Bronze- und Galvanoplastik, Geschichte
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Bronze- und Galvanoplastik, Geschichte
8:26 Uhr Seite 1 Bronze- und Galvanoplastik 07.01.2010 Arbeitsheft 5 204001001-Umschlag.xpr:204001001-Umschlag.xpr Bronze- und Galvanoplastik Arbeitshefte der Landesämter für Denkmalpflege Sachsen und Sachsen-Anhalt 204001001-Umschlag.xpr:204001001-Umschlag.xpr 07.01.2010 8:26 Uhr Seite 2 Bronze- und Galvanoplastik Geschichte – Materialanalyse – Restaurierung Birgit Meißner, Anke Doktor, Martin Mach Mit Beiträgen von Edgar Lein, Bernhard Maaz, Stefan Simon, Andreas Krätschmer, Peter Mottner, Monika Pilz, Georg Haber, Annegret Michel und Wolfgang Conrad Gefördert durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt Arbeitsheft 5 Landesamt für Denkmalpflege Sachsen Landesamt für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt Herausgeber © 2000 Landesamt für Denkmalpflege Sachsen Augustusstraße 2, 01067 Dresden, Telefon: (03 51) 4 9144 00, Telefax: (03 51) 4 9144 77 und Landesamt für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt Alter Markt 27, Telefon: (03 45) 23 10 00, Telefax: (03 45) 2 31 00 15 1. Auflage, Januar 2001 Redaktion Birgit Meißner Druck Stoba Druck GmbH, Lampertswalde Buchbinderische Verarbeitung Röderaue Broschüren GmbH, Lampertswalde Herstellung und Vertrieb Michel Sandstein, Grafischer Betrieb und Verlagsgesellschaft mbH, Dresden Für den Inhalt der Beiträge zeichnen die Autoren verantwortlich. Alle Rechte vorbehalten. Beim Nachdruck sind Quellenangaben und die Überlassung von zwei Belegexemplaren erforderlich. ISBN 3-930382-49-0 Abbildungen auf dem Umschlag Titelseite: Mendebrunnen, Leipzig Rückseite: Martin Luther-Standbild, Lutherstadt Wittenberg Inhalt Gerhard Glaser, Egon Greipel, Gotthardt Voß Vorwort der Landeskonservatoren Martin Mach Vorstellung des Projektes Edgar Lein Die Kunst des Bronzegießens, ihre Darstellung in Traktaten und die Bedeutung von Bronze Bernhard Maaz Zur Entwicklung des Bronzegusses in Deutschland im 19. Jahrhundert Anke Doktor Umweltsituation und Entwicklung der Luftqualität in Ost- und Westdeutschland und ihr Einfluß auf die Korrosion von Bronze und Kupfer 5 6 9 25 92 Birgit Meißner Zur Restaurierung des Martin Luther – Denkmals in Lutherstadt Wittenberg 109 Annegret Michel, Birgit Meißner Das Standbild Herzog Heinrich des Frommen in Marienberg Exkurs: Die Erfassung von Bronze- und Galvanoplastiken in Datenbanken 116 Birgit Meißner, Anke Doktor Galvanoplastik – Geschichte einer Technik aus dem 19. Jahrhundert 127 Anke Doktor, Birgit Meißner, Martin Mach Galvanoplastik – chemische Analysen und Restaurierung 138 41 Anke Doktor »Analytik-Guide« – Methoden zur Charakterisierung von Korrosionsphänomenen auf freibewitterten Bronzen 45 Martin Mach, Stefan Simon Metallanalysen freibewitterter Bronzedenkmäler 55 Andreas Krätschmer, Anke Doktor, Martin Mach Veränderung der Schutzwirkung von mikrokristallinen Wachsen auf Kupferblech unter thermischer Wechselbelastung Birgit Meißner, Georg J. Haber, Martin Mach Der Leipziger Mendebrunnen – Historie und Restaurierung 77 Peter Mottner, Monika Pilz Ormocer®e – Eine neue Verbindungsklasse zur Konservierung von Bronzeoberflächen an Denkmälern 86 Bildatlas typischer Oberflächenphänomene von freibewitterten Bronzen Martin Mach Grundlagen der Bronzekorrosion Anke Doktor, Wolfgang Conrad Typische Oberflächenphänomene – Bildatlas 152 155 Annegret Michel Zusammenfassung 163 Anschriften der Autoren 165 Register 166 5 Vorwort Sie gehören zum Stadtbild, die grün-schwarzen, oft von hohem Sockel herabblickenden Bronze- und Galvanoplastiken – aber sind sie deswegen fest im Bewußtsein der Bevölkerung verwurzelt? Stadtgespräch sind sie nur selten. Auch wenn sie auf vielen Gruppenfotos zur Erinnerung zu sehen sind, ist oft unklar, wer denn eigentlich hier als Staffage dient. Schnell kann es zu einer Veränderung dieser alten Sehgewohnheiten kommen – sei es nun, daß eine Plastik eine unerwartete farbliche Veränderung erfahren hat, daß sie beschädigt oder sogar gänzlich von ihrem Standort verschwunden ist. Der träge und gleichmäßig dahinfließende Strom menschlicher Aufmerksamkeit stockt für kurze Zeit, und es wird gefragt: Wo ist die Figur, die hier immer stand? Warum sieht sie plötzlich so verändert aus? Und – wer war denn eigentlich dargestellt? Endlich Beachtung! Endlich Fragen, die beantwortet werden können, nun auch die Möglichkeit, dies in Form einer Fachpublikation zu tun. Sie ist das Ergebnis dreijähriger, eng mit der Praxis verbundener Forschungsarbeit zur Ermittlung der Schadensursachen und zur Entwicklung geeigneter Konservierungsmethoden für die fortlaufende Bewahrung dieser Bildwerke für kommende Generationen. Ermöglicht wurde sie durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt, der es Anliegen war, Hilfestellung dazu in den östlichen Bundesländern Sachsen und Sachsen-Anhalt zu leisten, wo seit dem 1. Weltkrieg keine nennenswerten Konservierungsarbeiten mehr an diesen Denkmälern vorgenommen worden waren, diese Hilfestellung aber mit den Erfahrungen zu verbinden, die in einem westlichen Bundesland, in Bayern, seit 1965 bereits gesammelt wurden. Martin Mach stellt in seinem Aufsatz Entstehung und Ablauf des Projektes im einzelnen dar. Historisch-informative Aufsätze führen in dieses Wissensgebiet ein und stellen besonders den Bronzeguß im denkmalfreudigen 19. Jahrhundert dar. Beiträge, die für die Restaurierung wichtige Kenntnisse vermitteln wollen, sind die zur Einschätzung historischer und aktueller Umweltbedingungen, zu Methoden der Charakterisierung von Korrosionsphänomenen, zu Metallanalysen und zur Schutzwirkung unterschiedlicher Beschichtungen. Nach der Vorstellung bewährter und auch neu entwickelter Konservierungsmethoden sind nun die Voraussetzungen gegeben, all dies in die Praxis umzusetzen. Drei Restaurierungen von Bronzedenkmälern in Sachsen und Sachsen-Anhalt werden exemplarisch vorgestellt. Der noch wenig erforschte Bereich Galvanoplastik wird in zwei Aufsätzen ausführlich behandelt. Neben Forschungen zur Geschichte und zu den Herstellungstechniken werden die Analyse und Restaurierung eines typischen Vertreters dieses Genres vorgestellt. Hilfreich für jeden Anwender der hier vermittelten Erfahrungen dürfte der Bildatlas am Ende der Publikation sein, der den Versuch einer Zuordnung typischer Oberflächenphänome zu entsprechenden Begriffen versucht. Dank gilt in erster Linie der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, stellvertretend Herrn Dr. Arno Weinmann, der das Projekt umsichtig förderte und begleitete, Herrn Martin Mach vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, der die dortigen Erfahrungen uneigennützig vermittelte, Frau Birgit Meißner, die alle Arbeiten in Sachsen und Sachsen-Anhalt koordinierte und nicht zuletzt dem Verlag, der alles ins rechte Bild setzte. Gerhard Glaser Landeskonservator Sachsen Egon Greipel Generalkonservator Bayern Gotthardt Voß Landeskonservator Sachsen-Anhalt 6 1 Restaurierter Triton vom Leipziger Mendebrunnen, Transport 7 Vorstellung des Forschungsprojektes »Konservierung von umweltgeschädigten Bronze- und Galvanoplastiken« Martin Mach Ausgangssituation und Aufgabenstellung Die ersten systematischen Untersuchungen zum Korrosionsverhalten von Bronzen in einer zunehmend durch Schwefeldioxid verunreinigten Atmosphäre liegen nun fast 150 Jahre zurück und gerieten zwischenzeitlich immer wieder in Vergessenheit.1 Politische Wechselbäder und nicht zuletzt zwei verlorene Weltkriege ließen die ehemals in Erz gegossenen Leitbilder ohnehin häufig nur noch als mißliebige, materielle Zeugen vergangener Epochen erscheinen, welche man bestenfalls als Rohstoffquelle zu nutzen gedachte und dann bei Bedarf zum Schmelzofen brachte. Etwas milder verfuhr man mit anderen, eher unpolitisch bewerteten Denkmälern, welche zwar ebenfalls aus dem mittlerweile als antiquiert empfundenen Material bestanden, jedoch der Einfachheit halber meist vor Ort belassen und nicht weiter beachtet wurden. Seit etwa 1965 bemühte man sich in Westdeutschland wieder verstärkt um die Restaurierung und Konservierung der Denkmäler aus Bronze. Insofern ist das hier vorgestellte Projekt nicht grundsätzlich neu und greift in vieler Hinsicht auf in den letzten Jahrzehnten erarbeitete Kenntnisse zurück. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 richtete sich das öffentliche Interesse auf diejenigen Bronzen in Ostdeutschland, welche zwar die politischen Veränderungen überstanden hatten, jedoch über lange Zeit hinweg extrem hohen Schwefeldioxid-Konzentrationen ausgesetzt waren, die zu bislang im Westen des Landes nicht bekannten Schäden geführt hatten. Der Grad der Schädigung von Bronzen und Galvanoplastiken in Ostdeutschland steht in direktem und deutlichem Zusammenhang mit den Umweltbedingungen.2 Bei den Galvanoplastiken kommen Schäden durch konstruktionsbedingte Schwachstellen hinzu. Deshalb sollten an einer Reihe von Denkmälern in Sachsen und Sachsen-Anhalt exemplarische Restaurierungen ausgeführt werden sowie Publikationen und Fortbildungsveranstaltungen das öffentliche Interesse an der Aufgabenstellung stärken. Nicht zuletzt wollte die Deutsche Bundesstiftung Umwelt mittelständischen Restauratorenbetrieben die Möglichkeit zur Einarbeitung in die speziellen Arbeitstechniken beziehungsweise zur Vertiefung bereits vorhandener Kenntnisse anbieten. genehmigte die Deutsche Bundesstiftung Umwelt eine kostenneutrale Verlängerung des Projektes um ein Jahr (bis zum 31.12.2000). Struktur und Aufgabenverteilung im Projekt Die Restaurierungsarbeiten an Bronzen und Galvanoplastiken erfolgten in Sachsen und Sachsen-Anhalt durch Restaurierungsfirmen unter Aufsicht des jeweils zuständigen Denkmalamtes. Restaurierungsbegleitende Analysen und Spezialuntersuchungen besorgte das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege, welches auch als gemeinsamer Ansprechpartner gegenüber der Deutschen Bundesstiftung Umwelt fungierte. Birgit Meißner M. A. koordinierte die Restaurierungen und Ortstermine im Auftrag der Denkmalämter von Sachsen und Sachsen-Anhalt. Beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege wurden die analytischen Arbeiten in erster Linie durch Elke Assfalg, Anke Doktor, Andreas Krätschmer, Martin Mach und Stefan Simon ausgeführt. Folgende weitere Personen trugen durch fachliche Beiträge zum Gelingen des Projektes bei: Kerstin Brendel (Metallrestauratorin beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege), Annegret Michel (Restauratorin beim Landesamt für Denkmalpflege Sachsen), Dr. Thomas Danzl (Leiter der Restaurierungswerkstätten beim Landesamt für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt), Mathias Kocher, Christan Gruber und Vojislav Tucić (Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege). Im Bereich der Mittelverwaltung halfen Silvia Piatek, Heide Hübner und Uwe Kalisch. Danksagung Zu danken ist vor allem Dr. Arno Weinmann von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt für die aufmerksame und konstruktive Begleitung des Projektes, Prof. Dr. Christoph Raub und Albert Köhler, beide aus Schwäbisch Gmünd, für die regelmäßige, stets hilfreiche und noch dazu kostenlose Beratung. Den beiden Landeskonservatoren Prof. Dr.-Ing. Gerhard Glaser und Dipl.-Ing Gotthardt Voß sei für ihre wohlwollende Unterstützung und Rückenstärkung bei schwierigen fachlichen Entscheidungen herzlich gedankt. Die zeitliche Abfolge Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt genehmigte den von den Projektpartnern eingereichten Förderungsantrag vom 5.12.1995 mit Schreiben vom 4.10.1996 (Az. 05491) für eine Laufzeit von drei Jahren, also bis Ende 1999. Im Februar 1997 folgten die ersten Personaleinstellungen. Mit Bescheid vom 6.8.1999 Das vorliegende Arbeitsheft Da das Projekt in Anbetracht der langen und komplizierten Vorgeschichte im Bereich der Bronzerestaurierung von vornherein nur einen ergänzenden Beitrag zur Gesamtsituation liefern 8 Martin Mach konnte, erschien es angemessen und zweckmäßig, die Abschlußpublikation etwas breiter anzulegen und weitere, externe Spezialisten als Autoren mit einzubeziehen. Fazit und Ausblick Wie auch bei anderen interdisziplinären Projekten galt es, die zwangsläufig unterschiedlichen Auffassungen der Beteiligten auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen und im Rahmen der bestehenden Strukturen vor allem gute praktische Arbeit zu fördern, so daß besonders den Restaurierungen ein hoher Stellenwert beigemessen wurde. Nicht zuletzt das zustimmende Presse-Echo bestätigt, daß die Restaurierungen zu guten bis sehr guten Ergebnissen führten. Die Erfahrung zeigt ohnehin, daß es im Bereich der Restaurierung nur selten ideale Wege gibt, häufig annähernd gleichwertige Lösungen kontrovers diskutiert werden und auch erfahrene Fachkollegen gegen Fehleinschätzungen nicht gefeit sind. Im Bereich der Analytik ergaben die umfangreichen elektrochemischen Messungen neue Einblicke in die Funktion der jetzigen Restaurierungspraktiken. So konnte zum Beispiel gezeigt werden, daß die für die Metallkonservierung verwendeten hochschmelzenden mikrokristallinen Konservierungswachse bereits bei wesentlich niedrigeren Temperaturen als bisher angenommen (bei 30 bis 40°C) ausheilen können, so daß sich durch thermische Belastung aufgetretene Versprödungsrisse selbsttätig wieder verschließen können. Die elektrochemischen Methoden ermöglichen darüber hinaus im Vergleich zu den wesentlich aufwendigeren Bewitterungstechniken einen schnellen Weg zur vergleichenden Beurteilung der jeweils interessierenden Systeme (Korrosionsgeschehen und Korrosionsanfälligkeit). Derartige Untersuchungen werden deshalb in Zukunft einen breiteren Raum einnehmen. In einigen Arbeitsbereichen, zum Beispiel bei der Erprobung neuer Verfahren, wie der Beschichtung mit dem neuartigen Konservierungsmittel Ormocer® oder der Freilegung mittels Laserstrahl, wurden allerdings auch neue Fragen aufgeworfen, deren Klärung unseren Nachfolgern vorbehalten sein wird. Anmerkungen 1 Riederer, Josef: Der derzeitige Kenntnisstand bei der Restaurierung von Metalldenkmälern. In: Metallrestaurierung/Metal Restoration. Arbeitsheft 94 des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege. München 1998, S. 179 –184. 2 Stöckle, Bruno und Andreas Krätschmer: Die atmosphärische Korrosion von Kupfer und Bronze. Ergebnisse aus dem UN/ECEBewitterungsprogramm. In: Metallrestaurierung/Metal Restoration. Arbeitsheft 94 des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege. München 1998, S. 26 – 32. 9 Die Kunst des Bronzegießens, ihre Darstellung in Traktaten und die Bedeutung von Bronze Edgar Lein Die verschiedenen Verfahren zur Herstellung von Bronzebildwerken können letztlich auf zwei Grundformen – das direkte und indirekte Bronzegußverfahren – zurückgeführt werden.1 Das direkte Bronzegußverfahren Zur Herstellung eines Bronzebildwerkes wird ein aus Wachs gefertigtes Modell mit Einguß- und Entlüftungskanälen aus Wachs versehen, mit Ton ummantelt und im Brennofen erhitzt. Sobald das geschmolzene Wachs vollständig aus der Form entfernt ist, wird die Hohlform – der tönerne Gußmantel – gebrannt. In diese Form wird die geschmolzene Bronze eingegossen. Sobald die Bronze erkaltet ist, wird der umhüllende Gußmantel zerschlagen. Abschließend müssen die ebenfalls in Bronze gegossenen Einguß- und Entlüftungskanäle entfernt und die Oberfläche des Bildwerks gesäubert und poliert werden. Auf diese Weise erhält man ein massiv gegossenes Werk. Massiv gegossene Bronzebildwerke lassen sich jedoch nicht in beliebiger Größe herstellen, weil die beim Erkalten der Bronze auftretenden Spannungen zu Rißbildungen in der Bronze und zur Zerstörung des Gusses führen können. Um dies zu verhindern, werden kleinplastische und großformatige Bildwerke mit einem Gußkern versehen.2 Die Herstellung einer hohl gegossenen Bronze ist zwar komplizierter, mit Hilfe des Hohlgusses kann jedoch das Risiko bei der Herstellung von Bronzebildwerken verringert und die Zahl der Fehlgüsse reduziert werden. Außerdem wird bei hohl gegossenen Bildwerken Gußmaterial gespart, so daß die Materialkosten gesenkt werden können. Zur Anfertigung eines Bildwerkes im Hohlguß wird über einem Gerüst aus Holz- oder Eisenstangen ein Figurenkern aus Ton aufgebracht. Sobald die Form des Tonkerns annähernd dem Modell des zu gießenden Werkes entspricht, wird der Kern über dem Feuer getrocknet und gebrannt. Danach wird der Figurenkern mit einer Wachsschicht von der Stärke der zu gießenden Bronzewandung umkleidet. An die bis ins Detail ausgearbeitete Oberfläche des Wachses werden Eingußkanäle und Entlüftungskanäle aus Wachs angefügt. Anschließend werden Metallstifte, die sogenannten Kernoder Abstandhalter, durch das Wachs in den Kern getrieben, so daß sie sowohl in den Kern hinein- als auch aus der Wachsschicht herausragen. Sie halten den tönernen Figurenkern auch dann in der gewünschten Position im Innern des Gußmantels, wenn die Wachsschicht aus der Form entfernt worden ist. Das Wachsmodell, die wächsernen Gußkanäle und die aus dem Wachs herausragenden Kernhalter werden mit einem Gußmantel aus Ton umhüllt. Dieser Tonmantel wird getrocknet, erhitzt und nach dem vollständigen Ausschmelzen des Wachses aus der Form gebrannt. Erst nach Abschluß all dieser vorbereitenden Arbeiten, die einzig der Herstellung der Gußform dienen, kann der Bronzeguß erfolgen. Die in die Gußform eingefüllte flüssige Bronze gelangt durch die Gußkanäle in den frei gewordenen Hohlraum zwischen Figurenkern und Formmantel. Gleichzeitig kann die in der Form enthaltene Luft durch die Entlüftungskanäle entweichen. Sobald das Metall in der Gußform erstarrt und abgekühlt ist, können der Tonmantel abgeschlagen und die Bronze freigelegt werden. Zur Vollendung des Werkes müssen die Gußkanäle und die Kernhalter entfernt und die Oberfläche der Bronze gereinigt werden. Meist wird auch der Gußkern aus dem Inneren der Bronzefigur entfernt, um das Gewicht der Statue zu reduzieren. Zur endgültigen Vollendung des Bronzebildwerkes wird die Oberfläche so lange durch Feilen, Hämmern, Ziselieren und Polieren bearbeitet, bis sie im Aussehen dem Wunsch des Bronzegießers (und Bildhauers) entspricht. Bei der aufwendigen Nachbearbeitung der Bronzeoberfläche, der sogenannten Kaltarbeit, können kleinere Gußfehler, Löcher oder Risse in der Oberfläche der Bronze ausgebessert werden. Außerdem wird das Bronzematerial durch die Nachbearbeitung der Oberfläche verdichtet und somit widerstandsfähiger gegen Witterungseinflüsse. Das hier beschriebene Verfahren wird als direktes Bronzegußverfahren bezeichnet, weil das Wachsmodell des zu gießenden Bildwerkes unmittelbar zur Herstellung der Gußform verwendet wird. Da bei der Herstellung des Bronzebildwerkes das Wachsmodell ausgeschmolzen und der Gußmantel beim Freilegen des gegossenen Bronzebildwerkes zerstört werden, wird das Verfahren auch als Wachsausschmelzverfahren mit verlorener Form bezeichnet. Im Falle eines Scheiterns des Bronzegusses müssen alle Arbeitsgänge wiederholt werden. Um die Risiken beim Guß eines Bronzebildwerkes zu verringern und das vom Künstler geschaffene Modell zu bewahren, wurde das indirekte Bronzegußverfahren unter Verwendung von Hilfsnegativen entwickelt. Das indirekte Bronzegußverfahren Beim indirekten Bronzegußverfahren wird ein aus Ton, Holz, Gips, Wachs oder anderen Materialien hergestelltes originalgroßes Modell des in Bronze zu gießenden Werkes mit Gips abgeformt. Die Abformung erfolgt in mehreren Teilstücken, welche nach dem Abbinden des Gipses von dem Modell gelöst und zu einem Negativ der zu gießenden Figur zusammengesetzt werden (Abb. 1, 2). Wegen der Verwendung dieser Negativformen wird das indirekte Verfahren auch als Bronzegußverfahren mit Hilfsnegativen bezeichnet. Die abgeformten Teilstücke werden an ihrer Innenseite gefettet und mit Wachs ausgekleidet. Das 10 Edgar Lein flüssige Wachs kann mit dem Pinsel in mehreren Lagen aufgetragen werden, bis sich eine Wachsschicht von der gewünschten Stärke der späteren Bronzewandung gebildet hat, oder in dünnen Täfelchen eingebracht und an den Nahtstellen zwischen den Wachstäfelchen mit dem Finger oder dem Pinsel verstrichen werden. Die Negativformen kleinplastischer Bildwerke können auch mit flüssigem Wachs gefüllt werden. Sobald sich eine genügend starke Wachsschicht abgesetzt hat, wird das überschüssige Wachs abgegossen. Die mit Wachs ausgekleideten Innenseiten der Hilfsnegative werden mit einem Figurenkern aus Ton gefüllt. Der Kern wird mit einem Gerüst aus Eisenstangen verstärkt und die Figur zusammengesetzt. Sobald die mit einem Tonkern versehene Wachsfigur vollständig über dem stabilisierenden Gerüst zusammengesetzt ist, werden die Hilfsnegative aus Gips abgenommen. Sie können erneut zum Guß einer gleichen Figur oder aber zur Ausbesserung fehlerhafter Teile an der Bronzefigur verwendet werden. Die durch Abformen eines Modells mit Hilfsnegativen gewonnene Oberfläche der Wachsfigur entspricht dem Originalmodell und kann nun nach Belieben verändert oder mit Details versehen werden. Sobald die Bearbeitung der Wachsfigur abgeschlossen ist, wird das Verfahren entsprechend dem direkten Bronzegußverfahren fortgesetzt. Die Kanäle aus Wachs zum 2 Detail der Gipsform mit dem Gesicht des Königs. (Pierre Jean Mariette: Description des travaux ... de la statue équestre de Louis XV. Paris 1768, Kapitel 3, Tafel IV, S. 38) Einguß der Bronze und zur Entlüftung der Form werden angebracht (Abb. 3, 4), die Kernhalter durch das Wachs getrieben und im Tonkern verankert. Die Wachsfigur wird in mehreren Schichten mit Ton umhüllt. Tonmantel, Wachsschicht und Kern der Figur werden in leichtem Feuer erhitzt, bis alles Wachs ausgeschmolzen ist. Danach werden Gußmantel und Kern in starkem Feuer gebrannt. Wenn dies geschehen ist, kann die Bronze in die Gußform eingefüllt werden. Nach dem Erkalten der Bronze wird der Gußmantel zerschlagen, die Figur freigelegt und solange nachbearbeitet, bis sie im Aussehen dem originalen Modell oder den Wünschen des Bronzegießers entspricht. Fehlerhaft oder nur unvollständig gegossene Partien der Figur können unter erneuter Verwendung der Hilfsnegative ausgebessert und nachgegossen werden. Der Bronzeguß in Sandformen 1 Die Abformung des Reiterstandbildes mit Gips. Historische Abbildung (Pierre Jean Mariette: Description des travaux ... de la statue équestre de Louis XV. Paris 1768, Kapitel 3, Tafel III, S. 37) Ein weiteres Verfahren zur Herstellung von Bronzebildwerken ist der Guß in Sandformen, auch Sandgußverfahren genannt.3 Dieses Verfahren wird erst seit dem 19. Jahrhundert zur Herstellung großformatiger Bildwerke verwendet.4 Zuvor diente es ausschließlich zur Vervielfältigung meist flacher, kleinplastischer Bildwerke wie Münzen oder Medaillen5, auch für den Guß von Eisengittern kam diese Methode zur Anwendung. Die Modelle werden in fein gesiebtem und fest geklopftem Sand eingedrückt und abgeformt. Damit der Sand die Form des eingedrückten Gegenstandes getreu bewahrt, wird er mit Salzwasser oder feuchtem Ton angereichert.6 Die so präparierte Sandform Die Kunst des Bronzegießens, ihre Darstellung in Traktaten und die Bedeutung von Bronze 11 muß vor dem Guß getrocknet werden. Füllt man nun Bronze in die im Sand eingetiefte Mulde, so erhält man ein in der Sandform gegossenes, massives Bronzebildwerk, welches dem abgeformten Gegenstand entspricht. Je feiner der Sand ist, in dem der Guß ausgeführt wird, desto besser wird der Guß in Bronze ausfallen. Da das Modell erhalten bleibt, kann das Verfahren beliebig oft wiederholt werden. In der Regel wird der Bronzeguß in Sandformen in zweiteiligen Formkästen, die aus zwei identischen Rahmen bestehen, vorgenommen (Abb. 5, 6). Die abzuformenden Gegenstände werden etwa zur Hälfte in einen der beiden mit Formsand gefüllten Rahmen eingebettet. Um das Ablösen der beiden Formhälften voneinander zu erleichtern, werden das in die Sandform eingebettete Modell und die Sandform vor dem weiteren Einformen mit einer Trennschicht aus Talk, Graphit oder anderen Pulvern bestäubt. Anschließend wird der zweite Rahmen aufgesetzt und ebenfalls mit Formsand gefüllt. Sobald das Modell vollständig mit Formsand umhüllt ist, werden die beiden Formhälften voneinander getrennt, die Modelle entfernt und die Eingußkanäle für die Bronze in den Sand eingeschnitten. Die beiden Formhälften werden erneut zusammengesetzt und fest miteinander verbunden. Die so vorbereitete Sandform wird mit flüssiger Bronze gefüllt. Nach dem Auskühlen der Bronze werden die Formhälften getrennt und die Gußstücke zur Nachbearbeitung entnommen. Formsand und Rahmen können erneut zur Abformung und zum Guß eines Bronzebildwerkes verwendet werden. 3 Die Wachsfigur des Reiterstandbildes mit den Einguß- und Entlüftungskanälen. (Pierre Jean Mariette: Description des travaux ... de la statue équestre de Louis XV. Paris 1768, Kapitel 6, Tafel II, S. 78) 4 Ansicht der Gußform des Reiterstandbildes (Pierre Jean Mariette: Description des travaux ... de la statue équestre de Louis XV. Paris 1768, Kapitel 7, Tafel II, S. 87) Der Bronzeguß im 19. und 20. Jahrhundert Weil Formen aus Sand weniger stabil als Tonformen sind, wurde der Bronzeguß in Sandformen jahrhundertelang nur zur Herstellung kleinplastischer und vor allem flacher Bronzebildwerke verwendet. Im 19. Jahrhundert war der Bronzeguß im indirekten Verfahren unter Verwendung von Wachs in Deutschland nicht mehr im Gebrauch. Statt dessen wurde das Sandformverfahren verbessert und auch für den Guß großplastischer Bildwerke nutzbar gemacht.7 Im Unterschied zum älteren Bronzeguß in Sandformen wurde das Figurenmodell nicht mehr nur in ein oder zwei Formhälften, sondern mit zahlreichen Teilstücken aus Sand abgeformt. Die Teilstücke wurden zur besseren Verbindung mit Gips hinterfangen oder in Formkästen aus Sand eingebettet. Der Figurenkern wurde durch Abformung in den Teilformen aus Formsand gebildet und um die Stärke der zu gießenden Bronzewandung abgearbeitet. Dieser Figurenkern wurde mit den vom Modell abgeformten Teilstücken umgeben. Kern und Teilformen wurden in einer Sandform eingebettet und durch das Anbringen der Gußkanäle zum Guß vorbereitet. 12 Edgar Lein Weil beim Guß in Sandformen auf die Verwendung und das Ausschmelzen des Wachses verzichtet werden konnte, war das Teilformverfahren mit Sand einfacher und kostengünstiger in der Herstellung. Jedoch mußten, um den Arbeitsaufwand beim Abformen zu begrenzen, Hinterschneidungen bei den Modellen möglichst vermieden werden. Auch war es bei der Verwendung von Sandformen nicht möglich, größere Statuen in einem Stück zu gießen. In der Regel wurden bei großen Bronzebildwerken Kopf, Arme, Körper und Beine getrennt gegossen und nachträglich zusammengefügt.8 Dies wiederum bedeutete eine aufwendige Nachbearbeitung der gegossenen Bronzeteile. Weil das Sandformverfahren nicht nur zu Einschränkungen beim künstlerischen Entwurf zwang, sondern den Verzicht auf ganzheitlichen Bronzeguß bedeutete und die Reinheit der Oberfläche sowie die getreue Wiedergabe des Modells nur im Wachs zu bewerkstelligen war, kehrte man in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts erneut zur Verwendung des Wachses zurück.9 Das wiederentdeckte alte Verfahren zur Herstellung der Gußform mit Wachs wurde leicht abgewandelt, um die verschiedenen Arbeitsgänge zu vereinfachen.10 Das Modell des zu gießenden Bildwerkes wird zur Hälfte in Sand eingebettet. Der frei liegende Teil des Modells wird mit einer Tonschicht und einer darüber aufgebrachten kräftigen Lage Gips umhüllt. Anschließend wird die untere Hälfte des Modells vom Sand befreit und ebenfalls mit Ton und Gips umhüllt. Ist das Modell vollständig eingeformt, wird die Tonschicht im Inneren durch Leim oder Gelatine ersetzt. Diese Materialien füllen auch kleinste Zwischenräume und bilden, nachdem sie erstarrt sind, jedes im Modell vorgebildete Detail im Negativ ab. Sobald auch die andere Hälfte des Modells auf diese Weise mit Leim oder Gelatine abgeformt ist, werden die aus Gips und Leim oder Gelatine bestehenden Formteile von dem Modell abgehoben. Weil der Leim und die Gelatine weich und nachgiebig sind, können auch stark unterschnittene Teile des Modells mit einem Mal abgeformt werden. Anschließend wird die Innenseite des Hilfsnegativs mit Wachs und Kolophonium eingestrichen und mit einem Figurenkern aus Gips, Sand, Ziegelmehl und Schamotte versehen. Sobald dies geschehen ist, werden die beiden äußeren Formhälften abgenommen und das freigelegte Wachsbild entsprechend dem üblichen Verfahren für den Bronzeguß vorbereitet. Die Formhälften aus Gips und Gelatine können zur Herstellung einer weiteren Figur verwendet werden. Sowohl der Bronzeguß in Sandformen als auch das im 19. Jahrhundert entwickelte Wachsausschmelzverfahren werden 5 Der Guß eines Leuchters in zweiteiligen Sandformen. (Denis Diderot, Encyclopédie, Paris 1751–1780, Band 26, Fondeur en sable, Tafel III) 6 Der Guß eines Leuchters in zweiteiligen Sandformen. (Denis Diderot, Encyclopédie, Paris 1751–1780, Band 26, Fondeur en sable, Tafel IV) Die Kunst des Bronzegießens, ihre Darstellung in Traktaten und die Bedeutung von Bronze 13 noch heute verwendet. Allerdings werden die Hilfsnegative nicht mehr nur aus Leim oder Gelatine, sondern vor allem aus Silikon oder PVC hergestellt. Zur Anwendung des Wachsausschmelzverfahrens Der Guß und die Bearbeitung von Bronze gehören seit vorgeschichtlicher Zeit zu den von Menschen beherrschten Techniken. Bereits in der Bronzezeit war man in der Lage, Metalle durch Treiben oder Schmelzen und Gießen in eine gewünschte Form zu bringen. Bekannt war das Wachsausschmelzverfahren in verlorener Form. Mehrteilige Gußformen aus Bronze, Stein (Abb. 7) und Ton haben sich in größerer Stückzahl erhalten. Sie wurden jedoch nicht unmittelbar zur Herstellung von Bronzegeräten benutzt, sondern dienten als Hilfsnegative zur Anfertigung von Modellen aus Wachs, Zinn oder Blei, die dann ihrerseits wieder zur Herstellung von Formen aus Ton und möglicherweise auch Sand sowie zum Guß größerer Serien gleicher, massiv gegossener Stücke in Bronze verwendet werden konnten.11 Hilfsnegative aus Ton und Bronze wurden in archaischer Zeit auch in Griechenland zur seriellen Herstellung von Wachsmodellen verwendet. Sie konnten zur Anfertigung massiv gegossener Bronzen oder – durch Einfügen eines Figurenkerns aus Ton – zum Guß hohler Bronzebildwerke verwendet werden. Gips ist seit dem 4. Jahrhundert v. Chr. zur Anfertigung von Hilfsnegativen nachgewiesen (Abb. 8) und wurde in hellenistischer und römischer Zeit das gebräuchliche Material zur Anfertigung von Hilfsnegativen.12 Auch in nachantiker Zeit blieb die Abformung der Modelle zur Anfertigung von Hilfsnegativen ein gebräuchliches Verfahren. Ein im Jahre 1911 bei Grabungen im Bereich der karolingischen Pfalz in Aachen gefundenes, seit 1954 verschollenes Formstück mit Perlstab (Abb. 9) beweist, daß Hilfsnegative auch in karolingischer Zeit beim Bronzeguß verwendet wurden.13 Die im frühen 11. Jahrhundert gegossenen Reliefs der Bronzetür im Dom zu Augsburg (Abb. 10) können ebenfalls als Beweis für die Verwendung von Hilfsnegativen herangezogen werden.14 Von den insgesamt 35 Reliefplatten der Tür wurden zehn doppelt und in fast völliger Gleichheit ausgeführt wurden. Diese zehn Reliefpaare wurden in jeweils einem Model abgeformt und anschließend in Bronze gegossen. Die geringen Unterschiede zwischen den Bildpaaren können entweder durch Überarbeitung der im Model abgeformten Wachsmodelle oder durch Nachbearbeitung des bereits gegossenen Reliefs erklärt werden. Einen Beweis für die Verwendung des Wachsausschmelzverfahrens liefert die Inschrift auf einem Türzieher im Domschatz zu Trier (Abb. 11), der in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts gegossen wurde. Darin heißt es: »+Q[V]OD:FORE: CERA:DEDIT:TVLIT:IG/NIS:[ET] ES:TIBI:REGDIT: – » (»Was das Wachs vorgebildet hat, nahm das Feuer, und das Erz hat es dir wiedergegeben.«)15 Die Inschrift auf dem bronzenen Grabmal des 1302 verstorbenen Bischofs Wolfhart von Roth im Augsburger Dom (Abb. 12) beschreibt nicht nur das beim Wachsausschmelzverfahren übliche Ersetzen des Wachses durch Bronze, sondern nennt auch den Künstler Otto, der das Wachsmodell schuf, und den für den Guß des Werkes verantwortlichen Meister 7 Zweiteilige Gußform aus Stein zur Herstellung eines Bronzebeils, Fundort unbekannt, Bronzezeit, Berlin, Museum für Vorund Frühgeschichte 8 Gipsform zur Herstellung von Wachsmodellen für zwei Arme, römisch, Frankfurt am Main, Liebieghaus 9 Fragment eines Formstücks mit Perlstab zur Herstellung eines Wachsmodells, karolingisch, ehemals Aachen 14 Edgar Lein Konrad: »OTTO ME CERA FECIT CVNRATQVE PER ERA« (»Otto machte mich aus Wachs und Konrad aus Erz.«)16 Der Guß in Sandformen wurde nachweislich von Hans Schwarz zur Herstellung nahezu identischer Medaillen nach einem Modell verwendet. Der Künstler schuf zahlreiche überaus fein gearbeitete Holzmodelle mit den Bildnissen berühmter Zeitgenossen, die dann von Bronzegießern in Nürnberg und andernorts abgeformt und in Bronze oder einem anderen Metall gegossen werden konnten. Das prominenteste Beispiel seiner Kunst ist seine im Jahre 1520 aus Buchsbaumholz geschnittene Dürerplakette (Abb. 13), die zur Herstellung zahlreicher Dürermedaillen aus Silber, Bronze und Blei verwendet wurde.17 Die Schilderung der Bronzetechnik in Traktaten 10 Bronzetür, frühes 11. Jahrhundert, Augsburg, Dom 11 Bronzener Türzieher, zweite Hälfte 13. Jahrhundert, Trier, Domschatzkammer Die erste erhaltene Schilderung des Bronzegußverfahrens findet sich im dritten Buch der von dem Presbyter Theophilus im ersten Drittel des 12. Jahrhunderts verfaßten »Diversarum artium schedula«.18 Darin beschrieb Theophilus ausführlich die Herstellung eines Rauchfasses und den Guß einer Glocke nach dem direkten Bronzegußverfahren.19 Obwohl das indirekte Verfahren unter Verwendung von Hilfsnegativen bereits in der Bronzezeit bekannt war und selbstverständlich in der Antike und auch im Mittelalter zur Herstellung verwendet wurde, erwähnte Theophilus dieses Verfahren nicht. Das Abformverfahren mit Gips zur Herstellung der notwendigen Hilfsnegative wurde erstmals in dem um 1390 von Cennino Cennini verfaßten »Libro dell’arte«, dem »Buch von der Kunst«, beschrieben.20 Darin erläuterte Cennini ausführlich sämtliche zur Abformung eines menschlichen Gesichtes notwendigen Arbeitsschritte und die Herstellung eines Bronzebildwerkes unter Verwendung der so gewonnenen Gipsnegative.21 Anschließend beschrieb er ein Verfahren zur Abformung von Menschen und Tieren22 sowie ein Verfahren zur Abformung des eigenen Körpers.23 Am Ende eines jeden Kapitels wies Cennini darauf hin, daß die durch Abformung in Gips gewonnenen Hilfsnegative zur Herstellung einer in Metall gegossenen Figur verwendet werden konnten. Schließlich erläuterte er ein Verfahren zur Abformung von Bleifiguren mit Gips zur Vervielfältigung des Vorbildes in Gips.24 Nicht erhalten haben sich Leon Battista Albertis »Tractatus insuper artis aerariae« und Porcello de’Pandonis »Libellus de arte fusoria«, zwei möglicherweise bedeutende, um die Mitte des 15. Jahrhunderts abgefaßte Schriften zum Bronzeguß.25 Aus dem 15. Jahrhundert sind nur Leonardo da Vincis Notizen zum Guß des Pferdes für Francesco Sforzas Reiterstandbild in Mailand erhalten.26 Leonardos unsystematische, offenbar spontan niedergeschriebene Bemerkungen zum Bronzeguß waren nur zum persönlichen Gebrauch, nicht jedoch zur Vermittlung technischer Hinweise an einen Leser gedacht. Aus den Notizen und Zeichnungen zum Guß des Pferdes geht jedoch hervor, daß Leonardo die Gußform des Pferdes unter Verwendung von Hilfsnegativen herstellen und das Pferd im indirekten Bronzegußverfahren gießen wollte. Eine systematische Anleitung zum Bronzeguß findet sich in dem 1504 in Florenz gedruckten Traktat »De sculptura« von Pomponius Gauricus.27 Mit diesem Werk wurde erstmals eine Beschreibung des Bronzegusses vorgelegt, die für einen großen Die Kunst des Bronzegießens, ihre Darstellung in Traktaten und die Bedeutung von Bronze Leserkreis bestimmt war.28 In seinem Traktat wies Gauricus darauf hin, daß auch kleinplastische Bildwerke hohl gegossen werden sollten.29 Er bezeichnete das Abformverfahren als die bequemste Art zur Herstellung von Skulpturen30 und beschrieb verschiedene Verfahren zur Abformung eines Modells in Ton, Gips, Wachs und Pulver.31 Umfassend beschrieb Vannoccio Biringuccio in seinem 1540 in Venedig gedruckten Traktat »De la pirotechnia«32 die verschiedenen Verfahren zur Herstellung bronzener Bildwerke. Dabei unterschied Biringuccio zwischen dem Guß von Statuen, Geschützen und Glocken.33 In Biringuccios Traktat findet sich eine ausführliche und sehr anschauliche Beschreibung der Herstellung eines Bronzebildwerkes nach dem direkten Bronzegußverfahren.34 Aber auch Biringuccio kannte die Vorzüge des indirekten Herstellungsverfahrens und bezeichnete die Abformung von Bildwerken mit Gips nicht nur als bestens geeignet zur Nachbildung flacher Reliefs, sondern auch großer, kompliziert gearbeiteter Figuren aus Bronze, Marmor oder gebranntem Ton.35 Zur Abformung kleinplastischer Bildwerke seien außer Gips auch Stuck, Kleister, Tragant, Schwefel, Blei, Wachs und alle diejenigen Materialien verwendbar, die zuerst weich und formbar, dann jedoch durch Trocknen in der Wärme oder Erstarren in der Kälte fest werden. Mehrfach wies Biringuccio darauf hin, daß die durch Abformung gewonnenen Negative mit Bronze oder einem anderen Metall ausgegossen werden konnten. Benvenuto Cellini schilderte die Herstellung und den Guß von Bildwerken im zweiten Teil seines 1565 abgefaßten und 1568 in Florenz gedruckten Werkes »I trattati dell’oreficeria e della scultura«.36 Ergänzend dazu kann der sehr persönliche Bericht über die Herstellung und den Guß der Figur des Perseus in der »Vita di Benvenuto Cellini« herangezogen werden.37 Cellini, der das direkte Verfahren am Beispiel des von ihm für Fontainebleau geschaffenen Portalreliefs und der Figur des Perseus beschrieb, 38 erläuterte in seiner Abhandlung über die Skulptur auch das indirekte Bronzegußverfahren und wies ausdrücklich auf die Vorteile des Verfahrens hin, bei dem das Modell unversehrt blieb.39 Dennoch schilderte er die Herstellung der kolossalen und in einem Stück gegossenen Figur des Perseus sowohl in der Abhandlung über die Skulptur als auch in seiner Lebensbeschreibung nach dem direkten Verfahren.40 Ob die Figur tatsächlich im direkten Verfahren hergestellt wurde oder Cellini dies nur vorgab, um die Einmaligkeit des künstlerischen Schaffensprozesses bei der Herstellung seiner bedeutendsten Bronzefigur zu betonen, kann derzeit nicht geklärt werden.41 Schließlich widmete Giorgio Vasari dem Bronzeguß ein Kapitel in seinem Traktat »Della scultura«, der den 1550 und 1568 in Florenz veröffentlichten Viten vorangestellt wurde. Darin beschrieb er den Guß von Bronzebildwerken nach dem indirekten Verfahren unter Verwendung von Gipsnegativen sowie alle weiteren, im Anschluß an den Guß auszuführenden Arbeiten.42 Ausführlich und erstmals in deutscher Sprache wurde die Herstellung bronzener Bildwerke nach dem indirekten Verfahren von Johann Kunckel von Löwenstern in der 1696 gedruckten »Curieusen Kunst- und Werck-Schul Erster Theil/Lehrend allerhand sehr nützliche und bewährte Feuer-Künste ...« beschrieben.43 15 12 Grabmal des Bischofs Wolfhart von Roth, gest. 1302, Augsburg, Dom Die Technik des indirekten Bronzegußverfahrens wurde auch von dem französischen Kunsttheoretiker André Félibien in seinem 1697 in Paris veröffentlichten Traktat »Des principes de l’architecture, de la sculpture, et de la peinture« geschildert. 44 Mit außergewöhnlicher Detailgenauigkeit wurden die Herstellung der Gußformen und der im indirekten Verfahren 16 Edgar Lein vorgenommene Guß der Reiterstandbilder Ludwigs XIV. und Ludwigs XV. von Germain Boffrand und Pierre Jean Mariette beschrieben. Boffrands 1743 in Paris veröffentlichte »Description de ce qui a été pratiqué pour fondre en bronze d’un seul jet la figure équestre de Louis XIV« der von François Girardon entworfenen und 1699 von Johann Balthasar Keller in einem Stück gegossenen Statue Ludwigs XIV. besticht durch zahlreiche in Kupfer gestochene Tafeln, die das schwierige und überaus aufwendige technische Verfahren erstmals anschaulich illustrieren.45 Diese Schilderung wird noch übertroffen durch Mariettes 1768 publizierte »Description des travaux qui ont précédé, accompagné et suivi la fonte en bronze d’un seul jet de la statue équestre de Louis XV«, in der die verschiedenen Arbeitsschritte an der von Edmonde Bouchardon modellierten und von Pierre Gor gegossenen Reiterstatue sowie die Lage und Architektur der Gießerei ausführlich beschrieben und abgebildet sind.46 Boffrands Beschreibung des Gusses des Reiterstandbildes für Ludwig XIV. sowie einige der in seinem Buch veröffentlichten Kupferstiche bildeten die Grundlage für den Artikel über den Guß bronzener Reiterstandbilder in Denis Diderots 1751 bis 1780 in Paris herausgegebener Enzyclopädie.47 Auch die 1770 von Peter Nathanael Sprengel herausgegebene Schilderung des Bronzegusses beschreibt das indirekte Bronzegußverfahren.48 In dem Kapitel über die Rot-, Stückund Glockengießer wird die Abformung eines kleinen Holzmodells mit Lehm in zwei Hälften erklärt.49 In einem eigenen Kapitel wird schließlich der Guß metallener Statuen sowohl im direkten als auch im indirekten Herstellungsverfahren beschrieben.50 Wiederum wird Lehm anstelle von Gips zur Abformung des Modells empfohlen, weil dieser fester und nicht so brüchig sei.51 Bis zum 19. Jahrhundert blieb das indirekte Bronzegußverfahren das allgemein übliche Verfahren zur Herstellung von Bronzebildwerken. In seiner 1802 in Florenz gedruckten »Istruzione elementare per gli studiosi della scultura« beschrieb Francesco Carradori den Guß von Bronzebildwerken nach dem direkten und indirekten Verfahren.52 Der große Vorteil des indirekten Herstellungsverfahrens liegt im kontrollierbaren Auftrag der Wachsschicht im Inneren der Hilfsnegative. Durch eine Wachsschicht von gleichmäßiger Stärke konnten nicht nur die Risiken beim Bronzeguß, sondern auch die Kosten des Bronzebildwerkes gesenkt werden. Dementsprechend wurde die Herstellung besonders dünnwandiger Bronzebildwerke zum höchsten Ideal erhoben. Als erster hatte Leon Battista Alberti die Herstellung besonders dünnwandiger Bronzebildwerke gefordert, um den Materialwert gering zu halten.53 Von Vannoccio Biringuccio wurde die Herstellung hohl und dünnwandig gegossener Bildwerke zur höchsten Meisterschaft erklärt.54 Auch Benvenuto Cellini und Giorgio Vasari empfahlen, die Wachsschicht im Inneren der Gipsnegative von der Stärke eines Messerrückens zu machen.55 Der Bronzeguß in Sandformen in den Traktaten Der Bronzeguß in Sandformen wurde erstmals in Cennino Cenninis »Buch von der Kunst« beschrieben und zur Herstellung 13 Hans Schwarz, Dürerplakette, 1520, Buchsbaumholz, Braunschweig, Herzog Anton Ulrich-Museum von Abgüssen nach Münzen oder Siegeln empfohlen. Cennini wies darauf hin, daß diese Gegenstände leicht in Wachs oder Teig abgeformt werden können.56 Zum Guß der abgeformten Gegenstände in Silber, Blei oder einem anderen Metall empfahl er eine Paste aus Asche und Salz, die nach dem Trocknen sehr widerstandsfähig sei.57 Im Anschluß an seine Ausführungen zum Bronzeguß erwähnte Pomponius Gauricus in seinem Traktat »De sculptura« ein Abformverfahren mit fein gemahlenen Pulvern, welches zur Herstellung von Kopien kleinformatiger Gegenstände geeignet sei.58 Gauricus widmete sich jedoch verstärkt der Beschreibung der unterschiedlichen Formerden, weniger der Schilderung des eigentlichen Abformverfahrens. Ausführlich schilderte Vannoccio Biringuccio in seinem Buch »De la pirotechnia« den Bronzeguß kleinformatiger Bildwerke in Sandformen.59 Bereits in der Vorrede zum achten Buch der »Pirotechnia«, welches dem Guß kleinplastischer Bildwerke gewidmet ist, wies Biringuccio darauf hin, daß kleine Bildwerke besser in Sandformen gegossen werden sollten, weil das Verfahren leichter zu handhaben, weniger arbeitsaufwendig und deshalb kostengünstiger zu bewerkstelligen sei als das Wachsausschmelzverfahren.60 Wie Pomponius Gauricus, so beschrieb auch Biringuccio verschiedene Rezepturen zur Herstellung der für das Abformverfahren benötigten Sande.61 Zur Stabilisierung der Sandformen empfahl er, den Sand mit Salzwasser zu vermischen. Anstelle des Salzwassers könnten jedoch auch Wein, Harn oder Essig als Bindemittel verwendet werden.62 Außerdem schilderte er den Bronzeguß in feuchten Sandformen.63 Eine ausführliche Beschreibung der Abformung und Vervielfältigung von Medaillen oder Flachreliefs findet sich in dem 1558 in Pesaro gedruckten Buch der »Secreti« des Alessio Piemontese.64 Im Anschluß daran werden die Zubereitung von Die Kunst des Bronzegießens, ihre Darstellung in Traktaten und die Bedeutung von Bronze 17 sieben verschiedenen Sanden sowie die Färbung der aus verschiedenen Metallen gegossenen Kopien beschrieben.65 Für Benvenuto Cellini war der Guß in Sandformen von geringer Bedeutung. In den »Abhandlungen über die Goldschmiedekunst und die Skulptur« schilderte er das Prägen in Prägestöcken als das am besten zur Herstellung von Medaillen geeignete Verfahren. Er wies darauf hin, daß Sandformen von den Gelbgießern zur Herstellung der Buckel und des Zierrats am Pferdegeschirr verwendet würden, und beschrieb das Sandformverfahren als eines von zwei möglichen Verfahren zur Herstellung von Siegeln.66 Seiner kurzen, aber präzisen Beschreibung der Herstellung von Siegeln ist zu entnehmen, daß er eine zweiteilige Kastenform zum Guß der Siegel verwendete. Die Herstellung eines Kerzenleuchters nach dem Sandformverfahren wurde auch von Denis Diderot in seiner Enzyclopädie beschrieben und mit Abbildungen illustriert.67 Schließlich findet sich in Peter Nathanael Sprengels Abhandlung über die Messing- und Eisenarbeiten eine Beschreibung über den Guß in Sandformen. Sprengel wies ausdrücklich darauf hin, daß dieses Verfahren nicht von den Rot-, Stück- und Glockengießern, sondern von den Gelbgießern angewendet werde.68 Der Ruhm der Bronzegießer Benvenuto Cellini wies in seiner Abhandlung über die Skulptur darauf hin, daß die unsäglichen Mühen, welche ein Künstler oder Bronzegießer bei der Vorbereitung der Gußform auf sich nehmen müsse, durch mancherlei schreckliche Zufälle beim Guß der Bildwerke zunichte gemacht werden können.69 Wegen der großen technischen Schwierigkeiten, die bei den Vorbereitungen der Gußform und beim Guß bronzener Bildwerke bewältigt werden mußten, konnten Künstler oder Bronzegießer, die in der Lage waren, ein Bronzebildwerk zu gießen, außerordentlich berühmt werden. Das hohe Ansehen und das Selbstbewußtsein der Bronzegießer wird in zahlreichen Inschriften auf den von ihnen geschaffenen Bildwerken, in denen auch die Namen der Künstler oder Bronzegießer genannt werden, offenbar. Bereits im Alten Testament werden Tubalkain70 als Stammvater aller Erz- und Eisenschmiede, Bezalel71, der Schöpfer der goldenen, silbernen und bronzenen Geräte für die Stiftshütte, und Hiram von Tyrus72, der im Auftrag des Königs Salomo die Säulen und Geräte für den Tempel in Jerusalem in Bronze goß, namentlich genannt. Folglich konnten die Namen der Bronzegießer auch die von ihnen geschaffenen Werke überdauern und unsterblich werden lassen. Der griechische Schriftsteller Pausanias erwähnte die Bronzegießer Rhoikos und Theodoros aus Samos, weil diese als erste in der Lage gewesen seien, Bronze zu schmelzen und Statuen zu gießen.73 Die Erfindung des indirekten Herstellungsverfahrens wurde von Plinius dem antiken Bronzegießer Lysistratos aus Sikyon zugeschrieben. Dieser Künstler habe das Verfahren zur Herstellung von Abgüssen nach Standbildern entwickelt, und dieses Verfahren sei so verbreitet gewesen, daß niemand ein Bildwerk hergestellt habe, ohne zuvor ein Tonmodell herzustellen und dieses abzuformen.74 Auch im Mittelalter konnten bronzene Bildwerke mit den Namen der Künstler und Bronzegießer versehen werden. Die 14 Bronzetür (Marktportal), um 1000, Mainz, Dom 15 Bronzener Türzieher, zweite Hälfte 13. Jahrhundert, Trier, Domschatzkammer 18 Edgar Lein auf dem Rahmen der beiden um 1000 gegossenen Flügel der Bronzetür am Mainzer Dom (Abb. 14) angebrachte Inschrift: »+ POSTQVA[M] MAGNV[S] IMP[ERATOR] KAROLVS / SVV[M] ESSE IVRI DEDIT NATVRAE/+WILLIGISVS ARCHIEP[ISCOPV]S EX METALLI SPECIE / VALVAS EFFECERAT PRIMVS/BERENGERVS HVIVS OPERIS ARTIFEX LECTOR / VT P[RO] EO D[EV]M ROGES POSTVLAT SVPPLEX« (»Nachdem der große Kaiser Karl sein Leben der Natur zurückgegeben hatte, war Erzbischof Willigis der erste, der aus Metall hat Türflügel machen lassen. Berenger, der Künstler dieses Werkes, bittet inständig, o Leser, du mögest zu Gott für ihn beten.«)75 kündet nicht nur vom Stolz des Erzbischof Willigis, der das Werk in Auftrag gegeben hatte und erstmals seit Karl dem Großen Türen aus Bronze anfertigen ließ, sondern überliefert auch den Namen des ausführenden Künstlers Berenger. Auch die Inschrift auf einem Türzieher (Abb. 15) im Domschatz zu Trier: »+ MAGISTER NICOLAVS+[ET] MAGISTER . IO/HANNES:DE:BINCIO. NOS. FECERONT.« (»Meister Nicolaus und Meister Johannes aus Bingen [oder Binche in Belgien] haben uns gemacht.«)76 nennt Namen und Herkunft der ausführenden Meister Nikolaus und Johannes. Die Kunst des Bronzegießens wurde so hoch geschätzt, daß man den Bronzegießern Riquin und Waismuth erlaubte, ihr Bild an der Bronzetür anzubringen und inschriftlich zu kennzeichnen (Abb. 16, 17). Die in der Magdeburger Gießhütte um die Mitte des 12. Jahrhunderts gegossene Bronzetür am Westportal der Sophien-Kathedrale in Nowgorod zeigt die Bildnisse des Meisters Riquin mit der Inschrift: »RIQVIN ME FEC[IT]« und seines Gehilfen Waismuth, das mit »VVAISMVTH« beschriftet ist.77 Die Inschriften lassen vergessen, daß der Bronzeguß zu allen Zeiten ein technisches Unterfangen war, welches die größte Sorgfalt bei der Anfertigung der Gußform und den Vorbereitungen zum Guß erforderte. Ein Beispiel für das Scheitern eines Künstlers auf dem Gebiet der Bronzegießerei bietet die um 1515 entstandene bronzene Madonna mit Kind (Abb. 18), die vermutlich von einem Bronzegießer nach einem Modell des Landshuter Bildschnitzers Hans Leinberger gegossen wurde.78 Obwohl die Figur zahlreiche Gußfehler aufweist, wurde sie nicht sofort wieder eingeschmolzen, sondern von den Gußkanälen befreit, weiter bearbeitet und schließlich im Rathaus zu Moosburg als bewunderungswürdiges Kunstobjekt ausgestellt. Dies ist der Beweis dafür, daß die offensichtlichen Mängel der Figur hinter dem kühnen Unterfangen, eine solche Figur in Bronze zu gießen, und der außergewöhnlichen künstlerischen Qualität des Werkes zurücktraten. 