszug aus der Preisliste des WMF-Kataloges von 1919 mit
genauen Angaben zu den verkäuflichen Grabmälern
Liebhaber hielt nach Wunsch eine Rose (727a) oder einen
Palmenzweig in der Hand (727b), zu einem Preis von jeweils
700 M (1903). Er konnte aber auch – für 800 M – vor einem
großen Kreuz aufgestellt geliefert werden (727c). All diese
Figuren waren entsprechend preiswerter auch ohne Flügel
erhältlich.18 Allerdings muß das Wort »preiswert« relativiert
werden, denn um 1900 verdiente ein einfacher Metallarbeiter
der WMF etwa 800 M.19
Die Berechnung des Preises einer solchen Figur erfolgte auf
unterschiedlichem Wege.20 Je nach Größe und Form der Figur
wurde die Oberfläche in dm2 (1) festgelegt. Diese Maßangabe
Galvanoplastik – Geschichte einer Technik aus dem 19. Jahrhundert
multiplizierte man mit einem Faktor (2), der vermutlich den
gesamten Arbeitsaufwand inclusive Lohnkosten, Arbeitszeit,
Modellherstellung, Werkzeugen abdecken sollte. Der berechnete Betrag (3) wurde verdoppelt – dies stellte sicher die Gewinnspanne der WMF dar. Die Größe der Oberfläche war
auch für den Materialverbrauch an Kupfer ausschlaggebend, da
die zu erreichenden Wandstärken abhängig von der Wahl der
Technik (Hohl- oder Kerngalvanoplastik) fast konstant und
somit berechenbar blieben (4). Je nach Künstlervertrag schlug
man zum neuen Zwischenwert ca. 10% sogenannten Modellanteil (5) auf (hier wahrscheinlich: Anteil für den Entwerfenden
pro verkauftem Exemplar). Letztendlich erhielt auch der Händler einen bestimmten Betrag (oft ca. 25%) für eine verkaufte
Figur (6).
»Nr. 10584 ... Figur allein 135 dm (1) á 5 ,– (2)
M
675,–
(3)
+100 %
M
675 ,–
M 1 350 ,–
30 kg Ku 12,–
M
360,–
(4)
M
1 710 ,–
10% Modellanteil
M
170,–
(5)
M 1 880 ,–
+%
M
470,–
(6)
M 2 350 ,– …« 21
7 Bestell-Nr. 831 aus einem Katalog der WMF, Weibliche
Trauernde vor einem Kreuz stehend
131
Die Summe von 2 350 M stellte in diesem Fall den Verkaufspreis dar.
Die Flexibilität bei der Herstellung zeigte die WMF auch
im Vertrieb. Nachdem von 1898 bis 1902 zuerst galvanoplastische Denkmäler für Angehörige des preußischen Königshauses,
kurz danach die Herstellung von Denkmälern aus »... minderwertigem Material, wie Galvanobronze usw. ...«22 völlig untersagt wurde, versuchte die Firma erneut, den künstlerischen und
qualitativen Anspruch ihrer Produkte nachzuweisen. Als eigene
Idee wurde nun darauf geachtet, daß pro Friedhof jeweils nur
noch eine beschränkte Anzahl von Figuren eines Typs aufgestellt werden sollte.23 Hierüber wurde genau Buch geführt und
die Sperrvermerke in den aktuellen Katalogen publiziert. In den
handschriftlich geführten Heften waren zahlreiche Angaben
zum Kunstwerk, meist nebst einer Abbildung, nachzulesen:
Notizen zum Künstler, zur Größe des Modells, Katalognummer
und Preis konnten ebensogut wie Hinweise zu Auftraggebern
und Lieferorten nachgeschlagen werden. Diese Buchführung
ist zumindest für die Jahre 1901–1933 nachweisbar.
Galvanoplastische Herstellungsverfahren
Die Galvanotechnik ist heute ein aus dem Alltag nicht mehr
wegzudenkendes Verfahren, das vorwiegend zur Oberflächenveredelung von technischen Geräten, aber auch für Dinge des
8 Bestell-Nr. 912, die Figur ist mit Nr. 831 identisch, lediglich
der Hintergrund wurde durch eine Säule variiert
132
Birgit Meißner, Anke Doktor
täglichen Gebrauchs zur Anwendung kommt. Natürlich ist das
Verfahren im Laufe der Zeit stets weiter optimiert und automatisiert worden, jedoch ist das Grundprinzip immer noch
dasselbe wie um die Jahrhundertwende.
Dieser Teil informiert über die genaue Technik der Herstellung von Galvanoplastik, wie sie in der Württembergischen
Metallwarenfabrik praktiziert wurde und von der es grundsätzlich zwei Arten gibt: die Hohl- und die Kerngalvanoplastik.
Die Hohlgalvanoplastik
9 Nr. 831 auf einem Dresdner Friedhof
10 Nr. 912 – hier in Sandstein! – ein Zeugnis der Popularität
derartiger Figuren zu Beginn des 20. Jahrhunderts
Zur Herstellung einer Hohlgalvanoplastik wird zunächst vom
Original mit Hilfe von Gips, Guttapercha, Leim oder in neuerer Zeit Silikon eine Abformung als Negativ angefertigt. War
eine Künstlersignatur vorgesehen, ist diese spiegelverkehrt in
den Gips geschnitten worden, so daß sie nach der Galvanisierung erhaben hervortrat. Die Form wird dann mit Graphitpulver elektrisch leitend gemacht und in das galvanische Bad
gehängt, das in den meisten Fällen aus einer Mischung von
Kupfersulfat und Schwefelsäure besteht. Hierzu gibt LANGBEIN
in seinem Buch für spezielle Anwendungen verschiedene detaillierte Rezepte an.24 Abb. 11 zeigt eine historische Darstellung
des galvanischen Bades, in dem eine Positivform aus Guttapercha hängt. Mit Hilfe von Kupferschrauben, die an weniger
sichtbaren Stellen der Figur angebracht wurden, sowie daran
befestigten Kupferdrähten wird der Strom flächendeckend an
der Graphitoberfläche angelegt.25 Der Graphit wird mit Hilfe
einer Bürste oder mit entsprechenden Graphitiermaschinen
aufgebracht, so daß er homogen auf der Formoberfläche verteilt
ist und keine Lücken aufweist. Danach sollte die komplette
Form ein metallisch glänzendes Aussehen haben.
Bei Hohlgalvanoplastiken werden die Bäder leicht bewegt,
damit auch die tiefen Stellen der Form erreicht werden können.
Hierbei ist aber darauf zu achten, daß sich absetzender Anodenschlamm nicht aufgewirbelt wird und den Kupferniederschlag
stört. Das Bewegen der Bäder wird meist durch ein Umpumpen
über Filter erzielt.
Hohlgalvanoplastiken bestehen meist aus miteinander verlöteten Einzelteilen. Partiell wird bei besonders dünnwandigen
Gegenständen durch ein Ausschwemmen mit Zinn oder
Weichlot und durch das Einstreuen von Kupferspänen eine
größere Stabilität erreicht. Die Lötnähte werden nachgearbeitet und die komplette Figur überpoliert. Dann kommt die
ganze Figur zum Übergalvanisieren erneut ins Bad, um die
Bearbeitungsspuren mit einer dünnen Kupferschicht zu verdecken.26 Dabei muß die Figur allerdings vollständig abgedeckt
werden, so daß nur die Lötnähte frei bleiben. Durch eine spezielle Technik wird erreicht, daß die Lötstellen keine Kanten
bekommen, sondern sich an die übrige Kupferhaut optimal
anpassen.27
Die Kopie eines Originals in Hohlgalvanotechnik ist – bei
sorgfältiger Abformung der Gipsnegativschalen – ein sehr
exaktes Abbild, das die ursprüngliche Künstlerhandschrift sehr
gut erkennen läßt. Dennoch ist auch heute noch ein Gleichsetzen von Unikat mit hohem künstlerischen Anspruch feststellbar. In logischer Konsequenz hierzu steht die Identifikation von einem in großer Stückzahl erhältlichen Produkt mit
künstlerischer Minderwertigkeit. Demzufolge scheint eine
Bestellung mittels Katalog den Wert des Objekte per se zu
Galvanoplastik – Geschichte einer Technik aus dem 19. Jahrhundert
11 Galvanisches Bad mit einer Positivform und Stromzuführungen
133
mindern, die Beauftragung eines Künstlers mit einem Unikat
hingegen diesen gleichwohl zu erhöhen. Ein durchschnittlich
verdienender Bürger ohne Vermögen könnte somit – folgte
man dieser fragwürdigen Logik – nie ein Kunstwerk besitzen
(es sei denn, es ist ererbt).
In der Literatur werden galvanoplastische Relief-Arbeiten
der WMF erwähnt, die bis zu 17m hoch waren.28 Andere hohlgalvanoplastische Figuren, wie zum Beispiel die Gruppe für die
Filiale Prag der Riunione Adriatica di Sicurta (Triest), erreichten eine Höhe von 5,10m und eine Breite von 5,50m. Die
Figuren auf der Oper in Paris – allerdings nicht von der WMF
– sind etwa 10m hoch.
Bei der WMF war es möglich, eine Figur in verschiedenen
Größen von 31cm bis zu 4 m zu bestellen. Ein Beispiel der
Verkleinerungen zeigt Abb. 12. Zur Herstellung eines Modells
in einem anderen Maßstab bedienten sich die verschiedenen
Firmen einer Kopiermaschine, die nach dem Prinzip des
Storchschnabels beziehungsweise Panthographen arbeitet. An
einem Ende befindet sich ein Stift und an dem anderen Ende
ein rotierender Meißel. Während mit dem Stift von oben nach
unten Millimeter für Millimeter des Originals abgetastet wird,
schält der rotierende Meißel die abzuformende Plastik in der
gewünschten Größe aus einem Gipsblock.29
Die Kerngalvanoplastik
12 Mit dem Verkleinerungsapparat der WMF war die Herstellung der Gipsformen in fast jeder Größe möglich.
Bei einer Kerngalvanoplastik wird zunächst eine Gipskopie des
Originalmodells angefertigt. Die dafür hergestellte Negativform wird mit Gips ausgegossen und zur zusätzlichen Stabilisierung mit einem Eisengerüst versehen. Hierzu werden einzelne,
nicht miteinander verbundene Rund- oder Vierkantschmiedeeisen in den noch weichen Gips gesteckt. Eine eventuelle
Künstlersignatur wird direkt in den Gips hineingeschnitten,
nach der Galvanisierung liegt sie dann geringfügig unter dem
Oberflächenniveau.
Die erhärtete Gipsfigur wird anschließend imprägniert.
Diese Imprägnierung ist notwendig, damit das Bad nicht in die
Form eindringen kann. Dies würde später zu unerwünschten
Reaktionen mit der Metalloberfläche führen und den Verfall
der Plastik beschleunigen. In einem Gutachten über die ausgeführten Arbeiten der WMF heißt es zudem, daß die Festigkeit
des Gipskernes durch das Imprägnieren um das Fünffache
erhöht wurde. Dadurch und durch die Tatsache, daß die Kernsubstanzen Gips und Imprägnierungsmittel nicht miteinander
reagieren, garantierte die WMF eine Dauerhaftigkeit der
Kerngalvanoplastiken, die der von Hohlgalvanoplastiken und
Kupfertreibarbeiten gleichen sollte.30
Imprägnierung
13 Schematische Darstellung des galvanischen Prozesses im Elektrolysebad
Bei LANGBEIN findet man die Anleitung, die fertige Gipsform
mit der Bildseite nach oben in geschmolzenes Wachs oder
Stearin zu hängen.31 Dabei muß die Form nicht ganz untertauchen, denn aufgrund der Kapillarität des Gipses saugt sie
sich von der Rückseite her voll. Die so imprägnierte Form wird
– ebenfalls mit der Bildseite nach oben – zum Trocknen in
einen Ofen gelegt. Überschüssiges Wachs läuft so auf der
Rückseite wieder heraus. Auf diese Weise wird die Oberfläche
einer Figur nicht durch anhaftendes Wachs verfälscht.
134
Birgit Meißner, Anke Doktor
LANGBEIN erwähnt weiterhin eine Mixtur eines Imprägnierungsmittels (nach einem Patent von Greiff ), bei der es sich um
ein Gemisch aus 70 T. Steinkohlenteerpech, 20 T. Reten (7Isopropyl-1-methylphenantren) und 10 T. Naphtalin handelt.
Diese Masse wird über Dampf geschmolzen und die Form hineingelegt. Schon nach kurzer Zeit soll die Imprägnierung durch
die Form gedrungen sein. In dieser Mischung wird erstmals
Reten als Imprägnierungsmittel erwähnt, dabei handelt es sich
um ein Abbauprodukt der Harzsäuren.
Bei Untersuchungen von Gipskernen findet man fast
immer eine Kolophonium-Paraffin-Mischung als Imprägnierungsmittel. Kolophonium ist ein Hart-Harz, das aus dem
Rohbalsam der Koniferen gewonnen wird. Die wichtigste
Quelle für Kolophonium ist Terpentin, bei dessen Wasserdampfdestillation zwischen 70 und 85% Kolophonium anfällt.
Im wesentlichen besteht es aus Harzsäuren, von denen die
wichtigste die Abietinsäure ist, die etwa 40% der vorhandenen
Säuren ausmacht.32 Bei einem strukturellen Vergleich von
Reten und Abietinsäure wird deutlich, daß sich Reten unter
bestimmten Bedingungen aus der Abietinsäure entwickeln
kann.
Hier läßt sich vermutlich eine Verbindung herstellen zwischen der Patent-Imprägnierung nach Greiff und der späteren
Verwendung von Kolophonium als Imprägnierungsmittel.
Dabei wird genauso verfahren wie bei der Wachstränkung. Die
Gipsform wird in ein Bad gehängt, das aus zwei Teilen
geschmolzenem Kolophonium und einem Teil Paraffinwachs
(Erdwachs) besteht. Dabei ist darauf zu achten, daß die
Mischung vollständig verflüssigt ist (bei ca. 130°C), aber nicht
auf zu große Temperaturen gebracht wird, da oberhalb von
130°C schwere weiße, brennbare Dämpfe entstehen, die den
Umgang mit dem flüssigen Kolophonium zu einer Gefahr werden lassen. Je nach Größe der Gipsteile schwankt die Verweildauer in diesem Bad zwischen einem und mehreren Tagen.33
Diese Art der Imprägnierung ist charakteristisch für die WMF,
weshalb davon ausgegangen werden kann, daß eine anders
imprägnierte Figur nicht von der WMF hergestellt worden ist.
Alternativ zur nachträglichen Tränkung schon fertiger
Gipsformen wird in einer anderen Quelle eine Harzform vorgestellt, welche die Imprägnierung bereits enthält.34 Dazu
benötigt man zusätzlich zu fein gemahlenem Gips noch 2 T.
Asphalt, 6 T. Wachs, 2 T. Stearin und 1 T. Talg. Der Asphalt
wird geschmolzen und dann Wachs, Stearin und Talg hinzugefügt. Die Masse wird gut durchmischt und der fein gesiebte
Gips hineingerührt. Auf diese Weise erhält man eine bereits
imprägnierte Masse, die nur noch zu ihrer endgültigen Form
gegossen werden muß. Interessant ist bei dieser Formmasse,
daß der Gips vorher nicht mit Wasser angerührt wird, sondern
praktisch nur als Füllstoff den organischen Zusätzen zugefügt
wird.
Ist die Imprägnierung erfolgt (meist durch bloße Tränkung
in einer Mischung aus Kolophonium und Wachs), kann der
Prozeß im galvanischen Bad mit der graphitierten Gipsfigur als
Kathode beginnen. An der Figur werden nun wie bei der
Hohlgalvanoplastik mittels Kupferschrauben mehrere Kupferdrähte befestigt, die als Stromleitung dienen.
Abb. 13 zeigt die schematische Kupferabscheidung im
galvanischen Bad im Kerngalvanoverfahren. Der imprägnierte
und graphitierte Gipskern wird durch die angeschlossene
Stromquelle negativ aufgeladen. In der Badlösung befindet
sich das Kupfersulfat in dissoziierter Form, also in Form von
zwei unterschiedlich geladenen Ionen – dem negativen Sulfatund dem positiven Kupfer-Ion. Das Kupfer-Ion wird nun von
der negativ geladenen Kathode angezogen, nimmt dort die
überschüssigen Elektronen auf und scheidet sich als elementares Kupfer auf dem Gipskern ab. Als Anodenmaterial dienen
ein oder mehrere Kupferbleche, welche die Gipsfigur von allen
Seiten in möglichst gleichmäßigem Abstand von 10 –15cm
umgeben sollten. Die Anode löst sich im Verlauf der
Galvanisierung auf und liefert so einen Nachschub für die verbrauchten Kupfer-Ionen aus dem Bad.
Die sich bildende Kupferschicht kann sehr viel dünner ausfallen als bei Hohlgalvanoplastiken, da der innenliegende Gipskern mit Eisenarmierung der Figur zusätzliche Stabilität verleiht. Die Schichtdicken bei Kerngalvanoplastiken betragen je
nach Größe der Figur 0,3 – 3mm, während die Stärke der
Kupferschicht bei größeren Hohlgalvanoplastiken zwischen
4 und 8 mm liegen muß.35 Typische, bei Grabfiguren häufig
gefundene Schichtdicken betragen bei Kerngalvanoplastiken
etwa 0,7mm. In Abb. 14 ist eine Hand zu sehen, die in Kerngalvanotechnik ausgeführt wurde. Zum Vergleich ist daneben
die entsprechende Hohlgalvanoplastik abgebildet.
Um eine gleichmäßige Benetzung der Formen mit dem
Bad zu erreichen, werden diese nach dem Graphitieren mit
14 Zwei Hände im Querschnitt, links in Kerngalvanotechnik
(mit Eisenarmierung im Gips), rechts in Hohlgalvanotechnik –
ein deutlicher Unterschied in der Schichtdicke des Kupferniederschlags ist zu erkennen
15 Querschnitt der Kupferhaut einer Kerngalvanoplastik, der
untere Teil liegt auf dem Kern auf, der obere Teil ist die Außenseite
der Figur, Gesamtdicke der Kupferschicht: 1,0mm
Galvanoplastik – Geschichte einer Technik aus dem 19. Jahrhundert
135
Spiritus36 oder einer Mischung aus gleichen Teilen Wasser und
Alkohol37 abgespült. Hierbei wird auch überschüssiges Graphit
abgewaschen und somit ein Verschmutzen des Bades verhindert.
Querschliffuntersuchung
Anhand von Querschliffen durch die Kupferhaut einer Galvanoplastik (Abb. 15) lassen sich Rückschlüsse auf ihren Herstellungsprozeß ziehen. Ein solcher Querschnitt ist im wesentlichen
immer gleich aufgebaut. Deutlich zu erkennen sind die wachsenden Kupferkristalle, die nach außen hin immer breiter
werden. Über der Kupferhaut mit einer Gesamtdicke von
1,0mm lassen sich grüne Korrosionsprodukte ausmachen.
Auffällig sind zwei dünne Linien, die sich im Querschnitt horizontal durch die Kupferkristalle ziehen. Die erste liegt im unteren Bereich der Kupferschicht, eine zweite befindet sich knapp
unter der Außenfläche. Die erste Linie wird dadurch hervorgerufen, daß die Figur kurz nach dem Beginn des Galvanisierens aus dem Bad genommen wurde, um die homogene
Verteilung und Dichte der Kupferschicht zu überprüfen.
Fehlstellen in der Kupferoberfläche wurden mit einem aufgestrichenen Kupferschliff-Benzingemisch nachgebessert. So
konnte der Strom auch an diesen Stellen für einen gleichmäßigen Kupferniederschlag sorgen. Genau wie beim Verkupfern
der Lötstellen wurde bei Löchern oder dünneren Stellen in der
Kupferhaut mit einer Abdeckung der gesamten Figur gearbeitet.
Hans Lehle, der selber in der Produktion der WMF
beschäftigt war, hat sein Wissen niedergeschrieben, aber nie
veröffentlicht. In den Aufzeichnungen heißt es: »... Die Plastik
wurde dazu aus dem Bad genommen, naß gehalten, mit Imprägnierstoff getränktes Tuch so auf die Plastik geformt, daß die gesamte
Oberfläche damit abgedeckt war, anschließend wurden die
schwach verkupferten Stellen der Oberfläche (aus dem Tuch, Anm.
d. Verf.) ausgeschnitten. Nun wurde die Plastik, angezogen mit
der ausgeschnittenen Abdeckung, ins Kupferbad gehängt. Nachdem die erhabenen, d.h. stärker verkupferten Stellen der Oberfläche nun abgedeckt waren, mußten die Kupferionen zwangsweise
den weiteren Weg zu den tieferliegenden Stellen der Oberfläche
nehmen ...«.38
So konnten die Löcher im weiteren Verlauf des Galvanisierens geschlossen werden. Die Zeitspanne für diesen Vorgang
war genügend kurz, daß die Kristalle auf die gleiche Weise
weiterwachsen konnten. Die aufwachsenden Kupferkristalle
schließen nahtlos an die zuerst gebildeten an.
Anders liegt der Fall an der zweiten Linie. Die Figur wurde
aus den einzeln verkupferten Teilen zusammengelötet. Die Lötstellen, aber auch die komplette Figur, sind anschließend
kräftig überpoliert worden, so daß die Enden der Kupferkristalle regelrecht zusammengedrückt und zerkleinert sind. Bei
der Übergalvanisierung wuchsen deshalb die Kristalle nicht
mehr an der gleichen Stelle wie bisher weiter, sondern eine
zweite Schicht Kupfer formiert sich wieder ganz neu auf der
schon vorhandenen Kupferoberfläche.
Der Schliff enthält somit alle Informationen über den Galvanisierungsprozeß, der je nach Größe und Ausführungstechnik
der Figur bis zu mehreren Wochen gedauert haben kann.
Einige Schliffe von Lötstellen geben zudem Hinweise auf die
Zusammenstellung der Einzelteile bei größeren Figuren oder
bei Figuren, die in verschiedenen Variationen zu haben waren.