16 Bronzebildnis des Meisters Riquin, Mitte des 12. Jahrhunderts, Nowgorod, Westportal der Sophien-Kathedrale 17 Bronzebildnis des Gehilfen Waismuth, Mitte des 12. Jahrhunderts, Nowgorod, Westportal der Sophien-Kathedrale Die Kunst des Bronzegießens, ihre Darstellung in Traktaten und die Bedeutung von Bronze 19 Zur Bedeutung von Bronze Zu den untrennbar mit Bronze verbundenen Eigenschaften gehören die Kostbarkeit des Materials und seine Dauerhaftigkeit. Beide machten den Werkstoff Bronze zum idealen Ausdrucksträger herrschaftlicher Machtvollkommenheit und ewiger Regentschaft.79 Die Kostbarkeit des Materials folgt aus der Tatsache, daß Kupfer und Zinn – zwei Hauptbestandteile der Legierung Bronze – nur in bestimmten Regionen anstehen und nur im Bergbau und mittels aufwendiger Verhüttungstechnik zu gewinnen waren. Im Gegensatz zu Stein, der nahezu überall zur Bearbeitung verfügbar ist, wurde Kupfer vor allem im Harz, im Erzgebirge und in Tirol, Zinn aber vor allem in Cornwall abgebaut. Bronze mußte demzufolge von Händlern auf den internationalen Märkten erworben und über weite Strecken zu den Orten gebracht werden, an denen Bildwerke aus Bronze gegossen werden sollten.80 Ein wichtiges Argument für die Verwendung von Bronze zur Herstellung von Bildwerken war die bereits seit der Antike anerkannte Dauerhaftigkeit und Beständigkeit des Materials.81 Horaz bezeichnete sein dichterisches Werk als dauerhafter als alle Bronzebildwerke und verwies damit auf die dem Material eigene Qualität.82 Plinius berichtete, daß nur diejenigen Menschen mit bronzenen Bildwerken geehrt wurden, die aufgrund hervorragender Leistungen einer dauerhaften Erinnerung für würdig befunden worden waren. So habe man zuerst in Olympia bronzene Statuen berühmter Sportler aufgestellt und sei schließlich in allen Städten des Landes dazu übergegangen, berühmten Menschen Standbilder aus Bronze zu errichten.83 Weiter ist durch Plinius überliefert, daß jeder Ort durch die Aufstellung bronzener Bildwerke nobilitiert werde.84 Wegen der dem Material eigenen Dauerhaftigkeit wurden in der Antike auch die Gesetzestexte in Tafeln aus Bronze eingraviert und verewigt.85 Eine solche bronzene Tafel mit römischen Gesetzestexten – die Lex Regia de Imperio Vespasiani aus dem Jahre 69 n. Chr. – befindet sich im Kapitolinischen Museum in Rom.86 Auch in nachantiker Zeit wurden Bronzetüren mit Inschriften versehen, um für alle Zeiten den Wortlaut zu verkünden. So ließ Papst Hadrian eine vermutlich antike Bronzetür an Sankt Peter in Rom aufstellen und mit einer Inschrift versehen, in der sämtliche ihm von Karl dem Großen zugesprochene Territorien aufgelistet wurden.87 Auch auf den Flügeln der Bronzetür am Dom zu Mainz (Abb. 14) wurde der Wortlaut eines von Erzbischof Adalbert I. den Bürgern der Stadt 1119/22 gewährten und 1135 bestätigten Privilegs, das für alle Zeiten Gültigkeit haben sollte, eingraviert.88 In der Renaissance begründete Leon Battista Alberti seine Forderung, Götterbilder aus Bronze herzustellen, mit der Dauerhaftigkeit des Materials.89 Auch Filarete verwies unter ausdrücklichem Hinweis auf die für den Tempel in Jerusalem geschaffenen Bronzebildwerke auf die Dauerhaftigkeit des Materials.90 Wegen der dem Material zugesprochenen Eigenschaft der Dauerhaftigkeit wurde Bronze zum idealen Werkstoff für jede Art von Gedenktafeln und Denkmälern wie Standbildern, Reiterstandbildern und Grabmälern. Kaiser, Könige, Bischöfe und Fürsten ließen Bronzebildwerke und Grabmäler aus Bronze 18 Hans Leinberger, Madonna mit Kind, um 1515, Bronze, Berlin, Staatliche Museen, Skulpturensammlung errichten, um den dauerhaften Anspruch ihrer Herrschaft und das ewige Bestehen der Dynastie zum Ausdruck zu bringen. In der von Plinius beschriebenen Weise wurden auch in nachantiker Zeit Bronzebildwerke zur Nobilitierung bestimmter Orte oder Städte errichtet. So wie die auf dem Lateransplatz in Rom aufgestellten, später zum Kapitol verbrachten antiken Bronzebildwerke (das Reiterstandbild des Marc Aurel, die Wölfin, der Dornauszieher sowie die Reste der Kolossalstatue des Kaisers Konstantin) die Herrschaft des Papstes bestätigten und Rom als Hauptstadt der Welt auswiesen, wurden auch in anderen Städten Bildwerke aus Bronze als Zeichen herrschaftlicher Gewalt und Sinnbild der rechtmäßigen Nachfolge des römischen Reiches geschaffen und errichtet. Diese Städte standen in enger Verbindung zu den Herrschern oder Auftraggebern, die reich und mächtig genug waren, ihren Regierungssitz mit Bronzebildwerken auszuschmücken. Zur Bekräftigung seines Herrschaftsanspruches und zur Nobilitierung der neuen Hauptstadt des Reiches wurden unter Karl dem Großen zahlreiche Bronzebildwerke in Aachen gegossen und aufgestellt.91 Aus dem gleichen Grund ließen Bischof 20 Edgar Lein Bernward in Hildesheim92 und Heinrich der Löwe in Braunschweig93 Bronzebildwerke gießen und aufstellen. Begünstigt durch die reichen Erzlagerstätten im Harz bildete sich auch Magdeburg im 12. Jahrhundert zu einem Zentrum der Bronzebildnerei heraus. Im 15. und 16. Jahrhundert wurde Nürnberg durch die Werkstatt der dort ansässigen Familie Vischer zu einem bedeutenden Zentrum der Bronzebildnerei. Die zahlreichen Bronzebildwerke für das in der Innsbrucker Hofkirche errichtete Grabmal Kaiser Maximilians I. führten zur Einrichtung einer eigenen Bronzegießerei in Mühlau bei Innsbruck. Im 16. und 17. Jahrhundert wurden Augsburg und München zu Zentren der Bronzebildnerei. Die Bevorzugung von Skulpturen aus weißem Marmor führte im 18. Jahrhundert zu einem Niedergang der Bronzekunst in Deutschland, aber auch zuvor hatte es kaum jemals eine kontinuierlich über mehrere Generationen arbeitende Werkstatt für Bronzebildwerke gegeben. Weil die Herstellung von Bronzebildwerken aufwendig und teuer war, wurde sie in Kriegszeiten zugunsten des Geschützgusses zurückgestellt und in Notzeiten sogar ganz eingestellt. Selbst als im 19. Jahrhundert Bronzedenkmäler in großer Zahl in allen Städten errichtet wurden, blieb Bronze wesentlich teurer und damit kostbarer als Marmor.94 Der Versuch, die Herstellungskosten gegossener Bildwerke durch die Verwendung des preiswerteren Materials Zink zu ersetzen,95 war letztlich zum Scheitern verurteilt, weil nicht allein künstlerische und handwerkliche Qualitäten für die Wertschätzung gegossener Bildwerke ausschlaggebend waren, sondern die mit dem Material Bronze verbundenen Eigenschaften Kostbarkeit und Dauerhaftigkeit die entscheidenden Kriterien für die Beurteilung von Bildwerken blieben. Diese Qualitäten ließen Bronze zum idealen Werkstoff für Grabmäler werden, weil damit nicht nur die rechtmäßige Herrschaft, sondern auch das ewige Andenken der Verstorbenen in angemessener Weise zum Ausdruck gebracht werden konnten. Waren es im Mittelalter vorwiegend Bischöfe, die sich in bronzenen Grabmälern bestatten ließen, so nutzten seit der Renaissance auch weltliche Herrscher bronzene Grabmäler zu einer über den Tod hinausreichenden Repräsentation. Zu den bedeutenden bronzenen Grabmälern gehören die Grabplatte des Erzbischofs Friedrich von Wettin (gest. 1152), des Erzbischofs Wichmann (gest. 1192) und das 1495 vollendete Grabmal des Erzbischofs Ernst von Wettin (gest. 1513) im Magdeburger Dom, die Grabmäler des Erzbischofs Konrad von Hochstaden (gest. 1261) und des Erzbischofs Friedrich von Saarwerden (gest. 1414) im Kölner Dom sowie die bronzene Grabplatte des Bischofs Sigismund von Würzburg (gest. 1457) im Dom zu Meißen. Hinzu kommen die bronzenen Grabmäler für den Gegenkönig Rudolf von Schwaben (gest. 1080) im Merseburger Dom sowie für die Kurfürsten Friedrich den Streitbaren (gest. 1428) und Friedrich den Sanftmütigen (gest. 1464) im Dom zu Meißen. Von außergewöhnlicher herrschaftlicher Macht und Finanzkraft zeugen die im Laufe des 16. Jahrhunderts in der Gießerei Mühlau bei Innsbruck für das Grabmal Kaiser Maximilians I. in der Innsbrucker Hofkirche gegossenen Bronzefiguren. Ähnlich aufwendig wurde die im Auftrag des Kurfürsten August errichtete Grablege der Wettiner im Chor des Domes zu Freiberg mit den 1589 bis 1594 von Carlo di Cesare geschaffenen Bronzefiguren Herzog Heinrichs des Frommen (gest. 1541) 19 Carlo di Cesare, Herzog Heinrich der Fromme, um 1590, Freiberg, Domchor und seiner Frau Katharina (gest. 1561) sowie seiner Nachkommen ausgestaltet (Abb. 19). Auch das 1622 errichtete Grabmal Kaiser Ludwigs des Bayern in der Münchner Frauenkirche wurde zum Ausdruck weltlicher Macht und über den Tod hinaus dauernden Gedenkens in Bronze ausgeführt. Bronze war das ideale Ausdrucksmittel für den Herrschaftsanspruch und den ewig dauernden Bestand der Dynastien. Weil das Leben der Herrscher endlich und ihre Macht begrenzt war, kam es immer wieder und an den verschiedensten Orten zur Ausbildung von Zentren bronzebildnerischen Schaffens. Diese hatten jedoch in der Regel nur kurzen Bestand, weil ein Wechsel in der Erbfolge, der Tod eines Herrschers oder das Ende einer ganzen Dynastie zum Abbruch der oftmals gigantischen Planungen für die Ausstattung der Residenzstädte mit Bronzebildwerken führte. Eine über mehrere Generationen bestehende oder sogar über Jahrhunderte andauernde Produktion von Bronzebildwerken an einem Ort gab es kaum. Eine seltene Ausnahme ist die Werkstatt der Familie Vischer, die über mehrere Generationen und einen Zeitraum von über einhundert Jahren in Nürnberg bestand, weil sie nicht nur im Auftrag der Stadt Nürnberg arbeitete, sondern Auftraggeber in ganz Die Kunst des Bronzegießens, ihre Darstellung in Traktaten und die Bedeutung von Bronze Deutschland mit hochwertigen Bronzebildwerken – insbesondere Grabdenkmälern – belieferte.96 Der hohe Materialwert und der repräsentative Charakter der Bronze waren Gründe für die Zerstörung zahlreicher Bronzebildwerke. Als Kriegsbeute wurden Statuen verschleppt, zerstört und eingeschmolzen. Die Verwendung von Metallresten oder Fragmenten von Bronzebildwerken ist seit antiker Zeit überliefert. Bereits im Alten Testament wird ausführlich geschildert, daß die von Hiram von Tyrus geschaffenen Bronzebildwerke für den Tempel von Jerusalem bei der Eroberung der Stadt durch die Chaldäer zerstört und als Kriegsbeute nach Babylon geschafft wurden.97 Plinius berichtet davon, daß Spurius Carvilius die im Krieg gegen die Samniten erbeuteten Waffen und Rüstungen zum Guß einer Jupiterstatue einschmelzen ließ.98 Auch im Mittelalter und in der Neuzeit blieben selbst außergewöhnliche Bronzebildwerke nicht vor der Zerstörung verschont. In seinem »Buch von den Bildsäulen« beklagt der byzantinische Schriftsteller Niketas Choniates den Verlust zahlreicher Bronzebildwerke, die nach der Eroberung Konstantinopels durch venezianische Truppen im Jahre 1204 zerschlagen und nach Venedig verbracht wurden.99 Nur die vier Bronzepferde wurden unversehrt nach Venedig gebracht und als Siegestrophäe und Zeichen der Seeherrschaft Venedigs über dem Portal von San Marco aufgestellt.100 Um die Zerstörung bronzener Bildwerke zu verhindern, riet Leon Battista Alberti den Künstlern, Bronzestatuen von möglichst geringer Wandstärke zu gießen. Nur wenn der künstlerische Wert der Bronzestatuen den reinen Materialwert übersteige, seien die Werke dauerhaft vor der Habgier der Menschen und der Zerstörung geschützt.101 Anmerkungen 1 Nach wie vor grundlegend und als Einführung in die gußtechnischen Verfahren bestens geeignet sind die Arbeiten von Lüer, Hermann: Technik der Bronzeplastik. (= Monographien des Kunstgewerbes IV. Hrsg. von Jean Louis Sponsel), Leipzig o. J. (1902) und Büll, Reinhard: Bronze- und Feinguß nach dem Wachsausschmelzverfahren. In: Vom Wachs. Hoechster Beiträge zur Kenntnis der Wachse. Bd. 1. Beitrag 3. Frankfurt am MainHoechst 1959. Eine Geschichte des Bronzegusses in Deutschland kann hier nicht geschrieben werden. Vgl. dazu Lüer, Hermann und Max Creutz: Geschichte der Metallkunst. Erster Band: Kunstgeschichte der unedlen Metalle. Schmiedeeisen, Gußeisen, Bronze, Zinn, Blei und Zink. Stuttgart 1904 sowie den Artikel über Bronzeplastik von Weihrauch, Hans Robert: Bronze, Bronzeguß, Bronzeplastik. In: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte. Hrsg. von Otto Schmitt, Bd. 2. Stuttgart 1984. Spalte 1182 –1216, hier Spalte 1189 –1214. 2 Zur Technik des Bronzegusses bei kleinfigurigen Bildwerken vgl. Stone, Richard E.: Antico and the Development of Bronze Casting in Italy at the End of the Quattrocento. In: Metropolitan Museum of Art Journal 16 (1981), S. 87–116; Blume, Dieter: Zur Technik des Bronzegusses in der Renaissance. In: Natur und Antike in der Renaissance. Katalog der Ausstellung im Liebieghaus, Museum alter Plastik in Frankfurt am Main. 5. 12. 1985 – 2. 3. 1986. Frankfurt am Main 1985, S. 18 – 23 und Bewer, Francesca: »Del formare e del getto« – Vom Modellieren und vom Gießen. Die Herstellung von Bronzestatuetten im 16. Jahrhundert. In: Von allen Seiten schön. Bronzen der Renaissance und des Barock. Katalog der Ausstellung der Skulpturensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz im Alten Museum. 31.10.1995 – 28.1. 1996. Hrsg. von Volker Krahn, Berlin 1995, S. 82 – 91. 3 Die Bezeichnung Sandguß ist irreführend, da zwar die Gußformen aus Sand gefertigt werden, der Guß jedoch mit Bronze 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 oder einem anderen Metall vorgenommen wird. Lüer 1902 (wie Anm. 1), S. 94 spricht von der Sandformerei. Die Herstellung eines Bronzebildwerkes in Sandformen wird anschaulich erläutert in: Schulz, Paul Otto und Ulrich Baatz: Bronzegießerei Noack. Kunst und Handwerk. Ravensburg 1993, S. 186 –188. Zur Herstellungstechnik von Medaillen vgl. Tuttle, Patricia: An Investigation of the Renaissance Casting Techniques of IncuseReverse and Double-Sided Medals. In: Italian Medals. Studies in the History of Art 21. Hrsg. von Graham Pollard. Washington 1987, S. 205 – 212. Beim modernen Guß in Sandformen wird der Sand zur Stabilisierung mit Schamotte oder Betonit versetzt. Zur Technik des Sandformverfahrens im 19. Jahrhundert vgl. Wüst, Fritz: Handbuch der Metallgießerei. Enthaltend die Arbeitseigenschaften der Metalle und Legierungen sowie praktische Anleitung zur Herstellung von Gußstücken in Bronze, Rot- und Gelbguß, Weißmetall, Gold, Silber, Zink, Blei, Zinn u.s.w. Weimar 18972, S. 171–193: Die Kastenformerei; S. 193 – 218: Die Kunst- und Bildformerei, darin: S. 197– 201: Das Hohlformen von flachen Gegenständen, wie Medaillons, Reliefs und dgl.; S. 201– 204: Das Hohlformen von Büsten, Statuetten u.s.w.; S. 204 – 208: Das Formen größerer Statuen in Sand sowie Lüer 1902 (wie Anm. 1), S. 94 – 98. Wüst 18972 (wie Anm. 7), S. 204. Lüer 1902 (wie Anm. 1), S. 117. Wüst 1897 (wie Anm. 7), S. 213 – 217: Das deutsche Wachsausschmelzverfahren und Lüer 1902 (wie Anm. 1), S. 118–120. Vgl. Goldmann, Klaus: Guß in verlorener Sandform – Das Hauptverfahren alteuropäischer Bronzegießer? In: Archäologisches Korrespondenzblatt 11 (1981), S. 109 –116 und Goldmann, Klaus: Bronzegußtechniken im prähistorischen Mitteleuropa. In: Archäologische Bronzen, antike Kunst, moderne Technik. Hrsg. von Hermann Born. Museum für Vor- und Frühgeschichte, Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz. Berlin 1985, S. 52 – 58. Vgl. Bol, Peter C.: Antike Bronzetechnik. Kunst und Handwerk antiker Erzbildner. (=Beck’s Archäologische Bibliothek. Hrsg. von Hans von Steuben), München 1985, S. 110 –117. Vgl. Braunfels, Wolfgang: Karls des Großen Bronzewerkstatt. In: Karl der Große, Lebenswerk und Nachleben. Hrsg. von Wolfgang Braunfels, Bd. 3: Karolingische Kunst. Düsseldorf 1965, S. 168 – 202; Mende, Ursula: Die Bronzetüren des Mittelalters 800 –1200. München 1983, S. 24 und Grimme, Ernst Günther: Bronzebildwerke des Mittelalters. Darmstadt 1985, S. 7. Vgl. Mende 1983 (wie Anm. 13), S. 137–139. Mende, Ursula: Die Türzieher des Mittelalters. (= Bronzegeräte des Mittelalters. Begründet von Otto von Falke und Erich Meyer, fortgeführt von Peter Bloch, Bd. 2. Denkmäler deutscher Kunst.) Berlin 1981, S. 262, Kat. Nr. 128. Vgl. Grimme 1985 (wie Anm. 13), S. 126 f. Vgl. Mende, Matthias: Dürer-Medaillen und Münzen. Medaillen, Plaketten von Dürer, auf Dürer, nach Dürer. Nürnberg 1983, Nr. 65 und Maué, Hermann: Hans Schwarz in Nürnberg 1519 – 1520. In: The Medal 13 (1988), Autumn, S. 12 –17. Theophilus: Des Theophilus Presbyter Diversarum artium schedula. (=Technik des Kunsthandwerks im zwölften Jahrhundert) Hrsg., übersetzt und erläutert von Wilhelm Theobald, Berlin 1933. Neu hrsg. von Wolfgang von Stromer, Düsseldorf 1984. Freise, Eckhard: Roger von Helmarshausen in seiner monastischen Umwelt. In: Frühmittelalterliche Studien 15, 1981, S. 180 – 293 erbrachte den Nachweis, daß der Presbyter Theophilus mit dem im 12. Jahrhundert tätigen Mönch Roger von Helmarshausen gleichzusetzen ist und die Schrift um 1122/1123 entstand. Von Wilhelm Theobald war das Werk des Theophilus ins 10. Jahrhundert datiert worden. Vgl. die Einleitungen von Wolfgang von Stromer in Theophilus 1984, S. VIII– XII. Theophilus 1984 (wie Anm. 18), S. 114 –120: Drittes Buch, Kapitel LX. Das gegossene Rauchfaß; S. 152 –160: Drittes Buch, Kapitel LXXXIV. Der Glockenguß. Cennini, Cennino: Das Buch von der Kunst oder Traktat der Malerei des Cennino Cennini da Colle di Valdelsa. Übersetzt, mit 22 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 Edgar Lein Einleitung, Noten und Register versehen von Albert Ilg. (= Quellenschriften für Kunstgeschichte und Kunsttechnik des Mittelalters und der Renaissance I) Wien 1871, S. 130 – 137. Cennini 1871 (wie Anm. 20), S. 130 –134, Kapitel 182: Auf welche Weise man nach der Natur ein männliches oder weibliches Gesicht [ab]formt; Kapitel 183: Auf welche Weise man für das Atmen der Personen sorgt, deren Gesicht man abgießt; und Kapitel 184: Wie man über dem Lebenden den Gips zum Abgusse gibt, wie man ihn wegnimmt und aufbewahrt und ihn in Metall ausführt. Cennini 1871 (wie Anm. 20), S. 134 f., Kapitel 185: Zeigt dir, wie man einen ganzen nackten Mann oder eine Frau gießen kann, oder ein Tier, oder in Metall ausführen. Cennini 1871 (wie Anm. 20), S. 135 f., Kapitel 186: Wie man seine eigene Person [ab]formen und dann in Metall ausführen kann. Cennini 1871 (wie Anm. 20), S. 136, Kapitel 187: Bleifiguren zu modellieren und, wie die Abdrücke mit Gips vervielfacht werden. Diese Schriften werden in zwei um 1460 zu datierenden Briefen des Hieronymus Aliotti aus Arezzo an den Florentiner Kanoniker Niccolo Corbizo erwähnt. Die Briefe sind veröffentlicht bei Heinrich Brockhaus in der Einleitung zu Pomponius Gauricus, De sculptura. Mit Einleitung und Übersetzung neu hrsg. von Heinrich Brockhaus. Leipzig 1886, S. 62 f. Leonardo da Vincis Notizen über den Bronzeguß finden sich im Codex Madrid II auf Fol. 141 r – Fol. 157 v. Die Einträge datieren vom 17.5.1491 und vom 20.12.1493. Letzte Ergänzungen wurden möglicherweise im Jahr 1494 hinzugefügt. Vgl. Leonardo da Vinci: Codices Madrid. Faksimile-Ausgabe. Transkription von Ladislao Reti, Übersetzung von Gustav Ineichen, Friedrich Klemm, Ludolf von Mackensen und Reinhilt Richter, 5 Bde. Luzern und Frankfurt am Main 1974. Band I: Codex Madrid I; Band II: Codex Madrid II; Band III: Kommentar; Band IV: Codex Madrid I, Transkription und Übersetzung; Band V: Codex Madrid II, Transkription und Übersetzung; hier Band III, S. 64. Gauricus 1886 (wie Anm. 25), S. 223, 225, 227, 229, 231, 233, 235 und 237. Die Abhandlung war so erfolgreich, daß sie 1528 in Antwerpen und 1542 in Nürnberg erneut aufgelegt wurde. Weitere Auflagen des Buches erschienen 1603 in Ursellis (=Brüssel?), 1609 in Antwerpen, 1622 in Straßburg und 1701 in Leiden. Vgl. Heinrich Brockhaus in der Einleitung zu Gauricus 1886 (wie Anm. 25), S. 8, Anm. 1 und Schlosser, Julius von: Die Kunstliteratur. Ein Handbuch zur Quellenkunde der neueren Kunstgeschichte. Wien 1924, Nachdruck: Wien 1985, S. 218. Gauricus 1886 (wie Anm. 25), S. 233. Gauricus 1886 (wie Anm. 25), S. 229. Gauricus 1886 (wie Anm. 25), S. 229, 231, 233 und 235. Biringuccios Pirotechnia wurde 1550, 1558 und 1559 in Venedig sowie 1678 in Bologna wiederaufgelegt. Französische Ausgaben des Werkes wurden 1556, 1572 und 1627 in Paris veröffentlicht. Vgl. Otto Johannsen in der Einleitung zu Vannoccio Biringuccio: Biringuccios Pirotechnia. Ein Lehrbuch der chemisch-metallurgischen Technologie und des Artilleriewesens aus dem 16. Jahrhundert. Übersetzt und erläutert von Otto Johannsen, Braunschweig 1925, S. IX f. Biringuccio 1925 (wie Anm. 32), S. 250 – 331: 6. Buch: Über die Gießkunst im Allgemeinen und im Besonderen. Biringuccio 1925 (wie Anm. 32), S. 270 f., 6. Buch, Kapitel 4: Einzelheiten über die Arbeitsweise und die Verfahren zur Herstellung der Formen für Bronzefiguren. Biringuccio 1925 (wie Anm. 32), S. 271– 277, 6. Buch, Kapitel 4: Einzelheiten über die Arbeitsweise und die Verfahren zur Herstellung der Formen für Bronzefiguren. Cellini, Benvenuto: Abhandlungen über die Goldschmiedekunst und die Skulptur. Übersetzt und verglichen mit den Parallelstellen aus Theophilus’ Diversarum artium schedula von Justus Brinckmann. Leipzig 1867. Nachdruck Osnabrück 1978. Cellini, Benvenuto: Leben des Benvenuto Cellini, florentinischen Goldschmieds und Bildhauers, von ihm selbst geschrieben. Übersetzt und mit einem Anhange herausgegeben von Johann Wolfgang von Goethe (1796). Mit einem Nachwort von Harald Keller, 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 Frankfurt am Main 1981. Die Lebensbeschreibung wurde in den Jahren 1558 bis 1566 verfaßt und verblieb nach Cellinis Tod im Besitz der Familie. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts gab es mehrere Abschriften der Handschrift. 1728 wurde das Werk in Neapel erstmals gedruckt. Vgl. Schlosser 1924 (wie Anm. 28), S. 320 f. und Harald Keller im Nachwort zu Cellini 1981, S. 554. Zum Portalrelief vgl. Cellini 1978 (wie Anm. 36), S. 131 f.: Kapitel I: Die Kunst des Bronzegusses. Zum Perseus vgl. Cellini 1978 (wie Anm. 36), S. 139 – 142 und Cellini 1981 (wie Anm. 37), S. 400 – 410. Cellini 1978 (wie Anm. 36), S. 133 –139: Kapitel III: Ein anderes Verfahren, lebensgroße oder wenig größere Figuren in Bronze zu gießen. Cellini 1978 (wie Anm. 36), S. 139 –142 und Cellini 1981 (wie Anm. 37), S. 400 – 410. Möglicherweise liefert die von Giovanni Morigi durchgeführte, derzeit noch nicht publizierte Restaurierung des Perseus eindeutige Beweise für die von Cellini zur Herstellung des Perseus verwendete Technik. Bislang liegt keine vollständige deutsche Übersetzung des Traktats vor. Vgl. dazu Vasari, Giorgio: Le vite de’ più eccellenti pittori, scultori e architettori nelle redazioni del 1550 e 1568. Text hrsg. von Rosanna Bettarini, Kommentar hrsg. von Paola Barocchi, Florenz 1966 ff., hier Band 1, 1966, S. 96 –103, Capitolo XI, und Roberto Panichi: La technica dell’arte negli scritti di Giorgio Vasari. (=Saggi e documenti/105), Florenz 1991, S. 69 ff., Capitolo IV: Come si fanno i modelli per fare di bronzo le figure grandi e picciole, e come le forme per buttarle; come si armino di ferri, e come si gettino di metallo, e di tre sorti bronzo; e come, gittate, si cesellino e si rinettino; e come, mancando pezzi che non fussero venuti, s’innestino e commettino nel medesimo bronzo. Löwenstern, Johann Kunckel von: Der Curieusen Kunst- und Werck-Schul Erster Theil/Lehrend allerhand sehr nützliche und bewährte Feuer-Künste ...«. Nürnberg 1696, S. 451– 466: Cap. LI. Die sehr schöne und rare Kunst/allerhand Sachen von Gold/ Silber und andern Metallen/rein und nett abzugießen; S. 466 – 477, Cap. LII.: Wie man Gips/das ist/Bilder von Gips/wieder in Gips gießen/auch wie man Wachs hohl und ganz gießen; Item/ wächserne Bilder von Gips zu formen/und hernach selbige von allerley Metallen hohl und ganz gießen kann/als da sind Bilder oder Thiere/die eines Schuhes hoch sind; S. 477– 482, Cap. LIII.: Figuren von allerhand Arten der Thiere/von Zinn/Silber und Kupffer abzugießen/welche hohl und sehr leichte sind. Félibien, André: Des principes de l’architecture, de la sculpture, et de la peinture, et des autres arts qui en de’pendent. Paris 1697, S. 231– 244: Livre second. De la sculpture, Chapitre V. De la maniere de jetter les figures de bronze. Boffrand, Germain: Description de ce qui a été pratiqué pour fondre en bronze d’un seul jet la figure équestre de Louis XIV, elevée par la ville de Paris dans la Place de Louis le Grand, en Mil Six Cens Quatre-Vingt-Dix-Neuf [1699]. Paris 1743. Mariette, Pierre Jean: Description des travaux qui ont précédé, accompagné et suivi la fonte en bronze d’un seul jet de la statue équestre de Louis XV, le bien aimé. Paris 1768. Diderot, Denis und Jean Le Rond d’Alembert: Encyclopédie, ou dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métiers. Nouvelle impression en facsimilé de la première édition de 1751–1780. [Paris] Stuttgart-Bad Cannstadt 1996 f., Bd. 2, S. 436 – 443, Stichwort: Bronze. Die Abbildungen finden sich in Bd. 29, Stichwort: Sculpture, Fonte des statues equestres. In Bd. 7, S. 79 wird unter dem Stichwort: Fonderie auf weiterführende Stichworte, unter anderm zum Geschützguß (Canon) und zum Glockenguß (Cloches), verwiesen. Die Abbildungen dazu finden sich in Bd. 26, Stichwort: Fonderie des canons; Fontes des cloches. Peter Nathanael Sprengel: Handwerke und Künste in Tabellen, 5. Sammlung: Messing- und Eisenarbeiter. Fortgesetzt von O. L. Hartwig, Berlin 1770. Sprengel 1770 (wie Anm. 48), S. 3 – 86, 1. Abschnitt: Der Roth-, Stück- und Glockengießer, hier S. 13 –17. Sprengel 1770 (wie Anm. 48), S. 75 – 86, IV. Das Gießen der metallenen Statuen. Auf S. 78 – 80 findet sich die Beschreibung des Die Kunst des Bronzegießens, ihre Darstellung in Traktaten und die Bedeutung von Bronze 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 direkten, auf S. 80 – 84 die Beschreibung des indirekten Herstellungsverfahrens. Sprengel 1770 (wie Anm. 48), S. 81. Carradori, Francesco: Istruzione elementare per gli studiosi della scultura. Florenz 1802, neu hrsg. von Gianni Carlo Sciolla. Florenz 1979, S. VII –XII: Articolo VI, Della formazione dei modelli in gesso; S. XXX –XXXIII: Articolo XII, Dei lavori in bronzo ec. sowie Tavola VI und XIV. Alberti, Leon Battista: Zehn Bücher über die Baukunst. Ins Deutsche übertragen, eingeleitet und mit Anmerkungen und Zeichnungen versehen durch Max Theuer, Wien und Leipzig 1912. Nachdruck Darmstadt 1975, S. 408. Biringuccio 1925 (wie Anm. 32), S. 272. Cellini 1978 (wie Anm. 36), S. 135; Vasari 1966 (wie Anm. 42), Bd. 1, S. 103 und Panichi 1991 (wie Anm. 42), S. 77 f. Cennini 1871 (wie Anm. 20), S. 136, Kapitel 188: Wie man eine Münze in Wachs oder in der Paste [ab]bildet. Cennini 1871 (wie Anm. 20), S. 137, Kapitel 189: Wie man ein Siegel oder eine Münze mit Paste aus Asche [ab]formt. Gauricus 1886 (wie Anm. 25), S. 229, 231, 233 und 235. Biringuccio 1925 (wie Anm. 32), S. 384 – 397: 8. Buch: Die Kleingießerei, hier besonders S. 391– 396: 5. Kapitel: Das Formen verschiedener Bildwerke. Biringuccio 1925 (wie Anm. 32), S. 384 f. auch S. 388. Biringuccio 1925 (wie Anm. 32), S. 385 f.: 1. Kapitel: Verschiedene Verfahren zur Herstellung der Sande für den Kleinguß von Bronze. Biringuccio 1925 (wie Anm. 32), S. 387: 2. Kapitel: Die Herstellung der Salzlauge für Formsand. Biringuccio 1925 (wie Anm. 32), S. 390 f.: 4. Kapitel: Die Herstellung des Sandes zum Guß aller Metalle in grünem [das ist feuchtem] Sand und das Formen in grünem [feuchtem] Sand. Piemontese, Alessio: Secreti del reverendo donno Alessio Piemontese, nuovamente dall’auttor medesimo riveduti & ricorretti. Con una aggiunta parte dell’istesso auttore, & parte raccolta dalle fatiche di diversi che di quelli ne hanno fatti gli esperimenti. Pesaro 1558, Libro sesto, S. 110 v und 111 r: La vera & perfettissima pratica di gittar medaglie, & ogni altro lavoro di rilevo basso, cosi in bronzo, come in oro, argento, rame, piombo, stagno, & ancor di cristallo, vetro, & marmo. In der 1571 in Basel erschienenen und auch in späteren deutschen Übersetzungen des Buches fehlen die Beschreibungen zur Abformung mit Sanden und zum Bronzeguß in Sandformen. Piemontese 1558 (wie Anm. 64), Libro sesto, S. 111 r –124 v. Cellini 1978 (wie Anm. 36), S. 100 f. Diderot 1996 f. (wie Anm. 47), Bd. 14, S. 464 – 465, Stichwort: Sable, Fondeur en. Die Abbildungen finden sich in Bd. 26, Stichwort Fonte de l’or, de l’argent et du cuivre. Fondeur en sable. Sprengel 1770 (wie Anm. 48), S. 87–110: Zweyter Abschnitt, Der Gelbgießer. Hier S. 96 – 98 und 100 –109. Cellini 1978 (wie Anm. 36), S. 139. Die Bibel, 1. Buch Mose (Genesis) 4, 22. Die Bibel, 2. Buch Mose (Exodus) 31, 2 – 4. Die Bibel, 1. Buch der Könige 7, 13 – 47. Pausanias: Beschreibung Griechenlands. Neu übersetzt, mit einer Einleitung und erklärenden Anmerkungen versehen von Ernst Meyer, Zürich und Stuttgart 19672, Buch VIII, 14, 8. Plinius Secundus d. Ä., C.: Naturalis historiae/Naturkunde, Buch XXXV: Farben, Malerei, Plastik. Hrsg. und übersetzt von Roderich König in Zusammenarbeit mit Gerhard Winkler, München 1978, § 153. Mende 1983 (wie Anm. 13), S. 133. Mende 1981 (wie Anm. 15), S. 262, Kat. Nr. 128. Vgl. Mende 1983 (wie Anm. 13), S. 74 – 83 und S. 154 – 161, hier S. 157. Vgl. Krohm, Hartmut: Hans Leinberger. Muttergottes. In: Von allen Seiten schön. Bronzen der Renaissance und des Barock. Katalog der Ausstellung der Skulpturensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz im Alten Museum, Berlin, vom 31.10.1995 bis zum 28. Januar 1996. Hrsg. von Volker Krahn. Berlin 1995, S. 232 f., Kat. Nr. 45. 23 79 Zur Bedeutung von Bronze vgl. Raff, Thomas: Die Sprache der Materialien. Anleitung zu einer Ikonologie der Werkstoffe. (=Kunstwissenschaftliche Studien, Band 61), München 1994, vor allem S. 33 – 36; Dalucas, Elisabeth: »Ars erit archetypus naturae«. Zur Ikonologie der Bronze in der Renaissance. In: Von allen Seiten schön. Bronzen der Renaissance und des Barock. Katalog der Ausstellung der Skulpturensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz im Alten Museum, 31. 10. 1995 – 28. 1. 1996. Hrsg. von Volker Krahn. Berlin 1995, S. 70 – 81; Scheicher, Elisabeth: Materialikonologie Bronze. In: Ruhm und Sinnlichkeit. Innsbrucker Bronzeguß 1500 –1650 von Kaiser Maximilian I. bis Erzherzog Ferdinand Karl. Katalog der Ausstellung im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum Innsbruck, 27. 6. bis 6. 10. 1996, S. 46 – 50 und Lein, Edgar: Erläuterungen zur Technik des Bronzegusses und zur Bedeutung von Bronze im 15. Jahrhundert am Beispiel der Christus-Thomas-Gruppe von Verrocchio. In: Die Christus-Thomas-Gruppe von Andrea del Verrocchio. Hrsg. von Herbert Beck, Maraike Bückling und Edgar Lein. Frankfurt am Main 1996, S. 233 – 257, hier S. 241– 251. 80 Vgl. dazu Hauptmann, Andreas und Gerd Weisgerber: Vom Kupfer zur Bronze: Beiträge zum frühesten Berg- und Hüttenwesen. In: Archäologische Bronzen, antike Kunst, moderne Technik. Hrsg. von Hermann Born, Museum für Vor- und Frühgeschichte, Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz. Berlin 1985, S. 16 – 36, hier S. 23; Bol 1985 (wie Anm. 12), S. 9 –15; North, Michael: Early Modern Copper Trade and Transport: The Copper Finds of the Elbe. In: 5th International Congress of Maritime Museums, Proceedings 1984. Hrsg. von Jürgen Bracker, Museum für Hamburgische Geschichte. Hamburg 1985, S. 63 – 66 und Westermann, Ekkehard: Copper Production, Trade and Use in Europe from the End of the Fifteenth Century to the End of the Eighteenth Century. In: Copper as Canvas. Two Centuries of Masterpiece Paintings on Copper 1575 –1775. Katalog der Ausstellung im Phoenix Art Museum, 19.12.1998 – 28.2.1999, The NelsonAtkins Museum of Art, 28. 3. –13. 6. 1999 und The Royal Cabinet of Paintings Mauritshuis, 26.6. – 22.8.1999. New York und Oxford 1998, S. 117–130. 81 Vgl. Raff 1994 (wie Anm. 79), 33 – 36. 82 Horaz: Sämtliche Werke, lateinisch und deutsch. Hrsg. von Hans Färber und Max Faltner. München 1957, unveränderter Nachdruck 1970, III. Buch, 30. Ode. 83 Plinius Secundus d. Ä., C.: Naturalis historiae/Naturkunde, Buch XXXIV, Metallurgie. Hrsg. und übersetzt von Roderich König in Zusammenarbeit mit Karl Bayer. München und Zürich 1989, §§ 9, 16 und 17. 84 Plinius 1978 (wie Anm. 74), Buch XXXV, § 11. 85 Plinius 1989 (wie Anm. 83), Buch XXXIV, § 99. 86 Eine bronzene Gesetzestafel befindet sich im Kunsthistorischen Museum in Wien, zahlreiche weitere Tafeln werden im Archäologischen Museum zu Madrid aufbewahrt. 87 Vgl. Mende 1983 (wie Anm. 13), S. 11. Die Tür wurde im Jahre 1588 zusammen mit anderen frühchristlichen Bronzetüren eingeschmolzen, um preiswertes Material für den Guß der Statue des Hl. Paulus auf der Säule des Antoninus Pius zu gewinnen. 88 Vgl. Mende 1983 (wie Anm. 13), S. 11. Text und Übersetzung der Inschrift bei Mende 1983 (wie Anm. 13), S. 133 –134. 89 Alberti 1975 (wie Anm. 53), S. 407 und 408. 90 Filarete, Antonio Averlino: Traktat über die Baukunst und andere Schriften. Hrsg. und bearbeitet von Wolfgang von Oettingen (= Quellenschriften für Kunstgeschichte und Kunsttechnik des Mittelalters und der Neuzeit, Neue Folge III). Wien 1890. Nachdruck Hildesheim und New York 1974, S. 298 – 299. 91 Vgl. Grimme 1985 (wie Anm. 13), S. 7–16. 92 Vgl. Grimme 1985 (wie Anm. 13), S. 19 – 41. 93 Vgl. Grimme 1985 (wie Anm. 13), S. 78, 80 und 88. 94 Vgl. die Angaben zu den Gesamtkosten der Denkmäler aus Marmor und Bronze bei Maertens, Hermann: Die deutschen Bildsäulen-Denkmale des 19. Jahrhunderts. Nebst einer Abhandlung über die Größenverhältnisse, die Materialwahl, die Gruppierung, die Aufstellungsweise und die Kosten derartiger Monumente. Stuttgart 1892. 24 Edgar Lein 95 Vgl. Weyer, Angela: Die Wertschätzung der Zinkgußplastik im Wandel der Zeit. In: Zinkguß. Die Konservierung von Denkmälern aus Zink. Hrsg. von Peter Mottner und Martin Mach (=Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, Band 98). München 1999, S. 61– 75. 96 Lüer und Creutz, 1904 (wie Anm. 1), S. 400 – 418 und Grimme 1985 (wie Anm. 13), S. 136 –145. 97 Die Bibel, 2. Buch der Könige 25, 13 –17. 98 Plinius 1989 (wie Anm. 83), Buch XXXIV, § 43. 99 Choniates, Niketas: Das sogenannte »Buch von den Bildsäulen« (1195 –1206). In: Die Kreuzfahrer erobern Konstantinopel. Übersetzt, eingeleitet und erklärt von Franz Gabler. (=Byzantinische Geschichtsschreiber. Hrsg. von Endre von Ivánka, Band IX). Graz, Wien und Köln 1958, S. 231– 246. 100 Vgl. Die Pferde von San Marco. Katalog der Ausstellung der Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz im Martin-GropiusBau, 8. 3. – 25. 4.1982. Berlin 1982. 101 Alberti 1975 (wie Anm. 53), S. 408. Abbildungsnachweis Bildarchiv Foto Marburg: Abb.9 (Archiv-Nr. 5.049), Abb.10 (ArchivNr. 5.515), Abb. 11 (Archiv-Nr. B 4967/12, Abb. 12 (Archiv-Nr. 1.159.015), Abb.14 (Archiv-Nr. 1.188.398), Abb.16 (Archiv-Nr. 3584), Abb. 17 (Archiv-Nr. 3593) Herzog Anton Ulrich-Museum, Braunschweig: Abb. 1 – 4, 13 Landesamt für Denkmalpflege Sachsen: Abb. 19 Liebieghaus, Frankfurt/M.: Abb. 8 (Ursula Edelmann) Museum für Vor- und Frühgeschichte Berlin: Abb. 7 (C. Plamp) Rheinisches Bildarchiv Köln: Abb. 15 (Platten-Nr. 9587) Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Skulpturensammlung: Abb. 18 (J. P. Anders) Technische Universität Braunschweig: Abb. 5, 6 25 »das war für Bronze gedacht und wirkt als solche«1 Die Entwicklung des Bronzegusses in Deutschland im 19. Jahrhundert Bernhard Maaz Verlorene Traditionen: Die Situation um 1800 Bronze verspricht Dauerhaftigkeit des Werkes, seines Schöpfers und Ruhmes. Sie stellt also ein längeres Nachleben in Aussicht, als durch Skulpturen in Stein möglich ist, namentlich, wenn diese im Freien aufgestellt und der nördlichen, frostreichen Witterung ausgesetzt sind. Diese Erfahrung darf als gegeben vorausgesetzt werden, seit man im späten 18. Jahrhundert beobachten konnte, wie rasch Marmorskulpturen verwitterten. Beispielsweise wurde das erst 1793 eingeweihte Zürcher GessnerDenkmal bereits 1808 wegen starker Verwitterung demontiert.2 Johann Gottfried Schadow, der vielbeschworene ›Vater der Berliner Bildhauerschule‹, steht nicht nur am Wechsel von den Barocktraditionen zum Klassizismus, sondern auch am Beginn einer Entwicklung, die zu einer neuen Blüte der Gußtechnik hinführte.3 Hilfe und Information suchte der junge Hofbildhauer allerorten, namentlich auf einer Reise nach Kopenhagen, Stockholm und Petersburg, die er 1791/92 unternahm, weil er die dortigen Bronzegüsse des 18. Jahrhunderts – Denkmäler von 1 Franz Zauner: Denkmal Kaiser Josephs II., 1806, Wien, Hofburg Jacques François Joseph Saly, Pierre-Hubert L’Archevèque und Tobias Sergel sowie von Etienne-Maurice Falconet – studieren wollte, Werke von durchaus überregionaler Bedeutung.4 Schon hier hatte er ein klar formuliertes Ideal: einen Guß, dessen Oberfläche keiner Ziselierung bedürfte.5 Der Plan einer anderen Reise, die Schadow hätte nach Paris, in die traditionelle Hochburg des Bronzegusses, führen sollen, scheiterte an den Zeitläufen nach der Französischen Revolution. Doch befragte Schadow auch den Bildhauer Franz Zauner in Wien, der gegen 1800 mit dem Denkmal Josephs II. (Abb. 1) einen komplizierten Bronzeguß vollbracht hatte. Schadows geradezu akademische Gründlichkeit wurde belohnt, und der Wiener Künstler antwortete ihm, allerdings ausweichend. Zauner war sich nicht nur der Schwierigkeiten bewußt, die im Bronzeguß schlechthin liegen, sondern auch derjenigen Probleme, die mit der theoretischen Erörterung aller damit verknüpften handwerklichen Finessen einhergehen. Zunächst wollte er Schadow die Dinge brieflich darlegen, »bei reiferer Ueberlegung aber fand ich, daß ich diesen Gedanken aufgeben mußte, weil ... der détails, die doch alle auf den Erfolg einen 2 Gottfried Schadow: Entwurf zum Denkmal für Friedrich II., (1796) Feder, schwarze Tusche, aquarelliert, Berlin, Akademie der Künste 26 Bernhard Maaz wesentlichen Einfluß haben, so viele sind, daß es mir unmöglich sein würde sie schriftlich zu erörtern.«6 Im Verlaufe des 18. Jahrhunderts war die Tradition des künstlerischen Bronzegusses in Deutschland abgerissen, welche mit Andreas Schlüters Berliner Denkmal des Großen Kurfürsten und mit dem Gießer Johann Jakobi eine letzte maßgebliche Blüte erfahren hatte.7 (In den Debatten des 19. Jahrhunderts maß man sich später gerne mit Schlüters Kurfürsten-Denkmal, und es wurde wiederholt in kleinformatigen Güssen kopiert.) Leichter handhabbare Materialien wie Sandstein und allenfalls Blei verdrängten den handwerklich komplizierten und energetisch aufwendigen Bronzeguß, auch waren diese Werkstoffe der weicheren Modellierung barocker Plastik adäquat. Den Beginn ernsthafter Auseinandersetzung mit der Gußtechnik größerer Bronzen im nachbarocken Deutschland markieren Gottfried Schadows Bemühungen seit den Jahren um 1790, wobei das Augenmerk sich von Beginn an auf großformatige Güsse richtete: Geplant war ein mindestens lebensgroßes Reiterstandbild des vielverehrten Preußenkönigs Friedrich II. (Abb. 2). Der Plan keimte schon unmittelbar nach dessen Tod (1786) auf. Doch das Projekt wurde erst nach mehr als 70jährigen Debatten zuwege gebracht – von Schadows prominentestem Schüler, Christian Daniel Rauch. Die Bildhauer des Klassizismus maßen sich zumeist an der antiken Skulptur und interessierten sich folgerichtig fast ausschließlich für das Material, in dem die seit Winckelmann als verbindlich ausgewiesenen Werke zumeist überliefert waren (da bereits im Altertum viele Bronzen eingeschmolzen wurden) – eben für Marmor. Die erste Generation um Alexander Trippel und Friedrich Wilhelm Eugen Doell verzichtete fast ganz auf den Bronzeguß, sieht man von den wenigen Güssen ab, die Louis Valadier in Italien für letzteren verwirklichte, darunter die Winckelmann-Büste.8 Technischer Mangel – da es in deutschen Landen keine Gußerfahrungen mehr gab – und ästhetische Maximen gingen zunächst konform; das heißt, das Erliegen der Gußtechnik für großformatige Bronzen im 18. Jahrhundert spiegelt auch ein erloschenes Interesse daran wieder. Gleichwohl versuchten einzelne Künstler zuweilen, die Bronzetechnik um 1800 wieder zu beleben. Ihre Bestrebungen endeten sehr unterschiedlich, wie man am Beispiel Johann Heinrich Danneckers, des neben Schadow maßgeblichen deutschen Klassizisten um 1800, sehen kann. Ein Bronzeguß, für dessen Kostbarkeit man immer eine Empfindung hatte, wurde augenscheinlich zumeist dann erwogen, wenn es galt, besonders prominente Personen zu verewigen. Dies gilt für Schadows Friedrich-Denkmal ebenso wie für Doells Winckelmann- oder Danneckers Lavater-Büste. Der Stuttgarter Hofziseleur Treut sollte 1801/02 Danneckers Büste des berühmten Physiognomikers und Theologen Johann Caspar Lavater in Bronze gießen. Dannecker schätzte die Schwierigkeiten und Risiken des Gusses als überaus hoch ein und erwirkte, daß ihm eine Marmorausführung gestattet wurde, so daß ein Guß unterblieb.9 Fast gleichzeitig entstand 1803 jener Bronzeguß von Danneckers Büste des Herzogs Friedrich von Württemberg (Abb. 3), die heute im Schloß Ludwigsburg steht, und welche die aufschlußreiche und ungerechtfertigt ehrgeizige Bezeichnung trägt »Fudit & perpolivit Treut./Stuttgardiae«10 und die der Bildhauer selber als »verfummelt«, als handwerklich schlecht umgesetzt, abtat.11 Die Spezifik des ungewohnten, metallischen 3 Johann Heinrich Dannecker: Bronzebüste des Herzogs Friedrich von Württemberg, 1803, Schloß Ludwigsburg bei Stuttgart Materials scheint nur partiell berücksichtigt; die Binnenformen sind zwar teilweise ornamental bereichert, und doch überzeugt der Guß nicht. Man erkennt, daß die handwerkliche Routine fehlte, daß sich der Bildhauer vom ›Denken in Marmor‹ nicht recht zu lösen vermochte und der Gießer-Ziseleur große Formen zu wenig und kleine wiederum gar zu minutiös bearbeitete. Dies sollte der erste und letzte Bronzeguß Danneckers, der weiterhin an Marmor, Biskuitporzellan und Gips als bewährten Materialien des Klassizismus festhielt, bleiben. Tätige Versuche nach den Befreiungskriegen »Des Direktor Schadow’s Hauß ist beinah in Flammen aufgegangen beim Gießen – eine Thorheit den Guß im eignen Hause vorzunehmen.«12 Sicher war Experimentierfreude im Spiel, aber auch ein gewisses künstlerisches Drängen des Meisters, der die Sockelreliefs seines Rostocker BlücherDenkmals (Abb. 4) voranbringen wollte. Die Statue selbst goß man im Gießhause, wo die erforderlichen Vorrichtungen vorhanden waren. Den Guß führte der bereits 1817 aus Paris eigens für die geplanten Denkmäler nach Berlin gerufene François Lequine aus, assistiert von Coué, der die Ziselierung vornahm.13 Mangels eigener Kräfte hatte man sie nach Berlin geholt, wo sie die Gußpraxis des in Frankreich gängigen Sandformverfahrens etablieren sollten. Man war sich schon früh dessen bewußt, daß mit dem Rostocker Blücher-Denkmal und der Wiederbelebung des Bronzegusses eine neue Tradition begründet würde. Goethe notierte dazu: »Fürst Blüchers Denkmal wird vielleicht in sech- Zur Entwicklung des Bronzegusses in Deutschland im 19. Jahrhundert zehn Monaten aufgestellt sein. Und so ist doch etwas bey uns nicht erhörtes geschehen. ... In Berlin hat der Künstler das Werk dem Gusse ganz nahe gebracht. Eine gar nicht zu berechnende Folge ergiebt sich aus diesem Unternehmen, daß sowohl Guß als Ausarbeitung nach ihren neusten Vortheilen in Deutschland gäng und gäbe werden. Wozu künftig solche Fertigkeiten anwendbar seyn möchten, bleibt unsern Nachfahren, denen wir sie überliefern, gelegentlich zu bedenken.«14 Schwerlich ahnen konnte Goethe, wie die Popularisierung der Denkmalidee sowie der rasante Fortschritt der Montanindustrie bereits nach einem halben Jahrhundert dahin geführt hatten, daß man bereits um 1860 von einer ›Denkmalwut‹ sprach und damit einen inflationären Überfluß, ja gar eine »Verirrung« meinte.15 Zahlreiche Denkmale wurden seit dem BlücherDenkmal in Berlin und bald in ganz Deutschland gegossen. Wir greifen hier nur einige für die Entwicklung der Gußtechnik besonders markante heraus. Der Guß von Rauchs Statue Friedrich Wilhelms I. für Gumbinnen16, mit dem Lequine beauftragt war, geriet 1828 so unzureichend, daß dies zu seiner Demission führte.17 Beim Guß war Metall ausgelaufen, und es hatten sich Verwerfungen des Modells sowie größere Fehlstellen ergeben, so daß Coué in überaus mühevoller Prozedur die zahlreichen Fehlstellen nachbessern mußte.18 Da die Arbeit mit französischen Kräften nicht hinreichend befriedigte (eine antifranzösisch-patriotische Parteilichkeit und der Wunsch nach handwerklich-technischer Autonomie der Preußen mögen die Demission der ›Gastarbeiter‹ befördert haben), strebten die Berliner Künstler danach, mit eigenen Gießern zu arbeiten. Maßgeblich wurde dies mitgetragen von Karl Friedrich Schinkel, der seine architektonischen Großprojekte skulptural sinnreich ausschmücken wollte und dies mit Hilfe von Christian Daniel Rauch, Christian Friedrich Tieck und August Kiss verwirklichte. Berlin war nach den Befreiungskriegen nicht nur im Begriff, ein Zentrum der Architektur und Skulptur im allgemeinen, sondern auch der Bronzegußtechnik im besonderen zu werden. Der Ehrgeiz der führenden Köpfe ging so weit, daß 1819 der preußische Kronprinz gar mit Rauchs Hilfe Bertel Thorvaldsens PoniatowskiDenkmal in Berlin gießen lassen wollte19, da es an Thorvaldsens Wirkungsstätte, in Rom, an geeigneten Bronzegießern mangelte. Freilich liegt dieser Idee die kalkulierende Erwägung zugrunde, den bedeutendsten Bildhauer Europas durch den Guß öffentlichkeitswirksam an Berlin zu binden und zugleich dadurch weithin zu dokumentieren, daß die hiesige Gußtechnik alle anderen Orte in den Schatten stellt. Von Berlin aus wurden daher seit den 1820er Jahren jüngere Gießer nach Paris gesandt, um die dort florierende, perfektionierte Technik des Sandformverfahrens zu erlernen und den preußischen Bronzeguß zu optimieren respektive ganz von fremder Mitwirkung unabhängig zu machen. Beispielsweise hielten sich die beiden Gießer Feierabend, dem man höchste Perfektion der Güsse nachsagte (sie bedurften keiner Ziselierung), und Johann Dinger, dessen Güsse besonders dünnwandig gelangen20, zeitweilig in Paris auf, waren dann in der Folge am Gewerbeinstitut tätig und schulten hier wiederum jüngere Gießer. Etwa zeitgleich interessierte sich auch der Münchner Johann Baptist Stiglmaier für die aktuelle europäische Gußtechnik. Er reiste 1821/22 nach Neapel, wo durch Francesco Righetti der 27 Guß von Antonio Canovas Reiterstandbild König Karls III. von Neapel ausgeführt wurde und er auch eigene Gußversuche unternahm.21 1825 wurde Stiglmaier zum Leiter der nunmehr eingerichteten Münchner Gießerei ernannt. Die Polarität zwischen München und Berlin, der Streit um die Vorherrschaft, der die deutsche ›Gießerlandschaft‹ noch jahrzehntelang begleiten sollte, war manifest. Sowohl in Berlin als auch in München standen bald fähige Gießer für Bronzebildwerke jeder Dimension zur Verfügung. Dieser Wettstreit kulminierte in den 1840er Jahren anläßlich des Weimarer Goethe-SchillerDenkmals, als nämlich eine Spende des bayerischen Königs daran geknüpft werden sollte, daß der Guß in München verwirklicht würde.22 Wiederum drückt sich im Wunsch, die gußtechnische Ausführung für eine bestimmte Stadt – hier München – zu sichern, die Hoffnung auf die kunstpolitische und politische Vormachtstellung aus. Dabei ist nicht zu vergessen, daß der Guß von großformatigen bronzenen Denkmälern im 19. Jahrhundert eines der zentralen und effektivsten Mittel zur öffentlichen politischen Selbstdarstellung des Staates und zur Vermittlung ideologischer Erziehungsprogramme für seine Bürger war. 4 Johann Gottfried Schadow: Denkmal für Fürst Leberecht Blücher, 1819, Rostock 28 Bernhard Maaz Schinkel und der Bronzeguß In Berlin erfuhren die Neuerungsbestrebungen tätige Unterstützung durch den Hof, durch die Künstler, aber auch durch Schinkel und Beuth, die sich in den 1820/30er Jahren gemeinsam für die rasche und niveauvolle Entwicklung des Gewerbes in Preußen einsetzten. Schinkel machte sich auf Reisen zu den aktuellen künstlerischen und technischen Entwicklungen kundig. Er besuchte Charles Crozatier im Pariser Stadtviertel Marais, der unter anderem die Napoleon-Statue auf der VendômeSäule goß. Den Berliner Gast beeindruckte »Crozatier, der die größten und kompliziertesten Statuen so gießt, daß keine ciselure nötig ist; höchst wenige und feine Nähte und eine große Leichtigkeit und Wohlfeilheit sind ausgezeichnete Eigenschaften.«23 Wenngleich man noch 1817 französische Fachleute nach Berlin geholt hatte, veränderte sich jetzt das Herangehen. Paris wurde das prominenteste Reiseziel der auszubildenden deutschen Gießer. Immer wieder sandte man Schüler als Mitarbeiter in dortige Werkstätten, damit sie bei tätiger Mitwirkung gleichsam als ›Industriespione‹ die modernste dortige Praxis erkundeten. Noch beim Schauspielhaus und beim Berliner Dom hatten Schinkel und Tieck 1819 – 22 auf Großbronzen verzichten und auf herkömmliche Kupfertreibarbeiten zurückgreifen müssen,24 gleich Schadow mit seiner Quadriga des Brandenburger Tores.25 Von Rauch wissen wir, daß er noch 1824, als Schinkel in Neapel weilte, diesen um Nachricht über die dortige Gußtechnik bat und dieser die Gießerei Righettis aufsuchte.26 In jenen Jahren strebten sie gemeinsam mit Beuth danach, eine Erzgießer- und Ziseleurschule aufzubauen. Diese bestand in den 1820er Jahren kurz, mußte allerdings mangels einer hinreichend einträglichen Auftragslage bald wieder geschlossen werden. Erst als 1828 Tiecks Neuruppiner Denkmal für König Friedrich Wilhelm II. von Preußen ausgeführt war, konnten die Künstler um Schinkel mit dem Stand der Gußtechnik wirklich zufrieden sein. Diese vom Berliner Gießer Wilhelm Hopfgarten, dem Bruder des in Rom unter anderem für Thorvaldsen und Canova tätigen Johann Ludwig Heinrich Hopfgarten, in drei separaten Stücken gegossene und von Christoph Heinrich Fischer ziselierte Statue galt als der ultimativ beste aller bis dahin in Preußen verwirklichten Bronzegüsse.27 In Berlin, dem unumstritten führenden Zentrum der deutschen klassizistischen Skulptur, hatte sich nun, um 1830, die Bronzegußtechnik endgültig etabliert und hinreichend verfeinert. Zwischen Lauchhammer und Berlin In der nördlich von Dresden gelegenen Eisengießerei in Lauchhammer wurden seit 1784 die ersten Eisenrundplastiken von ganz Europa gegossen (Bildnisbüsten, Antikenrepliken und Bauplastik), deren technische Qualität und geringe Wandungsstärke allgemein höchste Anerkennung fanden (Abb. 5, 6). 1836 wurde in Lauchhammer der erste Bronzeguß verwirklicht.28 Die Vorzüge der technisch perfekten Lauchhammer-Güsse wußte auch Rauch zu schätzen. Er zog diese Firma anderen gegenüber vor, die zwar billiger anboten, dafür aber einen vielteiligen, mühsam zu ziselierenden Guß in Aussicht stellten. 5 Johannes Schilling: Denkmal für Ernst Rietschel, 1876, Dresden, Bronzeguß aus Lauchhammer (Aufnahme: 2000) Als ersten Auftrag übertrug er der Gießerei das Doppelstandbild der Polenfürsten für Posen29, deren Guß 1838/39 Carl Ludwig Friebel überwachte und der so vorzüglich gelang, daß die Oberfläche Rauch zufolge so verdichtet erschien wie »geprägte Bronze«30 und daß die Details höchst formgenau zutage traten. Rauch ließ lediglich das Angußsystem entfernen und verzichtete auf eine flächendeckende Ziselierung – das langgehegte Ideal der Bildhauer war erreicht.31 In den Folgejahren stieg die Gießerei von Lauchhammer rasch zu einer der bedeutendsten ganz Deutschlands auf. Ernst Rietschel aus Dresden (Abb. 7), August Kiss und Reinhold Begas aus Berlin, Karl Donndorf aus Stuttgart und viele andere Künstler bis hin zu Hugo Lederer und Franz Metzner ließen dort ihre Werke gießen. Natürlich fielen Großbronzen wie Denkmäler besonders ins Gewicht. Aber auch kleinere Museumsstücke wurden dort ausgeführt, etwa 1890 Erdmann Enckes »Kurfürstin Elisabeth«32, die sich durch eine höchst differenzierte Oberflächenbehandlung auszeichnet und deren Guß in jene spätere Zeit gehört, da aus der Gießerei bereits eine Aktiengesellschaft geworden war.33 Von Lauchhammer gingen freilich nicht allein erstklassige Güsse aus, sondern auch geschultes Personal. Als Rauch den Zur Entwicklung des Bronzegusses in Deutschland im 19. Jahrhundert 29 Produktivität in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist ohne die niveauvolle, zuverlässige Gießerei Gladenbeck kaum denkbar. Peter Vischer als Vorbild der Bildhauer-Gießer Die Romantik stilisierte Peter Vischer zu einem Leitbild patriotischer Kunstpflege: der schulbildende Nürnberger Gießer altdeutscher Bronzen, der im Dürer-Kreise wirkte, war zum Sinnbild einer Verknüpfung von idealer künstlerischer Erfindungsgabe und handwerklicher Solidität geworden. Der familiäre Konnex der Vischerwerkstatt verkörperte rückblickend aber auch ethische und künstlerische Werte, nämlich die des Werkstattverbundes und der praktischen Ausbildung in der handwerklichen Mitarbeit bei einem Meister.35 All dies ließ Peter Vischer zum Leitbild für Generationen werden. Die Apostel seines Sebaldusgrabes in Nürnberg fanden Verbreitung durch Gipsabgüsse und wurden beispielsweise auf Wunsch Schinkels für das Altargitter des Berliner Domes in Bronze nachgegossen (Ausführung durch Werner & Neffen), allerdings mit geringfügigen Modifikationen.36 Auch Goethe besaß Gipsabgüsse der Apostel, die 1812 abgenommen wurden.37 6 Johannes Schilling: Standbild für Gottfried Semper, 1892, Dresden, Lauchhammer-Bronzeguß (Aufnahme: 2000) 1848 –51 ausgeführten Guß seines Friedrichs-Denkmals für Berlin (Abb. 8) vorzubereiten hatte, warb er Friebel in die preußische Hauptstadt ab. Friebel siedelte nach Berlin über und richtete seine Werkstatt direkt neben den Bildhauerateliers in der Münzstraße ein. Er sicherte sich somit den engsten, gegenseitig befruchtenden Kontakt zu seinen wichtigsten Ansprechpartnern – den Künstlern, deren wohlwollende oder kritische Äußerungen über ihre Gießer ja mittelbar über deren Firmenschicksal entscheiden konnten. Nach Friebels Tod (1856) wurde die Tradition am gleichen Ort durch Hermann Gladenbeck fortgeführt, dessen Güssen man dann in der zweiten Jahrhunderthälfte immer mannigfaltiger begegnet. Die Giesserei zog später vor die Tore der Stadt. Sie trug zur Vervollkommnung des Bronzegusses maßgeblich bei.34 Das handwerkliche Zusammenspiel ebenso wie der geistige, die Möglichkeiten und die Grenzen des Materials betreffende Gedankenaustausch zwischen Bildhauern und Gießern, die sich seit der Zeit Friebels zur fruchtbaren Routine entwickelt und zu einem hohen gußtechnischen Wissen bei den Künstlern geführt hatten, wurde schließlich ein tragender und stimulierender Faktor für die anhaltende Blüte der Bildhauerkunst. Die Berliner Bildhauerschule und ihre immense 7 Ernst Rietschel: Standbild für Carl Maria von Weber, 1869, Guß in Lauchhammer (Aufnahme: 1936) 30 Bernhard Maaz 8 Christian Daniel Rauch: Denkmal für Friedrich den Großen, 1851, Berlin, Unter den Linden (Aufnahme: 1921/1923) 9 Christian Daniel Rauch: Denkmal für Albrecht Dürer, 1840, Nürnberg (Aufnahme: nach 1907) Heinrich Meyers im Umfeld Goethes verfaßte »Geschichte der Kunst« verdeutlicht, wie Vischer – »unstreitig der vorzüglichste Bildhauer, den die Deutschen aufzuweisen haben«38 – als deutsches Gegenstück zur vielverehrten italienischen Renaissance, namentlich zu Benvenuto Cellini respektiert und mithin zur höchst anspruchsvollen, verpflichtenden, vaterländischen Identifikationsfigur stilisiert wurde. Wilhelm Wolff hatte ab 1830 in der Königlichen Eisengießerei eine vierjährige Ausbildung als Former und Bildgießer erhalten und wurde dann durch Peter Beuth vom Königlichen Gewerbeinstitut nach Paris gesandt, wo er zeitgleich mit Antoine-Louis Barye bei dem Gießer Soyer tätig war und beispielsweise an der Juli-Säule mitwirkte. Daneben besuchte er den Aktsaal und setzte damit seine bereits in Berlin begonnenen künstlerischen Studien fort. Als Wolff schließlich nach zwei Pariser Jahren und einem längeren Aufenthalt in München bei Stiglmaier und Ferdinand von Miller wieder in Berlin eintraf, war er gußtechnisch absolut auf der Höhe der Zeit. Gleichwohl wurden ihm in der Folgezeit keine Großbronzen zum Guß anvertraut, jedoch viele kleinformatige Werke. In seiner gegen 1840 gegründeten Gießerei führte er Bronzen zahlreicher Bildhauer aus, darunter Werke von Rauch, Blaeser und Kiss – teilweise mit komplizierten Goldund Silbertauschierungen. Er realisierte kunsthandwerkliche Güsse, darunter den des Ehrenschildes von Cornelius.39 Natürlich goß Wolff auch seine eigenen Werke, zumeist Tierplastik nach Art der französischen ›Animaliers‹. Bald überließ er die Werkstatt seinem Bruder, um sich ausschließlich der künstlerischen Arbeit zu widmen. Bezeichnend ist der Wechsel in den Einträgen der Akademie-Ausstellungskataloge: 1850 hatte es geheißen »Wilhelm Wolff, Bildhauer und Gießer«, 1852 fungierte er nur noch als Bildhauer.40 Wolff stand mit dem Aufstieg vom Gießer zum freien Bildhauer – denn als Aufstieg wurde dies allemal empfunden – nicht allein. Auch August Kiss und Theodor Kalide, zwei Bildhauer, die bezeichnenderweise aus den schlesischen Montangebieten stammten und deren Lehrzeit in Gießereien begann, waren ähnliche Wege gegangen, um den Lorbeer freien Künstlertums zu ernten. Allerdings endeten ihre Lebenswege grundverschieden: Kiss sicherte sich im Gewerbeinstitut im Kreise um Beuth und Schinkel sowie mit etlichen großen Denkmalaufträgen ein reiches, seiner Berufung und seinen Fähigkeiten entsprechendes Betätigungsfeld; Kalide blieb hingegen eine glänzende Laufbahn versagt, zumal ihm nur wenige Aufträge zufielen.41 Noch mancher andere, heute minder bekannte Künstler gehört gleich Miller und Wolff, Kiss und Kalide zu diesen Grenzgängern zwischen Künstlertum und Handwerklichkeit. Namentlich in der ersten Jahrhunderthälfte gab es keine scharfe Trennung zwischen Gußhandwerk und Kunst. Schadows Zur Entwicklung des Bronzegusses in Deutschland im 19. Jahrhundert Schüler Heinrich Kaehler führte die von C. Andersen gegründete Eisengießerei ab 1847 fort (und sicherte sich in den vergleichsweise kunstarmen norddeutschen Landstrichen damit sein Brot). Alfred Gladenbeck war sowohl Gießer als auch Bildhauer; er entstammte der berühmten Gießerfamilie. Und der Nürnberger Jakob Daniel Burgschmiet, der zunächst mit Skulpturenrestaurierung und mit einem Sandstein-Denkmal auftrat42, wurde bald vom Bürgermeister seiner Stadt nach Paris gesandt, um dort den Bronzeguß zu studieren. Angesichts einstiger Peter-Vischer-Traditionen in der Stadt wünschte man offenkundig, daß Burgschmiet auf handwerklich-technische Weise zur allgemeinen Wiederbelebung der Kunst beitrüge. Sinnreich verknüpfte sich seine Gießertätigkeit zunächst mit Rauchs Denkmal Albrecht Dürers, des Nürnberger PeterVischer-Zeitgenossen (Abb. 9). So treten neben die bereits erwähnten nationalen Gedanken, die Vischer als Ahnherrn einer spezifisch deutschen Skulpturengeschichte beanspruchten, auch nürnbergisch-lokalpatriotische und national-kunstgeschichtliche Aspekte. Stets aber impliziert eine derartige Rückbesinnung auf renaissancistische Blütezeiten auch eine Anspruchsformulierung der neuzeitlichen Gießer, die der Perfektion der Vorzeit nahe- oder gleichzukommen und eine neue, gleichrangige Tradition zu begründen wünschen. In dem Moment freilich, wo Gießer wie Kiss oder Wolff sich ausschließlich in die Rolle des erfindenden Künstlers begaben, wurden sie dem Vischer’schen Leitbild untreu und lösten sich von der historisch präfigurierten Verknüpfung von künstlerischem Schöpfungsakt und handwerklicher Verwirklichung. Gleichwohl blieb Wilhelm Wolff das Pseudonym ›Peter Vischer‹ im »Tunnel über der Spree«, jenem auch von Theodor Fontane gern besuchten Berliner Verein von Literaturfreunden, noch lange erhalten.43 Wir dürfen dies als eine Würdigung des altdeutschen Vorbilds und zugleich als Ausdruck des allgemeinen Interesses an solider Handwerklichkeit der Umsetzung verstehen. 