16 Farbmustermappe für die Vertreter der WMF, anhand der
neun Farbmedaillen konnte der Kunde seine Wunschpatinierung
exakt angeben
Röntgenuntersuchung
Bei eingehenden Untersuchungen der verschiedenen Teile
einzelner Grabfiguren konnte festgestellt werden, daß es tatsächlich üblich war, die Figuren erst in Einzelteilen herzustellen
und dann nach Bedarf zusammenzulöten. Alle Teile, die zu
einer Figur gehören, tragen den Namen des Gipsgießers als
Kürzel und eine Nummer, die das Auffinden der richtigen Teile
im Lagerregal erleichterte.39
Beim Röntgen der Figuren fällt auf, daß die Eisenarmierungen in den einzelnen Gliedmaßen nicht miteinander verbunden
sind.40 Dies ist ebenfalls ein Hinweis darauf, daß die Figuren
aus mehreren Teilen zusammengesetzt sind. Das Verbinden der
Teile geschah mit Hilfe eines Zapfensystems, so daß beispielsweise am Rumpf einer Figur die Kupferhaut über den Gipskern
hinausreichte und beim anzusetzenden Arm der umgekehrte
Fall existierte. Durch die Lötung wurden dann die beiden Teile
fixiert, die Gipskerne aber vorher nicht »zusammengeklebt«.41
Für die Montage wurde ein entsprechendes Paßgerüst gebaut,
damit der Gürtler zum einen die schweren Teile nicht halten
mußte und zum anderen die Lage der Einzelteile für ihn eindeutig war.
136
Birgit Meißner, Anke Doktor
Patinierung
Nach der Verkupferung wurde die Figur patiniert. Dabei konnte
der Kunde zum Beispiel bei der WMF aus einer Mustermappe,
in der sich original patinierte Mustermünzen befanden, zwischen
neun verschiedenen Farben auswählen.42 In Abb. 16 ist das einzige Exemplar zu sehen, das bei der WMF heute noch existiert.
Die Palette der Farben, die von den Vertretern angeboten wurde,
reichte von hellem Bronzeton, mittlerem Bronzeton, schwarz
auf Tombak, hellem Kupferton, mittlerem Kupferton, dunklem
Kupferton, schwarz auf Kupfer, Grünolivton, Braunolivton bis
zur grünen Patina (eventuell mit dunklen Flecken), von denen
nicht alle in der Mustermappe aufgeführt sind. Diese Vielfalt
an Farben macht es Restauratoren heute schwer, den originalen
Farbton zu bestimmen. Lediglich mit dieser jetzt aufgefundenen
Mustermappe ist es nun möglich, Hinweise auf eine Originalpatinierung einem Farbton zuzuordnen.
Weiterführende Literatur
Im folgenden sollen einige Literaturstellen empfohlen werden, auf die
es sich bei Interesse am Thema »Galvanoplastik« zurückzugreifen lohnt.
LANGBEIN untersucht das Thema hauptsächlich unter chemisch-technischen Aspekten. Sein Buch kann durchaus als Lehrbuch und Gebrauchsanweisung benutzt werden. KRÄMER/WEINER/FETT beleuchten
die historische Entwicklung der Technik, ebenso HECHT, der die Geschichte der WMF – vor allem unter wirtschaftshistorischem Blickwinkel – recherchiert hat. Für ein praktisches Beispiel einer modellhaften Restaurierung steht der Artikel von HABER/HEIMLER. Bei
CANITZ wird das Thema am speziellen Fall der Grabdenkmäler
behandelt.
Langbein, Georg: Vollständiges Handbuch der galvanischen Niederschläge. Leipzig, 1895;
Krämer, Oskar, Robert Weiner und Max Fett: Die Geschichte der
Galvanotechnik. Schriftenreihe Galvanotechnik. Saulgau 1959;
Hecht, Volker: Die Württembergische Metallwarenfabrik Geislingen/
Steige 1853 –1945, Geschäftspolitik und Unternehmensentwicklung.
Dissertation. St. Katharinen 1995;
Haber, Georg und Maximilian Heimler: Kupfergalvanoplastik. Geschichte, Herstellungstechniken und Restaurierungsproblematik kunstindustrieller Katalogware. In: Metallrestaurierung. Hrsg. von Peter
Heinrich. München 1994, S. 160 –181;
Schmoll, Friedemann: Kunst als Katalogartikel – Die Galvanoplastische Kunstanstalt der Württembergischen Metallwarenfabrik
Geislingen/Steige. In: Schwäbische Heimat 96/3, S. 245 f.;
Canitz, Caroline Freiin von: Galvanoplastik – eine kunstindustrielle
Fertigungstechnik und ihre Produkte dargestellt am Beispiel der
Grabplastik des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts
in Deutschland. Magisterarbeit. Otto-Friedrich-Universität Bamberg.
1996
Anmerkungen
1 In den Verkaufsanzeigen waren immer Galvanobronzen annonciert, auch hinsichtlich der Qualität erfolgten direkte Vergleiche
zum etablierten Bronzematerial:«... Für eine den gegossenen Bronzen (d.h. hochhaltigen Kupferlegierungen) gleichkommende Haltbarkeit und Wetterbeständigkeit wird Garantie geleistet ....«. Aus:
Wirtschaftsarchiv Baden-Württemberg (WABW), S2/842.
2 Haber, Georg J. und Maximilian Heimler: Kupfergalvanoplastik.
Geschichte, Herstellungstechniken und Restaurierungsproblematik kunstindustrieller Katalogware. In: Metallrestaurierung. Hrsg.
von Peter Heinrich. München 1994, S. 160 –181.
3 Vgl. Krämer, Oskar, Robert Weiner und Max Fett: Die Geschichte
der Galvanotechnik. Schriftenreihe Galvanotechnik. Saulgau 1959.
4 Vgl. Krämer 1959 (wie Anm. 3).
5 Matschoß, Conrad: Ferdinand von Miller, der Erzgießer. Jahrbuch
des Vereins deutscher Ingenieure. Berlin 1913, S. 188.
6 Matschoß 1913 (wie Anm. 5).
7 Vgl. Hecht, Volker: Die Württembergische Metallwarenfabrik
Geislingen/Steige 1853 –1945. Geschäftspolitik und Unternehmensentwicklung. St. Katharinen 1995.
8 Altes und Neues über Bronzen. Hrsg. von der Kunst-Anstalt für
Galvanoplastische Bronzen in München. 1893, S. 6.
9 Schmoll, Friedemann: Kunst als Katalogartikel – Die Galvanoplastische Kunstanstalt der Württembergischen Metallwarenfabrik
Geislingen/Steige. In: Schwäbische Heimat 96/3, S. 245 f.
10 Die Herstellung eines Reiterstandbildes war von besonderer Bedeutung, da diese Kategorie sowohl in der Kunstgeschichte als
auch in der Geschichte der Technik des Bronzegusses eine große
Rolle spielt. So stellte die WMF das Reiterstandbild nach eigener
Darstellung in einem Stück her – in Anlehnung an einen technisch
sehr schwierigen und darum nur selten praktizierten Bronzeguß
in einem Stück.
11 Vgl. Hecht 1995 (wie Anm. 7).
12 Galvanoplastische Kunstanstalt Geislingen/St. Ausgeführte Arbeiten, Zeugnisse und Gutachten. 1905, S. 92.
13 Hildesheimer Silberfund von 1868 (Lexikon der Kunst, Bd. III,
Leipzig, 1991, S. 255 f.).
14 Artur Volkmann. In: Meister der Plastik. Heft 1. Württembergische
Metallwarenfabrik. Abteilung für Galvanoplastik. Geislingen a.d.
Steige; in dieser Reihe erschien ebenfalls: Hans Dammann. Heft 3.
15 Wirtschaftsarchiv Baden-Württemberg (WABW), S2, Werkbuch
der WMF 2 (3), 1907, S. 24, S. 72.
16 WABW, S2/1001: »... N° 10580 Pilgerfigur von Bildhauer Fritz
/20 % Prämie vom Nettopreis/Nach Gera nicht lieferbar ...« bzw.
»...10596 von Prof. Waderé/125cm Scheitelhöhe/... M4 000 einmalige Zhlg ...« – letzteres Modell wurde folglich mit allen Rechten erworben und ging somit in das Eigentum der WMF über.
17 Nr. 825, mit abgesenkten Flügeln, oder 825a (später Nr. 913),
mit erhobenen Flügeln, Modell von Heinrich Pohlmann.
18 Galvanoplastische Kunstanstalt Geislingen-St. Abteilung I. Grabschmuck. Preisliste zum Hauptmusterbuch 1903. Ausgabe Februar 1906.
19 Vgl. Hecht 1995 (wie Anm. 7).
20 Dies wird hier am Beispiel der Figur Nr. 10584 (Weibliche Trauernde, Modell von Hans Dammann) interpretierend vorgestellt.
21 WABW, S2/1001.
22 zitiert nach: Schmoll 1996 (wie Anm. 9), S. 246.
23 Die Angaben hierzu in der Literatur differieren, es ist von ein bis
drei Figuren gleichen Typs die Rede, so daß angenommen werden
kann, daß eine anfängliche Beschränkung von einer Figur später
auf bis zu drei erweitert wurde. In einem Schreiben der WMF an
einen Steinmetzmeister in Niederbayern heißt es: »... was den
Wunsch des Herrn ... betrifft, so wollen wir ihm ... gerne in der
Weise entgegenkommen, daß wir die Figur nicht mehr nach der
dortigen Gegend liefern. Obwohl wir im allgemeinen nur den
betr. Platz, an dem die Figur zur Aufstellung gelangt, bezw. noch
einen kleinen Bezirk um diesen Platz herum für fernere Lieferung
sperren, wollen wir in vorliegendem Falle auf den besonderen
Wunsch des Herrn ... hin ein grösseres Gebiet abgrenzen. Wir
haben dabei vorgesehen, die Figur nicht mehr nach dem Gebiet
zu liefern, das innerhalb der Städte ... liegt ... 23. August 1926«.
Aus: WABW, S2/1007.
24 Langbein, Georg: Vollständiges Handbuch der galvanischen MetallNiederschläge. Leipzig 1895, S. 318.
25 Lehle, Hans (ehemaliger Mitarbeiter der Galvanobronzen-Abteilung der WMF in Geislingen/Steige): Die Werkstätten der GBAbteilung der WMF.
26 Freundliche Auskunft von Albert Köhler, ehemals Direktor der
Fa. Ehrhard und Söhne GmbH.
27 Mitteilungen von Heinz Scheiffele, Design-Modellatelier der
WMF in Geislingen/Steige.
28 Metallwarenindustrie und Galvanotechnik 25 (1927) Nr. 24,
S. 476 – 479.
29 Canitz, Caroline Freiin von: Galvanoplastik – eine kunstindustrielle Fertigungstechnik und ihre Produkte dargestellt am Beispiel
der Grabplastik des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts in Deutschland. Magisterarbeit. Otto-Friedrich-Universität Bamberg. 1996.
Galvanoplastik – Geschichte einer Technik aus dem 19. Jahrhundert
30 Die Galvanobronze und ihre Anwendung zu Denkmälern und
Prachtbauten. Hrsg. v. Galvanoplastische Kunst-Anstalt GeislingenSteige. 1905, S. 8 –12.
31 Langbein 1895 (wie Anm. 24), S. 337 f.
32 Fieser, Louis und Mary: Organische Chemie. Weinheim 1982,
S. 1563 f.
33 Lehle (wie Anm. 25).
34 Uhlenhuth, Eduard: Formen und Gießen, Wien und Leipzig 1899,
S. 2 f.
35 Lehle (wie Anm. 25).
36 Köhler (wie Anm. 26).
37 Langbein 1895 (wie Anm. 24), S. 337 f.
38 Lehle (wie Anm. 25).
39 Scheiffele (wie Anm. 27).
40 Andjelka Dropulja, freischaffende Restauratorin, Röntgenbilder
einer Grabfigur aus Kaufbeuren, 1999.
41 Scheiffele (wie Anm. 27).
42 »...Wir sind in der Lage, unseren Metallausführungen jede Patinierung zu geben, die gewünscht wird bezw. die der Tönung der
137
Steinarchitektur entspricht. Auf Wunsch stellen wir im Kunstdruck hergestellte Farbmustertafeln zur Verfügung....«. Aus:
Württembergische Metallwarenfabrik, Abteilung für Galvanoplastik, Figuren für Grabschmuck, Nr. 141, Geislingen-Steige. o.
J.; Farbtrends werden im Katalog von 1903 benannt: »...In der
Regel wenden wir für Grabschmuck-Erzeugnisse rotbraunen
(nachgedunkeltes Kupfer) und gelbbraunen (Farbe des nachgedunkelten Bronzegusses) Metallton an...«. Aus: Galvanoplastische
Kunstanstalt Geislingen-Steige, Abteilung I, Grabschmuck, 1903.
Abbildungsnachweis:
Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege: Abb. 2, 3, 6, 10, 13, 15
Landesamt für Denkmalpflege Sachsen: Abb. 1, 7, 8, 9
Reproduktion nach: Das Buch der Erfindungen, Gewerbe und
Industrie. Bd. 2. Leipzig 1877, S. 343: Abb. 11
Wirtschaftsarchiv Baden-Württemberg (WABW): Abb. 4, 5
Württembergische Metallwarenfabrik, Archiv: Abb. 12, 14, 16
138
Galvanoplastiken – chemische Analyse und Restaurierung
Anke Doktor, Birgit Meißner, Martin Mach
Kernmaterial Calciumsulfat (Gips)
Um den Gipskern in den Galvanoplastiken in seinen zahlreichen
Facetten beurteilen und verstehen zu können, soll im folgenden
auf das Material Calciumsulfat (im allgemeinen als Gips bezeichnet) und seine Eigenschaften näher eingegangen werden.
Chemisch betrachtet ist Gips wasserhaltiger, schwefelsaurer
Kalk, CaSO4 · 2 H2O, der beim Erhitzen leicht das Kristallwasser verliert. Um ihn beispielsweise im Baugewerbe zu
benutzen, wird er bei 120 –130°C erhitzt. Dabei verliert der
Gipsstein einen Teil seines Kristallwassers, und die Struktur
wird zerstört. Durch Zugabe von Wasser gewinnt er seine
ursprüngliche Beschaffenheit zurück und ist daher als Bauund Formmaterial so beliebt. Er geht aber schon bei
Temperaturen ab 65°C gemäß der Gleichung
CaSO4· · 2 H2O ➝ CaSO4 · 1/2 H2O + 3/2 H2O
in das Halbhydrat Bassanit über. Im Unterschied zum Gipsstein
mit 21% Wasser enthält Bassanit nur noch 6% Wasser. Bei erneutem Erhitzen bis auf 180°C geht abermals Wasser verloren,
wodurch der sogenannte Stuckgips entsteht, der für die Diskussion im Bereich der plastischen Abformungen besonders
interessant ist.
Für das Kernmaterial der Galvanoplastiken interessieren
den Gipsformer die Eigenschaften des Stuckgipses, denn dieser
unterliegt beim Erhärten einer Volumenvermehrung um etwa
1% – er »wächst«. Diese Volumenvermehrung bedingt, daß beispielsweise Gipsverbände stets stramm anliegen und ebenso die
feinsten Vertiefungen der Vorlagen für Gipsformen ausgefüllt
werden.1 Dies ist vor allem für Gipsabdrücke mit feinen Ziselierungen wichtig, damit der galvanische Niederschlag das gewünschte Bild möglichst fein nachbildet.
Je nach dem Verhältnis von Gips zu Wasser beim Anrühren
lassen sich Härte und Festigkeit des Gipses variieren. Dabei gilt
die Regel, daß der entstehende Gipskörper um so fester ist, je
weniger Anmachwasser benötigt wird. Dies läßt sich leicht veranschaulichen. Aus den Gipsteilchen wachsen jeweils Kristalle
derselben Größe und Länge heraus. Die Festigkeit entsteht dadurch, daß sich die Gipskristalle durchdringen und miteinander verfilzen. Ist der Abstand der Gipsteilchen gering, also bei
wenig Anmachwasser, sind die Bereiche der Durchdringung und
Verfilzung groß und umgekehrt. Daraus folgt für zu wasserreiche Mischungen eine geringere Festigkeit und Härte, weil
der Porenraum insgesamt ein größerer ist.2 Es darf allerdings
auch nicht zu wenig Wasser genommen werden, da sich dies
wiederum negativ auf die Härteeigenschaften des erstarrten
Gipskörpers auswirkt. 100 ml Wasser sollten idealerweise zwischen 50g und 125g Gips aufnehmen. Die größte Härte wird
somit bei 125g Gips auf 100ml Wasser erreicht.3
Beimischungen in großer Menge schaden der Festigkeit
und Haltbarkeit des gegossenen Gipses, aber es können zum
Beispiel kleinere Mengen Erdfarben zugesetzt werden. Wird in
geringen Mengen Kalk zugemischt, verlangsamt sich der Erhärtungsprozeß. In diesem Zustand ist die Masse nicht mehr
gießfähig, sondern plastisch, so daß der Gips wie Ton mit der
Hand modelliert werden kann.4
Röntgenographische Analysen der ausgehärteten Gipskerne
der untersuchten Grab-Galvanoplastiken ergaben, daß es sich
hierbei tatsächlich um herkömmlichen Gips, also das Dihydrat,
handelt. Zur Herstellung der Form wurde mit großer Wahrscheinlichkeit Stuckgips verwendet, denn alle anderen Modifikationen sind den geforderten Ansprüchen nicht gewachsen.
Setzt man allerdings den Gipskern erneut hohen Temperaturen
aus, wie es beispielsweise beim Entfernen des Imprägnierungsmittels durch Auskochen oder beim Imprägnieren selbst geschehen ist, kann sich wieder die Modifikation Stuckgips bilden.
Dies hängt allerdings von der Verweildauer der Figuren im Imprägnierungsbad ab und geschieht frühestens nach etwa einem
Tag.
Chemische Analysen zum Gipskern im Hinblick
auf die Restaurierung
Die Untersuchungen des Zentrallabors des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege an Gipskernen ausgewählter Kerngalvanoplastiken der Württembergischen Metallwarenfabrik
(WMF) ergaben, daß es sich beim Imprägnierungsmittel stets
um eine Kolophonium/Paraffinwachs-Mischung handelt. Durch
Auskochen in Dichlormethan und Auswiegen der Gipskerne
wurde der Gehalt an Kolophonium/Paraffin ermittelt.
Tiefe des
Einwaage Rückstand Massenanteil
Galvanokerns
(g)
(g)
Kolopho(cm)
nium (%)
0,0 ... 0,5
1,30399
0,78011
40,2
0,5 ... 1,0
1,56238
1,05829
32,3
1,0 ... 1,5
1,68187
1,14155
32,1
1,5 ... 2,0
0,47465
0,32005
32,6
Tab. 1
Massenanteil
Gips (%)
59,8
67,7
67,9
67,4
Kolophoniumgehalt in Originalgipskernen
Es ergaben sich durchweg Massengehalte von knapp über 30%.
In der äußersten Schicht wurde sogar ein Wert von 40% ermittelt. Diese Zahlen (40%) finden sich auch in den diversen Gutachten über die Arbeiten der WMF, die sich in deren Katalogen
befinden: »... Nach diesem Verfahren hergestellte Probenkörper
enthalten 40% ihres Gewichts an Harz-etc.-Substanz und sind
Galvanoplastiken – chemische Analyse und Restaurierung
139
vollkommen porenfrei, wie dies sowohl die Schnittproben, als auch
das gleichförmige spezifische Gewicht beweisen ...«. 5
In der Tat machen polierte Schnittflächen von Originalproben einen völlig porenfreien und dichten Eindruck. Sie erinnern an poliertes Elfenbein oder Horn.
Es stellt sich nun die Frage, mit welchem Material Reparaturen des Gipskerns gemacht werden könnten, das den gleichen
Kolophoniumgehalt wie dieser aufweist. Eine komplette Tränkung der Figur in einem Imprägnierungsmittel erscheint nicht
praktikabel. Es ist allerdings gelungen, eine Masse ähnlich der
alternativen Harzform zu entwickeln, welche die erforderliche
Menge Kolophonium bereits enthält.6 Dazu wird die gewünschte Menge Kolophonium in einer möglichst kleinen Menge
Aceton gelöst. Die erforderliche Gipsmenge wird zunächst mit
wenig Wasser verrührt, so daß sie eben abbindet. Dann wird
sofort die Aceton-Kolophonium-Lösung hinzugefügt und gut
verrührt. Diese Masse läßt sich je nach Bedarf mit Aceton
dünnflüssiger machen, wobei darauf zu achten ist, daß sie sehr
viel mehr Zeit zum Trocknen braucht als einfacher Gips.
Es ist nun möglich, dieses Gipsgemisch in die zu restaurierende Figur zu füllen und somit den meist schon gebrochenen Gipskern zu kleben oder zu festigen.
Zur weiteren Stabilisierung des Systems unter weitgehendem Erhalt der Originalsubstanz sollte unbedingt über eine Rostversiegelung der Eisenarmierung nachgedacht werden. HABER/
HEIMLER haben in ihrem Artikel über die Restaurierung eines
Grabengels die Verwendung eines feuchtigkeitshärtenden Polyurethan-Systems als Rostschutz vorgeschlagen.7 Dieses Mittel
wurde teils durch Injektion, teils durch Tränkung an das korrodierte Eisen gebracht. Nach nunmehr zehn Jahren Standzeit
zeigen sich noch keine Veränderungen des Zustandes dieses
Grabengels.
1 Weibliche Trauernde, Kerngalvanoplastik, WMF-Kat. Nr. 919,
Dresden
2 Weibliche Trauernde, Hohlgalvanoplastik, WMF-Kat.
Nr. 10596, Halle
Druckfestigkeit und Elastizitätsmodul
Grundsätzlich werden zur Charakterisierung eines neu entwickelten Materials Daten zu dessen Festigkeit gewonnen. Daher sollte auch die neu entwickelte Gips-Kolophonium-Masse
auf ihre Druckfestigkeit geprüft werden. Es wurden Probekörper in Würfelform mit einer Kantenlänge von 5cm hergestellt.