31 10 Christian Daniel Rauch: Jungfer Lorenzen von Tangermünde, 1832, Ziselierung von Friedrich Vollgold (1834), Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie Wertschätzung der Ziselierung – Bronzeguß als Gemeinschaftswerk Künstlerisches Schaffen im 19. Jahrhundert orientierte sich häufiger am Zusammenwirken in den mittelalterlichen Bauhütten, als man zunächst annimmt. Das Ideal eines gemeinsamen, wechselseitig begeisternden Schaffens wurde der gängigen, marktbedingten Entwicklung, die zum isolierten Künstler und zum kontextlosen, autonomen Ausstellungskunstwerk hinführte, entgegengesetzt. Vor allem bei größeren Aufgaben, etwa im Bereich von Wandmalerei-Zyklen, wo die Meister große Zyklen ausführten, ihre Schüler mitwirken ließen und dabei zugleich ausbildeten44, oder im Kontext größerer Bauwerke und Skulpturenzyklen wurde der kollektive Schaffensprozeß gerne praktiziert. Prominente Beispiele hierfür sind das von Schinkel entworfene, von Rauch, Tieck und Ludwig Wichmann figürlich ausgestattete Berliner Kreuzbergdenkmal (dies ist bezeichnenderweise noch ein Eisenguß45) sowie die Schloßbrücke, auf der marmorne Skulpturengruppen von acht Bildhauern vereint sind.46 In dieses geistige Umfeld bettet sich ein bemerkenswertes Phänomen ein, dem man an Bronzegüssen des 19. Jahrhunderts häufig begegnet. Auf den Akademieaustellungen zeigten nämlich 11 Albert Wolff: Löwenkämpfer, 1861, Berlin, Altes Museum (Aufnahme: um 1935) 32 Bernhard Maaz 12 August Kiss: Amazone, 1842, Berlin, Altes Museum (Aufnahme: 1998) nicht nur die Bildhauer ihre Schöpfungen, sondern auch Gießer und Ziseleure stellten stolz und untereinander wetteifernd ihre Produkte zur Schau. Als Beispiel sei Albert Konarzewski herausgegriffen, der in den 1840er Jahren unter anderem für Rauch und Blaeser tätig war. Das Zusammenwirken zwischen dem Künstler (Gustav Blaeser), dem Gießer (Wilhelm Wolff ) und dem Ziseleur Konarzewski, der nebst den üblichen Ziselierungen auch kostbare Gold- und Silbertauschierungen ausführte, wird in den Katalogen der Akademieausstellungen wiederholt explizit bekundet47, ebenso auch die Tatsache, daß manches davon in königlichen Besitz gelangt war und sich mithin allerhöchster Wertschätzung erfreute, was einem öffentlichen Empfehlungsschreiben gleichkam.48 Auch mancher andere Ziseleur – etwa der Franzose Honoré Gonon49 und der Deutsche Friedrich Wilhelm Castner50 – stellte in der Akademie aus, wobei die Güsse häufiger unter dem Namen des jeweiligen Ziseleurs als dem des Gießers aufgelistet wurden. Offenkundig maß man der Ziselierung, die ja die endgültige Oberflächenwirkung sowie die räumliche Wirkung des Ganzen stark beeinflußt, noch mehr Bedeutung bei als dem Guß. Höchstes Ideal der Künstler war bekanntermaßen ein Guß, der keinerlei nacharbeitender Ziselierung bedarf. Der Gießer Johann Dinger präsentierte 1830 zwei Büsten, die er im Katalog als »roher Guß, bis auf das Wegnehmen der Gußnaht«51 auswies, womit er stolz auf die unziselierte Oberfläche verwies. Dies berechtigte ihn, unter eigenem Namen aufzutreten. Ernst Rietschel predigte: »Was für Bronce gemacht wird, muß jede Fläche und jeder Winkel rein und klar vollendet seyn, daß der Ciseleur in der Bronce nicht den Bildhauer vertreten muß«52, und er wußte doch, daß die Feinmodellierung im Sandguß litt. Eben weil das Ideal eines unziseliert aufstellbaren Bronzegusses so selten erreicht wurde, brauchte man beim gängigen Sandformverfahren den Ziseleur als den eigentlichen ›Vollender‹ des Werkes. Der Respekt vor seiner uferlosen und langwierigen Arbeit, die nicht so sehr im Stillen als vielmehr im Verborgenen geleistet wurde, war groß. Er fand angemessenen Ausdruck auch darin, daß den Ziseleuren zugebilligt wurde, sich in Signaturen zu verewigen, wie es ehedem nur die Gießer und allenfalls die Künstler persönlich taten. Blickt man zurück in die Jahre gegen 1700, so gab es eine Zeit, in der ausschließlich dem Gießer vorbehalten war, seinen Namen auf dem Kunstwerk zu präsentieren.53 Kaum jemals wieder billigte man dem Ziseleur zu, seinen Anteil am Kunstwerk derart stolz auszuweisen wie im 19. Jahrhundert: Rauchs »Jungfer Lorenzen von Tangermünde«54 Zur Entwicklung des Bronzegusses in Deutschland im 19. Jahrhundert 33 deutschen Grenzen hinaus höchst gefragt war und mit Exporten bis in die USA einherging. Zu den prägenden, überragenden und meistbeschäftigen Gießern gehörte Christoph Heinrich Fischer, der als Ziseleur begann, in den 1820er Jahren zunächst kleine Güsse verwirklichte und schließlich seit den späten 1830er Jahren einer der bedeutendsten Berliner Gießer war. Rauch bescheinigte seinerzeit ungefragt, daß er ihm »das Allerwichtigste anvertrauen würde«.57 Zu den Meisterleistungen seiner Hand gehört die 1837– 42 ausgeführte »Amazone« von Kiss (Abb. 12) auf der Freitreppe des Alten Museums.58 Doch er arbeitete auch für Schadow, Tieck, Rauch, Rietschel, Drake und viele andere. Wenngleich es heißt, Fischers Gießerei habe ihre Tätigkeit 1845 eingestellt59, sind doch hervorragend ausgeführte Güsse nachweisbar, die das in Frage stellen – etwa Rauchs »Danaide«, die ins Jahr 1849 datiert ist.60 Der Berliner Gießer Hermann Gladenbeck begann in den 1850er Jahren mit Kleinbronzen, erweiterte sein Spektrum aber bald auf Großbronzen und sogar auf großformatige Zink- 13 Christian Daniel Rauch: Denkmal für Maximilian I. Joseph von Bayern, 1835, München (Abb. 10) ist 1834 inschriftlich als von Friedrich Vollgold ziseliert ausgewiesen; Albert Wolffs »Löwenkämpfer«55 von 1849 – 61 auf der Freitreppe des Alten Museums in Berlin (Abb. 11) weist neben der Künstler- und der Gießersignatur auch jene des Ziseleurs L. Grünenberg auf; Ernst Herters »Ruhender Alexander«56 von 1878 verweist inschriftlich auf den Ziseleur A. Mertens. Mit der Wiedereinführung des Wachsausschmelzverfahrens um 1880 wurden die in den 1830er Jahren aufgekommenen inschriftlichen Würdigungen der Ziseleure hinfällig, denn nunmehr beschränkte sich deren Tätigkeit in der Entstehung eines Bronzegusses auf ein notwendiges Minimum, nämlich auf das Entfernen des Angußsystems und das Ausbessern von Gußfehlern. Sicherheit und Massenhaftigkeit: Der Berliner Weg zur Kommerzialisierung Um die Jahrhundertmitte ging mit dem Wirken der bereits erwähnten Gießer wie Friebel und Gladenbeck eine Blüte der Bildhauerkunst einher, die über die preußischen, ja über die 14 Ludwig Michael Schwanthaler: Bavaria, 1850, München (Modellzeichnung) 34 Bernhard Maaz gußplastik. Während Fischer die furiose und technisch herausfordernde »Amazone« von Kiss goß, lag deren Pendant, Albert Wolffs »Löwenkämpfer«, in Gladenbecks Händen: der gesunde Wettbewerb blühte. Seit den 1870er Jahren – es war die Zeit massenhafter, ja übermäßiger Denkmalsetzungen – stellte auch er Denkmäler in Serie her, untereinander absolut gleich bis ins Detail. Er eroberte sich die Marktführung insofern, als seine sogenannten »Ladenbronzen«, die seriell in verschiedensten Maßstäben gegossenen dekorativen Werke für das klein- wie großbürgerliche Heim, bald weithin vertrieben wurden. Das Firmenprofil änderte sich auch nicht grundlegend, nachdem die Firma 1888 in eine Aktiengesellschaft verwandelt war. Um 1900 stand der Firmenname »Aktiengesellschaft Gladenbeck« schließlich vor allem für diese zahllosen Ladenbronzen. Sie wiederum standen aufgrund etwas kurzschlüssiger Vereinfachung schlußendlich stellvertretend für dümmliche Salonprunksucht und wilhelminische Geschmacklosigkeit.61 Gladenbeck wiederum war nur der bekannteste Vertreter jener weitverbreiteten Ladenbronzen; andere Namen wären zu nennen, etwa eine Firma wie Bellair & Co, deren Angebotsspanne vom AntikenNachguß bis zum Livréeknopf reichte, oder die Firma Conrad Felsing, bei der man Büsten des Kaiserhauses ebenso bestellen konnte wie »Reiterstatuetten der ganzen preussischen Kavallerie, Garde und Linie, 43cm hoch, bronzirt u. colorirt«.62 Sie alle machten allerdings den Gießern von großformatigen Denkmälern und freier figürlicher Plastik keine ernstliche Konkurrenz. Auch im Königlichen Gewerbeinstitut, das seinerzeit von Schinkels Mitstreiter Peter Beuth begründet wurde, führte man gelegentlich Großbronzen aus, etwa um 1860 die sechs Standbilder preußischer Feldherren für den Berliner Wilhelmsplatz, die teilweise nach Marmorbildwerken des 18. und frühen 19. Jahrhunderts und teilweise nach neuen Modellen gegossen wurden.63 Mit diesen Güssen verknüpften sich staatspolitische, ästhetische, unternehmerische und didaktische Interessen: August Kiss war nicht nur der Modelleur einiger dieser Statuen, sondern zugleich Lehrer der Ausbildungseinrichtung. So unterrichtete er in gemeinsamer praktischer Arbeit jüngere Kräfte, zu denen unter anderem Ferdinand von Miller gehörte, der spätere Münchner Gießer.64 Politisch zielten die Statuen auf preußische Selbstdarstellung, ästhetisch strebten die Neugüsse eine stilistische Reinigung von barocken Formen an, unternehmerisch war die Stärkung des Gewerbeinstituts und didaktisch die Ausbildung junger Kräfte außerhalb der großen, meist privaten Bronzegießereien ein Ziel. Hinsichtlich des Interessen- 15 Ernst Rietschel: Goethe-Schiller-Denkmal, 1857, Weimar (Aufnahme: 1971) 16 Ernst Hähnel: Standbild Theodor Körners, 1871, Dresden, Guß von Lenz und Heroldt, Nürnberg (Aufnahme: 2000) Zur Entwicklung des Bronzegusses in Deutschland im 19. Jahrhundert 35 17 Johann Friedrich Drake: Denkmal für Philipp Melanchthon, 1865, Lutherstadt Wittenberg (Aufnahme: um 1998) 18 Johann Gottfried Schadow: verkleinerte Nachbildung des Wittenberger Luther-Denkmals, (1817– 21), Guß der Statuette 1822, Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie gemenges unterschieden sich diese Güsse also grundlegend von all jenen, die die frei konkurrierenden Gießer im Auftrag von Denkmalkommitees, Städten oder Potentaten realisierten, denn dabei zählte neben den kommerziellen Interessen allenfalls die Qualität. der sich in Neapel ebenso wie bei den Berliner Gießern umgesehen hatte, realisierte den Guß.66 Trotz des Fehlgusses – derlei kam immer wieder vor – wurden ihm als dem Leiter der bayerischen Königlichen Erzgießerei München in der Folgezeit noch zahlreiche Aufträge zuteil, so etwa Güsse für Bertel Thorvaldsen und Ludwig Schwanthaler. Nach seinem Tode (1844) übernahm Ferdinand von Miller, der bei Stiglmaier, seinem Onkel, sowie in Paris ausgebildet worden war, die Gießerei. Zu den größten Projekten, die er verwirklichte, gehört die Bavaria von Schwanthaler in München (Abb. 14), und zu den ansonsten bekanntesten Großgüssen das von Rietschel modellierte Goethe-Schiller-Denkmal in Weimar (Abb. 15).67 Ab 1871 wurde die Gießerei als Familienbetrieb von den Söhnen Millers fortgesetzt. Sie gehörte somit zu den traditionsreichsten deutschen Firmen der Branche. Auf den Nürnberger Gießer Burgschmiet wurde bereits hingewiesen. Dessen Werkstatt wurde nach seinem Tode (1858) von seinem Schwiegersohn Christoph Lenz fortgeführt, dessen Güsse in ganz Europa zu finden sind (Abb. 16). Er perfektionierte die Technik so weit, daß auch er sich rühmen durfte, auf Ziselierung verzichten zu können.68 München und weitere Zentren Ein zweites Zentrum des Bronzegusses bildete München, wo sich zeitgleich mit Berlin die Gußtechnik etablierte und wo man eine ähnlich enge Verknüpfung zwischen immenser künstlerischer Produktivität – hier ist es namentlich Ludwig Schwanthaler, dessen zahllose Bronzen in alle Lande gingen65 – und dem Florieren des Gußgewerbes feststellt. Dennoch konnte auch dort ein Guß mangels hinreichender Erfahrung scheitern, wie die Ereignisse um Rauchs Denkmal Maximilian I. Josephs zeigen, das 1830 – 35 gegossen wurde und dessen überlebensgroße, zunächst ungeteilt gegossene Hauptfigur wegen einer Havarie in der Dammgrube ein zweites Mal gegossen werden mußte (Abb. 13). Johann Baptist Stiglmaier, 36 Bernhard Maaz 19 August Kiss: Amazone, Marmorfassung von 1865, Antwerpen, Museum der schönen Künste In Braunschweig wirkte Georg Howaldt, der sich – was für die Branche eher ungewöhnlich war – zuzeiten auch mit großformatigen Kupfertreibarbeiten, mit galvanoplastischen Werken und mit galvanisch verkupfertem Bleiguß – gänzlich eine Rarität im 19. Jahrhundert – befaßte.69 Materialikonographie und Materialspezifik Johann Friedrich Drakes Wittenberger Melanchthon (Abb. 17) entstand 1858 – 65 als Gegenstück zu Schadows Luther-Denkmal, dem ersten Denkmal für einen Reformator. Melanchthon blickt über eine imaginäre Versammlung der Gläubigen, mit der linken, ans Herz gelegten Hand eine bekennende Beteuerungsformel ausdrückend.70 Dieses von Gladenbeck gegossene Standbild gehört neben dem von Rauch für Nürnberg ausgeführten Dürer zu jener Gruppe von Denkmälern, welche die geistigen Wurzeln der Neuzeit vergegenwärtigen sollten und die in romantisch-rückwärtsgewandten sowie in lokalpatriotischen Gesinnungen wurzeln. Aber im Unterschied zu vielen anderen Denkmälern, die bestenfalls in kleinformatigen Reduktionen Verbreitung fanden (Abb. 18), wurde von Drakes Melanchthon eine originalgroße, detailgetreue Replik hergestellt, die als Zinkguß aus der damals renommierten Firma Moritz Geiß nach Bretten, in den Geburtsort Melanchthons östlich von Karlsruhe, gelangte.71 Ein Novum ist in dieser Zeit, daß zuvor Denkmäler stets Unikate blieben, während nunmehr die Doppelnutzung einer künstlerischen Schöpfung gestattet wurde, wie man es etwa von August Kiss’ Denkmal für Leopold I. von Anhalt-Dessau kennt, dessen erster Bronzeguß in Berlin stand und dessen zweiter Guß 1859 nach Dessau kam.72 Drakes Melanchthon-Denkmal scheint eines der ersten reinen Personal-Denkmale zu sein, die in einer solchen Zweitfassung reproduziert wurden, und es ist eines der ersten in Zink ausgeführten Denkmale.73 Dabei war allen Beteiligten sicherlich von vornherein klar, daß nur das in Wittenberg, also am Ursprungsort der Reformation, befindliche ›Original‹ in edler Bronze existieren dürfe, während die Replik im billigeren und minder wertgeschätztem Zink auszuführen war und – im Gegensatz zum Wittenberger Denkmal – lediglich auf einem Sandsteinsockel (statt des Ewigkeitswerte verkörpernden Granits) und ohne Baldachin plaziert wurde. Es gibt mithin eine dreifache Anspruchsreduzierung gegenüber dem Erstguß: im Material der Statue, im Bedeutungsgehalt des Sockels, im Verzicht auf den gußeisernen Baldachin als Hoheitsformel. Drakes Standbild konnte ohne gestalterische Veränderungen in einem anderen Metall reproduziert werden. Der Wechsel von Bronze zu Marmor hingegen, wie im Falle von August Kiss’ Amazone (Abb. 19), forderte nicht nur Abwandlungen einzelner Details,74 sondern grundlegende Eingriffe in die Konzeption des Kunstwerkes. Für die furiose Komposition war Kiss’ eigenem, ursprünglichem Bekenntnis zufolge »die Ausführung in Erz die einzige ..., welche das Kunstwerk als solches wiedergibt, während dieß bei dem Gusse in andern Metallen nicht möglich ist«75 – mit dieser vorgeschobenen Argumentation, die er selber späterhin ad absurdum führte, erwirkte der Künstler den Bronzeguß. Dabei stand ihm ein »Verein Berlinischer Kunstfreunde zur Ausführung der Kiss’schen Amazonen-Statue in Erz« zur Seite, der 1839 in Schinkels Wohnung (und gewiß auf sein Betreiben) gegründet wurde und der neben den zahllosen Denkmalkommitees des 19. Jahrhunderts wohl die erste Privatinitiative zugunsten des Bronzegusses eines ganz freien (und bereits im Modell ausgeführten) Bildwerks war. Der Guß wurde zwar ausgeschrieben, doch der meistfordernde (!) Fischer erhielt den Auftrag, nachdem der Preis gedrückt wurde76 – offensichtlich stand seine technische Perfektion höher im Kurs als die Heinrich Hopfgartens und jene der damals noch nicht sehr ›bronzeerfahrenen‹ Lauchhammer-Gießerei. Obgleich sich Kiss – wie oben zitiert – anfänglich explizit gegen eine Ausführung in Zink verwahrt hatte, kam es überraschenderweise schon nach wenigen Jahren eben dazu. Dieser originalgroße Zinkguß wurde 1851 auf der Londoner Weltausstellung gefeiert. Noch erstaunlicher aber ist die Tatsache der beiden Marmorübertragungen77, denn hier stößt die so raumgreifende Komposition vollends an ihre Grenzen: Die ausgreifenden und freistehenden Partien wie Arme, Beine oder Lanze mußten mit höchster Sorgfalt aus dem Stein herausgearbeitet werden, konnten aber teilweise doch nicht auf so dünne Volumina reduziert werden wie im armierten Metallguß möglich. Auch bedurfte es einer zentralen Stütze unter dem Pferdebauch, die der intendierten kompositorischen Leichtigkeit zuwiderläuft. Nachdem eine erste Marmorfassung durch Ludwig I. von Bayern, einen der regsamsten Mäzene seiner Zeit, bestellt wurde, folgte eine zweite, die in das Antwerpener Museum kam – Marmor war das Material, das antikengleiche Zeitlosigkeit versprach, und das Museum war ein Ort, an dem ein Künstler wie Kiss in die Ewigkeit der Kunstgeschichte einzugehen hoffen durfte. Der ›Verrat‹ an den eigenen Maximen, die Zur Entwicklung des Bronzegusses in Deutschland im 19. Jahrhundert 20 Johannes Schilling: Vier Tageszeiten, 1863 – 71, hier: Die Nacht, Guß von Pirner & Franz (Aufnahme: 2000) zunächst gar keine andere Umsetzung als die in Bronze zulassen wollten (und die doch nur im taktischen Vorgehen wurzelten), hatte also wiederum außerkünstlerische Beweggründe. Vielzahl und Leistungsfähigkeit deutscher Gießer gegen 1900 Während noch Gladenbeck den Berliner Markt dominierte, erwuchs ihm ernsthafte Konkurrenz: Hermann Noack gründete 1898 eine Gießerei, die bis heute besteht.78 Zunächst goß man Arbeiten jüngerer, unbekannterer Bildhauer, zu denen etwa August Gaul mit seinen ersten eigenständigen Werken gehörte (und der sich gerade erst von seinem Lehrmeister Begas löste). Es folgten dann ab 1906 auch Güsse nach kunsthistorisch bedeutenden Bildwerken des 19. Jahrhunderts von Schadow und Rauch, Kalide und Wolff. Diese Neugüsse nach Wachs- und Tonmodellen und nach Originalgipsen wurden von der Nationalgalerie und der Hamburger Kunsthalle bestellt.79 Da Noack das Wachsausschmelzverfahren beherrschte und 37 kostengünstig arbeitete, war er dazu berufen, so subtil modellierte Bozzetti wie die in Wachs modellierte »Tänzerin« von Schadow zu gießen. Allerdings – beim Nachguß der Prinzessinnengruppe sieht man, daß dieses Werk nicht für Bronze konzipiert war und aufgrund der metallisch-harten Glanzlichter und der undurchdringlichen Schwärzen in den Unterschneidungen weniger überzeugt als das Marmororiginal.80 Nicht näher bekannt, aber doch sehr rege tätig war die Berliner Gießerei Martin & Piltzing, die zuweilen den ehrgeizigen Zusatz »Hofbildgiesser« im Gießerstempel trug.81 In den frühen 1890er Jahren arbeitete sie für Künstler der offiziellen, neubarocken und naturalistischen Skulptur wie etwa Johannes Götz und Erich Hösel. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wandten sich aber auch Bildhauer des Sezessionskreises an sie, etwa August Kraus, Louis Tuaillon und Franz Metzner. Die zahlreichen Gießer, die im ausgehenden 19. Jahrhundert von Dresden bis Bremen, von Berlin bis München wirkten, sind teilweise nur kurz und lokal nachweisbar. Die Anforderungen handwerklicher Art waren hoch, ebenso die Konkurrenz. Verständlicherweise siedelten sich Bronzegiesser mit Spezialisierung auf den Bildguß bevorzugt dort an, wo ein florierender Kunstmarkt oder Akademien bestanden. Wiederum steht München gleich neben Berlin, nur waren die Berliner Aufgaben eher offizieller und monumentaler Art, wohingegen sich die Münchner Erwartungen mehr auf Kleinbronzen für Liebhaber und Sammler richteten. Nicht nur die schulbildende Wirkung Adolf von Hildebrands, der zum neuklassizistischen Gegenspieler des neubarocken Reinhold Begas in Berlin wurde, sondern auch die Blüte sezessionistischer und teilweise dem Jugendstil nahestehender Plastik in der Isarstadt trug zur dortigen Blüte der Gußtechnik bei. Leyrer war seit den 1890er Jahren geradezu kontinuierlich für Franz von Stuck tätig, dessen »Amazone« und »Athlet« in vielen Exemplaren gegossen wurden, aber auch für Georg Wrba, Georg Roemer oder Theodor Georgii. Den mit A. Brandstetter bezeichneten Bronzegüssen begegnet man ebenfalls von dieser Zeit bis ins 20. Jahrhundert hinein, doch will es bei einer ersten Übersicht scheinen, daß die bekannteren, finanzkräftigeren Bildhauer Leyrer bevorzugten. In Dresden lassen sich kleinere, regional tätige Gießer wie Pirner & Franz, die etwa für Johannes Schilling arbeiteten82 und von den 1880er Jahren an nachweisbar sind (Abb. 20), und die Firma Adalbert Milde & Co. nachweisen (Abb. 21). Auf die zahlreichen Gießer in anderen deutschen Orten kann hier nicht näher eingegangen werden, zumal Informationen über Dauer und Umfang ihrer Arbeit sowie über Charakter und Qualität ihrer Güsse rar sind. Elitäre Ansprüche um 1900 Ansprüche und Forderungen der Bildhauer, Auftraggeber und Käufer waren extrem unterschiedlich. Wenn vielen die einfache, motivisch treue Reproduktion genügte, so gab es doch auch elitäre Haltungen, die sich auf perfekteste Gußtechnik oder gar eigenhändige Ziselierung richteten. Als Max Klinger eines seiner Hauptwerke, den »Beethoven« (Abb. 22) schuf, bedurfte er kostbarer Edelsteine, seltener Materialien für Einlegearbeiten, feiner Goldfolien – und eines höchst 38 Bernhard Maaz 21 Georg Wrba: Marie Gey-Heinze – Brunnen, 1910, Guß von Adalbert Milde & Co. (Aufnahme: 1954) subtil gegossenen bronzenen Thrones. Trotz der Existenz zahlreicher deutscher Gießereien, die für jede Preisvorstellung in jeder erdenklichen Ausführungstechnik und Auflagenhöhe arbeiten konnten, wählte er einen Gießer in Paris, Pierre Bingen. Mit aller Subtilität des Fin de siècle modellierte er selber ein halbes Jahr am auszuschmelzenden Wachsmodell83 (dieses altmeisterliche Herangehen war ganz ungewohnt), beobachtete die Prozedur des Wachsausschmelzverfahrens84 und die partielle Nachbearbeitung. Jubelnd konstatierte er, »daß man allenthalben ... noch die Hautabdrücke des Daumens auf dem Wachs sehen kann. Und das worauf ich stolz bin – man sieht von A – Z: das war für Bronze gedacht und wirkt als solche.«85 Wenngleich das Unikat und Meisterwerk in Paris gegossen wurde, vertraute Klinger doch andere Schöpfungen auch deutschen Gießern an. So wurde etwa seine »Badende« von Gladenbeck in fünf verschiedenen Größen vertrieben und reihte sich also in die gängigen Ladenbronzen ein. Allerdings sorgten der Künstler und sein Gießer einvernehmlich für einen besonders hohen Preis, womit dem Werk zumindest ein rudimentärer Abglanz des Elitären anhaftet.86 Auch andere Außenseiter gossen bei Bingen, etwa Ernst Moritz Geyger, dessen Interessen sich, über Europa hinausschauend, auch auf den Bronzeguß, die Legierungen und Patinabildung im alten Japan richteten.87 Anderes, namentlich seine gerühmte Gruppe »Kampf zwischen Nilpferd und Löwe« von 1888 – 94, ziselierte er in langer, mühsamster Arbeit eigenhändig, und dies sicher nicht nur, um die landläufigen Gießer und Ziseleure zu beschämen und sein Ungenügen an ihren Leistungen zu bekunden, sondern auch, weil er einem wiederbelebten Renaissance-Ideal perfektester und eigenhändiger Bearbeitung huldigte.88 Man konnte Geyger schwerlich ein größeres Kompliment machen als das, daß es scheine, er sei bei Donatello in die Schule gegangen.89 War in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Peter Vischer das leuchtende Leitbild, so galten nunmehr RenaissanceBronzen – damals bereits anerkannte Sammlerobjekte – als höchster Maßstab. Die Ahnenbeschwörung beim Bronzeguß galt nicht mehr Peter Vischer und der Selbstverständigung anhand nationaler Traditionen, sondern zielte darauf, daß sich die Künstler des wilhelminischen Deutschlands (das sich ja nach 1870 seinerseits auf dem direkten Weg zur Weltmacht sah) mit den bedeutendsten Bezugsgrößen der europäischen Kunstgeschichte mäßen, eben mit den Meistern der italienischen Renaissance. Während im elitären Kreis um Klinger und Geyger konservative Traditionen gepflegt wurden, praktizierten der Kaiser und seine künstlerisch-politischen Parteigänger eine expansive Kunstpolitik und bestellten massenhaft Denkmäler. Der Kleinund Großbürger hingegen kaufte kleine oder große Ladenbronzen und beobachtete mit Argwohn oder Zufriedenheit das Wuchern des öffentlichen Denkmalkults. Daß die Kunst jener Jahrhundertwende und damit zugleich die Bronzetechnik nach Untergang des wilhelminischen Reiches nachhaltig in den Hintergrund traten, lag nicht nur am Durchbruch expressionistischer Postitionen nach dem ersten Weltkrieg, sondern gleichermaßen an den obsolet gewordenen martialischen Inhalten und Gesten, die die Denkmalplastik transportiert hatte, wie auch an der salonmäßigen Inhaltsarmut und Glätte mancher weitgestreuter Ladenbronzen. 22 Max Klinger: Beethoven-Denkmal, 1902, Ansicht der Rückseite des Bronzethrones, Leipzig, Museum der bildenden Künste Zur Entwicklung des Bronzegusses in Deutschland im 19. Jahrhundert Für kritische Durchsicht des Textes, für Gespräch und Rat danke ich Herrn Professor Josef Riederer, Rathgen-Forschungslabor, sehr herzlich. Bei den Bildunterschriften wird – nicht zuletzt aufgrund oft langer Vorarbeiten – jeweils das Jahr der Einweihung beziehungsweise Vollendung angegeben, was dem Gußdatum am nächsten kommt. Anmerkungen 1 Max Klinger (Paris 10. 12. 1901); zit. nach Hübscher, Anneliese (Hrsg.): Max Klinger. Malerei und Zeichnung. Tagebuchaufzeichnungen und Briefe. Leipzig 1985, S. 133 f. 2 Ulrich, Dieter und Daisy Sigerist: Alexander Trippel (1744 –1793). Skulpturen und Zeichnungen, Schaffhausen 1993, S. 116 –123. 3 Vgl. zum Bronzeguß: Lüer, Hermann: Die Technik der Bronzeplastik. Leipzig o.J. [1904]. – Vgl. zum Berliner Umfeld generell: Bloch, Peter und Waldemar Grzimek: Das klassische Berlin. Die Berliner Bildhauerschule im neunzehnten Jahrhundert. Frankfurt a. M., Berlin, Wien 1978; Bloch, Peter und Sibylle Einholz, Jutta von Simson (Hrsg.): Ethos und Pathos. Die Berliner Bildhauerschule 1786 –1914. Ausstellungskatalog (=Bd. 1) und Beiträge (=Bd. 2). Berlin 1990. 4 Friedlaender, Julius (Hrsg.): Gottfried Schadow – Aufsätze und Briefe. Stuttgart 18902, S. 32 – 38. 5 Schadow 1890 (wie Anm. 4), S. 37. 6 Franz Zauner an Johann Gottfried Schadow. Wien 12.12.1800; Zentralarchiv der Staatlichen Museen zu Berlin, Nachlaß J. G. Schadow, E 6.10. 7 Vom ebenfalls relativ großformatigen Kanonen- und Glockenguß wird hier abgesehen, da dort ein anderes, primär funktionales Anliegen verfolgt wird. 8 1778 goß Valadier Doells Winckelmann-Büste (heute Staatliche Kunstsammlungen Kassel, Neue Galerie), die bereits 1804 durch Gipsabgüsse verbreitet wurde. (Vgl. Schulz, Arthur: Die Bildnisse Johann Joachim Winckelmanns. Berlin 1953, S. 31 – 43, 45 – 47, 62 f.) 9 von Holst, Christian: Johann Heinrich Dannecker. Der Bildhauer. Ausstellung Stuttgart 14. 2. – 31. 5.1987 (Ausstellungskatalog). Stuttgart 1987, S. 265. 10 Holst 1987 (wie Anm. 9), S. 273. 11 Spemann, Adolf: Dannecker. Berlin, Stuttgart 1909, S. 66. 12 Caroline von Humboldt an Christian Daniel Rauch. Rom 13. 3. 1818; In: von Simson, Jutta (Hrsg.): Caroline von Humboldt und Christian Daniel Rauch. Ein Briefwechsel 1811–1828, Berlin 1999, S. 291. 13 Eckardt, Götz: Johann Gottfried Schadow 1764 –1850. Der Bildhauer. Leipzig 1990, S. 201. 14 [Johann Wolfgang von] Goethes Werke (=Weimarer bzw. SophienAusgabe), 1. Abt., Bd. 49. 2. Weimar 1900, S. 276 f. 15 Schasler, Max. In: Dioskuren 6 (1861), S. 177. 16 von Simson, Jutta: Christian Daniel Rauch. Oeuvre-Katalog. Berlin 1996, S. 231 f. 17 Lüer (wie Anm. 3), S. 101. 18 Eggers, Friedrich und Karl Eggers: Christian Daniel Rauch. Bd. 2. Berlin 1878, S. 345 f. 19 Simson 1999 (wie Anm. 12), S. 315, 322. 20 Lüer (wie Anm. 3), S. 102. 21 Volk, Peter: Ferdinand von Miller – Sein Leben und Wirken. In: Erz-Zeit. Ferdinand von Miller – Zum 150. Geburtstag der Bavaria. München 1999, S. 14 – 65, hier S. 20. 22 Arndt, Monika: Goethe und Schiller. In: Ethos und Pathos 1990 (wie Anm. 3), Bd. 1, S. 243 f. 23 Riemann, Gottfried (Hrsg.): Karl Friedrich Schinkel. Reise nach England, Schottland und Paris im Jahre 1826. Berlin 1986, S. 109. 24 Maaz, Bernhard: Christian Friedrich Tieck. Leben und Werk. Berlin 1995, S. 332 f. 25 Mackowsky, Hans: Die Bildwerke Gottfried Schadows. Berlin 1951, S. 60 – 62; Maaz, Bernhard (Hrsg.): Johann Gottfried Schadow und die Kunst seiner Zeit. Köln 1994. Nr. 26. Taf. S. 87, 176 f. 39 26 Riemann, Gottfried (Hrsg.): Karl Friedrich Schinkel. Reisen nach Italien. Berlin 1979, S. 187, 200. 27 Gr[uppe], [Otto]: Statue Friedrich Wilhelms II. von Prof. Friedrich Tieck. In: Berliner Kunst-Blatt 1829. Heft 6, S. 176. 28 Röber, Wolf-Dieter: Lauchhammer Eisenkunstguss-Plastiken in Wolkenburg. Glauchau 1984, S. 8. 29 Simson 1996 (wie Anm. 16), S. 269 – 274. 30 Eggers, Friedrich und Karl Eggers: Christian Daniel Rauch. Bd. 3. Berlin 1886, S. 171. 31 Lüer (wie Anm. 3), S. 107. 32 Besitz der Nationalgalerie Berlin. 33 Vgl. Schmidt, Otto Eduard: Lauchhammerwerke in Wolkenburg und Waldenburg. In: Mitteilungen des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz 14 (1925), S. 161–172; ferner: Lauchhammer Bildguß. Mitteldeutsche Stahlwerke AG. Lauchhammer 1929. 34 von Zobeltitz, Hanns: Aus der Werkstätte Meister Gladenbecks. In: Velhagen und Klasings Monatshefte 5 (1890/1891). Bd. 2, S. 423 – 442, hier S. 429. 35 Ähnlich wurde die Ausbildung bei Rauch praktiziert; vgl. z.B. Rietschel, Ernst: Erinnerungen aus meinem Leben. Berlin 1963, S. 75, 81. 36 Riemann, Gottfried (Hrsg.): Karl Friedrich Schinkel 1781–1841. Ausst-Kat. Staatliche Museen zu Berlin. 23.10.1980 – 29.3.1981. Berlin 1980, S. 276 f. 37 Schuster, Gerhard und Caroline Gille (Hrsg.): Wiederholte Spiegelungen. Weimarer Klassik 1759 –1832. München, Wien 1999, S. 469. 38 Holtzhauer, Helmut und Reiner Schlichting (Hrsg.): Johann Heinrich Meyer. Geschichte der Kunst. Weimar 1974, S. 207. 39 Eggers, Fr[iedrich]: Wilhelm Wolff. In: Deutsches Kunstblatt 7 (1856), S. 143 – 146; Maaz, Bernhard: Wilhelm Wolff (1816 – 1887), der erste Berliner Tierbildhauer. In: Forschungen und Berichte. 29/30 (1990), S. 303 – 322. 40 Katalog der Berliner Akademie-Ausstellung 1850, S. 88; Katalog der Berliner Akademie-Ausstellung 1852, S. 78. 41 Bimler, Kurt: August Kiss, ein Bildhauer aus Oberschlesien. In: Oberschlesien 1915; Bimler, Kurt: Theodor Kalide. In: Oberschlesien 1917. 42 Masa, Elke: Freiplastiken in Nürnberg. Neustadt o. J., S. 42 f. 43 Fontane, Theodor: Friedrich Wilhelm Wolff. In: Ders., Aufsätze zur bildenden Kunst. Erster Teil. München 1970, S. 457– 460; Zum »Tunnel über der Spree« vgl. Fontane, Theodor: Autobiographische Schriften. Bd. II: Von Zwanzig bis Dreißig. Berlin, Weimar 1982, S. 154 – 174, bes. S. 158. 44 Zyklen in der Casa Bartholdy und der Villa Massimo, Rom, in der Münchener Residenz, am Alten Museum in Berlin. 45 Schmidt, Eva: Der preußische Eisenkunstguss. Technik, Geschichte, Werke, Künstler. Berlin 1981, S. 126 –133 mit Abb. 46 Springer, Peter: Schinkels Schloßbrücke in Berlin. Zweckbau und Monument. Berlin 1981. 47 Beispielsweise im Katalog der Berliner Akademie-Ausstellung 1848. Nr. 1233 –1236. 48 Katalog der Berliner Akademie-Ausstellung 1846. Nr. 1101. 49 Katalog der Berliner Akademie-Ausstellung 1824. Nr. 379– 382, 400. 50 Katalog der Berliner Akademie-Ausstellung 1826. Nr. 653 f., 657 f.; Castner war auch als Zinkgießer tätig (vgl. Vösgen, Nicola: Berliner Zinkguß des 19. Jahrhunderts. In: Berliner Beiträge zur Archäometrie 14. 1997, S. 319– 487, hier S. 364, 406). 51 Katalog der Berliner Akademie-Ausstellung 1830. Nr. 730 f. 52 Ernst Rietschel (1856); zit. nach: Das Denkmal. Goethe und Schiller als Doppelstandbild in Weimar. Edition Haniel. Tübingen 1993, S. 103. 53 Beispielsweise die Güsse der Gießer Keller aus den 1680/90er Jahren, die man in Paris und Versailles zahlreich findet. 54 Maaz, Bernhard: Kleinplastiken des 19. Jahrhunderts aus der Sammlung der Nationalgalerie (Ausstellungskatalog). Berlin 1992. Nr. 20. 55 von Simson, Jutta: Der Bildhauer Albert Wolff. 1814 –1892. Berlin 1982, S. 206. 56 Keisch, Claude: Um Anselm Feuerbachs »Gastmahl«. Berlin 1992, Nr. 75. 40 Bernhard Maaz 57 Eggers 1886 (wie Anm. 30), S. 102. 58 Maaz, Bernhard: L´ Amazone d´ August Kiss et la disparition des normes classiques dans la sculpture. In: Revue de l’ Art 104 (1994), S. 15 – 21. 59 Lüer (wie Anm. 3), S. 101. 60 C. FISCHER. FUD: 1849. – Siehe Maaz 1992 (wie Anm. 54), Nr. 21. 61 Berger, Ursel: Die Bronzegiessereien Gladenbeck in Berlin. In: Antiqua ´88 Berlin. Berlin 1988; Sprink, Claus-Dieter und Marlis Hujer: Bildgießerei Gladenbeck – Aufstieg und Niedergang. Berlin 1994. 62 Kiessling´s Berliner Baedeker. Berlin 18849, S. 109. 63 Maaz, Bernhard: Denkmalverständnis und Denkmalpflege im 19. Jahrhundert am Beispiel der Generalsstandbilder vom Wilhelmsplatz. In: Jahrbuch der Stiftung Preußischer Kulturbesitz 34 (1998), S. 237 – 260. 64 Stollreither, Eugen und Alexander Heilmeier (Hrsg.): Ferdinand von Miller erzählt. München o.J. [1931], S. 7. 65 Otten, Frank: Ludwig Michael Schwanthaler. München 1970, pass. 66 Hemmeter, Karlheinz: Das Denkmal für König Max I. Joseph in München von Christian Daniel Rauch. In: Böning-Weis, Susanne und Karlheinz Hemmeter, Michael Petzet: König Max I. Joseph – Modell und Monument. München 1996, S. 35 – 85, hier S. 49 f. 67 Volk 1999 (wie Anm. 21). 68 Grimme, Franz: Bronze-Kunstguss in Nürnberg. Zum 150jährigen Bestehen der Kunstgießerei Burgschmiet-Lenz. Nürnberg 1979, S. 13 – 15. 69 Lüer (wie Anm. 3), S. 113, 128 f. 70 Dioskuren 5, 1860, S. 71. 71 Kobler, Friedrich: Über Zink und Zinkguß. In: Mottner, Peter und Martin Mach (Hrsg.): Zinkguß. Die Konservierung von Denkmälern aus Zink. München 1999, S. 17– 49, hier Abb. 26. 72 Der Guß vor der Dessauer Marienkirche ist zwar nicht von Kiss signiert, aber inschriftlich ausgewiesen: K. GEWERBE INSTITUT EXC. BERLIN 1859. 73 Vgl. aus dem Jahre 1858 Wilhelm Wolffs Denkmal der Kurfürstin Louise Henriette von Oranien: Vösgen 1997 (wie Anm. 50), S. 404 f. Kat. 145. 74 Vgl. zu derartigen Abwandlungen: Maaz 1998 (wie Anm. 63), dort ein Detailvergleich an dem ebenfalls von Kiss vorgenommenen Bronzeguß nach Schadows Standbild Leopold I. von AnhaltDessau: dort Abb. 7 (Marmor: gebohrte Struktur) und 8 (Bronze: aufgelegt modellierte Struktur). 75 Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Berlin, Rep. 137 I, Nr. 75, fol. 1. 76 Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Berlin, Rep. 137 I, Nr. 75, fol. 186 – 209. 77 Bimler 1915 (wie Anm. 41), S. 39; Ethos und Pathos 1990 (wie Anm. 2), Bd. 1, S. 145. 78 Berger, Ursel und Josephine Gabler: Hundert Jahre Bildgiesserei H. Noack. Berlin 1997. 79 Vgl. Syamken, Georg: Die dritte Dimension. Plastiken, Konstruktionen, Objekte. Bestandskatalog der Skulpturenabteilung der Hamburger Kunsthalle. Hamburg 1988, S. 203 f., 341– 345, 371– 395, 425 f., 448, 459 f.; ein etwa identischer Bestand befindet sich in der Nationalgalerie, Berlin. 80 Syamken 1988 (wie Anm. 79), S. 380 f. 81 Guratzsch, Herwig (Hrsg.): Museum der bildenden Künste Leipzig. Katalog der Bildwerke. Köln 1999. S. 168, 309. 82 Stephan, Bärbel: Sächsische Bildhauerkunst. Johannes Schilling 1828 –1910. Berlin 1996, S. 157, 159, 213, 243. 83 Asenijeff, Elsa: Max Klingers Beethoven. Leipzig 1902, S. 41. 84 Vogel, Julius: Max Klingers Leipziger Skulpturen. Leipzig 1902, S. 97. 85 Klinger 1985 (wie Anm. 1), S. 133 f. 86 Berger 1988 (wie Anm. 61), unpaginiert, Abb. 9. 87 Guratzsch 1999 (wie Anm. 81), S. 154. 88 Guthmann, Johannes: Ernst Moritz Geyger als Bildhauer. In: Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst 1909, S. 177–187, hier S. 181; Maaz, Bernhard: Das konservative Ideal – Bodes Verhältnis zur Skulptur seiner Zeit. In: Angelika Wesenberg (Hrsg.): Wilhelm von Bode als Zeitgenosse der Kunst. Berlin 1995, S. 135 –146, hier S. 136 f., Abb. 84. 89 Rapsilber, Maximilian: Ernst Moritz Geyger, Berlin – Florenz, und sein künstlerisches Schaffen. Darmstadt 1904, S. 2. Abbildungsnachweis Wolfgang Conrad: Abb. 17 Landesamt für Denkmalpflege Sachsen: Abb. 5, 6, 9, 16, 20 Martin Mach: Abb. 14 Museum für Bildende Künste Leipzig, Hans-Dieter Kluge: Abb. 22 Waltraut Rabich: Abb. 15 Reproduktion nach: Lüer, Hermann und Max Creutz: Geschichte der Metallkunst. Bd. 1. Stuttgart 1904: Abb. 1 Reproduktion nach: Maertens, Hermann: Die deutschen BildsäulenDenkmale des XIX. Jahrhunderts. Stuttgart 1892: Abb. 13 Reproduktion nach: von Holst, Christian: Johann Heinrich Dannecker. Der Bildhauer. Stuttgart 1987, Kat. Nr. 95, Staatsgalerie Stuttgart: Abb. 3 Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Deutsche Fotothek: Abb. 7, 21 Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie: Abb. 10, 11, 12, 18 Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie, Archiv: Abb. 2, 4, 8, 19 41 Die Umweltsituation und Entwicklung der Luftqualität in Ost- und Westdeutschland und ihr Einfluß auf die Korrosion von Bronze und Kupfer Anke Doktor Schäden an Denkmälern können oft erst dann richtig interpretiert werden, wenn die örtliche Umweltsituation bekannt ist. Es existiert allerdings erst seit den 1950er Jahren eine systematische und kontinuierliche Erfassung der Luftqualität, die vorher mangels geeigneter Meßverfahren für luftverunreinigende Stoffe eher sporadisch durchgeführt wurde. Im Zusammenhang mit Korrosionsschäden auf Bronzeund Kupferdenkmälern werden als korrosionsrelevante Luftschadstoffe vor allem Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid, Ozon und Staub genannt, die allesamt in hohen Konzentrationen vorhanden sind. Deshalb werden hauptsächlich diese in den nachfolgenden Ausführungen betrachtet, auch aus dem Grund, daß hier die Meßdaten mehrere Jahre zurückzuverfolgen sind.1 duktionsstätten der Schwefeldioxid-Gehalt der Luft (Abb. 2). Die angegebenen Daten sind Jahresmittelwerte, wobei zu beachten ist, daß es große Schwankungen zwischen Sommerund Wintermonaten gibt, da Schwefeldioxide vor allem durch Großfeuerungsanlagen zur Energiegewinnung entstehen. Aber auch der Anteil der Kohlefeuerungen in privaten Haushalten trägt erheblich zur SO2-Emission bei. Publizierte Spitzenwerte aus Leipzig erreichten beispielsweise in unmittelbarer Nähe einer Buntmetallhütte bis zu 1500 µg/m3.2 In Erfurt wurden 1988 noch SO2-Gehalte zwischen 225 und 375µg/m3 gemessen.3 Erfreulicherweise sind die Werte inzwischen auf 20% im Vergleich zu 1992 gesunken. Abb. 3 zeigt den Verlauf der Monatsmittelwerte der SO2-Belastung seit 1992 für Leipzig und München.4 In Tab. 1 sind die Jahresmittelwerte von Luftschadstoffen aus Leipzig aufgeführt.5 Schwefeldioxid SO2 Für Schwefeldioxid (SO2) gibt es bereits Daten aus dem Jahre 1961. Ein Vergleich zweier Industriestandorte – Gelsenkirchen in Westdeutschland und Wolfen in Ostdeutschland – zeigt eine extrem gegenläufige Entwicklung innerhalb Deutschlands (Abb. 1). Während man in Westdeutschland gleichzeitig mit der Erfassung der Meßdaten auch emissionsmindernde Maßnahmen eingeleitet hat und damit die Werte für SO2 gesenkt wurden, stiegen die Werte in Ostdeutschland sogar noch an. Erst nach der Wende 1989 sank mit der Schließung vieler Industriebetriebe und der Umrüstung der verbliebenen Pro- Jahr 1992 1993 1994 1995 1996 SO2 [µg/3m] NO2 [µg/m3] O3 [µg/m3] 108 79 43 34 23 33 36 36 48 48 24 26 35 30 35 Tab. 1 Jahresmittelwerte von Luftschadstoffen, Station Leipzig Hbf. (Mitte) 1 Entwicklung der SO2-Belastung (Jahresmittelwerte) an einem industriellen Standort in Westdeutschland (Gelsenkirchen) 1961 –1995 und Ostdeutschland (Wolfen) 1979 –1995 im Vergleich zur Hintergrundbelastung (Standort Waldhof ) 1972 –1995 (Quelle: s. Anm. 1) 42 Anke Doktor 2 Schwefeldioxid-Immissionen in der Bundesrepublik Deutschland, Jahresmittelwerte 1985 –1998 (Quelle: s. Anmerkung 1) Stickstoffoxide NO, NO2 Im Fall der Stickstoffoxid-Belastung (NO, NO2 (NOX)) ist die Tendenz eher gegenläufig. Die Stickstoffoxide entstehen bei allen Verbrennungsprozessen, welche bei sehr hohen Temperaturen ablaufen. Da die Hauptquelle für Stickstoffoxide neben den industriellen Verbrennungsanlagen der Kraftfahrzeugverkehr ist, scheint es nicht verwunderlich, daß die Werte in Ostdeutschland durch das zunehmende Verkehrsaufkommen zunächst gestiegen sind.6 Auch die Einführung des Katalysators, durch den eine Emissionsminderung erreicht wird, vermag dagegen verhältnismäßig wenig zu tun, denn seine Wirksamkeit wird durch den Zuwachs an Kraftfahrzeugen nahezu aufgehoben.7 Dies ist zwar bedauerlich, aber für die Korrosion von Bronze und Kupfer von eher untergeordneter Bedeutung, wie später noch genauer erklärt wird (s. Tab. 2). Die Umweltsituation und Entwicklung der Luftqualität in Ost- und Westdeutschland Ozon O3 Die Bildung von Ozon (O3), das ebenfalls zu den Luftschadstoffen zählt, hängt eng mit der NOx-Emission zusammen. Durch Ozon wird NO zu NO2 oxidiert, im Gegenzug wird NOX durch UV(b)-Strahlung (Sonneneinstrahlung) wieder unter Bildung hochreaktiver Radikale zersetzt. Diese Radikale führen ihrerseits wieder zur Ozonbildung. Die Werte für Ozon zeigen seit 1980 eine leicht ansteigende Tendenz.8 Mit dem Wissen um den Zusammenhang zur Stickstoffoxid-Emission erscheint dieser Verlauf allerdings logisch. Die absolute Entwicklung ist dagegen nicht so deutlich wie beim SO2. Letztendlich ist der alleinige Einfluß von Ozon auf die Korrosion von Bronze vernachlässigbar (siehe Tab. 2).9 Im Zusammenhang mit anderen Luftschadstoffen kann die Ozon-Konzentration jedoch auch eine Rolle spielen. Dies wird später erläutert. Staub Der chemische Einfluß von Staub auf die Korrosion von Metalloberflächen kann dagegen so gut wie ausgeschlossen werden. Allerdings sind derartige feste Partikel oft mit Stoffen wie Säuren oder Salzen befrachtet, die insgesamt eine aggressive Materialkombination bilden und chemisch mit der Metalloberfläche in Wechselwirkung treten können. Gesicherte Befunde dazu gibt es allerdings noch nicht, wobei jedoch zu berücksichtigen ist, daß abgelagerte Schwebstäube die Bildung von passivierenden und homogenen Oberflächenschichten beeinflussen. Bisher wurden noch keine regional differenzierenden Messungen von Stäuben durchgeführt, es existieren allerdings Daten aus dem UBA-Meßnetz, die eine Tendenz ähnlich der SO2-Belastung aufzeigen. Offensichtlich besteht daher ein Zusammenhang zwischen dem Betreiben von Feuerungsanlagen fossiler Brennstoffe und der Entstehung von Feinstäuben.10 Einfluß der Luftschadstoffe auf die Korrosion Tab. 2 gibt eine Übersicht über die verschiedenen Luftschadstoffe und ihre korrosive Wirkung auf Bronze und Kupfer wieder.11 Hier wird deutlich, daß der wichtigste Faktor die Schwefeldioxid-Belastung ist. Neben den sogenannten Schadstoffen spielt die Anwesenheit von Wasser auf der Metalloberfläche – also die relative Luftfeuchtigkeit – eine entscheidende Rolle für die Korrosion. Die Korrosionsprozesse lassen sich vereinfacht mit folgendem Modell erklären. Auf der Bronze- oder Kupferoberfläche befindet sich ein Wasserfilm, in dem die relevanten Luftschadstoffe gelöst vorliegen. In dieser als Elektrolyt fungierenden Wasserschicht läuft die anodische Reaktion des Kupfers zu Kupferionen und die kathodische Reaktion von Sauerstoff und Wasser zu Hydroxidionen ab. Sind keine anderen Ionen vorhanden, bildet sich nun Cuprit (Cu2O). Da aber durch den mehr oder weniger hohen SO2-Gehalt der Luft auch Sulfat-(SO42–)-Ionen anwesend sind, stehen die Bildungsreaktionen von Cuprit und basischen Kupfersulfaten in Konkurrenz zueinander. Der vorhandene Sauerstoff ist nämlich in der Lage, die Kupferionen weiter zu oxidieren, so daß sich Kupferhydroxidsulfate abscheiden können. Parameter Einfluß auf Kupfer Schwefeldioxid SO2 +++ Ozon O3 + Stickstoffoxide NO X Staub + Relative Luftfeuchtigkeit ++ 43 Einfluß auf Bronze +++ + ++ Tab. 2 Übersicht über die korrosionsfördernden Parameter in atmosphärischer Umgebung Welche Verbindungen sich nun vorrangig bilden, hängt von der Konzentration der einzelnen Reaktionspartner im Elektrolyten ab. Demnach herrschen in höher belasteten Gegenden die sulfatreicheren Kupfersulfatverbindungen vor.12 Wie in den analytisch-chemischen Untersuchungen aller Bronzeskulpturen sichtbar geworden ist (siehe auch die Untersuchungsberichte zu den einzelnen Plastiken in diesem Heft), dominieren die basischen Kupfersulfate in der Gesamtmenge der Korrosionsprodukte. Insofern wird die Theorie bestätigt, daß die Korrosion von Kupfer und Kupferlegierungen in erster Linie vom Schwefeldioxid-Gehalt der Luft abhängt. Bronze reagiert selbst schon auf leicht erhöhte Schwefeldioxidwerte äußerst empfindlich.13 Bei den verschiedenen basischen Kupfersulfaten können sulfatärmere wie Brochantit (Cu4 (OH) 6 SO4) und Antlerit (Cu3 (OH)4 SO4) und sulfatreichere wie Strandbergit (Cu2,5 (OH)3 SO4 · 2H2O)unterschieden werden. Die im Vergleich zu Westdeutschland deutlich schlechteren Umweltbedingungen in Ostdeutschland haben tendenziell dazu geführt, daß sich bevorzugt die sulfatreicheren Kupfersulfate ausgebildet haben. Allerdings läßt sich auch an erst in jüngerer Zeit restaurierten Bronzeskulpturen wie dem Händel-Denkmal in Halle erkennen, daß sich die Umweltbedingungen drastisch gebessert haben. Anfang der 1980er Jahre wurde diese Figur bis auf die Bronzeoberfläche freigelegt. In der neugebildeten Staubpatina fehlt nun der Antlerit (zugunsten von Brochantit) völlig. Hier kann ein direkter Zusammenhang zwischen dem SO2-Gehalt in der Luft und der Bildung sulfathaltiger Korrosionsprodukte erkannt werden. Wie schon oben erwähnt, spielen Stickstoffoxide eine eher untergeordnete Rolle bei der Korrosion von Bronze und Kupfer. Allerdings wird vermutet, daß es bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 90% einen synergistischen Effekt zwischen SO2 und NO2 gibt, der nach folgendem Mechanismus abläuft14: SO2 + NO2 + 2H2O → 2H + SO42- + 2HNO2(g) + Der sich bildende saure Elektrolyt greift die Cuprit-Schicht an und setzt einen elektrochemischen Korrosionsprozeß in Gang, aus dem die Bildung von Kupfersulfaten, aber auch Kupfernitraten resultiert. Weit mehr Auswirkungen hat allerdings das Zusammenspiel von Ozon mit Schwefeldioxid. Ozon wirkt genau wie Stickstoffdioxid als Oxidans, jedoch schon bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 70%. Es entsteht auch hier ein saurer Elektrolyt, der die schützende Oxidschicht löst und zur Bildung von verschiedenen Kupfersulfaten führt. Letztendlich hängt die Korrosion stark vom pH-Wert der Umgebung ab. In stärker 44 Anke Doktor 3 Monatsmittelwerte der SO2-Konzentration seit 1992 in Leipzig und München (Quelle: s. Anmerkung 2, S. 18) sauren Umgebungsbedingungen werden eher lösliches Kupfersulfat und Strandbergit gebildet, also bei gleichzeitiger Anwesenheit von SO2 und O3, während Brochantit bevorzugt unter sulfatärmeren Bedingungen vorkommt, also bei der Kombination von SO2 und NO2 .15 Anhand dieser Studien lassen sich die Analysenergebnisse von Bronze- und Kupferskulpturen in Ostund Westdeutschland bestimmten Umweltbedingungen zuordnen, die durch die vorhandenen Meßdaten bestätigt werden. Anmerkungen 1 Fitz, Stephan: Entwicklung der Luftgüte in Deutschland. In: Mach, Martin (Hrsg.): Metallrestaurierung. Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege. Bd. 94. München 1998, S. 11– 18. 2 Däßler, H.-G.: Die SO2-Belastung in der Umgebung eines Hüttenwerkes und deren Auswirkung auf die Vegetation. Wiss. Z. Techn. Univ. Dresden 26 (6), S. 1141 –1142. Zitiert nach: Simon, Stefan, Elke Assfalg, Elena Koci et al.: Konservierung von Bronze- und Galvanoplastik. Naturwissenschaftliche Untersuchungen. Jahresbericht 1998, S. 16. 3 Arnold, B.: Zusammenstellung der Klima- und Umweltdaten für den Erfurter Dom. BMBF-Verbundprojekt Steinzerfall. Zitiert nach: Simon, Assfalg, Koci et al. 1998 (wie Anm. 2), S. 16. 4 Simon, Assfalg, Koci et al. 1998 (wie Anm. 2), S. 16 –18. 5 Mach, Martin: Arbeiten des Zentrallabors des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege in Zusammenhang mit Restaurierungen von Denkmälern aus Bronze in Bayern und Sachsen. In: Mach, Martin (Hrsg.): Metallrestaurierung. Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege. Bd. 94. München 1998, S. 95 – 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 99, hier S. 95. Mach 1998 (wie Anm. 5), S. 95. Fitz 1998 (wie Anm. 1), S. 13. Fitz 1998 (wie Anm. 1), S. 13. Stöckle, Bruno und Andreas Krätschmer: Die atmosphärische Korrosion von Kupfer und Bronze. Ergebnisse aus dem UN/ECEBewitterungsprogramm. In: Mach, Martin (Hrsg.): Metallrestaurierung. Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege Bd. 94. München 1998, S. 26 – 32, hier S. 30f. Fitz 1998 (wie Anm. 1), S. 17. Stöckle, Krätschmer 1998 (wie Anm. 9), S. 30. Strandberg, Helena: Perspectives on Bronze Sculpture Conservation. Modelling Copper and Bronze Corrosion. Göteborg 1997, S. 69 – 79, hier S. 74f. Stöckle, Bruno, Stephan Fitz et al.: Die atmosphärische Korrosion von Kupfer und Bronze im Rahmen des UN/ECE-Expositionsprogramms. Zwischenbericht nach 4-jähriger Bewitterung. In: Werkstoffe und Korrosion 44. 1993, S.48 – 56, hier S. 55. Strandberg 1997(wie Anm. 12), S. 76. Strandberg 1997 (wie Anm. 12), S. 77f. Abbildungsnachweis Reproduktion nach: Fitz, Stephan: Entwicklung der Luftgüte in Deutschland. In: Mach, Martin (Hrsg.): Metallrestaurierung. Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege. Bd. 94. München 1998, S. 12, 14: Abb. 1, 2 Reproduktion nach: Däßler, H.-G.: Die SO2-Belastung in der Umgebung eines Hüttenwerkes und deren Auswirkung auf die Vegetation. Wiss. Z. Techn. Univ. Dresden 26 (6), S. 1141–1142: Abb. 3 45 »Analytik-Guide« Methoden zur Charakterisierung von Korrosionsphänomenen auf freibewitterten Bronzen Anke Doktor Vor einer Restaurierung sollte immer eine ausführliche chemische und physikalische Analyse des vorliegenden Objektes stehen. Mit dem Wissen um die chemische Zusammensetzung der Legierung oder der Korrosionsprodukte läßt sich beispielsweise die Korrosionsrate abschätzen oder der Grad der Korrosion feststellen. So können Restaurierungskonzepte ganz individuell auf jedes Denkmal zugeschnitten werden, wodurch eventuell in dem einen oder anderen Fall Kosten gespart werden können. Der Restaurator weiß zudem, um welche Verbindungen es sich bei den abzunehmenden beziehungsweise den freizulegenden Oberflächen handelt und kann mögliche Gesundheitsgefährdungen besser einschätzen. Es gibt viele verschiedene Methoden, die je nach Material und Anwendungsbereich mehr oder weniger gut geeignet und sinnvoll sind. Um sich in dem Dschungel der Möglichkeiten zurechtzufinden und die für den jeweiligen Fall richtige herauszusuchen, sollen im folgenden einige Analysenmethoden beschrieben werden. Die Ordnung der Methoden stellt dabei eine möglich Annäherung an das zu untersuchende Objekt dar. So werden zunächst relativ einfache, unter Umständen auch vom Restaurator selbst durchführbare Verfahren erläutert und danach die chemisch und physikalisch etwas komplexeren, häufig nur von Analyselaboratorien durchführbaren Techniken beschrieben. Die Übergänge sind dabei fließend, und es eignet sich im Einzelfall die eine oder andere Methode eventuell nur bedingt. Insofern sollen hier keine Patentrezepte, sondern Hilfestellungen zur analytisch-chemischen Untersuchung eines Denkmals gegeben werden. Farbmessungen Farben in ihrer qualitativen und quantitativen Ausprägung haben einen entscheidenden Anteil bei der Gestaltung von Formen und Objekten. Deshalb ist die Beurteilung und damit Messung der Farbe als ein objektives Charakteristikum des betrachteten Gegenstandes von großer Bedeutung. Für die Beurteilung und Kontrolle von Farben, besonders aber für die Festlegung von Farbtoleranzen, ist eine visuelle Begutachtung nicht mehr ausreichend, so daß dafür ein Verfahren genutzt wird, das die vorliegende Farbe als Zahl ausdrückt. Die Netzhaut des menschlichen Auges besitzt zwei Arten von »Farbempfängern«: Die Stäbchen für die Helligkeitsbeziehungsweise die Schwarz-Weiß-Empfindung und die Zäpfchen für die Bunt-Wahrnehmung. Die Zäpfchen gliedern sich dabei in drei Reizzentren mit jeweils einer besonderen Empfindlichkeit für Blau, Grün und Rot. Im Gehirn erfolgt die Addition der Farbreize, wobei als Summe dann der Farbeindruck, die Farbvalenz, resultiert. Dementsprechend sind zur zahlenmäßigen (meßtechnischen) Beschreibung einer Farbvalenz jeweils drei Maßzahlen notwendig und hinreichend. Die Wahrnehmung des Farbeindruckes von farbigen Objekten verläuft über drei Stufen. Das betreffende Objekt wird zunächst von einer Lichtquelle bestrahlt. Dabei werden je nach Objekt sowohl unterschiedliche Lichtarten als auch verschiedene Einstrahlwinkel benutzt. Von dem betreffenden Objekt wird ein Teil dieses Lichtes absorbiert, ein anderer Teil wird hindurchgelassen, ein dritter Teil wird zurückgeworfen. So erscheint ein Körper blau-grün, wenn der Rotanteil des Lichtes von ihm absorbiert wird. Auf der dritten Stufe wird das remittierte (zurückgeworfene) beziehungsweise transmittierte (durchgelassene) Licht registriert und entsprechend ausgewertet. Für die Farbmessung gibt es im wesentlichen zwei Methoden: das Dreifilter- oder Tristimulus-Verfahren und das Spektralphotometerverfahren. Die Farbmessung nach dem Spektralverfahren ist eine sehr genaue Methode, erfordert aber entweder einen erheblichen Zeitaufwand oder eine kostenintensive instrumentelle Ausstattung. Der Prüfkörper wird hierbei mit einfarbigem Licht bestrahlt sowie Remission und Transmission dieser Lichtart photometrisch registriert. Nacheinander wird die ganze Spektralbandbreite des Lichts abgefahren und der Vorgang wiederholt. An die Messungen schließt sich die rechnerische Auswertung an, die sich aufgrund der Vielzahl der Meßpunkte aufwendig gestaltet. Das Dreifilter-Verfahren entspricht in seinem Ablauf weitgehend den Vorgängen, wie sie im menschlichen Auge ablaufen. Der Prüfling wird mit definiertem Licht – in der Regel mit Tageslicht – beleuchtet. Das remittierte (oder transmittierte) Licht läuft dann durch drei Filter, deren Empfindlichkeit genormt ist, und trifft dahinter auf eine Fotozelle, welche die Farbwerte erfaßt. Die Beleuchtung kann in zwei sogenannte Meßgeometrien unterschieden werden. Die Meßgeometrie beschreibt, wie innerhalb des Meßgerätes das Licht auf die Probe geleitet und anschließend vom Empfänger aufgenommen wird. Bei der diffus/8-Meßgeometrie (d8) wird die Probe mit diffusem Licht beleuchtet, das aus allen Raumrichtungen mit konstanter Leuchtdichte kommt. Nur das von der Probe unter einem Winkel von 8° reflektierte Licht wird zur Messung herangezogen. Diese Meßgeometrie ermöglicht es, mit Glanzeinschluß (SCI – specular component included) oder Glanzausschluß (SCE – specular component excluded) zu messen. SCI schließt das gesamte Licht der Probe ein – Glanz und diffuse Reflexion. SCE erfaßt nur die diffuse Reflexion der Probe. Bei der 45/0Meßgeometrie wird die Probe unter einem Winkel von 45° beleuchtet. Nur das Licht, das senkrecht (0°) von der Probe reflektiert wird, gelangt zur Auswertung an den Empfänger. Oft stimmen SCE- und 45/0-Messungen besser mit dem visuellen Urteil überein, besonders bei Differenzen im Glanz und der Textur. SCI-Messungen sind jedoch besser in ihrer Repro- 46 Anke Doktor duzierbarkeit, besonders beim Vorhandensein von Kratzern und anderen Oberflächenstörungen. Beide Methoden haben ihren Platz in der Qualitätskontrolle.1 Die Durchführung derartiger Messungen erfordert keine speziellen Vorkenntnisse und kann somit nach einer Einweisung auch durch den »Fachlaien« erfolgen. In begleitenden Untersuchungen zu Restaurierungen wird die Farbmessung zu vergleichenden Analysen eingesetzt. Das heißt, daß eine Musterfläche auf dem Objekt angelegt wird und die Farbmessung vor und nach restauratorischen Maßnahmen durchgeführt wird. So läßt sich beispielsweise eine Aussage darüber machen, inwiefern sich die Farbtöne auf dem Objekt aneinander angeglichen haben – ein Effekt, der häufig wegen der besseren plastischen Lesbarkeit erwünscht ist. 2 Schichtdickenmessung nach dem Wirbelstromverfahren schichten oder die immer wieder neu aufgebrachten Farbschichten in ihrer Gesamtstärke messen – ein kontrollierter Abtrag wäre dann realisierbar. Um Informationen über (In-)homogenität und reproduzierbare Werte zu bekommen, wird die Schichtdicke an mehreren Stellen der Probe gemessen. Die zur Verfügung stehenden Meßgeräte können schon direkt nach Abschluß der Messungen eine statistische Auswertung der Daten liefern.2 Auf diese Weise ist eine direkte Kontrolle des schon erreichten Materialabtrages durch den Restaurator möglich. Rauhigkeitsmessungen 1 Auswertung der Farbmessung einer Kupferoberfläche. Durch die Gegenüberstellung der Farbmeßpunkte vor und nach einer Laserreinigung wird deutlich, daß eine Farbverschiebung auf dem Objekt stattgefunden hat. Schichtdickenmessungen Eine der zerstörungsfreien Meßmethoden ist die Schichtdickenmessung an Beschichtungen auf Metallen auf der Basis des magnetinduktiven beziehungsweise Wirbelstromverfahrens. Nichtmagnetische Schichten auf ferromagnetischem Grundstoff (Eisen, Stahl) können mit dem magnetinduktiven Verfahren (nach DIN 50981, ASTM B499, ISO 2178) gemessen werden, elektrisch nicht leitende Schichten auf Nichteisen-Metallen mit dem Wirbelstromverfahren (nach DIN 50984, ASTM B244, ISO 2360). Die Messungen von Bronze- und Kupfer-Korrosionsprodukten werden demnach mit Hilfe von Wirbelströmen ausgeführt. Die Meßsonde, die direkt auf die Oberfläche des Meßobjektes aufgesetzt wird, generiert ein hochfrequentes magnetisches Feld, welches Wirbelströme im nicht ferromagnetischen Metall induziert (Abb. 2). Deren Stärke hängt vom Abstand zwischen dem Meßkopf und dem Metall ab. Dies entspricht der Schichtdicke des zu messenden Materials. Der meßbare Schichtdickenbereich bewegt sich im Bereich bis etwa 25 mm. In Einzelfällen können auch dickere Schichten (bis 70 mm) gemessen werden. So lassen sich beispielsweise die im Verlauf mehrerer Jahrzehnte aufgewachsenen Korrosions- Metalloberflächen können auch aufgrund ihres Rauhigkeitsgrades charakterisiert werden, da dieser immer auch ein Anzeichen einer möglichen Schädigung der Oberfläche ist. Diese Defekte sind meistens mit dem bloßen Auge nicht erkennbar, können aber mit Hilfe eines Infrarot-Lasers (780nm) gemessen werden. Dazu wird die Eigenschaft rauher Oberflächen genutzt, auftreffendes Licht zu streuen. 3 Schematische Darstellung eines Rauhigkeitsmeßgerätes im Streulichtverfahren Im sogenannten Streulichtverfahren (Abb. 3) werden damit Abstandsmessungen durchgeführt. Hier wird die zu prüfende Meßoberfläche mit einem intensiven, gebündelten Infrarotstrahl einer Laserdiode über einen Kollimator, welcher alle außer den parallelen Strahlen absorbiert und somit selektiert, »Analytik-Guide« und ein bewegliches Linsensystem beleuchtet. Der von der Oberflächenstruktur abhängige rückgestreute Teil der ausgesandten Strahlung wird der Auswerteeinheit zugeführt, wo ein Mikrocomputer aus der Intensitätsverteilung sowohl den Meßwert als auch die Stellgröße für die automatische Linsennachführung berechnet. Dadurch bleibt der Leuchtfleck des Lasers immer fokussiert mit einem Durchmesser von 1µm auf der Meßoberfläche. Maximale Meßbereiche von Autofokussensoren liegen zwischen 300µm und 600µm. Die Probe wird während der Messung auf einem beweglichen Tisch fixiert und gleichmäßig abgetastet. Dabei werden etwa 500 Messungen pro Sekunde durchgeführt. Ändert sich die Höhe des Objektes, so verschiebt sich das Objektiv, bis der Laserstrahl wieder exakt auf der Oberfläche des Meßobjektes fokussiert ist. Da der Fokusabstand konstant ist, entsprechen die Bewegungen des Objektives exakt dem Höhenverlauf der Meßfläche.3 Leitfähigkeitsmessungen Unter der elektrischen Leitfähigkeit eines Stoffes versteht man sein Vermögen, elektrische Ladung zu transportieren. Sie wird in Siemens pro Länge (S/m, S/cm oder S·m/mm2) angegeben, ihr Formelzeichen ist χ oder κ (kappa). Da sie der reziproke Wert des elektrischen Widerstandes ist, bedeutet eine hohe Leitfähigkeit einen niedrigen Widerstand. Im Fall der Leitfähigkeitsmessung auf Bronzeoberflächen wird ein wäßriges System betrachtet, in dem Salze in unterschiedlicher Konzentration und unterschiedlichem Dissoziationsgrad gelöst sind. Je höher die Konzentration der Ionen in der Lösung, desto größer ist die Leitfähigkeit. In vergleichenden Studien wurde herausgefunden, daß es einen direkten Zusammenhang zwischen der regional unterschiedlichen elektrischen Leitfähigkeit des Regenwassers und den auf der Bronzeoberfläche vorgefundenen Korrosionsschäden gibt.4 Eine hohe elektrische Leitfähigkeit des (Regen-)Wassers fördert die Korrosion, denn die Potentialunterschiede in der Bronze können bei gleichzeitigem Vorhandensein von Feuchte und Salzen leicht in Korrosionsströme umgesetzt werden. Die Oberfläche der Bronze muß für Leitfähigkeitsmessungen in beregnete und unberegnete Bereiche unterschieden werden, wobei in den beregneten Bereichen die Salze leicht abgewaschen werden können, so daß sie häufig in den Proben nicht mehr nachweisbar sind, obwohl sie vorher zu Schädigungen geführt haben. In den nicht beregneten Bereichen, in denen sich häufig tiefe Korrosionsgruben gebildet haben, können sich jedoch größere Mengen löslicher Salze angereichert haben. Eine Leitfähigkeitsmessung ist deshalb insbesondere in diesen Bereichen sinnvoll. Im Leitungswasser und Mineralwasser liegen die Werte um 500µS/cm, typische Werte im Regenwasser liegen in der Größenordnung von 50µS/cm. Auf stark versalzten Oberflächen sind die Leitfähigkeitswerte deutlich höher (bis zu 200µS/cm). Die Messung erfolgt durch einfaches Eintauchen der Elektroden des Meßgerätes entweder in das Waschwasser der Bronze oder direkt in einen auf der Oberfläche befindlichen Wassertropfen.5 Ein Leitfähigkeitsmeßgerät ist ein relativ einfaches und preiswertes Gerät, das auch vom Laien problemlos gehandhabt werden kann. Zusammen mit den Tips von Fachleuten ist 47 somit auch eine Auswertung der Daten möglich, so daß ein sinnvolles Restaurierungskonzept erstellt werden kann. Durchstrahlung mit Röntgen- oder Gammastrahlen Mit Hilfe von Röntgenstrahlen lassen sich wichtige Informationen über den Aufbau archäologischer Objekte oder zur Herstellungstechnik kompliziert zusammengesetzter Metallobjekte gewinnen. Hierbei wird die Eigenschaft der Strahlung ausgenutzt, Fluoreszenz zu erzeugen beziehungsweise eine Photoplatte zu schwärzen. Je dünner der Gegenstand ist, der durchleuchtet werden soll und je niedriger die Ordnungszahl der Elemente ist, aus denen er besteht, umso leichter dringt die Röntgenstrahlung hindurch.6 Das heißt, daß die hellen Bereiche auf dem Röntgenbild von spezifisch schwereren Elementen stammen. So läßt sich zum Beispiel die Verwendung verschiedener Metalle nachweisen, die Arten von Metallverbindungen oder unterschiedliche Wandstärken gut erkennen. Gerade bei Bronzegüssen oder Galvanoplastiken können innenliegende Armierungen oder Reparaturen sichtbar gemacht werden. Bei harten, dickwandigen Gegenständen reichen die Röntgenstrahlen oft nicht mehr für eine Durchdringung aus, so daß dann Gammastrahlen eingesetzt werden. Derartige Untersuchungen unterliegen noch strengeren Strahlenschutzauflagen als normales Röntgen. Aus diesem Grund werden sie nur von entsprechend spezialisierten Instituten, wie zum Beispiel der Bundesanstalt für Materialprüfung in Berlin, durchgeführt. Auch im Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege (Abteilung B) besteht die Möglichkeit zu röntgen.7 Mikroskopie Vor der Erstellung eines Restaurierungskonzeptes respektive der Entscheidung für eine Restaurierung steht in erster Linie der primäre optische Eindruck der Bronze- oder Kupferplastik. Da allerdings viele Details nicht mit dem bloßen Auge zu erkennen sind, bedient man sich der Mikroskopie. Die einfachste Methode, die Oberfläche von Metallproben zu betrachten, ist die Verwendung eines Auflichtmikroskops. Dafür werden die kleinen Proben im Profil in Kunstharz eingegossen (Ø =2,5cm) und an geeigneten Stellen angeschliffen, daher der Name Anschliff oder Querschliff. Die Oberfläche des Metalls wird dann mit einem auf die gewünschten Beobachtungen zugeschnittenen Ätzmittel angeätzt, um die Strukturen hervorzuheben. Schon bei 50 –100facher Vergrößerung sind Details zu erkennen, die für die Restaurierung von Bedeutung sind, zum Beispiel der Schichtaufbau der Korrosionsprodukte. Aber auch bei der Echtheitsprüfung archäologischer Objekte findet die Auflichtmikroskopie eine wichtige Anwendung. So zeigt die Patina auf Bronzeobjekten, die bei Ausgrabungen gefunden werden, Merkmale eines langandauernden Wachstums innerhalb des Bodens – wie die parallele Anordnung der Kristalle, ihre besondere Korngröße und eine innige Verwachsung mit dem Untergrund, die sich zu Fälscherzwecken nicht nachahmen lassen.8 An den meisten Mikroskopen dieser Art sind zudem Kameras angebracht, die ein fotografisches Abbilden der Befunde erlauben. 48 Anke Doktor Rasterelektronenmikroskopie Um noch mehr Details der Probe sehen zu können, kann entweder ein entsprechend besseres Objektiv genommen werden oder die Probe im Rasterelektronenmikroskop (REM) betrachtet werden. Statt der elektromagnetischen Strahlung des Lichtes und der Objektivlinse liefert ein Elektronenstrahl im Hochvakuum mit elektronenoptischen Linsen die Strahlung. Grundsätzlich ist es möglich, eine Probe mit einer bis zu 500 000-fachen Vergrößerung darzustellen. Ein auf diese Weise vergrößerter menschlicher Körper würde beispielsweise dann etwa die Strecke von Hamburg bis Basel einnehmen. 4 Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme des durch Korrosion entstandenen Oberflächenreliefs vom Augsburger Georgsbrunnen. Hier ist das Phänomen der Lochfraßkorrosion zu sehen. Im REM wird die metallbedampfte (Gold, Palladium, Platin, Platinlegierungen und andere Schwermetalle) Objektoberfläche von einem Elektronenstrahl abgetastet und das Bild – ähnlich dem Fernsehbild – aus Bildpunkten aufgebaut. REM-Aufnahmen wirken aufgrund der Licht- und Schattenverteilung sogar plastisch (Abb. 4). Die Vorteile dieses Mikroskops sind der relativ geringe präparative Aufwand und die gegenüber dem Lichtmikroskop 300mal höhere Schärfentiefe.9 Elektronenstrahl-Mikroanalyse (ESMA, EMA, Elektronenmikrosonde) Diese Analysenmethode tritt häufig in Verbindung mit dem Rasterelektronenmikroskop auf. Es ist hier möglich, mit Hilfe eines genau fokussierten Elektronenstrahls die stoffliche Zusammensetzung einer bestimmten Stelle der Probenoberfläche zu bestimmen. Die auftreffenden Elektronen erzeugen ein für die in der Probe enthaltenen Elemente typisches Röntgenspektrum, aufgrund dessen jedes Element ab Beryllium erfaßt werden kann. Mit einer Genauigkeit von etwa 1% läßt sich dann die Konzentration der gefundenen Elemente ermitteln. Die Auflösung der Mikrosonden liegt im Nanometerbereich und die Nachweisgrenze bei 10 –15g. Mit der Elektronenstrahl-Mikroanalyse erhält man jedoch nicht nur Aufschluß über die Zusammensetzung der Probe, sondern auch über die räumliche Verteilung der Bestandteile – also eine Abbildung wie in der Rasterelektronenmikroskopie. Die Elektronenstrahl-Mikroanalyse läßt sich zur Untersuchung von Metallen, Gläsern, Katalysatoren, Legierungen, Mineralien, Sinterstoffen, Feuerfestmaterialien und zur Bestimmung der Dicke von metallischen Schichten und Filmen genauso heranziehen wie zur Untersuchung von Zellstrukturen.10 In einer Testreihe über die Auswirkungen unterschiedlicher Auftragsarten (heiß, kalt) für mikrokristalline Konservierungswachse wurden Kupferplatten im Bild festgehalten und aufgrund ihrer Oberflächenbeschaffenheit bewertet.11 Es wurden sowohl Sekundärelektronenbilder (SE) als auch Rückstreuelektronenbilder (RE) aufgenommen. Sekundärelektronen entstehen dadurch, daß der eintreffende Elektronenstrahl mit schwach gebundenen Elektronen der Probenoberfläche wechselwirkt und sie freisetzt. Der hierbei resultierende Elektronenstrahl hat einen nur geringfügig größeren Durchmesser als der einfallende Strahl. Rückstreuelektronen sind dagegen diejenigen Elektronen, die nach einer Reihe von Kollisionen und daraus resultierenden Ablenkungen an den Atomen der Probe aus der Oberfläche wieder austreten. Ein Strahl rückgestreuter Elektronen hat einen sehr viel größeren Durchmesser als der einfallende Strahl. Dies ist einer der limitierenden Faktoren für die Auflösung eines Elektronenmikroskops.12 Festzustellen ist allerdings, daß im konkreten Fall die Topografie der Oberfläche im Rückstreuelektronenbild eindeutiger zu sehen ist. Im Zusammenhang mit der Analyse der Kupferatomverteilung auf der Oberfläche läßt sich dann eine Aussage über die Eindringtiefe des Wachses machen. Röntgenfluoreszenzspektroskopie (RFA, Röntgenfluoreszenzanalyse) Die RFA bezeichnet ein Verfahren der Röntgenspektroskopie, bei dem die Probe nach der Behandlung mit harter Röntgenstrahlung eine charakteristische Fluoreszenzstrahlung aussendet, anhand der sowohl qualitative als auch quantitative Aussagen über die Probenzusammensetzung gemacht werden können. Charakteristische Röntgenspektren werden durch Elektronenübergänge hervorgerufen, die in den innersten Atomorbitalen stattfinden. Hierbei werden Elektronen aus den inneren Orbitalen durch die Bestrahlung mit harten Röntgenquanten auf höhere Energieniveaus angehoben. Kehrt nun das Element in seinen Grundzustand zurück, indem Elektronen aus äußeren Orbitalen die freien inneren Plätze besetzen, wird Röntgenstrahlung in der für das Element charakteristischen Wellenlänge emittiert (Fluoreszenz). Diese Strahlung wird im Detektor (zum Beispiel einem Geigerzähler) registriert und als Spektrum ausgegeben.13 Die RFA ist ein sehr rasch arbeitendes, sowohl qualitatives als auch quantitatives Bestimmungsverfahren für Elemente (Ordnungszahl ≥ 9 (Fluor)) in Festkörpern, Pulverpreßlingen, Pasten und Lösungen. Zudem ist es möglich, Details der Oberfläche größerer Objekte zerstörungsfrei zu analysieren, indem der Röntgenstrahl direkt auf das Objekt gerichtet wird. Aus diesem Grund eignet sie sich gut zur Prüfung besonders wertvoller Objekte und zu Untersuchungen in Archäologie und Paläonthologie. Nachteile sind die mitunter aufwendige Probenpräparation und die relativ große Probenmenge für quantitative Analysen sowie das Nachlassen der Empfindlichkeit im Bereich der Elemente mit niedriger Ordnungszahl.14 »Analytik-Guide« Röntgendiffraktometrie (XRD, x-ray diffraction) Die Röntgendiffraktometrie gehört zu den Methoden der Kristallstrukturanalyse, die seit 1912 zu den wichtigsten Verfahren zur Ermittlung der räumlichen Anordnung der Atome in Festkörpern sowie zur Bestimmung von Kristallgittern und Kristallbaufehlern zählen. Die am meisten verbreitete Form der Kristallstrukturanalyse beruht auf der Diffraktion (Beugung) und Interferenz von monochromatischen Röntgenstrahlen an den Elektronen identischer Gitteratome. Dabei werden Interferenzbilder aufgenommen und anhand der Intensität der auftretenden Reflexe die Struktur des beugenden Kristalls ermittelt.15 Die Röntgendiffraktometrie ist gut geeignet, um Korrosionsprodukte in der Patina von Bronze- und Kupferplastiken zu charakterisieren (Abb. 5). Es werden dabei nämlich nicht nur die vorhandenen Elemente bestimmt, sondern diese direkt als Mineralphase angegeben. Anhand der chemischen Zusammensetzung des Minerals können Rückschlüsse auf die Art und den Grad der Korrosion gezogen werden. Mit diesem Wissen ist der beauftragte Wissenschaftler beziehungsweise Restaurator in der Lage zu beurteilen, welche Korrosionsschichten unbedingt von der Skulptur entfernt werden müssen und welche unter Umständen belassen werden können, weil sie der Figur nicht schaden. Von fast allen Proben, die im Rahmen des Bronzeprojektes genommen wurden, wurde ein Röntgendiffraktogramm mit Hilfe eines Philips PW 1760 Röntgendiffraktometer auf Silicium-Einkristallprobenträgern aufgenommen. Es ging dabei hauptsächlich um qualitative Analysen, wobei mit dieser 49 Methode auch halbquantitative Aussagen gemacht werden können.16 Die Erfassungsgrenze für Mineralphasen in Gemischen liegt allerdings oberhalb von 3%, so daß nur in Spuren (<3%) vorhandene Verbindungen unter Umständen nicht erfaßt werden. Für die Erstellung eines Restaurierungskonzeptes ist diese Genauigkeit aber oft schon ausreichend. Beispielhafte Analyse einer typischen Bronzepatina mit Hilfe der XRD Hauptbestandteile der Korrosionsprodukte auf Bronzeskulpturen sind die basischen Kupfersulfate Antlerit (Cu3SO4(OH)4) und Brochantit (Cu4 SO4 (OH)6), daneben existieren meist noch Cuprit (Cu2O) als erste Passivierungsschicht sowie Gips (CaSO4 · 2 H2O) und Quarz (SiO2) als Bestandteile der aufliegenden Schmutzschicht und in marinen Gegenden auch Atacamit (Cu2 Cl(OH)3). Hinweise auf aktive Korrosionsprozesse in der Bronzepatina gibt die Präsenz von Kupfersulfathydroxidhydraten. Grundsätzlich binden poröse und pudrige Korrosionsprodukte aller Art verstärkt Gase und Partikel aus der Atmosphäre und bewirken auf diese Weise eine Verschmutzung und Durchfeuchtung der Korrosionsschichten. Die aufliegenden Schichten enthalten deshalb nach außen hin einen zunehmenden Anteil an bronzefremden Substanzen, welche grundsätzlich unerwünscht sind. Die Analyse ermöglicht somit die chemische Beurteilung einer Korrosionschicht, wobei Oxide am ehesten erwünscht sind, basische Sulfate im allgemeinen toleriert werden und bronzefremde Substanzen, wie zum Beispiel Gips, in der Regel entfernt werden sollten. 5 XRD-Spektrum einer über zwei Jahre in Kopisty (Tschechien) exponierten Kupferplatte. Viele der für Kupfer und Bronze typischen Korrosionsprodukte sind vorhanden. 50 Anke Doktor Auf den Bronzeobjekten aus Sachsen und Sachsen-Anhalt, auf die sich die Analysen größtenteils beziehen17, herrscht zudem häufig der sulfatreichere Antlerit vor dem sulfatärmeren Brochantit, was auf die zum Teil hohe Luftbelastung mit Schwefeldioxid (saurer Regen) zurückzuführen ist. Es sei hier auch auf den Artikel über den Zusammenhang von Bronzekorrosion und Luftgüte hingewiesen.18 Atomabsorptionsspektrometrie (AAS) 6 Funktionsprinzip eines Atomabsorptionsspektrometers Das Verfahren der Atomabsorptionsspektrometrie (AAS) beruht auf dem Phänomen der Resonanzabsorption, also dem Gesetz, daß ein von einem angeregten Atom emittiertes Lichtquant von einem nicht angeregten Atom des gleichen Elements absorbiert werden kann. Dazu wird die Analysenprobe verdampft, und durch den Dampf wird Licht desjenigen Elementes geschickt, das man bestimmen möchte. So wird gelbes von einer Natriumkathode stammendes Licht genommen, wenn man Natrium detektieren will. Ist in der Probe Natrium vorhanden, so wird ein Teil des Natriumlichtes von den Natriumatomen absorbiert. Das hinter dem Probendampf meßbare Natriumlicht ist entsprechend schwächer und ein Maß für die Konzentration des zu messenden Elementes in der Probe. Die Versuchsanordnung im Spektrometer (Abb. 6) besteht aus einer monochromatischen Lichtquelle (Hohlkathodenlampen, die es für verschiedene Elemente gibt), einem Brenner mit Zerstäuber, in dem die Probe verdampft wird, einem Monochromator oder Filter, in dem nur das zu bestimmende Licht herausgefiltert wird, einem Detektor und einer Anzeigenvorrichtung. Als Brenngase werden Gemische aus Luft mit Wasserstoff oder mit Propan/Butan oder Acetylen beziehungsweise aus Lachgas und Acetylen verwendet. Mit den heutigen Geräten lassen sich selbst noch Spuren aller metallischen Elemente (außer Cer und Thorium) auch in biologischem Material quantitativ erfassen. Nichtmetalle sind nicht bestimmbar.19 In Fragen der Restaurierung von Bronzeobjekten wird die AAS häufig zur Bestimmung der Legierungszusammensetzung eingesetzt. Dabei erfolgt die Probenahme der Metallspäne meist mit einem Bohrer (1–2mm). Die Metallspäne werden in HCl/HNO3 vollständig gelöst und mittels des Zerstäubers in den Analysenraum gebracht. In einer Bronzeprobe von 0,01g lassen sich mindestens zwölf Elemente wie Kupfer, Zinn, Blei, Zink, Eisen, Kobalt, Nickel, Silber, Antimon, Arsen, Wismut und Gold quantitativ mit größter Genauigkeit bestimmen.20 Hinsichtlich konkreter Ergebnisse sei auf die naturwissenschaftlichen Untersuchungen zu den Bronzeobjekten hingewiesen. verschiedene Ionen (Anionen beziehungsweise Kationen), welche durch die Ionen der sie durchströmenden Analytlösung von ihren Plätzen verdrängt werden können.21 Die Probe wird dazu in destilliertem Wasser gelöst und auf die Ionenaustauschersäule gegeben. Bei der Anionenanalytik ersetzen die Anionen aus der Probe die Anionenplätze des Säulenmaterials. Durch beständiges Durchpumpen einer Regenerierungslösung werden sie je nach Bindungsstärke mehr oder weniger schnell wieder gelöst und so getrennt. Die Prozedur des Anlagerns und wieder Ablösens wiederholt sich noch einige Male, so daß am Ende der Säule die verschiedenen Anionen zeitlich versetzt ankommen und detektiert werden. Anhand der Fläche des Signals kann eine quantitative Abschätzung der Ionensorte gemacht werden. Die Lage des Signals ist für jede Ionensorte charakteristisch und wird mit Hilfe von Standardlösungen im Vorfeld ermittelt.22 Abb. 7 und 8 stellen schematisch den gesamten Trennprozeß dar und erläutern den Vorgang des Ionenaustausches am Beispiel von Natriumchlorid und Natriumhydrogencarbonat. Für die Restaurierungsproblematik ist dieses Verfahren insofern nützlich, als daß die Menge an wasserlöslichen Salzen auf der Oberfläche der Skulptur ermittelt werden kann. Bei diesen Salzen kann man davon ausgehen, daß sie – wenn sie nicht vom Regen weggewaschen werden – in Form ihrer Ionen für einen weiteren korrosiven Angriff auf die Bronzeoberfläche zur Verfügung stehen. Durch ihr hygroskopisches Verhalten schaffen sie ideale Bedingungen für die Bildung von Korrosionsprodukten. Im konkreten Fall läßt sich anhand der Menge und Art der wasserlöslichen Salze abschätzen, mit welcher Geschwindigkeit die Korrosion ohne konservierende Maßnahmen fortschreiten wird. Vor der Konservierung sollte also auf jeden Fall eine Entsalzung stehen, da hygroskopische Salze selbst durch Wachsüberzüge hindurch wirksam sind. Gaschromatographie Ionenchromatographie Mit dieser Methode ist es möglich, sowohl qualitative als auch quantitative Aussagen über das Vorkommen von Ionen in der Probe zu machen. Es ist ein Trennverfahren, das auf den Differenzen der Affinitäten (Neigung, sich anzulagern) verschiedener Ionen gleicher Ladung gegenüber Ionenaustauschern beruht. Darum müßte das Verfahren korrekterweise Ionenaustausch-Chromatographie heißen. Ionenaustauscher beinhalten Die Chromatographie ist zweifellos die in allen Wissenschaftsbereichen am häufigsten angewandte analytische Trennmethode. Der Name setzt sich aus dem griechischen Wort »chroma« (Farbe) und »graphein« (schreiben) zusammen. Er wurde von dem russischen Botaniker Michail Tswett vergeben, der mit dieser Methode erstmals Pflanzenfarbstoffe getrennt hat, die in der Säule als farbige Banden erschienen. Im allgemeinen umfaßt die Chromatographie eine Reihe verschiedenartiger wichtiger Methoden, die es dem Naturwissen- »Analytik-Guide« 7 Schematische Darstellung eines Ionenchromatographen 51 Oberfläche fixiert ist. Die beiden Phasen werden so gewählt, daß sich die Probenkomponenten in verschiedenem Maße zwischen der mobilen und der stationären Phase verteilen. Die Komponenten, die von der stationären Phase stark zurückgehalten werden, bewegen sich nur langsam mit der mobilen Phase weiter und umgekehrt. Aufgrund dieser Mobilitätsunterschiede trennen sich die Probenkomponenten in diskrete (getrennt voneinander erscheinende) Banden, die sowohl qualitativ als auch quantitativ analysiert werden können.23 Bei ungenügender Trennleistung einer Säule können auch mehrere Säulen gleicher oder verschiedener Füllung hintereinander geschaltet oder bei verschiedenen Temperaturen betrieben werden. Man spricht dann von multi- oder mehrdimensionaler beziehungsweise Mehrsäulen-Gaschromatographie. Charakteristisch für die Gaschromatographie ist die geringe Viskosität der mobilen Phase, was große Geschwindigkeiten ermöglicht. Gleichzeitig sind die Diffusionsvorgänge in der Gasphase so schnell und der Flüssigkeitsfilm der stationären Phase so dünn, daß ein rascher Austausch zwischen den Phasen stattfindet. Daher arbeitet die Gaschromatographie meist erheblich schneller als die übrigen chromatographischen Verfahren. Den Anwendungsbereichen der Gaschromatographie sind praktisch keine Grenzen gesetzt, vorausgesetzt, daß sich die zu trennenden Substanzen thermisch nicht zersetzen und einen ausreichend hohen Dampfdruck besitzen (das heißt, sie müssen leicht verdampfbar sein).24 Ein Gaschromatograph setzt sich zusammen aus dem Probeneinlaßteil, der thermostatisierten Trennsäule, dem Detektor und der Auswerteeinheit, die im einfachsten Fall aus einem Schreiber besteht, der die Menge eluierter Komponenten gegen die Retentionszeit (Zeit von der Einspritzung bis zum Durchlauf des Substanzmaximums) aufzeichnet. Zur leichteren und schnelleren Identifizierung der eluierten Substanzen verbindet man den Gaschromatographen häufig mit einem für die jeweilige Fragestellung ausgewählten Spektrometer. In der Routine-Analytik wird das Verfahren häufig mit der Massenspektrometrie (GC-MS) kombiniert. Massenspektrometrie 8 Prinzip des Ionenaustausches (Na + gegen H +) und anschließende Regenerierung der Trennflüssigkeit (H+ gegen Na+) schaftler erlauben, sehr ähnliche Verbindungen aus komplexen Gemischen zu trennen. Dafür wird die Probe (in der Gaschromatographie) in den gasförmigen Zustand versetzt und mit einer mobilen Phase gemischt, bei der es sich in der Gaschromatographie um ein strömendes Gas (zum Beispiel Argon, Helium, Wasserstoff, Stickstoff oder Kohlendioxid) handelt. Die mobile Phase wird durch eine mit ihr nicht mischbare stationäre Phase bewegt, die in einer Säule oder an einer festen In der Massenspektrometrie werden die Komponenten einer Probe in sich schnell bewegende gasförmige Ionen umgewandelt und auf der Basis ihres Masse-Ladungsverhältnisses aufgetrennt und registriert. Die meist positiv geladenen Moleküle und Molekülbruchstücke entstehen durch den Zusammenstoß mit Elektronen im Gasentladungsraum. Danach werden sie durch ein Magnetfeld geleitet, welches die Ionen aufgrund ihrer unterschiedlichen Masse und Ladung in verschiedene Bahnen lenkt, so daß sie je nach Ionisationsenergie nacheinander im Detektor eintreffen. Die Massenspektrometrie stellt Informationen über: 1 die qualitative und quantitative Zusammensetzung sowohl organischer als auch anorganischer Analyten (=Probe) in komplexen Mischungen, 2 die Struktur einer Vielzahl komplexer molekularer Spezies, 3 atomare Isotopenverhältnisse in Proben und 4 die Struktur und Zusammensetzung von Festkörperoberflächen zur Verfügung.25 52 Anke Doktor Wichtig für die Archäometrie sind vor allem zwei Anwendungen der Massenspektrometrie. Mit Hilfe der Isotopenanalyse lassen sich zum Beispiel die Herkunft und das Alter kulturgeschichtlicher Objekte bestimmen. Die Analyse komplizierter organischer Verbindungen – Bindemittel in der Malerei, organische Reste aus Ausgrabungen, ostasiatische Lacke und Reste von Konservierungsbeschichtungen – ist das zweite Anwendungsgebiet dieser Analysenmethode.26 Bei der Auswertung von Spektren bedient man sich meist umfangreicher Spektren-Bibliotheken, mit deren Hilfe Spektren bekannter Substanzen mit denen der Probe verglichen werden. Infrarotspektroskopie (IR) Die Infrarotspektroskopie beruht auf der Absorption von Strahlung im Infrarot-Bereich, deren Wellenzahlen zwischen 4 000 cm–1 und 400 cm–1 liegen. Sie ist sowohl in der qualitativen als auch in der quantitativen Analytik weit verbreitet. Der wichtigste Anwendungsbereich ist die Identifizierung organischer Verbindungen. Die Spektren (Abb. 9) sind generell sehr komplex, liefern aber doch in den meisten Fällen einen ein- deutigen »Fingerabdruck«, der sich nahezu problemlos von den Mustern anderer Verbindungen unterscheiden läßt. In den Spektren wird die Frequenz der eingestrahlten Wellenlänge gegen den Transmissionsgrad – also die Durchlässigkeit für diese Strahlung in Prozent – aufgezeichnet. Für jede funktionelle Gruppe eines Moleküls gibt es charakteristische Bereiche im Spektrum, in denen sie ein Signal geben. Voraussetzung dafür ist allerdings, daß das Molekül einen Dipol besitzt, das heißt, es müssen zwei elektrisch verschieden geladene Pole vorhanden sein.27 In der Restaurierungsanalytik wird dieses Verfahren hauptsächlich eingesetzt, um verschiedene Beschichtungssysteme zu charakterisieren. Es dient beispielsweise der Auffindung früherer Konservierungsschichten auf Bronzen oder der Erkennung von Farbfassungen. Die Probenpräparation bei Feststoffen (Gase und Flüssigkeiten spielen in der Restaurierung von BronzeKorrosionsprodukten eine eher untergeordnete Rolle) erfolgt mit der KBr-Preßlingstechnik. Hierbei wird ein kleiner Teil der Probe (beispielsweise aus patinierten Bereichen) mit Kaliumbromid (KBr) vermischt, fein gemörsert und zu einer fast durchsichtigen Scheibe (Dicke=1mm, ∅ =13mm) zusammengedrückt. Dieser Preßling wird über eine spezielle Halterung 9 IR-Spektrum einer Probe vom Luther-Denkmal in Wittenberg, Kupfer-Wachs-Verwitterungsprodukt. Diese Probe zeigt sehr deutlich die Anfälligkeit von Esterwachsen gegenüber oxidativen Veränderungen. Hier sind die CH-Schwingungen in typischer Wachsposition bei 2 848 und 2 914 cm -1 zu sehen. Daneben liegen anorganische Sulfate (1102 cm -1) und die Reste der Esterfunktion (1739 cm -1). Der Peak bei 1585 cm -1 steht für ein Metallcarboxylat, in diesem Fall für das grüne Kupfercarboxylat, das sich aus den Carbonsäuren und metallischem Kupfer unter Einwirkung von Luftsauerstoff gebildet hat. »Analytik-Guide« im Gerät in den Strahlengang gebracht. Da KBr hygroskopisch ist, müssen die Preßlinge in möglichst trockener Atmosphäre (Stickstoff ) analysiert und aufbewahrt (Exsikkator) werden. Bei der künstlichen Bewitterung verschiedener Konservierungswachse im Gemisch mit Kupfer konnten interessante Beobachtungen gemacht werden. Ziel dieser Untersuchung war, die Reaktivität der Wachse mit Kupfer festzustellen, denn alle Esterwachse unterliegen einem mehr oder weniger starken oxidativen Abbau, was sich in Verbindung mit Kupfer an der Bildung von grünen Kupfercarboxylaten zeigt. Das heißt, daß die Ester-Gruppe durch Sauerstoff zur Carboxyl-Gruppe oxidiert wird. Darum sollte anhand von IR-Spektren das Auftreten entsprechender Absorptionsbanden verfolgt werden. In den Spektren ist vor allem bei den säurehaltigen Wachsen – wie zum Beispiel Bienenwachs – eine zunehmende Vergrößerung der Carboxyl-Bande zu erkennen, die durch die Oxidation der Estergruppe entstanden ist. Dies deutet auf hohe chemische Aktivität während der Bewitterung hin, welche natürlich unerwünscht ist. So konnte in Voruntersuchungen schon getestet werden, welche Wachse sich auch unter extremen Bedingungen bewähren werden. Elektrochemische Impedanzspektroskopie (EIS) Um eine unmittelbare Aussage über den Zustand einer Patina beziehungsweise schutzbeschichteten Bronze machen zu können, bieten sich elektrochemische Methoden zu deren Charakterisierung an. Die elektrochemische Impedanzspektroskopie eignet sich zur Erfassung von geringfügigen Veränderungen, etwa infolge des mechanischen Abbaus einer Beschichtung oder deren lokaler Beschädigung. Die elektrochemische Impedanzspektroskopie wird benutzt, um die Grenzschicht zwischen der Oberfläche des Metalls oder der Legierung und des darauf befindlichen leitfähigen Flüssigkeitsfilms zu charakterisieren. Zur Erzeugung des Anregungssignals in Form einer Wechselspannung wird ein Potentiostat verwendet. Die Grenzfläche zwischen der Probe und dem Elektrolyten verhält sich bei Wechselspannungsanregung wie eine elektronische Schaltung, die aus sogenannten passiven Bauelementen (Widerstand, Kondensator etc.) besteht. Daher werden die spektralen Impedanzdaten auf Grundlage von Modellen betrachtet, die dem Ersatzschaltbild eines elektrischen Stromkreises äquivalent sind. Es wird versucht, ein Modell zu finden, dessen Impedanzspektrum mit den gemessenen Daten weitgehend übereinstimmt. Die Art der elektrischen Komponenten des Modells und ihre Verschaltung untereinander bestimmen das Erscheinungsbild des Impedanzspektrums. Die Parameter des Modells bestimmen die Ausprägung der jeweiligen spektralen Merkmale und wirken sich auf den Grad aus, in dem das Impedanzspektrum des Modells mit dem gemessenen Impedanzspektrum übereinstimmt. In einem physikalischen Modell wird postuliert, daß sämtliche Komponenten dieses Modells einem physikalischen Vorgang in der elektrochemischen Zelle entsprechen. Die Wahl des auf die vorliegende elektrochemische Zelle anzuwendenden physikalischen Modells wird aus der Kenntnis der physikalischen Merkmale derselben getroffen. 53 Die EIS liefert nicht alle Antworten auf eine elektrochemische Fragestellung. Im allgemeinen ist sie nur für die Untersuchung von Systemen im Gleichgewicht dienlich. Dynamische oder stochastische Systeme wie das Phänomen der Lokalkorrosion oder Lochfraß können oftmals besser mit potentiodynamischen Methoden untersucht werden. Unter Einsatz weiterer, relativ einfacher und zerstörungsarmer Methoden kann der Polarisationswiderstand des korrodierenden Systems direkt ermittelt und daraus die Korrosionsrate berechnet werden. Vertiefende Erklärungen zur EIS mit der dazugehörigen Theorie liefert der in diesem Heft befindliche Artikel über die elektrochemische Impedanzspektroskopie natürlich verwitterter Kupferpatina.28 Weiterführende und vertiefende Literatur Riederer, Josef: Archäologie und Chemie – Einblicke in die Vergangenheit. Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Rathgen Forschungslabor. Berlin, 1987; Riederer, Josef: Kunstwerke chemisch betrachtet. Materialien – Analysen – Altersbestimmung. Berlin, Heidelberg, New York 1981; Riederer geht hier weit über die Beschreibung der für die Voruntersuchungen zu Restaurierungen geläufigen Analysenmethoden hinaus. Dabei wird neben einer kurzen physikalisch-technischen Erklärung des Verfahrens konkret auf die Anwendungsfälle hingewiesen. Der Leser kann sich somit ein eigenes Urteil darüber erlauben, ob diese Methode für seinen speziellen Fall geeignet ist; Skoog, Douglas A. und James J. Leary: Instrumentelle Analytik. Berlin, Heidelberg, New York, 1996; Die Lektüre Skoog/Leary ist für diejenigen gedacht, die tiefer in die analytische Chemie einsteigen möchten. Hier werden vor allem die Funktionen der einzelnen Geräteteile physikalisch-chemisch erklärt. Graphit-Gegenelektrode (Kathode) Stromzuführungen zum Potentiostaten Referenzelektrode (Kalomelhalbzelle) Elektrolyt (0,1 m Natriumsulfat-Lösung) Probe (Arbeitselektrode, Anode) Stromzuführungen zum Potentiostaten 10 Geräteaufbau für die Elektrochemische Impedanzspektroskopie. Die potentiostatische Steuerung, an den diese vergleichsweise einfache Versuchsanordnung angeschlossen ist, befindet sich in Form von zwei Steckkarten (Potentiostat, Controller) in der Auswerteeinheit (Computer), die im Bild nicht zu sehen ist. 54 Anke Doktor Anmerkungen 1 Produktinformation: Kurze Einführung in die Farbmetrik und die Funktion des ERICHSEN Colorimeters 511. 1981. 2 Produktinformation System Fischer: Handmeßgeräte zur Schichtdickenmessung. 1998. 3 Lunderstädt, Reinhart und Udo Müller: Laserprofilometrie zur quantitativen Analyse der menschlichen Hautoberfläche. In: Technisches Messen 59 (1992) 11, S. 448f. 4 Stöckle, Bruno, Stefan Fitz et al.: Die atmosphärische Korrosion von Kupfer und Bronze im Rahmen des UN/ECE-Expositionsprogramms. Zwischenbericht nach vierjähriger Bewitterung. In: Werkstoffe und Korrosion 44, 1993, S. 48 – 56, hier S. 50. 5 Nicht veröffentlichte Mitteilung über Leitfähigkeitsmessungen in Zusammenhang mit der Beurteilung der Patina auf Bronzen im Freien von Dipl.-Chem. Martin Mach, Zentrallabor, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege. 6 Riederer, Josef: Kunstwerke chemisch betrachtet. Materialien – Analysen – Altersbestimmung. Berlin, Heidelberg, New York 1981, S. 113 f. 7 Riederer 1981 (wie Anm. 6), S. 116 f. 8 Riederer, Josef: Archäologie und Chemie – Einblicke in die Vergangenheit. Berlin 1987, S. 26. 9 Römpps Chemie Lexikon. Bd. 2. Stuttgart 1979, S. 1102 f. 10 Römpps Chemie Lexikon 1979 (wie Anm. 9), S. 1105 f. 11 siehe in diesem Heft: Krätschmer, Andreas, Anke Doktor und Martin Mach: Veränderung der Schutzwirkung von mikrokristallinen Wachsen auf Kupferblech unter thermischer Wechselbelastung, S. 77– 85, hier S. 81– 83. 12 Skoog, Douglas A. und James J. Leary: Instrumentelle Analytik. Berlin, Heidelberg, New York 1996, S. 430 f. 13 Skoog und Leary 1996 (wie Anm. 12), S. 387 f. 14 Römpps Chemie Lexikon. Bd. 5. Stuttgart 1979, S. 3606. 15 Römpps Chemie Lexikon. Bd. 3. Stuttgart 1979, S. 2247. 16 Krätschmer, Andreas und Bruno Stöckle: Results from XRD analysis of copper corrosion products. In: UN/ECE Report No 32. München 1998. 17 siehe in diesem Heft: Mach, Martin und Stefan Simon: Metallanalysen freibewitterter Bronzedenkmäler. S. 55 –76. 18 siehe in diesem Heft: Doktor, Anke: Die Umweltsituation und Entwicklung der Luftqualität in Ost- und Westdeutschland und ihr Einfluß auf die Korrosion von Bronze und Kupfer, S. 41– 44. 19 Römpps Chemie Lexikon. Bd. 1. Stuttgart 1979, S. 304. 20 Riederer 1981 (wie Anm. 6), S. 123. 21 Römpps Chemie Lexikon 1979 (wie Anm. 15), S. 1921 f. 22 Weiß, Joachim: Ionenchromatographie. Weinheim 1991, S. 25 f. 23 Skoog und Leary 1996 (wie Anm. 12), S. 623. 24 Römpps Chemie Lexikon (wie Anm. 9), S. 1403. 25 Skoog und Leary 1996 (wie Anm. 12), S. 453. 26 Riederer 1987 (wie Anm. 8), S. 52. 27 Skoog und Leary 1996 (wie Anm. 12), S. 274 f. 28 s. Anm. 11. Abbildungsnachweis Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege: Abb.1 – 10 55 Metallanalysen freibewitterter Bronzedenkmäler Martin Mach, Stefan Simon Mendebrunnen in Leipzig (1886)1 1 1.1 Probenverzeichnis Nr 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Figur HI 1 O HI 1 O HI 1 O HI 1 O HI 1 O HI 1 O HI 1 O HI 1 O HI 1 O HI 1 O 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 DE 4 NW TR 2 W TR 2 W TR 2 W HI 2 W DE 3 SW DE 2 SO PU 3 SW PU 2 SO PU 1 NO NE 4 NW NE 4 NW NE 3 SW TR 1 O TR 1 O TR 2 W FI 2 S GI 1 N GI 3 SR MU 1 O MU 1 O PU 3 SW PU 3 SW PU 3 SW SA 2 W PU 4 NW PU 4 NW MU 2 W HI 1 O OS OS PU 3 SW Beschreibung Hippokamp, linke Hinterflosse Hippokamp, Mähne links, Halsbereich Hippokamp, Vorderkante rechter Flügel, hellgrüne Patina Hippokamp, linker Flügel, Außenseite unten Hippokamp, Unterseite rechter Flügel, dunkelgraue Kruste Hippokamp, rechte Bauchseite, braune Ablaufspur Hippokamp, Bauch unten links Hippokamp, Vorderlauf Hippokamp, Unterseite rechter Flügel, schollenartige Ausblühung, dunkelgrün-schwarz Hippokamp, Unterseite rechter Flügel, etwas unterhalb 9 auf einer Feder, schollenartige Ausblühung, hellgrün-schwarz rechter Delphin, rechte Bauchseite Triton, Rücken, schwarze Patina (regengeschützt?) Triton, Vorderseite, Schulterhöhe, hellgrün (beregnet?) Triton, Vorderseite, Schulterhöhe, etwas unterhalb 13, schwarz Hippokamp, rechtes Vorderbein, Oberschenkel innen, hellgrün rechter Delphin, rechte Bauchseite linker Delphin, linke Bauchseite (Nachguß?) Putto, Unterseite, linker Flügel Putto, Gewandsaum, linker Oberschenkel Putto, rechter Flügel außen Nereide, Gabel des Dreizacks, unten Nereide, Haarlocke, unten Nereide, Gewand Faltenwurf rechts hinten Zügel, Triton (neu) Triton, Haarlocke über Ohr, rechts Triton, Zügel, original Fischkopf Wasserspeier, linke Kiemen Girlande, Blütenblatt unten einfache Girlande Muschel, unterhalb Gußnaht Muschel, oberhalb Gußnaht Schraube mit Gewinde, d 16mm vierkantiger Bolzen 2 × 2cm rund, d 15mm Satan Wasserspeier Schraubenkopf, 2 × 2cm Schraubenkopf, 1 × 1cm Schraube 2cm Gewinde Hippokamp, Reparatur Schwanzflosse (Kittung) Obeliskspitze (Überzug) Obeliskspitze, Fuß, schwarze Patina Putto Flügel, Innenseite, grün-graue Schollen (Korrosionskrater) Fragestellung LEG LEG PHA (XRD) LEG PHA (XRD) PHA (XRD) LEG LEG PHA (XRD) PHA (XRD) LEG PHA (XRD) PHA (XRD) PHA (XRD) PHA (XRD) LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG IR IR PHA (XRD) PHA (XRD) 56 Martin Mach, Stefan Simon 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 PU 3 SW HI 2 W HI 2 W HI 2 W NE 4 NW NE 2 SO NE 2 SO NE 2 SO NE 4 NW DE 1 NO DE 1 NO DE 1 NO DE 1 NO NE 1 NO NE 1 NO NE 1 NO NE 3 SW NE 3 SW MU 2 W TR 2 W TR 2 W HI 2 W HI 1 O HI 1 O TR 1 O PU 3 SW PU 2 SO PU 1 NO PU 4 NW MB 2 SO MB 1 NO FI 2 S FI 2 N DE 4 NW 77 78 DE 4 NW DE 4 NW 79 80 81 82 DE 2 SO DE 2 SO DE 2 SO DE 2 SO 83 84 85 86 87 88 89 DE 2 SO DE 3 SW DE 3 SW DE 3 SW DE 3 SW MB 3 SW MB 4 NW Putto, linker Flügel, Unterseite, hellgrüne pulvrige Patina hintere rechte Schwanzflosse, Oberfläche braun linker Flügel, Innenseite, unter schwarzer Gipskruste (abgesprungen) unterhalb ehemaliger Befestigung am Hals links vorne Pflanzen links hinten unten Pflanzen links hinten unten Mittlere Haarlocke, links hinten Attribut, Unterseite der Schaufel Pflanzen links hinten unten, nahe 47, grün rechter Delphin, Unterseite Maul rechter Delphin, Schwanzflosse linker Delphin, Schwanzflosse linker Delphin, dunkelgrau, Bauchflosse rechts Haarlocke hinten linke Greifzange von Krebs (Attribut) in linker Hand Faltenwurf hinten links Haarlocke Koralle in rechter Hand Muschel vorne Mitte Schwanzflosse links hinten Faltenwurf Hüfte hinten Linker Vorderlauf rechter Flügel, Innenseite, Patina, grau Kalkablagerung? wie 65, darunter, Unterkante Flügel, hellgraue Auflagerung Schwanzflosse rechts hinten unten Krebs rechte Zange unter Putto Unterseite Muschel Krebsmaul unten Faltenwurf rechts hinten Hüfte Muschelbaldachin, Fisch oben Schwanzflosse Muschelbaldachin, Fisch oben Schwanzflosse Fischkopf, gleichmäßig dunkel, linke Flosse oben Fischkopf, linke Flosse unten rechter Delphin, weiche abgewitterte Oberfläche, rechte Bauchflosse unten, grau, Schwanz nicht abgetrennt linker Delphin, hellgrün-grau, linke Bauchflosse, Schwanz angeschweißt linker Delphin, hellgrün-grau, rechte Brustflosse, schärfere Oberflächendetails als rechter Delphin rechter Delphin, hellgrün, Schwanz grau, rechte Brustflosse linke Bauchflosse rechter Delphin Schwanz, grau, von rechtem Delphin durch Schweißnaht getrennt linker Delphin, linke Bauchflosse, grau-türkisgrün, Schuppen abgewaschen, flacher, Oberfläche detailärmer, teilweise Bearbeitungsspuren(Rillen) sichtbar linker Delphin, oben vor Schwanzansatz rechter Delphin, linker Bauch unten (beide Delphine ähnlich) rechter Delphin, Schwanz linker Delphin, linke Bauchflosse linker Delphin, rechte Brustflosse Muschelbaldachin, Unterseite Muschel Muschelbaldachin, Unterseite Muschel PHA (XRD) REM LEG REM LEG REM LEG LEG LEG LEG REM LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG PHA (XRD) PHA (XRD) LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG LEG Tab. 1 Verzeichnis aller Proben, LEG = Legierungszusammensetzung, PHA (XRD) = Phasenanalyse (Röntgendiffraktometrie), REM = Rasterelektronenmikroskopie, IR = Infrarotspektroskopie Metallanalysen freibewitterter Bronzedenkmäler 1.2 Nr 1 2 4 7 8 11 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 44 45 47 48 49 50 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 67 68 69 70 71 72 73 57 Legierungszusammensetzung (%) Probe HI HI HI HI HI DE DE DE PU PU PU NE NE NE TR TR TR FI GI GI MU MU PU PU PU SA PU PU HI HI NE NE NE NE DE DE DE DE NE NE NE NE NE MU TR TR HI TR PU PU PU PU MB MB N 1 1 1 1 1 4 3 2 3 2 1 4 4 3 1 1 2 2 1 3 1 1 3 3 3 2 4 4 2 2 4 2 2 2 1 1 1 1 1 1 1 3 3 2 2 2 2 1 3 2 1 4 2 1 Dir O O O O O NW SW SO SW SO NO NW NW SW O O W S N SR O O SW SW SW W NW NW W W NW SO SO SO NO NO NO NO NO NO NO SW SW W W W W O SW SO NO NW SO NO Cu 91,0 91,4 91,6 91,1 91,5 83,0 88,1 81,3 88,0 87,5 88,0 80,4 90,8 89,6 94,7 89,6 85,5 85,9 82,1 82,8 89,9 90,0 83,8 83,5 98,8 82,9 90,9 89,7 91,4 91,0 89,9 89,6 88,8 84,1 89,1 90,5 90,3 82,6 90,3 82,3 89,1 89,4 82,2 90,9 91,8 89,2 91,2 91,0 90,2 90,6 89,3 89,6 89,5 89,3 Zn 4,4 4,4 4,1 4,4 4,4 4,3 3,9 4,2 7,1 7,9 7,0 5,1 5,7 5,0 1,2 5,5 9,9 5,3 5,1 4,3 5,1 5,2 12,3 12,3 0,0 3,5 4,9 4,5 4,9 4,5 4,3 4,4 4,6 3,1 2,8 2,7 2,7 3,5 4,6 3,8 4,4 4,6 3,7 4,1 3,8 4,9 4,1 4,5 4,4 4,6 5,1 4,5 4,5 3,8 Pb 0,7 0,6 0,5 0,7 0,6 4,5 0,5 4,1 0,5 0,7 0,6 4,7 0,5 1,2 0,1 0,6 0,5 2,5 4,6 4,5 0,6 0,7 1,7 1,6 0,0 4,6 0,5 0,6 0,5 0,6 0,6 0,5 0,7 4,5 0,5 0,9 0,8 4,6 0,9 4,1 0,8 0,6 4,5 0,5 0,4 0,5 0,5 0,6 0,5 0,5 0,6 0,7 0,6 0,6 Sn 3,7 3,1 3,1 3,7 2,9 7,3 6,5 9,5 4,0 3,3 3,8 9,4 2,1 3,4 3,4 3,6 3,6 5,6 7,9 7,9 3,3 3,0 1,5 1,4 0,8 7,8 3,4 4,2 2,7 3,1 3,9 4,5 5,6 7,8 5,9 5,3 5,2 8,2 3,5 8,6 4,9 4,6 8,1 4,1 3,5 4,2 3,4 3,2 3,2 2,9 4,3 4,3 4,3 4,5 Sb 0,06 0,04 0,08 0,10 0,08 0,06 0,04 0,07 0,04 0,07 0,05 0,09 0,03 0,17 0,10 0,06 0,14 0,11 0,04 0,04 0,16 0,14 0,10 0,08 0,08 0,11 0,01 0,00 0,18 0,17 0,03 0,06 0,05 0,14 0,18 0,17 0,16 0,17 0,10 0,12 0,11 0,02 0,09 0,03 0,03 0,07 0,08 0,12 0,13 0,10 0,12 0,07 0,01 0,01 Fe 0,05 0,02 0,03 0,02 0,02 0,10 0,10 0,06 0,03 0,07 0,04 0,05 0,07 0,06 0,02 0,03 0,05 0,08 0,05 0,10 0,03 0,04 0,34 0,34 0,02 0,11 0,08 0,08 0,18 0,19 0,13 0,16 0,17 0,16 0,58 0,21 0,21 0,22 0,18 0,19 0,23 0,22 0,34 0,20 0,17 0,30 0,20 0,23 0,21 0,17 0,22 0,23 0,08 0,14 Ni 0,03 0,02 0,02 0,02 0,01 0,26 0,04 0,12 0,02 0,02 0,02 0,12 0,03 0,05 0,00 0,01 0,03 0,16 0,11 0,17 0,04 0,04 0,12 0,12 0,01 0,20 0,05 0,07 0,01 0,02 0,03 0,04 0,05 0,22 0,10 0,07 0,07 0,17 0,03 0,12 0,03 0,03 0,21 0,03 0,03 0,01 0,02 0,00 0,01 0,02 0,01 0,01 0,01 0,03 Summe 99,8 99,6 99,4 99,9 99,5 99,5 99,1 99,4 99,7 99,6 99,5 99,9 99,1 99,4 99,4 99,4 99,7 99,5 99,9 99,8 99,1 99,1 99,8 99,4 99,8 99,1 99,9 99,1 99,8 99,6 98,9 99,3 99,9 100,0 99,1 99,8 99,6 99,5 99,6 99,2 99,5 99,4 99,1 99,9 99,8 99,2 99,4 99,7 98,7 99,0 99,7 99,4 99,1 98,4 58 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 Martin Mach, Stefan Simon FI FI DE DE DE DE DE DE DE DE DE DE DE DE MB MB 2 1 4 4 4 2 2 2 2 2 3 3 3 3 3 4 S N NW NW NW SO SO SO SO SO SW SW SW SW SW NW 85,7 87,6 82,2 88,5 88,7 88,8 86,9 83,4 79,6 79,2 88,8 87,1 88,9 90,4 89,2 88,6 4,3 2,2 4,4 2,9 2,9 3,6 2,6 3,6 4,6 4,5 4,5 3,1 4,3 3,0 5,1 4,9 2,6 0,6 4,1 0,6 0,6 0,5 0,5 4,3 4,4 4,5 0,6 0,5 0,4 0,5 0,5 0,6 6,6 7,9 8,2 6,4 6,3 6,0 8,5 8,1 10,6 10,6 5,3 8,5 5,8 5,1 4,9 5,4 0,07 0,19 0,12 0,18 0,17 0,14 0,41 0,17 0,12 0,05 0,07 0,09 0,07 0,13 0,12 0,14 0,15 0,49 0,16 0,43 0,15 0,15 0,87 0,12 0,11 0,10 0,19 0,31 0,25 0,12 0,13 0,17 0,15 0,08 0,22 0,06 0,03 0,04 0,08 0,07 0,09 0,07 0,03 0,03 0,02 0,03 0,03 0,03 99,5 99,1 99,5 98,9 98,9 99,2 99,8 99,8 99,6 99,0 99,5 99,7 99,6 99,4 99,9 99,8 Tab. 2 Legierungsanalysen des Leipziger Mendebrunnens Auf den ersten Blick verwirrt die Vielfalt unterschiedlicher Legierungstypen, welche noch dazu zum Teil fließend ineinander überzugehen scheinen. Allein diese Tatsache ist jedoch bereits ein charakteristisches Merkmal des Brunnens, wenn man die wesentlich genauer definierte und strenger durchgehaltene chemische Zusammensetzung zum Beispiel bei der Friesen-Büste oder dem Herzog-Heinrich-Denkmal zum Vergleich heranzieht (siehe dort). Im Falle des Mendebrunnens existierten die bei der Friesen-Büste genannten Forderungen der Chemiker nach einer vermeintlich ideal zusammengesetzten Bronze noch nicht. Auch hätte sich die von Millersche Gießerei in Anbetracht ihrer langen Tradition in Fragen der Legierungszusammensetzung wahrscheinlich nur mit Mühe von außen beeinflussen lassen. Die größten Figuren – die Hippokampen, Tritonen und Nereiden – sind in recht einheitlicher Rotguß-Legierung (mit ca. 4% Zn, 0,6% Pb und 4% Sn) gegossen. Die Putti ähneln diesem Grundtypus, weisen jedoch einen zum Teil etwas höheren Zinngehalt auf. Die Nachgüsse, in erster Linie Teile von geringer Größe, sowie kleinere Nebenfiguren sind in der Regel durch gegenüber der Hippokampen-Legierung stark erhöhte Bleigehalte (ca. 5%) und meist (jedoch leider nicht immer) erhöhte Nickelgehalte identifizierbar. Die Proben von den Delphinen bestehen entweder aus einer bleiarmen Legierung (#16, #52, #53, #54, #77, #78, #79, #80, #84, #85, #86, #87) oder aus einer bleireichen Legierung (#11, #17, #55, #76, #81, #82, #83), wobei es sich bei der zweiten Gruppe um Nachgußteile handeln dürfte. Bei den augenscheinlich später erneuerten Attributen (#21 Dreizack, #50 Wasserschaufel, #60 Koralle) sind ebenfalls erhöhte Bleianteile (5%), sehr hohe Zinngehalte (8 – 9%) und mittlere bis hohe Nickelwerte (0,12 – 0,22%) feststellbar. Der erneuerte Zügel in der Hand des östlichen Tritonen (#24) besteht aus einer zinkarmen und im Spurenbereich besonders reinen Zinnbronze, während der originale Zügel in der Hand des westlichen Tritonen (#26) auffällig viel Zink enthält. 1.3 Korrosionsprodukte und aufliegende Schichten Name ANT ATA BRO CAS CUP CUS ANG G Q 65HI1O × (×) × (×) 66HI1O × × × 6HI 1O (×) (×) 12TR2W × × 43PU3SW ×× × × 10HI1O × (×) ×× × 41OS × 42PU3SW × × × 14TR2W × 9HI 1O × × × 13TR2W × ×× (×) × 5HI 1O ×× × 15HI2W × 3HI 1O × ×× (×) × Tab. 3 Ergebnisse der röntgendiffraktometrischen Phasenanalyse (Abkürzungen: Anglesit (ANG), Antlerit (ANT), Atacamit (ATA), Brochantit (BRO), Cassiterit (CAS), Cuprit (CUP), Kupfersulfathydroxidhydrat (CUS), Gips (G), Quarz (Q)) Die Korrosionsprodukte belegen den – im Vergleich zu den meisten der nachfolgend hier vorgestellten Denkmälern – insgesamt besseren Erhaltungszustand des Mendebrunnens: der schwefelärmere Brochantit und der schwefelreichere Antlerit halten sich in etwa die Waage. Besonders bemerkenswert erscheint das Fehlen jeglicher Kalkablagerungen auf den Hippokampen. So treten die für Brunnenfiguren typischen Substanzen Calcit und Calcitmonohydrat in den Oberflächenschichten nicht auf. Dies bedeutet einerseits, daß die üblicherweise recht grob ausgeführten Entkalkungsarbeiten bei der Brunnenwartung entfallen, andererseits können jedoch geringe Mengen an gleichmäßig ausgebildeten Kalkablagerungen die Bronzeoberfläche gegen chemisch saure Umwelteinflüsse schützen. Metallanalysen freibewitterter Bronzedenkmäler 2 59 Martin Luther-Denkmal in Lutherstadt Wittenberg (1821) 2 2.1 Probenverzeichnis Probe WBL WBL WBL WBL 1 2 3 4 WBL 5 WBL WBL WBL 6 7 8 Ort Mantelsaum hinten, links unten seitlich linker Arm, Mantelfalte Plinthe, hinten rechts Unterseite des aufgeschlagenen Mantelkragens, rechts Linke Hand, Handrücken in Daumennähe Brust Mitte, in Vertiefung Unterhalb Kinn Linker Mantelkragen WBL 9 Linker Ärmel, Faltenwurf WBL 10 WBL 11 WBL 12 WBL 13 WBL 14 WBL 15 Tab. 4 Rückseite Bibel Mantel, Rückseite im Faltenwurf Faltenwurf, linkerArm, tiefe Korrosionskrater Mantel hinten rechts Mantel hinten rechts Rechter Fuß innen Beschreibung Spanprobe Spanprobe Spanprobe Fragestellung LEG LEG LEG Spanprobe LEG Spanprobe Gelbgrüne Wachspatina in Vertiefung schwarze/graue Kruste, darunter grün graue Kruste, rel. dick, darunter hellgrün, kleine Korrosionskrater regengeschützt, graugrüne Kruste, rel. dick, enthält Wachs? dünne Kruste, dunkelgrün dünne graue Kruste LEG PHA (XRD) PHA (XRD) PHA (XRD) PHA (XRD) PHA (XRD) hellgraue Schicht über Korrosionskratern hellgrün, pudrig, aufliegende Patina dunkelgraue/schwarze Kruste, neben grünen Bereichen dicke Sinterkruste, regengeschützt PHA (XRD) PHA (XRD) PHA (XRD) PHA (XRD) PHA (XRD) Verzeichnis aller Proben, LEG = Legierungszusammensetzung, PHA (XRD) = Phasenanalyse (Röntgendiffraktometrie) 2.2 Legierungszusammensetzung (%) Probe WBL 1 WBL 2 WBL 3 WBL 4 WBL 5 Mittelwert Stdabw. Tab. 5 Cu 86,61 86,47 88,17 87,89 87,61 87,35 0,77 Zn 6,15 6,04 3,77 3,99 5,04 5,00 1,11 Pb 1,08 1,09 1,17 1,28 0,92 1,11 0,13 Sn 5,15 5,47 5,39 5,23 5,34 5,32 0,13 Sb 0,367 0,399 0,403 0,412 0,354 0,39 0,03 Fe 0,150 0,138 0,146 0,313 0,463 0,24 0,14 Ni 0,237 0,238 0,248 0,244 0,267 0,25 0,01 Summe 99,74 99,86 99,29 99,35 100,01 99,65 0,31 Legierungsanalysen des Luther-Standbildes Das Luther-Denkmal besteht aus einer Rotguß-Legierung, wie sie auch heute noch im Kunstguß verwendet wird. Die Proben enthielten neben Kupfer im Durchschnitt 5% Zink, 5% Zinn und 1% Blei. Die Zusammensetzung ist nicht so homogen wie beispielsweise bei der Friesen-Büste oder beim Herzog-HeinrichDenkmal (siehe dort), auch sind bei den Nebenanteilen und Spuren deutlich erhöhte Werte feststellbar. 60 Martin Mach, Stefan Simon 2.3 Korrosionsprodukte und aufliegende Schichten Probe WBL WBL WBL WBL WBL WBL WBL WBL WBL 7 8 9 10 11 12 13 14 15 ANT ×× (×) × ×× ×× ×× ×× ×× (×) ATA BRO CAS CUP CUS NH4-CUS ANG × × × (×) (×) (×) × (×) × (×) G (×) (×) ×× Q × (×) (×) × × (×) (×) × Tab. 6 Ergebnisse der röntgendiffraktometrischen Phasenanalyse (Abkürzungen: Anglesit (ANG), Antlerit (ANT), Atacamit (ATA), Brochantit (BRO), Cassiterit (CAS), Cuprit (CUP), Kupfersulfathydroxidhydrat (CUS), Ammoniumkupfersulfat (NH4-CUS), Gips (G), Quarz (Q)) Das auffällige Vorherrschen des schwefelreicheren Antlerit im Vergleich zum schwefelärmeren Brochantit in allen Proben ist ein Hinweis auf die ungünstigen Umweltbedingungen im 20. Jahrhundert. Man könnte nun argumentieren, daß durch die Überdachung verstärkt gipshaltige Stäube auf der Oberfläche angereichert und nicht abgewaschen würden. Dies ist jedoch offensichtlich für die Antlerit-Bildung nicht ausschlaggebend, 3 weil Gips in einigen Proben nicht oder nur in geringer Menge vorgefunden wurde, während Antlerit stets und meist in großer Menge vorkommt. Das Ammoniumkupfersulfat (Probe WBL 15) wird auf Bronzen nur äußerst selten gefunden und dürfte auf dem Luftweg von den in Windrichtung liegenden Stickstoffwerken angetragen worden sein.3 Herzog Heinrich - Denkmal in Marienberg (1900)4 3.1 Probenverzeichnis Probe MHH MHH 1 2 MHH MHH MHH MHH MHH MHH MHH 3 4 6 11 12 15 16 MHH 17 MHH 8 MHH 9 a MHH 9b MHH 10 Tab. 7 Ort Plinthe, rechte Seite Steinsockel, unterhalb der Signatur »Offermann«, rechte Seite Deckplatte der Plinthe, rechte Seite Kette lose, nahe Steinsockel Schwertspitze, unten Steinsockel, Hinterseite Helmzier Hose über rechtem Knie Brust, rechts unter Kettenhemd, in Höhe Hand und Schwert Kopf hinter rechtem Ohrläppchen Wappen, unterhalb des Standbilds, Rand der linken Seite Buchstabe »s« der Inschrift (Marienbergs) wie 9a »silbriges« Metall darunter Buchstabe »d« der Inschrift (dem) Verzeichnis der Proben für die Legierungsanalysen Probe MHH 13 MHH 23 Ort Nordseite, Sockel »Felsen«, Mitte wie MHH 13, etwas östlich Herzog, linker Arm, Armbeuge und Ellenbogen wie MHH 13 Herzog, rechtes Bein, Kniehöhe innen am Ende des Waffenrocks Herzog, linkes Bein, Oberschenkel Rückseite, schwarz-grüne Kruste wie MHH 20, Unterkante im regengeschützten Bereich Nähe MHH 18 MHH 24 Nähe MHH 18 MHH 14 MHH 18 MHH 19 MHH 20 MHH 21 MHH 22 Beschreibung schwarze bis dunkelgraue Ablaufspuren, sehr hart dunkelgrau, wie Probe MHH 13 grün, Scholle, Pusteln hellgrüner Bereich schwarz-grüne Kruste (innen grün, außen schwarz) schwarz-grüne Kruste (innen grün, außen schwarz) dunkelgrüne, schwarze Schollen hellgrün, sehr harter Untergrund, pudrig dunkelgrau, sehr harter Untergrund, pudrig Tab. 8 Proben zur Bestimmung der Korrosionsprodukte und Krusten, Proben aus von Lochfraß betroffenen Bereichen sind in der Tabelle dunkelgrau unterlegt. Metallanalysen freibewitterter Bronzedenkmäler 61 3.2 Legierungszusammensetzung (%) Probe MHH 1 MHH 2 MHH 3 MHH 4 MHH 6 MHH 11 MHH 12 MHH 15 MHH 16 MHH 17 Mittelwert Stdabw. Tab. 9 Cu 91,51 94,66 93,05 92,33 92,26 91,94 91,91 93,39 91,77 92,47 92,53 0,90 Zn 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 Pb 0,01 0,00 0,00 0,00 0,01 0,01 0,01 0,00 0,01 0,01 0,01 0,00 Sn 7,84 4,78 6,46 6,55 7,10 6,72 7,49 5,34 7,44 6,51 6,62 0,91 Sb 0,070 0,026 0,078 0,056 0,050 0,134 0,035 0,039 0,015 0,083 0,06 0,03 Fe 0,144 0,023 0,057 0,046 0,197 0,049 0,059 0,420 0,079 0,289 0,14 0,12 Ni 0,008 0,026 0,000 0,123 0,185 0,142 0,074 0,057 0,079 0,102 0,08 0,06 Summe 99,58 99,52 99,65 99,11 99,80 99,00 99,57 99,25 99,38 99,47 99,43 0,24 Legierungszusammensetzung des figürlichen Teils des Denkmals genau definierte, blei- und zinkfreie Legierung mit knapp 7% Zinn vor, welche – wie beim Friesen-Denkmal begründet – zum Lochfraß neigt. Die Legierung des Standbilds und aller seiner Einzelteile ist der Legierung der Friesen-Büste recht ähnlich (ausführliche Diskussion und Schlußfolgerungen siehe S. 65). Auch beim Herzog-Heinrich-Denkmal liegt eine geradezu labormäßig Sonstige Ergebnisse Probe MHH 8 MHH 9a MHH 9b MHH 10 Ort Wappen, unterhalb des Standbilds, Rand der linken Seite Buchstabe »s« der Inschrift (Marienbergs) wie 9a »silbriges« Metall darunter Buchstabe »d«der Inschrift (dem) Zusammensetzung Cu (90%), Zn (8%), Sn (2%) Kupfer (Cu) Blei/Zinnlot Kupfer (Cu) Tab. 10 Proben von Wappen und Sockelinschrift Das Wappen unterscheidet sich vom Standbild in seiner Zusammensetzung deutlich. Es enthält rund 8% Zink, während das Standbild kein Zink enthält. Die Buchstaben auf dem Sockel des Denkmals bestehen aus mit Blei-Zinn-Legierung ausgeschwemmtem Kupferblech. 