Zum Vergleich wurden identisch dimensionierte Probekörper
aus reinem Gips angefertigt. Diese Würfel wurden zwischen
zwei Stahlscheiben gelegt und auf die obere Scheibe ein konstant
steigender Druck ausgeübt, bis die Körper brachen.
140
Anke Doktor, Birgit Meißner, Martin Mach
Material
Gips
Gips + 30% Kolophonium
Gips in Kolophonium getränkt
σ max
(N/mm2)
7,48
3,44
26,17
E-Modul
(kN/mm2)
4,64
2,22
4,70
Tab. 2 Druckfestigkeit (σ max) und Elastizitätsmodul (E-Modul)
der untersuchten Gipsmischungen
Anhand der Tabelle ist ersichtlich, daß die Probekörper mit
dem Zusatz von Kolophonium-Lösung nur etwa die Hälfte der
Festigkeit von reinem Gips aufweisen. Dieses Ergebnis konnte
erwartet werden, da der Gips hauptsächlich mit Aceton angerührt wurde. Der Wasseranteil in dieser Mischung ist sehr
gering und gerade ausreichend, damit der Gips ein wenig abbinden kann. Allerdings hat sich im Laborversuch gezeigt, daß
die Mischung durchaus in der Lage ist, originale Gipsteile
zusammenzukleben und somit zu stabilisieren. Es liegen aber
noch keine Erfahrungswerte über einen Einsatz außerhalb des
Labors vor.
Die Tränkung des Gipskörpers in der Kolophonium/ParaffinMischung erhöht den Wert der Druckfestigkeit um das vierfache. Solche Werte werden bereits in den Katalogen der WMF
garantiert. Hier ist sogar von einer fünffachen Erhöhung der
Festigkeit durch die Imprägnierung die Rede.8
Wie anhand der Werte für das Elastizitätsmodul zu sehen
ist, bewirkt die Imprägnierung durch Tränkung keine Änderung
der Elastizität gegenüber reinem Gips, sondern lediglich die erforderliche Wasserresistenz. Letztendlich scheint sich aufgrund
der Festigkeitsprüfungen die Gips-Kolophonium-Aceton-Mischung nicht unbedingt als Formmaterial für besonders große
oder tragende Teile zu eignen, da das Elastizitätsmodul, welches
das Bruchverhalten charakterisiert, einen relativ niedrigen Wert
besitzt. Dennoch reichen die Werte aus, um eventuell verlorengegangene Teile nachzuformen und zu ersetzen. Zudem könnte
über einen Einsatz der Mischung als Klebemittel zur GipskernErhaltung nachgedacht werden, um bei einer Restaurierung
möglichst nah am Originalmaterial zu bleiben.
3 Ähnliches Korrosionsbild wie bei freibewitterten Bronzen
(Grabfigur mit erhobenen Flügeln, Hohlgalvanoplastik, WMFKat. Nr. 745a, Halle)
Schadensphänomene
Die frühen Grabfiguren (ab 1890) der Württembergischen
Metallwarenfabrik (WMF) wurden bevorzugt in der Kerngalvanotechnik ausgeführt (Abb. 1). Bereits 1894 wurden von der
WMF Erfahrungsberichte über ein Vierteljahr freibewitterte
Kerngalvanoplastiken herausgegeben. Zudem führte man Untersuchungen an künstlich bewitterten beziehungsweise extremen
Temperaturschwankungen (–10 bis 40°C9 bzw. –50 bis 60°C10)
ausgesetzten Kerngalvanoplastiken durch, um das Verhalten
des Kerns und des Kupfers gleichzeitig zu beobachten. Diese
Art der Materialprüfung war zu dieser Zeit noch unüblich –
ihre Veröffentlichung in den Verkaufskatalogen zeigt, wieviel
es der WMF bedeutete, die Qualität ihrer Produkte auch nach
außen hin unter möglichst objektiver Reflexion darzustellen:
»... Zur Ermittlung dieser Verhältnisse wurde ein unregelmäßig
geformter Kupferring (Querschnitt eines Pferdebeins) mit Kernmasse gefüllt und in Sand allmählich auf +40° erwärmt und
4 Aufplatzende Kupferhaut durch Volumenvergrößerung des
Kerns (Weibliche Trauernde, WMF-Kat. Nr. 870, Halle)
dann auf –10° abgekühlt. Hierbei war weder ein Verdrängen der
Kupferhülle noch eine Lockerung, also Spielraum, zwischen beiden
Materialien bemerkbar ...« .11
In den späteren Katalogen (etwa ab 1910) wurden nahezu
ausschließlich Hohlgalvanoplastiken angeboten (Abb. 2): » …
Das Negativ- oder Hohlgalvano-Verfahren, das Niederschlagen des
Metalls in einer Hohlform, welche nach dem Original hergestellt
Galvanoplastiken – chemische Analyse und Restaurierung
wird, ist das weitaus wichtigste der Galvanotechnik. Nach ihm
werden heute sämtliche Kunstwerke, wie öffentliche Denkmäler,
Bauschmuck, Grabdenkmäler usw. hergestellt, bei welchem auf
eine unbeschränkte Lebensdauer gesehen wird, oder bei denen es
auf die allergrößte Schärfe der Wiedergabe ankommt ...«.12
Die Figuren mit Gipskern wertete die WMF in späteren
Schriften als vorrangig für eine Aufstellung im Innenraum
geeignet: »... Ausser dem Hohlgalvanoverfahren wird die Technik
noch nach einem anderen Verfahren, dem Kerngalvanoverfahren,
ausgeübt, welches eine billigere Ausführung ermöglicht und hauptsächlich für figürlichen Schmuck für Innenräume Anwendung
findet ...«.13 Dies könnte als ein erstes Anzeichen dafür gewertet
werden, daß nach damals maximal 40 Jahren Standzeit einer
Kerngalvanoplastik im Freien erste Mängel sichtbar wurden,
die in der Herstellungstechnik und der Materialzusammensetzung ihre Ursache hatten, seitens der WMF anfangs aber
schwer als solche prognostizierbar waren.
Der Betrieb bemühte sich auch um einen möglichst langen
Erhalt der Figuren am Aufstellungsort. Neben der Einbeziehung wissenschaftlicher Gutachter14 wurden in den Katalogen
Hinweise zur Pflege des Grabschmucks erteilt. Daß man sich
nach relativ kurzer Zeit dennoch bevorzugt der Hohlgalvanoplastik zuwandte, ist ein Faktum, dessen sichere Bewertung noch
offen bleibt.
Festzustellen bleibt, daß sich die Anzahl der Kerngalvanoplastiken, welche seit nunmehr 90 bis 100 Jahren auf den
Friedhöfen stehen, drastisch reduziert hat. Die Kriegsverluste
stellen hier nur eine Ursache dar. Erschreckend ist vielmehr der
hohe Schwund, der innerhalb der letzten Jahre zu verzeichnen
ist. Zur Zeit befinden sich auf den exemplarisch erfaßten großstädtischen Friedhöfen in Sachsen und Sachsen-Anhalt meist nur
zwischen ein bis vier Kerngalvanoplastiken. Nach Einschätzung
der Autoren wird sich dieser Bestand innerhalb der nächsten
zehn Jahre ohne sichernde Maßnahmen in etwa halbieren.
Grund hierfür ist der drastische Schadensverlauf, der – einmal in Gang gesetzt – teilweise nur mit rigorosen Maßnahmen
zu stoppen ist. Oft müssen diese Figuren dann, da sie aufgrund
der statischen Probleme eine Gefahr für die Besucher der
Friedhöfe darstellen können, demontiert werden. Zu hoffen
bleibt, daß sie anschließend vorübergehend in einem trockenen Raum untergestellt werden und nicht sofort wegen des
beeinträchtigten und scheinbar irreparablen Gesamtbildes unwiederbringlich aussortiert werden.
Schäden an Hohlgalvanoplastiken
Nicht ganz so kritisch stellt sich meist die Situation bei den
Hohlgalvanoplastiken dar. Wurden diese bündig an die zugehörige Steinarchitektur angebracht15 und sind mechanische Beschädigungen ausgeblieben, werden oft nur Pflegemaßnahmen
der Oberfläche erforderlich. Die größere Stärke der Kupferwand verträgt den jährlichen Materialabtrag recht gut.16 Starke
Verschmutzungen und Krustenbildung in untergriffigen, nicht
bewitterten Partien – zum Beispiel den Gewandfalten – sind
sowohl bei Kern- als auch bei Hohlgalvanoplastiken feststellbar. Dabei kommt es zu einem ähnlichen Schadensbild wie bei
freibewitterten Bronzeplastiken (Abb. 3).
141
5 Keramische Kerngalvanoplastik, Grabengel vom Südfriedhof
Halle, Vorzustand
Schäden an Kerngalvanoplastiken
In den meisten Fällen zeigen sich die Schäden an Kerngalvanoplastiken in Form einer aufgeplatzten Kupferhaut, durch die
der Gipskern sichtbar ist. Bruchstellen im Metall ergeben sich
vor allem entlang der Wuchsrichtung der Kupferkristalle.17 Bei
vielen Figuren sind ganze Körperteile wie Flügel, Arme, Gesicht oder Attribute wie Palmblatt, Rose und Zweig beschädigt
oder gar abgebrochen. In diesen Fällen liegt oft die innenliegende Eisenarmierung bloß.
Der Schaden an einer solchen Figur beginnt häufig mit
einem Defekt in der Kupferhaut infolge von Korrosion oder
mechanischem Einwirken. Aber auch Produktionsfehler oder
Materialermüdung sind als mögliche Fehlerquellen anzuführen.
Hier wären beispielsweise eine unzureichende Kernimprägnierung und das dadurch mögliche Eindringen saurer Badflüssigkeit in den Kern zu erwähnen.
Beim Herstellen eigener kleiner Kerngalvanoplastiken
zeigte sich den Autoren, daß die Eisenarmierungen bereits
während des Einbringens in den feuchten Gips beginnen zu
rosten. Somit wird schon während der Fertigstellung der Figur
ihr Verfall eingeleitet, obgleich die Gipsfigur vor der Imprägnierung gut getrocknet wird. An diesen Versuchen bewies sich
deutlich, wie empfindlich die Materialzusammensetzung einer
Kerngalvanoplastik mit Eisenarmierung ist.
Darüber hinaus konnte es infolge unvollständiger Graphitierung zu einer inhomogenen galvanischen Beschichtung
142
Anke Doktor, Birgit Meißner, Martin Mach
Analytik der Korrosionsprodukte
Umwelteinflüsse
Schadstoffe aus der Luft, vor allem Schwefeldioxid (SO2), bewirken die mehr oder weniger schnelle Korrosion von Bronze.
Als Korrosionsprodukte entstehen vor allem basische Kupfersulfate mit unterschiedlichem Sulfat-Anteil, der von der Menge
an Schwefeldioxid in der Luftatmosphäre (»saurer Regen«) abhängt. So besteht ein deutlicher Unterschied zwischen Bronzeobjekten, die sich in den östlichen Bundesländern befinden
und beispielsweise denen in Bayern. Anhand der durchschnittlichen Monatsmittelwerte der SO2-Belastung seit 1992 für
Leipzig und München wird dieses Phänomen deutlich.19 Anfangs sind diese Werte in Leipzig noch etwa um ein zehnfaches
erhöht, später ist aber ein deutlicher Rückgang der Schadstoffbelastung zu verzeichnen. Dennoch bleiben die Werte grundsätzlich höher als in München.
Für die Kupferkorrosion gelten im Prinzip die gleichen
Korrosionsmechanismen, so daß an dieser Stelle die aktuellen
Analysedaten vor diesem Hintergrund erläutert werden können.
WMF-Kerngalvanoplastik »Engel mit Rose«, Dresden:
Probenuntersuchung
6 Grabfigur WMF-Kat. Nr. 727a, nach Entfernen des Gipskernes mit neuem Innengerüst aus Kupfer und Edelstahl
kommen. Auch herstellungstechnisch begründete Spannungsrisse im Kupfergefüge, die durch die Anordnung der Kupferkristalle entstehen, sowie Verarbeitungsfehler bei der Montage
in der Gürtlerei (undichte Lötnähte, Flickungen und Nachbesserungen an der Kupferhaut) und die damit einhergehenden Veränderungen in der Metallstruktur sind als Schadensverursacher im Sinne eines »Domino-Effektes« denkbar. Nicht
zuletzt war das Gelbbrennen (Behandlung mit Salpeter- und
Schwefelsäure) und anschließende Patinieren ein chemisch sehr
aggressiver Prozeß, der ebenfalls zu Fehlstellen geführt haben
kann.
Durch die Aufstellung im Freien ist die Galvanoplastik
zudem großen Belastungen durch den Winddruck ausgesetzt,
was Materialermüdung, Versprödung und anschließende Rißbildung verursachen kann.18
Durch die defekte Kupferhaut – sichtbar häufig in Faltenrissen – kann nun Wasser von außen in den Gipskern eindringen. Trotz der Imprägnierung gelangt das Wasser bis zu den
Eisenarmierungen – Korrosionsprozesse setzen ein. Die Eisenstäbe erweitern dadurch ihr Volumen und sprengen den Gipskern. Dort entsteht nun ein Radialdruck, der von innen gegen
die Kupferhaut wirkt und so für ein weiteres Aufplatzen der
Kupferhülle sorgt (Abb. 4). Als zusätzliche Belastung wären dann
noch die jahreszeitlich bedingten Temperaturschwankungen zu
nennen, die langfristig dafür sorgen, daß sich ein Hohlraum
zwischen dem Gipskern und der Kupferhaut bilden kann.
Insgesamt wurden vier optisch unterschiedlich erscheinende
Schabeproben der Korrosionsprodukte analysiert (vgl. Abb. 14).
Es gab sowohl hellgrün-pulvrige Bereiche als auch schwarze,
schwarz-braune und hellbraune Substanzen. Die hellbraunen
Stellen erschienen als Schleier, die schwarz-braunen Produkte
stellten sich als deren Summe dar. Sie waren obenauf schwarzund auf der Rückseite der Krusten braunfarbig. Die beiden
schwarz gefärbten Bereiche dagegen waren klar geformt und
recht hart. Tab. 3 listet die verschiedenen Korrosionsprodukte
und deren Inhaltsstoffe auf.
Probe Herkunft
1
rechter Flügel,
innen
2
Gewand,
Rückseite
3
Gewand,
Rückseite
4
Gewand,
Rückseite
Tab. 3
Aussehen
grün, pulvrig
schwarz,
sehr hart
braun,
Schleier
schwarz-braun,
hart
Inhaltsstoffe
Antlerit,
Brochantit
Brochantit, Quarz,
Antlerit, Tenorit
Brochantit, Cuprit,
Tenorit, Gips
Brochantit, Quarz,
Tenorit
Inhaltsstoffe der Proben der Dresdner Kerngalvanoplastik
In allen analysierten Proben sind die für die Korrosion von
Kupfer und Bronze typischen Verbindungen enthalten. Es
handelt sich dabei hauptsächlich um basische Kupfersulfate. In
der äußeren hellgrünen Schicht ist das Verhältnis von Antlerit
(Cu3SO4 (OH)4) zu Brochantit (Cu4SO4(OH)6) zugunsten des
Antlerits verschoben. In den anderen Schichten herrscht allerdings Brochantit vor. Zudem finden sich die Kupferoxide
Cuprit (Cu2O) und Tenorit (CuO) in den näher an der
Kupferoberfläche liegenden Schichten. Auch Quarz und Gips
sind Bestandteile der drei dunkleren Oberflächenbereiche.
Galvanoplastiken – chemische Analyse und Restaurierung
143
7 Grabfigur mit Flügeln, Kern-Galvanoplastik, WMF-Kat.
Nr. 727a, Dresden, Zustand vor der Restaurierung
8 Vorzustand der Grabfigur: herabhängender Flügel, aufgerissene
Kupferhaut, freiliegender Gipskern mit Eisenarmierung, fehlende
Rosenblüte
Wie bei den meisten freibewitterten Bronzen besteht ein
überwiegender Teil der Korrosionsprodukte aus Antlerit
(Cu3 SO4(OH)4) und Brochantit (Cu4 SO4(OH) 6). In Probe 1,
welche von der Oberseite der Flügel stammt, also von einer
regenexponierten Stelle, herrscht das sulfatreichere Antlerit vor.
Dies ist – wie auch schon bei den anderen in dieses Projekt
involvierten Bronzeobjekten festgestellt – eine Folge der in
Sachsen und Sachsen-Anhalt extrem hohen Schadstoffbelastung, bedingt durch die in den Kraftwerken verwertete
Braunkohle mit hohen Schwefelgehalten.
In den anderen Proben erscheint überwiegend das sulfatärmere Brochantit. Im Gegensatz zu Probe 1 finden sich in
Probe 2 – 4 auch Quarz und Gips, was durch die Antragung
von Staub aus der Umgebung zu erklären ist. Diese Proben
stammen alle vom Gewand auf der Rückseite der Figur, ein im
Vergleich zur Oberseite der Flügel eher regengeschützter Bereich. Daher konnten sich dort derartige Schmutzpartikel festsetzen und mit den Korrosionsprodukten eine festverbundene
Oberfläche bilden.
Auffällig ist das Vorkommen von Cuprit (Cu2O, rötlichbraun) und Tenorit (CuO, schwarz-braun) in den Proben 2 – 4.
Diese Kupferoxide bilden sich direkt unter Einwirkung von
Luftsauerstoff. Sie zählen zu der gewöhnlich erwünschten
Passivierungsschicht, die das Metall vor weiterem korrosiven
Angriff schützt. Da Galvanoplastiken bei der WMF sozusagen
»am Fließband« produziert wurden, kann man davon ausgehen, daß die Objekte vor ihrer Patinierung in der gewünschten
Farbe eine Zeitlang gelagert wurden. So konnte eine dünne
Schicht von Cuprit aufwachsen, zu dessen Bildung bereits ein
Tag ausreicht.
Es ist also davon auszugehen, daß die Proben 2 – 4 jeweils
einen Teil der ersten Passivierungsschicht enthalten. Die unterschiedlichen Farben ergeben sich durch die Beimengung der
anderen Bestandteile der Schicht. So wirkt Probe 3 wie ein
brauner Schleier, weil sich darin Gips befindet, das sich insbesondere in regengeschützten Bereichen bildet.
144
Anke Doktor, Birgit Meißner, Martin Mach
9 Offener Schulterbereich mit lockeren Gipssegmenten und
Kerneisen
Kerngalvanoplastik, Halle: Probenuntersuchung
Für weitere Untersuchungen wurde eine zweite Grabgalvanoplastik ausgewählt, die sich auf dem Südfriedhof in Halle befindet (Abb. 5). Es ist ein nur 84cm großer Engel in wallendem
Gewand. Im linken Arm hält er einen Strauß Rosen, in der
rechten Hand eine einzelne Rose. Auf den ersten Blick scheint
es ein Produkt der WMF zu sein, aber bei näherem Betrachten
der recht weichen Formen und eher unbestimmten Linienführung läßt sich vermuten, daß es sich um ein Einzelstück einer
anderen Firma handeln muß. Die Analytik der Korrosionsprodukte führt allerdings zu ähnlichen Ergebnisse wie beim
Dresdner Grabengel.
10 Entkernter Schulterbereich
Probe
HAE 1
HAE 4
HAE 5
Aussehen
weiß, fest,
kristallin
schwarz
Herkunft
Kern
Rücken zw. CuHaut und Kern
Flügeloberseite,
rechts
Flügeloberseite,
rechts
rechter Arm
hellgrün,
pulvrig
HAE 6 rost-braun,
sehr fest
HAE 7 schwarze
Schollen/Pusteln,
Unterseite grün
HAE 8 schwarz, fest
linke Schulter,
beregnet
HAE 9 grau-weiße bis
Rose, geschützt
schwarze Knollen
HAE 10 hellbraune
Plinthe
Schleier
HAE 11 schwarz, fest
Gewandfalte,
vorne rechts,
relativ geschützt
Tab. 4
Inhaltsstoffe
Quarz, Mullit,
Cristoballit
Quarz, Graphit
Antlerit,
Brochantit
Brochantit
Antlerit,
Kupferoxidsulfathydrat
Quarz,
Brochantit
Gips, Quarz,
Antlerit
Brochantit, Quarz,
Antlerit, Dolomit
Antlerit, Kupferoxidsulfathydrat,
Quarz
Inhaltsstoffe der Proben des Hallenser Grabengels
Galvanoplastiken – chemische Analyse und Restaurierung
11 Galvanisierung fehlender Partien: Silikonnegativ – Silikonpositiv – Positiv mit Kupferschliff-Beschichtung – galvanisch hergestelltes Kupfersegment
12 Galvanisch hergestellte Kupferkopie einer Fehlstelle am linken
Flügel
145
Das Kernmaterial besteht aus Keramik – genauer Kaolinit,
welches ein natürliches Tonmineral ist und für keramische Werkstoffe verwendet wird. Beim Brennen entsteht Mullit, ein Aluminiumsilikat, das einen geringen Wärmeausdehnungskoeffizienten besitzt und durch miteinander verfilzte Mullit-Nadeln
zu einem Bestandteil des Porzellans wird.
Nach Kenntnisstand der Autoren wurde diese Art des Kerns
bisher in keiner anderen Kerngalvanoplastik gefunden. Darum
zählt dieser Engel vermutlich zu jenen Einzelstücken, die von
kleineren Firmen hergestellt wurden.
Der Vorteil dieses Kernmaterials liegt eindeutig in seiner
Witterungsbeständigkeit. Im Gegensatz zum Gips vergrößert es
unter Feuchtigkeit nicht sein Volumen und bedarf auch keiner
zusätzlichen stabilisierenden, später schadensverursachenden
Eisenarmierung.
Die Schwachpunkte dieser Figur liegen an anderer Stelle,
und zwar hier hauptsächlich bei der sehr dünnen Kupferhaut.
An einigen Stellen ist sie überhaupt nicht mehr vorhanden
oder liegt nur noch in losen Schollen auf, an anderen Bereichen
wurde sorglos mit Zementmörtel geflickt. Querschnittanalysen
der Kupferschicht zeigen, daß die Figur wahrscheinlich mehrfach aus dem Bad genommen und ausgebessert wurde, denn
es sind mindestens fünf Linien versetzt zueinander sichtbar. All
dies sind Hinweise darauf, daß dieser Engel kein Bestandteil
eines routinierten Herstellungsablaufes war und somit möglicherweise das Einzelwerk eines kleineren Handwerksbetriebes
sein könnte, der sich nur selten beziehungsweise nur im Einzelauftrag mit der Technik der Galvanisierung befaßte.
Die Korrosionsprodukte der Hallenser Kerngalvanoplastik
weisen – genau wie beim Dresdner Engel – als Hauptbestandteile Antlerit und Brochantit auf. Zudem wurde an einer
regengeschützten Stelle auf der Rückseite einer Rose in den
dort gebildeten Knollen Gips als Hauptbestandteil gefunden.
Der Staub aus der Umgebung konnte sich hier problemlos anlagern, ohne vom Regen abgewaschen zu werden. Mit den aus
der Umgebung angetragenen Sulfatsalzen entstand daraus der
Gips (wasserhaltiges Calciumsulfat). In den Proben HAE 7 und
HAE 11 wurde ein Kupferoxidsulfathydrat (3CuO· SO3 ·2 H2O)
nachgewiesen, welches auf aktive Korrosionsvorgänge an der
Kupferoberfläche hindeutet. Es befindet sich in regengeschützten Bereichen, also Partien, an denen sich bevorzugt sulfatreichere Verbindungen bilden, was wiederum auf einen erhöhten SO2-Anteil in der Luft hinweist.
In Partikeln, die sich unterhalb der Kupferhaut befanden,
wurde Graphit gefunden. Dies zeigt, daß ein fester Halt der
Kupferschicht auf dem Kern offenbar nicht zu erwarten war,
da sich das den Kern leitend machende Graphit mit der
Kupferschicht verbunden hat und somit als »Haftverbindung«
nicht mehr zur Verfügung stand.
Restaurierungsmöglichkeiten
13 Eingelötetes neues Kupfersegment, matt patiniert
Die Lebensdauer von Kerngalvanoplastiken scheint jetzt – nach
60 bis 100 Jahren ohne restauratorische Maßnahmen – abgelaufen zu sein, so daß Restaurierungen zur Bewahrung des restlichen Bestandes dringend nötig werden.
Es existieren grundsätzlich zwei Wege, die zur Erhaltung
des sehr stark gefährdeten Bestandes an Grabfiguren und
146
Anke Doktor, Birgit Meißner, Martin Mach
14 Reinigungs- und Wachsproben auf der Kupferoberfläche
anderen Galvanoplastiken führen.
Der erste basiert auf der Entfernung des Gipskerns, um
sozusagen Ruhe in das System zu bringen. Der entfernte Gipskern wird dabei durch ein Gerüst aus Edelstahl, Kupfer oder
Bronze ersetzt (Abb. 6). 20 Diese Methode ist gewiß zuverlässig
und geeignet, um einen längeren Erhalt der Kupferhaut zu
garantieren. Allerdings bedingt er mit der Zerstörung des Gipskernes nicht nur die Beseitigung eines technologischen Fertigungszeugen, sondern entfernt zudem den in der Herstellungskette einen Schritt näher am Originalmodell stehenden Kern.
Der sich erst im Anschluß daran nach außen mit einem entsprechenden Zeichnungsverlust absetzende Kupferniederschlag
hingegen wird erhalten. Ein weiterer Nachteil ist der Verlust an
mechanischer Stabilität durch den Wegfall des ausfüllenden
Kerns.
Deshalb sollte – wenn die entsprechenden Voraussetzungen gegeben sind – immer der zweite Weg bevorzugt werden.
Dieser besteht darin, möglichst alle originalen Teile zu erhalten und somit auch den Gipskern in der Figur zu belassen. Bei
dieser aufwendigen Methode müssen herausgebrochene oder
fehlende Gipsstücke ersetzt beziehungsweise gefestigt und das
Aufquellen des Gipses gestoppt werden. Meist ist eine Antirostversiegelung der Eisenarmierungen notwendig. Diese geschieht
derzeit oft mit Hilfe eines feuchtigkeitshärtenden PolyurethanSystems.
Ist die vollständige Erhaltung des Gipskernes nicht mehr
möglich, sollte umfassend geprüft werden, ob in einzelnen,
noch fest von einer geschlossenen Kupferschicht umgebenen
Partien der Gipskern exemplarisch belassen werden kann.
Die abschließende Restaurierung der Kupferhaut erfordert
neben dem Schließen von Löchern und Rissen vor allem eine
Oberflächenreinigung. Über das Vorgehen muß aber von Fall
zu Fall neu entschieden werden.
Die Restaurierung des WMF-Grabengels Nr. 727a
15 Wachskonservierte Grabfigur nach Abschluß der Restaurierungsarbeiten
Im Rahmen des DBU-Forschungsprojektes war es möglich,
einen in seinem Schadensverlauf typischen Vertreter der Galvanoplastiken untersuchen und restaurieren zu lassen. Ausgewählt wurde eine Kerngalvanoplastik der WMF: Katalog-Nr.
727a, »Engel mit Rose«, Modell von Raimund Liebhaber,
1905 auf einem Dresdner Friedhof aufgestellt.
Es wurde ein hoher Zerstörungsgrad festgestellt, wie er bei
diesen Figuren häufig zu finden ist (Abb. 7, 8). Der Rückenbereich war aufgerissen, der linke Flügel hing herunter und
konnte zur Sicherung nur noch geborgen werden. Mehrere
Risse verliefen durch den Kopfbereich und einzelne Gewandfalten, einige Montagenähte waren aufgetrennt, an der Kupferplinthe löste sich eine Seite ab. Die Rosenblüte war verloren,
nur noch der Stiel verriet die Zuordnung in die Untergruppe
– a – des Typus 727. Das Eisengerüst lag im Flügelbereich völlig
offen und war zu großen Teilen durchkorrodiert, die statische
Funktion mußte in Frage gestellt werden. Der Gipskern wies
keine Geschlossenheit mehr auf, einzelne Segmente waren
herausgebrochen.
Da die Figur zudem nach Abschluß der Restaurierung wieder am Originalstandort im Freien aufgestellt werden sollte,
mußten sich die Restauratoren für das fast völlige Entfernen
Galvanoplastiken – chemische Analyse und Restaurierung
16 Endzustand nach Wiederaufstellung am Originalstandort
147
148
Anke Doktor, Birgit Meißner, Martin Mach
des Kernes entscheiden (Abb. 9, 10). Durch die großen, offenliegenden Areale gelang dies relativ problemlos. Lediglich der
rechte Arm und die Hand wurden – unter Einbeziehung von
Rissen – zusätzlich geöffnet. Diese Öffnungen erfolgten mit
feinsten Trennscheiben und Mikrofräsen, das Herauslösen der
Kernmasse aus der gesamten Plastik geschah mit speziell für
diesen Zweck hergestellten Meißeln. Unzugängliche, aber vollkommen intakte Bereiche der Figur wie die Flügelspitzen, der
linke Arm und ein Teil der Gewandfalten wurden von der Entkernung ausgenommen, da hier keine direkten Schäden feststellbar waren und wenigstens ein Teil der originalen Kernmasse
erhalten werden sollte.
Die statische Funktion des Gipskerns mit seinem Eisengerüst übernimmt nun ein neues Edelstahlgerüst, das in der
Kupferplinthe eine Verstärkung erhalten hat und dann in den
originalen Steinsockel führt. Von diesem Grundgerüst führen
stabile Kupferstreben in den Kopf-Schulterbereich sowie in die
Flügel. Die Innenkonstruktion setzt sich aus einer 5mm starken Edelstahlplatte (V2A), auf die ein Edelstahlprofilrohr
(V2A, 60 × 60mm, 5mm Wandung) geschweißt wurde, und der
hier angeschraubten und der Innenkontur der Galvanoplastik
angepaßten Auslegern aus Kupfer (30 × 5mm) zusammen
(Abb. 6). Wichtig bei der Konstruktion der Flügelausleger war
die Ableitung des Winddruckes direkt auf das tragende Innengerüst. Der Kontakt von Stützgerüstauslegern und Kupferhaut
wurde durch Nietverbindungen realisiert, die fast ausschließlich verdeckt an den Innenwandungen der Figur ausgeführt
wurden.
Fehlende Kupferpartien wurden in Hohlgalvanotechnik
anhand eines noch vollständig erhaltenen anderen Grabengels
gleichen Typs rekonstruiert (Abb. 11–13). Dazu wurden die
Fehlstellen zunächst in Gips modelliert und anschließend mit
Silikonkautschuk eine Abformung direkt an der Figur vorgenommen. Diese Formen wurden mit einem KupferschliffSpiritus-Gemisch elektrisch leitend gemacht, mit einem als
Kathode dienenden Kupferdraht versehen und auf einer Unterlage aus Acrylglas stabilisiert. Der verwendete Elektrolyt bestand aus 2 kg Kupfersulfat und 300 g Schwefelsäure (D=1,84),
gelöst in 10 l Wasser. Das auf 20°C temperierte Bad wurde mit
einer Umwälzpumpe bewegt, die Stromstärke betrug 0,5 –5 A/
dm2. Nach 20 – 30 h hatte sich eine 0,5 – 0,8 mm starke Kupferschicht ausgebildet.21
Risse und Nahtstellen wurden mit Hilfe verschiedener Löttechniken geschlossen. Partien mit erhöhter Spannung in der
Kupferhaut werden zunächst mittels WIG (Wolfram-Inert-Gas)Schweißen geheftet. Als Zuschlagstoff kam ein phosphorhaltiges Kupfer-Hartlot (L-CuP7, Arbeitstemperatur 720°C) zum
Einsatz. Das anschließende Weichlöten der nachgebildeten
Teile erfolgte mit einem antimonfreien Zinn-Blei-Weichlot
(L-Sn60 Pb, Arbeitstemperatur 190°C). Zum Teil mußten besonders instabile Bereiche und sehr breite Risse mit Kupferblech hinterlegt oder mit Walzblei gegenverlötet werden.22 Nun
zeigte die Figur mit der wieder geschlossenen Kupferhaut ihre
ursprüngliche, historische Form.
Die Oberfläche der Figur erforderte vergleichsweise wenig
Arbeitsaufwand (Abb. 14). Die Schmutzauflagen konnten durch
eine vorsichtige Reinigung entfernt werden. Mit feinen
Bürsten, Pinseln und anderen flexiblen Instrumenten wurden
diese Ablagerungen reduziert und somit die direkte Kontakt-
Schadstoffeinwirkung verringert. Lediglich massive Korrosionsausblühungen an den Flügeln wurden mit einem Skalpell vorsichtig abgenommen. Um ein optisch geschlossenes Gesamtbild
zu erhalten, war die farbliche Anpassung der Ergänzungen und
der neuen Weichlotnähte erforderlich. Diese Lotnähte wurden
durch die Verwendung von Kupfersulfatlösung (»Kupfervitriol«)
mit einem dünnen Kupferüberzug versehen und anschließend
zusammen mit den Ergänzungen mit einer Kaliumsulfidlösung
(»Schwefelleber«) dunkel eingefärbt.
Abschließend wurde die Plastik mit einem konservierenden
Wachsüberzug versehen – eine Möglichkeit, auf die auch bei der
Bronzerestaurierung zurückgegriffen wird (Abb. 15). Hierzu
wurde eine in Siedegrenzbenzin 100/140 gelöste Kombination
von mikrokristallinem Wachs TeCero 30201 und TeCero 30410
(Verhältnis 1:1) verwendet, die mit einem Pinsel auf die erwärmte Metalloberfläche aufgetragen und durch abschließendes
Bürsten verdichtet wurde.
Im November 1999 wurde der restaurierte Engel wieder an
seinen originalen Standort auf dem Dresdner Friedhof transportiert. Bei der Montage der Figur legte man zwischen
Steinsockel und dessen Deckplatte ausgleichende Beilagen aus
Walzblei. Das Schließen des schmalen umlaufenden Spaltes
zwischen Steindeckplatte und Plinthe erfolgte mit Leinölkitt.
Dabei wurde auf der Rückseite eine Öffnung zur Luftzirkulation und Ausleitung sich bildenden Kondensates belassen. In
dieser Form wird der Grabengel nun hoffentlich lange Zeit
erhalten bleiben (Abb. 16).
Exkurs: Dreidimensionale Bildverarbeitung
am Beispiel des Dresdner Galvanoplastik-Engels
Vermessung und Modellgenerierung
Erst seit kurzem23 ist es technisch möglich, auch komplizierte
lebensgroße Skulpturen wie den hier vorgestellten Engel lichtoptisch detailgetreu zu vermessen und die Daten der zahlreichen Einzelmessungen zu einem brauchbaren Gesamtmodell
für andere Anwendungen zu montieren. Die Technologie der
dreidimensionalen Scanner reicht zwar noch etwas weiter
zurück, es bereitete jedoch anfangs erhebliche Schwierigkeiten,
die Raumschalenfragmente der Einzelmessungen paßgenau
zusammenzusetzen. Dies hängt unter anderem damit zusammen,
daß die vergleichsweise einfach zu erzeugenden dreidimensionalen Fragmente am zweidimensionalen Computer-Bildschirm
ohne entsprechende Unterstützung – sei es durch Paßpunkte
oder eine spezielle Software – nur äußerst mühevoll zu einem
stimmigen Gesamtmodell verschmolzen werden können. Die
hier verwendete, vom Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung entwickelte Software führt die Fragmente der
Einzelmessungen im dreidimensionalen Raum aufeinander zu,
bis sie optimal zusammenpassen und dann in dieser Position
quasi einrasten.
Der Engel wurde von den Mitarbeitern des FraunhoferInstitutes mit Hilfe eines sogenannten Gray-Code-Scanners
vermessen. Die Vermessung selbst gestaltete sich vergleichsweise einfach, da die Figur ohnehin für die Restaurierung
demontiert worden war. Sie konnte deshalb auf einen Drehteller gestellt und um die Hochachse bewegt werden. Auf diese
Galvanoplastiken – chemische Analyse und Restaurierung
149
Weise mußte der Scanner nicht für jede Einzelmessung neu
positioniert und justiert werden.
Das Prinzip der lichtoptischen Vermessung wurde von
KOCHER ausführlich dargestellt und soll deshalb hier nur kurz
skizziert werden.24 Die Scannereinheit besteht aus einem Stroboskop-Projektor, der in kurzer Zeit eine Serie von zehn unterschiedlichen Streifenmustern – quasi Dias (=gray code) – auf
die zu vermessende Oberfläche projiziert. Eine Videokamera
beobachtet von einem seitlich etwas versetzten Standort aus,
wie sich die Streifenmuster auf der gekrümmten Oberfläche
des Objektes darstellen. Aus den beobachteten Veränderungen
läßt sich die Geometrie des Objektes errechnen. Trotz der weitgehenden Automatisierung der Einzelmessungen treten eine
Reihe von praktischen Problemen auf. Zum einen muß das
Objekt problemlos vom Hintergrund unterschieden werden
können. Weiterhin kann es vorkommen, daß einzelne Partien
der Oberfläche das Licht verschlucken oder irreführende Reflexe
verursachen, was wiederum zu Fehlmessungen führt. Die
Meßdaten aus den Einzelmessungen sind mit einer Fülle an
überflüssigen Doppelinformationen befrachtet, weil ebene
Flächen und kompliziert gekrümmte Flächen durch ein- und
dieselbe Meßpunktdichte dargestellt werden. Es ist deshalb
äußerst wichtig, daß die sich an die Einzelmessungen anschließende Software-Weiterverarbeitung in der Lage ist, ebene
Flächen durch geringere Punktdichten und gekrümmte Flächen
durch größere Punktdichten darzustellen. Die Meßpunkte
werden nach wie vor üblicherweise in Form von Polygonen –
17 Unterschiedliche, von der WMF angebotene Patinierungsvarianten am Beispiel eines dreidimensional vermessenen Grabengels
150
Anke Doktor, Birgit Meißner, Martin Mach
vorzugsweise als Dreiecke – dargestellt. Anspruchsvollere
geometrische Einzelelemente, wie zum Beispiel gekrümmte
Freiflächen (»nurbs«) könnten sich besser zur speichersparenden Darstellung eignen, werden jedoch bislang nur teilweise von
der weiterverarbeitenden Software unterstützt. Bei der PolygonDarstellung benutzt die Software nicht nur die Eckpunkte der
Dreiecke, sondern auch die Normalenvektoren auf den Eckpunkten. Mit Hilfe dieser Normalenvektoren kann das Modell
weitestgehend geglättet werden, so daß kaum mehr störende
Polygonkanten zu erkennen sind. Im vorliegenden Fall liegen
die Meßdaten in unterschiedlicher Auflösung vor. Das kleinste
Modell besteht aus 240 000 Polygonen, das größte aus knapp
2 Millionen. Die Dateigrößen im CAD-(DXF ASCII)-Format
bewegen sich zwischen 47 und 350MB. Die in Abb. 17 gezeigten Computer-Modelle beruhen allesamt auf dem kleinsten
Datensatz. Wie man an der Abbildung sieht, gibt jedoch bereits
dieses kleinste Modell, welches an herkömmlichen PCs problemlos verarbeitet werden kann, die Geometrie der Figur
einschließlich des zum Teil recht komplizierten Faltenwurfs
recht gut wieder.
Anwendungsmöglickeiten im Bereich der dreidimensionalen
Bildverarbeitung
Die Computermodelle haben mittlerweile eine Qualität erreicht,
die mit der fotografischen Dokumentation gleichziehen kann:
Zwar ist die Detailauflösung noch deutlich geringer als bei der
herkömmlichen Fotografie, die Modelle haben jedoch exakte
Maße – sie sind ein getreues räumliches Abbild der tatsächlichen Figurengeometrie. Deshalb können sie auch nach der
Messung aus allen denkbaren Perspektiven mit allen denkbaren Brennweiten – vom extremen Weitwinkel bis zum extremen Teleobjektiv – dargestellt werden.
Wenn wie im vorliegenden Fall ein dreidimensionales
Computermodell der entsprechenden Figur vorliegt, bestehen
eine Fülle weiterer Arbeitsmöglichkeiten. Software, die Beschriftungen oder Kartierungen direkt am dreidimensionalen
Modell ermöglicht, ist mittlerweile kommerziell erhältlich.25
Mit Hilfe dieser Software können bereits jetzt Restaurierungsalternativen visuell dargestellt werden (wie zum Beispiel der
jeweilige farbliche Gesamteindruck bei der Freilegung auf bestimmte Schichten einer polychrom gefaßten Skulptur).
Erfahrungsgemäß kann es jedoch sehr lange dauern, bis sich
derartige, als ultramodern und möglicherweise übertechnisiert
empfundene Methoden in der Restaurierungspraxis durchsetzen. Selbst einfache und zweifellos arbeitserleichternde
Methoden der zweidimensionalen Bildverarbeitung, die schon
lange über das Experimentierstadium hinaus sind, lassen sich
nur langsam in die traditionelle Vorgehensweise bei der Dokumentation von Restaurierungen integrieren.
Das hier gezeigte Anwendungsbeispiel wurde ganz bewußt
ausgewählt, um zu zeigen, daß die dreidimensionale Bildverarbeitung völlig neue Möglichkeiten eröffnet und zu Ergebnissen führen kann, welche früher schlichtweg nicht vorstellbar
waren.
Die Patinierungsmustermappe der Firma WMF belegt, daß
die Käufer der Grabmal-Engel aus unterschiedlichen Patinierungsvarianten wählen durften.26 Diese Varianten unterscheiden
sich nicht nur in der Farbe:
Bildbeispiel 1 (in Anlehnung an das Patinierungsmuster 1 der WMFMustermappe, in Reihe 1, ganz links), s. Abb. 17
Diese Variante erinnert stark an die Raffinesse der französischen
Patinierungskunst im 19. Jahrhundert. Die Farbe ist gegenüber
dem ursprünglichen Kupferton der Galvanoplastik stark verfremdet, wobei jedoch keine Annäherung an eine Bronze oder
an eine natürlich patinierte Oberfläche erfolgt ist. Der nicht
allzu starke, jedoch gleichmäßige Glanz der dicken, künstlichen
Patinierung bringt die Gestaltungsdetails, wie zum Beispiel
den Faltenwurf im Beinbereich des Engels, recht vorteilhaft zur
Geltung. Der metallische Charakter des Grundmaterials verrät sich allerdings nur noch durch die hohe Abbildungsschärfe
und Oberflächenglätte.
Bildbeispiel 2 (in Anlehnung an das Patinierungsmuster 3, in Reihe 1,
rechts)
Hier fand eine Annäherung an den »großen Bruder« Bronze
statt, wobei für die Computer-Simulation noch zusätzlich die
Annahme getroffen wurde, daß der Glanz dieses nur dünn
patinierten Musters auch in der WMF-Mustermappe nach
über 100 Jahren nachgelassen hat. Die harten, metallischen
Reflexe sind typisch für eine glatte, metallische Oberfläche.
Der regelrecht rosarote Farbton des galvanischen Kupfers ist
einem mehr gelblichen Bronzeton gewichen. Die starken Reflexe gehen – wie auch bei nicht oder nur schwach patinierten
Bronzen – zu Lasten der bildhauerischen Details.