3.3 Korrosionsprodukte und aufliegende Schichten Probe MHH 13 MHH 14 MHH 18 MHH 19 MHH 20 MHH 21 MHH 22 MHH 23 MHH 24 ANT ATA BRO CAS CUP CUS (×) × × × × × × × (×) × ANG G Q × × × × × (×) × × × (×) × Tab. 11 Ergebnisse der röntgendiffraktometrischen Phasenanalyse (Abkürzungen: Anglesit (ANG), Antlerit (ANT), Atacamit (ATA), Brochantit (BRO), Cassiterit (CAS), Cuprit (CUP), Kupfersulfathydroxidhydrat (CUS), Gips (G), Quarz (Q)) Die Schabeproben wurden – soweit möglich – in der Röntgendiffraktometrie untersucht, lediglich bei Probe MHH 1 stand nicht ausreichend Substanz zur Verfügung. Die Diffraktome- trie-Ergebnisse wurden zur Erleichterung der Interpretation in Tab. 12 (Seite 62) so umgruppiert, daß augenscheinlich von Lochfraß weniger betroffene beziehungsweise von Lochfraß 62 Martin Mach, Stefan Simon stark betroffene Proben eine Gruppe bilden. Es ist deutlich zu erkennen, daß sich die Korrosion in den von Lochfraß deutlich betroffenen Bereichen nicht nur quantitativ, sondern auch chemisch qualitativ unterscheidet. Brochantit, das schwefelärmste der im Freien vorkommenden basischen Kupfersulfate, kommt in erster Linie in den von der Lochfraßkorrosion nicht betroffenen Flächenbereichen vor. Das in der Dissertation von Probe MHH MHH MHH MHH MHH MHH MHH MHH MHH Brochantit Cu4 SO4 (OH) 6 13 14 19 23 24 18 20 21 22 × × × × (×) Antlerit Cu3 SO4 (OH) 4 STRANDBERG5 beschriebene Korrosionsprodukt Cu2.5SO4(OH)3 · 2 H2O (ähnlich PCJDS 41-0007, Cu5(SO4)2(OH)6 · 5 H2O) wurde nur in den von Lochfraß besonders betroffenen Bereichen identifiziert, während der in der Korrosionsliteratur ebenfalls als ungünstig bewertete Antlerit in der Tabelle eine Art Mittelstellung einzunehmen scheint. Strandbergit Cu2.5 SO4 (OH)3 · 2 H2O Cuprit Cu2O Cassiterit SnO2 × (×) × × × × × (×) × × × (×) Tab. 12 Ergebnisse aus Röntgendiffraktometrie (XRD), Proben aus von Lochfraß besonders betroffenen Bereichen sind dunkel unterlegt Für die ionenchromatographische Untersuchung der Korrosionsprodukt-Proben stehen zwei gängige Untersuchungstechniken zur Verfügung: Beim ammoniakalischen Aufschluß6 der Proben gehen praktisch alle Korrosionsprodukte – auch die wasserunlöslichen Sulfate – in Lösung. Man erhält auf diese Weise die Gesamtmenge der wichtigsten Anionen in der Probe einschließlich der Gesamtmenge an Sulfat. Beim wäßrigen Extrakt 7 geht ein wesentlich geringerer Teil der Proben in Lösung. Wegen der erhöhten chemischen Verfüg- 1 Ammoniakalischer Aufschluß barkeit und dem Beitrag zur elektrischen Leitfähigkeit des Wasserfilms auf der Oberfläche muß allerdings den wasserlöslichen Substanzen besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Die beiden Aufschlußmethoden liefern einander ergänzende Ergebnisse. Die Ergebnisse vom ammoniakalischen Aufschluß belegen, daß in der Gesamtmenge der Korrosionsprodukte die Sulfate mit typischen Massenanteilen von 15 bis 20% dominieren, während andere Anionen von untergeordneter Bedeutung sind (Abb. 1). Fluorid, Nitrat und Chlorid kommen Metallanalysen freibewitterter Bronzedenkmäler in allen Proben vor, Phosphat nur in den Flächenbereichen ohne Lochfraß, Oxalat nur in den Flächenbereichen mit Lochfraß. Beim wäßrigen Aufschluß (Abb. 2) ist in der Lochfraßsituation 2 63 eine leichte Anreicherung sämtlicher Anionen (mit Ausnahme von Phosphat) festzustellen. Besonders auffällig ist jedoch der hohe Massenanteil löslichen Kupfers. Wäßriger Aufschluß 3 Karl Friedrich Friesen-Denkmal (Ernst Habs, 1893), Magdeburg, Vorzustand (1997) 4 Nach der Restaurierung des Friesen-Denkmals (März 2000) 64 Martin Mach, Stefan Simon Gegenüberstellung der unterschiedlichen Korrosionsformen Die Befunde von Flächenbereichen mit und ohne Lochfraß wurden der Übersichtlichkeit halber in Tab. 13 zusammengefaßt. Eigenschaft pH Wert8 In Ammoniak lösl. Sulfat (%) Wasserlösliches Sulfat (%) Wasserlösliches Oxalat (%) Wasserlösliches Kupfer (%) Wasserlösliches Chlorid (%) Wasserlösliches Nitrat (%) Wasserlösliches Fluorid (%) Phosphat, Gesamtmenge (%) Normale Oberflächenkorrosion > 5,5 15 bis 20 1,1 0,00 0,12 0,02 0,03 0,00 1,10 Lochfraßsituation 5 bis 5,5 15 bis 20 1,5 0,24 2,0 0,12 0,21 0,02 0,00 Tab. 13 Herzog-Heinrich-Monument, Marienberg – Zusammenfassung charakteristischer Eigenschaften von Bereichen mit und ohne Lochfraß Das Fehlen von Phosphat in den von Lochfraß betroffenen Bereichen dürfte durch die Schwerlöslichkeit der in Frage kommenden Phosphate bedingt sein. Die Phosphate werden üblicherweise mit dem Straßenstaub angetragen und – genau wie eisenhaltiger Staub – bevorzugt in die äußeren Bereiche der Korrosionsschicht eingebaut.9 Oxalat hingegen findet sich bevorzugt in den Korrosionsgruben, vermutlich weil sich Mikroorganismen hier wegen der gleichmäßigeren Feuchte besser halten und vermehren können und als Stoffwechselprodukt Oxalate abscheiden. Verbindung Chemische Formel Cu4 SO4 (OH)6 Brochantit Antlerit Hydroxid/ Sulfat/ Kupfer Kupfer 1.50 0.25 Cu3 SO4 (OH)4 1.33 0.33 Strandbergit Basisches Kupfersulfat 11 Cu2.5 SO4 (OH)3 · 2 H2O 1.20 0.40 Cu5 (SO4)2 (OH)6 · 5 H2O 1.20 0.40 Kupfersulfat CuSO4 · 5 H2O 0.00 1.00 10 5 Reiterstandbild Friedrich Wilhelm III. (Louis Tuaillon, 1915/18), Merseburg, hier noch am alten Standort in der Ruine der Sixtikirche (September 1997) Tab. 14 Stöchiometrische Verhältnisse der diskutierten Kupfersulfate Anhand der Tab. 14 mit den stöchiometrischen Verhältnissen der hier interessierenden Kupfersulfate wird deutlich, daß es eine Abstufung der Kupfersulfate gibt, die vom Brochantit (schwefelarm, alkalisch) bis zum normalen Kupfersulfat (schwefelreich, neutral) reicht. Unter den in Mitteleuropa vorherrschenden Bedingungen finden sich in erster Linie die schwefelärmeren Korrosionsprodukte Brochantit und Antlerit, wobei die Interpretation im Hinblick auf die Umweltbelastung zum Teil erschwert ist, weil sich der Antlerit – unabhängig von der Schadstoffbelastung – auch unter ganz bestimmtem Beregnungsbedingungen, zum Beispiel an Wasserablaufkanten (mit erhöhter Gipskonzentration), vorrangig bilden kann. 6 Nach der Restaurierung des Denkmals am neuen Standort im Merseburger Schloßpark (November 1998) Metallanalysen freibewitterter Bronzedenkmäler In Marienberg wurde das noch schwefelreichere basische Kupfersulfat Cu5 (SO4)2 (OH)6 · 5 H2O gefunden. Unter extremen Bedingungen – etwa in einer Bewitterungskammer mit 4 65 Schwefeldioxidkonzentrationen in der Größenordnung von 10 000µg/m3 – wird, quasi als ärgstes Korrosionsprodukt, auch Kupfersulfat gebildet. Karl Friedrich Friesen-Denkmal in Magdeburg (1893)12 4.1 Probenverzeichnis Probe MDF 1 MDF 2 MDF 3 MDF 4 MDF 5 MDF 6 MDF 7 MDF 8 MDF 9 MDF 10 MDF 11 MDF 12 MDF 13 MDF 14 Ort Büste hinten rechts, unter Mantel Büste, hinten links, Sockelbereich Büste, unterhalb rechter Schulter, Mantelkragen Büste, Kopf, hinter rechtem Ohr Reliefplatte rückseitig, links unten Büste, rechte Seite, Mantel Unterseite linke Reliefplatte, linke untere Ecke Nähe MDF 1 Büste, rechte Seite Hals rechte Reliefplatte, Turnvater Jahn, im Schritt Büste, auf rechtem Kragen, regenexponiert rückseitige Reliefplatte, rechte obere Ecke Büste, rechte Seitein Mantelfalten, eher Rückseite, Armbereich rückseitige Reliefplatte, rechts unten, Sockel Beschreibung dicke Gipssinterkruste, grün-schwarz, Unterseite hellgrün Spanprobe Spanprobe Fragestellung PHA (XRD) LEG LEG Spanprobe Spanprobe Spanprobe (etwas verunreinigt mit Lot/Alu) Spanprobe pudriges Korrosionsprodukt direkt unter Kruste, hellgrün dünne schwarze Kruste, Unterseite teilweise grün schwarze Kruste, dicke Pusteln, Unterseite grün LEG LEG LEG LEG PHA (XRD) PHA (XRD) PHA (XRD) hellgrüne, pudrige Patina, locker aufliegend PHA (XRD) Patina, schwarz-grün PHA (XRD) dünne schwarze Kruste, flach, sehr fest, Unterseite türkisgrün grün-schwarze Patinaprobe PHA (XRD) PHA (XRD) Tab. 15 Verzeichnis aller Proben, LEG = Legierungszusammensetzung, PHA (XRD) = Phasenanalyse (Röntgendiffraktometrie) 4.2 Legierungszusammensetzung (%) Probe MDF 2 MDF 3 MDF 4 MDF 5 MDF 6 MDF 7 Mittelwert Stdabw. Cu 92,19 92,67 92,06 91,31 91,61 91,75 91,93 0,48 Zn 0,026 0,023 0,020 0,096 0,023 0,119 0,05 0,04 Pb 0,000 0,000 0,009 0,288 0,009 0,357 0,11 0,17 Sn 6,130 6,311 6,760 6,907 7,077 6,875 6,68 0,37 Sb 0,325 0,223 0,196 0,301 0,245 0,275 0,26 0,05 Fe 0,090 0,034 0,035 0,035 0,039 0,220 0,08 0,07 Ni 0,084 0,034 0,035 0,030 0,057 0,063 0,05 0,02 Summe 98,84 99,30 99,12 98,97 99,06 99,66 99,16 0,29 Tab. 16 Legierungsanalysen der Magdeburger Friesen-Büste Die Friesen-Büste (Proben 2, 3, 4 und 6) und die Reliefplatten (Proben 5 und 7) bestehen aus einer sehr einheitlichen Legierung, welche fast ausschließlich Kupfer (Cu) und Zinn (Sn) enthält. Sowohl die Homogenität der Zusammensetzung als auch die Reinheit der Komponenten sind auffällig. Lediglich in der Probe MDF 7 vom linken Relief sind die Spuren an Blei, Zink und Eisen etwas erhöht. Leider liegt der Zinngehalt mit 6,7% bereits über der kritischen Schwelle, die bei hoher Luftverschmutzung das Auftreten von Lochfraßkorrosion begünstigt. Die Legierung der Büste ist absolut bleifrei und enthält nur äußerst wenig Zink. Insofern spiegelt sie den Streit zwischen Chemikern und Bronzegießern wieder, welcher zeitgleich mit der Herstellung der Friesen-Büste tobte: »... Als normale Zinnbronze galt in den letzten Jahren die Legierung 93% Kupfer und 7% Zinn. Die Erzgießer haben durch ihre Misserfolge in der Praxis nachgewiesen, dass letztere Mischung sich schliesslich noch während des Gusses gern entmischt bzw. aussaigert und dass sich beim Erkalten leicht Gussblasen bilden. Die auf S. 37 erwähnte Partei der Chemiker gestattet den 66 Martin Mach, Stefan Simon Erzgiessern daher in neuester Zeit wieder eine geringe Beimischung von Zink. Wie viele Prozente dieselbe aber betragen soll, das gerade ist in dem leidenschaftlichen Streite beider Parteien die brennende Frage der Gegenwart geworden: Die Chemiker wollen höchstens 2% Zinkzumischung zulassen, die Erzgiesser, um sich ein besseres Gelingen eines jeden ihrer Güsse zu sichern, fordern die Erlaubnis zu einem grösseren Prozentsatze, drängen überhaupt im allgemeinen zu einer Legierung zurück, welche in der Mitte zwischen Zinn- und Zinkbronze liegt. Die Chemiker hoffen mit Durchführung ihrer Forderung für die Bildhauer zu erreichen, dass ihre im Freien aufgestellten Erzdenkmäler nach Verlauf weniger Jahre die edle antike Patina antiker Bronzewerke zeigen werden. Die Bronzegießer behaupten dagegen, jede der beiden Bronzelegierungen, wenn sie frei von Arsen, Schwefel und Blei gehalten werde, würde nach längeren (wenigstens 40) Jahren, die in Ruhe abzuwarten wären, die Patinawünsche der Bildhauer und des kunstliebenden Publikums erfüllen. ...«.13 Aus der Sicht der Autoren ist zusammenfassend anzumerken, daß der extreme Lochfraß an der Friesen-Büste auf zwei Faktoren zurückzuführen sein dürfte: auf die Verschlechterung der Umweltbedingungen in einem Maße, welches für unsere Vorfahren unvorstellbar war, sowie auf die Wahl der von den Chemikern favorisierten Legierung, welche – wie die Gießer richtig feststellten – besonders zur Aussaigerung und somit letztendlich zur Bildung unterschiedlich zinnhaltiger Bereiche mit unterschiedlichem Korrosionsverhalten neigt. Diese lokal unterschiedliche Korrosionsanfälligkeit erleichtert die Lochfraßbildung. Unter günstigeren Umweltbedingungen hätte die Fraktion der Chemiker wohl recht behalten, weil der Lochfraß in dieser Stärke nicht aufgetreten wäre und sich durchaus die für Zinnbronzen typische, einheitlich grüne und glänzende Patina hätte bilden können. 7 Lutherstadt Wittenberg, Markt, Standbild Philipp Melanchthons (Friedrich Drake, 1865) unter einem Eisengußbaldachin (November 1997) 4.3 Korrosionsprodukte und aufliegende Schichten Probe MDF 1 MDF 8 MDF 9 MDF 10 MDF 11 MDF 12 MDF 13 MDF 14 ANT × × × × ATA BRO CUP CUS ANG G × × × (×) × × × (×) CAS (×) × × (×) (×) Q × × × (×) × (×) (×) (×) Tab. 17 Ergebnisse der röntgendiffraktometrischen Phasenanalyse (Abkürzungen: Antlerit, PDF 7-407 (ANT); Atacamit, PDF 25269 (ATA); Brochantit, PDF 13-398 (BRO); Cassiterit, PDF 21-1250 (CAS); Cuprit, PDF 5-667 (CUP); Kupfersulfathydroxidhydrat 41-7 (CUS); Gips, PDF 6-46 (G); Quarz, PDF 33-1161 (Q)) Metallanalysen freibewitterter Bronzedenkmäler 67 Die Proben MDF 1 und MDF 8 entsprechen der chemischen Situation, wie man sie auch von anderen Krusten in nicht beregneten Bereichen kennt: durch den kontinuierlichen Sulfateintrag von außen und infolge der fehlenden Beregnung bildet sich dann eine dicke Schicht aus schwefelreicherem Antlerit (Cu3 SO4 (OH)4) und Gips. Der schwefelärmere Brochantit (Cu4 SO4 (OH)6) wird im vorliegenden Fall nicht gefunden. Die Pusteln aus dem stark zerfressenen Bereich der Probe MDF 10 enthalten das für aktive Korrosion typische Kupfersulfathydroxidhydrat Cu5 (SO4)2 (OH)6 · 5 H2O mit maximalem Schwefelanteil.14 Wie weitere Messungen zeigten, hat die Probe MDF 10 noch dazu die höchste elektrische Leitfähigkeit von allen Proben (38 µS/m, an zweiter Stelle folgt MDF 1 mit 23 µS/m). Die hohe Leitfähigkeit wird durch einen hohen Salzanteil bedingt, welcher wiederum die elektrochemischen Korrosionsreaktionen fördert. Probe MDF 11 vom Hals der Büste hat den chemisch günstigsten Befund: Sie enthält den schwefelärmeren Brochantit (statt Antlerit) und erhebliche Mengen an Cuprit. Letzterer entsteht durch Luftoxidation und muß als passivierend, also schützend, eingestuft werden. Die Proben MDF 9 sowie MDF 10 bis 14 sind Mischzustände zwischen den genannten Extremen und sollen deshalb hier nicht im einzelnen diskutiert werden. Betrachtet man alle Proben gemeinsam, so fällt auf, daß das Massenverhältnis zwischen Antlerit und Brochantit leicht zugunsten des Antlerits verschoben ist. 8 Bronzestandbild Georg Friedrich Händels (Hermann Heidel, 1859) auf dem Markt in Halle, Vorzustand (August 1997) 5 Reiterstandbild Friedrich Wilhelm III. in Merseburg (1918)15 5.1 Probenverzeichnis Probe MER MER MER MER MER MER MER MER 1 2 3 4 5 6 7 8 MER 9 MER 10 MER 11 Ort Pferd, linke Bauchseite unten Reiter, linker Arm, Achselhöhe hinten Reiter, hinter linkem Ohr Hutspitze, hinten unten, abgeschattet Reiter, Rücken/Schulter links oben linke Schulter, Reiter, flächig Reiter, Hutspitze hinten links, regenexponiert Pferd, linker Hinterlauf, Innenseite abgeschattet Pferd, linker Hinterlauf innen Reiter, rechte Hand, zwischen Oberschenkel und Handrücken (Kittung?) Pferd, rechter Vorderhuf zwischen Steinsockel und Bronze Beschreibung dünne schwarze Kruste mit teils hellgrüner Unterseite Spanprobe Spanprobe schwarze Pustelpatina, dunkelgrün schwarze fest sitzende dünne Patina hellgrüne, sehr dichte fest aufliegende dünne Patina grau-braune Kruste, spröde,unterliegende Schicht braun Patina dunkelgrün, unterwandert von Insekten Spanprobe Kittmaterial Fragestellung PHA (XRD) LEG LEG PHA (XRD) PHA (XRD) PHA (XRD) PHA (XRD) PHA (XRD), Einbettung LEG XRF, XRD, IR Zementkitt PHA (XRD) Tab. 18 Verzeichnis aller Proben, LEG = Legierungszusammensetzung, PHA (XRD) = Phasenanalyse (Röntgendiffraktometrie), XRF = Röntgenfluoreszenz, IR = Infrarotspektroskopie 68 Martin Mach, Stefan Simon 5.2 Legierungszusammensetzung (%) Probe MER 2 MER 3 MER 9 Mittelwert Stdabw. Cu 91,89 91,65 91,10 91,55 0,41 Zn 3,206 3,992 3,809 3,67 0,41 Pb 1,006 0,847 1,326 1,06 0,24 Sn 3,143 2,782 3,075 3,00 0,19 Sb 0,390 0,298 0,358 0,35 0,05 Fe 0,176 0,218 0,234 0,21 0,03 Ni 0,088 0,129 0,124 0,11 0,02 Summe 99,90 99,92 100,03 99,95 0,07 Tab. 19 Legierungsanalysen des Merseburger Reiterstandbildes Die Proben von der Legierung des Denkmals für Friedrich Wilhelm III. enthalten im Durchschnitt 92% Kupfer, 4% Zink, 3% Zinn und 1% Blei. Diese Legierung ist vergleichsweise kostengünstig, eher weich, gut gießbar und nur durch5.3 schnittlich korrosionsbeständig, neigt jedoch nicht zum Lochfraß. Der auffällig gute Erhaltungszustand des Denkmals dürfte primär der verhältnismäßig kurzfristigen Bewitterung im Freien zuzurechnen sein.16 Korrosionsprodukte und aufliegende Schichten Probe MER 1 MER 4 MER 5 MER 6 MER 7 MER 8 ANT × × (×) × ATA BRO (×) (×) × × × CAS CUP CUS ANG G (×) (×) (×) (×) (×) Q (×) (×) (×) (×) (×) Tab. 20 Ergebnisse der röntgendiffraktometrischen Phasenanalyse (Abkürzungen: Anglesit (ANG), Antlerit (ANT), Atacamit (ATA), Brochantit (BRO), Cassiterit (CAS), Cuprit (CUP), Kupfersulfathydroxidhydrat (CUS), Gips (G), Quarz (Q)) Die in der Analyse festgestellten Korrosionsprodukte sind für Bronzen in städtischer Atmosphäre typisch, wobei sich der schwefelreichere Antlerit und der schwefelärmere Brochantit in 6 etwa die Waage halten. Das bei den Denkmälern mit starkem Lochfraßbefall festgestellte Kupfersulfathydroxidhydrat wurde im vorliegenden Fall nicht gefunden. Philipp Melanchthon-Denkmal in Wittenberg (1865) 6.1 Probenverzeichnis Probe WBM WBM WBM WBM WBM WBM WBM WBM WBM WBM WBM WBM WBM WBM 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 Ort hinten Mitte, in Mantelfalte Plinthe hinten, links Ellenbogen, linker Arm, von hinten rechter Mantelkragen, vorne Innenseite rechter Ärmel vorne, Mantel/Faltenwurf, rechts unten rechter Ärmel hinten innerhalb Mantelfalte, hinten, links rechte Seite in Mantelfalte Mantel hinten links, Korrosionskrater Unterseite Mantel innen (kein Photo) Mantel Innenseite unten Haarlocke, rechts vorne rechts unterhalb Kinn Beschreibung Spanprobe Spanprobe Spanprobe Spanprobe Spanprobe Spanprobe hellgrüne pulvrige Patina dünne feste dunkelgraue Kruste dunkelgraue Kruste, kleine Schollen hellgrau/grüne Patina, locker aufliegend, neben Korrosionskratern Rißkittung, rotbraun Gipssinterkruste, hellgrau-grün regengeschützte Gipssinterkruste, graugrün dunkelgraue schwarze Kruste Fragestellung LEG LEG LEG LEG LEG LEG PHA (XRD) PHA (XRD) PHA (XRD) PHA (XRD) PHA (XRD) PHA (XRD) PHA (XRD) PHA (XRD) Tab. 21 Verzeichnis aller Proben, LEG = Legierungszusammensetzung, PHA (XRD) = Phasenanalyse (Röntgendiffraktometrie) Metallanalysen freibewitterter Bronzedenkmäler 69 6.2 Legierungszusammensetzung (%) Probe WBM 1 WBM 2 WBM 3 WBM 4 WBM 5 WBM 6 MitteIwert Stdabw. Cu 87,69 87,91 87,89 88,18 87,65 87,98 87,88 0,20 Zn 7,04 6,47 7,40 7,14 7,51 7,30 7,14 0,37 Pb 0,23 0,23 0,17 0,18 0,22 0,15 0,20 0,03 Sn 4,21 4,34 4,09 3,65 4,14 3,90 4,06 0,25 Sb 0,205 0,175 0,240 0,232 0,274 0,226 0,23 0,03 Fe 0,138 0,127 0,155 0,156 0,153 0,245 0,16 0,04 Ni 0,248 0,242 0,269 0,261 0,255 0,265 0,26 0,01 Summe 99,76 99,50 100,22 99,80 100,20 100,07 99,92 0,28 Tab. 22 Legierungszusammensetzungen des Melanchthon-Denkmals Ähnlich wie das unmittelbar benachbarte Luther-Denkmal besteht auch die Melanchthonfigur aus einer Rotgußlegierung (also einer Kupfer-Zink-Zinn-Legierung). Der Zinkgehalt liegt mit 7 % deutlich höher als der des Luther-Standbilds, der Zinnanteil etwas niedriger (4%) und der Bleigehalt auffällig niedrig (nur 0,2%). Der hohe Zinkanteil führt zu einer etwas dunkleren Farbe der Korrosionsprodukte, weil die weißen Zinnoxidhydrate weniger farbdominierend sind. 6.3 Korrosionsprodukte und aufliegende Schichten Probe WBM WBM WBM WBM WBM WBM WBM 7 8 9 10 12 13 14 ANT ×× ×× ×× ×× × ×× ×× ATA BRO × (×) CAS CUP (×) CUS NH4-CUS ANG G (×) (×) ×× (×) × (×) Q (×) (×) (×) (×) (×) × Tab. 23 Ergebnisse der röntgendiffraktometrischen Phasenanalyse (Abkürzungen: Anglesit (ANG), Antlerit (ANT), Atacamit (ATA), Brochantit (BRO), Cassiterit (CAS), Cuprit (CUP), Kupfersulfathydroxidhydrat (CUS), Ammoniumkupfersulfat (NH4-CUS), Gips (G), Quarz (Q)) Es verwundert nicht, daß die Korrosionsprodukte auf dem Melanchthon-Denkmal denen des direkt benachbarten LutherStandbildes entsprechen (vgl. S. 60). Das Dominieren des schwefelreicheren Antlerits belegt die zeitweise äußerst 7 ungünstigen Umweltbedingungen. Weiterhin fand sich auch hier das auf Bronzen im Freien äußerst seltene Ammoniumkupfersulfat als Immission von den benachbarten Stickstoffwerken (siehe Diskussion beim Luther-Denkmal). Georg Friedrich Händel – Denkmal in Halle (1859) 7.1 Probenverzeichnis Probe HAH 1 Ort Brustbereich, unterhalb Jabot HAH 2 HAH 3 HAH 4 HAH 5 auf Schriftrolle oben, darunter Metall Schriftrolle rechter Arm,Rüschen des Ärmels Haarlocke rechteSeite, neben Scheitel, darunter Metall Kopf/Haare, rechte Seite rechter Arm, Ärmelsaum, Rüschen Brust vorne, unterhalb Jabot HAH 6 HAH 7 HAH 8 Beschreibung schwarze, pulvrige Patina, läßt sich sehr leicht ablösen, darunter Metall graugrüne Patina, direkt auf Metall gelbgrüne Patina dunkelgrüne Patina, sehr dünn dunkelgrau bis schwarz, locker auf Metall aufliegende Patina Fragestellung PHA (XRD) Spanprobe Spanprobe Spanprobe LEG LEG LEG PHA (XRD) PHA (XRD) PHA (XRD) PHA (XRD) Tab. 24 Verzeichnis aller Proben, LEG = Legierungszusammensetzung, PHA (XRD) = Phasenanalyse (Röntgendiffraktometrie) 70 Martin Mach, Stefan Simon 7.2 Legierungszusammensetzung (%) Probe HAH 6 HAH 7 HAH 8 Mittelwert Stdabw. Cu 87,93 87,53 87,26 87,57 0,34 Zn 8,32 9,13 9,00 8,82 0,43 Pb 0,26 0,32 0,52 0,37 0,14 Sn 2,35 2,44 2,72 2,50 0,19 Sb 0,199 0,158 0,155 0,17 0,02 Fe 0,184 0,137 0,154 0,16 0,02 Ni 0,046 0,049 0,049 0,05 0,00 Summe 99,29 99,76 99,86 99,64 0,30 Tab. 25 Legierungscharakteristik des Hallenser Händel-Denkmals Die Legierung des Händel-Denkmals besteht aus rund 88% Kupfer, 9% Zink und 2,5% Zinn. Sie ist demnach im Vergleich zu den übrigen hier vorgestellten Denkmälern sehr zinkreich. Wie bereits in den vorhergehenden Abschnitten begründet, neigt die Legierung des Händel-Denkmals wegen dieses hohen Zinkgehaltes nicht zum Lochfraß, wie er zum Beispiel bei der Friesen-Büste zu beklagen ist. Dementsprechend ist der Erhaltungszustand vergleichsweise gut. 7.3 Korrosionsprodukte und aufliegende Schichten Probe HAH 1 HAH 4 HAH 5 ANT ATA BRO CAS CUP (×) (×) CUS NH4-CUS ANG G Q × × × Tab. 26 Ergebnisse der röntgendiffraktometrischen Phasenanalyse (Abkürzungen: Anglesit (ANG), Antlerit (ANT), Atacamit (ATA), Brochantit (BRO), Cassiterit (CAS), Cuprit (CUP), Kupfersulfathydroxidhydrat (CUS), Ammoniumkupfersulfat (NH4-CUS), Gips (G), Quarz (Q)) Wegen der erst kurz zurückliegenden Generalrestaurierung haben sich auf der Oberfläche des Denkmals bislang nur wenig neue Korrosionsprodukte gebildet. Interessanterweise findet 9 Chemnitz, Karl Marx-Monumentalbüste (Lew Kerbel, 1971) sich (vermutlich infolge der jetzt besseren Umweltbedingungen), wenn überhaupt, vorrangig der verhältnismäßig schwefelarme Brochantit statt des ansonsten häufiger auftretenden Antlerits. Metallanalysen freibewitterter Bronzedenkmäler 8 71 Karl Marx-Denkmal in Chemnitz (1971) 8.1 Probenverzeichnis Probe CHM CHM CHM CHM CHM CHM CHM CHM CHM 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Ort Unterseite Bart, rechts vorne Hals unten, rechte Seite, eher hinten Hals hinten rechts (in ca. 1,60m Höhe) Hals hinten links (in ca. 1,60m Höhe) Bart hinten unten, linke Seite Bart linke Seite, vorne unten Hals, hinten links Hals, hinten links, nahe CHM7 Hals hinten links (in ca. 1,60 m Höhe) CHM 10 Nähe CHM9, Hals hinten links CHM 11 Hals hinten links CHM 12 CHM 13 Patina, unter CHM 11, Hals hinten links rechte Hals/ Bartseite Beschreibung Spanprobe Spanprobe Spanprobe Spanprobe Spanprobe Spanprobe grüne Patina, regengeschützt schwarze Inselkrusten, darunter grün, locker aufsitzend schwarz, etwas dicker, ähnlich Gipssinterkruste, unten grün, regengeschützt hellgrün bis grau, pudrige Patina (Cuprit??) (in ca. 1,60m) dunkelgrau/schwarz, dünn, pudrige Patina, liegt auf braunem Untergrund braune direkt auf Metall aufliegende (Original?-)Patina Bronzeprobe mit Patina Fragestellung LEG LEG LEG LEG LEG LEG PHA (XRD) PHA (XRD) PHA (XRD) PHA (XRD) PHA (XRD) PHA (XRD) Einbettung/Anschliff PHA (XRD) Tab. 27 Verzeichnis aller Proben, LEG = Legierungszusammensetzung, PHA (XRD) = Phasenanalyse (Röntgendiffraktometrie) 8.2 Legierungszusammensetzung (%) Probe CHM 1 CHM 2 CHM 3 CHM 4 CHM 5 CHM 6 Mittelwert Stdabw. Cu 81,21 81,61 81,37 82,02 83,21 82,52 81,99 0,76 Zn 9,23 9,11 9,08 8,68 9,13 9,98 9,20 0,42 Pb 4,70 4,48 4,74 4,58 3,03 2,63 4,03 0,94 Sn 3,69 3,52 3,65 3,32 2,95 3,55 3,45 0,27 Sb 0,272 0,248 0,283 0,270 0,230 0,231 0,26 0,02 Fe 0,417 0,442 0,412 0,438 0,470 0,512 0,45 0,04 Ni 0,308 0,352 0,322 0,349 0360 0,311 0,33 0,02 Summe 99,83 99,76 99,87 99,65 99,37 99,73 99,70 0,18 Tab. 28 Legierungstypen der Chemnitzer Karl Marx – Büste Die Legierung ist vergleichsweise reich an Zink und Blei und ist deshalb leicht gießbar. Die Nebenbestandteile und Spuren sind im Vergleich zu den genauer definierten Legierungen – zum Beispiel bei der Friesen-Büste und beim Herzog HeinrichDenkmal – deutlich erhöht. 8.3 Korrosionsprodukte und aufliegende Schichten Probe CHM 8 CHM 9 CHM 10 CHM 11 CHM 12 CHM 13 ANT × ×× ×× × ×× ATA BRO CAS CUP × CUS ×× × (×) (×) (×) (×) (×) × NH4-CUS ANG G Q × × ×× × Tab. 29 Ergebnisse der röntgendiffraktometrischen Phasenanalyse (Abkürzungen: Anglesit (ANG), Antlerit (ANT), Atacamit (ATA), Brochantit (BRO), Cassiterit (CAS), Cuprit (CUP), Kupfersulfathydroxidhydrat (CUS), Ammoniumkupfersulfat (NH4-CUS), Gips (G), Quarz (Q)) 72 Martin Mach, Stefan Simon Das Denkmal spiegelt die äußerst ungünstigen Umweltbedingungen wieder, welche zum Zeitpunkt seiner Aufstellung herrschten: es hat – obwohl frei von Lochfraß – von allen hier 9 untersuchten Proben den höchsten Anteil an Kupfersulfathydroxidhydrat, welches für schnell voranschreitende Korrosion charakteristisch ist. Reichseinigungsdenkmal in Magdeburg (1866, 1870 – 71) 9.1 Probenverzeichnis Probe MDR MDR MDR MDR 1 2 3 4 MDR MDR MDR MDR MDR MDR MDR 5 6 7 8 9 10 11 MDR MDR MDR MDR 12 13 14 15 Ort Medaillon, Kaiser Friedrich III, Rahmen, Rand links, Südseite Medaillon, Kaiser Friedrich III, rechte Seite Bart unten, Südseite Medaillon, Kaiser Friedrich III, unterhalb Bart, unberegnet, Südseite Medaillon, Kaiser Friedrich III, Rahmen, rechts, Südseite aufliegend, darunter bräunlich Medaillon, Moltke, eisernes Kreuz (eventuell Rahmen) Medaillon, Moltke, rechtes Ohrläppchen Medaillon, Kaiser Wilhelm I, Rand, Ostseite Medaillon, Kaiser Wilhelm I, Kinnspitze, Ostseite Reliefplatte, Nordseite, linker Fuß des Franz. Kaisers Reliefplatte, Nordseite, rechts Gewehrträger, Kopfbereich Reliefplatte, Nordseite,Rock/Mantel linker Oberschenkel des Franz. Kaisers Reliefplatte, Nordseite, rechts neben Kopf des Franz. Kaisers Reliefplatte, Südseite, knieender Schütze, linker Fuß Reliefplatte, Südseite, Soldat der Gefallenen auffängt, Kopf linkes Ohr Reliefplatte, Südseite, gefallener Soldat linker Arm innen Beschreibung Spanprobe Spanprobe dicke Gipssinterkruste dünne schwarze Patina, fest Fragestellung LEG LEG PHA (XRD) PHA (XRD) Spanprobe Spanprobe Spanprobe Spanprobe Spanprobe Spanprobe dicke Schollen, grau-braun darunter grün grün-graue Patina, rel. hart Spanprobe Spanprobe Gipssinter grau-schwarz, unten grün LEG LEG LEG LEG LEG LEG PHA (XRD), Einbettung PHA (XRD) LEG LEG PHA (XRD) Tab. 30 Verzeichnis aller Proben, LEG = Legierungszusammensetzung, PHA (XRD) = Phasenanalyse (Röntgendiffraktometrie) 9.2 Legierungszusammensetzung (%) Probe MDR 1 MDR 2 MDR 5 MDR 6 MDR 7 MDR 8 MDR 9 MDR 10 MDR 13 MDR 14 Mittelwert Stdabw. Cu 88,35 88,33 90,24 88,42 88,53 88,95 90,94 90,29 88,30 88,90 89,12 0,99 Zn 5,38 4,35 2,95 4,28 4,89 4,51 2,69 2,57 3,55 4,21 3,94 0,96 Pb 0,39 0,34 0,29 0,28 0,37 0,38 0,36 0,37 0,41 0,40 0,36 0,04 Sn 4,49 5,55 5,27 5,48 4,77 4,77 4,76 4,74 5,59 5,44 5,08 0,42 Tab. 31 Legierungsanalysen des Magdeburger Reichseinigungsdenkmals Das Reichseinigungsdenkmal besteht aus einer Rotguß(Kupfer-Zink-Zinn-)Legierung, wobei deutliche Schwankungen im Zinkgehalt und bei den Spuren zu erkennen sind. Sb 0,067 0,084 0,150 0,019 0,141 0,144 0,079 0,123 0,151 0,219 0,12 0,06 Fe 0,076 0,584 0,134 0,293 0,335 0,254 0,113 0,140 0,130 0,391 0,24 0,16 Ni 0,089 0,080 0,077 0,094 0,093 0,097 0,098 0,093 0,095 0,092 0,09 0,01 Summe 98,84 99,31 99,10 98,86 99,13 99,11 99,04 98,33 98,23 99,65 98,96 0,43 Metallanalysen freibewitterter Bronzedenkmäler 73 9.3 Korrosionsprodukte und aufliegende Schichten Probe MDR MDR MDR MDR MDR 3 4 11 12 15 ANT × × × × (×) ATA BRO CAS (×) CUP (×) (×) (×) (×) CUS ANG G (×) (×) (×) Q (×) (×) (×) (×) Tab. 32 Ergebnisse der röntgendiffraktometrischen Phasenanalyse (Abkürzungen: Antlerit (ANT), Atacamit (ATA), Brochantit (BRO), Cassiterit (CAS), Cuprit (CUP), Kupfersulfathydroxidhydrat (CUS), Gips (G), Quarz (Q)) Das Dominieren des schwefelreicheren Antlerits weist auch hier auf zumindest zeitweise starke Luftverschmutzung hin. 10 Magdeburg, Reichseinigungsdenkmal (Emil Hundrieser, 1877), Bronzereliefs am Sockel 11 Magdeburg, Dr. Eisenbart – Brunnen (Fritz von Graevenitz, 1939), Vorzustand (September 1997) 74 Martin Mach, Stefan Simon 10 Dr. Johann Andreas Eisenbart-Brunnen in Magdeburg (1939) 10.1 Probenverzeichnis Probe MDE 1 MDE 2 MDE 3 Ort Figur, linker Fuß, unten Mitte linkes Handgelenk, Ärmelsaum rechterUnterschenkel Beschreibung Spanprobe Spanprobe dünne schwarz-graue Kruste (Schollen) mit teilweise grüner/brauner Unterseite MDE MDE MDE MDE Plinthenoberfläche, zentral unter Mantelsaum linker Unterschenkel vorne linkes Schienbein vorne braune Patina (Schollen) eventuell Überzug (?) graue, dicke (Gips?) Sinterkruste mit grüner Unterseite pudrige Patina, flächig, flach liegt über MDE 7 grüne pudrige Patina (scheint direkt auf der Bronze aufzuliegen) Patina (Pusteln?), braun-grau unten grün Spanprobe Überzug/Patina/Wachs?Schwarz 4 5 6 7 MDE 8 MDE 9 MDE 10 Mantel, Rücken unten Schriftplatte T 3 linker Rand Reliefplatte R 3 Fragestellung LEG LEG PHA (XRD), Einbettung (Scholle) Anschliff und Photodokumentaion PHA (XRD, IR PHA (XRD) PHA (XRD) PHA (XRD) PHA (XRD) LEG PHA (XRD), IR Tab. 33 Verzeichnis aller Proben, LEG = Legierungszusammensetzung, PHA (XRD) = Phasenanalyse (Röntgendiffraktometrie), IR = Infrarotspektroskopie 10.2 Legierungszusammensetzung (%) Probe MDE 1 MDE 2 MDE 9 Mittelwert Stdabw. Cu 85,24 85,54 84,64 85,14 0,46 Zn 4,637 4,776 4,921 4,78 0,14 Pb 4,020 3,750 3,560 3,78 0,23 Sn 4,670 4,336 5,383 4,80 0,53 Sb 0,310 0,280 0,260 0,28 0,03 Fe 0,282 0,280 0,179 0,25 0,06 Ni 0,304 0,312 0,287 0,30 0,01 Summe 99,46 99,28 99,23 99,32 0,12 Tab. 34 Legierungsanalysen des Eisenbart-Brunnens 10.3 Korrosionsprodukte und aufliegende Schichten Name MDE MDE MDE MDE MDE MDE MDE 3 4 5 6 7 8 10 ANT ×× × × × × × ATA BRO × × CAS CUP CUS ANG G (×) × × (×) (×) × (×) Q × × (×) × × × × Tab. 35 Ergebnisse der röntgendiffraktometrischen Phasenanalyse (Abkürzungen: Anglesit (ANG), Antlerit (ANT), Atacamit (ATA), Brochantit (BRO), Cassiterit (CAS), Cuprit (CUP), Kupfersulfathydroxidhydrat (CUS), Gips (G), Quarz (Q)) Metallanalysen freibewitterter Bronzedenkmäler 75 11 August Hermann Francke-Denkmal in Halle (1829) 11.1 Probenverzeichnis Probe HAF HAF HAF HAF HAF HAF HAF 1 2 3 4 5 6 7 Beschreibung Spanprobe Spanprobe Spanprobe Spanprobe Spanprobe hellgrüne pudrige Patina unterhalb HAF 8 spröde Wachsschicht 8 Ort Plinthe linke Seite Francke, Mantelfalte rechts, im hinteren Drittel Francke, Haarlocke im Schulterbereich Knabenfigur, rechter Fuß Francke, rechter Fuß unterliegend HAF 8 Francke, linker Halsbereich, zwischen Gesicht und Mantelkragen Francke, rechter Ärmel, Falte (grau) HAF HAF 9 Francke, Mantelkragen links, Korrosionskrater hellgrüne Patina in Korrosionskrater, unter der weiß-grauen Wachsschicht weißgrauer, krepierter Überzug vermutlich Antigraffitibeschichtung von 1992 HAF 10 graue Wachsschicht (unterliegend grüne Patina) Sockel (Kunzendorfer Marmor) linke Seite links oben Fragestellung LEG LEG LEG LEG LEG PHA (XRD) PHA (XRD), IR, GC-MS PHA (XRD), IR, GC-MS PHA (XRD), IR IR Tab. 36 Verzeichnis aller Proben, LEG = Legierungszusammensetzung, PHA (XRD) = Phasenanalyse (Röntgendiffraktometrie), REM = Rasterelektronenmikroskopie, IR = Infrarotspektroskopie, GC-MS = Gaschromatographie-Massenspektrometrie 11.2 Legierungszusammensetzung (%) Probe HAF 1 HAF 2 HAF 3 HAF 4 HAF 5 MitteIwert Stdabw. Cu 87,43 88,12 89,32 89,60 88,53 88,60 0,88 Zn 1,710 1,124 0,514 0,525 1,101 0,99 0,50 Pb 1,885 1,263 1,302 1,130 1,160 1,35 0,31 Sn 7,660 7,955 7,190 7,467 7,710 7,60 0,29 Sb 0,242 0,301 0,341 0,283 0,340 0,30 0,04 Fe 0,092 0,071 0,115 0,035 0,078 0,08 0,03 Ni 0,295 0,332 0,345 0,341 0,330 0,33 0,02 Summe 99,31 99,16 99,13 99,38 99,25 99,25 0,11 Tab. 37 Legierungsanalysen des Hallenser Francke-Denkmals Die Legierung ist verhältnismäßig zinnreich. Sie neigt deshalb – wie bereits bei der Friesen-Büste erläutert – zum Lochfraß. 11.3 Korrosionsprodukte und aufliegende Schichten Probe HAF 6 HAF 7 HAF 8 HAF 9 ANT × ATA BRO (×) CAS × CUP CUS ANG G Q (×) Tab. 38 Ergebnisse der röntgendiffraktometrischen Phasenanalyse (Abkürzungen: Anglesit (ANG), Antlerit (ANT), Atacamit (ATA), Brochantit (BRO), Cassiterit (CAS), Cuprit (CUP), Kupfersulfathydroxidhydrat (CUS), Gips (G), Quarz (Q)) Die Analysen von den Korrosionsprodukten sind wegen der geringen Menge an neu gebildetem Korrosionsprodukt unvollständig. Es hat sich vorwiegend Antlerit gebildet. 76 Martin Mach, Stefan Simon Anmerkungen 1 zu Geschichte und Restaurierung des Brunnens siehe in diesem Heft: Meißner, Birgit, Georg J. Haber und Martin Mach: Der Leipziger Mendebrunnen – Historie und Restaurierung. S. 92–108. 2 zu Geschichte und Restaurierung des Denkmals siehe in diesem Heft: Meißner, Birgit: Zur Restaurierung des Martin Luther – Denkmals in Lutherstadt Wittenberg S. 109–115. 3 Hinweis von Wolfgang Conrad, Lutherstadt Wittenberg, auf die ca. 8km westlich, also in Windrichtung liegenden Stickstoffwerke Piesteritz, zu deren Hauptprodukten Kalkammonsalpeter zählt(e). 4 zu Geschichte und Restaurierung des Denkmals siehe in diesem Heft: Michel, Annegret und Birgit Meißner: Das Standbild Herzog Heinrich des Frommen in Marienberg. S. 116 –126. 5 Strandberg, Helena: Perspectives on Bronze Sculpture Conservation. Dissertation. Universität Göteborg, 1997. 6 10mg der Probe werden im Ultraschallbad 20 Minuten lang mit 1cm3 16% NH4 (OH) behandelt. 7 Die Proben werden fein zerrieben und nach kräftigem Umrühren 30 Minuten in destilliertem Wasser stehen gelassen. 8 Messung mit Neutralbereichs-Indikatorpapier nach Verrühren mit einem kleinen Tropfen destillierten Wassers. 9 Mach, Martin, Ulrike Reinhardt und Rolf Snethlage: Elementverteilungsbilder von Querschnitten durch Bronze-und Kupferpatina von Objekten im Freien. Wiener Berichte über Naturwissenschaft in der Kunst. Bd. 4/5. 1987/1988, S. 214 – 219. 10 Strandberg 1997 (wie Anm. 5). 11 JCPDS 41–7. 12 Die Restaurierung der Bronzebüste sowie der zugehörigen vier Relieftafeln fand gegen Ende des Bronzeprojektes statt, Informationen hierzu siehe Restaurierungsdokumentation, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt. 13 Maertens, Hermann: Die deutschen Bildsäulen-Denkmale des XIX. Jahrhunderts nebst einer Abhandlung über die Größenverhältnisse, die Materialienwahl, die Gruppierung, die Aufstellungsweise und die Kosten derartiger Monumente. Stuttgart 1892, S. 38. 14 Selwyn, L. S., N.E. Binnie, J. Poitras et al.: Outdoor Bronze Statues: Analysis of Metal and Surface Samples. In: Studies in Conservation 41. 1996, S. 205 – 228. 15 Das Denkmal wurde 1998 restauriert, siehe hierzu Restaurierungsdokumentation, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt. 16 Das Denkmal befindet sich erst seit Ende des Zweiten Weltkrieges ununterbrochen im Freien. 12 Halle, Franckesche Stiftungen, August Hermann Francke – Denkmal (Christian Daniel Rauch, 1829) Abbildungsnachweis Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege: Abb. 1, 2 Landesamt für Denkmalpflege Sachsen: Abb. 9 Landesamt für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt: Abb. 3 – 8, 10 – 12 77 Veränderung der Schutzwirkung von mikrokristallinen Wachsen auf Kupferblech unter thermischer Wechselbelastung Elektrochemische Impedanzspektroskopie und rasterelektronenmikroskopische Untersuchungen an gewachsten Kupferplatten mit natürlich verwitterter Patina Andreas Krätschmer, Anke Doktor, Martin Mach Überblick Es wurde das Korrosionsverhalten von natürlich verwittertem Kupferdachblech vor und nach einer Wachskonservierung sowie nach der anschließenden zyklischen Frost-Tau Wechselbelastung beobachtet. Dabei konnte festgestellt werden, daß die wachskonservierte Oberfläche imstande ist, rein thermisch auszuheilen. Zur Quantifizierung des Zustands wurde die weitgehend zerstörungsfreie elektrochemische Impedanzspektroskopie angewendet. In Anbetracht der unterschiedlichen Applikationsmöglichkeiten des Restaurators kamen drei verschiedene Wachssysteme zum Einsatz, die mittels der Rasterelektronenmikroskopie auch hinsichtlich ihrer morphologischen Eigenschaften untersucht wurden. Zur Frost-Tau-Bewitterung wurde ein spezielles Gerät konstruiert. Einleitung Die elektrochemische Impedanzspektroskopie, im folgenden kurz EIS genannt, wurde bereits in vielseitiger Weise zum Gegenstand innerhalb der Restaurierungs- und Konservierungswissenschaften und nimmt in Fragen der Restaurierung und Konservierung von metallischen Gegenständen eine wesentliche Stellung ein. Zahlreiche Autoren verwenden hierzu die Bestimmung des Polarisationswiderstands zur Diagnostizierung des Korrosionsverhaltens restaurierter Skulpturen.1 Die EIS beinhaltet dessen Ermittlung und führt darüber hinaus zum tieferen Verständnis des Aufbaus der Patina. Beschreibung der Patina auf dem Metallsubstrat als elektrochemisches System Bei einer Kupferpatina handelt es sich um eine poröse dreidimensionale Schicht aus Oxiden und basischen Sulfathydraten auf einem metallischen Substrat. Das Oxid fungiert dabei als sogenannter »Interphasen-Inhibitor« zwischen der Kupferoberfläche und der äußeren Patina. Die Oberfläche ist aufgrund der Verteilung von korrosiv aktiven und inaktiven Bereichen in atomarer wie auch makroskopischer Größenordnung stets als inhomogen zu bezeichnen.2 Die atomaren Strukturen begründen sich in der kristallographischen und physikalischen Natur der Metalloberfläche. In dieser Arbeit wird das besondere Augenmerk auf die makroskopische Inhomogenität der Patina gelenkt. Die hier angewandte potentiostatische EIS bietet die Möglichkeit, die Schutzwirkung der Patina in situ im Bereich des Korrosionspotentials qualitativ und quantitativ zu untersuchen. Zudem erhält man einen unmittelbaren Vergleich der Auswirkung jeglicher Konservierungsmaßnahmen auf das vorliegende System. Das zur Auswertung der erfaßten Impedanzspektren, Phasengang-Kennlinien und komplexen Ortskurven entwickelte Modell soll hier nicht weiter ausgeführt werden. Es bleibt zu erwähnen, daß es auf rein physikalischen Vorstellungen vom Aufbau der Korrosionsschicht fußt und demnach kein empirisches Modell allein zur Kurvenanpassung darstellt. Interessant sind dabei die qualitativen Betrachtungen. Einbezogen ist die elektrochemische Kinetik3 hinsichtlich der Inhomogenitäten auf der zweidimensionalen Grenzschicht zwischen metallischer Oberfläche und nichtmetallischer Korrosionsschicht.4 Bedingt durch die Porenstruktur der Patina kommt neben dem rein Faradayschen Verhalten der Polarisation und des Ladungsdurchtritts der Konvektion und dem dynamischen Verhalten des Ionentransports eine besondere Rolle zu. Das physikalische Modell wurde auf Grundlage des bereits vorliegenden Modells einer porösen dreidimensionalen Oxidschicht entwickelt. Die hier zusammengefaßten Annahmen des Grundmodells sind in der Literatur bereits beschrieben.5 An verschiedenen Stellen der Oberfläche laufen parallel die anodische Metallauflösung Cu → Cu2+ + 2e[1] und die kathodische Reduktion des im Elektrolyt gelösten Sauerstoffs O2 + 2H2O + 4e- → 4OH- [2] als maßgebende Korrosionsreaktionen ab. In erster Näherung wird die anodische Teilreaktion als vom Ladungsdurchtritt maßgeblich bestimmt angesehen, die kathodische Teilreaktion, welche die treibende Kraft darstellt, als hauptsächlich durch Diffusion bestimmt. Der Metallauflösung folgt die Bildung von Oxiden oder basischen Sulfathydraten. Da das Metallsubstrat ein sehr geeigneter Ladungsüberträger ist, können beide Reaktionen [1] und [2] an verschiedenen Stellen der Oberfläche auftreten. Während Reaktion [1] an der Defektstelle in Erscheinung tritt, läuft Reaktion [2] meist in deren Nachbarschaft ab. Es wird angenommen, daß die Sauerstoffreduktion vorwiegend innerhalb des Porenraums auf den nicht passivierten Stellen des Metallsubstrats stattfindet. Dabei soll sich dieser Prozeß an der Grenzschicht abspielen. 78 Andreas Krätschmer, Anke Doktor, Martin Mach Bewertung der Wirksamkeit einer Wachskonservierung Die Korrosionsanfälligkeit wird hier über den Polarisationswiderstand6 R p ausgedrückt.7 Je höher dieser ist, um so geringer ist die zu erwartende Korrosionsrate. Nach einer sinnvollen Wachskonservierung sollte demnach der Polarisationswiderstand deutlich erhöht sein. Die Effizienz der Maßnahme drücken wir als Verhältnis der Erhöhung des Polarisationswiderstands R p – R p0 und dem absolut erreichten Wert R p aus. Es gilt ε = (R p – R p0)/R p. Der resultierende Wert wird üblicherweise in Prozent angegeben. Wie sich aus Voruntersuchungen abzeichnet, erzielt man in Abhängigkeit vom Vorzustand der Patina unterschiedliche Werte, weshalb die Wirksamkeit einer Konservierung in Form von d ε/d log R p0 = const. als Steigung einer für das jeweilige Wachs charakteristischen Kennlinie gedeutet werden kann. Die Ermittlung dieser Kennlinien wird Gegenstand künftiger Untersuchungen sein und kann in dieser Arbeit aufgrund des hier zu zeitraubenden experimentellen Aufwands noch nicht dargestellt werden. Probe 01 TeCero 30222 Kaltauftrag 62,49 µm 71,37/-12,05/15,36 8.7 GY 7.0/3.1 Probe 02 TeCero 30222 Heißauftrag 52,15 µm 64,30/-8,87/23,68 4.9 GY 6.3/3.7 Probe 03 TeCero 3534F Kaltauftrag 67,42 µm 66,80/-12,58/17,98 7.9 GY 6.6/3.5 Probe 04 TeCero 3534F Heißauftrag 62,74 µm 67,08/-7,67/23,98 3.9 GY 6.6/3.6 Probe 05 30201/30410 Kaltauftrag 49,93 µm 65,72/-9,07/23,22 5.1 GY 6.5/3.7 Probe 06 30201/30410 Heißauftrag 50,12 µm 66,16/-9,61/22,68 5.5 GY 6.5/3.7 Probe 07 TeCero 30222 Kaltauftrag 48,25 µm 62,72/-10,65/19,56 6.6 GY 6.2/3.5 Probe 08 TeCero 30222 Heißauftrag 55,35 µm 68,70/-9,97/20,09 6.2 GY 6.8/3.4 Probe 09 TeCero 3534F Kaltauftrag 57,31 µm 68,89/-10,19/20,29 6.3 GY 6.8/3.4 Probe 10 TeCero 3534F Heißauftrag 51,79 µm 63,54/-7,48/25,23 3.4 GY 6.3/3.8 Probe 11 30201/30410 Kaltauftrag 52,45 µm 65,38/-8,10/24,83 4.0 GY 6.4/3.8 Probe 12 30201/30410 Heißauftrag 48,55 µm 62,36/-8,10/24,83 6.0 GY 6.1/3.5 Beschreibung der Proben Bei den Proben handelt es sich um etwa 6 × 6cm große Stücke aus einem natürlich verwittertem Kupferblechdach von 1 mm Stärke. Die Proben wurden auf ihren optisch homogen wirkenden Eindruck hin ausgewählt (Abb. 1c). Nach Messung der Schichtdicken8 ergab sich eine durchschnittlich 50 bis 60 µm dicke Patina (Abb. 1a, 1b). Es wurden die in Abb. 1b bezeichneten Wachskonservierungen vorgenommen (Ergebnis: siehe Abb. 1d). Dabei wurde je ein Teil Wachs in drei Teilen Shellsol D40 (= handelsübliche Bezeichnung eines als Lösungsmittel verwendeten aromatenfreien Kohlenwasserstoffgemisches) gelöst.9 Probe 01 62,49 µm 71,37/-12,05/15,36 8.7 GY 7.0/3.1 Probe 02 52,15 µm 64,30/-8,87/23,68 4.9 GY 6.3/3.7 Probe 03 67,42 µm 66,80/-12,58/17,98 7.9 GY 6.6/3.5 Probe 04 62,74 µm 67,08/-7,67/23,98 3.9 GY 6.6/3.6 Probe 05 49,93 µm 65,72/-9,07/23,22 5.1 GY 6.5/3.7 Probe 06 50,12 µm 66,16/-9,61/22,68 5.5 GY 6.5/3.7 Probe 07 48,25 µm 62,72/-10,65/19,56 6.6 GY 6.2/3.5 Probe 08 55,35 µm 68,70/-9,97/20,09 6.2 GY 6.8/3.4 Probe 09 57,31 µm 68,89/-10,19/20,29 6.3 GY 6.8/3.4 Probe 10 51,79 µm 63,54/-7,48/25,23 3.4 GY 6.3/3.8 Probe 11 52,45 µm 65,38/-8,10/24,83 4.0 GY 6.4/3.8 Probe 12 48,55 µm 62,36/-8,10/24,83 6.0 GY 6.1/3.5 1a Natürlich verwittertes Kupferdachblech vor der Wachskonservierung (mit Probenbezeichnung, mittlerer Schichtdicke, L · a · b · Werte und Munsell-Farbcode der Patina). 1b Natürlich verwittertes Kupferdachblech nach der Wachskonservierung (mit Probenbezeichnung, mittlerer Schichtdicke, L · a · b · -Werte und Munsell-Farbcode der Patina). Die Proben wurden im Vorzustand und nach der Wachskonservierung im Bild dokumentiert (Abb. 1c, 1d) und zugleich die Oberseiten der Proben kolorimetrisch vermessen (Abb. 1a, 1b).10 Die Farbe wurde mit der Tageslichtart D65 unter einem Betrachterwinkel von 10° unter Glanzeinschluß bestimmt und in CIE-L · a · b · -Werten zusammen mit dem nach Munsell benannten Farbcode angegeben. Experimentelle Durchführung Die Charakterisierung des Korrosionsverhaltens der einzelnen Zustände – (a) Vorzustand, (b) nach der Wachskonservierung und (c) nach der zyklischen Frost-Tau-Wechselbelastung – wurde entsprechend dem folgenden Schema vorgenommen: Im ersten Schritt wird die Probe der potentiostatischen EIS zugeführt, im zweiten Schritt der Polarisationswiderstand ermittelt und im dritten Schritt wiederum eine potentiostatische EIS angeschlossen, um den Einfluß der Bestimmung des Polarisationswiderstands auf die Probe zu bewerten. Bei der zyklischen Frost-Tau-Bewitterung werden die Proben zehn Zyklen lang jeweils fünf Minuten bei –10°C und +30°C im Wechsel gehalten. Zu diesem Zweck werden die Proben auf einer Aluminiumplatte, die rückseitig mit einer Kaskade von Peltier-Elementen11 temperaturgeregelt beheizt oder gekühlt werden kann, mit einem schließenden Film aus Veränderung der Schutzwirkung von mikrokristallinen Wachsen auf Kupferblech unter thermischer Wechselbelastung 1c Natürlich verwittertes Kupferdachblech vor der Wachskonservierung (Bilddarstellung der Patina). 79 1d Natürlich verwittertes Kupferdachblech nach der Wachskonservierung (Bilddarstellung der Patina). einer Temperaturleitfähigkeitspaste fixiert. Für die elektrochemischen Messungen wurde die unter der entsprechenden Methodenbeschreibung im »Analytik-Guide« dargestellte Anordnung verwendet.12 Konditionierung der Proben für die EIS Nach Voruntersuchungen hat sich erwiesen, daß die Probenoberfläche eine Stunde mit dem Elektrolyten konditioniert werden muß, um in einem stabilen Gleichgewichtszustand zu messen (Abb. 2). Die aus der EIS ermittelten Kennlinien zeigen nach dieser Zeit praktisch keine Veränderung mehr. Besteht die Möglichkeit, die Anordnung zu evakuieren, ist dies zu empfehlen, da bereits nach 15 min dasselbe Ergebnis erzielt wird. Falls die Probenoberfläche beispielsweise über Nacht mit dem Elektrolyten konditioniert werden kann, ist dies sicher die bequemste Art, einen optimalen Zustand herzustellen. Allerdings muß immer berücksichtigt werden, inwieweit der Elektrolyt imstande ist, chemisch mit der Probe zu reagieren. Die Reaktion mit dem Elektrolyten beziehungsweise sein Quellverhalten als schädlicher Angriff auf die Wachskonservierung ist Gegenstand weiterer Betrachtungen. Hier soll der Elektrolyt nur als Medium zum Ladungstransport dienen. 2 Nyquist-Darstellung der EIS-Resultate in der komplexen Ebene. Gemessen wurde an einem natürlich bewitterten Kupferdachblech mit einer etwa 50µm dicken Patina. Die einzelnen Kurven geben eine Vorstellung darüber, wie im Verlauf der Zeit das System in einen Gleichgewichtszustand übergeht. 80 Andreas Krätschmer, Anke Doktor, Martin Mach Ergebnisse der EIS Nach der Wachskonservierung wurden die in Tab. 1 dargestellten Ergebnisse erzielt. Bei der Betrachtung der ermittelten Polarisationswiderstände läßt sich erkennen, daß die Vorzustände der Proben bereits starke Streuungen aufweisen. Die sich daraus ergebenden Abweichungen für die Effizienz einer Wachskonservierung mit ein und demselben Wachs bestimmter Applikationsart waren Anlaß weiterer Versuche, um die Abhängigkeit vom Vorzustand in die quantitative Bewertung einzubeziehen. Die Ergebnisse aus diesen Untersuchungen werden an anderer Stelle in der weiterführenden Fachliteratur veröffentlicht. Zunächst läßt sich also sagen, daß die Wirksamkeit der Wachskonservierung stets in bezug auf den Vorzustand zu betrachten ist. Je schlechter dieser ist, um so effizienter wirkt sich die Maßnahme aus. Interessant ist im Vergleich der einzelnen Wachse, wie deutlich sich dieser Effekt hervorhebt. Eindeutig ist der Vorteil eines Heißauftrags gegenüber dem Kaltauftrag bei allen Wachsen. Beim relativ niedrig schmelzenden TeCero 3534F allerdings erreicht man bereits beim Kaltauftrag eine enorme Schutzwirkung. Nach der zyklischen Frost-Tau-Wechselbelastung wurden die in Tab. 2 dargestellten Ergebnisse erzielt. 3a Impedanzmessung der kalt gewachsten Proben. 3b Impedanzmessung der heiß gewachsten Proben. 4a Impedanzmessung der kalt gewachsten Proben nach dem Wechselbelastungstest. Bezeichnung Wachstyp Applikation Polarisationswider- Effizienz stand Rp in MΩ ε 01# & 07# kalt 0,04…0,24 → 0,09…0,34 0,05…0,30 →184… 968 0,01…0,19 →10,8…205 0,16…0,30 → 8·108… >10·108 0,19…0,31 → 0,45…0,58 02# & 08# 03# & 09# 04# & 10# 05# & 11# 06# & 12# Tab. 1 TeCero 30222 TeCero 30222 TeCero 3534F TeCero 3534F TeCero 30201/ 30410 1:1 TeCero 30201/ 30410 1:1 heiß kalt heiß kalt heiß 0,23…0,38 → 488…12000 28,7… 55,5 % 100 % 98,2… 100 % 100 % 46,5… 58,9 % 100 % Effizienzvergleich der Heiß- und Kaltwachsung 4b Impedanzmessung der heiß gewachsten Proben nach dem Wechselbelastungstest. Veränderung der Schutzwirkung von mikrokristallinen Wachsen auf Kupferblech unter thermischer Wechselbelastung Bezeichnung Wachstyp Applikation Polarisationswider- Effizienz stand R p in MΩ ε 01# & 07# kalt 0,04 … 0,24 → 0,13 … 0,41 0,05 … 0,30 → 147… 940 0,01… 0,19 → 15,7… 280 0,16 … 0,30 → 3 ·104 … >10 ·108 0,19 … 0,31 → 0,57… 0,63 02# & 08# 03# & 09# 04# & 10# 05# & 11# 06# & 12# Tab. 2 TeCero 30222 TeCero 30222 TeCero 3534F TeCero 3534F TeCero 30201/ 30410 1:1 TeCero 30201/ 30410 1:1 heiß kalt heiß kalt heiß 0,23 … 0,38 → 372 … 6,1·103 41,4… 68,5 % 100 % 98,8… 100 % 100 % 50,8… 67,5 % 100 % Effizienz nach dem Wechselbelastungstest Somit relaxiert das System nicht nur in allen Fällen bereits bei 30°C, sondern zeigt bei den kalt aufgetragenen Wachsen allmählich eine Verbesserung. Ziel weiterer Versuche wird es sein, die Temperaturabhängigkeit dieses Verhaltens zu verfolgen. 81 Rasterelektronenmikroskopische Untersuchungen Um die Eigenschaften der eingangs verwendeten Wachse im Hinblick auf ihr morphologisches Erscheinungsbild zu untersuchen, wurde die nach der Applikation resultierende Oberflächenstruktur im Rasterelektronenmikroskop betrachtet (Abb. 5 a – c). Dabei wurden sowohl Bilder in 600facher als auch in 120facher Vergrößerung aufgenommen.13 Die hier verwendeten Wachsarten sind: 1 Tromm TeCero 30 222 2 Tromm TeCero 3 534 F 3 Tromm TeCero 30 410 + 30 201 (55:45) Die in Abb. 5 a – c gezeigten Auftragungsarten sind: A mit Pinsel, kalt B mit Pinsel, kalt; anschließend mit Heißluftfön aufgeschmolzen C mit Pinsel, heiß (Kupferplättchen mit Heißluftfön auf ca. 75 – 80°C erwärmt) Das erste Bild (von links nach rechts) zeigt jeweils das Sekundärelektronenbild (SE) in 600facher Vergrößerung, im zweiten Bild ist in gleicher Vergrößerung das Rückstreuelektronenbild (RE) zu sehen, und das dritte Bild stellt das Rückstreuelektronenbild in 120facher Vergrößerung dar. Auf den kleinen Bildern ist 5a REM-Aufnahmen, Verwendung verschiedener Wachssorten und Auftragsarten 82 Andreas Krätschmer, Anke Doktor, Martin Mach 5b REM-Aufnahmen, Verwendung verschiedener Wachssorten und Auftragsarten rechts die Kupferatomverteilung auf einer ca. 0,8mm2 großen Fläche und links das entsprechende morphologische Bild (SE) zu sehen. Sekundärelektronen entstehen dadurch, daß der eintreffende Elektronenstrahl mit schwach gebundenen Elektronen der Probenoberfläche wechselwirkt und sie freisetzt. Der hierbei resultierende Elektronenstrahl hat einen nur geringfügig größeren Durchmesser als der einfallende Strahl. Rückstreuelektronen sind dagegen diejenigen Elektronen, die nach einer Reihe von Kollisionen und daraus resultierenden Ablenkungen an den Atomen der Probe aus der Oberfläche wieder austreten. Ein Strahl rückgestreuter Elektronen hat einen sehr viel größeren Durchmesser als der einfallende Strahl. Dies ist einer der limitierenden Faktoren für die Auflösung eines Elektronenmikroskops. Festzustellen ist allerdings, daß im konkreten Fall die Topografie der Oberfläche im Rückstreuelektronenbild eindeutiger zu sehen ist. Im Zusammenhang mit der Analyse der Kupferatomverteilung auf der Oberfläche läßt sich dann eine Aussage über die Eindringtiefe des Wachses machen. Diskussion Es konnte eindeutig nachgewiesen werden, daß der Korrosionsschutz – ausgedrückt über die Erhöhung des Polarisationswiderstands – durch eine Konservierung mit heißem Wachs gegenüber der Konservierung mit kaltem Wachs generell deutlich wirksamer ist und damit die Situation auf der Metalloberfläche wesentlich verbessert wird. Wichtige Erkenntnis ist dabei, daß eine dem Ausbringen im Freien nachgestellte Situation (hier die zyklische Wechselbelastung durch Frost und Tau) diesen Effekt bei der Maßnahme mit Heißwachs wiederherstellt und bei der Maßnahme mit Kaltwachs sogar übertrifft. Hierzu kann man postulieren, daß das Wachs gemäß seiner Fähigkeit, weit unter dem Schmelzpunkt zu erweichen, bei jedem Tauvorgang tiefer in die Patina eindringt und diese verdichtet. Selbst nach der dazwischen geschalteten Messung des Polarisationswiderstands, durch die ein nicht zu vernachlässigender Potentialbereich14 um das Korrosionspotential durchschritten und damit die Probenoberfläche angegriffen wird, erholt sich das System in der geschilderten Form. Das bedeutet, daß sich dieser Effekt sogar nach einer – mit dem eigentlichen Vorzustand verglichen – schlechteren Ausgangssituation einstellt. Veränderung der Schutzwirkung von mikrokristallinen Wachsen auf Kupferblech unter thermischer Wechselbelastung 83 5c REM-Aufnahmen, Verwendung verschiedener Wachssorten und Auftragsarten Erstaunlich ist, daß bei den heiß gewachsten Proben die Relaxierung des Systems bereits nach der Erwärmung auf 30°C und damit weit unter dem Schmelzpunkt aller verwendeten Wachse in einen gesättigten Zustand eintritt, was bedeutet, daß eine weitere Erwärmung zum Erzielen des Effekts nicht mehr notwendig ist. Dies ist ein sehr bedeutungsvolles Ergebnis, wenn man an die Wiederaufstellung eines restaurierten Objekts denkt. Für das Kaltwachsen läßt sich in Aussicht stellen, daß die Situation mit zunehmender Erwärmung nach jeweiligem Frost ständig verbessert und letztendlich bis zum Erreichen eines Sättigungsgrads optimiert wird. Bei den kalt applizierten Wachsen ist die starke Abhängigkeit der erzielbaren Korrosionsbeständigkeit vom Schmelzpunkt des Wachses zu beobachten. Je niedriger schmelzend das Wachs ist, um so beträchtlicher ist die Schutzwirkung. Das Relaxationsverhalten erweist sich bei der Mischung nach Roidl15 (TeCero 30201/30410 1:1) am günstigsten und spricht damit für das flexible Verhalten der Matrix. Dieses Verhalten ist sicherlich zum größten Teil auf das gegenüber härteren Wachsen verbesserte Eindringen niedrig schmelzender Wachse in den Porenraum zurückzuführen. Gegenstand dieser Untersuchung war die Differenzierung der verschiedenen Wachskonservierungen bezüglich der thermischen Wechselbelastung. Bei diesen Betrachtungen wurde der Materialabtrag durch Regen beziehungsweise Ablaufspuren sowie die Belastung durch angetragene Partikel und Inklusion von Salzen als auch die Bewitterung durch Schadgase zunächst außer acht gelassen. In weiterführenden Studien sollen diese Einflüsse ebenfalls untersucht werden. Die Auswertung der REM-Bilder (Abb. 5a – c) ergab, daß grundsätzlich die Auftragungsmethode B sehr geeignet erscheint, denn hier sind nur sehr wenig bis keine kupferhaltigen Stellen innerhalb der Wachsoberfläche sichtbar. Dies spricht für eine flächendeckende Schutzschicht. Sowohl bei der kalten als auch bei der heißen Präparierung weist die Wachsschicht Lücken auf. Ein kalter Auftrag mit dem Pinsel ist vermutlich zu grob, so daß die Pinselhaare das Wachs nur ungleichmäßig verteilen können. Auf der heißen Kupferplatte dringt das Wachs hingegen so tief ein, daß vermutlich besonders erhabene Stellen wieder freigelegt werden. Diese und auch die vom Pinsel freigelegten Stellen erscheinen dann auf dem Bild der Kupferatomverteilung als helle Punkte. Lediglich bei der Wachsmischung (Abb. 5c) ist der heiße Auftrag nahezu ebenso gut wie der nachträglich erwärmte. 84 Andreas Krätschmer, Anke Doktor, Martin Mach Exkurs: Anmerkungen zur Konservierung mit mikrokristallinem Wachs Wenn die Mikrowachse in pastösem Zustand (üblicherweise in Wachs/Shellsol D40 1:4 gelöst) bei geeigneter Temperatur, also bei mindestens 80°C, auf die Bronze aufgetragen werden, ist ein plötzliches Dünnflüssigwerden und gleichzeitiges Einsinken des Mikrowachses zu beobachten. Die vorher grünen Korrosionsprodukte werden in diesem Moment durch die vollständige Benetzung mit Wachs schlagartig dunkel. Dies ist ein sicheres Anzeichen dafür, daß das Mikrowachs »gegriffen« und sich mit den Korrosionsprodukten innig verzahnt hat. Nur in diesem Zustand wirkt die Wachskonservierung optimal. Es erfolgt eine kleinräumige, vielzellige Abschottung der korrosionsgefährdeten Bereiche. Die Korrosionschemie, welche auf Ionentransporte in wässriger Lösung über vergleichsweise lange Strecken angewiesen ist, kommt durch die tiefgreifende, hydrophobierende Abschottung fast vollständig zum Stillstand. Als angenehmen Nebeneffekt der Konservierung erhält man ein ansprechendes Äußeres – Regenablaufstreifen und andere, die Plastik verunklärende Kontraste werden durch die Farbvertiefung gemildert. Dies äußert sich auch in den Ergebnissen der Farbmessung (Abb. 6). Der neu entstandene Oberflächenglanz und die gesteigerte Glätte vermitteln dem Denkmal das als metalltypisch empfundene Tiefenlicht. Bei der Bewitterung im Freien kommt es zu einer Reihe von Alterungserscheinungen, welche den oben geschilderten Prozeß der innigen Verbindung zwischen Wachs und Denkmaloberfläche im Laufe der Zeit wieder umkehren und zu einer Vergrauung oder Vergrünung führen können: Lösevorgänge – vor allem durch direkte Beregnung – dünnen die Wachsschicht aus. Dies geschieht vorrangig an der Wetterseite und an den nach oben weisenden Flächen. In Abhängigkeit von der Qualität der Konservierung und von der Stärke der Bewitterung können sich erste kleinflächige Fehlstellen nach etwa eineinhalb bis drei Jahren bilden, während das Wachs in senkrechten und abgeschatteten Partien im allgemeinen wesentlich länger hält. Rißbildung – vor allem Frostbelastung – kann den Schichtverbund in der Wachsschicht zumindest vorübergehend schwächen. Nachkorrosion – wenn auch im Vergleich zum unkonservierten Zustand in deutlich geringerem Umfang – bildet neue, grüne Korrosionsprodukte. Diese sind nicht mehr vom Wachs benetzt und deshalb inmitten der dunkleren Umgebung störend erkennbar. Nicht zuletzt können die Korrosionsprodukte über längere Zeit hinweg stetig an Volumen zunehmen und die Wachsschicht wegdrücken. 