Bildbeispiel 3 (in Anlehnung an das Patinierungsmuster 7, in der
Reihe 3, links)
Die hier vorliegende, massive chemische Patinierung – mutmaßlich eine Nitratpatinierung – greift die Metalloberfläche
stark und unregelmäßig an, wobei in den chemisch stärker veränderten Partien die kräftigste Farbveränderung, Aufrauhung
und Mattierung der Oberfläche erfolgt. Die Figur ist völlig frei
von Glanzlichtern und den typisch metallischen Spitzlichtern.
Interessanterweise bleibt im Computermodell die metallische
Oberfläche in Teilbereichen unter der (lasierenden) Patinierung
noch andeutungsweise erkennbar, was in der Praxis wohl auch
der Fall sein wird.
Technische Anmerkungen
Das aus der Vermessung im gängigen, sogenannten DXF-Format erhaltene Drahtgittermodell gibt lediglich die Geometrie
der Figur wieder. Sogenannte Raytracer-Software ermöglicht
es, diesem Drahtgittermodell fast beliebige Materialeigenschaften zu überlagern. Bei der Engelsfigur wurde das Programm
POVRAY verwendet, welches dem Benutzer die Möglichkeit
gibt, eine Reihe von Randbedingungen festzulegen: Ort und Art
der Lichtquelle, Betrachter-Standort, Betrachter-Blickwinkel,
Oberflächenfarbe, Reflexionseigenschaften der Oberfläche,
Rauhigkeit, Feinstruktur (»Kratzer«) und anderes mehr.
Anhand dieser Vorgaben errechnet das Raytracer-Programm
auf der Grundlage der Gesetze der geometrischen Optik das
den Randbedingungen entsprechende Abbild – wenn man so
will, das tatsächliche Aussehen. Zur besseren Vergleichbarkeit
Galvanoplastiken – chemische Analyse und Restaurierung
wurden bei den hier dargestellten Patinierungsvarianten möglichst viele Varianten (Beleuchtung, Blickwinkel, Hintergrund)
konstant gehalten. Für alle Modelle wurde jeweils ein mehrschichtiger Oberflächenaufbau angenommen. Ganz unten befindet sich das metallische Grundsystem mit rötlicher Farbe,
mehr oder weniger metallischem Glanz und feinen Bearbeitungsspuren. Dem metallischen Grundsystem wird eine Patinierungsschicht mit abweichender Farbe, variierenden Reflexionseigenschaften und variierender Transparenz überlagert. Um einigermaßen realistische Reflexe zu erzeugen, stehen die Modelle
außerdem noch in einer »Umweltbox«, das heißt, sie sind von
einer künstlichen Kulisse umgeben, welche sich auf der Oberfläche spiegelt.
Anmerkungen
1 Hollemann, Arnold Frederik und Egon Wiberg: Lehrbuch der
Anorganischen Chemie. Berlin 1976, S. 700.
2 Krenkler, Karl: Chemie des Bauwesens. Bd. 1. Berlin, Heidelberg,
New York 1980, S. 113.
3 Scholz, Wilhelm: Baustoffkenntnis. Düsseldorf 1987, S. 142 f.
4 Uhlenhuth, Eduard: Formen und Gießen. Wien und Leipzig
1899, S. 11.
5 Die Galvanoplastik und ihre Anwendung zu Denkmälern und
Prachtbauten. Ausgeführte Arbeiten. Zeugnisse und Gutachten.
Galvanoplastische Kunst-Anstalt Geislingen-Steige (Katalog).
1905. Gutachten von Prof. E. v. Hoyer. München (1898), S. 105 f.
6 siehe in diesem Heft: Meißner, Birgit und Anke Doktor:
Galvanoplastik – Geschichte einer Technik aus dem 19. Jahrhundert, S. 127– 137.
7 Haber, Georg J. und Maximilian Heimler: Galvanoplastische
Grabdenkmäler der Jahrhundertwende. Geschichte, Technik und
Restaurierungsproblematik kunstindustrieller Katalogware. In:
Restauro 6/1991, S. 384 – 391.
8 Galvanoplastische Kunst-Anstalt Geislingen-Steige 1905 (wie
Anm. 5).
9 Galvanoplastische Kunst-Anstalt Geislingen-Steige 1905 (wie
Anm. 5).
10 Galvanoplastische Kunst-Anstalt Geislingen-Steige 1905 (wie
Anm. 5). Gutachten von Prof. Dr. Haeussermann (1897), S. 103 f.
11 Galvanoplastische Kunst-Anstalt Geislingen-Steige 1905 (wie
Anm. 5).
151
12 Die Galvanoplastik in der Kunst. Württembergische Metallwarenfabrik Geislingen/St. (Hrsg.). 1939, S. 7.
13 Württembergische Metallwarenfabrik Geislingen/St. (Hrsg.). 1939
(wie Anm. 12), S. 11.
14 Prof. von Hoyer, Prof. Haeussermann, s. Anm. 5 und 10.
15 Diese Montage erfolgte meist noch im Werk der WMF, da
bestimmte Figurformen einen festgelegten Steintypus bedingten.
16 Bisher wurde lediglich bei einer Figur eine Abwitterung der obersten Schicht festgestellt, so daß nun die darunterliegenden Montagenähte sichtbar sind.
17 siehe in diesem Heft: Meißner, Birgit und Anke Doktor: Galvanoplastik – Geschichte einer Technik aus dem 19. Jahrhundert,
S. 127– 137, Querschliff, S. 134, Abb. 15.
18 Canitz, Caroline Freiin von: Galvanoplastik – eine kunstindustrielle Fertigungstechnik und ihre Produkte dargestellt am
Beispiel der Grabplastik des ausgehenden 19. und beginnenden
20. Jahrhunderts in Deutschland. Magisterarbeit. Otto-FriedrichUniversität Bamberg. 1996, S. 71 f.
19 Amt für Umweltschutz Leipzig, Abteilung für Umweltvorsorge
SG Stadtökologie; Bayerisches Landesamt für Umweltschutz,
München.
20 Vgl. Haber und Heimler 1991 (wie Anm. 7).
21 Restaurierungsdokumentation Kerngalvanoplastik »WMF-Grabengel, Kat.-Nr. 727a«, Fa. Fuchs+Girke, S. 13.
22 Restaurierungsdokumentation (wie Anm. 21), S. 11.
23 Vgl. Kocher, Mathias et al.: Computer-Bildverarbeitung und dreidimensionale Vermessung im Rahmen des Forschungsprojektes
»Konservierung von Denkmälern aus Blei, Zink und Zinn«. In:
Mottner, Peter und Martin Mach: Zinkguss. Die Konservierung
von Denkmälern aus Zink. Arbeitsheft 98 des Bayerischen
Landesamtes für Denkmalpflege. München 1999, S. 134 –149.
24 Kocher (wie Anm. 23), S. 136 –138.
25 z. B. das Softwarepaket »Detailer« vom Hersteller Fractal Design.
26 siehe in diesem Heft: Meißner, Birgit und Anke Doktor: Galvanoplastik – Geschichte einer Technik aus dem 19. Jahrhundert,
S. 127– 137, hier: S. 135, Abb. 16.
Abbildungsnachweis:
Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege: Abb. 7, 8, 17
Fa. Fuchs+Girke: Abb. 9, 10, 15
Mike Jungrichter, Dresden: Abb. 1
Landesamt für Denkmalpflege Sachsen: Abb. 6, 11–14, 16
Landesamt für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt: Abb. 2 – 5
152
Bildatlas typischer Oberflächenphänomene
von freibewitterten Bronzen
Grundlagen der Bronzekorrosion
Martin Mach
Der vorliegende Text kann die Lektüre der einschlägigen Fachliteratur nicht ersetzen. Trotzdem sollen die wichtigsten Fakten
zur Korrosion von Bronzen im Freien hier kurz zusammengefaßt werden. Weiterführende Literaturhinweise befinden sich
im Anhang.
1
Visuell wahrnehmbare Veränderungen
Originaloberfläche vernichten. Durch einen partiellen, nicht
weit in die Tiefe gehenden Abtrag der schwarzen Bereiche
könnte jedoch hier die in den schwarzen Partien unter einer
Kruste noch vorhandene Originaloberfläche freigelegt und
konserviert werden.
In seltenen Fällen (Abb. 3) kann unter einer Kruste sogar
noch eine völlig unversehrte, durchgehende Originaloberfläche
gefunden werden.
1.1 Farbliche Veränderungen aufgrund der Oberflächenkorrosion
2
Unter den in Mitteleuropa herrschenden Bedingungen verändert sich die Farbe einer metallisch blanken Bronze bei natürlicher Bewitterung infolge der Oberflächenkorrosion im Regelfall mit der Zeit wie folgt
1 Ausgangssituation: Orangebraun bis goldgelb (Eigenfarbe
der Legierung), glänzend
2 Beginnende Oxidation: Dunkelbraun, glänzend bis zunehmend matt
3 Schwarz
4 Schwarz mit kleinen, grünen Durchbrüchen
5 Schwarz mit großen, flächigen, grünen Durchbrüchen
6 Vollständig grün
In Abhängigkeit von der Menge staubförmig angetragener,
eisenhaltiger Partikel können sich die oben genannten grünen
Bereiche nachträglich noch partiell oder flächig gelb verfärben,
während die schwarzen Flächenbereiche typischerweise schwarz
bleiben, jedoch an Schichtdicke zunehmen (matte, rauhe Oberfläche, Gipskristalle und ähnliches). Nur bei extrem schlechten
Umweltbedingungen oder bei sehr homogen abwitternden,
zinnarmen Legierungen wird das Stadium 6 erreicht, bei dem
die ursprüngliche Oberfläche vollständig wegkorrodiert ist.
1.2 Morphologische Veränderungen aufgrund der
Oberflächenkorrosion
Infolge der unterschiedlichen Reaktionsgeschwindigkeit unterschiedlicher Oberflächenbereiche der Bronze entsteht auf den
glatten, manchmal sogar ursprünglich auf Hochglanz polierten
Bronzen durch die Korrosion eine zunehmend aufgerauhte
Oberfläche.
In den grün korrodierten Bereichen erfolgt in der Regel der
stärkste Materialabtrag: Die metallische Bronze hat sich hier in
grünes, poröses und nicht fest haftendes Korrosionsprodukt
umgewandelt (Abb. 1, rechts oben), wobei die ursprüngliche
Oberfläche meist stark verfremdet wurde oder verloren gegangen ist. Hingegen kann in den Kuppen der schwarz patinierten
»Inseln« noch der letzte Rest der ursprünglichen Figurengeometrie erhalten sein (Abb. 1, links oben). Ein vollständiger Abtrag
der schwarzen Bereiche würde in dieser Situation letzte Reste an
Chemische Betrachtung der Bronzekorrosion
2.1 Typische Bestandteile der Korrosionsschichten
Im Normalfall bildet sich bei der Korrosion als erstes Kupfer(I)-oxid (Cuprit Cu2O). Etwas später treten basische Kupfersulfate der allgemeinen Zusammensetzung Cu X (SO4) Y (OH)Z ·
n H2O auf, wobei in der Anfangsphase der Korrosion neben den
bekannten wasserfreien, basischen Kupfersulfaten (Brochantit
Cu 4 SO4 (OH)6 und Antlerit Cu 3SO4 (OH)4) auch stärker wasserhaltige basische Kupfersulfate wie Posnjakit (Cu 4 SO4 (OH)6 ·
H2O) und Langit (Cu 4 SO4 (OH)6 · 2 H2O) gefunden werden.
Unter extrem ungünstigen Bedingungen kann zusätzlich ein
schwefelreicheres basisches Kupfersulfat (z.B. Cu 2.5(OH)3 SO4 ·
2 H2O) auftreten.
Zinnbronzen reagieren außerdem zu hydratisiertem Zinnoxid SnO2 · n H2O, welches in der Röntgenbeugung üblicherweise als besser kristallisiertes, wasserfreies Zinnoxid (Cassiterit,
SnO2) nachgewiesen wird.
Der typische Chloridgehalt der Korrosionsproduktschichten liegt bei etwa 1%. Basische Kupferchloride, wie Atacamit
(Cu 2 (OH)3 Cl) und Paratacamit (gleiche Summenformel),
werden deshalb zwar gelegentlich gefunden, sind jedoch meist
von untergeordneter Bedeutung.
Regelmäßig werden auch Oxalate und Nitrate – wenn auch
in geringer Konzentration – nachgewiesen.
2.2 Entstehung und Eigenschaften des Kupferoxids
Das charakteristische rotbraune Kupfer-(I)-oxid (Cu 2 O, Cuprit)
ist auf allen im Freien korrodierten Bronzen nachweisbar und
kann, falls es eine dicht schließende Schicht bildet, die Bronze
hervorragend passivieren, so daß die Korrosionsgeschwindigkeit
niedriger ist als die des blanken Metalls. In seltenen Fällen
kann der Cuprit von intensiv roter Farbe sein.
Das schwarze Kupfer-(II)-oxid (CuO, Tenorit) wird hingegen nur äußerst selten gefunden. Es ist zu vermuten, daß das
Kupfer-(II)-oxid nicht durch die Korrosion gebildet wird, sondern eher Resten der ursprünglichen, bei hohen Temperaturen
entstandenen Gußhaut zuzurechnen ist.
Bildatlas typischer Oberflächenphänomene von freibewitterten Bronzen
1 Typischer Querschliff durch eine im Freien korrodierte Bronze
(Breite des Originals: 0,6 mm). Die mutmaßliche Originaloberfläche ist in den grünen Bereichen weitgehend zerstört.
153
2 Erläuterung zum Querschliff (Cupritschicht in Wirklichkeit
braun, im polarisierten Licht unter dem Mikroskop rot)
Hydroxid (OH–)-Ionen. Sie benötigt Sauerstoff und Wasser
und liefert Hydroxid gemäß folgender chemischer Reaktionsgleichung:
1
/2 O2 + 2 e – + H 2 O
↔
2 OH –
Die kathodische Teilreaktion benötigt Sauerstoff, deshalb läuft
sie vorrangig an der Oberfläche der Bronze und nicht im
Inneren der Korrosionsgruben ab. Die Reaktion wird durch
schwefelsaure Bestandteile in der Atmosphäre begünstigt, welche das Reaktionsgleichgewicht nach rechts verschieben.
Die an die kathodische gekoppelte anodische Teilreaktion
bildet durch Oxidation des Kupfers (Cu) Kupferionen (Cu 2+)
und setzt Elektronen frei:
3 Schematische Darstellung eines Querschliffs von den Augsburger
Domtüren: Die mutmaßliche originale Oberfläche (rote Linie) ist
unter der Kruste erhalten, weil sich die Bronzeoberfläche unter
Beibehaltung ihrer Gestalt oberflächlich in eine mechanisch und
chemisch stabile Cupritschicht umgewandelt hat, welche dem ursprünglichen Oberflächenverlauf folgt.
2.3 Die Entstehung der basischen Kupfersulfate
Zum besseren Verständnis der chemischen Befunde soll das einfachstmögliche elektrochemische Modell zur Bronzekorrosion
herangezogen werden.
Demnach beruhen die Triebkraft der chemischen Reaktion
und die lokalen Unterschiede im Korrosionsgeschehen in erster
Linie auf elektrischen Potentialunterschieden, die sich in einem
lokal unterschiedlich starken Bestreben der Bronze ausdrücken,
Elektronen (negative Ladungsträger) anzuziehen beziehungsweise abzustoßen. Ähnlich wie die Pole einer Batterie verhalten
sich Teilbereiche der Bronzeoberfläche somit eher elektrisch
negativ (=kathodisch, =elektronenreich, =elektronenabstoßend)
oder elektrisch positiv (=anodisch, =elektronenarm, =elektronenanziehend).
Auf den als kathodisch (elektronenreich) charakterisierbaren
Partien der Bronzeoberfläche läuft die sogenannte kathodische
Teilreaktion des Korrosionsgeschehens ab. Diese chemische
Reaktion besteht in einer Reduktion (Elektronenaufnahme)
des elementaren, atmosphärischen Sauerstoffs unter Bildung von
Cu ↔ Cu 2+ + 2e –
Die freigesetzten Elektronen wandern durch die metallische
Bronze zu den kathodischen Reaktionsbereichen, während die
Hydroxidionen auf dem Weg über den Flüssigkeitsfilm auf der
Bronzeoberfläche zu den Kupferionen gelangen und mit diesen Kupfersalze bilden. Falls in dem dünnen Flüssigkeitsfilm
auf der Oberfläche gleichzeitig gelöste Kupfer-, Hydroxid- und
Sulfat-Ionen vorhanden sind, bilden sich sofort schwerlösliche,
basische Kupfersulfate, wie zum Beispiel Antlerit oder Brochantit, die als grüner Niederschlag gemäß folgender chemischer
Gleichung ausfallen:
xCu 2+ + y SO4 2– + zOH– + n H2O ↔ CuX(SO4) Y (OH)Z · n H2O
mit 2 x = 2 y + z
Die basischen Kupfersulfate passivieren die Bronze – wenn überhaupt – im Vergleich zum Kupferoxid nur wenig. Die von den
Kupfersulfaten gebildete Schicht ist meist pulverförmig und
lose aufliegend.
3 Chemische und restauratorische Bewertung
der Korrosionsprodukte
Bereits im Abschnitt 2.2 wurde auf die passivierende und somit
korrosionshemmende Wirkung einer dicht schließenden Cupritschicht hingewiesen. Basische Kupfersulfate und hydratisiertes
Zinnoxid hingegen schützen wegen ihrer pulverförmigen
Martin Mach
Verbindung
Chemische Formel
Brochantit
Cu 4 SO4 (OH)6
Hydroxid/ Sulfat/
Kupfer
Kupfer
1.50
0.25
Antlerit
Cu 3 SO4 (OH)4
1.33
0.33
Strandbergit
Basisches
Kupfersulfat
Kupfersulfat
Cu 2.5 SO4 (OH) 3 · 2 H2O
Cu 5 (SO4) 2(OH) 6 · 5 H2O
1.20
1.20
0.40
0.40
CuSO4 · 5 H 2O
0.00
1.00
Tab.1
Stöchiometrische Verhältnisse in einigen Kupfersulfaten
Chloride werden in der Fachliteratur zwar durchwegs negativ
beurteilt, in der Praxis scheint sich jedoch ein mäßiger Chloridgehalt in der Patina von Bronzen im Freien (bis zu ca. 1,5 %)
nicht merklich negativ auszuwirken.
Grundsätzlich binden poröse und pudrige Korrosionsprodukte aller Art verstärkt Gase und Partikel aus der Atmosphäre
und bewirken auf diese Weise eine verstärkte Verschmutzung
und Durchfeuchtung der Korrosionsschichten. Die aufliegenden
Schichten enthalten deshalb nach außen hin einen zunehmenden Anteil an bronzefremden Substanzen, welche grundsätzlich
unerwünscht sind. Zu den bronzefremden Bestandteilen zählen:
Gesteinspartikel, eisenhaltige und quarzhaltige Partikel, Reifengummi, Gips, Ruß, Mineralölprodukte, Faserstäube, Flugasche, Textilfasern, Reste abgestorbener Pflanzen usw.
Die Analyse ermöglicht somit die chemische Beurteilung
einer Korrosionsschicht, wobei Oxide am ehesten erwünscht
sind, basische Sulfate im allgemeinen toleriert werden und
bronzefremde Substanzen, wie zum Beispiel Gips, in der Regel
entfernt werden sollten.
4 Der Zusammenhang zwischen Bronzekorrosion und
Luftqualität
Eine recht brauchbare Faustregel besagt, daß von der Bronzeoberfläche bei moderater Luftverschmutzung pro Jahr durchschnittlich 1/1000mm (ein Mikrometer) in Korrosionsprodukt
umgewandelt oder durch Korrosion abgetragen wird. Dement-
–
-
–
-
-
–
–
-
–
-
-
–
-
0
10
20
30
40
50
–
–
-
–
-
–
–
–
–
-
-
–
-
-
–
-
0
-
–
20
–
–
–
40
–
Bronze ungeschützt
Expositionszeit
1 Jahr
2 Jahre
4 Jahre
8 Jahre
60
–
–
–
-
80
-
Schwefeldioxid-Gehalt in der Luft (μg/m3)
–
Konsistenz die Bronze im allgemeinen nicht und sind in erster
Näherung als indifferent zu bewerten. Man wird sie im allgemeinen auf den Figuren belassen, nicht zuletzt deshalb, weil
sich unter den Sulfaten eine stark korrodierte und aufgerauhte,
matte Oberfläche befindet, die ohnehin niemand sehen möchte.
Die folgende Tabelle zeigt, daß es innerhalb der Kupfersulfate eine Abstufung von schwefelarm (Brochantit) nach schwefelreich (gewöhnliches Kupfersulfat CuSO4 · 5 H 2O, nur selten auf
Bronzen nachweisbar) gibt.
Besonders die in der Tabelle grau unterlegten Salze weisen
auf aktive Korrosion und mangelnde Passivierung hin. In der
Praxis ist es jedoch normalerweise nicht möglich, die negativ
zu bewertenden Salze, welche typischerweise in Korrosionsgruben auftreten, selektiv zu entfernen, ohne die Bronze radikal
freizulegen. Eine radikale Freilegung würde die noch intakten
Bereiche der Oberfläche schädigen und trotzdem nur einen
Teil der Korrosionsprodukte in den tiefen Korrosionsgruben
erreichen.
Korrosions-Massenverlust (g/m2)
154
60
Bruno Stöckle & Andreas Krätschmer
Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege
UN/ECE Programme on Effects on Materials
4 Zusammenhang zwischen atmosphärischer Schwefeldioxidkonzentration und Massenverlust an Bronze durch Korrosion. Die
Werte stammen von 39 weltweit verteilten Bewitterungsstationen,
an denen die Bronzeproben 1, 2, 4 und 8 Jahre im Freien bewittert
wurden.
sprechend findet man bei Bronzen, die im 19. Jahrhundert aufgestellt wurden, auch meist maximale Korrosionstiefen von 0,1
bis 0,2mm. Es gibt jedoch auch Figuren, auf denen – zumindest in Teilbereichen – feinste Herstellungsspuren wie zum
Beispiel feine Feilstriche, Punzierungen nach 300 oder sogar
nach 900 Jahren in ihrer Morphologie vollständig erhalten sind.