6 Farbmessungen zu unterschiedlichen Stadien der Restaurierung. Die Messungen zeigen (1) die durch die Skalpellfreilegung (Entfernung einer bräunlichen Schicht) bedingte Farbverschiebung von gelb nach grün (2) das Verschmelzen der noch verbliebenen Farbunterschiede nach der Wachskonservierung (die Meßpunkte rücken im Diagramm enger zusammen) Veränderung der Schutzwirkung von mikrokristallinen Wachsen auf Kupferblech unter thermischer Wechselbelastung Wie dieser Artikel hinsichtlich der elektrochemischen Messungen zeigt, haben die Wachse die erstaunliche Fähigkeit, schon bei Temperaturen weit unterhalb des Schmelzpunktes (30°– 40°C) wieder auszuheilen, wodurch der Verbund zwischen Wachsschicht und Denkmaloberfläche und innerhalb der Wachsschicht wiederhergestellt wird. Anmerkungen 1 Vgl. Bartùli, Cecilia, Sergio Angelucci und Stefano Lanuti: Polarization resistance measurements for the monitoring of the corrosion rate of protected copper alloy sculptures. In: art ‘99, 6th International Conference on Non-destructive Testing and Microanalysis for the Diagnostics and Conservation of the Cultural and Environmental Heritage. Rome 1999, S. 1345 – 1359; D’Ercoli, Giorgio, Paola Letardi, Maurizio Marabelli et al.: The resistance of polarization for the testing of corrosion: practice and problems. In: art ‘99, S. 1729 –1738; Letardi, Paola, Anna Beccaria, Maurizio Marabelli et al.: Non-destructive electrochemical impedance measurements: application to the corrosion characterization on bronze works of art. In: art ‘99, S. 313 – 319; Price, C., D. Hallam, G. Heath, et al.: An electrochemical study of waxes for bronze sculptures. In: Metal 95. Proceedings of the International Conference on Metals Conservation. Hrsg. von Ian D. MacLeod, Stéphane, L. Pennec und Luc Robbiola. London 1997, S. 233 – 241; Letardi, Paola, Anna Beccaria, Maurizio Marabelli et al.: Application of electrochemical impedance measurements as a tool for the characterization of the conservation and protection state of bronze works of art. In: Metal 98. Hrsg. von Wiliam Mourey und Luc Robbiola. London 1998, S. 303 – 308; Otieno-Alego, Vincent, Graham Heath, David Hallam et al.: Electrochemical evaluation of the anti-corrosion performance of waxy coatings for outdoor bronze conservation. In: Metal 98, S. 309 – 314; Otieno-Alego, Vincent, David Hallam, Andrew Viduka et al.: Electrochemical impedance studies of the corrosion resistance of wax coatings on artificially patinated bronze. In: Metal 98, S. 315 – 319. 2 Hitzig, J., J. Titz, K. Jüttner et al.: Frequency response analysis of the Ag/Ag+ system: a partially active electrode approach. In: Electrochimica Acta 29 (3), 1984, S. 287 – 96. 3 Ladungsaustausch, Ladungsdurchtritt, Adsorption und Elektrokristallisation. 4 Vgl. Jüttner, K., W. J. Lorenz, M. W. Kendig et al.: Electrochemical impedance spectroscopy on 3-D inhomogenous surfaces: corrosion in neutral aerated solutions. In: Journal of the Electrochemical Society 135 (2), 1988, S. 332 – 339; Schmidt, E.,J. Hitzig, J. Titz, et al.: Inhomogeneous electrodes – a polarization model of the partially blocked reversible metal ion electrode. In: Electrochimica Acta 31 (8), 1986, S. 1041 – 1050. 85 5 Vgl. Tomkiewicz, Micha und Benedict Aurian-Blajeni: Impedance of composite materials. In: Journal of the Electrochemical Society 135 (11), 1988, S. 2743 – 2747; Andonoglou, P. P., A.D. Jannakoudakis, P.D. Jannakoudakis et al.: Preparation and electrocatalytic activity of rhodium modified pitch-based carbon fiber electrodes. In: Electrochimica Acta 44, 1998, S. 1455 –1465; Frateur, I., C. Deslouis, M. E. Orazem et al.: Modeling of the cast iron/drinking water system by electrochemical impedance spectroscopy. In: Electrochimica Acta 44, 1999, S. 4345 – 4356; Bousselmi, L., C. Fiaud, B. Tribollet et al.: Impedance spectroscopic study of a steel electrode in condition of scaling and corrosion: Interphase model. In: Electrochimica Acta 44, 1999, S. 4357– 4363. 6 Der Polarisationswiderstand wurde mittels der sogenannten TafelMethode bestimmt. Der gemessene Korrosionsstrom wird entsprechend dem Butler-Vollmer-Modell eingeführt. 7 Vgl. Mathias, Cathy: Assessment of corrosion measurements for soil samples excavated at a seventeenth-century colonial plantation site. In: Archaeological conservation and its consequences. Preprints of the Contributions to the Copenhagen Congress 1996. Hrsg. von Ashok Roy und Perry Smith. London, S. 121– 126; Kharkats, Yurij I., Artjom V. Sokirko und Fritz H. Bark: Properties of polarization curves for electrochemical cells described by Butler-Volmer kinetics and arbitrary values of the transfer coefficient. In: Electrochimica Acta 40 (2), 1995, S. 247– 252. 8 DIN 50 984: Messung von Schichtdicken. Wirbelstromverfahren zur Messung der Dicke von elektrisch nichtleitenden Schichten auf nicht-ferromagnetischem Grundmetall. Gemessen wurde mit einem Isoscope MP 3 B/T 3.3 B der Firma Fischer GmbH & Co. 9 Bei den hier eingesetzten Wachsen handelt es sich ausschließlich um mikrokristalline Wachse. Sämtliche Wachse wurden von der Firma Tromm bezogen. 10 Gemessen wurde im CIE-Lab-System von 1976 mit einem CM508d Spektralphotometer der Firma Minolta. 11 Technische Ausführung durch die Firma Driesen + Kern GmbH. 12 siehe in diesem Heft: Doktor, Anke: Analytik-Guide. Methoden zur Charakterisierung von Korrosionsphänomenen auf freibewitterten Bronzen. S. 45–54, hier S. 53. 13 Alle REM-Untersuchungen wurden von Christian Gruber (BLfD) ausgeführt. 14 250 mV bezüglich dem Korrosionspotential (entspricht dem Potential bei offenem Stromkreis). 15 Roidl, Egidius: Restaurierung- und Konservierungsmethoden bei Bronzen im Freien. In: Maltechnik. Restauro. 4 (1987), S. 9 – 27. Abbildungsnachweis: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege: Abb. 1 – 6 86 ORMOCER®e – Eine neue Verbindungsklasse zur Konservierung von Bronzeoberflächen an Denkmälern Peter Mottner, Monika Pilz Allgemeines Herstellung Die Verbindungsklasse der Ormocere (eine Marke der Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V., München) wurde am Fraunhofer-Institut für Silicatforschung (ISC) in Würzburg für eine Vielzahl von Anwendungen – überwiegend im industriellen Sektor – entwickelt. Es handelt sich hierbei um anorganisch-organische Hybridpolymere, die ein anorganisches Grundgerüst und zusätzlich Eigenschaften organischer Polymere und Silicone besitzen (Ormocer = ORganically MOdified CERamics). Abb. 1 vermittelt einen Überblick über die Produktvarietäten und Anwendungsmöglichkeiten der Ormocere, die über einen Einsatz als Korrosionsschutzbeschichtung, wie er im folgenden näher erläutert wird, weit hinausreichen. In Abb. 2 ist die Korrelation der unterschiedlichen Ormocer-Komponenten zu den daraus resultierenden Materialeigenschaften wiedergegeben. Die Synthese der Ormocere erfolgt über den Sol-Gel-Prozess in Lösung.1 Hierbei werden organisch modifizierte Kieselsäureester gezielt hydrolvsiert. Anschließende Kondensationsreaktionen resultieren in der Ausbildung eines anorganisch-oxidischen Grundgerüstes. Reaktive funktionelle organische Gruppen der Ausgangsverbindungen bauen über induzierte Polymerisationsreaktionen ein zusätzliches dreidimensionales Netzwerk auf. In Abb. 3 sind die chemischen Reaktionen während der Ormocer-Herstellung dargestellt. Herstellung ORMOCER®e: Sol-Gel-Reaktionen organisch modifizierter Si-Alkoxide: RX Si(OR)y 1. Schritt: Aufbau des anorganischen Netzwerkes Hydrolyse (+H2O) → ≡ Si-OH Polykondensation → ≡ Si-O-Si ≡ (Cokondensation mit anderen Metallalkoxiden möglich) 2. Schritt: Aufbau des organischen Netzwerkes ≡ Si –X+X–Si≡ → ≡ Si ∼ Si≡ Vernetzungsreaktion von Si-gebundenen Monomeren X: Acryl, Vinyl, Epoxy, etc. Härtung: thermisch, UV/IR/Licht, redox-initiiert 3 Herstellung der Ormocere 1 Produktvarietäten und Anwendungsmöglichkeiten der Ormocere ORMOCER®e: ORganically MOdified CERamics Marke der Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V., München Elastomer Grenzflächeneigenschaften Hybridpolymere: anorganische-organische Polymere Heteropolysiloxane: Kombination von Materialeigenschaften auf molekularer Ebene Bezug von ORMOCER®en zu anderen Materialklassen Silicone Zähigkeit Funktionalisierung Verarbeitung org. Polymere Durch den zusätzlichen Einbau von Organosilanen können weitere funktionelle Molekülgruppen zur Variation der physikalischen und chemischen Eigenschaften (wie zum Beispiel der Adhäsion zum Untergrund, der Ionenleitfähigkeit oder der Permeabilität gegenüber Wasser und Wasserdampf ) in die Verbindung eingebaut werden. Die Eigenschaften der Ormocere sind dadurch in weiten Grenzen je nach Einsatzgebiet und Anforderung variier- und steuerbar (Abb. 4). Prinzipiell zeichnen sie sich durch gute Haftungseigenschaften auf metallischen und oxidischen Oberflächen aus. Ormocer-Anwendungen im Kulturgüterschutz ORMOCERe Keramik, Glas Härte chemische und thermische Stabilität 2 Ormocer-Komponenten und deren Materialeigenschaften Im Bereich des Kulturgüterschutzes wurden am ISC im Rahmen von national und EU-geförderten Forschungsprojekten Ormocere zur Konservierung unterschiedlicher Substratoberflächen mit Erfolg entwickelt und adaptiert. Grundlegende Arbeiten hierzu, die aber auch die praktische Erprobung einschlossen, wurden – in Zusammenarbeit mit diversen Partnern – an Bronze2 (zur genaueren Beschreibung des Projektes siehe ORMOCER®e – Eine neue Verbindungsklasse zur Konservierung von Bronzeoberflächen an Denkmälern O R 87 O Al, Ti, Zr, … ■ Einfluß durch Strukturelemente auf verschiedene Eigenschaften: O O Si ■ ■ ■ ■ Härte, Elastizität, Dichte, Porosität O ■ ■ ■ thermische Ausdehnung Si ■ Polarität: hydrophil/-phob O O ■ Strukturierbarkeit ■ ■ Brechzahl, Dispersion Si ■ Sensitivität (Gase, Ionen) O ■ ■ ■ Barrierewirkung ■ Grundlegende Materialeigenschaften: ❏ optisch transparent ❏ duroplasisch verarbeitbar ❏ nichtkristallin O Si ORMOCER-Strukturelemente ■ anorganisches Netzwerk ■ Heterometalloxidnetzwerk ■ funktionelle organische Gruppen ■ organische Quervernetzung 4 Steuerung der Ormocer-Eigenschaften durch die gezielte Variation von Strukturelementen nachfolgendes Kapitel), Eisen/Stahl3 und Glas4 durchgeführt. Weitere, stark anwendungsorientierte Förderprojekte ermöglichten Ormocer-Konservierungen an weiteren Oberflächen wie Email5 oder Glasuren.6 Allen Ormocer-Entwicklungen und Untersuchungen gemeinsam ist die systematische Herangehensweise. Eine große Zahl unterschiedlich funktionalisierter oder in ihren reaktiven und adhäsiven Eigenschaften bereits auf das Substrat abgestimmter Ormocer-Grundlacke werden auf realitätsnahen Modellsubstraten aufgebracht. Eigenschaften wie zum Beispiel Langzeitbeständigkeit, Korrosionsschutzpotential, Haftfestigkeit, Reversibilität, visuelles Erscheinungsbild (Transparenz) und UV-Stabilität werden verglichen und selektiert. Als Belastungtests und Untersuchungsmethoden kommen Verfahren wie die zeitraffende Bewitterung im Klimaschrank, Freibewitterungen oder mechanische Haftzugprüfungen sowie die Beurteilung des Korrosionsfortschrittes durch die Präparation von Querschliffen, Bestimmungen des Rostgrades oder das Aufbringen von Gitterschnitten zur Anwendung. Daneben spielen vergleichende Untersuchungen mit etablierten Beschichtungssystemen samt Oberflächenvorbehandlungen bei der Bewertung Ausgangsstoffe Ormocer-Glas Ormocer-Bronze Ormocer-Eisen/Stahl Ph2 SiCl2 Ph2 Si(OH)2 Ph2 Si(OH)2 MeViSiCl2 Organische Vernetzung der erfolgreich getesteten Ormocere eine entscheidende Rolle. Bei den oben genannten Anwendungen auf verschiedenen Modellsubstraten und Originaloberflächen haben sich die Ormocere als wirkungsvolle Beschichtungsalternative mit hohem Schutzpotential für korrodierte und unkorrodierte Oberflächen erwiesen. Schematisch können die Ormocere zur Konservierung von Metall und Glas gemäß Abb. 5 charakterisiert und unterschieden werden. Wie hieraus ersichtlich, unterscheiden sich die für verschiedene Substratoberflächen verwendeten und mittels Sol-Gel-Synthese zur Reaktion gebrachten Edukte erheblich voneinander. Gemeinsames Kennzeichen ist der Aufbau eines anorganischen Grundgerüstes sowie die Vernetzung über polymerisierbare organische Gruppen. Diese speziellen funktionellen Gruppen der organischen Komponenten und der Silane bestimmen die jeweiligen positiven Konservierungseigenschaften. Bei den für Glas- und Eisen/Stahloberflächen entwickelten Ormocer-Systemen wird durch die zusätzliche Beimischung von Glasflakes in die Beschichtung (Durchmesser der Plättchen im µm-Bereich) eine weitere Verbesserung der Korrosionsschutzwirkung erreicht. Si(OMe)3 (Glymo) Tetraethoxysilan z.T. Si(OEt)3 Kondensat: thermische Behandlung bei 150°C → Harz Kondensat: Zugabe von Härter vor der Beschichtung Zumischung von Glasflakes Lagerfähigkeit als Harz: mehrere Jahre 5 Geeignete Ormocere zur Konservierung von Glas und Metall Si (OMe)3 (Glymo) Kondensat: Zugabe von Härter vor der Beschichtung Zumischung von Glasflakes ohne Härter: mehrere Monate ohne Härter: mehrere Monate mit Härter: einige Tage mit Härter: einige Tage 88 Peter Mottner, Monika Pilz Die Flakes dienen hierbei als Diffusionsbarriere für Wasserdampf. Da im Bereich des Kulturgüterschutzes die Ormocer-Beschichtungen nur bei Raumtemperatur polymerisiert werden können, ist der Vernetzungsgrad im Vergleich zu industriell applizierten Systemen limitiert. Diese relativ niedrige Vernetzung wird auch durch die teilweise Verwendung von Dialkoxysilanen erreicht und resultiert in einer Erhöhung der Reversibilität. Durch die Zumischung von Fremdpolymeren (zum Beispiel teilpolymerisierten Acrylaten) kann die mechanische Festigkeit der Beschichtung verbessert werden. Ebenso gelingt eine Erhöhung der Abriebfestigkeit der Ormocer-Beschichtung durch den Auftrag einer Deckschicht aus alternativen Bindemitteln. Die Reversibilität der Beschichtungen ist in der Regel – auch nach einer künstlichen Alterung der Beschichtung im Klimaschrank unter UV-Strahlung – gegeben. Die Ablösung der Ormocere gelingt mit Lösemitteln wie Toluol, Essigester oder Butoxyethanol. Je höher der Anteil an acrylatischen Fremdpolymerisaten, desto einfacher läßt sich die Beschichtung lösen. In speziellen Fällen (Epoxidzugabe) muß auf halogenierte Kohlenwasserstoffe oder mechanische Methoden (Skalpell, Airbrasive) zurückgegriffen werden. Die Reversibilität einer zur Festigung lockerer Schichten wie beispielsweise Bronzepatina eingesetzten Ormocer-Beschichtung ist naturgemäß begrenzt. Hierin unterscheiden sich die Ormocere jedoch nicht von herkömmlichen Festigungsmitteln. Die Ergebnisse der Adaption der Ormocer-Produktfamilie für die Konservierung von Oberflächen an Bronzedenkmälern werden nachfolgend präsentiert. Ormocer-Beschichtungen auf Bronze Im Rahmen des EU-ENVIRONMENT Forschungsprogramms »New Conservation Methods for Outdoor Bronze Sculptures« wurden Ormocer-Varianten (ca. 400 verschiedene Beschichtungssysteme) auf Bronze getestet. Die Ergebnisse wurden mehrfach publiziert.7 Als Ormocer-Grundlacke kamen hierbei Reaktionsmischungen aus den Edukten »Glymo« beziehungsweise »Memo« (Tab. 1) als anorganisch und organische Netzwerkbildner einerseits, Silanole und Zirkonate als rein anorganische Netzwerkbildner und Netzwerkwandler andererseits zum Einsatz. Tab. 1 gibt die getesteten Edukte wieder. 6 Mendebrunnen Leipzig, Hippokamp (HI 1 0), Zustand vor der Restaurierung (August 1997) ORMOCER®e – Eine neue Verbindungsklasse zur Konservierung von Bronzeoberflächen an Denkmälern 89 Ormocer-Applikation am Mendebrunnen Netzwerkbildner (anorganisch und organisch) ggf. Netzwerkbildner (anorganisch) Netzwerkwandler Glymo (epoxifunktionalisiertes Silan): γ-Glycidoxypropyltrimethoxysilan Tetraethoxysilan Diphenylsilandiol Memo (acrylatfunktionalisiertes Silan): γ-Methacryloxypropyltrimethoxysilan Dimethyldiethoxysilan Vinyltrimethoxysilan Zirkoniumtetraisopropylat Tab. 1 Untersuchte Eduktvarianten für die Anwendung der Ormocere an Bronzeoberflächen Als Beschichtungsysteme wurden Kombinationen der Ormocere mit diversen kommerziell erhältlichen Kunstharzen (Acrylate, Epoxide) erfolgreich getestet und verwendet. Die Spannbreite der Applikation reichte von ein- und zweilagigen Systemen über die Zugabe von speziellen Polymerisations-Härtern bis hin zur Anwendung unterschiedlicher Trocknungsmodi. Folgende Beschichtungssysteme konnten als erfolgversprechendste Varianten für Bronzeoberflächen ermittelt werden: Im Rahmen des DBU-Förderprojektes »Konservierung von Bronze- und Galvanoplastik« ergab sich im August 1998 die Möglichkeit, die neu entwickelten Ormocere für Bronzeoberflächen (Tab. 2) auf Probeflächen eines Untersuchungsobjektes aufzubringen. Hierzu bot sich die Figur eines Hippokampen des Leipziger Mendebrunnens (Guß 1886) an, dessen anstehende Restaurierung vom zuständigen Projektteam umfassend betreut und begleitet wurde.8 Abb. 6 zeigt die Figur vor der Restaurierung. Vor Aufbringung der konservierenden Beschichtung wurde die patinierte Oberfläche der Figur gereinigt. Zur Entfernung artfremder Schmutzschichten und zur Entsalzung erfolgte eine Vorreinigung durch Wasserdampfstrahl. Daran schloß sich die Freilegung der Patina durch den manuellen Abtrag der durch Korrosion entstandenen Krustenbeläge mittels Skalpell und verschiedenen anderen Werkzeugen an. Die Oberfläche der Bronze war im Endzustand charakterisiert durch dünne, mikroporöse Patinabeläge (schwarze und grüne Farbe). Metallisch glänzende Oberfläche ohne Korrosion Zweilagiges Beschichtungssystem: 1. Grundbeschichtung: Glymo + Diphenylsilandiol mit 20% Paraloid B72 (1:6 in Butoxyethanol) 2. Deckbeschichtung: Paraloid B72 Patinierte Oberfläche, matter Bronzeton Zweilagiges Beschichtungssystem: 1. Glymo + Diphenylsilandiol + Tetraethoxysilan mit 10% Araldit GY260 (1:6 in Butoxyethanol) 2. Deckbeschichtung: Paraloid B72 Oberfläche mit poröser und/oder grüner Patina: Glymo + Diphenylsilandiol mit 20% Paraloid B72 (1:6 in Butoxyethanol) Tab. 2 Geeignete Ormocere für Bronzeoberflächen (Trocknung jeweils bei Raumtemperatur) Probefläche 1 2 3 Zustand der Oberfläche vor Beschichtung schwarze Patina Linke äußerste Mähnenlocke (unteres Ende) Linker Flügel, Rückseite grüne Patina (4. Feder von unten, 3. Reihe von außen) Schweifansatz grüne Patina Tab. 3 7 Mendebrunnen Leipzig, Hippokamp (HI 1 0), OrmocerApplikation auf Probefläche 2 (linker Flügel, grün patinierte Oberfläche; siehe Tab. 3). Umgebende Partien bereits wachsbeschichtet (August 1998). Erscheinungsbild Ormocer und Wachs vergleichbar. OrmocerApplikation 3-lagig 3-lagig 4-lagig, (2. Lage: Zumischung einer grünen Pigmentretouche) Erscheinungsbild nach Applikation (August 98) seidenmatt glänzende Oberfläche (entsprechend Wachs) mattgrünes Erscheinungsbild seidenmatt glänzende Oberfläche (entsprechend Wachs) Pilotflächen der Ormocer-Anwendung an der Figur des Hippokampen des Mendebrunnens, Leipzig Erscheinungsbild nach Inspektion (März 99) Keine Änderung Aufhellung, Hervortreten der hellgrünen Patina Aufhellung 90 Peter Mottner, Monika Pilz Die Konservierung erfolgte überwiegend durch Heißwachs (mikrokristallines Wachs), an ausgesuchten kleinen Pilotflächen kamen Kunstharz (2K-Acrylat) und Ormocere zur Anwendung. Die folgende Beschreibung beschränkt sich auf die vom ISC applizierte Ormocer-Beschichtung. Angewendet wurde das Ormocer-Beschichtungssystem für grün patinierte, poröse Oberflächen. Die Beschichtung mit der stark penetrierenden und festigenden Ormocer-Variante erfolgte in mehreren Lagen. Als Polymerisationshärter wurden 15 Mol-% Diamo (N-2-aminoethyl-3-aminopropyl-triethoxysilan), Verdünnung 1:4 in Butoxyethanol, zugegeben. In Tab. 3 sind die im August 1998 mit Ormocer beschichteten Partien angegeben. Zusätzlich sind der jeweilige Beschichtungsmodus sowie das Erscheinungsbild der Oberflächen direkt nach der Applikation sowie nach der ersten visuellen Inspektion im März 1999 beschrieben. Abb. 7 zeigt die Probefläche 2 (grüne Patina) während der Ormocer-Applikation, Abb. 8 die komplette Figur mit frischer Wachsbeschichtung. In Abb. 9 ist die beschichtete Probefläche 1 im Kalenderjahr nach der Ormocer-Applikation wiedergegeben. Während der Konservierungseffekt an allen Pilotflächen als optimal bezeichnet werden kann, ist im Kalenderjahr nach der Applikation (März 1999) an den grün patinierten Partien eine Aufhellung der Oberfläche gegenüber den dunkleren, durch den Wachsauftrag mattierten Partien zu verzeichnen. Hervorgerufen wird sie durch eine so weitgehende Penetration des Ormocers in die zu festigende poröse Patina, daß die Oberfläche wenige Stunden bis Tage nach dem Auftrag der Beschichtung wieder freiliegt. Neuere Applikationen an vergleichbaren Denkmaloberflächen haben gezeigt, daß dieser Effekt durch den Auftrag weiterer Beschichtungslagen nach dem vollständigen Eindringen des Ormocers in die Patina vermieden werden kann. Die Schutzeigenschaften der Konservierung werden durch die partielle Aufhellung nicht beeinträchtigt. Eine Farbretusche (siehe Probefläche 3) sollte – falls gewünscht und nötig – diesen Effekt bereits bei der Anmischung der Pigmentierung berücksichtigen. Abschließende Resultate zum Langzeitverhalten der Beschichtungen am Mendebrunnen liegen zum momentanen Zeitpunkt noch nicht vor. Ihre Publikation wird an geeigneter Stelle erfolgen. 8 Mendebrunnen Leipzig, Hippokamp (HI 1 0) mit Triton (TR 1 0), Zustand nach der Restaurierung mit frischer Wachsbeschichtung (August 1998). ORMOCER®e – Eine neue Verbindungsklasse zur Konservierung von Bronzeoberflächen an Denkmälern 91 silan), Diphenylsilandiol, Paraloid B72 und »Diamo« (N-2aminoethyl-3-aminopropyl-triethoxysilan) als Polymerisationshärter zusammensetzt. In den letzten Jahren sind weitere Beschichtungen an freibewitterten Probekörpern und auch Skulpturen ausgeführt worden. Die Ergebnisse, die aufgrund der Langzeitbeständigkeit der Ormocer-Systeme erst in den nächsten Jahren zu erwarten sind, werden die Entwicklung der Ormocere zur Serienreife unterstützen. 9 Mendebrunnen Leipzig, Hippokamp (HI 1 0), Zustand Probefläche 1 (Mähnenlocke, siehe Tab. 3), im März 1999. Keine Änderung des Erscheinungsbildes im Vergleich zur OrmocerApplikation im August 1998. Zusammenfassung und Ausblick Die Verbindungsklasse der Ormocere wurde für die Anwendung als Konservierungsbeschichtung für Bronzeoberflächen systematisch getestet und erfolgreich adaptiert. Die für verschiedene patinierte und unpatinierte Oberflächen am besten geeigneten Ormocer-Beschichtungssysteme sind zusammenfassend beschrieben. Bei der Pilotapplikation am Mendebrunnen wurde eine Ormocer-Spezies verwendet, welche sich für grün patinierte und/oder poröse Oberflächen anbietet und sich aus den Edukten »Glymo« (γ-Glycidoxypropyltrimethoxy- Anmerkungen 1 Haas, Karl-Heinz: Abteilung Ormocere. In: Jahresbericht 1996. Fraunhofer-Institut für Silicatforschung Würzburg. 1997 S. 21– 27. 2 EU ENVIRONMENT-Projekt EV5V-CT92-0107 »New Conservation Methods for Outdoor Bronze Sculptures«, 1993 –1995. 3 DBU-Förderprojekt »Korrosionsschutz für Industriedenkmäler aus Eisen und Stahl«, 1996 –1999. 4 z.B. UBA-Forschungsprojekt 10807005/03 »Konservierung historischer Glasmalereien – Internationale Untersuchungen neuer Methoden«, 1988 –1992, und DBU-Förderprojekt »Erarbeitung von modellhaften Aufbewahrungsbedingungen und Restaurierungsmethoden für stark umweltgefährdete archäologische Gläser national bedeutender Sammlungen«, 2000 – 2003. 5 DBU-Förderprojekt »Modellhaftes Konservierungskonzept für umweltgeschädigte Email-Pretiosen im Grünen Gewölbe/Dresden«. 1997–1999. 6 DBU-Förderprojekt »Entwicklung von modellhaften Restaurierungsmethoden für umweltgeschädigte glasierte Ziegel und Terrakotten an national bedeutenden Kulturdenkmalen Norddeutschlands«, 2000 – 2003. Erste Ergebnisse zu Ormoceren liegen im Rahmen einer am Projektthema orientierten Diplomarbeit vor: Radujkovic, Sonja: Erhaltung farbiger Glasuren auf Terrakotta, FH Potsdam, ISC Bronnbach, 2000. 7 Römich, Hannelore (Hrsg.): New conservation methods for outdoor bronze sculptures. Research report Nr. 3. Final Report to EC Environment Project EV5V-CT92-0107, 1993 – 1995. 1996; Pilz, Monika und Hannelore Römich: A new conservation treatment for outdoor bronze sculptures based on Ormocer. In: Metal 95. Hrsg. von Ian D. McLeod, Stefan. L. Pennec und Luc Robbiola. London 1997, S. 245 – 250; Römich, Hannelore und Monika Pilz: Materialentwicklung für die Bronzekonservierung. In: Martin Mach (Hrsg.): Metallrestaurierung. Arbeitsheft 94 des Bayer. Landesamtes für Denkmalpflege. München 1998. S. 85 – 89; Pilz, Monika und Doris Vogel: Report on the Internal ISC-Project »Evaluation of current Ormocer pilot applications on outdoor bronze surfaces«. Interim-Report FraunhoferInstitut für Silicatforschung Würzburg, Außenstelle Bronnbach, 1999. 8 siehe in diesem Heft: Meißner, Birgit, Georg J. Haber und Martin Mach: Der Leipziger Mendebrunnen – Historie und Restaurierung, S. 92 –108. Abbildungsnachweis ISC Würzburg, Abteilung Ormocere: Abb. 1– 4 ISC Würzburg, Außenstelle Bronnbach: Abb. 5 Landesamt für Denkmalpflege Sachsen: Abb. 6 – 9 92 Der Leipziger Mendebrunnen – Historie und Restaurierung Birgit Meißner, Georg J. Haber, Martin Mach Seit Beginn des Jahres 2000 ist auf dem Augustusplatz in Leipzig der monumentale Mendebrunnen wieder komplett aufgestellt. Vier Jahre zuvor wurde die gesamte Anlage einschließlich Brunnenbecken und -technik, bekrönendem Obelisken sowie aller 38 Bronzeteile abgebaut – unter dem Platz sollte eine Tiefgarage entstehen. Nach dem Abbau und der Einlagerung der Bronzen konnten diese eingehend begutachtet werden. Eine der Figurengruppen wurde für eine modellhafte Restaurierung einschließlich aller notwendigen Voruntersuchungen und Objektrecherchen ausgewählt. Entscheidend war dabei, daß das zu untersuchende und bearbeitende Objekt ein möglichst signifikantes Erscheinungsbild hinsichtlich der Fülle der unterschiedlichen Schäden bot, um im Verlauf der Untersuchungen und anschließenden Bearbeitung möglichst umfassende Rückschlüsse auf den Zustand der anderen Figuren zu erhalten und exemplarisch Lösungsansätze für deren Restaurierung zu erarbeiten. Zudem sollte die modellhafte Bearbeitung der Bronzen veranschaulichen, welche restauratorischen Möglichkeiten bei der Bearbeitung solcher Großobjekte nach aktuellem Forschungsstand bestehen. Damit konnte aber auch für den Denkmaleigentümer ein Weg aufgezeigt werden, die Restaurierung der restlichen Brunnenplastiken auf der Grundlage einer exakten Kenntnis des Restaurierungsergebnisses und der dabei anfallenden Kostensituation zu planen.1 Die Brunnenanlage wird von zwei nahezu identischen Tritonen-Hippokampen-Gruppen dominiert, die nur wenig erhöht im inneren Brunnenbecken aufgestellt sind. Bei Inbetriebnahme der Wasserzufuhr werden einige Bereiche dieser überlebensgroßen Plastiken ununterbrochen bewässert, andere sind lediglich einer hohen Luftfeuchtigkeit beziehungsweise dem Regen ausgesetzt. Wie bei den meisten freibewitterten Bronzen, so gibt es auch hier Zonen – besonders im Bereich von Unterschneidungen, etwa bei den Flügelunterseiten der Hippokampen – die vor natürlicher Beregnung und Brunnenwasser geschützt sind und keinerlei Abspülung oder Reinigung erfahren. 1 Wasserspiele des Brunnens, dahinter das 1963 abgerissene Museum der Bildenden Künste, Ansicht von Norden (1933) Der Leipziger Mendebrunnen – Historie und Restaurierung 93 Die durch die beschriebenen Bewitterungssituationen entstandenen hellgrünen bis schwarzen Patinaausprägungen und Krustenbildungen, aber auch die bewegte Geschichte der Objekte haben das äußere Erscheinungsbild der Figuren des Mendebrunnens wesentlich geprägt. Auf dieser Grundlage wurde die östliche Triton-Hippokamp-Gruppe für die exemplarische Bearbeitung im Rahmen des Bronzeprojektes ausgewählt (Abb. 2, 3). Beschreibung Die Gesamtdimensionen des Brunnens erscheinen in ihren Maßangaben gewaltig, relativieren sich aber im Hinblick auf die Platzanlage. Die Gesamthöhe einschließlich Obelisken beträgt 18m, die Längsachse erstreckt sich über 17m. Triton und Hippokamp – die beiden Figuren der Hauptgruppen – sind jeweils 2,7m und 3m hoch. Vorbilder für die architektonische Anlage wie auch für die Figurengruppen selbst sind in Italien – hauptsächlich in Rom – zu finden. Dort tummeln sich in einer Anzahl von Brunnenanlagen Meeresgötter und Getier in ovalen, abgestuften Doppelbecken. Die drei berühmten römischen Brunnen der Piazza Navona lassen sich weithin unter diese Thematik einordnen. Der mittlere und der südliche Brunnen, beide Mitte des 17. Jahrhunderts errichtet, sind direkte Entwürfe und Planungen beziehungsweise Anregungen Lorenzo Berninis. Im Zentrum des mittleren Brunnens – nach seinen Flußgottheiten Vierströmebrunnen genannt – steht ein hoher Obelisk, um den sich Figuren des Wassers versammelt haben. Obelisken waren ursprünglich im alten Ägypten als Symbol der Gottheiten im Tempelbezirk aufgestellt, bevor sie später häufig nach Europa transportiert und dort als Macht- und Ruhmessymbol präsentiert wurden. Die Wiedereinführung dieses symbolischen Architekturmotivs in Europa fiel in die Zeit der Spätrenaissance. Die Einbeziehung eines Obelisken in den Mittelpunkt einer Brunnenanlage, von dem die Figuren strahlenförmig ausgehen, unterstützt sowohl die Zentralität des Aufbaus als auch die deutliche Markierung des Platzes. Die Funktion des Brunnens spielt auf diese Art mit der Idee des Platzmonumentes. Anhand der beiden äußeren Brunnen der römischen Piazza Navona lassen sich Vorbildbezüge zum Mendebrunnen erkennen. Im ähnlich konturierten Brunnenbecken des südlichen Mohrenbrunnens (1649) blasen vier große Tritonen in ihre Muscheln – hier zeigen sich bereits die später mit der Brunnenthematik oft und gern verbundenen Wasserfiguren und –gottheiten in makelloser Schönheit und Aktivität. Im nördlichen, erst später (1878) errichteten Brunnen tummeln sich Tritonen und Nereiden. In der berühmten Fontana di Trevi (1732 –1736) kämpfen Tritonen mit sich aufbäumenden Hippokampen in einer künstlichen Felslandschaft (Abb. 4). Wie später auch beim Mendebrunnen halten Tritonen mit der einen Hand das Pferd, mit der anderen eine »Trompetermuschel«. Andere Brunnen nehmen diese Thematik bereitwillig auf.2 Auch der Nürnberger Neptunbrunnen (Originalmodell: 1668) zeigt ein dem Mendebrunnen ähnliches Konzept: in einem früher ovalen Becken gruppieren sich um einen als Sockel für die Hauptfigur fungierenden, kartuschenverzierten Brunnenstock Figuren des Meeres – Tritonen, Hippokampen, 2, 3 Östliche Triton-Hippokamp-Gruppe TR1O-HI1O während der Demontage des Brunnens (1996) 94 Birgit Meißner, Georg J. Haber, Martin Mach 4 Fontana di Trevi (1732 –1762), Rom, kraftvolle Interaktionen zwischen Tritonen und Hippokampen im flutenden Wasserspiel allerlei Meeresgetier strahlen lebenssprühende, kraftvolle Energien aus. Zurück zum Mendebrunnen: Dessen architektonische Anlage breitet sich ellipsenförmig auf der Südseite des Platzes aus. Ein äußeres und ein inneres geschwungenes Wasserbecken umschließen den zentralen, dreifach gestuften Brunnenstock als Grundgerüst, welcher von figürlichem Schmuck eingefaßt wird. Er dient gleichzeitig auch als Sockel des Obelisken und erhebt diesen somit zum Denkmal. Unterhalb der Girlanden befinden sich an der Nord- und Südseite zwei große Kartuschen mit Inschriften. 32 (ursprünglich 36) Wasserfontänen strömen in unterschiedlichen Höhenniveaus aus vielen Quellen und unterstreichen die Lebenslust neobarocker Wasserkunst. Groteskenmasken leiten in breitem Strahl das Wasser in große Muschelbecken, von dort läuft es in das innere Becken. Vier Delphinpaare speien das Wasser aus diesem Becken hinaus in das äußere Becken des Meeres. Die Bedeutung der Figuren als für den Menschen nutzbringende Allegorien des Wassers läßt sich am besten anhand der Wasserläufe des Brunnens beschreiben, die sich in ihrer Abfolge an den natürlichen Verlauf der lebensspendenden Naturkraft anlehnen. Unter dem bekrönenden Stern des Obelisken – dem Himmel nah – stehen an dessen Basis vier geflügelte Putti auf Fröschen und Krebsen und verteilen mit langen Stabmuscheln das Wasser der regenspendenden Wolken in alle Himmelsrichtungen. Über kleine Baldachine läuft es auf die Körper von vier fischschwänzigen Nereiden3, die sich auf den Konsolen des mittleren figürlichen Niveaus befinden. Ihr Blick folgt den weit ausgebreiteten Armen, die Hände halten Attribute wie Seestern, Krebs, Korallenzweig und Muschel – Geschöpfe, denen das Wasser zum Leben verhilft, die aber gleichzeitig dem Menschen Nutzen bringen. Das Bindeglied zwischen den Elementen Himmel, Land und Meer stellen die beiden aus Triton und Hippokamp gebildeten Paare dar (Abb. 5).4 Die scheinbar unbezähmbaren, geflügelten Wasserpferde bäumen sich kraftvoll auf, die sehnig gespannten Vorderbeine greifen in den Raum. Anspannung und Energie finden im hochgerissenen Kopf mit geöffnetem Maul, den ausgebreiteten mächtigen Flügeln und den als stützende Basis all dieser Energie funktionierenden Hinterbeinen, die in langen Fischschwänzen enden, seinen Fortlauf – einzig gebändigt durch den Zug des Tritonen am Halfter. Mit deren rechter Hand wird die wilde Kraft des Meeres gezügelt und eingefangen, die dann durch die mit der Linken gehaltene große Stabmuschel wieder ausgeblasen wird. Pure Energie, gepaart mit einem Schuß Unberechenbarkeit zeigen das Charakteristikum des Meeres, das der Mensch zu zähmen sucht. »... Gewaltige Kraft in der Bewegung auf der einen, feine Empfindung für das Nackte und formvollendete Linienführung auf der anderen Seite, reiche Erfindung und liebenswürdigste Durcharbeitung auch des Nebensächlichsten zeichnen diese wie alle sonstigen Schöpfungen seiner [Jakob Ungerer, d. Verf.] Künstlerhand aus. ... Ein Brunnen soll eben keinen belehrenden oder ernsthaften, sondern einen fröhlichen Charakter tragen; das Wasser, Der Leipziger Mendebrunnen – Historie und Restaurierung seine richtige Vertheilung und die sinnvolle Kennzeichnung seiner Ausgüsse und Strahlen muß den leitenden Gedanken für den Entwurf abgeben. ...«.5 Historie Der Mendebrunnen ist nach seiner Stifterin Pauline Mende benannt. Diese hatte der Stadt Leipzig nach ihrem Tode im Jahre 1881 die Summe von 50 000 Talern mit der Auflage hinterlassen, einen monumentalen Zierbrunnen zu errichten, der auf einem freien Platz in der Nähe der inneren Promenaden aufgestellt werden soll. Ein Jahr später schrieb die Stadtverwaltung einen öffentlichen Wettbewerb aus, der das beachtliche Ergebnis von 38 Entwürfen brachte. Der erste Preis ging an die Berliner Heinz Hoffmeiser und Heinrich Stöckhardt, deren Modell »Handel und Wissenschaft« man aber als für die Ausführung nicht geeignet empfand. Man benannte darum in einer zweiten Konkurrenz die Teilnehmer persönlich, kam aber auch hier zu keinem befriedigendem Ergebnis und empfahl darum den Entwurf von Hoffmeiser und Stöckhardt – allerdings mit wesentlichen Abänderungen – zur Ausführung. Die Jury, der neben dem Bürgermeister der Stadt auch der Bildhauer und Direktor der Dresdner Kunstakademie Ernst Hähnel angehörte, bemängelte vor allem die im Vergleich zur Platzsituation zu geringen Dimensionen der Vorschläge. Sie kam zu dem Schluß, »... daß von einer Lösung lediglich figürlichen Charakters ... auf dem großen Platze keine beherrschende Wirkung zu erwarten sei. ...«.6 Hier wird die spätere Integration eines dominierenden Obelisken bereits gedanklich vorbereitet. Der Leipziger Baudirektor Hugo Licht empfahl die Verwendung eines ellipsenförmigen Grundrisses, der sowohl den Dimensionen des Platzes als auch der Lage des Brunnens auf diesem Platz besser entspräche. Nach diesen Maßgaben wurde nun der Architekt Adolf Gnauth beauftragt, einen neuen Entwurf zu erstellen.7 Dieser ließ recht bald wissen, daß der Brunnen um einige Meter höher sein werde als die Vorschrift es erlaube, da er mit etwas »obeliskenartigen« gekrönt werden solle. Der Vorteil einer solchen Konstruktion bestehe zudem darin, »... daß er den ganzen Platz viel besser beherrscht als jede Figur, hauptsächlich in der großen Kostenersparnis gegenüber letzterer ...«.8 Gnauth wehrte sich 5 Westliche Triton-Hippokamp-Gruppe, Nereide, Zustand vor der Restaurierung (1998) 95 gegen standardisierte Vorgaben, zum Beispiel das Anbringen der Allegorien der Künste, da ein Brunnen nicht mit einem Denkmal gleichzusetzen sei. Diese Auffassung führte wiederum zu heftigen Kontroversen mit Ernst Hähnel. Für die figürliche Entwicklung der Modelle zeichnete der Münchner Bildhauer Jakob Ungerer verantwortlich – die Figuren sollten sein Hauptwerk werden.9 Im April 1883 wurde das gemeinsam entwickelte Modell im Maßstab 1:10 im Bildermuseum ausgestellt. Für den Guß der Figuren war die Kgl. Erzgießerei Ferdinand von Miller aus München vorgesehen, die seit Mitte des 19. Jahrhunderts durch den Guß weltberühmter Statuen hohes Ansehen erreicht hatte. Das Kolossalstandbild der Münchner Bavaria10, das Goethe-Schiller-Denkmal in Weimar (1857) und die Panther-Quadriga auf der Dresdner Semperoper (1877) stellen nur einen Auszug aus dem Gesamtwerk dieser Gießerei dar. Das Drängen Hugo Lichts, der nach dem plötzlichen Tod Gnauths die Bauleitung ohne wesentliche Planänderungen übernahm, nach frühzeitiger Versendung der fertigen Güsse, notfalls auch in mehreren Sendungen, beantwortete Miller so: »... Die einzelnen Theile sind so weit fertig, daß, wen Herr Oberbaudirektor es verlangen, die Verpackung sofort geschehen kann – wir halten uns jedoch für verpflichtet auf einige sehr wesentliche Nachtheile aufmerksam zu machen, welche eine, wie uns scheint, zur Zeit noch etwas verfrühte Befestigung mit sich bringen müßte: 1. Ist es nicht zu vermeiden, daß durch die ganz unvermeidliche Berührung der viel länger den Arbeitenden ausgesetzten Theile, wie durch den Einfluß der Witterung diese schon jetzt befestigten Theile in Farbe und Aussehen wesentlich von den später angebrachten Broncen abstechen werden, was für die Gesamterscheinung keineswegs günstig sein kann. ...«.11 Die bei Neugüssen in Abhängigkeit von Zeit und Witterung rasch einsetzende teilweise indifferente PatinaEntwicklung wurde also schon damals beobachtet. Die Gesamtkosten für die Errichtung des Denkmals werden mit 170 000 bis 188 000 M beziffert. MAERTENS bezieht sich auf das Leipziger Stadtbauamt und gibt unter anderem folgende Ausgaben an: 9 545 M für beide Preiskonkurrenzen, 10 000 M erhielt Gnauth, 25 000 Ungerer, der Bronzeguß schlug mit 57 860 M zu Buche.12 Die feierliche Einweihung des Brunnens fand am 1. September 1886 statt. »... als leitender Gedanke schwebte ihm [Gnauth, d. Verf.] vor, nicht eine Allegorie, sondern das einfache, Augen und Herz erfreuende Spiel des 6 Der Mendebrunnen und seine nähere Umgebung (nach 1910) 96 Birgit Meißner, Georg J. Haber, Martin Mach 7 Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges, Ansicht von Südosten (1946) Wassers durch die mannigfaltigen Figuren und Gebilde, mit denen die Mythologie und Natur das Wasser belebt zu haben, zur Erscheinung zu bringen... ».13 Der Brunnen wurde anschließend nur zu bestimmten Tageszeiten von April bis Oktober angestellt, auch über weitere Sparmaßnahmen, wie eine teilweise Wiederverwendung des Wassers oder eine gruppenweise Inbetriebsetzung der Wasserausläufe, wurde nachgedacht. Eine Blumenrabatte mit kleinem Gitter umrahmte das Ensemble, Bänke und eine bunte Bepflanzung luden zum Verweilen ein (Abb. 6). Herstellung Die Herstellung der bildhauerischen Modelle für solch eine monumentale vielfigurige Brunnenanlage bedeutete die mühevolle, zeitaufwendige Herstellung von Unikaten. Doch auch hier versuchte man durch Rationalisierung bei der Modellherstellung Zeit und Kosten zu sparen, was – wie folgende Zitate belegen – so neu gar nicht war. »... Mit gleich sorgfältiger Ueberlegung und Sparsamkeit griff nun Ungerer unter geschickter Beihilfe des für die Bronzearbeiten gewählten Erzgiessers v. Miller in München zu dem schon während der italienischen Renaissancezeit an der Fontana delle Tartarughe zu Rom angewendeten Mittel, beim Schaffen der figürlichen Ornamente für die unter sich ähnlichen Gestalten wieder dieselben Gussformen zu benutzen und nur an den nebensächlichen Teilen, also an den Einzelgliedern derselben, charakteristische Umänderungen vorzunehmen. Auf diese Weise ersparte man über die Hälfte der sonst erforderlichen Modelle. ...«.14 Für zwölf vorhandene größere Figuren wurden demzufolge nur sechs Modelle verwendet (ein Hippokamp, ein Triton, zwei Nereiden, zwei Putti) und dazu separat die verschiedenen Attribute gegossen. »... Die Gesamtanordnung ist so getroffen, daß von den 4 Putten und den darunter sitzenden Wasserweibchen die je über Eck befindlichen, die also nie gleichzeitig gesehen werden können, nach einem Modell gegossen wurden. Für die beiden Hippokampen und die beiden Tritonen, die bei gleichzeitiger Besichtigung sich dem Beschauer einmal von der linken, einmal von der rechten Seite zeigen, ist ebenfalls je nur ein Modell benutzt worden, welches nach Vollendung des ersten Gusses hauptsächlich in der Haltung der Köpfe der Rosse verändert wurde ...«.15 Man sah also durchaus keinen Widerspruch zwischen kunstvoller Erscheinung auf der einen und durchdachter technischer Herstellung auf der anderen Seite. Kurz vor Fertigstellung des Gusses schrieb Ferdinand von Miller 1886 an den Leipziger Baudirektor: »... Heute Nachmittag wird das Pferd gegoßen das Metall ist bereits im Fluß hoffentlich geht alles gut. Es wird seit 2 Monaten von früh 4 Uhr bis abends 8 Uhr gearbeitet jeden Son und Feiertag ebenfalls. Es ist als ob die Stücke kein Ende nehmen wollten. Was bei Ungerer im Atilier war ist hier doppelt. Ich gebe die Hoffnung noch nicht auf fertig zu werden ...«.16 Der Leipziger Mendebrunnen – Historie und Restaurierung In der Fachpresse wurde das neue Leipziger Wahrzeichen anerkennend beurteilt: »... Der Guß, die Ciselirung und der grüne Edelrost der Bronce 17, der herrlich mit dem rohten Granit zusammenstimmt, sind außerordentlich gelungen. ...«.18 Kriegszerstörungen und Reparaturen Leider gingen auch am Mendebrunnen die Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges nicht spurlos vorüber. 1944 führten Sprengbomben zu schweren Beschädigungen. Hunderte von Einschlägen und Granatensplittern rissen die Bronzehaut auf, ein Teil der Figuren stürzte um (Abb. 7). Nach einem Zustandsbericht von 1946 erlitten vor allem die östliche und südliche Seite des Brunnens starke Schäden, zwei Nereiden und der innerhalb des Bronzeprojektes restaurierte Hippokamp schlugen ins Becken, ebenso fast alle Delphinpaare. Auch am Stein und an der Brunnentechnik waren starke Schäden zu verzeichnen. Durch Diebstahl der Bleirohre der wasserspeienden Figuren und ihrer Mundstücke entstanden weitere Schäden. Die Reparatur des Brunnens stand aber trotz erster, sehr hoher Kostenvoranschläge nie außer Frage.19 Um die geplanten Arbeiten rechtfertigen zu können, wurde ein Gutachten erstellt, in welchem unter anderem der architektonische Zusammenhang mit der länglichen, in größerem Abstand parallel zum Brunnen verlaufenden Museumsfassade hervorgehoben wurde. Der direkte Bezug aufeinander mache somit das Entfernen des Brunnens unmöglich, auch die Betonung der Platzachse sei eine Aufgabe der Anlage. Ein interessantes, scheinbar recht gewichtiges Argument war der Hinweis darauf, daß der Brunnen mehrfach im Künstlerlexikon erwähnt sei. Zudem wird auf die Zurückstellung bei den Metallablieferungen für Kriegszwecke 1942/44 verwiesen und damit an die Bedeutung, die der Brunnen zu dieser Zeit besaß, angeknüpft. Man bediente sich also argumentativ der vergangenen Epochen und Ideologien, solange es dem Zweck förderlich war. Letztlich und endlich wies man auf die außerordentliche Popularität hin, die der Brunnen in der Bevölkerung Leipzigs besaß.20 Ein wenig grotesk mutet die Tatsache an, daß andere Kriegszerstörungen die Planungen zum Wiederaufbau des Brunnens unterstützten: »... Eine Instandsetzung ... wäre zur Zeit leicht möglich, da Bronze-Material von dem gegenwärtig im Abbau befindlichen Siegesdenkmal auf dem Markt zur Verfügung stehen würde ...«.21 Granitblöcke könnten vom Luther-Melanchthon-Denkmal verwendet werden, dessen Figuren eingeschmolzen wurden – der Sockel war dem neuen Straßenbau im Wege. Andere, kleine Kuriositäten begleiteten die erste Reparaturphase. So wurde eine Nereide für kurze Zeit durch die russische Kommandantur aus der Werkstatt der Bronzegießerei Noack beschlagnahmt, später aber wieder zurückgegeben. Durch fehlende oder eingefrorene Geldmittel (bedingt durch die Währungsreform), nicht erteilte Gußgenehmigungen, Erhöhung der Löhne und anderes mehr verzögerte sich der Arbeitsablauf immer wieder.22 Großereignisse, wie die Kundgebung des 3. Parlaments der FDJ im Juni 1949 und die Leipziger Herbstmesse im gleichen Jahr, drängten allerdings auf die baldige Fertigstellung der Arbeiten auf dem zentralen Platz. Am 30. 8. 1949 wurde der Hauptabschnitt übergeben, die Gesamtausgaben waren inzwischen auf 130 000 M gestiegen, 350 kg Altbronze wurden hierbei verbraucht.23 97 20 Jahre konnten die Brunnenfiguren ungestört die Veränderungen beobachten, die um sie herum vorgingen, bevor sie selbst wieder Teil dieser Veränderungen wurden. Das Neue Gewandhaus sollte an Stelle des 1963 abgebrochenen Bildermuseums auf der Südseite der nun in Karl-Marx-Platz umbenannten Anlage entstehen – Baufreiheit war erforderlich. Die im Jahr 1970 durchgeführte Demontage des Brunnens zeigte, daß einige Bronzeteile fehlten. Diese sollten nachmodelliert und in der Gießerei Lauchhammer gegossen werden. Die Modelle wurden mangels guter Vorlagen vom Dresdner Bildhauer Hans Thiele neu angefertigt, der auch schon bei den Nachkriegsreparaturen mitgewirkt hatte. Am 27. 6.1982 konnte der Brunnen – pünktlich zum Tag der Bauarbeiter – wieder eingeweiht werden. Restaurierung Die Zeitspanne zur nächsten Demontage umfaßte nur 14 Jahre, Ursache war wiederum das Baugeschehen in der direkten Umgebung. Der Neubau einer Tiefgarage sollte den gesamten, nun wieder Augustusplatz genannten Bereich unterhöhlen. Nach einer detaillierten Bestandsaufnahme und photogrammetrischer Dokumentation wurden die Bronzeplastiken im Februar 1996 von Metallrestauratoren der Firma Haber & Brandner geborgen. Eine große Lagerhalle nahm die Bronzen und die ebenfalls abgebaute steinerne Brunnenarchitektur vorläufig auf. An den eingelagerten Figuren konnte eine detaillierte Schadenserfassung vorgenommen werden. Hierbei wurde zunächst unterschieden zwischen großflächigen Schadenstypen, die an unterschiedlichen Figuren, aber ähnlich exponierten Bereichen vorkamen, und solchen Schadenskategorien, die sich nur punktuell an einer bestimmten Stelle beziehungsweise Figur finden ließen. Letztere standen oft mit Altreparaturen vergangener Jahre in Zusammenhang und wurden nun in Listen genau erfaßt, ohne zu diesem Zeitpunkt schon über die spätere Bearbeitung zu entscheiden. Die Notwendigkeit einer Schadenskartierung an den ausgewählten Objekten stellte sich dabei aber klar heraus, um einerseits eine deutliche Charakterisierung der einzelnen Schadensbilder vorzunehmen, zugleich aber auch Aufschluß über den Umfang der zu erwartenden Arbeitsschritte sowie den erforderlichen Zeit- und Materialaufwand zu gewinnen. Zudem entwickelte sich aus der Schadenskartierung eine Grundlage für die Festlegung der unterschiedlichen Bearbeitungstechniken. Schadenskartierung der Oberfläche des östlichen Hippokampen HI 1 O vom Leipziger Mendebrunnen Die hier vorgestellte Kartierung (Abb. 8, 9) soll den einfachen Fall erläutern, bei dem eine Schadenskartierung direkt in eine Maßnahmenkartierung zur Kostenschätzung mündet. Zur Abschätzung der Kosten der Oberflächenrestaurierung wurden die Oberflächen wie unten vorgeführt kartiert, wobei der Arbeitsaufwand in den Tabellen jeweils von oben nach unten abnimmt. Anhand von kleinflächigen Arbeitsproben zu den unterschiedlichen Flächentypen – notfalls auch auf der Grundlage von Erfahrungen mit den gleichen Flächentypen an anderen Bronzen – kann anschließend für jeden Flächentypus 98 8 Birgit Meißner, Georg J. Haber, Martin Mach Hippokamp HI1O, rechte Seite, Vorzustand 9 Schadenskartierung der verschiedenen Oberflächentypen am Hippokampen Der Leipziger Mendebrunnen – Historie und Restaurierung die zu bearbeitende Fläche pro Zeit abgeschätzt werden. Mit Hilfe der Quadratmeterangaben errechnet sich hieraus der Zeitbedarf für den jeweiligen Flächentyp und – aufsummiert über alle Flächentypen – der Gesamt-Zeitbedarf. a) Kartierung der Oberflächentypen auf der rechten Seite des Hippokampen Der je Flächentypus anzunehmende Arbeitsaufwand nimmt in der Tabelle von oben nach unten ab. Hippokamp, Seitenansicht (rechte Seite, linke Seite ist ähnlich) Beschreibung der Oberflächeneigenschaften Schwarz. Harte, z.T. kristalline Kruste, Lochfraß Schwarz. Weniger stark verkrustet, Lochfraß Grau. Mutmaßlich dünne Kalkschicht Farbkodierung Ofl.% m rot 4.8% 0.19 hellrosa dunkelrosa 10.5% 2.5% 0.41 0.10 gelb 25% 0.97 Grün. Etwas kreidend grün 48% 1.89 Sonstiges: Zementverfüllung (wird belassen) Summe ziert (entsprechend dem Verhältnis von Durchmesser und Umfang eines Zylinders) und um Zylinderdeckflächen ergänzt. Bei plastisch anspruchsvoll geformten, partiell von anderen Partien abgedeckten Teilen (vor allem am gabelförmig ausgebildeten Fischschwanz) wurde für die Flächenabschätzung noch zusätzlich mit dem Faktor zwei multipliziert, für die Mähne wurde ein Komplizierungsfaktor von 5 angesetzt. Hippokamp, auf Gesamtfläche hochgerechnet Beschreibung der Eigenschaften Schwarz. Harte, z.T. kristalline Kruste, Lochfraß Farbkodierung Ofl.% m2 rot 2.5% 0.4 5% 0.8 2 Gelbbraune Ablagerungen auf grünem Untergrund Grauschwarz. Ohne Kruste, Oberfläche sehr gut erhalten 99 dunkelgrau 8.5% 0.33 hellgrau 0.7% 100% 0.02 3.91 b) Hochrechnung der Kartierungsergebnisse auf die Gesamtoberfläche des Hippokampen Die oben durchgeführte Kartierung der einen Seitenansicht liefert für diesen Bereich präzise Ergebnisse. Zur Abschätzung des gesamten Arbeitsaufwandes ist es jedoch erforderlich, alle in Frage kommenden Flächenbereiche der Figur zu berücksichtigen. Bei der Hochrechnung der Flächenverteilung von der Seitenansicht auf die Gesamtoberfläche des Hippokampen mußten einige besondere Eigenschaften der Figur berücksichtigt werden: in der Frontalansicht gibt es ausschließlich grüne und gelbbraune Oberflächen, an der Unterseite dominieren die gelbbraunen Schichten, auf dem Rücken halten sich gelbbraune und grüne Bereiche in etwa die Waage. Bei der Rückansicht zeigen sich kreidende grüne und graue, dünn verkrustete Bereiche. Natürlich stellt sich auch die Frage, ob die schlecht einsehbare Ober- und Unterseite des Hippokampen mit gleicher Akribie restauriert werden müssen wie die Schauseiten der Figur. Die Abschätzung der Flächenanteile geschah wie folgt: die schwarzen Bereiche (Lochfraß, stark verkrustet, hauptsächlich an der Unterseite der Flügel des Hippokampen) konnten direkt gemessen werden, so daß hier die Flächenangaben am genauesten sein dürften. Bei Rumpf und Pferdebeinen wurden die Flächeninhalte der Seitensicht mit dem Faktor 3,14 multipli- Schwarz. Weniger stark verkrustet, Lochfraß hellrosa Grau. Mutmaßlich dünne Kalkschicht dunkelrosa 1.3% 0.2 Gelbbraune Ablagerungen auf grünem Untergrund gelb 30% 5 Grün. Etwas kreidend grün 55% 9 Grauschwarz. Ohne Kruste, Oberfläche sehr gut erhalten dunkelgrau 6% 1 Sonstiges: Zementverfüllung (wird belassen) Summe hellgrau 0.2% 100% 0.04 16.4 Schadenskartieung am östlichen Triton TR 1 O Beim Tritonen ergibt sich eine sehr viel einfachere Situation. Die Oberfläche (insgesamt zwischen 4 und 5m2) besteht zu etwa 90% aus nicht allzu dick ausgebildeten, kreidenden grünen Korrosionsprodukten. In kleineren Teilbereichen finden sich gelbe und – meist an den kaschierten Verbindungen – graue Oberflächen, ähnlich wie beim Hippokampen (jeweils mit etwa 5%). Triton, Gesamtoberfläche Beschreibung der Eigenschaften Gelbbraune Ablagerungen auf grünem Untergrund Farbkodierung gelb 5% Grün. Etwas kreidend grün 90% Grau. Nicht oder nur geringfügig verkrustet dunkelgrau Ofl.% 5% Als dokumentierendes Arbeitswerkzeug wurden weitere Kartierungen beider Figuren (je vier Ansichten) erstellt und hierbei folgende Kategorien aufgenommen: • herstellungstechnische Merkmale (Fügenähte, originale Flickungen) • Altreparaturen (Schweißungen, nachträgliche Flickungen) 100 Birgit Meißner, Georg J. Haber, Martin Mach 10 Verschiedene Legierungstypen am Mendebrunnen (Lageplan: Ingenieurbüro für Luftbildauswertung und Vermessung Dipl.-Ing. M. Wagner) • Schadstellen (defekte Nähte, Fehlstellen) • Patina – Differenzierung verschiedener Oberflächentypen sowie deren flächenmäßige Erfassung • Restaurierungsmaßnahmen (Ergänzungen, Kunstharzklebungen, Stabilisierungsmaßnahmen) • Konservierungsmaßnahmen Legierung Die große Anzahl der Bronzefiguren, die aus vielen Einzelteilen zusammengesetzt sind, sowie die späteren Reparatur- und Nachgußarbeiten erforderten wissenschaftliche Methoden zur Bestimmung der unterschiedlichen Legierungen des Gußmaterials. Der Leipziger Mendebrunnen – Historie und Restaurierung Auf den ersten Blick verwirrt die Vielfalt unterschiedlicher Analysenergebnisse, welche noch dazu zum Teil fließend ineinander überzugehen scheinen. Alleine diese Tatsache ist jedoch bereits ein charakteristisches Merkmal des Brunnens, wenn man die wesentlich genauer definierte und strenger durchgehaltene chemische Zusammensetzung zum Beispiel der Friesenbüste oder des Herzog Heinrich – Denkmals zum Vergleich heranzieht. Im Falle des Mendebrunnens existierten die bei der Friesenbüste genannten Forderungen der Chemiker nach einer vermeintlich ideal und möglichst homogen zusammengesetzten Bronze scheinbar noch nicht. Auch hätte sich die Millersche Gießerei in Anbetracht ihrer langen Tradition in Fragen der Legierungszusammensetzung vermutlich nur mit Mühe von außen beeinflussen lassen. Einen wiederum abweichenden, zusätzlichen Legierungstyp stellen die Nachgüsse kleinerer Figuren dar, welche wahrscheinlich aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg stammen. Abb. 10 faßt einige Ergebnisse der Einzelanalysen zusammen. Sie zeigt, daß die größten Figuren – Hippokampen, Tritonen und Nereiden – in einer nicht streng einheitlichen Rotguß-Legierung gegossen wurden (mit ca. 4% Zink, 4% Zinn, 0,6% Blei, Rest Kupfer – in der Abbildung Typ A, rosa). Auch die Putti entsprechen in erster Näherung noch diesem Grundtypus, haben jedoch zum Teil einen höheren Zinkgehalt. Der Legierungstyp B (blau dargestellt), mit gegenüber Typ A deutlich erhöhtem Zinn- und verringertem Zinkgehalt, aber gleichem Bleianteil (0,6%) ist ebenfalls Originalteilen zuzurechnen. 