Hingegen können andernorts, unter ungünstigeren Umweltbedingungen, bereits nach 80 Jahren millimetertiefe Korrosionsgruben auftreten. Im allgemeinen halten sich sehr zinnreiche
Bronzen (ab ca. 10% Zinn) deutlich besser als zinnarme Bronzen. Auch ein Messing mit 15% Zink bewährt sich bei atmosphärischer Korrosion besser als eine zinnarme Bronze.
Die für die Korrosion wohl wichtigste Umweltparameter ist
der Schwefeldioxidgehalt der Luft (siehe STOECKLE, im Anhang).
Der Zusammenhang zwischen Schwefeldioxidbelastung und
Bronzeschädigung ist aus Abb. 4 abzulesen.
Ein weiteres, gut geeignetes Kriterium für die Beurteilung
der Umweltbedingungen ist die elektrische Leitfähigkeit des
Regenwassers. Diese ist dem Salzgehalt des Regens proportional und gilt als eine Art globaler Verschmutzungsparameter, in
den viele korrosionsbestimmende Faktoren, wie zum Beispiel
die Gegenwart von Streusalz, von Emissionen aus Haushalten
und Industrie einfließen. Durch die erhöhte elektrische Leitfähigkeit können sich die elektrochemisch bedingten Korrosionsströme besser entfalten.
Durch regelmäßiges Waschen werden die den Korrosionsstrom fördernden löslichen Salze auf der Bronze entfernt. Auch
eine Konservierung mit tief eingeschmolzenem Wachs ist geeignet, die Stromkreisläufe in den Korrosions-Lokalelementen
auf der Bronze zum Stillstand zu bringen.
155
Typische Oberflächenphänomene – Bildatlas
Anke Doktor, Wolfgang Conrad
Immer wieder gibt es das Bestreben, eine einheitliche Sprache
für die gefundenen Oberflächenphänomene auf Bronze und
Kupfer zu definieren. Dies ist allerdings sehr schwierig, weil die
Fülle an Erscheinungen einer Bronzeoberfläche unüberschaubar
groß ist. Folglich kann auch dieser Bildatlas nur einen Ausschnitt
1. Oberfläche nach dem Guß
1 metallisch reine, golden bis rotgolden glänzende, glatte und
harte Oberfläche
2. Oxidschichten
2.1 rot glänzende, stabile Cupritschicht als passivierende Originalpatina, eine Art Pflegepatina durch ständiges Berühren
2.2 gelb matte, instabile Schicht (unter Schmutzschicht freigelegt) – verändert sich bei direkter Bewitterung zur braunen
Schicht; Sonderfall: die Statue wurde 1983/84 mechanisch bis zur
metallisch glänzenden Bronze freigelegt und wachskonserviert,
dies ist die Ursache für die Ausbildung der braunen Oxidschicht
unter der zunehmenden Schmutzschicht
2.3 braun glänzende, stabile Cupritschicht als passivierende
Originalpatina
liefern. Darüber hinaus existieren viele Mischformen, die im
Rahmen des Projektes nicht erfaßt werden konnten. Dennoch
gibt die nachfolgende Auflistung einen Überblick über die
häufigsten Arten von Oberflächenphänomenen.
156
Anke Doktor, Wolfgang Conrad
2.4 braun-schwarze, matt glänzende, stabile Oxid-Korrosionsschicht mit abnehmender passivierender Funktion (besteht aus
Cuprit und ersten basischen Kupfersulfaten)
Schwarze Schichten
2.5 schwarze, feste glänzende Oberfläche; entspricht weitgehend
der originalen oxidierten Bronzeepidermis mit primären Bearbeitungsspuren, partiell bilden sich basische Kupfersulfate
2.6 mattschwarze, feste Oberfläche; entspricht immer noch der
originalen Oberfläche, ist aber zunehmend mit Korrosionsprodukten und Schmutz durchsetzt, deshalb auch als KorrosionsSchmutzschicht bezeichnet, auf der matten Oberfläche können
sich immer mehr Schmutz- und Korrosionsstimulatoren ansammeln
2.7 schwarze, aber nicht feste Oberfläche, mehrschichtig,
Schuppen oder Schollen in Regenschatten-Bereichen, dicke Korrosions-Schmutzschichten verfremden die originale Oberfläche und
dominieren das Aussehen; mögliche Langzeitschädigung der
Bronze
Grüne Schichten
2.8 dunkelgrüne Korrosionsschicht mit fester, glatter, glänzender
und dichter Oberfläche; ausschließlich grüne, dicht schließende
Bewitterungspatina mit passivierender Wirkung
Typische Oberflächenphänomene – Bildatlas
2.9 dunkelgrüne Korrosionsschicht mit fester, aber rauher und
matter Oberfläche, die in relativ dicker Schicht vorliegt; an den
Restinseln der originalen Bronzeoberfläche kann der Materialund Formverlust erkannt werden
2.10 hellgrüne Korrosionsschicht in dünner, aber fester und
glänzender Ausbildung; der Glanz resultiert aus einer gleichmäßigen Feinkörnigkeit der festen Korrosionsprodukte, Bewitterungsschicht mit geringer Verlustrate
2.11 hellgrüne Korrosionsschicht mit matter bis pulvrig-loser
Oberfläche als Zeichen des immer weiter ablaufenden Korrosionsprozesses mit größeren Abtragsraten
2.12 graugrüne Korrosionsschicht mit matter bis pulvrig-loser
Oberfläche als Anzeichen des fortlaufenden Korrosionsvorgangs
mit hoher Verlustrate
3. Zerstörte Oberflächen (als Korrosionsschäden)
3.1 ebenmäßiger Korrosionsabtrag, gleichförmig einheitliche
Umwandlung der originalen Oberfläche in ein einheitliches, hinlänglich stabiles Korrosionsprodukt als feste grüne Korrosionsschicht mit erkennbarer Reduktion des originalen Oberflächenniveaus
3.2 Ablaufrinnen als ungleichmäßiger Korrosionsabtrag; durch
Regen oder Kondenswasser hervorgerufenes Schadensbild als
furchenartiger Korrosionsabtrag in den Wasserlaufspuren, der mit
der Bildung löslicher grüner Korrosionsprodukte einhergeht
157
158
Anke Doktor, Wolfgang Conrad
3.3 Korrosionskrater; kreisrund abgegrenzte regelmäßige Vertiefungen im noch originalen Oberflächenniveau, die Korrosionsprodukte sind nicht mehr zusammenhängend schichtbildend
3.4 Korrosionsmulden; ausgedehnte unregelmäßige Vertiefungen mit im Vergleich zu den unter 3.3 genannten Korrosionskratern höherem Korrosionsverlust an Originalsubstanz, das originale
Oberflächenniveau ist aber noch erkennbar, Korrosionsprodukte
sind nicht mehr zusammenhängend schichtbildend
3.5 noch stärkere Schädigung als bei den oben genannten isolierten Kratern und Mulden: unregelmäßiger, zum Teil flächig
ausgedehnter, tiefer Korrosionsabtrag; Auflösung oder fast vollständige Zerstörung der originalen Oberfläche durch hohe Verluste infolge Ablagerungskorrosion (Korrosion unter dicken, oft
feuchten Schmutzschichten beziehungsweise Schmutzkrusten)
3.6 Lochfraß; zahlreiche, verhältnismäßig kleine, aber tiefgreifende Krater durch selektive Korrosion, Korrosionsprodukte liegen
lose auf
3.7 Schichtpocken – ein Extremfall bei besonders ungünstigen
Bedingungen, lokal bedingtes Auftreten in schwarzen Korrosionsschichten als geschlossene Aufwölbungen mit Anreicherung löslicher, zum Teil hygroskopischer Salze, die gute Kondensationsbedingungen für SO2 darstellen, der Korrosionsprozeß verläuft so
immer weiter und führt zur Vergrößerung und Vermehrung der
Pocken bis hin zum Aufplatzen der Schichten, Korrosionskrater
und –mulden werden dann sichtbar
3.8 Ausblühungen; angetrocknete Salze, die aus wäßrigen Salzlösungen auskristallisiert sind, die Ursache liegt in lokal porösen
Bronzestellen oder feinen Haarrissen (zum Beispiel infolge
Spannungsrißkorrosion), an denen aus dem Figur-Inneren angereichertes Kondenswasser austritt, die Salze bleiben zurück, wenn
das Wasser verdunstet; früh erkennbares Zeichen für einen sich
entwickelnden mechanischen Schaden (Rißbildung)
Typische Oberflächenphänomene – Bildatlas
4. Anlagerungen (artfremde, von außen angetragene Verunreinigungen oder Applikationen)
4.1 Ascheschichten (aus Großstadtstaub, Heizwerkabgasen) als
bräunlich matte, unregelmäßige Ansammlung von Aschestaub, der
sich fest in der rauhen Oberfläche einer grünen Korrosionsschicht
verankert hat
4.2 Schmutzschichten als schwärzlich-stumpfmatte Bedeckung
mit inhomogener Haftung und mit mehr oder weniger korrosiver
Wirkung
4.3 Schmutzkrusten in grau-schwarzen, dicken Ansammlungen
in wasserablaufgeschützten Bereichen als harte lokale Verkrustungen
mit grober Oberflächenstruktur, welche die originalen Oberflächenformen nicht mehr erkennen lassen; bei Dauerfeuchte mit hoher
korrosiver Wirkung verbunden (infolge Ablagerungskorrosion)
4.4 Kalkschichten (an Brunnenplastiken); graue und rostfarbene
Ablagerungen von Wassermineralien, die einen harten grobkristallin aufgewachsenen Belag bilden; sind die Kalkschichten grau,
wirkt die Bronze wie ein Zinkguß
4.5 Farbschichten (als Beschmierung); willkürlich gestrichene
oder gesprühte Farbaufträge mit mehr oder weniger guter Haftung;
die Farbschichten wurden hier mittels Laser entfernt, Musterstreifen sind erkennbar
4.6 Farbschichten (als gestaltende Applikation); originale oder
wiederholte Farbbeschichtung als ästhetisches Darstellungselement
an bestimmten Figurenteilen
159
160
Anke Doktor, Wolfgang Conrad
5. Altrestaurierungen
5.1 Altergänzung; die sich farblich heller abzeichnende Patina
und ein erhöht stehengebliebener Rand markieren die nachträgliche Ergänzung
5.2 Altkonservierung; eine stellenweise dick aufgetragene und
somit vereinzelt besser erhaltene bräunlich eingefärbte Schicht
erweist sich nach naturwissenschaftlichen Untersuchungen als
historische Konservierungsschicht in ausgemagerter Qualität
durch Abwitterung
5.3 Altvergoldung; der Befund von Blattgoldresten in der Patinaschicht ist ein Indiz für eine frühere partielle Ölvergoldung; mit der
Abwitterung der Ölvergoldung bildete sich die graugrüne Patina
5.4 Altreparatur; die schwarzen Ringe an den Oberarmen der
Engelsfigur sind durch nachträgliches Verschweißen der originalen
Verbindungsstellen entstanden, dabei wurde partiell die Grünpatina zerstört, eine erneute Oxidbildung hat eingesetzt
6. Herstellungsbedingte Phänomene
6.1 originale Arbeitsspuren; Schleif- oder Ziselierspuren in festen
grünen Korrosionsschichten können bei ausreichender mineralischer Härte der sich bildenden Gußhaut gut erkannt und erhalten
werden (Foto in doppelter Vergrößerung)
Typische Oberflächenphänomene – Bildatlas
6.2 Abdeckung eiserner Kernhalterungen mit Paßstücken (auch
Flickungen genannt); Paßstück erkennbar aufgrund seiner von
der Umgebung farblich differenzierten Oberfläche infolge einer
anderen Legierungssorte und/oder einer anderen Ziselierung
6.3 ein Paßstück (vgl. 6.2) ist aufgesprengt, auslaufendes Rostwasser wird erkennbar; die Sprengwirkung resultiert aus der
Volumenzunahme des rostenden Eisenstabes, die das 6 –10fache
betragen kann
6.4 ein fehlendes Paßstück an einer freiliegenden eisernen Kernhalterung stellt eine ernste Gefahr für die umgebende Bronze dar,
denn ein weiterer Fortgang der Eisenkorrosion kann eine zerstörerische, rißbildende Sprengwirkung auf die benachbarten Bronzebereiche haben
6.5 Nähte als sichtbar gewordene Trennlinie von zwei zusammengesetzten Figurenteilen; bei perfekter Ziselierarbeit sind Nähte in
neuen Gußplastiken kaum erkennbar, mit der Ausbildung der
Korrosionsschichten sind die Originalübergänge immer deutlicher
ablesbar
6.6 Gießlunker und Porösen als fehlerhafte Oberflächenausbildungen beim Erstarren der Bronze; die unregelmäßig geformten
Lunkeröffnungen sowie die kleineren erstarrten Hohlräume von
Gasblasen vergrößern sich durch Korrosionsvorgänge, die von den
Rändern her beginnen, damit verbunden ist ein weiterer Verlust
von Originalsubstanz
6.7 Stifte, Verschraubungen; mit den Eisenstiften werden die
zusammengesteckten Teile dicht aneinander getrieben, danach
mit eisernen Schrauben und Muttern kraftschlüssig befestigt, an
der »Außenhaut« werden die Verbindungsstellen fein überziseliert
(siehe 6.5), die Schraubenköpfe abgemeißelt und mit Paßstücken
abgedeckt, so daß sich eine einheitlich gestaltete Oberfläche ergibt
161
162
Anke Doktor, Wolfgang Conrad
7. Mechanische Schäden
Selbsttätige Beschädigungen ohne erkennbare Krafteinwirkung von außen
7.1 Risse; einfachste schadhafte Öffnung der plastischen Form
infolge von Spannungen, Materialermüdung oder Materialfehlern
7.2 Sprengungen; Öffnung mit Verbiegung oder Aufwölbung
der plastischen Form
7.3 Verbiegung; Veränderung der ursprünglichen Form, Deformierung ohne Rißbildung
7.4 Verlust; lokal begrenzter Wegfall eines Figurenteils, wie an der
Bruchstelle und an der zu kurzen Schwertscheide zu erkennen ist
Weiterführende, aktuelle und speziellere Literatur in Auswahl
Bersch, Joseph: Lexikon der Metall-Technik. Wien, o.J. (1900) (Anm.
d. Verf.: bestes Nachschlagewerk zur Metallverarbeitung im 19. Jahrhundert);
Maertens, Hermann: Die deutschen Bildsäulen-Denkmale des XIX.
Jahrhunderts. Stuttgart 1892 (Anm. d.Verf.: enthält im allgemeinen
Teil frühe Überlegungen zu geeigneten Legierungen, natürlicher
Patinierung und Konservierung);
Roidl, Egidius: Restaurierungs- und Konservierungsmethoden bei
Bronzen im Freien. Restauro 93 (1987) Heft 4, S. 9 bis 27
Metallrestaurierung-Metal Restoration. Arbeitsheft 94 des Bayerischen
Landesamtes für Denkmalpflege, München 1998. (Anm. d. Verf.:
behandelt praktisch ausschließlich Korrosion und Restaurierung von
Bronzen im Freien);
Mourey, William und Luc Robbiola (Hrsg.): Metal 98. Proceedings of
the international conference on metals conservation. DraguignanFiganières, 27.– 29. 5.1998. London 1998 (Anm. d. Verf.: enthält
neuere Arbeiten über die Grundlagen der Metallrestaurierung, z.B.
zur Elektrochemie der Korrosion);
Spies, Gerd (Hrsg.): Der Braunschweiger Löwe. Veröffentlichungen
des Städtischen Museums Braunschweig. Braunschweig 1985 (Anm.
d. Verf.: gute Einführungen, zahlreiche Metallanlysen von Riederer,
vorbildliche Restaurierung und Dokumentation);
Copper Patina Formation. Corrosion Science, Special issue, vol.27,
no.7 (1987). (Anm. d. Verf.: Grundlagen der Korrosionschemie des
Kupfers);
Stöckle, Bruno, Stephan Fitz et al.: Die atmosphärische Korrosion
von Kupfer und Bronze im Rahmen des UN/ECE-Expositionsprogramms. Zwischenbericht nach vierjähriger Bewitterung. In:
Werkstoffe und Korrosion 44 (1993) 48 – 56
Strandberg, Helena: Perspectives on Bronze Sculpture Conservation.
Dissertation, Universität Göteborg 1997
Abbildungsnachweis
Martin Mach, München: Abb. 1 – 4
Abbildungsnachweis Bildatlas
Martin Mach, München: Abb. 1, 2.11, 3.8, 4.6, 7.2, 7.4
Michael Gräf, Dresden: Abb. 4.1
Wolfgang Conrad, Lutherstadt Eisleben: alle übrigen Abbildungen
163
Zusammenfassung der Ergebnisse des Bronzeprojektes für die
Anwendung in der denkmalpflegerischen Praxis
Annegret Michel
Die vorliegende Publikation gewährt einen Einblick in die
vierjährige Arbeit am Forschungsprojekt zur Restaurierung
freiluftbewitterter Bronze- und Galvanoplastiken in den beiden
Bundesländern Sachsen und Sachsen-Anhalt. Alle Beteiligten
haben zum Gelingen der Arbeit beigetragen und können nun
auch mit Stolz auf das vorliegende Heft blicken. Neben vielen
Mühen gab es doch für jeden auch einen Gewinn an Wissen
und Erfahrung.
Als wohl wichtigste Frucht der gemeinsamen Arbeit ist die
erheblich gestiegene Achtung des originalen Bestandes grünschwarzer Patina anzusehen. Statt alle Schichten abzunehmen,
wird der Substanzverlust nun so gering wie möglich gehalten.
Die anschließende Konservierung der bearbeiteten Oberflächen
mit geeigneten Schutzwachsen ist eine nutzbringende und inzwischen anerkannte Neuerung – nur so können die Restaurierungsergebnisse über längere Zeiträume Bestand haben.
Dazu wurden bisher noch nicht angewandte Beschichtungen
in die restauratorische Praxis eingeführt, die inzwischen selbstverständlich in ihrer Anwendung geworden sind. Ebenso
konnten neue Techniken der Restaurierungspraxis – wie die
Nutzung des Laserstrahls zur Oberflächenbearbeitung –
erprobt werden. Mit besseren und schonenderen Methoden
wagt man sich nun auch an über das Projekt hinausgehende
Aufgaben heran, wie etwa die Bearbeitung von Objekten aus
Zinn, Zink oder Eisen.
Die vielfältigen Möglichkeiten der Restaurierungsvorbereitung konnten innerhalb der Bearbeitungen der Objekte –
für jedes einzelne in spezieller und detaillierter Weise – angewandt werden. Dabei ist das Zentrallabor am Bayerischen
Landesamt für Denkmalpflege der wichtigste Partner. Als
Untersuchungsmethoden werden neben Farbwertmessungen
und der Messung von Schichtdicken, Rauhigkeit sowie Leitfähigkeit auch Röntgen- und Gammastrahlen eingesetzt. Der
Untersuchung mit dem Mikroskop folgt die Rasterelektronenmikroskopie, die Chromatographie und bestimmte Methoden
der Spektrometrie. Das Wissen um die Legierungszusammensetzungen und vor allem die chemischen Bestandteile der Oberflächenschichten ermöglicht eine bessere Vorbereitung der
Restaurierungskonzeption – man weiß, womit man es im konkreten Fall zu tun hat. Ein weiteres Hilfsmittel zur Vorbereitung
und Kartierung einzelner Zustands- beziehungsweise Schadensphänomene ist die Verbesserung der Bildverarbeitungstechniken. An der Dresdner Kerngalvanoplastik wurde eine
3D-Vermessung durchgeführt, die sowohl der Kartierung
diente als auch für später zu restaurierende gleiche Stücke als
Muster in drei Dimensionen dienen kann.
Neben den praktischen Aufgaben des Projektes war auch
die regionale Erfassung von Bronzedenkmälern in Sachsen und
Sachsen-Anhalt ein Ziel, welche in vorliegender Broschüre am
Beispiel des Standbildes von Herzog Heinrich dem Frommen
erläutert wird. Gerade dieses Denkmal war durch gravierende
Umweltschäden dringend restaurierungsbedürftig. Eine Übersicht über die Problematik der Umweltbelastung wird ebenfalls
vorgestellt.
Genauso wichtig wie die gute Vorbereitung einer Restaurierung ist die Bewahrung des Ergebnisses über längere Zeiträume.
Zum Schutz der Oberflächen wurde an nahezu allen innerhalb
des Projektes bearbeiteten Denkmälern mikrokristallines Schutzwachs angewendet, das sich selbst am stark kalkbelasteten
Mendebrunnen seit zwei Jahren gut bewährt. Das Wachs wird
heiß aufgeschmolzen, dadurch wird die Oberfläche versiegelt
und weitere Korrosion verhindert. Die Oberflächen erscheinen
danach etwas dunkler, was jedoch in vielen Fällen den starken
Schwarz-Grün-Kontrast mildert und Verunklärungen der Form
behebt.
Die im Projekt bearbeitete Triton-Hippokamp-Gruppe am
Mendebrunnen in Leipzig war ein Versuchsobjekt für die partielle Konservierung mit Ormocer® (neben der Anwendung von
mikrokristallinem Schutzwachs). Dieses neue, ursprünglich am
Fraunhofer-Institut für Silicatforschung für die Industrie entwickelte Oberflächenbeschichtungssystem konnte auf gut mit
anderen Konservierungssystemen (mikrokristallines Wachs,
Acrylat) vergleichbaren kleineren Flächen erprobt werden.
Seine versiegelnden Eigenschaften wurden für restauratorische
Belange modifiziert und machten es so zu einem der möglichen Schutzüberzüge für künftig zu konservierende Objekte.
Ein sehr interessantes und bisher wenig beachtetes Forschungsgebiet stellen die verschiedenen, noch erhaltenen
Galvanoplastiken dar. Diese kostengünstige Alternative zum
Bronzeguß wurde Ende des 19. Jahrhunderts perfektioniert
und war bis in die Dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts weit
verbreitet. Innerhalb des Projektes wurden Fragen der Herstellungstechnik geklärt und analytisch bearbeitet. Neue Konservierungsmöglichkeiten für die neben der Kupferhaut erhaltenswerten Gipsmassen der Kerngalvanoplastiken werden eine
weitere Forschungsaufgabe sein. An dem hier vorgestellten Grabengel mußte der stark zerstörte Gipskern leider entfernt werden.
Die Zusammenarbeit zwischen den ausführenden Restauratoren und Handwerksbetrieben sowie den Landesämtern für
Denkmalpflege hat sich durch die gemeinsame Lösung von
Projektaufgaben enorm verbessert, selbst über das Projekt hinausgehende Restaurierungsobjekte werden nun selbstverständlich durch das Landesamt betreut, was vorher leider nicht
immer der Fall war. Probeachsen werden angefertigt, Konzeptionen erstellt, Zwischen- und Endabnahmen durchgeführt.
Selbst das öffentliche Interesse ist – nicht zuletzt durch zahlreiche Pressemeldungen über laufende oder abgeschlossene
Bronzerestaurierungen – in den letzten Jahren sehr gestiegen.
Obwohl nach wie vor in den neuen Bundesländern nicht
genügend diplomierte Metallrestauratoren tätig sind, konnten
164
Annegret Michel
durch die Mitarbeit im Bronzeprojekt und die dabei gewonnenen Erkenntnisse auch Handwerksbetriebe mit den restauratorischen Aufgaben betraut werden, was in Zukunft sehr nützlich sein wird.
Mit etwas Bedauern sehen wir nun den Abschluß des Projektes vor uns. Für die weitere Arbeit hoffen wir auf noch mehr
Interesse für dieses denkmalpflegerische Anliegen, wie etwa
den dringend notwendigen Abschluß von Wartungsverträgen
für restaurierte Bronzen und Galvanoplastiken zwischen deren
Eigentümern und Restauratoren. Das Verständnis dafür, daß
frisch oberflächenkonservierte, ehemals »schön grüne« Bronzen
ihr Oberflächenbild etwas anders zeigen als bisher, aber dafür
in ihrer plastischen Wirkung um so besser zur Geltung kommen,
wird sich von selbst einstellen.
Wir sind sehr froh, mit den vorliegenden Arbeitsergebnissen
unseres Projektes zeigen zu können, daß die wichtigsten ersten
Schritte getan und die Voraussetzungen für eine dauerhafte
Bewahrung dieser Bildwerke geschaffen werden konnten.
Abbildungsnachweis:
Anke Doktor, München
165
Anschriften der Autoren
Wolfgang Conrad
Obere Parkstr. 10
06295 Lutherstadt Eisleben
Birgit Meißner M. A.
Hermsdorfer Str. 2
01159 Dresden
Anke Doctor
Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege
Hofgraben 4
80539 München
Annegret Michel
Landesamt für Denkmalpflege Sachsen
Augustusstr. 2
01067 Dresden
Dr. Georg J. Haber
Fa. Haber & Brandner
Lichtenfelser Str. 4
93057 Regensburg
Dr. Peter Mottner
Fraunhofer Institut für Silicatforschung
ISC-Außenstelle Bronnbach
Bronnbach 28
97877 Wertheim-Bronnbach
Andreas Krätschmer
Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege
Hofgraben 4
80539 München
PD Dr. Edgar Lein
Roonstr. 1
38102 Braunschweig
Dr. Berhard Maaz
Staatliche Museen zu Berlin – Preussischer Kulturbesitz
Alte Nationalgalerie
Bodestr. 1–3
10178 Berlin
Martin Mach
Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege
Hofgraben 4
80539 München
Dr. Monika Pilz
Fraunhofer Institut für Silicatforschung
ISC-Außenstelle Bronnbach
Bronnbach 28
97877 Wertheim-Bronnbach
Stefan Simon
Konservierung und Denkmalpflege Consulting
Schloßstr. 40
82140 Olching
166
Register
A
Abietinsäure, s. galvanoplastische Werkst. 134
Aceton, s. galvanoplastische Werkst. 139
Adalbert I., Erzbischof, 19
Adalbert Milde & Co., 37, 38
Alberti, Leon Battista, 14, 16, 19
Albrecht Dürer-Denkmal (Nürnberg), s. Dürer-Denkmal
Alkohol, s. galvanoplastische Werkst. 134
Amazone (Altes Museum, Berlin), 32, 33 – 36
Analytik, s. analytische Methoden
analytische Methoden, 45 –53
Anionenanalytik, 50
Atomabsorptionsspektrometrie (AAS), 50, 50
Chromatographie, 50
Elektronenstrahl-Mikroanalyse, 48
Gaschromatographie (GC), 50
Infrarotspektroskopie (IR), 52, 52
Ionenaustausch-Chromatographie (IC), 50
Ionenchromatographie (IC), 50, 51
Isotopenanalyse, 52
Kationenanalytik, 50
Massenspektrometrie (MS), 51
Mikroskopie, 47
Rasterelektronenmikroskopie (REM), 48, 48, 77, 81– 83
Rauhigkeitsmessung, 46
Röntgendiffraktometrie (XRD), 49, 49
Röntgenfluoreszenz (RFA), 48
zerstörungsarme Untersuchungsmethoden, 53
Andersen, C., 31
Antike, 13
Antlerit, s. Korrosionsprodukte
Archevèque, Pierre-Hubert L’, 25
Armierung, s. galvanotechnisches Herstellungsverfahren, s. Konservierung,
s. Bronzegußverfahren, Werkst. 16
Asphalt, s. galvanoplastische Werkst. 134
Atomabsorptionsspektrometrie (AAS), s. analytische Methoden 50, 50
Augsburg
Bronzetür (Dom), 13, 14, 153
Grabmal des Bischofs Wolfhart von Roth, 13, 15
August Hermann Francke-Denkmal, s. Francke-Denkmal
B
Bamberg
Bamberger Reiter, 129
Barock, 26
Barye, Antoine-Louis, 30
Bassanit, als Bestandteil des Kernmaterials von Galvanoplastiken, 138
Bavaria (Monumentalstandbild, München), 33, 35, 95, 128, 129
Beethoven-Denkmal (Museum der Bildenden Künste, Leipzig), 37, 38
Begas, Reinhold, 28, 37
Bellair & Co., 34
Benzin, s. galvanoplastische Werkst. 135
Berenger, 18
Berlin
Amazone (Altes Museum), 32, 33 – 36
Denkmal für Friedrich den Großen (Unter den Linden), 25,
26, 29, 30
Denkmal des Großen Kurfürsten, 26
Jungfer Lorenzen von Tangermünde (Nationalgalerie), 31, 32
Kreuzbergdenkmal, 31
Denkmal für Leopold I. von Anhalt-Dessau, 36
Löwenkämpfer (Altes Museum), 31, 33
Poniatowski-Denkmal, 27
Quadriga (Brandenburger Tor), 28
Schloßbrücke, 31
Bernini, Lorenzo, 95
Bernward, Bischof, 20
Beuth, Peter, 28, 30, 34
Bewitterung, 152
Frost-Tau-Wechselbelastung, 77– 80
künstliche Bewitterung, 53
natürliche Bewitterung (Frei-), 152 –154
thermische Wechselbelastung, 77– 80
Bezalel, 17
Bingen, Johannes von, 18
Bingen, Nikolaus von, 18
Bingen, Pierre, 38
Bildverarbeitung, 97–100, 148 –151
Anwendungsbeispiele, 97–100, 98, 148 –151, 149
dreidimensionale B., 148 –151, 149
Kartierung von Oberflächentypen, 97–100, 98
Vermessung und Modellgenerierung, 148
Visualisierung von Patinierungsmustern, 148 –151, 149
zweidimensionale B., 97–100, 98
Biringuccio, Vannoccio, 15, 16
Blaeser, Gustav, 30, 32
Blei, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 13
Blei-Inlay, 106
Blücher-Denkmal (Rostock), 26, 27
BOB-Rostversiegelung, 106
Boffrand, Germain, 16
Bouchardon, Edmonde, 16
Brandstetter, A., 37
Braunschweig
Dürerplakette (Herzog Anton Ulrich-Museum), 14, 16
Brochantit, s. Korrosionsprodukte
Bronze
Eigenschaften, 19, 25
Farbe, 136, 148 –150, 149, 152
Guß vs. Kupfer-Galvanoplastik, 128
Korrosionseigenschaften, 65 –76
Legierungsanalysen, s. bei den einzelnen Denkmälern
Typische Oberflächenkorrosion im REM, 48
Bronzegußverfahren
Angußsystem, 28, 33
direkt, 9, 14 –16
Formkasten, 11, 12
Gußform, 9, 10 –13
Gußkanal, 9 –12
Gußkern, 9, 13
Gußmantel, 9
Hohlguß, 9
indirekt, 9, 15 –17
Negativform (Hilfsnegativ), 9 –14
Sandformverfahren, 10, 12, 16, 32
Teilformverfahren, 12
Tonkern, 9, 10
verlorene Form, 13
Wachsausschmelzverfahren, 13, 33
Wachsmodell, 9
Werkstoffe, 9–14
zweiteilige Form, 17
Register
Bronzekonservierung, s. Konservierung
Bronzekorrosion, 152
elektrochemisches Modell, 153
bronzene Grabmäler, 20
Bronzetür
des Augsburger Doms, 13, 14, 153
des Mainzer Doms, 17, 18
Bronzetüren des Baptisteriums (Florenz, Kopie Geislingen), 129
Bronzezeit, 13
Brugnatelli, Lodovico, 127
Bundesanstalt für Materialprüfung, 47
Burgschmiet, Jakob Daniel, 31
C
Canova, Antonio, 27, 28
Carl Maria von Weber-Standbild (Dresden), s. Weber-Standbild
Cassiterit (Zinndioxid), s. Korrosionsprodukte
Castner, Friedrich Wilhelm, 32
Cellini, Benvenuto, 15 –17, 30
Cennini, Cennino, 14
Cesare, Carlo di, 20, 20
Chemnitz
Karl-Marx-Monumentalbüste, 70, 71
Chlorid, s. Korrosionsprodukte
Chromatographie, s. analytische Methoden, 50
Colleoni, Condottiere Bartolommeo, 129
Conrad Felsing Fa., 34
Coué (Ziseleur), 26, 27
Cranach d.Ä., Lucas, 110, 110, 116, 116
Cristobalit, im Kernmaterial von Galvanoplastiken, 144
Crozatier, Charles, 28
Cuprit, s. Korrosionsprodukte
D
Dammann, Hans, 130
Dannecker, Johann Heinrich, 26, 26
Dessau
Denkmal für Leopold I. von Anhalt-Dessau, 36
Deutsche Bundesstiftung Umwelt, 7
Diderot, Denis, 5, 6, 16, 17
Dinger, Johann, 27, 32
Doell, Friedrich Wilhelm Eugen, 26
Dokumentation, s. Bildverarbeitung
Dolomit, im Kernmaterial von Galvanoplastiken, 144
Donatello, 38
Donndorf, Karl, 28
Doppelstandbild der Polenfürsten (Posen), 28
Dornauszieher (Rom), 19
Drake, Johann Friedrich, 33, 35, 36
Dresden
Carl Maria von Weber-Standbild, 28, 29
Ernst Rietschel-Denkmal, 28, 28
Gottfried Semper-Standbild, 28, 29
Innerer Neustädter Friedhof, 127, 143
Marie Gey-Heinze-Brunnen, 37, 38
Panther-Quadriga (Semperoper), 95
Theodor Körner-Standbild, 34, 35
Vier Tageszeiten, 37, 37
Dr. Joh. Andreas Eisenbart-Brunnen (Magdeburg),s.Eisenbart-Brunnen
Druckfestigkeit, s. physikalische Analyse
Durchstrahlung, 47
Dürer-Denkmal (Nürnberg), 30, 31, 36
Dürerplakette (Herzog Anton Ulrich-Museum, Braunschweig), 14, 16
E
Eberlein, Gustav, 130
Ehrenschild von Cornelius, 30
Eisenbart-Brunnen (Magdeburg), 73, 74
Legierung, 74
Korrosionsprodukte, 74
Probenverzeichnis, 74
167
Eisengießerei, 28
Elastizitätsmodul, s. physikalische Analyse
elektrische Leitfähigkeitsmessung, s. Leitfähigkeitsmessung
elektrochemische Impedanzspektroskopie, 53, 53, 77– 84
elektrochemische Zelle, 53
Ersatzschaltbild, 53
Inhibitionswirkung, 77
Inhomogenität der Korrosionsschicht, 77
Kinetik, 77
Konditionierung der Proben, 79
Metallauflösung, 77
Metallsubstrat, 77
Modellvorstellung, 77
Oxidbildung, 77
Patina, 77
Polarisationswiderstand, 77– 82
Porenraum, 77, 83
potentiostatisches Verfahren, 77
Elektronenstrahl-Mikroanalyse (ESMA, EMA), s.analytische Meth. 48
Entsalzung, 119
Encke, Erdmann, 28
Epoxidharzklebstoff, 106
Erdwachs, s. galvanoplastische Werkst. 134
Erfassung, s. Inventarisation
Ernst Rietschel-Denkmal (Dresden), s. Rietschel-Denkmal
Essig, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 16
F
Falconet, Etienne-Maurice, 25
Farbmessung, 45, 46, 84
Anwendung in der Praxis, 84
Farbfassung, 52
Farbmuster, 135
Glanz, 45
Munsell-Farbcode, 78
plastische Lesbarkeit, 46
Textur, 45
Tristimulus-Verfahren, 45
Feierabend (Bronzegießerei), 27
Félibien, André, 15
Fin de siècle, 38
Fischer, Christoph Heinrich, 28, 33, 34
Fontainebleau, 15
Fontana di Trevi (Rom), 93, 94
Fontane, Theodor, 31
Förderung (Projekt-), 7
Formkasten, s. Bronzegußverfahren
Fortbildung, 7
Francke-Denkmal (Halle), 75, 76
Korrosionsprodukte, 75
Legierung, 75
Probenverzeichnis, 75
Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung, 148
Fraunhofer-Institut für Silicatforschung, 86
Freiberg
Herzog Heinrich der Fromme (Domchor), 20
Kurfürst August-Grablege (Domchor), 20
Freibewitterung, s. Bewitterung
Freilegung
mit Hilfe von Druckluft, 105
mechanische Freilegung, 105
mittels Laser, 103, 104
Ultraschallfeinmeißel, 105
Friebel, Carl Ludwig, 28, 29
Friedrich II.-Reiterstandbild (Unter den Linden, Berlin), 25, 26, 30
Friedrich Wilhelm I.-Statue (Gumbinnen), 27
Friedrich Wilhelm III.-Reiterstandbild (Merseburg), 64, 67
Korrosionsprodukte, 68
Legierung, 68
Probenverzeichnis, 67
Friesen-Denkmal (Magdeburg), 63, 65
168
Register
Korrosionsprodukte, 66
Legierung, 65 – 67
Probenverzeichnis, 65
Friesenkette, 116
Füllstoffe, s. galvanoplastische Werkst. 134
Fürst Leberecht Blücher-Denkmal (Rostock), s. Blücher-Denkmal
G
Galvani, Luigi, 127
Galvanoplastik (Kupfergalvanoplastik), 127
Bamberger Reiter, 129
Bauornamente, 130
Bavaria als G., 128
chemische Analyse des Kerns, 138 –140
Christusfiguren, 127
Engelsfiguren, 130
Galvanotechnik, s. galvanotechnisches Herstellungsverfahren
Geschichte, 127–131
Grabplastiken, 127–131, 128
Großer Kurfürst (Berlin), 129, 130
Herstellungsverfahren, 131
Hohlgalvanoplastik, 127, 132, 134, 139, 141
Kerngalvanoplastik, 127, 130, 133, 134, 138, 141, 139 – 144
Kerzenständer, 130
Kirchengerät, 129
Korrosion, 142 –145
Kränze, 127
Kriegerdenkmäler, 129
Kruzifixe, 127, 130
Lampen, 130
Memoralien, 130
Münzen, 127, 130
Pokale, 130
Relieftafeln, 127
Restaurierung, 138 –148
Statuetten, 127
Stückzahl, 132
Verkaufspreis, 130
»Weibliche Trauernde«, 131, 139, 140
Württembergische Metallwarenfabrik, 128 –131
galvanoplastische Werkstoffe, 132–136
galvanotechnisches Herstellungsverfahren,131–136
Abformung, 127, 132
Anodenmaterial, 134
Anodenschlamm, 132
Armierungsmontage, 135
Ausschwemmen, z.B. mit Weichlot, 132
Bleiguß, galvanisch verkupfert, 36
Eisenarmierung, 47, 128, 134, 135
Elektrolysebad, 133
elementares Kupfer, 134
Formmasse, s. Gips
»Galvanobronze«, 127
galvanisches Bad, 132, 133
Gipskern, s. Gips
Graphitieren, 134
Graphitiermaschine, 132
Gürtlerei, 135
Herstellungsverfahren, 131
Imprägnierung, 133, 138
Kapillarität, 133
Kopiermaschine, 133
Kupfersulfat, 134
Lötung, 132
Negativform, 132, 133
Panthograph, 133
Paßgerüst, 135
Positivform, 132, 133
Rundschmiedeeisen, 133
Storchenschnabel, 133
Übergalvanisieren, 132
Verkleinerungsapparat, 133
Verkupferung, 136
Vierkantschmiedeeisen, 133
Zapfensystem, 135
Gammastrahlung, s. Durchstrahlung
Gaschromatographie (GC), s. analytische Methoden 50
Gaul, August, 37
Gauricus, Pomponius, 14, 15
Gelatine, s. Bronzegußverfahren, Werkst., 12
Georg Friedrich Händel-Denkmal, s. Händel-Denkmal
Georgii, Theodor, 37
Georgsbrunnen (Augsburg), typische Oberflächenkorrosion 48
Gessner-Denkmal (Zürich), 25
Geyger, Ernst Moritz, 38
Gey-Heinze-Brunnen (Dresden), 37, 38
Ghiberti, Lorenzo, 129
Gießerei (Gelb-, Rot-, Stück-, Glocken-), 16
Gips, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 9–14, 10 –13,
s. galvanoplastische Werkst. 128, 132, 138
chemische Analytik, 138 –140, 142 –145
Formmasse, 133, 134
Gipsabdruck, 133, 138
Gipsgießer, 135
Gipskern, 135, 138
Gipsstein, 138
Imprägnierung, s. galvanotechnisches Herstellungsverfahren
Kernmaterial von Galvanoplastiken, 138 –140
Negativschale, 132
Restaurierung, 138
Stuckgips, 15, 138
Girardon, François, 16
Gladenbeck, Alfred, 31
Gladenbeck, Hermann, 29, 30, 33, 34, 36 – 38
Gnauth, Adolf, 95
Goethe, Johann Wolfgang von, 26
Goethe-Schiller-Denkmal (Weimar), 27, 34, 35
Gonon, Honoré, 32
Gor, Pierre, 16
Gottfried Semper-Standbild (Dresden), s. Semper-Standbild
Götz, Johannes, 37
Graphit, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 11, s. galvanoplast. Werkst. 132
Großer Kurfürst (Berlin), 26, 129, 130
Grünenberg, L., 33
Gumbinnen
Statue Friedrich Wilhelms I., 27
Guß, s. Bronzegußverfahren
Guttapercha, s. galvanoplastische Werkst. 132
H
Hähnel, Ernst, 34, 35, 95
Halle
Francke-Denkmal, 75, 76
Händel-Denkmal, 43, 67, 69
Nordfriedhof, 140
Südfriedhof, 139
Händel-Denkmal (Halle), 43, 67, 69
Korrosionsprodukte, 70
Legierung, 70
Probenverzeichnis, 69
Harn, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 16
Harz, s. galvanoplastische Werkst. 134
Heinrich der Löwe, 20
Herter, Ernst, 33
Herzog Friedrich von Württemberg, Büste (Schloß Ludwigsburg,
Stuttgart), 26, 26
Herzog Heinrich-Denkmal (Marienberg), 60 – 65, 116, 116 – 125
Erfassung, 121–126
Korrosionsprodukte, 61– 65
Legierung, 61
Probenverzeichnis, 60
Restaurierung, 118 –120
Register
Vorzustand, 118
Herzog Heinrich der Fromme
Freiberg (Domchor), 20, 20
Marienberg, 116, 117
Hildebrand, Adolf von, 37
Hilfsnegativ, s. Bronzegußverfahren
Hiram von Tyrus (antiker Bronzegießer), 17, 21
Hoffmeiser, Heinz, 95
Hohlgalvanoplastik, s. Galvanoplastik
Hohlguß, s. Bronzegußverfahren
Holz, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 9, s. galvanoplastische Werkst. 128
Hopfgarten, Johann Ludwig Heinrich, 28, 36
Hopfgarten, Wilhelm, 28
Horaz, 19
Hösel, Erich, 37
Howaldt, Georg, 36
I
Impedanzmessung, s. elektrochemische Impedanzspektroskopie
Impedanzspektroskopie, elektrochemische, s. elektrochem.