101 Die Nachgüsse – in erster Linie kleine Teile und kleinere Nebenfiguren (Legierungstyp C, grün) – sind in der Regel durch gegenüber der Hippokampen-Legierung stark erhöhte Bleigehalte (ca. 5%) und meist, jedoch leider nicht immer, durch erhöhte Nickelgehalte identifizierbar. Die Proben von den Delphinen bestehen entweder aus einer bleiarmen Legierung (#16, #52, #53, #54, #77, #78, #79, #80, #84, #85, #86, #87) oder aus einer bleireichen Legierung (#11, #17, #55, #76, #81, #82, #83), wobei es sich bei der zweiten Gruppe um die Nachgußteile handelt. Bei den augenscheinlich später erneuerten Attributen (#21 Dreizack, #50 Paddel, #60 Koralle) sind ebenfalls erhöhte Bleianteile (5%), sehr hohe Zinngehalte (8 – 9 %) und zusätzlich mittlere bis hohe Nickelwerte (0,12 – 0,22 %) feststellbar. Der erneuerte Zügel in der Hand des östlichen Tritonen (#24, Legierungstyp D, gelb) besteht aus einer zinkarmen und im Spurenbereich besonders reinen Zinnbronze, während der originale Zügel in der Hand des westlichen Tritonen (#26) auffällig viel Zink enthält. Bei den Schrauben und Bolzen finden sich unterschiedliche Werkstoffe: reines Kupfer, zinkhaltige Zinnbronzen und Kupfer-Zink-Legierungen mit bis zu 12 % Zink. Das Zusammenspiel der verschiedenen Bewitterungssituationen führte zu unterschiedlichen Patinaausprägungen, die ebenfalls beprobt und naturwissenschaftlich untersucht wurden.24 Als Hauptbestandteile der Patina fand man Brochantit und Antlerit, partiell auch Atacamit. In den dicken, schollenartigen Krusten war die Chloridbelastung relativ hoch. In den hellgrünen, pudrigen Partien der Patina ließ sich dagegen nur 11 TR10-HI1O, Zustand vor der Restaurierung, Anlage von Musterflächen 102 Birgit Meißner, Georg J. Haber, Martin Mach eine geringe Salzbelastung nachweisen. Für den Erhalt der Bronzen unbedenklich erwiesen sich die rostbraun verfärbten Auflagen, die vor allem eine optische Beeinträchtigung darstellten. Flächencharakteristik Der Großteil der Oberfläche der östlichen Triton-HippokampGruppe war mit hellgrüner Patina überdeckt, die an vielen Stellen von gelbbraun-rostroten Schleiern überlagert war (Abb. 11). Die Bronzeepidermis ist hier durch Korrosionsprozesse großflächig gestört, das originale Oberflächenniveau ist nicht mehr vorhanden, Spuren hiervon sind nur noch innerhalb der Korrosionsschicht nachweisbar. Auf den kreidigen Zersetzungsprodukten der Bronze hat sich die gelbbraune Schicht angelagert und sich mit dieser aufgrund ihrer ebenfalls pulvrigen Konsistenz oberflächlich vermischt. Nur sehr kleine Bereiche, zum Beispiel im Gesicht des Tritonen, zeigen den allgemein als »Großstadtpatina« bezeichneten Oberflächentypus: ein kontrastreiches Nebeneinander von unterhalb des ursprünglichen Oberflächenniveaus liegenden grünen, meist pulvrigen Bereichen mit den auf der originalen Bronzeepidermis aufgewachsenen, unterschiedlich dicken, schwärzlichen Krusten (Abb. 12). In geschützten, regenabgewandten Partien sind diese Krusten stärker ausgebildet (Abb. 13), darunter ist zum Teil starke Korrosion in Form von Lochfraß zu beobachten. Am östlichen Hippokampen war dies vor allem auf den Flügelinnenseiten der Fall. Neben diesen flächigen Schäden an der Bronzeoberfläche sind punktuell ablesbare Merkmale signifikant, die nur bedingt als Schäden bezeichnet werden können. Großteils handelt es sich dabei um Flicken, Vierungen und Schweißnähte, verursacht durch Altreparaturen. Diese Flickungen – mit einer durchschnittlichen Größe von ein bis zehn cm2 – sind relativ gleichmäßig über die gesamte Oberfläche von Triton und Hippokamp verteilt. Die originalen Flicken und Vierungen sind anhand ihrer Paßgenauigkeit und exakten Nachziselierung sowie der dem Umfeld relativ ähnlichen Patinierung erkennbar.25 Bei den letzten Reparaturen vor 1982 hatte man versucht, die durch Kriegsschäden und mehrfache Umlagerungen entstandenen Risse und Fehlstellen an den originalen Fügenähten durch Bronzeschweißungen an einigen Stellen zu beheben. Allerdings traten hierdurch Gefügespannungen und neue Risse auf, die aber keine statisch relevanten Probleme mit sich brachten. Sie wirken jedoch wegen der durch diesen thermischen Eingriff verursachten dunklen Verfärbungen optisch störend. Bei der Montage 1982 wurden zwar die originalen Befestigungspunkte im Stein beibehalten, die Verbindungen jedoch mit technisch unsauber ausgeführten Schweißungen und teilweise überdimensionierten Befestigungsmitteln hergestellt. Auch Edelstahlanker und inzwischen stark korrodierte Eisenschrauben kamen zum Einsatz. In den Akten wurde auf Nachgüsse für Ergänzungen hingewiesen, die aber mit dem bloßen Auge schwer zu erkennen waren – hier halfen naturwissenschaftliche Analysen. Die ausführenden Metallrestauratoren konnten die einzelnen, zeitlich abweichenden Reparaturphasen auch anhand ihrer unterschiedlichen Ausführungstechnik und Patina unterscheiden und in der Schadenskartierung dokumentieren. Im Februar 1998 wurde die östliche Triton-Hippokamp- Gruppe TR1O/HI1O in die Restaurierungswerkstatt gebracht, während die restlichen Bronzen nach Fertigstellung der Baumaßnahmen auf dem Augustusplatz vorläufig wieder montiert wurden – vorerst ohne restaurierende oder konservierende Maßnahmen. Nach der Vorstellung des Restaurierungskonzeptes im Kreise der Projektteilnehmer26 wurde vor Ort am Objekt über die anzulegenden Musterflächen diskutiert. Musterflächen Die Bronzeplastiken wurden zunächst zur Abnahme lose aufliegender Verschmutzungen mit Heißdampf vorgereinigt. Es erfolgte eine mehrmalige Waschung der Oberfläche mit demineralisiertem Wasser und Schwamm. Für die Beurteilung der Freilegemethoden und deren Ergebnisse wurden verschiedene Musterachsen entsprechend der unterschiedlichen Oberflächenzustände angelegt (Abb. 11). Recht unproblematisch stellten sich hierbei die größeren hellgrünen Bereiche mit partiellen gelbbraunen Auflagen dar. Die auf der pulvrig-hellgrünen aufliegenden dunkleren Schichten ließen sich an der Probefläche mit Freilegepinseln relativ problemlos abnehmen. Die hellgrüne Schicht trat nahezu unbeschädigt hervor. Der versuchsweise Einsatz von rotierenden Bürsten (Messing oder Edelstahl feinster Drahtstärke) führte dagegen umgehend zur vollständigen Abnahme der Patina bis auf die darunterliegende rötliche Kupferoxidschicht. An zwei 12 »Großstadtpatina« 13 HI1O, rechter Flügel, Innenseite, unterschiedliche Oberflächenkorrosion Der Leipziger Mendebrunnen – Historie und Restaurierung Musterflächen in Bereichen mit vergleichsweise dünn ausgebildeten Krusten – teilweise mit kalkiger Schicht überdeckt – konnten diese nach Vorarbeiten mit Freilegepinseln gut mit Skalpellen und Freilegemessern ausgedünnt und geglättet werden. In den Flächen mit einer festen, glatten Patina wurden die darüberliegenden Krusten vollständig abgenommen. Die dicken Krusten in Bereichen mit starker Lochfraßschädigung wurden in den Probeflächen zuerst mit einem Ultraschallfeinmeißel reduziert und anschließend mit Skalpellen geglättet. Zusätzlich kamen rotierende Edelstahlbürsten sowie Schleifvliese bei der Nivellierung der Schadstoffkrusten zum Einsatz. Alle an den Musterachsen angewandten Freilegungstechniken wurden unter der Prämisse des optimalen Substanzerhalts durchgeführt. Für sämtliche Oberflächenkategorien wurden anschließend auf Grundlage der verschiedenen Voruntersuchungen die Bearbeitungsmethoden festgeschrieben. Bei der Bearbeitung der Bronzeoberfläche kamen unterschiedliche Technologien im Methodenmix zur Anwendung, die auf die jeweilige Beschaffenheit der Patina und Korrosionsprodukte abgestimmt waren. Chemikalien wurden bei der Freilegung, wie auch bei der Restaurierung insgesamt, nicht verwendet. Neben der Anwendung verschiedener Werkzeuge an den unterschiedlichen Patinaausprägungen wurden einige Probeflächen auch mittels Lasertechnik bearbeitet. 103 14 Hippokamp, mechanische Abtragung der gelben Schicht auf grünem Untergrund mit herkömmlichen Mitteln, unterer Streifen gewachst Orientierende Erprobung eines Lasers am östlichen Hippokampen Der wohl bislang am häufigsten für Restaurierungszwecke vorgeschlagene und bei manchen Restaurierungen (besonders auf Naturstein) auch erfolgreich eingesetzte Nd-YAG-Laser arbeitet mit gepulstem infraroten Licht (Wellenlänge 1,06 Mikrometer). Er reinigt primär durch einen kleinvolumigen, scharf abgegrenzten Temperaturschock, welcher den Materialverbund in der zu entfernenden Schicht thermisch aufbricht. Eine hervorragende, allgemein verständliche Einführung in die grundsätzliche Wirkungsweise der Laser sowie ausführlich diskutierte Anwendungsbeispiele (allerdings leider nicht für Bronze und Kupfer) finden sich bei Cooper.27 Besonders schwarze Materialien auf hellem Untergrund lassen sich per Laser gut entfernen, weil nur die dunkle Oberfläche die Laserenergie ausreichend absorbiert. Deshalb kommt der Freilegungsprozeß beim Erreichen der hellen, den Laserstrahl reflektierenden Oberfläche quasi von selbst zum Stillstand. Das vom Fraunhofer-Institut für Werkstoffe und Strahltechnik (IWS) Dresden zur Verfügung gestellte Gerät – ebenfalls ein Neodym-YAG-Laser – wurde anläßlich der ohnehin erforderlichen Diskussion über die Restaurierungsmusterflächen am Hippokampen erprobt. In einer Leipziger Bronzegießerei wurden einige Halbfabrikate und Rohlinge aus verschiedenen Buntmetallegierungen zu Versuchszwecken hergestellt. Es zeigte sich, daß der von den Mitarbeitern des Instituts bediente Laser auch bei schonendster Einstellung an einigen blanken Metalloberflächen der Probenkörper zu deutlicher Verbräunung oder Vergilbung führte, während andere blanke Metallflächen unverändert blieben. In anderen Fällen konnten dunkle Oxidschichten mit durchaus befriedigendem Erfolg entfernt werden. Erste orientierende Versuche der Restaurierungsfirma an 15 Laser-Reinigungsprobe am östlichen Hippokampen des Leipziger Mendebrunnnens, Abtragung der gelben Schicht auf grünem Untergrund der Oberfläche des Hippokampen ergaben, daß zum Beispiel bei der Entfernung der gelben Ablagerungen die mechanische Freilegung (Abb. 14) der Laser-Freilegung (Abb. 15) offenkundig überlegen war, während in anderen Fällen die Lasermuster durchaus als mögliche Alternative in Betracht gezogen wurden. Abb. 16 zeigt wiederum einen mechanisch freigelegten Bereich, Abb. 17 eine Versuchsfläche nach Laserreinigung. Die durch die Materialeigenschaften bedingte Verringerung der Abtragsrate des Laserstrahls ist auf der Bronze häufig nicht so günstig wie bei dem oben geschilderten Beispiel einer dunklen Substanz auf hellem Untergrund. Es besteht vor allem die Gefahr, daß gerade die in den schwarzen Schichten auf Bronzen häufig noch verborgenen Reste des ursprünglichen Oberflächenverlaufs übersehen oder mißachtet werden. Es muß besonders vor einer pauschalen Entfernung aller dunklen Schichten auf der Bronze bis hin zu den grünen Korrosionsprodukten gewarnt werden. Man würde auf diese Weise in vielen Fällen gerade die letzten, noch gut erhaltenen Oberflächenbereiche der Bronze selektiv vernichten, was natürlich nicht Sinn einer Restaurierung sein kann. Insgesamt erscheint es noch zu früh, eine abschließende Wertung des Gesehenen abzugeben. In Bezug auf die Arbeitsgeschwindigkeit und die Gesamtkosten ist eine Kostenersparnis 104 Birgit Meißner, Georg J. Haber, Martin Mach durch die Laserfreilegung momentan noch nicht wahrscheinlich. Wie alle in der Restaurierung eingesetzten Werkzeuge zeigt der Laser Stärken und Schwächen, so daß er von Fall zu Fall sehr wohl sinnvoll eingesetzt werden kann. Der Laser sollte jedoch keinesfalls als zukünftige Universallösung für alle denkbaren Problemstellungen an Metalloberflächen angesehen werden. Es wird deshalb vorgeschlagen, in zukünftigen Versuchsreihen die zahlreichen gerätetechnischen Variationsmöglichkeiten zunächst an Probekörpern zu studieren und bei Ortsterminen, falls offenkundig sinnvoll, Laser-Freilegungen in die Überlegungen einzubeziehen. Freilegungsmaßnahmen 16 Freilegung mittels Skalpell (nahe dem Muster von Abb. 17), glatte, feste Oberfläche 17 Lasergereinigte Musterfläche am Hippokampen 18 Figurengruppe nach Abnahme der rostbraunen Verfärbungen, am linken Arm des Tritonen Probewachsung, am Muschelhorn neu eingeklebter Bronzestreifen Die gelbrötlich verfärbte Patina, die auf der kreidenden hellgrünen Oberfläche auflag und einen Großteil der Figurengruppe bedeckte, ließ sich mit unterschiedlichen Freilegepinseln gezielt bis auf die darunterliegende grünliche Patina abnehmen. Hierdurch entstand in diesen Bereichen ein weitgehend geschlossenes Erscheinungsbild hellgrüner Patina – nahezu ohne optische Beeinträchtigungen, dafür mit besserer Lesbarkeit der plastischen Form. Die losen Partikel dieser Patinabereiche konnten mit kurzborstigen Freilegepinseln unterschiedlicher Härtegrade reduziert werden. Da die Grünpatina als optisch sehr ansprechend empfunden wird, konnten sich hier die Freilegungsmaßnahmen auf ein gezieltes Ausdünnen beschränken (Abb. 18). In Bereichen mit nur dünn verkrusteten Oberflächen mußte mit speziell zugerichteten Freilegemessern und Skalpellen gearbeitet werden. Das gezielte Ausdünnen dieser Partien gestaltete sich äußerst zeitaufwendig, da die Patinaschicht direkt auf der originalen Bronzeepidermis lag und eine sehr gute Haftung aufwies. Eine vollständige Abnahme dieser oberflächlich grau-schwarz erscheinenden Patinaschicht hätte eine metallisch blanke, freiliegende Bronzeoberfläche bewirkt. Dies war jedoch im Restaurierungskonzept von allen Projektbeteiligten abgelehnt worden. Dicker verkrustete Partien, die sich in geschützten, nicht 19 Hippokamp, Flügel, Glättung der Krusten ohne deren vollständige Abnahme Der Leipziger Mendebrunnen – Historie und Restaurierung 105 20 Abschluß der Freilegungsmaßnahmen, Zustand vor der Wachskonservierung oder nur wenig bewitterten Bereichen befanden, wurden mit rotierenden Edelstahlbürsten bearbeitet, mit Skalpell und Freilegemesser ausgedünnt und abschließend mit feinem Schleifvlies nachbehandelt und geglättet. In Teilbereichen war die Bronzeepidermis durch Lochfraßkorrosion angegriffen. Diese Lochfraßstellen wurden – soweit möglich – mit dem Skalpell, Ultraschallfeinmeißel und ölfreier Druckluft ausgeräumt. Zur Reduzierung der löslichen Salze wurde mehrfach mit demineralisiertem Wasser nachgewaschen. An den Flügelunterseiten des Hippokampen ließen sich die mehrere Millimeter dicken Krusten in den Randzonen mit dem Ultraschallfeinmeißel gezielt abnehmen. Die hier ebenfalls vorhandene Lochfraßkorrosion wurde nur im Bereich bereits schollig aufplatzender Patina mit dem Ultraschallfeinmeißel ausgeräumt. In der Arbeitsgruppe hatte man sich nämlich darauf verständigt, die extrem dicken Krusten lediglich auf ein festgelegtes Niveau auszudünnen und damit als geschlossene Schicht auf der Bronze zu erhalten (Abb. 19). Die in der Kruste eingeschlossenen Lochfraßstellen und Salze mußten daher belassen werden. Prophylaktisch wurden diese Bereiche deshalb wiederholt mit demineralisiertem Wasser ausgewaschen und später mit einem mehrfach applizierten Mikrowachs durchtränkt und stabilisiert. Die Übergänge und Randbereiche dieser Patinakrusten zu den benachbarten Oberflächenzuständen konnten mit Skalpell und Schleifvlies angeglichen werden. Nach Abschluß der mechanischen Freilegungsmaßnahmen (Abb. 20) wurden die in den Poren der Bronzeoberflächen befindlichen Stäube und Verschmutzungen zunächst trocken ausgebürstet, mit Druckluft ausgeblasen und abgesaugt. Die nach der Freilegung auf der Oberfläche befindlichen Salze wurden durch ein zweifaches Nachwaschen mit demineralisiertem Wasser reduziert, die Abwässer zur Kontrolle mit einem Leitfähigkeitsmeßgerät zur Überprüfung der Schadstoffreduktion gemessen. Als letzte Vorbereitungsmaßnahme für die abschließende Applikation des Konservierungsmittels wurden die Oberflächen mit Siedegrenzbenzin gründlich entfettet. Ziel der bei dieser Musterrestaurierung durchgeführten Freilegungsmaßnahmen war die möglichst weitgehende Abnahme substanzgefährdender Schadstoffkrusten und Korrosionsprodukte auf der Bronzeepidermis sowie die kontrollierte Freilegung der historisch gewachsenen Patina. Reparaturen Alle Flickungen und Schweißungen vorausgegangener Altreparaturen wurden überprüft und soweit möglich belassen, um weitere Eingriffe in die Originalsubstanz zu vermeiden. Die Ergänzungsarbeiten beschränkten sich, wie im Falle eines herausgefallenen Flickens, auf wenige Stellen. Die Rekonstruktionen 106 Birgit Meißner, Georg J. Haber, Martin Mach mit feuchtigkeitshärtendem Polyurethan (BOB Rostversiegelung und BOB Grundprimer/Vosschemie Uetersen) versiegelt. Konservierung 21 TR1O, Abschlußzustand mit Retusche unterhalb des linken Auges und Wachskonservierung wurden reversibel in Bronze ausgeführt und nachziseliert. Für das am Mundstück an einem Verbindungspunkt eingerissene Muschelhorn des Tritonen wurde ein Bronzestreifen angefertigt, der mittels 2-K-Epoxidharzkleber mit dem originalen Material verbunden wurde. Die defekte Fügenaht über dem rechten Kniegelenk des Hippokampen wurde mit einem BleiInlay ausgefüllt, das durch Vertreiben an die Originaloberfläche angepaßt wurde. Die teilweise noch vorhandenen originalen Eisenarmierungen des Gußkerns der Figuren wiesen größere Rostschäden auf, die Stabilität der Bronzeplastiken war dadurch aber nicht gefährdet. Zur Konservierung wurden zuerst die losen Rostpartikel entfernt und anschließend die Eisenbänder Die Arbeitsgruppe legte fest, daß die Oberfläche der Brunnenplastiken mit einem reversiblen Mikrokristallinwachs zu konservieren sei. Diese Technik hat sich bereits bei zahlreichen vorausgegangenen Konservierungen an freibewitterten Großbronzen bewährt. Als Alternative zur Wachskonservierung wurde eine Konservierung mit einem farblosen Schutzlack (2K-Acrylat 28) sowie eine Behandlung mit dem Konservierungsmittel Ormocer diskutiert. Man einigte sich darauf, kleinere Teilflächen im Rücken- und Flügelbereich des Hippokampen mit den beiden letztgenannten Konservierungsmitteln zu behandeln und deren Schutzwirkung der Wachsbeschichtung gegenüberzustellen. Die Wirksamkeit dieser Konservierungsalternativen soll im Laufe der nächsten Wartungsintervalle überprüft werden. Das Ormocer-Beschichtungssystem wurde vom Fraunhofer Institut Würzburg appliziert.29 Hierzu wurden drei kleine Felder an verschieden bewitterten Bereichen des Hippokampen markiert und die Konservierungsflüssigkeit mehrmals mit Zwischentrocknungszeiten aufgetragen. An einer Testfläche sollten Farbpigmente im Ormocer versuchsweise eine Angleichung an die Umgebung bewirken. Nach der Durchtrocknung hat sich diese Färbung allerdings als zu hell erwiesen und entspricht nun eher dem optischen Erscheinungsbild einer unkonservierten Bronze. Nach einem halben Jahr zeigte sich diese 22 TR1O-HI1O nach Restaurierung und Wiederaufstellung im Brunnenbecken (1998) Der Leipziger Mendebrunnen – Historie und Restaurierung Fläche noch etwas stumpfer als die ebenfalls bereits etwas matter gewordene Wachskonservierung. Die mit Acrylat konservierten Musterflächen ließen noch keine Veränderung erkennen. Die Wachs-Konservierung erfolgte durch Applikation eines säurefreien Mikrokristallinwachses mit hohem Schmelzpunkt.30 Die erste Wachsschicht wurde mit Pinseln auf die vorher erwärmten Bronzeoberflächen aufgetragen. In die offenporigen Patinabereiche und dickeren Krusten mit darunter befindlichen Lochfraßkorrosionen wurde das Wachs gezielt mit dem Pinsel einmassiert. In ähnlicher Manier – mit gleichzeitigem Einschmelzen des Wachsfilms durch Heißluft – erfolgte der Wachsauftrag der nächsten Schicht. Die dritte und letzte Wachsschicht ist abschließend mit weichen Bürsten und Baumwollappen verdichtet und frottiert worden. Patinaretuschen wurden nur in sehr geringem Umfang durchgeführt. Zur besseren Lesbarkeit der bildhauerischen Qualität sollten lediglich am Triton die starken Kontraste von hellgrüner und schwarzgrauer Rieselpatina im Gesicht durch eine Wachsretusche gemildert werden. Diese Retusche wurde mittels mikrokristallinem Wachs und Trockenpigmenten reversibel ausgeführt. Sie liegt in der Konservierungsschicht eingebunden zwischen dem zweiten und dritten Wachsauftrag (Abb. 21). Weitere Wachsretuschen finden sich am Hippokampen im Bereich der Flügelinnenseiten, um auch hier Kontraste in den unterschiedlichen Freilegungszonen auszugleichen. Die geringfügigen Ergänzungsmaßnahmen an den Objekten (zum Beispiel neue Bronzeflicken am Schweif des Hippokampen) wurden mit einem chemischen Patinierungsmittel nach Werkstattrezeptur einpatiniert, jedoch deutlich sichtbar als Ergänzung belassen. Die reversible Konservierung mit Wachs weist allerdings nur relativ kurze Standzeiten auf – ein bis drei Jahre abhängig von Standort und Bewitterung. Ein unbestrittener Vorzug dieser Konservierungsmethode ist die einfache Reinigung und Nachkonservierung der Objekte. Zudem verleiht die Wachskonservierung der Bronzepatina einen ansprechenden Glanz sowie Tiefenlicht, die Plastizität der Objekte wird deutlich gesteigert – Gesichtszüge und Körperformen sind wieder lesbar (Abb. 22, 23). Die regelmäßige Pflege und Wartung wachskonservierter Bronzedenkmäler ist jedoch zwingend erforderlich, um die Schutzwirkung des Überzugs und das ästhetische Gesamtbild der restaurierten Bronzen zu erhalten. Anmerkungen 1 Diese »Taktik« hat sich ausgesprochen gut bewährt: im Anschluß an die Modellrestaurierung zweier Bronzen sind im Verlauf von anderthalb Jahren auch alle restlichen Bronzeobjekte restauriert worden. 2 Florenz, Neptunbrunnen, 1575 – Wasserpferde im Brunnenbecken (allerdings noch ohne dynamische Verflechtung mit anderen Figuren); Trient, Neptunbrunnen, 1768 – auf Hippokamp reitender Triton, muschelblasend, pathetischer Barock; Bayreuth, Wasserspiele der Eremitage – mehrere Gruppen lebenssprühender Tritonen, Nereiden, Hippokampen, Putti, Meeresgetiers im reichen Fontänenspiel; weiterhin: Rom, Fontana di Quirinale (Obelisk), Fontana di Termini (mehrere Gruppen Hippokamp mit Nereide, mehrstufige Anordnung der Wasserbecken). 3 Nereiden: göttliche Meereswesen aus dem griechischen Mythos, Darstellung meist tanzend oder auf anderen Meerestieren reitend. 4 Triton: den griechischen Meeresgottheiten verwandter Sohn Poseidons, Abbildung als männliches Pendant zu den Nereiden, zum Teil mit menschlichem Oberkörper und fischschwänzigem 107 23 TR1O-HI1O nach Restaurierung und Wiederaufstellung im Brunnenbecken (1998) 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 Unterteil, teilweise aber auch nur in menschlicher Gestalt mit jugendlich-männlicher Figur; Hippokamp: aus der Gestalt des Seepferds entwickeltes Mischwesen von Pferd und Fisch, Darstellung mit Pferdevorder- und fischschwänzigen Hinterbeinen. Der Mende-Brunnen auf dem Augustusplatze in Leipzig. In: Centralblatt der Bauverwaltg. 6. Jg. (1886), S. 361. Der Mende-Brunnen auf dem Augustusplatze in Leipzig. 1886 (wie Anm. 5), S. 360. Adolf Gnauth, 1840 –1884, Architekt, Kunstgewerbler, Architekturmaler und -schriftsteller, 1877–1884 Direktor der Nürnberger Kunstgewerbeschule. Stadtarchiv Leipzig. Stadtbauamt. Mendebrunnen. 1882 –1907. Nr. 615, Bl. 4. Jakob Ungerer, 1840 –1920, Bildhauer, hauptsächlich in München tätig, neben dem Mendebrunnen als ein Hauptwerk verschiedene Architekturplastik in Leipzig, zum Beispiel am Museum der Bildenden Künste. siehe in diesem Heft: Meißner, Birgit und Anke Doktor: Galvanoplastik – Geschichte einer Technik aus dem 19. Jahrhundert. S. 127–137, hier: S.129, Abb. 3. Stadtarchiv Leipzig (wie Anm. 8), Bl. 138. Maertens, Hermann: Die deutschen Bildsäulen-Denkmale des XIX. Jahrhunderts nebst einer Abhandlung über die Größenverhältnisse, die Materialienwahl, die Gruppierung, die Aufstellungsweise und die Kosten derartiger Monumente. Stuttgart 1892, Tf. 52. Festrede des Oberbürgermeisters Georgi anläßlich der Enthüllung des Mendebrunnens. Aus: Verwaltungsbericht des Rathes der Stadt Leipzig für das Jahr 1886. Leipzig 1888, S. 309. Maertens 1892 (wie Anm. 12), o. S. 108 Birgit Meißner, Georg J. Haber, Martin Mach 15 Der Mende-Brunnen auf dem Augustusplatze in Leipzig. 1886 (wie Anm. 5), S. 361 f. 16 Stadtarchiv Leipzig (wie Anm. 8), Bl. 169. 17 Dies ist ein Hinweis auf eine wahrscheinlich grünliche Patinierung der Bronzefiguren im Zuge der Herstellung. 18 Der Mende-Brunnen auf dem Augustusplatze in Leipzig. 1886 (wie Anm. 5), S. 362. 19 Die Kostenvoranschläge beliefen sich auf ca. 65 000 RM. Aus: Stadtarchiv Leipzig, Stadtverordnetenversammlung. Rat der Stadt [Leipzig]. 1946 –1951. Nr. 8616, Bl. 3. 20 Stadtarchiv Leipzig. (wie Anm. 19), Bl. 5, 6. 21 Stadtarchiv Leipzig. (wie Anm. 19), Bl. 7. Schreiben vom Dezernat Bauwesen an Oberbaurat Kahnt, 24. 6.1946. 22 »... unvorhergesehene Ausgabenerhöhungen infolge schwerer Materialbeschaffungen ... Die weiteren Fertigstellungsarbeiten wurden z. Zt. unterbrochen durch Abzug von Spezialarbeitskräften an vordringliche Investbauten und Mangel an Zement ». Aus: Stadtarchiv Leipzig. Stadtbauamt. Abt. Hochbau Ib. 29. 11. 49 ... Bericht des Stadtbauamtes der LRS. vom 22. 10. 1949. 23 Stadtarchiv Leipzig (wie Anm. 19), Bl. 70. Arbeitsbericht »Stadtbauamt 2. 9. 1949. An das Nachrichten- und Verkehrsamt über Dezernat Bauwesen. Bericht über die Teilfertigstellung des Mendebrunnens« sowie Nr. 8585, Bl. 04. 24 Die Analysen wurden durchgeführt von Mitarbeitern des Zentrallabors des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege. 25 Eine identische Patinierung ist selten, da oft eine abweichende Legierung für die Nacharbeiten verwendet wurde, auch ist das Gefüge durch die im Vergleich zum Gußprozeß unterschiedlichen Bearbeitungstechnologien verändert; allerdings können auch Reparaturen späterer Generationen handwerklich hervorragend gearbeitet und dann künstlich treffsicher patiniert worden sein. 26 Mitarbeiter der Landesämter für Denkmalpflege Bayern, Sachsen und Sachsen-Anhalt, Restauratoren. 27 Cooper, Martin: Laser Cleaning in Conservation. Oxford 1998. 28 Mipa 2K-MS-Klarlack C 75. 29 siehe in diesem Heft: Mottner, Peter und Monika Pilz: ORMOCER®e – Eine neue Verbindungsklasse zur Konservierung von Bronzeoberflächen an Denkmälern. S.86 –91. 30 Cosmoloid H 80 in Siedegrenzbenzin 100/140, Mischverhältnis 1:5 –1:10 je nach Applikationsflächen. Abbildungsnachweis: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege: Abb. 8 –10, 14, 16, 17 Fa. Haber & Brandner: Abb. 2, 3, 12, 13, 18, 20, 22, 23 Landesamt für Denkmalpflege Sachsen: Abb. 5, 6, 11, 15, 19, 21 Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Deutsche Fotothek: Abb. 1, 4, 7 109 Zur Restaurierung des Martin Luther – Standbildes in Lutherstadt Wittenberg Birgit Meißner Die sachsen-anhaltinische Lutherstadt Wittenberg würdigt seinen berühmten Namensgeber in vielerlei Hinsicht, in den letzten Jahren bemüht man sich verstärkt um das Luthersche Andenken. Die überlebensgroße Bronzestatue Martin Luthers wurde 1821 auf dem prächtigen Marktplatz unter einem neogotischen Eisenbaldachin aufgestellt (Abb. 1). Dieser stellt eine Besonderheit des Denkmals dar und wurde aus dem zu Beginn des 19. Jahrhunderts sehr populären Gußeisen gefertigt. Als Rahmen und Himmelszelt beleuchtet er die Glorie Luthers – gemeinsam mit anderen »Hilfsmitteln« wie dem edlen Bronzematerial, aus dem die Figur besteht, und der Plazierung der Figur auf einem hohen Granitsockel, wodurch eine Berührung der Figur nicht ohne weiteres möglich scheint. Zudem vermittelt die Baldachin-Rahmung, die zugleich eine kraftvolle Markierung des Denkmals ist, eine Aura der Kostbarkeit, ähnlich einem wertvollen Gemälde oder einer mittelalterlichen Holzskulptur. All dies entrückt die Figur, fordert aber gleichzeitig zum Betrachten heraus. Dieses Zusammenspiel von Figur, Baldachin und Sockel schien so geglückt, daß 40 Jahre später ein Weggefährte Luthers – Philipp Melanchthon – ein stilistisch ganz ähnliches Denkmal im westlichen Bereich des Marktplatzes erhielt.1 Das Standbild Martin Luthers ist eines der ersten Denkmäler in Deutschland, welches nicht dem Angehörigen eines Herrscherhauses, sondern einem verdienstvollen Bürgerlichen gewidmet war. Die Berliner Feldherrenmonumente2 (ab 1779) vertraten bereits diesen neuen Typus, im Jahr 1818 schuf Johann Gottfried Schadow das Rostocker Blücher-Denkmal – der Weg war nun bereitet. Es war gleichzeitig der Beginn für die Errichtung einer Vielzahl weiterer Luther-Standbilder in ganz Deutschland, deren Höhepunkt gegen Ende des 19. Jahrhunderts lag. Die Idee zur Errichtung eines Luther-Denkmals an einer seiner historischen Wirkungsstätten war bereits 1801 geboren. König Friedrich Wilhelm III. veranlaßte die Aufstellung der Statue in Wittenberg. »... Das Denkmal sollte nicht an einen einzelnen Moment aus Luthers Leben, sondern an sein ganzes Wirken und Schaffen erinnern, und so war dieser Anforderung kein anderer Ort so entsprechend, als Wittenberg. Hier war er zuerst als Reformator aufgetreten, hier hatte die neue Lehre in den Gemüthern der gebildeten Jugend, die ihn als Professor und in den Herzen der Gemeinden, die ihn als Prediger hörten, einen sicheren Boden gewonnen, eine Gesellschaft redlicher Gehilfen war hier um ihn versammelt, und die Landesfürsten, unter deren Schutz er auftrat, hatten hier ihre Hofburg. ...«.3 Wie auch bei späteren Denkmal-Errichtungen üblich, wurde ein Komitee gegründet. Dessen Hauptaufgabe bestand in der Popularisierung des großen Vorhabens, um die notwendigen Spendengelder in der Bevölkerung einzusammeln – 1 Schadows Standbild Martin Luthers unter Schinkels Eisenbaldachin, Zustand vor der Restaurierung (1997) 110 Birgit Meißner 2 Vorzustand der Bronzefigur, starke Verschmutzungen, zum Teil mit darunterliegender Lochfraßkorrosion (Aufnahme: 1997) 3 Darstellung Martin Luthers auf der Mitteltafel des Altars der Weimarer Stadtkirche, Lucas Cranach d. Ä., 1553, Öl auf Holz, Detail fehlende Beträge wurden meist vom entsprechenden Herrscherhaus hinzugefügt. Die in Wittenberg gesammelten 33 000 Reichstaler reichten aus, um Gottfried Schadow ein Modell der Luther-Figur entwerfen zu lassen. Aber auch Karl Friedrich Schinkel wurde um Anregungen zum Denkmal gebeten. Dieser bevorzugte eine monumentale Ausführung des Denkmalgedankens: eine riesige Halle, verziert mit vielen Wandreliefs, sollte im Zentrum das Luthersche Standbild aufnehmen. Schadows Entwurf eines einfachen Standbildes hielt er für nicht repräsentativ genug – dennoch wurde dessen Modell bevorzugt. Schinkel entwarf dann aber immerhin den Eisenbaldachin sowie den Sockel, er wählte auch den repräsentativen Standort gegenüber dem Rathauseingang aus. Trotz der Schwierigkeiten bei der Verbindung von Granitsockel und Eisenbaldachin beharrte König Friedrich Wilhelm III. auf dem Granitmaterial, das in späteren Jahren zum Standardmaterial für Sockel imposanter Denkmäler wurde: »... an dieses Material knüpft sich indessen die Idee von unerschütterlicher Festigkeit, dem Charakter des Mannes so entsprechend ... und Ich [Friedrich Wilhelm III., d. Verf.] würde es daher nur ungern nachgeben, ein anderes Material statt des Granits zu wählen ...«.4 Die feierliche Enthüllung des Monuments fand am 31. 10. 1821, dem Reformationstag, im feierlich inszenierten Rahmen statt. »... Ein heiliges, tiefes Schweigen folgte, durch keinen Laut, kaum durch ein leises Athmen unterbrochen; und stille Thränen, von welchen selbst Männeraugen glänzten, füllten und weiheten die Pause ...«.5 Karl Friedrich Schinkel äußerte sich drei Jahre später noch einmal zu dem Denkmal: »... Der Baldachin ... fast zu leicht gehalten ... Der graue Anstrich des Eisens ist sehr schön getroffen gegen die rötliche Farbe des Granits. An der Statue, welche mit zu vielen kleinen Falten überladen ist, könnte indessen der Stil der Falten besser sein; sie sind alle zu gleichmäßig rundlich, haben keine decidierte Linie und Fläche ... Der Kopf ist recht schön im Charakter und gut ausgeführt, das ganze Monument dem Platz angemessen und von angenehmer Wirkung ...«.6 Martin Luther ist barhäuptig, mit langem Predigertalar bekleidet, dargestellt.7 In der linken Hand hält er die Bibel, auf deren aufgeschlagene Seiten seine rechte weist (Abb. 2). Beim Entwurf seines Modells orientierte sich Schadow an bekannten Darstellungen, die im Laufe der Jahrhunderte bereits eine feste Vorstellung vom Abbild des Reformators geschaffen hatten und so zur Autorität geworden waren. Zu nennen sind hier vor allem der Weimarer Flügelaltar (1553) von Lucas Cranach d. Ä. (Abb. 3) und die nach Cranach d. J. gestaltete Bronzegrabplatte Luthers in der Jenaer Stadtkirche St. Michael beziehungsweise deren Kopie in der Wittenberger Schloßkirche.8 So konnte sich der künstlerische Genius des Bildhauers vermutlich nur in vorgegebenen Bahnen bewegen, die dennoch ein Modell mit Vorbildcharakter für spätere Entwürfe entstehen ließen. »... hat der Künstler mit großem Sinn und glücklicher Wahl nicht eine einzelne That, sondern die allgemeine That aus Luthers Leben dargestellt; diese nämlich, daß er das Wort Gottes, welches päpstlicher Zwang an Ketten angeschlossen, dem Volke zum Trost und zur Belehrung wieder frei gemacht hat. Mit freudigem Ernst schaut er herab auf die Menge und deutet auf die aufgeschlagene Bibel in seiner Hand, die durch seine Uebersetzung zuerst dem Volke offenbar wurde; einer weiteren Auslegung bedarf das Bild nicht, jedem ist es verständlich. ...«.9 Zur Restaurierung des Martin Luther – Standbildes in Lutherstadt Wittenberg 111 4 Rechter Talarärmel (West-Seite), dunkle Reste der originalen Oberfläche, von hellgrün-rauher Patina unterwandert 5 Linker Talarärmel (Osten), Lochfraßkorrosion, Reste von Altkonservierung 6 Kopfbereich, Vorzustand, starke Verschmutzungen, darunter gleichmäßiges Korrosionsgruben-Netz Die Statue wurde in mehreren Teilen gegossen, der Gußkern anschließend großteils entfernt sowie die einzelnen Segmente miteinander verschraubt und verzapft. Im Laufe der Jahre wurden die Figur und der Baldachin ab und zu gereinigt und gepflegt.10 Welche Maßnahmen konservierenden Charakters tatsächlich an der Bronzestatue unternommen wurden, ist derzeit allerdings nicht mehr exakt nachweisbar. Restaurierung Mit Hilfe des von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderten Bronzeprojektes war es möglich, eine umfassende Untersuchung der Bronzestatue mit anschießender Restaurierung zu veranlassen. Die Bearbeitung sollte vor Ort erfolgen – unter den Augen der Einwohner und Touristen. Es wurden sowohl Materialproben für eine Legierungsanalyse als auch Schabeproben der aufliegenden Schichten für die Untersuchung der Korrosionsprodukte entnommen11. Die optische Begutachtung der Bronzeoberfläche führte schnell zu einer klaren Trennung in unterschiedlich geschädigte Flächenbereiche, abhängig von der jeweiligen Himmelsrichtung. Die rechte und linke Seite der Figur sind nach Westen beziehungsweise Osten ausgerichtet und zeigten dadurch eine 7 Linke Wange, Musterfläche, nach Vorreinigung 112 Birgit Meißner 8 Anwendung von Schleifleinen zur nivellierenden Reduzierung der Auflagen an relativ glatten Bereichen (hier: Talarfalte) 9 Nach der Bearbeitung einer Bibelseite mittels Keramikskalpell, deutlich verbesserte Lesbarkeit durch wiedergewonnene klare Formen 10 Wachsauftrag im Rückenbereich, farbliche Vertiefungen erkennbar (Aufnahme: 1998) unterschiedliche Oberflächenschädigung. Der westliche Bereich – immer wieder regenbespült und gewaschen – wies nur noch wenige pulvrige Auflagen auf. Das Metall stellte sich optisch recht ansprechend und relativ glatt dar. Grüne Farbigkeit überwog, nur in den abgeschatteten Bereichen bestimmten dunkle Schmutzauflagen das Bild. Bei näherer Betrachtung zeigte es sich, daß dennoch eine gewisse Rauhigkeit vorhanden war, verursacht durch den hier vorherrschenden Materialabtrag. Originale Oberflächenbereiche wurden durch sich immer weiter reduzierende, partiell noch zusammenhängende bräunlich-schwarze ›Inseln‹ markiert, die – je nach Lage – mit dünnen Schmutzkrusten überzogen sind. Daneben lagen rauhe, hellgrüne Flächen, die sich bereits unterhalb des originalen Oberflächenniveaus befinden und somit auch für einen Verlust künstlerischer Oberflächenzeichnungen und Ziselierungen stehen (Abb. 4). An der östlichen Seite hatten sich aufgrund fehlender Abregnung materialfremde Auflagen, Ruß und Schmutz angelagert und zu meßbaren Schichten addiert, welche dann als Schadstoffkompressen die Umgebungsfeuchtigkeit aufnahmen und auf die Bronzeoberfläche einwirkten. Ergebnis sind tiefe Korrosionsgruben oder auch netzartig nebeneinander liegende, flachere Mulden, die unter dicken, Form und Farbe verunklärenden bräunlichen Schmutzschleiern liegen und sich immer weiter in das Metall hineingraben. Hinzu kamen Reste einer bräunlichen Altkonservierung12 in den tieferliegenden Bereichen (Gewandfalten), die zur schmutzig-verwaschenen Wirkung der Oberfläche beitrugen (Abb. 5). Vorder- und Rückseite der Figur waren durch eine Vermischung der Korrosionsformen gekennzeichnet – abgeregnete, relativ glatte Flächen gingen in aufgerauhte Bereiche über, die sich wiederum im Korrosionsgrubengeflecht auflösten. Diese Einflußnahme der Himmelsrichtungen auf das Schadensbild freibewitterter Bronzedenkmäler sollte vor jeder Restaurierung berücksichtigt werden, meist lassen sich dadurch klare Abgrenzungen verschiedener Korrosionsformen sowie ihrer Ursachen und Verläufe treffen, der Blick für spätere Vorhaben wird trainiert. Natürlich bleibt dieser Punkt nur einer von vielen innerhalb der restauratorischen Voruntersuchungen. Gemeinsam mit der Kenntnis über Legierung, aufliegende Korrosionsprodukte (im Zusammenhang mit der Kenntnis der aktuellen und historischen Umweltbedingungen), einer Standortcharakteristik (freistehend, unter Bäumen, überdacht ...) lassen sich – mit entsprechender Erfahrung – schon vor der Besichtigung vor Ort recht wahrscheinliche Aussagen über den tatsächlichen Zustand der Bronze treffen. Ebenfalls für den Erhaltungszustand des Martin Luther – Standbildes von Bedeutung ist dessen Aufstellung unter einem Zur Restaurierung des Martin Luther – Standbildes in Lutherstadt Wittenberg Eisen-Baldachin, der zwar eine seitliche Bewitterung ermöglicht, den Kopfbereich aber fast vollständig von direktem Regenabfluß abschirmt. Dieser war stark verunklärt, erst nach einer Wasserdampfreinigung waren die kleinen Korrosionsgruben, die das gesamte Gesicht überdecken, besser erkennbar (Abb. 6, 7). Die auf der Bronzeoberfläche liegenden Schichten waren unterschiedlich fest: ganz oben lag ein zumeist leicht entfernbarer, pulvriger Überzug. Darunter befanden sich festere, schollenartige Gebilde, die teilweise vom Untergrund abplatzten und hier tiefe, metallisch blanke Wunden reißen konnten. Eine vorsichtige Bearbeitung gerade dieser Bereiche war besonders wichtig, um die Bronzeoberfläche nicht noch mehr zu beschädigen. Auf allen Seiten der Figur wurden Musterflächen angelegt, die mit unterschiedlichen Werkzeugen (Freilegepinsel, Skalpell, Schleifleinen, Holzschaber), angepaßt an Lage und Form der Musterflächen sowie deren Konsistenz, bearbeitet wurden. Nach der optischen Begutachtung und den naturwissenschaftlichen Analysen ist dies der dritte Weg, die Eigenschaften des Materials und seiner Korrosionsprodukte zu charakterisieren. Oft werden hierdurch die Ergebnisse der ersten Untersuchungen bestätigt beziehungsweise präzisiert – das vollständige Erfassen der Objekteigenschaften ist erst jetzt gegeben. Im konkreten Fall ließen sich so zum Beispiel die Festigkeit der aufliegenden Schichten sowie der darunterliegenden Flächenbereiche bestimmen – gemeinsam mit den Analyse-Ergebnissen entscheidend für die endgültige Festlegung des Restaurierungskonzeptes. Zu beantworten sind Fragen wie zum Beispiel: bis zu welchem Niveau soll (abtragend) gearbeitet werden? Welches Werkzeug kann diese Festlegung am besten und möglichst schonend umsetzen? Herausgestellt hat sich außerdem, daß in besonders instabilen Bereichen mit dicken Auflagen und darunter liegenden Lochfraßbereichen bei der Anwendung herkömmlicher Werkzeuge schnell die metallisch-glänzende, ungeschützte Schicht erreicht wird13 und somit ein Freilegungsniveau geschaffen wäre, das sich ungeschützt sofort wieder den direkten Angriffen der Umgebungsbedingungen aussetzen würde. Die Verwendung von Schleifleinen für klar strukturierte Flächen war hier eine schonende Methode, um die rauhe, mit Gips- und Schmutzauflagen durchsetzte korrodierte Oberfläche auf ein vertretbares Maß zu nivellieren, allerdings werden dabei gleichzeitig die obersten Schichten verdichtet (Abb. 8). Es kann hierdurch zwar keine vollständig plane Oberfläche erzielt werden, jedoch immerhin ein gewisser Grad der Einebnung. Die Angriffsfläche für aggressive, schädigende Einflüsse verkleinert sich somit, Mulden und Vertiefungen – Sammelbecken für kompressenartig wirkende Feuchtigkeitsreservoirs – werden reduziert. Mit Schleifleinen bearbeitete Flächen haben während der Bearbeitung zudem weniger Abbrüche aufliegender Schichten zu verzeichnen, die dann meist die gesamten Ablagerungen bis hinunter auf die blanke Metalloberfläche mitgerissen hätten. Es kommt beim Einsatz dieses Werkzeuges wahrscheinlich nicht zu Spannungsrissen mit schollenartigen Abplatzungen – der sanfte, jederzeit regulierbare Druck vieler kleiner, dicht nebeneinander liegender Schleifkörnchen verteilt sich offenbar recht gleichmäßig. Mechanisch eher instabile Bereiche sind – nach Feststellung des Restaurators – besser für eine Überarbeitung 113 11 Nach der Restaurierung, abperlende Regentropfen auf konservierender Wachsschicht mittels Schleifleinen geeignet, festere Partien lassen sich dagegen auch gut auf traditionellem Wege mit verschiedenen Skalpellen behandeln. Auch sehr lockere, pulvrige und dünnschichtige Partien mußten bearbeitet werden, um einen sicheren Halt der abschließenden Wachskonservierung zu gewährleisten. Diese benötigt einen relativ festen Untergrund, um nicht durch Witterungseinflüsse zügig wieder abgewaschen zu werden. Porosität ist wiederum kein Problem, da die während des Auftragens flüssig-pastose Wachsschicht unter diesen Voraussetzungen besser eindringen kann. Zur Entfernung der pudrigen Schichten reichen oft eine Wasserdampfreinigung – zur Vorreinigung des Objektes ohnehin notwendig – und die vorsichtige Bearbeitung mit Freilege- beziehungsweise Stupfpinseln aus. Das Restaurierungsziel war klar definiert und wurde anhand der bereits genannten theoretischen und praktischen Vorbereitungen umgesetzt: weitestmögliche Abnahme aller von außen angelagerten Verunreinigungen. Durchmischte Partien – die immer noch Informationen des Originalmaterials enthalten – sollten geglättet und auf eine Wachskonservierung vorbereitet werden. Die Grundreinigung der Statue erfolgte mit heißem Wasserdampf, feste, dickere Schmutzauflagen ließen sich hierbei nach längerer Wasserbenetzung mit Pinseln reduzieren. Nur an schwer zugänglichen Stellen wurden die dicken, festen 114 Birgit Meißner 12 Bronze-Standbild Martin Luthers vor der Restaurierung, ungereinigt (Aufnahme: 1996) Krusten mit einem Ultraschallfeinmeißel zertrümmert und anschließend mit Skalpellen geglättet. Klar strukturierte Partien mit dickeren Krusten ließen sich – nach diesen Vorarbeiten – gut mit Schleifleinen nacharbeiten, ohne auf die metallische Oberfläche zu gelangen. Andere Bereiche mit mäßigem Krustenaufwuchs wurden mit verschiedenen Skalpellen geschabt (Abb. 9). Für die abschließende Wachskonservierung fand ein mikrokristallines Wachs Anwendung (TeCero 3534F, Schmelzpunkt 90 – 95°C, gelöst in Shellsol D40 im Verhältnis 1:3 bis 1:4 bei stark saugenden Bereichen, im Verhältnis 1:2 in glatteren Flächenbereichen), hierfür wurde die Bronzestatue mit Infrarotstrahlern erwärmt. Die durch das Wachs bedingte Farbvertiefung vereinte die anfangs farblich doch recht unterschiedlich wirkenden Partien zu einem ansprechend wirkenden Ganzen (Abb. 10, 11). Anmerkungen 1 Bronzestandbild (Höhe: 2,60 m) unter neogotischem Eisenbaldachin, entworfen von Friedrich Drake und 1865 aufgestellt. 2 Theuerkauff, Christian: Zur Geschichte der Bildhauerkunst in Berlin und Potsdam von der Mitte des 16. bis zum späten 18. Jahrhundert. In: Ethos und Pathos. Die Berliner Bildhauerschule 1786 –1914. Beiträge. Hrsg. von Peter Bloch, Sibylle Einholz und Jutta von Simon. Berlin 1990. S. 33 f. 13 Restauriertes Bronzedenkmal mit Wachsüberzug (Aufnahme: 1998) 3 Schadow, Johann Gottfried: Wittenbergs Denkmäler der Bildnerei, Baukunst und Malerei, mit historischen und artistischen Erläuterungen. (Wittenberg 1825). Reprint: Lutherstadt Wittenberg 1993, S. 121. 4 Schadow (1825) 1993 (wie Anm. 3), S. 123. 5 Westermeier, F. B.: Doctor Martin Luther’s Denkmal zu Wittenberg und die Feyer zur Einweihung desselben am 31ten October 1821. Magdeburg 1821, S. 11. 6 Bellmann, Fritz, Marie-Luise Harksen und Roland Werner: Die Denkmale der Lutherstadt Wittenberg. Weimar 1979, S. 47. 7 Hier wurde bereits der Typus vieler, später errichteter LutherDenkmäler gezeigt. Zur Restaurierung des Martin Luther – Standbildes in Lutherstadt Wittenberg 8 Guß 1548/49 durch Heinrich Ziegler, Erfurt, eigentlich für Wittenberg bestimmt, durch die Schmalkaldischen Kriege in Thüringen verblieben und 1571 in der Jenaer Stadtkirche St. Michael aufgestellt; erst 1892 Nachguß für die Wittenberger Schloßkirche. Vgl.: Das christliche Denkmal. Die Schlosskirche zu Wittenberg. Hrsg. von Fritz Löffler. H. 71. Berlin 1966, S. 30 f. 9 Schadow (1825) 1993 (wie Anm. 3), S. 124. 10 In den Akten des Stadtarchivs sind entsprechende Angebote lokaler Handwerksbetriebe belegbar: »... 1867 ... Die Statue Dr: Martin Luther, welche bronze Guß ist, muß um den Schmutz und Grünspan zu entfernen mit sehr verdünter Salzsäure sorgfältig gewaschen werden, diese Salzsäure muß nach den die allen Schmutz und Grünspan aufgelöst sorgfältig mit reines Wasser abgespült und daß so reines Metall drocken abgerieben werden, sodan mit dem feinsten Feuerstein=Papier abgeschliffen und mit guten Metall=Lack lackirt. ...«. Aus: Stadtarchiv Wittenberg. Instandsetzungsarbeiten am Luther- und Melanchthondenkmal. 1862 –1863, 1868 –70, 1935 –36, 1942. Nr. 3767, S. 11. 11 siehe in diesem Heft: Mach, Martin und Stefan Simon: Metallanalysen freibewitterter Bronzedenkmäler. S. 55 –76, hier: S. 59 f. 115 12 Vermutlich eine Mischung aus Wachsen (Paraffinen?) und Alkydharzen, ein übliches Bindemittel in Malerfarben – eventuell ein Hinweis auf eine Figurenbehandlung von den mit der Konservierung des Baldachins beauftragten Malerfirmen (Ende 19./ Anfang 20. Jhd.). 13 Auch bei anderen, innerhalb des Projektes bearbeiteten Denkmälern mußte dies festgestellt werden – sowohl am Leipziger Mendebrunnen, dem Herzog Heinrich-Standbild in Marienberg als auch am Magdeburger Friesen-Denkmal konnte sich in den erwähnten Bereichen unter den Schmutz- und Korrosionsauflagen keine schützende, feste Patina ausbilden. Abbildungsnachweis Wolfgang Conrad: Abb. 4 – 13 Landesamt für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt: Abb. 1, 2 Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Deutsche Fotothek: Abb. 3 116 Das Standbild Herzog Heinrichs des Frommen Exkurs: Die Erfassung von Bronze- und Galvanoplastiken in Datenbanken Annegret Michel, Birgit Meißner Herzog Heinrich und die Stadt Marienberg »... Mit großer Genugthuung hören wir, daß schon seit längerer Zeit geplant ist, dem Herzoge Heinrich auf dem Marktplatze Marienbergs ein Denkmal zu errichten, und dürfte diese gute Absicht wohl um so schneller zu verwirklichen sein, wenn man durch freiwillige Sammlungen unter den Bürgern und Freunden der Stadt den schon vorhandenen Fond, welchem auch zum Teil ein etwaiger Reinertrag gegenwärtiger Gedenkblätter zugewiesen werden soll, möglichst zu erhöhen sucht. Überlassen wir aber vor der Hand der Zukunft, ob und wann das sichtbare eherne Monument errichtet werden wird: Eines wissen wir jetzt bereits, daß nämlich dem ›guten, frommen Heinz‹ ein unvergängliches Denkmal der Liebe und Verehrung in den Herzen gesichert ist, so lange es dankbare, treue Sachsen giebt. Sein Andenken, es bleibet allezeit ein Segen! ...«1 Am 30. Juli 1900 war es endlich soweit, daß die Marienberger ihrem »Heinrich« ein Denkmal weihen konnten. Im »Erzgebirgischen Nachrichten und Anzeigenblatt« vom 2. August 1900 heißt es: »... Die überlebensgroße Figur erhebt sich auf einem über 1m hohen Block aus schwedischem Granit, welcher auf einem annähernd ebenso hohen Sockel aus demselben Gestein ruht. Der Herzog, zu dessen Darstellung sich der geniale Künstler, Herr Bildhauer Offermann aus Dresden, ein Bildniß von Lukas Kranach zu Grunde gelegt hat [Abb. 1, d. Verf.], trägt Brustpanzer, Ringkragen und lederne Beinschienen, ist barhäuptig und mit Degen und Dolch umgürtet. Mit beiden Händen hält er das gewaltige Schlachtschwert, den ›Zweihänder‹, welcher in schräger Haltung auf den Boden gestützt ist. Zu seinen Füßen hinter ihm liegen der reich mit Federn geschmückte Helm, die Bibel und die Friesenkette, an welcher er von den friesischen Empörern seiner Zeit gehenkt werden sollte. Das Standbild ist eine Stiftung des sächs. Kunstfonds, während der Unterbau aus städtischen Mitteln beschafft und von dem Berliner Granitwerk von Kessel und Röhl ausgeführt ist. ...«2 Herzog Heinrich von Sachsen (1473 –1541) war mit 66 Jahren schon recht betagt bei seinem Regierungsantritt im Jahre 1539. Seinen Regierungsaufgaben war er nicht so recht gewachsen, wie sich schon bald zeigte: »... Als sein Vater 1499 Friesland verließ, um sich endlich wieder den Aufgaben in der Heimat zu widmen, setzte er Heinrich zu seinem Stellvertreter ein, doch dieser versagte völlig. Unerfahren und ungeschickt wie er war, reizte er die freiheitsliebenden Friesen, die ihn in seiner Residenz Franecker belagerten und schon die Kette bereithielten, an der sie ihn aufhängen wollten. Nur dem schnell herbeigeeilten Vater war es zu danken, daß er befreit und Friesland wieder zur Ruhe gebracht wurde. ...«3 Diese sogenannte Friesenkette hat Offermann auf dem Denkmal zu Füßen des Fürsten verewigt. Ein weiteres wichtiges Attribut für den »frommen Heinrich« ist die Bibel, auf der 1 Vorbild für den Entwurf der Bronzestatue: Bildnis Herzog Heinrich des Frommen von Lucas Cranach d. Ä. (1537, Lindenholz, 2,08 m × 0,89 m, Staatliche Kunstsammlungen Dresden – Gemäldegalerie Alte Meister, Kriegsverlust) Das Standbild Herzog Heinrichs des Frommen sein Helm ruht. »... Mit ihm ging ein gutmütiger, milder und biederer Fürst dahin, der in seiner kurzen Regierungszeit von zwei Jahren nur deshalb für die sächsische Landesgeschichte eine Bedeutung erlangte, weil er im albertinischen Herzogtum Sachsen die Reformation einführte. Die lutherisch geprägte Geschichtsschreibung hat ihm aus diesem Grunde den Beinamen des Frommen gegeben, obwohl sich eine persönliche Frömmigkeit, wie etwa bei Friedrich dem Weisen und Georg dem Bärtigen, bei ihm kaum feststellen läßt. Es ist gezeigt worden, daß sein Weg in die Reformation vor allem das Werk seiner Frau war. So ist es lediglich sein Verdienst gewesen, daß er diesen Weg mitgegangen ist, und sich ihm nicht widersetzt hat. ...«4 Doch um dem bis heute sehr populären und sicherlich damals recht beliebten Heinrich die Ehre zu geben, darf man auch einen weiteren großen Verdienst nicht außer acht lassen: »... Die einzige bemerkenswerte Leistung seines Lebens war die Gründung der Bergstadt Marienberg, die er nach einem vom Freiberger Stadtphysikus Ulrich Rülein von Calw entworfenen, streng geometrischen Grundriß dort errichten ließ, wo sich in seinem Amt Wolkenstein neue mächtige Silbererzlager 3 Bronzestandbild Herzog Heinrichs vor der Restaurierung (März 1997) 117 2 Historische Postkarte (um 1910), alter Standort zentral auf dem Marktplatz, handkoloriert, Braunpatina aufgetan hatten. Seinen schmalen Einkünften kam das sehr zustatten. ...«.5 Bei dieser Stadtgestaltung wurden zum ersten Mal in Deutschland die Prinzipien der als Ideal angesehenen italienischen Stadtanlagen verwirklicht. 4 Erste Untersuchungen im März 1997 118 Annegret Michel, Birgit Meißner Voruntersuchungen 5 Gesichtspartie, Vorzustand Zur Geschichte des Denkmals Das überlebensgroße Standbild des Stadtgründers wurde, wie bereits erwähnt, am 30. Juli 1900 auf dem Marienberger Marktplatz aufgestellt (Abb. 2). Entworfen von Friedrich Offermann (Signatur an der Südseite der Plinthe) und gegossen in Lauchhammer, wurde es auf einem von Paul Wallot entworfenen Sockel aus rotem schwedischem Granit aufgestellt.6 Einstmals zierten es eiserne Ketten und Säulchen im farbig abgesetzten Pflaster des Platzes. 1970 wurde im Zuge eines Umbaus des Marktplatzes (wobei sicher auch der sehr unglücklich hinter dem Denkmal plazierte Imbißkiosk aufgestellt wurde) das gesamte Standbild etwa 4,50m nach hinten und 1,80m nach links versetzt. Bei der Demontage wurde für das Bronzebild ein Gewicht von 1,2t angegeben, die Höhe der Figur ohne Sockel beträgt 2,95m. Das Wappenschild des albertinischen Sachsens auf der Vorderseite des Sockels – gegossen von Adalbert Milde und Co. – ist umrahmt vom Thüringer Wappen, dem der Mark Meißen, der Pfalzgrafschaft Sachsen und schließlich unten rechts vom Landsberger Wappen, einem der Sitze der Wettiner. Die Bronzebuchstaben der Inschrift »Herzog Heinrich dem Frommen, dem Gründer Marienbergs 1521« wurden von der galvanoplastischen Kunstanstalt Geislingen/Steige hergestellt. Im Zuge der wissenschaftlichen Voruntersuchungen wurden zur Feststellung der Legierungszusammensetzung verschiedene Proben entnommen, um etwaige Schäden und Schadensbilder besser erklären zu können. Im Zwischenbericht des Bayerischen Landesamtes (Zentrallabor) heißt es dazu, daß das 3,43m hohe Standbild aus einer Zinnbronze mit durchschnittlich 92,5% Kupfer und 6,6% Zinn sowie geringfügigen Gehalten an Eisen, Nickel und Antimon in abnehmender Konzentration besteht. Blei konnte nur in minimalen Spuren in einzelnen Proben nachgewiesen werden. »... Die für die geplante Restaurierung des Bronzestandbildes Heinrichs des Frommen durchgeführten naturwissenschaftlichen Voruntersuchungen lassen sich zusammenfassen: Das Verwitterungsmuster steht in engem Zusammenhang mit der eingesetzten Legierung und deren Struktur. Die Hauptkomponente der Patina Antlerit deutete daraufhin, daß der Korrosionsprozess in der Oberfläche des Denkmals in diesem Jahrhundert unter den Bedingungen des ›Nebel-Regimes‹ bei überdurchschnittlich niedrigen ph-Werten verlaufen ist. Die Anwesenheit von Kupfersulfathydroxidhydraten in den pockenartig aufgeworfenen Bereichen zeigt einen weiterhin aktiven Korrosionsprozess an, der nicht zu einer stabilen Situation in der Patina geführt hat. Die Anteile löslicher Salze in der Patina, insbesondere in den besonders geschädigten Bereichen, sind relativ hoch. Chloride und Sulfate sind mit hohen Anteilen vertreten. Eine sorgfältige Entsalzung, unter Umständen unter Zusatz von Tensiden und unter naturwissenschaftlicher Kontrolle sollte daher jedem weiteren stabilisierenden Eingriff in das Patinasystem vorausgehen. ...«.7 Auf der Grundlage dieser Untersuchungsergebnisse wurde dann in Zusammenarbeit mit den ausführenden Restauratoren das Restaurierungskonzept erarbeitet.8 Ein Kriterium bei der Auswahl des Marienberger Denkmals für eine Restaurierung war seine relative Nähe zur Grenze der Tschechischen Republik, was eine hohe Umweltbelastung besonders vor 1990 bedeutete – nahe der Grenze befanden (und befinden sich zum Teil noch heute) zahlreiche Kohlekraftwerke. Die vorliegenden Untersuchungsergebnisse bestätigten die hohe Salzbelastung und Oberflächenverschmutzung. Es zeigten sich daher verschiedene Schadensbilder (Abb. 3 – 6): dicht nebeneinander lagen schollenartige Aufwerfungen von Krusten, pockenartige Korrosionskrater und starke GrünSchwarz-Kontraste sowie glatt patinierte Breiche. Teilweise war bereits ein Substanzverlust an den Oberflächen eingetreten, besonders betroffen waren – wie auch bei anderen Bronzedenkmälern – die unbewitterten Bereiche. Plastische Formen sind so oftmals schwer ablesbar, Gesichtspartien durch starke Farbkontraste entstellt. Zudem waren einige mechanische Schäden erkennbar: der untere Teil des Rapiers war abgebrochen und verloren, wahrscheinlich eine Folge von Gewaltanwendung. Am Zweihänder gab es aufgrund von Rostbildung der inneren Armierung starke Verformungen sowie im unteren Bereich rotbraune Verfärbungen. Am Übergang von der Plinthe zum Sockel fehlten alle Senkschrauben, diese wurden durch eine Weichlotnaht eines früheren Eingriffes ersetzt. Einzelne eingesetzte Stahlschrauben waren stark korrodiert. Das Standbild Herzog Heinrichs des Frommen 119 Zur Restaurierung Wie bereits erwähnt, wurde nach den Voruntersuchungen durch das Zentrallabor des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege ein Restaurierungskonzept entworfen, das zuerst eine Entsalzung der Metalloberfläche beinhaltete.9 Die Figur wurde komplett in einem eigens dafür hergestellten Gefäß mehrfach gewässert, um Salze zu eliminieren. Eventuell trotzdem in den Oberflächenkratern verbleibende Reste wurden später nach dem Trocknen durch das Aufbringen von mikrokristallinem Schutzwachs passiviert.10 Diese Wachsschicht ermöglichte im Sinne einer Zwischenkonservierung zugleich eine leichtere und schonendere, weit elastischere Oberflächenbearbeitung (Abb. 7). Das Einebnen der zerklüfteten Bereiche der Metalloberflächen erfolgte auf mechanischem Wege durch Ausdünnen und Glätten aufliegender Schichtkrusten mittels Skalpell und schleifender Werkzeuge wie Riffelfeilen und Schleifpapier, an feinteiligen Partien wie Bart und Wangen auch mit feinen Bürsten. Diese relativ neue Methode zeigte mehrere Vorteile: neben dem geringeren Materialabtrag konnte auch das Aufbrechen von Krusten und Kratern geringer gehalten beziehungsweise flächig auf kleinere Bereiche begrenzt werden – die Oberflächen erwiesen sich als weniger spröde. Durch die schleifende Methode fand gleichzeitig eine Verdichtung der Oberfläche statt. Die Eisenarmierungen am Zweihänder wurden aufgrund ihrer starken Korrosionsspannungen entfernt und die aufgetriebene Bronzehaut anschließend kalt zurückgeformt. Die Rapierergänzung erfolgte nach historischem Vorbild und wurde in Bronze nachgegossen, farblich dem Originalstück 7 Rechte Wade während der Restaurierung, festigende WachsZwischenkonservierung 6 Rechte Wade, Vorzustand 8 Rechter Wadenbereich, Abschlußzustand, wachskonserviert 120 Annegret Michel, Birgit Meißner angepaßt und abschließend mit der originalen Ausführung entsprechenden Nietschrauben befestigt (Abb. 9). Bei der Konservierung der Oberfläche war aus ästhetischen Gründen ein seidenmatter Glanz erwünscht. Es wurde daher auf ein mikrokristallines Schutzwachs zurückgegriffen, hier in einer Mischung aus weicherer und härterer Komponente, die gleichzeitig durch ihren höheren Schmelzpunkt ein späteres Anhaften von Staub und Schmutz erschweren würde (Abb. 8, 10). Ergänzungen kleinerer Ausbrüche und Krater wurden in einem schwarz eingefärbten, weichen, mikrokristallinen Knetwachs ausgeführt.11 Die Wiederbefestigung des Denkmals auf dem Granitsockel erfolgte mit einem neuen, reversiblen Befestigungssystem aus Edelstahl. Schlußbemerkung Am 28. April 1999 konnten die Marienberger »ihren« Heinrich wieder in Marienberg empfangen. Wie viel ihnen an dem Denkmal gelegen ist, zeigte zum einen die große Anteilnahme am Ab- und Aufbau – ungeachtet des jeweils recht mißlichen Wetters. Zum anderen wurde, um die trotz der großzügigen Förderung durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt noch nicht ausreichenden Mittel zusammenzubringen, eine Bilderauktion durch die Stadtverwaltung Marienberg ins Leben gerufen. Ortsansässige Künstler stellten ihre Werke zur Verfügung, und diese konnten öffentlich ersteigert werden. 