Impedanzspektroskopie
Imprägnierung, s. galvanotechnisches Herstellungsverfahren
Infrarotspektroskopie (IR), s. analytische Methoden 52, 52
Innsbruck
Kaiser Maximilian I.-Grabmal (Hofkirche), 20
Ionenchromatographie, s. analytische Methoden 50, 51
J
Jakobi, Johann, 26
Jakobi, Moritz von, 127
Joseph II., 25, 25
Jugendstil, 37
Juli-Säule, 30
Jungfer Lorenzen von Tangermünde (Nationalgalerie, Berlin), 31, 32
K
Kaehler, Heinrich, 31
Kaiser Hadrian, 19
Kaiser Joseph II.-Denkmal (Hofburg, Wien), 25, 25
Kaiser Konstantin-Kolossalstatue (Rom), 19
Kaiser Ludwig-Grabmal (Frauenkirche, München), 20
Kaiser Maximilian I.-Grabmal (Hofkirche, Innsbruck), 20
Kalide, Theodor, 30, 37
Karl der Große, 19
Karl-Marx-Denkmal (Monumentalbüste, Chemnitz), 70, 71
Korrosionsprodukte, 71
Legierung, 71
Probenverzeichnis, 71
Kartierung, s. Bildverarbeitung
Keller, Johann Balthasar, 16
Kerbel, Lew, 70
Kerngalvanoplastik, s. Galvanoplastik
Kernmaterial von Galvanoplastiken, s. Gips
Kiss, August, 27, 28, 30, 32, 33, 34, 36
Klassizismus, 25, 26
Kleister, s. Bronzegußverfahren, Werkst.15
klimatischer Einfluß, s. Umweltsituation
Klinger, Max, 37, 38
Kolophonium, s.Bronzegußverf.,Werkst.,12, s.galvanopl.Werkst.134,138
Konarzewski, Albert, 32
König Friedrich Wilhelm II.-Denkmal (Neuruppin), 28
König Karl III.-Reiterstandbild (Neapel), 27
König Salomo, 17
Königliche Erzgießerei München, 35
Konservierung, 77, 106
mit Acrylatsystemen, 107
Beschichtung, 52, 53
mit Bienenwachs, 53
Defektstelle, 46, 77
Durchfeuchtung, 49
Effizienz, 78
169
Eindringtiefe von Wachs, 48, 82
von Eisenarmierungen, 106
mit Esterwachs, 52
Hydrophobierung, 84
Konservierungsmittel, 106, 107
Metallcarboxylat, 52
mit mikrokristallinem Wachs, 77, 83, 84, 106, 107, 114
morphologisches Bild, 82
Nachkorrosion, 84
mit Ormocer®en, 8, 86 – 91, 106, 107
oxidativer Abbau, 53
Rißbildung, 84
Rückstreuelektronenbild, 48, 81
Schutzwirkung, 77– 83
Sekundärelektronenbild, 48, 81
thermische Relaxation, 77, 82
Tiefenlicht, 84
Topographie, 82
Vergrauung, 84
Vergrünung, 84
mit Wachs allgemein, 78, 83, 84
Wachsapplikation, 80, 146
Wachstränkung von Gipskernen, 134
Konservierungsmittel, s. Konservierung
Körner-Standbild (Dresden), 34, 35
Korrosion, 7, 43, 45 – 53, 77, 152 –154
Korrosionsanfälligkeit, 78
Korrosionsgrube, 47
Korrosionspotential, 77, 82
Korrosionsprodukt, 49, 84, 135
Korrosionsprozeß, 43, 152
Korrosionsrate, 78
Korrosionsreaktion, 77, 153
Korrosionsschäden, 41, 128
Korrosionsschicht, 77
Korrosionsschutz, 82
Korrosionsstrom, 85
Lochfraßkorrosion, 48, 53, 61– 63, 105, 110
Lokalkorrosion, 53
Morphologie, 152
Oberflächenkorrosion, 64, 152
Passivierung, 49, 152
Patina, 49, 77, 136
Korrosionsprodukte und angetragene Substanzen, siehe auch bei
den einzelnen Denkmälern 43, 142 – 145
Antlerit Cu3SO4(OH)4, 43, 49, 60 –75, 152 –154
Atacamit Cu2Cl(OH)3, 49, 152
basische Kupfersulfate Cux(SO4)y(OH)z· nH2O, 43, 44, 49, 77,
152 – 154
Brochantit Cu4SO4(OH)6, 43, 44, 49, 60 –75, 152 –154
Cassiterit SnO2· nH2O, 60 –75, 152 –154
chemische Bewertung, 154
Chlorid, 62, 152 –154
Cuprit Cu2O, 43, 49, 60 – 75, 152, 153
Entfernung mittels Pinsel, 104
Entfernung mittels Skalpell, 104
hygroskopische Salze, 50
Kupfersulfathydroxidhydrate Cux(SO4)y(OH)z· nH2O, 43, 44,
49, 77, 152 –154
Langit Cu4SO4(OH)6 · 2H2O, 152
Nitrat, 63, 64, 152, 153
Oxalat, 63, 64, 152
Phosphat, 63, 64
Posnjakit Cu4SO4(OH)6· H2O, 152
restauratorische Bewertung, 153
Strandbergit Cu5(SO4)2(OH)6· 5H2O, 43, 44, 152 –154
Sulfat, 60 –75
Tenorit CuO, 142, 152
Typisierung und Kartierung, am Beispiel des Mendebrunnens,
97–100, 99, 102
Kraus, August, 37
170
Register
Kreuzbergdenkmal (Berlin), 31
Kriegsbeute, 21
Kristallanordnung, 49
Kristallbaufehler, 49
Kristallgitter, 49
Kristallographie,
Kristallstrukturanalyse, 49
Mineralphase, 49
Kunckel von Löwenstern, Johann, 15
Kupfer, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 19
Farbigkeit, 136
galvanische Kupferabscheidung, 134
kristallines (elementares) Kupfer, 132 –135, 134
Kupfer im Schliff, s. Mikroskopie, Querschliff
Kupferblech, 77– 83
Kupfercarboxylat, 52
Kupferhaut, 128, 132, 134
Kupfernitrat CuNO3, 43, 152
Kupfertreibarbeit vs. Galvanoplastik, 28, 133
Kupfersulfathydroxidhydrate, s. Korrosionsprodukte
Kupferverbindungen, s. Korrosionsprodukte
Kurfürst August-Grablege (Domchor, Freiberg), 20
Kurfürstin Elisabeth-Figur, 28
L
Laser (Nd-YAG-Laser)
allgemeine Wirkungsweise, 103
Freilegungsversuche am Mendebrunnen, 102 –105
Vergleich mit mechanischer Freilegung, 103, 104
Lauchhammer (Bronzegießerei), 28, 36, 97
Lavater-Büste, 26
Lederer, Hugo, 28
Legierung, s. Elementaranalyse
Lehle, Hans, 135
Lehm, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 16
Leim, s. Bronzegußverfahren, Werkst.12, s. galvanoplast.Werkst.128,132
Leinberger, Hans, 18, 19
Leipzig
Beethoven-Denkmal (Museum der Bildenden Künste), 37, 38
Mendebrunnen, 6, 55 – 58, 92, 92 – 107
Siegesdenkmal, 97
Leitfähigkeitsmessung (elektrische L.), 47, 105
Lenz, Christoph, 35
Lenz & Heroldt (Bronzegießerei), 34, 35
Leopold I.-Denkmal (Berlin & Dessau), 36
Lequine, Françoise, 26, 27
Leyrer, 37
Licht, Hugo, 94, 95
Liebhaber, Raimund, 130
Lochfraß, s. Korrosion
Löwenkämpfer (Altes Museum, Berlin), 31, 33, 34
Ludwig I. von Bayern, 36
Ludwig XIV.-Reiterstandbild, 16
Ludwig XV.-Reiterstandbild, 16
Luftfeuchtigkeit, s. Umweltsituation
Luftschadstoffe, s. Umweltsituation
Einfluß auf die Korrosion, 43, 154
Luther-Denkmal (Lutherst.Wittenberg), 35, 36, 52, 59, 60, 109,
109 –114
Geschichte, 109 –111
IR-Spektrum einer Probe, 52
Konservierung, 114
Korrosionsprodukte, 60
Legierung, 59
Probenverzeichnis, 59
Reinigung, 114
Restaurierung, 113, 114
Vorzustand, 111–113
Lutherstadt Wittenberg, s. Wittenberg
Lysistratos (aus Sikyon, antiker Bronzegießer), 17
M
Magdeburg
Dr. Johann Andreas Eisenbart-Brunnen, 73, 74
Friesen-Denkmal, 63, 65
Reichseinigungsdenkmal, 72, 73
Magdeburger Gießhütte, 18
Mailand
Reiterstandbild des Francesco Sforza, 14
Mainz
Bronzetür (Dom), 17, 18, 19
Marc Aurel, (Reiterstandbild, Rom), 19
Marie Gey-Heinze-Brunnen (Dresden), s. Gey-Heinze-Brunnen
Marienberg
Herzog Heinrich-Denkmal, 60 – 65, 116, 116 – 125
Mariette, Pierre Jean, 16
Martin Luther-Denkmal, s. Luther-Denkmal
Martin & Piltzing, 37
Massenspektrometrie (MS), s. analytische Methoden 51
Materialabtrag, s. Schichtdickenmessung
Maximilian I. Joseph von Bayern (Denkmal, München), 33, 35
Melanchthon-Denkmal (Lutherstadt Wittenberg), 35, 36, 66, 68
Korrosionsprodukte, 69
Legierung, 69
Probenverzeichnis, 68
Melanchthon, Philipp, 35, 36
Mende, Pauline, 95
Mendebrunnen (Leipzig), 6, 55, 92, 92 –107
Beschreibung, 93–95
Entstehungsgeschichte, 95–97
Korrosionsprodukte, 58
Kriegszerstörungen, 97, 96
Legierung, 57, 58, 101
Maße, 93
Probenverzeichnis, 55, 56
Restaurierung, 97–107
Schadenskartierung, 97–100, 98
Merseburg
Friedrich Wilhelm III.-Reiterstandbild, 64, 67
Mertens, A., 33
Messing vs. Bronze, 154
Metall, s. Bronze, s. Kupfer
Metallauflösung, s. elektrochemische Impedanzspektroskopie
Metallkonservierung, s. Konservierung
Metallographie, s. Mikroskopie
Metzner, Franz, 28, 37
Meyer, Heinrich, 30
Mikrokristallines Wachs, 77– 85, 83, 106, 107, 114
Mikroskopie, s. analytische Methoden 47
Anschliff, 47
Ätzen, 47
Auflichtmikroskop, 47
Querschliff, 47, 135, 153
Rasterelektronenmikr. (REM), s. anal. Meth. 48, 48, 77, 81– 83
Miller, Ferdinand von, 30, 34, 35, 95 –97, 128, 129
Mohrenbrunnen (Rom), 93
Moosburg
Rathaus, 18
Moritz Geiß Fa., 36
Mühlau, 20
Mullit, als Bestandteil des Kernmaterials von Galvanoplastiken, 144
München
Bavaria, 33, 35, 95, 128, 129
Denkmal für Maximilian I. Joseph von Bayern, 33, 35
Kaiser Ludwig-Grabmal (Frauenkirche), 20
Musterfläche, 113
N
Naphthalin, s. galvanoplastische Werkst. 134
Napoleon-Statue (Vendôme-Säule, Paris), 28
Neapel
Reiterstandbild König Karls III., 27
Register
Negativform, s. Bronzegußverfahren
Neptunbrunnen (Nürnberg), 93
Netzmittel, s. galvanoplastische Werkst. 134
Neubarock, 37
Neuklassizismus, 37
Neuruppin
Denkmal für König Friedrich Wilhelm II. von Preußen, 28
Niketas Choniates, 21
Nitrat, s. Korrosionsprodukte
Noack, Hermann, 37, 97
Nowgorod
Westportal (Sophien-Kathedrale), 18
Nürnberg
Denkmal für Albrecht Dürer, 30, 31
Neptunbrunnen, 93
Sebaldusgrab, 29
O
Oberfläche
Glätte, Glanz 84
Oberflächenkorrosion, 155 –158
chemische Betrachtung, 152
farbliche Veränderungen, 152
morphologische Veränderungen, 152
Oberflächenphänomene, siehe auch die einzelnen Denkmäler
Altrestaurierungen, 160
Anlagerungen, 159
grüne Schichten, 156
herstellungsbedingte Phänomene, 160
mechanische Schäden, 162
nach dem Guß, 155
Oxidschichten, 155
schwarze Schichten, 156
zerstörte Oberflächen, 157
Offermann, Friedrich, 117
Ormocere, 86 – 91, 106, 107
Oxalat, s. Korrosionsprodukte
Ozon, s. Umweltsituation 43
P
Pandoni, Porcello de’, 14
Panther-Quadriga (Semperoper, Dresden), s. Quadriga
Paraffin, s. galvanoplastische Werkst. 134, 138
Paris
Napoleon-Statue (Vendôme-Säule), 28
Passivierung, s. Korrosion
Patina, s. Bronze, s. elektroch. Impedanzspektroskopie, s. Korrosionsprod.
Patinierung, 135, 136
Originalpatinierung, 136
Patinierungsmuster, 135, 136, 149, 150
Pausanias, 17
Perseus, Figur des, 15
Pflegebedürftigkeit, 107
Pharaonengrab, 127
Philipp-Melanchthon-Denkmal, s. Melanchthon-Denkmal
Phosphat, s. Korrosionsprodukte
physikalische Analyse, 138 –140
Druckfestigkeit, 139
Elastizitätsmodul, 139
Piazza Navona, 93
Piemontese, Alessio, 16
Pirner & Franz (Bronzegießerei), 37, 37
Plinius, 17, 19, 21
Pohlmann, Heinrich, 130
Poniatowski-Denkmal (Berlin), 27
Posen
Doppelstandbild der Polenfürsten, 28
Probenzusammensetzung, s. Elementaranalyse
Projektförderung, 7
Publikationen, 7
PVC, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 13
171
Q
Quadriga (Brandenburger Tor, Berlin), 28
Quadriga (Panther-Quadriga auf der Semperoper, Dresden), 95
Quarz, s. Korrosionsprodukte und angetragene Substanzen
Querschliff, s. Mikroskopie
R
Rasterelektronenmikroskopie (REM), 48, 48, 81– 83
Rauch, Christian Daniel, 26 – 33, 30, 31, 33, 35– 37
Rauhigkeitsmessung, s. analytische Methoden 46
Streulichtverfahren, 46
Reichseinigungsdenkmal (Magdeburg), 72, 73
Legierung, 72
Korrosionsprodukte, 73
Probenverzeichnis, 72
REM, s. analyt. Meth., Rasterelektronenmikroskopie, 48, 48, 81– 83
Renaissance, 30, 38
Restaurierung,
Dokumentation, s. Bildverarbeitung
Freilegung, 8
Laserreinigung, 46
Reinigung, 146
Reparatur, 47, 106, 145
Restaurierungskonzept, 145
Restaurierungsstadien, 84
Schadensbeschreibung, 140
Skalpellfreilegung, 84
Vorzustand, 78, 140 –142
Reten, s. galvanoplastische Werkst. 134
Retusche, 107
Rhoikos (aus Samos, antiker Bronzegießer), 17
Rietschel, Ernst, 28, 29, 32, 33, 34
Rietschel-Denkmal (Dresden), 28, 28, 34
Righetti, Francesco, 27, 28
Riquin (Bronzegießer), 18, 18
Riunione Adriatica di Sicurta, 133
Roemer, Georg, 37
Roidl, Egidius, 83
Rom
Dornauszieher, 19
Kolossalstatue des Kaiser Konstantin, 19
Mohrenbrunnen, 93
Reiterstandbild des Marc Aurel, 19
Wölfin, 19
Röntgendiffraktometrie (XRD), s. analytische Methoden 49, 49
Röntgenfluoreszenzanalyse (RFA), s. Röntgenfluoreszenzspektroskopie 48
Röntgenfluoreszenzspektroskopie (RFA), s. analytische Methoden 48
Röntgenstrahlung, s. Durchstrahlung
Rostock
Fürst Leberecht Blücher-Denkmal, 26, 27
Rülein von Calw, Ulrich, 117
S
Saly, Jaques François Joseph, 25
Salz (-wasser), s. Bronzegußverfahren, Werkst. 10, 16
Salze, s. Umweltsituation
Sand, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 12
Sandformverfahren, s. Bronzegußverfahren
Schadensbeschreibung, s. Restaurierung
Schadenskartierung, s. Bildverarbeitung
Schadow, Johann Gottfried, 25, 25, 26, 27, 28, 30, 33, 35, 36, 37,
109, 109, 110
Schamotte, s. Bronzegußverfahren, Werkst., 12
Schichtdickenmessung, 46, 46
Homogenität, 46
Inhomogenität, 46
magnetinduktives Verfahren, 46
Materialabtrag, 46, 154
Wirbelstromverfahren, 46
Schilling, Johannes, 28, 29, 37, 37
Schinkel, Karl Friedrich, 27, 28, 31, 36, 109, 110
172
Register
Schlüter, Andreas, 26, 129, 130
Schwanthaler, Ludwig Michael, 33, 35, 129
Schwarz, Hans, 14, 16
Schwefel, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 15
Schwefeldioxid, s. Umweltsituation
Sebaldusgrab (Nürnberg), 29
Semper-Standbild (Dresden), 28, 29
Sergel, Tobias, 25
Sezession, 37
Sforza, Francesco, (Mailand), 14
Siegesdenkmal (Leipzig), 97
Siemens, Werner von, 128
Silberwarenfabrik Elkington, 127
Silikon, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 13, s. galvanoplast. Werkst. 132
Sophien-Kathedrale (Nowgorod), 18
Soyer (Gießer), 30
Spiritus, s. galvanoplastische Werkst. 135
Sprengel, Peter Nathanael, 16, 17
Spurius Carvilius, 21
Stabilisierung von Galvanoplastiken, s. Armierung
Standorte, siehe unter den jeweiligen Ortsnamen
Staub, s. Umweltsituation 43
Stearin, s. galvanoplastische Werkst. 133
Stein, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 13
Steinkohlenteerpech, s. galvanoplastische Werkst. 134
Stickstoffoxide, s. Umweltsituation 42
Stiglmaier, Johann Baptist, 27, 30, 35
Strandbergit, s. Korrosionsprodukte
Stuck, Franz von, 37
Stuckgips, s. Gips
Stuttgart
Büste des Herzogs Friedrich von Württemberg
(Schloß Ludwigsburg), 26, 26
Sulfat, s. Korrosionsprodukte
T
Talg, s. galvanoplastische Werkst. 134
Talk, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 11
Teig, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 16
Teilformverfahren, s. Bronzegußverfahren
Tenorit, s. Korrosionsprodukte
Terpentin, s. galvanoplastische Werkst. 134
Theodor Körner-Standbild (Dresden), s. Körner-Standbild
Theodoros (aus Samos, antiker Bronzegießer), 17
Theophilus, 14
Thiele, Hans, 97
Thorvaldsen, Bertel, 27, 28, 35
Tieck, Christian Friedrich, 27, 28, 33
Tombak, s. galvanoplastische Werkst. 136
Ton, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 9, 10
Tonkern, s. Bronzegußverfahren
Tragant, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 15
Treut (Stuttgarter Hofziseleur), 26
Trier
Bronzener Türzieher (Domschatzkammer), 14, 17, 18
Trippel, Alexander, 26
Tswett, Michail, 50
Tuaillon, Louis, 37
Tubalkain, 17
U
Umweltsituation, 7, 41, 142, 154
Emmissionsminderung, 43
fossiler Brennstoff, 43
Jahresmittelwerte, 41
Katalysator, 42
Luftfeuchtigkeit, 43
Luftgüte, 41– 44
Mineralöl, 154
Ostdeutschland vs. Westdeutschland, 41– 44
Oxidantien, 44
Ozon O3, 43
Partikel, 43, 154
Radikale, 43
Regen, 47, 50, 84, 154
Reifengummi, 154
Ruß, 154
Salze, 47, 154
Sauerstoff, 43, 53, 77
Schwefeldioxid SO2, 41, 43, 154
Sonneneinstrahlung, 43
Staub, 43, 154
Stickstoffoxide NOx, 42
synergistischer Effekt, 43
UBA-Meßnetz, 43
Untersuchungsbericht, 43
Verbrennungsanlagen, 41
Verkehrsaufkommen, 42
Ungerer, Jakob, 94 – 97
V
Valadier, Louis, 26
Vasari, Giorgio, 15, 16
Vermessung, 3D-, s. Bildverarbeitung
Verrocchio, Andrea, 129
Vier Tageszeiten (Dresden), 37, 37
Vinci, Leonardo da, 14
Vischer, Peter, 20, 29, 38
visuelles Erscheinungsbild einer Bronzeoberfläche, 152
Vollgold, Friedrich, 31, 33
Volta, Alessandro, 127
W
Wachs, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 9 –14, 11, 13,
s. Konservierung, s. Mikrokristallines Wachs
Applikation, 78, 83, 84
Elektrochemische Messungen, 77– 81
REM-Untersuchungen, 81– 83
Wachsausschmelzverfahren, s. Bronzegußverfahren
Wachsmodell, s. Bronzegußverfahren
Waismuth (Bronzegießer), 18, 18
Wallot, Paul, 118
Weber-Standbild, 28, 29
Wechselbelastung, s. künstliche Bewitterung
Weichlot, s. galvanoplastische Werkst. 132
Weimar
Goethe-Schiller-Denkmal, 27, 34, 35
Wein, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 16
Werner & Neffen (Bronzegießerei), 29
Wichmann, Ludwig, 31
Wien
Denkmal Kaiser Josephs II. (Hofburg), 25, 25
Willigis, Erzbischof, 17
Winckelmann-Büste, 26
Wittenberg, 52
Luther-Denkmal, 35, 36, 52, 59, 109 – 114, 109 – 115
Melanchthon-Denkmal, 35, 36, 66, 68
Wolff, Albert, 31, 33, 34
Wolff, Wilhelm, 30 – 32
Wölfin (Rom), 19
Wrba, Georg, 37, 38
Württembergische Metallwarenfabrik, 127, 128, 130, 138 – 141
Z
Zauner, Franz, 25, 25
Ziegelmehl, s. Bronzegußverfahren, Werkst., 12
Zink, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 20
Zinn, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 13, 19
Ziselierung, 25, 27, 31
Zürich
Gessner-Denkmal, 25
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07.01.2010
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Bronze- und Galvanoplastik
07.01.2010
Arbeitsheft 5
204001001-Umschlag.xpr:204001001-Umschlag.xpr
Bronze- und Galvanoplastik
Arbeitshefte der Landesämter für Denkmalpflege
Sachsen und Sachsen-Anhalt