10 Festrede des sächsischen Landeskonservators Prof. Dr. Gerhard Glaser anläßlich der Wiedererrichtung des Denkmals am 2. Mai 1999, mit Bergparade, Kinderchor und Kapelle Als dann am 2. Mai nach festlichem Gottesdienst mit anschließender großer Bergparade und festlichen Ansprachen das Denkmal wieder enthüllt wurde (Abb. 11), war wohl jedem Marienberger die Freude darüber anzusehen – was alle an Vorbereitung, Betreuung und Durchführung der Restaurierung Beteiligten wiederum sehr gefreut hat. Exkurs: Erfassung von Bronze- und Galvanoplastiken 9 Wachskonservierte linke Hand mit ergänzter Rapierklinge, die mit Nietschrauben am Original befestigt ist Ein Teil der Aufgaben des Bronzeprojektes umfaßte die Inventarisation ausgewählter Bronze- und Galvanoplastiken in Sachsen und Sachsen-Anhalt, um zum einen bestimmte Zustände zu einem jeweiligen Zeitpunkt festzuhalten, zum anderen aber auch Vergleiche ziehen zu können und Hilfestellungen bei einzelnen Entscheidungsfindungen zu erhalten. Voraussetzung für diese Erfassung von Bronzeobjekten (und Kunstdenkmälern generell) ist die Klärung einiger grundlegender Fragestellungen, die anhand der sich im Verlauf des Bronzeprojektes konzipierenden Datenbank erläutert werden sollen. Die Festlegung dieser grundlegenden Kriterien war die Voraussetzung für die Entwicklung eines Erfassungsschemas, das sowohl länderübergreifend für dieses Projekt als auch langfristig in den einzelnen Landesämtern Arbeitsgrundlage sein soll. Bei entsprechender Bewährung könnte es zudem für andere Erfassungstypen – zum Beispiel Kunstgüter unterschiedlicher Art – angewendet werden. Die einzelnen Fragestellungen des Schemas wurden bis zu einem bestimmten Zeitpunkt auf der Grundlage theoretischer Das Standbild Herzog Heinrichs des Frommen Problem Festlegung einer oder mehrerer gemeinsamer Eigenschaften aller zu erfassenden Objekte Ziel der Erfassung Umfang der zu erfassenden Daten zeitliche Eingrenzung der zu erfassenden Objekte regionale Ausdehnung Personen-, Zeit- und Materialeinsatz zukünftiges Arbeitsmodell Archivierung Anwendung im Bronzeprojekt hier: Material (Bronze) Arbeitswerkzeug für Denkmalpflege und Restaurierung, Austausch der Daten mit anderen Institutionen alle relevanten Kriterien, aber dennoch kurze, prägnante Charakteristik des Objektes sämtliche Bronzen, Kunstwerke neueren Datums (nach 1945) werden zumindest mit ihrem Standort erfaßt12 modellhafte Erfassung, dies meint: nur einzelne Gebiete werden vor Ort untersucht, sonstige Informationen werden stichpunktartig für eine spätere Bearbeitung gesammelt eine wissenschaftliche Mitarbeiterin für 2,5 Jahre; Arbeitsmittel: Computer- und Fototechnik fortlaufend geführtes Arbeitsinstrument Computerdatenbank Überlegungen und praktischer Tests an den Objekten immer wieder ergänzt. Das vorläufige Ergebnis wurde im Anschluß daran Mitarbeitern der Landesämter für Denkmalpflege in Bayern, Sachsen und Sachsen-Anhalt – Restauratoren und Naturwissenschaftlern – vorgestellt und diskutiert. Das Resultat ist ein Inventarisationsschema, das seitdem für viele Bronzedenkmäler Anwendung fand und Basis einer Datenbank geworden ist. Es ist als »Maximalschema« zu verstehen, dessen einzelne Punkte nur selten ohne größeren Arbeitsaufwand vollständig ausgefüllt werden können – dies bestätigt die Orientierung auf ein langfristig angelegtes Arbeitswerkzeug. Wichtig erschien hier als allererstes die eindeutige Definition des jeweiligen Objektes in seinem Standort mit einer kurzen Beschreibung und Fotografie, um es klar festzulegen. Im folgenden werden die einzelnen Punkte der Erfassung sowie deren Inhalt erläutert und am Beispiel des Bronzestandbildes Herzog Heinrichs des Frommen in Marienberg vorgestellt. Erfassung des Denkmals Herzog Heinrichs des Frommen in Marienberg 1 Bezeichnung Es sollte eine eindeutige Benennung erfolgen, da dieser Terminus häufig als zentraler Suchbegriff auftreten wird. In der Regel ist er durch das Denkmal selbst, eine Inschrift oder auch langjährige Traditionen festgelegt. Ist dies nicht der Fall, sollte eine leicht nachvollziehbare, kurze Benennung anhand der äußeren Gestaltung beziehungsweise des dargestellten Inhaltes festgelegt werden.13 Bsp.: Herzog Heinrich der Fromme ■■■ 121 2 Typus Hier sind bestimmte Kategorien zu definieren, in welche sich die Bronzen einordnen lassen, wie zum Beispiel (Personen-) Standbild, Reiterstandbild, Büste, Relief. Bsp.: Standbild ■■■ 3 Standort Ort, Adresse Bsp.: Marienberg, Marktplatz ■■■ 4 Datierung Die Nennung verschiedener Daten ist möglich, wichtig ist hierbei aber der Verweis auf die entsprechende Quelle.14 Nicht nur unterschiedliche Quellen können die Ursache für verschiedene Daten sein, sondern auch die Orientierung auf ganz andere Ereignisse, zum Beispiel das Jahr der Auftragsvergabe an den Künstler, das der Grundsteinlegung des Denkmalsockels, des Gusses und – am häufigsten – das der Enthüllung. Bsp.: 1900/126 15 ■■■ 5 Künstler Manchmal sind getrennte Aufgabenbereiche nachweisbar (Entwurf, Modell, Ausführung, auch bei der Sockelgestaltung). Bsp.: Offermann, Friedrich (Bronzemodell)/ Inschrift; ■■■ Wallot, Paul (Sockel)/155 6 Gießerei Hier geben vor allem Signaturen Aufschluß. Bsp.: Lauchhammer (Figur)/126; Adalbert Milde & Co ■■■ (Wappen)/Stadtarchiv Marienberg 7 Eigentümer Eigentumsverhältnisse lassen sich im Zuge der Erfassung in der Regel erst im Nachhinein durch entsprechende Anfragen und Nachforschungen feststellen. Bsp.: Stadt Marienberg ■■■ 8 Maße/Gewicht Es werden die Gesamtmaße des Denkmals sowie die Maße und das Gewicht des Bronzeobjektes aufgeführt. Teilweise werden diese Angaben aus der Literatur übernommen oder sind nur mit größerem Aufwand oder im Zuge einer Restaurierung zu ermitteln.16 Neben direkten Messungen können Schätzungen und Vergleiche mit dem zumeist leichter meßbaren Sockel einen ersten Anhaltspunkt geben. Bsp.: Höhe Figur: 2,95 m; Gewicht: 1,2 t ■■■ 9 Material Hier können die Legierungszusammensetzung, sich daraus ergebende Schlußfolgerungen zur Eigenart des Materials, eventuell entsprechende Kartierungen sowie Konsequenzen für den bisherigen und weiteren Schadensverlauf vermerkt werden. Bsp.: Zinnbronze, durchschnittlich 92,5 % Cu und ■■■ 6,6 % Sn (detaillierte Ausführungen hierzu: siehe Untersuchungsbericht BLfD) 10 Lage/Umgebung Aufgeführt werden die Standort- und Umgebungsbedingungen des nahen Umfeldes, welche Auswirkungen auf das 122 Annegret Michel, Birgit Meißner 11 Restauriertes Bronzestandbild nach Wiederaufstellung auf dem Marienberger Marktplatz (Mai 1999) Das Standbild Herzog Heinrichs des Frommen Erscheinungsbild, den Zustand des Bronzeobjektes und dessen weiteren Schadensverlauf haben können, zum Beispiel: Klima, Wind- und Regenschutz durch nahestehende Architektur oder Vegetation, auch die Verkehrslage der Umgebung ist von entscheidender Bedeutung. So zeigt eine ungeschützte, beregnete Bronzeoberfläche ein anderes Erscheinungsbild als ein regengeschützter Bereich, an welchem die Schadstoffe nicht regelmäßig abgespült werden können. Bsp.: freistehend, kein Wind- und Regenschutz, zentrale ■■■ Lage, normales Verkehrsaufkommen 11 Beschreibung Die Charakteristik des entsprechenden Objektes ist untergliedert in eine kurze Beschreibung der Denkmalanlage (direktes Umfeld, eventuell Architektur, Umzäunungen …) sowie die des Bronzeobjektes selbst. 11.1 Gesamtanlage Bsp.: gepflegte Denkmalanlage, der exponierten Lage des ■■■ Denkmals entsprechend; um den Sockel Gehwegplatten mit einseitigem Zugang, als Abschluß Rasenbelag und Blumenbepflanzung, umgeben von einer niedrigen Umzäunung nach historischem Vorbild (Gußpfeiler und Ketten) 11.2 Bronzeobjekt Hier lassen sich neben der reinen Beschreibung auch kunsthistorische Vergleiche und Vorbilder sowie Besonderheiten und anderes mehr einfügen. Bsp.: Herzog Heinrich ist als ritterlicher Kriegsmann mit ■■■ vorgestelltem Spielbein dargestellt, er trägt einen Brustpanzer, Kettenkragen sowie Arm- und Beinschienen; der Blick ist grimmig, die Stirn in Falten gelegt, das Haar ist kurz, der üppige Bart wallt bis auf die Brust hinab; ein diagonal vor seinen Körper gehaltener mannshoher Zweihänder unterstützt seine landesväterliche Würde, an einem Tragegurt hängen ein (abgebrochener) Degen mit Querarm, Stichblatt und Korb sowie ein Dolch mit Scheide; auf einer Bibel (Einführung der Reformation 1539 in Sachsen, darum auch sein Beiname »der Fromme«) steht ein prächtiger Visierhelm mit Federbusch, ihm zu Füßen liegt die sogenannte Friesenkette (bei einem Aufstand der Friesen sollte er als Statthalter damit stranguliert werden, nach der Rettung durch seinen Vater hob er die Kette zur Erinnerung auf /155); der Bronzesockel wird durch einen mächtigen Steinquader auf einer schmalen, aus Kupferblechen zusammengeschraubten Plinthe gebildet 12 Inschriften Es werden sämtliche Inschriften am gesamten Denkmalobjekt (Brunnenbecken, Sockel, Bronzeplastik) aufgeführt. Wichtig ist hierbei eine Lage-, Zustands- und eventuell Typusbeschreibung. Zur besseren Vorstellung beziehungsweise Überprüfung sollten diese Schriften immer auch fotografisch erfaßt werden. Bsp.: Sockel, zweite Stufe, West-Seite: »GRANITWERK/ ■■■ KESSEL & RÖHL/BERLIN« (Gravur); Sockelkubus, Vorderseite, Ost-Seite: »Herzog/Heinrich/dem Frommen,/dem Gründer/Marienbergs/1521.« (deut- 123 sche Druckschrift); Bronzeplinthe, Süd-Seite: »OFFERMANN«, darunter »1899« (schwer lesbar) 13 Herstellung Es werden alle Angaben aus der Literatur beziehungsweise der Besichtigung vor Ort aufgenommen, die Aufschluß über das Herstellungsverfahren und den Montageprozeß geben. Dieser Punkt wird im Laufe späterer Restaurierungen durch entsprechende Fachleute in näheren Untersuchungen erweitert. Auch zur Zeit nicht zu deutende, ungewöhnliche Oberflächenspuren und andere Kennzeichen können hier benannt werden. Bsp.: die Plinthe ist aus dünnen Kupferblechen zusammen■■■ geschraubt, Rostspuren am Zweihänder (Eisenarmierung), Bronzeflickungen im Sockelbereich 14 Sockel Hier erscheint es sinnvoll und notwendig, in verkürzter Form einige Kenndaten aufzunehmen, da sowohl der (Stein-)Sockel als auch die Bronze kaum isoliert voneinander betrachtet werden können und zumeist auch in direkter Abstimmung zueinander konzipiert wurden. Zudem lassen sich unter Umständen am Steinsockel Spuren der Geschichte des Denkmals ablesen, die am Bronzeobjekt selbst möglicherweise schon beseitigt wurden.17 14.1 Datierung Bsp.: anläßlich der Umsetzung des Denkmals 1970 wurde ■■■ ein »neuer Sockel vorbereitet« /156 – dies meint eventuell: ein neues Fundament? 14.2 Maße Bsp.: unterste Stufe L/B/H 2,86 m ¥2,86 m ¥0,27 m; ■■■ obere Stufe 1,95 m ¥1,95 m ¥0,50 m; Kubus 1,3 m ¥1,3 m ¥1,7 m 14.3 Material Bsp.: schwedischer, roter Lysekil-Granit/155 ■■■ 14.4 Beschreibung Bsp.: zwei umlaufende Stufen tragen einen quadratischen ■■■ Kubus mit Sockelgesims; an der Vorderseite Gedenkinschrift (siehe Pkt. 12) sowie daneben das Wappen des albertinischen Sachsen (oben links: Wappen von Thüringen, oben rechts: Wappen der Mark Meißen, unten links: das der Pfalzgrafschaft Sachsen, unten rechts: Landsberger Wappen)/154 14.5 Zustand Bsp.: gut – 1970 eventuell erneuert? (siehe Punkt 14.1) ■■■ 14.6 Sonstiges 15 Objektgeschichte Dieser Punkt stellt eine Datensammlung aller relevanten historischen Informationen zum Objekt dar. Für die Restaurierung von unmittelbarer Bedeutung sind hierbei Maßnahmen, welche direkt am (Bronze-)Objekt durchgeführt wurden – Reparaturen, Umsetzungen, Schutzüberzüge ... 124 Annegret Michel, Birgit Meißner 15.1 Auftraggeber Der Initiator beziehungsweise unmittelbare Auftraggeber eines Denkmals läßt sich meist nur durch Literatur- und Aktenrecherchen herausfinden und ist bei der ersten Schnellerfassung oft noch nicht feststellbar (es sei denn, es lassen sich widmende Gedenkinschriften finden). Bsp.: Kostenübernahme (Bronzefigur) durch das Ministe■■■ rium des Innern, Kunstfond /155, Finanzierung des Sockels durch die Stadt Marienberg 15.2 Historie Es können – je nach Notwendigkeit und Bedeutung – kurze Angaben zur Person der oder des Dargestellten, aber vor allem zur Entstehungsgeschichte und die sich daran anschließende Historie des Denkmals erläutert werden. Bsp.: Herzog Heinrich war der Regent der Ämter Freiberg ■■■ und Wolkenstein und kurzzeitig Kurfürst (1539 – 1541), 1521 gründete er die Bergstadt Marienberg, 1539 führte er in Sachsen die Reformation ein 15.3 Restaurierungen / Reparaturen In diesem Abschnitt werden sämtliche am Objekt oder in den Akten nachweisbare Veränderungen durch Restaurierungen oder Reparaturen aufgenommen, um anhand dieser Maßnahmen das jetzige Erscheinungsbild nachvollziehen und verstehen zu können. Bsp.: Ende 1970 wurde das Denkmal im Zuge einer Neu■■■ gestaltung des Marktes versetzt – 4,20 m bis 4,50 m (/157) nach hinten, 1,80 m nach links sowie 0,70 m tiefer (?), dabei wahrscheinlich Herstellung eines neuen Sockels /156 (aber auf alten Ansichten von gleicher Form und Höhe – eventuell nur neues Fundament); kein Hinweis auf Pflegearbeiten am Denkmal, Schrift und Wappen wurden aber sicher gereinigt und ein oder zwei Buchstaben in Blei ergänzt 16 Restauratorische Zustandsbeurteilung Dieser Teil der Objekterfassung wird bei einer geplanten Restaurierung in Zusammenarbeit mit einem Restaurator exakt erfaßt werden. Eine zuvor erstellte, kurze, stichpunktartige Schadensbewertung bietet in Zusammenhang mit einer Ortsbegehung und fotografischen Erfassung aber schon eine erste Hilfestellung. 16.1 Schadenserfassung 16.1.1 Oberfläche Hier wird die Oberfläche optisch charakterisiert sowie deren farbliche und strukturelle Merkmale festgehalten. Bsp.: farblich heterogene Oberfläche, unterste grüne ■■■ Schicht großflächig von bräunlich-schwarzen Schichten überlagert; darauf bzw. damit verbunden braune, selektiv zu meßbaren Schichten aufwachsende Bereiche mit Lochfraßbildung und Substanzverlust (vor allem in Regen-Schatten-Bereichen); hellgrüne, nur punktuell sichtbare Patina im Gesicht von schwarzer, fester Schicht überzogen; das Schwert ist unterhalb des Griffes abgebrochen (Nachguß anhand historischer Vorlagen möglich, da es sich lediglich um die Klinge handelt und der Ansatz noch vorhanden ist); der Zweihänder ist aufgetrieben (korrodierendes inneres Eisengerüst, Volumenzunahme verursachend) 16.1.2 Statik An dieser Stelle können Hinweise auf schadhafte Befestigungen (erkennbar beispielsweise an Rostablaufspuren), aber auch sonstige statische Probleme der Bronze (nachvollziehbar aufgrund fehlender Metallteile) und Vermutungen zur Befestigung des Denkmals aufgenommen werden. Bsp.: Verbindung zum Sockel bedingt instabil; Austritt von ■■■ Rostwasser (rostende Eisenarmierung?), Rostspuren auch an den Verbindungselemeten der Bronzeplinthe (Eisenschrauben, wahrscheinlich von 1970) 16.1.3 Dringlichkeitswertung Dieser Punkt wird direkt bei der Erfassung vor Ort relevant und kann zumeist erst dort bewertet werden. Es lassen sich hier auffällige Schadensbilder vermerken und klassifizieren, die unter Umständen zu einer tiefgreifenden oder gar irreparablen Schädigung des Objektes führen können und somit baldmöglichst behandelt oder zumindest neutralisiert werden müssen. Eine möglichst genaue Beschreibung in Zusammenhang mit fotografischen Aufnahmen erweist sich als notwendig, um im Nachhinein weitere Experten zu Rate ziehen zu können. Die Bewertung dieses Abschnittes ist für das Objekt von besonderer Bedeutung und sollte somit ständig von den Nutzern der Datenbank beobachtet und gegebenenfalls aktualisiert werden. Bsp.: Gefährdung der Statik – Verbindung der Figur zum ■■■ Sockel schadhaft, Stabilsierungsmaßnahmen oder Abnahme der Figur im Zuge der geplanten Restaurierungsmaßnahmen ist dringend erforderlich 16.2 Schadensursachen Sie lassen sich häufig aus vorangegangenen Punkten ableiten – die Zusammensetzung der Legierung kann beispielsweise Rückschlüsse auf das Korrosionsbild ermöglichen und hilft, es zu deuten und zu verstehen. Auch die Angaben zur Lage und Umgebung, zur Herstellung, zu Restaurierungen und Reparaturen können bei der Suche nach Schadensverursachern Antworten geben. Bei der Erstellung einer größeren Datenbank und den sich daraus ergebenden Vergleichen lassen sich dann hypothetische Schlußfolgerungen zur Charakteristik der Schadensbilder einer zeitlich oder materialtechnisch vergleichbaren Objektgruppe ziehen. Bsp.: statische Probleme möglicherweise verursacht durch ■■■ rostende Eisenarmierungen infolge eintretenden Wassers oder auch der Umsetzung des Denkmals in den siebziger Jahren (Anhebung mit schwerem Sockel), freistehende Lage der Figur (kein Windschutz), starke Luftverschmutzungen (Braunkohle-Industrie) ... 16.3 Maßnahmen – Empfehlungen Hier lassen sich Vorschläge – in komprimierter Form – oder auch detaillierte Ausführungen eines Restaurators plazieren. Das Standbild Herzog Heinrichs des Frommen 16.3.1 Sofortmaßnahmen Aus Punkt 16.1.3 lassen sich diese Maßnahmen ableiten und begründen. Bsp.: statische Sicherung beziehungsweise Abnahme der ■■■ Figur 16.3.2 Restaurierungs-/Konservierungskonzept Liegt eine positive Entscheidung bezüglich einer Restaurierung des Objektes vor, wird hier das Konzept des Restaurators (Voruntersuchungen, Behandlung der Oberflächen, gegebenenfalls Ergänzungen …) eingetragen.18 Bsp.: das Konzept für die Restaurierung des Herzog■■■ Heinrich-Denkmals wurde gemeinsam mit der ausführenden Restaurierungsfirma vom Landesamt für Denkmalpflege erstellt und beinhaltet im wesentlichen folgende Punkte: 1. … 2. … 16.3.3 Nachbehandlung/Pflegemaßnahmen Da die abschließende Behandlung eines restaurierten Objektes großen Einfluß auf seinen künftigen Schadensverlauf oder dessen Einhalt haben kann, ist eine genaue Erläuterung dieser Maßnahmen notwendig. So sollten an dieser Stelle sowohl das Material des aufgebrachten Schutzüberzuges, die Art seines Auftrages sowie gegebenenfalls ein Hinweis auf die Notwendigkeit regelmäßiger Pflegearbeiten aufgeführt werden. 17 Abbildungen Im Laufe der Arbeit an einem Objekt werden sowohl historische als auch aktuelle Abbildungen recherchiert beziehungsweise erstellt, die dann – auch auf längere Sicht betrachtet – als Arbeitsgrundlage dienen und archiviert werden. Vorgeschlagen wird für die Erfassung der Bronzedenkmäler die Herstellung von mindestens fünf Fotografien vor Ort – eine umfassende Aufnahme für eine Bewertung von Lage und Umgebung sowie Abbildungen des Objektes aus allen vier Himmelsrichtungen. Dies ist jedoch der »Minimalstandard«, hinzu kommen Fotografien auffälliger Details (Inschriften, spezifische Schadstellen, ungewöhnliche Oberflächenerscheinungen) sowie die Dokumentation sichtbarer restauratorischer oder anderer Veränderungen am Objekt. Die exakte Datierung der Aufnahmen stellt die Grundlage für eine Langzeitbeobachtung dar. Neben der Sammlung historischer Abbildungen19, die ständig erweitert werden kann, läßt sich auch ein Lageplan des Objektes einfügen. Die bilddokumentarische Sammlung kann sowohl analog als auch digital angelegt werden, letzteres hat – neben dem Schutz der Abbildungen – den Vorteil einer simultan abrufbaren, schnellen Verfügbarkeit aller Informationen. 18 Quellen Es werden alle vom Autor verwendeten Quellen aufgeführt (hier: numerisch verkürzt), so daß die einzelnen, daraus entnommenen Informationen gewertet und gegebenenfalls für weitere Forschungen verwendet werden können. Bsp.: 126: Lüer, Hermann: Kunstgeschichte der unedlen ■■■ Metalle. Schmiedeisen, Gusseisen, Bronze, Zinn, Blei und Zink. Stuttgart 1904, 154: Stadtverwaltung 125 Marienberg (Hg.): Marienberg – Ein Stadtführer. 155: …, 156: …, 157: … 19 Adressen Dieser Punkt stellt ein Arbeitswerkzeug im Zuge der Erfassung als auch vor allem der Restaurierung des jeweiligen Objektes dar. In die Adressensammlung, die ebenfalls ständig aktualisiert werden sollte, lassen sich Angaben zu Eigentümern, Restauratoren, Untersuchungslaboren, Archiven und Behörden ablegen. Dies erlaubt auch für spätere Nutzer eine zügige Einarbeitung und stellt kontinuierliche Möglichkeiten der Kontaktaufnahme bereit. Bsp.: Adresse des Eigentümers (Stadt Marienberg, Bauamt) ■■■ Adressen der Metall-Restauratoren 20 Sonstiges Hier lassen sich Ergänzungen, wie künftige Zeitvorgaben oder anderes eingliedern. Bsp.: Abnahme des Denkmals und Restaurierung kann – ■■■ in Absprache mit der Stadt Marienberg – erst ab Ende April 1998 erfolgen (nach einer Jubiläumsfeier am 16. 4.1998) Im Verlauf dieses Projektes entstanden exemplarisch modellhafte Erfassungsbeispiele, bei denen aufgrund der zeitlichen Begrenzung zumeist nicht alle oben genannten Charakteristika vollständig beantwortet werden konnten. Es erscheint aber wesentlich, mit der Registrierung des Standortes das jeweilige Objekt eindeutig zu definieren und festzuhalten. Diese Objekte sind dann sozusagen bindend auf der »Bronze-Landkarte« erfaßt und somit in einem bestimmten Umfang geschützt und in ihrem Bestand gewahrt, gleichzeitig stehen sie für eine Langzeitbeobachtung und –auswertung zur Verfügung. Darüber hinaus können fehlende Daten laufend ergänzt werden, weitere Objekte lassen sich problemlos einfügen, auch die Zusammenarbeit mit anderen Textdateien sowie Grafiken ist möglich. Die Informationen zum jeweiligen Objekt setzen sich aus den direkt vor Ort gesammelten Daten und den durch Literaturund Archivrecherchen und in Zusammenarbeit mit anderen Behörden und Institutionen gewonnenen Hinweisen zusammen, die zeitlich unabhängig voneinander erfaßt werden können. Diese Erfassung stellt den Beginn des »Lebenslaufes« eines Objektes dar und ist gleichzeitig Basis für eine spätere Bearbeitung und Ergänzung. Anmerkungen 1 Holzhaus, C. A.: Jubiläumsschrift Herzog Heinrich der Fromme, der Gründer Marienbergs. Ein Beitrag zur Geschichte des Erzgebirges. Marienberg 1889, S. 38 – 39. 2 Erzgebirgisches Nachrichten- und Anzeigenblatt. Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zu Lengefeld, Marienberg, Wolkenstein und Zöblitz. No. 92, 1900. Marienberg, den 2. August. 3 Blaschke, Karlheinz: Der Fürstenzug zu Dresden. Denkmal und Geschichte des Hauses Wettin. Leipzig, Jena, Berlin 1991, S. 135. 4 Blaschke 1991 (wie Anm. 3), S. 139; Meinhold, Theodor (Hrsg.): Der Fries der Sgraffito-Bilder des sächsischen Fürstenhauses am königlichen Schlosse in Dresden (Augustusstraße) ausgeführt von W. Walther. Dresden und Leipzig 1875, S. 20: »… Heinrich ließ seine Kinder gut erziehen, war aber sonst schwach und ließ sich lieber von seiner herrschsüchtigen Gemahlin Katharina von Mecklenburg oder von Johann Friedrich leiten. Letzterer führte eigent- 126 5 6 7 8 9 10 11 12 Annegret Michel, Birgit Meißner lich auch im neu erworbenen Herzogthume die Reformation ein, indeß Heinrich seine Freude an der Jagd, an riesenhaften Kanonen und lustigen Gelagen hatte. …«. Blaschke 1991 (wie Anm. 3), S. 135; vgl. auch Dehio, Georg: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Sachsen II. Regierungsbezirke Leipzig und Chemnitz. München, Berlin 1998, S. 673 f.: »… 1521 Gründung der Stadt durch Herzog Heinrich den Frommen. Nach Plan von Ulrich Rülein aus Calw Anlage der Stadt auf schachbrettartigem Grundriß. In den folgenden Jahren große wirtschaftliche Blüte durch den Erzbergbau, die in den repräsentativen öffentlichen Gebäuden der zunehmenden Errichtung von Steinhäusern sowie dem Bau der Stadtmauer 1541 – 66 zum Ausdruck kam (von dieser nach fast vollständiger Abtragung E. 19. Jh., noch der Zschopauer Torturm und der Rote Turm erhalten). …«. siehe Erfassungsbogen von Birgit Meißner im Rahmen der Inventarisationsarbeit der Bronzeprojektes. Assfalg, Elke, Elena Koci, Christian Gruber et al.: Zwischenbericht dbu 1/07/97 si. DBU-Projekt »Konservierung von Bronze und Galvanoplastik«. Bronzestandbild Herzog Heinrich der Fromme, Marienberg. 1997, S. 16. siehe in diesem Heft: Mach, Martin und Stefan Simon: Metallanalysen freibewitterter Bronzedenkmäler. S. 55 –76, hier: S. 60 –63. Detail-Informationen sind in der Dokumentation der ausführenden Restaurierungsfirma nachzulesen: Fa. Fuchs+Girke. Restaurierungsdokumentation Bronzestandbild »Herzog Heinrich der Fromme«. Ottendorf-Okrilla 1999. Dokumentationsarchiv des Landesamtes für Denkmalpflege Sachsen. Mikrokristallines Wachs TeCero 30201 und TeCero 30410 der Fa. Tromm, gelöst in Siedegrenzbenzin 100/140. Mikrokristallines Wachs TeCero 30201 der Firma Tromm, Köln, unter Zusatz von Eisenoxid-Schwarz-Pigmenten. Die zeitliche Eingrenzung der zu erfassenden Bronzeobjekte wurde kontrovers diskutiert, die Verfasserin plädierte dafür, auch neuere Kunstwerke wenigstens mit ihrem Standort sowie fotografisch zu registrieren und somit eindeutig zu definieren, da sich auch der Werkstoff Bronze verändert und im Rahmen des Projektes und darüber hinaus der Einfluß von Material-, Zeit- und Umweltfaktoren untersucht werden soll. Bronzeplastiken jüngeren 13 14 15 16 17 18 19 Datums bieten sich somit zu Vergleichszwecken an und können – nachdem sie nun erfaßt worden sind – in späteren Jahren erneut untersucht und im Sinne des Projektes beurteilt werden. Ist diese Bezeichnung vom Bearbeiter selbst vergeben worden und hat somit vorerst eher inoffiziellen Charakter, wurde dieser Status durch »…« gekennzeichnet. Dies können sowohl Akten, Fach- und Regionalliteratur, mündliche Aussagen oder Inschriften am Denkmal, notfalls auch eigene Schätzungen sein. Ist im Erfassungstext keine Quellenangabe vermerkt, handelt es sich um eigene Formulierungen und Gedanken. Wichtig erscheint der Verweis auf die Quelle auch unter dem Aspekt der Wertung der entsprechenden Aussage, zudem ist damit die Möglichkeit für weitere Nachforschungen zu einem späteren Zeitpunkt gegeben. Die einzelnen Literatur- bzw. Quellenhinweise sind in dieser Datenbank durch Zahlen verschlüsselt, so meint zum Beispiel hier »/126«: Lüer, Hermann: Kunstgeschichte der unedlen Metalle. Schmiedeisen, Gusseisen, Bronze, Zinn, Blei und Zink. Stuttgart 1904. So ist bei großen Objekten eine entsprechende Vermessungstechnik notwendig; darum wurden diese Angaben nur bei den für das Bronzeprojekt relevanten und bei allen unkompliziert zu vermessenden Bronzen (Zeitaufwand!) ermittelt. Im allgemeinen ist auf das Äußere und den Zustand der Bronzeplastik größeres Augenmerk als auf den Sockel gelegt worden – dieser wurde oft nur dann repariert, wenn sich statische Probleme ergaben, da er vorrangig in einer Nutzfunktion gesehen wurde. Natürlich wird für jedes zu restaurierende Objekt unabhängig davon eine Restaurierungsdokumentation gefordert und erstellt werden, jedoch erweist es sich nach Meinung der Verfasserin als zweckmäßig, alle Informationen zu einer Problematik – wenn auch in verkürzter Form – an einer Stelle zusammenzutragen. Wichtig ist hier der Quellenhinweis, da nicht alle Fotos oder Zeichnungen der Datenbank angefügt werden können. Abbildungsnachweis Landesamt für Denkmalpflege Sachsen: Abb. 2 –11 Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Deutsche Fotothek: Abb. 1 127 Galvanoplastik – Geschichte einer Technik aus dem 19. Jahrhundert Birgit Meißner, Anke Doktor Ein immer seltener zu findendes Phänomen sind die galvanoplastisch hergestellten Kupferfiguren, die um die Jahrhundertwende äußerst zahlreich vor allem auf den städtischen Friedhöfen Aufstellung fanden. Die Grabdenkmäler zeigen einen charakteristischen Formenreichtum, der von überlebensgroßen Engel- und Christusfiguren und weiblichen Trauernden bis hin zu kleinen Kruzifixen, Kränzen und Reliefs reichte. Dieser Grabschmuck fand Ende des 19. Jahrhunderts recht schnelle Verbreitung, meist in Auftrag gegeben von Vertretern des mittleren Bürgertums. So konnten diese sich eine äußerlich nur schwer von einer »echten« Bronzeplastik zu unterscheidende Grabzierde leisten, die zudem noch erheblich preiswerter war. Aus verkaufstechnischen Gründen als Galvanobronze bezeichnet1, hatte hier vor allem die Württembergische Metallwarenfabrik (WMF) Geislingen/ Steige mit ihrer ausgeklügelten Produktionstechnik und einem nahezu flächendeckenden Vertriebssystem Anteil an der zu jener Zeit deutschlandweit umfangreichen Verbreitung der Galvanoplastik. Einige dieser kunstindustriellen Produkte sind heute noch erhalten, obwohl ihr Material in Kriegszeiten – genau wie zum Teil auch das der Bronzedenkmäler – für die Rüstungsindustrie verwendet wurde.2 Die verschiedenen Materialien der Kerngalvanoplastik machen sie zu einem komplexen, schwer zu restaurierenden 1 Hohlgalvanoplastik auf einem Dresdner Friedhof, nach WMFKatalog Nr. 953 System. Beginnend mit dem geschichtlichen Hintergrund dieser Kunstgattung soll das »Geheimnis Galvanoplastik« Stück für Stück gelüftet werden. Geschichte der Galvanoplastik Es gibt Vermutungen darüber, daß die Anfänge der Galvanotechnik bis in die Jahrhunderte vor unserer Zeitrechnung zurückreichen. Dafür sprechen Funde bei Ausgrabungen in der Nähe von Bagdad in den 1950er Jahren, die Geräte hervorbrachten, welche für die Anwendung galvanischer Verfahren dienen konnten. Es handelt sich hier vermutlich um frühe Formen von Batterien. Zudem wurden in Pharaonengräbern vergoldete Gegenstände gefunden, die nicht durch Aufhämmern von Blattgold, sondern elektrolytisch vergoldet wurden. Ebenso wird von zahlreichen verkupferten Tongefäßen, Figuren und hölzernen Lanzenspitzen berichtet. Auch die Herstellung einer lebensgroßen Statuette aus dünnem Kupfer und von geringem Gewicht kann kaum anders als auf elektrolytischem Wege erklärt werden. Bis aus der eher zufällig gefundenen Elektrizität eine Wissenschaft entstanden war, die solche Vorgänge deuten konnte, dauerte es allerdings noch über zweitausend Jahre, in denen nicht immer kontinuierlich an diesem Geheimnis geforscht wurde. Bis vor etwa 300 Jahren blieben die Kenntnisse über die Elektrizität fast unverändert auf jenem Stand. Erst als eine Stromquelle gefunden wurde, die kontinuierlich Strom lieferte, gab es eine Wende und damit den Beginn der Elektrochemie und somit auch der Galvanotechnik.3 Die Geschichte der Galvanoplastik begann mit der Entdeckung der Elektrizität und ihrer Entwicklung seit dem 18. Jahrhundert. Der Mediziner und Anatomieprofessor Luigi Galvani (1737–1798) erlangte um 1780 grundlegende Kenntnisse über die Elektrochemie, die von Beobachtungen an Froschbeinen ausgingen. Er hatte diese auf Kupferhaken an einem Eisengeländer aufgehängt, und immer, wenn der Kontakt zwischen dem Kupfer und dem Eisen unterbrochen und dann wieder hergestellt wurde, zuckten die Muskeln. Die aus diesen Beobachtungen entstandenen Theorien entwickelte Alessandro Volta (1745 –1827) weiter. 1805 wurde von Voltas Schüler Lodovico Brugnatelli erstmals eine Silbermünze galvanisch vergoldet. Danach folgten ständige Verbesserungen des Verfahrens, so daß bereits im Jahre 1834 in der Silberwarenfabrik Elkington galvanisch vergoldet werden konnte. Die Oberflächenveredelung auf galvanischem Wege verdrängte so immer mehr die klassische Feuervergoldung. Auf dieser Basis gelang es Moritz von Jakobi, der als der Erfinder der Galvanoplastik gilt, im Jahre 1838 ein Verfahren vorzustellen, mit dem metallische Abformungen von Münzen 128 Birgit Meißner, Anke Doktor und ähnlichem hergestellt werden konnten. Hinzu kam zwei Jahre später die Entdeckung, daß sich durch das Aufbringen einer elektrisch leitfähigen Graphitschicht nichtleitende Materialien wie Holz, Gips oder Leimformen galvanisch verkupfern lassen. Durch die Entwicklung der Dynamomaschine durch Werner von Siemens im Jahre 1867 konnte endlich auch genügend Strom produziert werden, so daß der Weg zur industriellen Anwendung der Galvanoplastik frei wurde.4 Als Ferdinand von Miller, der damals weit über die Grenzen Deutschlands hinaus berühmte Münchner Erzgießer, Mitte des 19. Jahrhunderts von der industriellen Anwendung der Galvanoplastik erfuhr, fürchtete er zunächst, daß sie die Herstellung von Bronzen überflüssig machen würde: »... Professor Steinheil, der Pionier auf dem Gebiete der elektrischen Telegraphie, kam in die Erzgießerei, um Stiglmaier zu erzählen, was Jakobi in Rußland und der Herzog von Leuchtenberg in München mit Hilfe der Elektrizität zu wege gebracht hätten. Man brauche keine Öfen mehr, man hänge das Modell in ein Bad mit Kupferlösung, und dann überziehe es sich mit Hilfe des elektrischen Stromes mit einer Metallkruste, die genau die Form des Modells wiedergäbe ...«.5 Zu dieser Zeit brüsteten sich vor allem französische Fabrikanten von Galvanoplastiken damit, selbst riesengroße Figuren wie beispielsweise die Bavaria in München (Abb. 3) auf galvanischem Wege herstellen zu können. Miller informierte sich in Paris über den Herstellungsprozeß und verfolgte den Werdegang eines Riesenadlers, der letztendlich nicht gelang. Nach seiner Rückkehr probierten er und seine Frau auch selber galvanoplastische Arbeiten aus: »... Es gelang dem Ehepaar, nicht nur Gips, sondern auch Blumen, Schmetterlinge und manches andere ausgezeichnet galvanisch zu überziehen. Auch größere Arbeiten fielen sehr gut aus. Das sprach sich bald herum. Adlige Damen des Hofes begannen fleißig, Millers zu besuchen mit der Bitte, ihnen Blumensträuße, Brautkränze und alles mögliche andere doch aus Gefälligkeit zu überziehen ...«.6 Als Miller gesehen hatte, daß die sehr großen Arbeiten wie der genannte Adler galvanoplastisch nur schwer hergestellt werden konnten, brauchte er nicht mehr zu fürchten, daß seine Kunst der Erzgießerei überflüssig werden würde. Die Württembergische Metallwarenfabrik Geislingen/ Steige (WMF) Die WMF – heute als Hersteller von Haushaltswaren bekannt – hatte 1890 nach dem Kauf der »Kunstanstalt für Galvanoplastik München« die Technik der Galvanisierung nahezu perfektioniert und ein zumindest in Deutschland annähernd flächendeckendes Vertriebssystem aufgebaut. Filialen existierten nicht nur in Berlin, München, Hamburg und Stuttgart, sondern auch in London, Warschau und in Wien. Dennoch wurde der Kauf der Münchner Galvanoplastikfabrik in den ersten Jahren von der WMF als Fehlinvestition betrachtet. Nur dem persönlichen Engagement eines der Mitbegründer der WMF, der in dem neuen Verfahren der Galvanisierung eine große Zukunft sah, ist es zu verdanken, daß der Betrieb nicht wieder veräußert wurde. Einen gewissen Umsatz erzielte man zu Anfang vor allem mit kleinen Statuetten, nach 1902 dominierten dann Grabplastiken die galvanoplastische Produktion. 2 Kerngalvanoplastische Grabfigur vom Münchner Ostfriedhof mit typischen Schäden: abgefallene Hand, freiliegende Eisenarmierung, geplatzte Kupferhaut, Korrosionsschäden Dennoch war die Abteilung Galvanobronze bis 1914 nur mit maximal 5% am Gesamtumsatz der WMF beteiligt.7 Es wurde ein umfangreiches Marketingkonzept erarbeitet und in Form verschiedener Werbemaßnahmen ausgeschöpft. Die noch unbekannte Technik und ihre Produkte sollten unter den potentiellen Auftraggebern popularisiert und gleichzeitig eine Art »künstlerische Wertigkeit« und Akzeptanz geschaffen werden. So begann man ab 1890 mit dem Kopieren antiker Statuen, die in verkleinerter Form mit einer maximalen Höhe von etwa 1 m als Zimmerschmuck dienten, bevor man – nun technisch dazu in der Lage – nicht nur Figuren aus diesem Themenkreis, sondern auch die Angebotspalette selbst vergrößerte. Aber auch die WMF stand mit ihrer seriellen Fertigung von Plastiken im Spannungsfeld des industrialisierten 19. Jahrhunderts. Traditionelle Handarbeit, die Produktion in Manufakturen, das klassische Handwerk also standen im Gegensatz zur anonymen spezialisierten und maschinellen Großfertigung. Deren Kritiker setzten häufig eine industrielle Fertigung mit künstlerischer Wertminderung gleich, bewirkten damit manchmal aber auch eine Rückbesinnung auf traditionelle, gleichwohl ausgeklügelte Techniken der Renaissanceund Barockzeit. Nachweisbar ist dies im Bereich des MetallKunsthandwerks sowohl für die Bronzegießerei als auch für die Schmiede- und Schlosserkunst. Darum setzte die WMF auf viele ihrer Grabfiguren die Signatur des (möglichst populären) Künstlers und nannte in Galvanoplastik – Geschichte einer Technik aus dem 19. Jahrhundert 3 Bavaria in München, Modell: Ludwig von Schwanthaler, Bronzeguß: Ferdinand von Miller, 1843 –1853 129 ihren Katalogen unter den jeweiligen Abbildungen der lieferbaren Figuren den entwerfenden Künstler mit Titel (Professor Pohlmann, Professor Neri ...). Ein heute argumentativ amüsanter, wenngleich wenig befriedigender Versuch, dem »Markenziel Bronze« näher zu rücken, ist einer Broschüre der Münchner Kunstanstalt für galvanoplastische Bronzen von 1893 – damals schon Teil der WMF – zu entnehmen: »...Der Hauptbestandteil der ächten Bronzen ist also das Kupfer und es liegt in dem Vorherrschen dieses Metalls das Merkmal der Aechtheit der Bronze. Da das reine Kupfer ... zum Gusse untauglich ist, so mußte man dem Mißstande durch Beigabe anderer Metalle abhelfen ... Je größer nun der Kupfergehalt genommen werden kann, desto mehr gewinnt die Bronze an Aechtheit und eine getriebene oder galvanoplastische Arbeit aus lauterem Kupfer repräsentiert also gewissermaßen die höchste Stufe ächter Bronze ...«.8 Um die Gleichwertigkeit zum Bronzeguß dieser sehr denkmalfreudigen Zeit aufzuzeigen, wurden einige bedeutende Bronzeplastiken der Kunstgeschichte als »dreidimensionale Visitenkarten« kopiert und zum Teil in Einzelbroschüren präsentiert.9 Zu nennen wären hier beispielsweise die galvanoplastischen Kopien der Bronzetüren des Florentinischen Baptisteriums von Lorenzo Ghiberti, die jetzt im Ausstellungsraum der WMF in Geislingen zu besichtigen sind. Auch die Reiterstandbilder des Bamberger Reiters, des Condottiere Bartolommeo Colleoni (Andrea Verrocchio, Venedig) sowie des Großen Kurfürsten (Andreas Schlüter, Berlin) wurden galvanisch hergestellt und dienten als Beweis der Kunstfertigkeit des Verfahrens und des technischen Vermögens ihres Herstellers (Abb. 5).10 Um dies zu demonstrieren, formte man auch äußerst feingliedrige Dinge wie verschiedene Lederarten ab. Besonders spektakulär muß hier die Kupferkopie einer Schlangenhaut gewirkt haben – als Bestandteil eines ausgeklügelten Werbefeldzuges, der die Markteinführung eines neuen Produktes und der zugehörigen Technologie unterstützen sollte. Repräsentative zeitgenössische Fotografien der einzelnen Werkstätten zeigen deutlich, daß der Verkauf eines Produktes nun nicht mehr nur über ansprechend gestaltete Kataloge und Filialen vorangetrieben werden sollte, sondern auch die Präsentation der neuen Technologie und des Produktionsablaufes selbst zur Prestigebildung herangezogen wurden – ein erster Schritt in Richtung moderner Firmenkultur und »corporate identity«. Die Angebotspalette der Firma war immens und wurde im halbjährlichen Abstand durch eine Vorstellung von Neuheiten erweitert11, andererseits wurden schlecht absetzbare Modelle aus den Katalogen gestrichen und nur noch auf Sonderwunsch angefertigt. Für jede Gattung gab es Kataloge und Preisverzeichnisse (Abb. 6), in denen die angebotenen Produkte in Bild, Größe und Preis präsentiert wurden. Zudem unterstrichen abgedruckte lobende Zeugnisse einiger, möglichst anerkannter Auftraggeber den Anspruch der neuen Technik: » ...Von der Reise zurück finde ich Ihre Sendung von 3 Figuren, sowie eine Ringergruppe und 1 Venus vor. Ich bin mit allen Gegenständen ausserordentlich zufrieden, sowohl was Niederschlag als Patinierung anbetrifft, und werde später wieder darauf zurückgreifen. ... Professor Hermann Prell (Direktor der Kunst-Akademie) ... DRESDEN ...«.12 Neben diversem Grabschmuck konnten Büsten, Statuen, Inschriften- und Relieftafeln für öffentliche und private Zwecke, Kriegerdenkmäler, aber auch verschiedenes Kirchen- 130 Birgit Meißner, Anke Doktor 4 Werkstätten der Württembergischen Metallwarenfabrik Geislingen/Steige, um 1900 gerät, Kruzifixe, Kerzenständer, Lampen, Pokale und vieles mehr bestellt werden. Beliebt waren Memoralien: Kinderschuhe wurden mit einem galvanischen Überzug versehen und aufbewahrt, Pflanzen – bevorzugt Rosen – verkupfert. Auch Bauornamente wurden angeboten und aufgrund ihres gegenüber der Bronze deutlich geringeren Gewichtes und Kostenaufwandes gern verwendet. Einen wissenschaftlichen Anspruch konnte die WMF mit eigenen Katalogen zu aktuellen Ausgrabungsfunden herstellen.13 Die dort entdeckten Münzen und anderen Objekte aus Metall wurden der Firma für eine detailgetreue Abformung geliehen, die galvanoplastischen Kopien dann an verschiedene Museen verkauft. Der Entwurf der Modelle für die Grabplastiken erfolgte teilweise in den Werkstätten der WMF (in diesem Fall erfolgte keine Namensnennung des Künstlers in den Katalogen), zum großen Teil aber auch in den Ateliers freischaffender Bildhauer. Neben der Zusammenarbeit mit populären Künstlern der Zeit, deren Entwürfe sogar in eigenen Katalogen präsentiert wurden14, entwickelte sich mit einigen Bildhauern wie Hans Dammann, Gustav Eberlein und Heinrich Pohlmann eine kontinuierliche Zusammenarbeit. Deren Entwürfe wurden oft mit allen Rechten gekauft, der Künstler erhielt eine einmalige Geldzahlung. Es konnten nun – nach Kundenwunsch – immer wieder Veränderungen an diesem Modell ausgeführt werden, so zum Beispiel am Modell Nr. 727 – hier wurden für einzelne Besteller Änderungen vorgenommen, hauptsächlich am Gewandverlauf.15 Eine weitere praktizierte Variante bestand darin, dem Künstler pro verkauftem Objekt einen zuvor vereinbarten Anteil auszuzahlen, Veränderungen am Modell bedurften gegenseitiger Absprachen.16 Nahezu alle Figuren konnten in verschiedenen vorher festgelegten Größen bestellt werden. Neben dieser Größenvarietät waren einige Figuren auch in abweichenden Ausführungen bestellbar (Abb. 7–10). Die Vielfalt der Modifikationen richtete sich nach den technologischen Gegebenheiten. Da die Plastiken aus mehreren Teilen zusammengesetzt wurden, konnten an diese Nahtstellen auch andere Elemente alternativ angesetzt werden. So war eine Engelsfigur entweder mit gesenkten oder mit erhobenen Flügeln lieferbar.17 Der heute noch am häufigsten anzutreffende Typus Nr. 727 von Raimund 5 Großer Kurfürst, Modell von Andreas Schlüter: Herstellung der galvanoplastischen Kopie des Reiterstandbildes, WMF 6 Auszug aus der Preisliste des WMF-Kataloges von 1919 mit genauen Angaben zu den verkäuflichen Grabmälern Liebhaber hielt nach Wunsch eine Rose (727a) oder einen Palmenzweig in der Hand (727b), zu einem Preis von jeweils 700 M (1903). Er konnte aber auch – für 800 M – vor einem großen Kreuz aufgestellt geliefert werden (727c). All diese Figuren waren entsprechend preiswerter auch ohne Flügel erhältlich.18 Allerdings muß das Wort »preiswert« relativiert werden, denn um 1900 verdiente ein einfacher Metallarbeiter der WMF etwa 800 M.19 Die Berechnung des Preises einer solchen Figur erfolgte auf unterschiedlichem Wege.20 Je nach Größe und Form der Figur wurde die Oberfläche in dm2 (1) festgelegt. Diese Maßangabe Galvanoplastik – Geschichte einer Technik aus dem 19. Jahrhundert multiplizierte man mit einem Faktor (2), der vermutlich den gesamten Arbeitsaufwand inclusive Lohnkosten, Arbeitszeit, Modellherstellung, Werkzeugen abdecken sollte. Der berechnete Betrag (3) wurde verdoppelt – dies stellte sicher die Gewinnspanne der WMF dar. Die Größe der Oberfläche war auch für den Materialverbrauch an Kupfer ausschlaggebend, da die zu erreichenden Wandstärken abhängig von der Wahl der Technik (Hohl- oder Kerngalvanoplastik) fast konstant und somit berechenbar blieben (4). Je nach Künstlervertrag schlug man zum neuen Zwischenwert ca. 10% sogenannten Modellanteil (5) auf (hier wahrscheinlich: Anteil für den Entwerfenden pro verkauftem Exemplar). Letztendlich erhielt auch der Händler einen bestimmten Betrag (oft ca. 25%) für eine verkaufte Figur (6). »Nr. 10584 ... Figur allein 135 dm (1) á 5 ,– (2) M 675,– (3) +100 % M 675 ,– M 1 350 ,– 30 kg Ku 12,– M 360,– (4) M 1 710 ,– 10% Modellanteil M 170,– (5) M 1 880 ,– +% M 470,– (6) M 2 350 ,– …« 21 7 Bestell-Nr. 831 aus einem Katalog der WMF, Weibliche Trauernde vor einem Kreuz stehend 131 Die Summe von 2 350 M stellte in diesem Fall den Verkaufspreis dar. Die Flexibilität bei der Herstellung zeigte die WMF auch im Vertrieb. Nachdem von 1898 bis 1902 zuerst galvanoplastische Denkmäler für Angehörige des preußischen Königshauses, kurz danach die Herstellung von Denkmälern aus »... minderwertigem Material, wie Galvanobronze usw. ...«22 völlig untersagt wurde, versuchte die Firma erneut, den künstlerischen und qualitativen Anspruch ihrer Produkte nachzuweisen. Als eigene Idee wurde nun darauf geachtet, daß pro Friedhof jeweils nur noch eine beschränkte Anzahl von Figuren eines Typs aufgestellt werden sollte.23 Hierüber wurde genau Buch geführt und die Sperrvermerke in den aktuellen Katalogen publiziert. In den handschriftlich geführten Heften waren zahlreiche Angaben zum Kunstwerk, meist nebst einer Abbildung, nachzulesen: Notizen zum Künstler, zur Größe des Modells, Katalognummer und Preis konnten ebensogut wie Hinweise zu Auftraggebern und Lieferorten nachgeschlagen werden. Diese Buchführung ist zumindest für die Jahre 1901–1933 nachweisbar. Galvanoplastische Herstellungsverfahren Die Galvanotechnik ist heute ein aus dem Alltag nicht mehr wegzudenkendes Verfahren, das vorwiegend zur Oberflächenveredelung von technischen Geräten, aber auch für Dinge des 8 Bestell-Nr. 912, die Figur ist mit Nr. 831 identisch, lediglich der Hintergrund wurde durch eine Säule variiert 132 Birgit Meißner, Anke Doktor täglichen Gebrauchs zur Anwendung kommt. Natürlich ist das Verfahren im Laufe der Zeit stets weiter optimiert und automatisiert worden, jedoch ist das Grundprinzip immer noch dasselbe wie um die Jahrhundertwende. Dieser Teil informiert über die genaue Technik der Herstellung von Galvanoplastik, wie sie in der Württembergischen Metallwarenfabrik praktiziert wurde und von der es grundsätzlich zwei Arten gibt: die Hohl- und die Kerngalvanoplastik. Die Hohlgalvanoplastik 9 Nr. 831 auf einem Dresdner Friedhof 10 Nr. 912 – hier in Sandstein! – ein Zeugnis der Popularität derartiger Figuren zu Beginn des 20. Jahrhunderts Zur Herstellung einer Hohlgalvanoplastik wird zunächst vom Original mit Hilfe von Gips, Guttapercha, Leim oder in neuerer Zeit Silikon eine Abformung als Negativ angefertigt. War eine Künstlersignatur vorgesehen, ist diese spiegelverkehrt in den Gips geschnitten worden, so daß sie nach der Galvanisierung erhaben hervortrat. Die Form wird dann mit Graphitpulver elektrisch leitend gemacht und in das galvanische Bad gehängt, das in den meisten Fällen aus einer Mischung von Kupfersulfat und Schwefelsäure besteht. Hierzu gibt LANGBEIN in seinem Buch für spezielle Anwendungen verschiedene detaillierte Rezepte an.24 Abb. 11 zeigt eine historische Darstellung des galvanischen Bades, in dem eine Positivform aus Guttapercha hängt. Mit Hilfe von Kupferschrauben, die an weniger sichtbaren Stellen der Figur angebracht wurden, sowie daran befestigten Kupferdrähten wird der Strom flächendeckend an der Graphitoberfläche angelegt.25 Der Graphit wird mit Hilfe einer Bürste oder mit entsprechenden Graphitiermaschinen aufgebracht, so daß er homogen auf der Formoberfläche verteilt ist und keine Lücken aufweist. Danach sollte die komplette Form ein metallisch glänzendes Aussehen haben. Bei Hohlgalvanoplastiken werden die Bäder leicht bewegt, damit auch die tiefen Stellen der Form erreicht werden können. Hierbei ist aber darauf zu achten, daß sich absetzender Anodenschlamm nicht aufgewirbelt wird und den Kupferniederschlag stört. Das Bewegen der Bäder wird meist durch ein Umpumpen über Filter erzielt. Hohlgalvanoplastiken bestehen meist aus miteinander verlöteten Einzelteilen. Partiell wird bei besonders dünnwandigen Gegenständen durch ein Ausschwemmen mit Zinn oder Weichlot und durch das Einstreuen von Kupferspänen eine größere Stabilität erreicht. Die Lötnähte werden nachgearbeitet und die komplette Figur überpoliert. Dann kommt die ganze Figur zum Übergalvanisieren erneut ins Bad, um die Bearbeitungsspuren mit einer dünnen Kupferschicht zu verdecken.26 Dabei muß die Figur allerdings vollständig abgedeckt werden, so daß nur die Lötnähte frei bleiben. Durch eine spezielle Technik wird erreicht, daß die Lötstellen keine Kanten bekommen, sondern sich an die übrige Kupferhaut optimal anpassen.27 Die Kopie eines Originals in Hohlgalvanotechnik ist – bei sorgfältiger Abformung der Gipsnegativschalen – ein sehr exaktes Abbild, das die ursprüngliche Künstlerhandschrift sehr gut erkennen läßt. Dennoch ist auch heute noch ein Gleichsetzen von Unikat mit hohem künstlerischen Anspruch feststellbar. In logischer Konsequenz hierzu steht die Identifikation von einem in großer Stückzahl erhältlichen Produkt mit künstlerischer Minderwertigkeit. Demzufolge scheint eine Bestellung mittels Katalog den Wert des Objekte per se zu Galvanoplastik – Geschichte einer Technik aus dem 19. Jahrhundert 11 Galvanisches Bad mit einer Positivform und Stromzuführungen 133 mindern, die Beauftragung eines Künstlers mit einem Unikat hingegen diesen gleichwohl zu erhöhen. Ein durchschnittlich verdienender Bürger ohne Vermögen könnte somit – folgte man dieser fragwürdigen Logik – nie ein Kunstwerk besitzen (es sei denn, es ist ererbt). In der Literatur werden galvanoplastische Relief-Arbeiten der WMF erwähnt, die bis zu 17m hoch waren.28 Andere hohlgalvanoplastische Figuren, wie zum Beispiel die Gruppe für die Filiale Prag der Riunione Adriatica di Sicurta (Triest), erreichten eine Höhe von 5,10m und eine Breite von 5,50m. Die Figuren auf der Oper in Paris – allerdings nicht von der WMF – sind etwa 10m hoch. Bei der WMF war es möglich, eine Figur in verschiedenen Größen von 31cm bis zu 4 m zu bestellen. Ein Beispiel der Verkleinerungen zeigt Abb. 12. Zur Herstellung eines Modells in einem anderen Maßstab bedienten sich die verschiedenen Firmen einer Kopiermaschine, die nach dem Prinzip des Storchschnabels beziehungsweise Panthographen arbeitet. An einem Ende befindet sich ein Stift und an dem anderen Ende ein rotierender Meißel. Während mit dem Stift von oben nach unten Millimeter für Millimeter des Originals abgetastet wird, schält der rotierende Meißel die abzuformende Plastik in der gewünschten Größe aus einem Gipsblock.29 Die Kerngalvanoplastik 12 Mit dem Verkleinerungsapparat der WMF war die Herstellung der Gipsformen in fast jeder Größe möglich. Bei einer Kerngalvanoplastik wird zunächst eine Gipskopie des Originalmodells angefertigt. Die dafür hergestellte Negativform wird mit Gips ausgegossen und zur zusätzlichen Stabilisierung mit einem Eisengerüst versehen. Hierzu werden einzelne, nicht miteinander verbundene Rund- oder Vierkantschmiedeeisen in den noch weichen Gips gesteckt. Eine eventuelle Künstlersignatur wird direkt in den Gips hineingeschnitten, nach der Galvanisierung liegt sie dann geringfügig unter dem Oberflächenniveau. Die erhärtete Gipsfigur wird anschließend imprägniert. Diese Imprägnierung ist notwendig, damit das Bad nicht in die Form eindringen kann. Dies würde später zu unerwünschten Reaktionen mit der Metalloberfläche führen und den Verfall der Plastik beschleunigen. In einem Gutachten über die ausgeführten Arbeiten der WMF heißt es zudem, daß die Festigkeit des Gipskernes durch das Imprägnieren um das Fünffache erhöht wurde. Dadurch und durch die Tatsache, daß die Kernsubstanzen Gips und Imprägnierungsmittel nicht miteinander reagieren, garantierte die WMF eine Dauerhaftigkeit der Kerngalvanoplastiken, die der von Hohlgalvanoplastiken und Kupfertreibarbeiten gleichen sollte.30 Imprägnierung 13 Schematische Darstellung des galvanischen Prozesses im Elektrolysebad Bei LANGBEIN findet man die Anleitung, die fertige Gipsform mit der Bildseite nach oben in geschmolzenes Wachs oder Stearin zu hängen.31 Dabei muß die Form nicht ganz untertauchen, denn aufgrund der Kapillarität des Gipses saugt sie sich von der Rückseite her voll. Die so imprägnierte Form wird – ebenfalls mit der Bildseite nach oben – zum Trocknen in einen Ofen gelegt. Überschüssiges Wachs läuft so auf der Rückseite wieder heraus. Auf diese Weise wird die Oberfläche einer Figur nicht durch anhaftendes Wachs verfälscht. 134 Birgit Meißner, Anke Doktor LANGBEIN erwähnt weiterhin eine Mixtur eines Imprägnierungsmittels (nach einem Patent von Greiff ), bei der es sich um ein Gemisch aus 70 T. Steinkohlenteerpech, 20 T. Reten (7Isopropyl-1-methylphenantren) und 10 T. Naphtalin handelt. Diese Masse wird über Dampf geschmolzen und die Form hineingelegt. Schon nach kurzer Zeit soll die Imprägnierung durch die Form gedrungen sein. In dieser Mischung wird erstmals Reten als Imprägnierungsmittel erwähnt, dabei handelt es sich um ein Abbauprodukt der Harzsäuren. Bei Untersuchungen von Gipskernen findet man fast immer eine Kolophonium-Paraffin-Mischung als Imprägnierungsmittel. Kolophonium ist ein Hart-Harz, das aus dem Rohbalsam der Koniferen gewonnen wird. Die wichtigste Quelle für Kolophonium ist Terpentin, bei dessen Wasserdampfdestillation zwischen 70 und 85% Kolophonium anfällt. Im wesentlichen besteht es aus Harzsäuren, von denen die wichtigste die Abietinsäure ist, die etwa 40% der vorhandenen Säuren ausmacht.32 Bei einem strukturellen Vergleich von Reten und Abietinsäure wird deutlich, daß sich Reten unter bestimmten Bedingungen aus der Abietinsäure entwickeln kann. Hier läßt sich vermutlich eine Verbindung herstellen zwischen der Patent-Imprägnierung nach Greiff und der späteren Verwendung von Kolophonium als Imprägnierungsmittel. Dabei wird genauso verfahren wie bei der Wachstränkung. Die Gipsform wird in ein Bad gehängt, das aus zwei Teilen geschmolzenem Kolophonium und einem Teil Paraffinwachs (Erdwachs) besteht. Dabei ist darauf zu achten, daß die Mischung vollständig verflüssigt ist (bei ca. 130°C), aber nicht auf zu große Temperaturen gebracht wird, da oberhalb von 130°C schwere weiße, brennbare Dämpfe entstehen, die den Umgang mit dem flüssigen Kolophonium zu einer Gefahr werden lassen. Je nach Größe der Gipsteile schwankt die Verweildauer in diesem Bad zwischen einem und mehreren Tagen.33 Diese Art der Imprägnierung ist charakteristisch für die WMF, weshalb davon ausgegangen werden kann, daß eine anders imprägnierte Figur nicht von der WMF hergestellt worden ist. Alternativ zur nachträglichen Tränkung schon fertiger Gipsformen wird in einer anderen Quelle eine Harzform vorgestellt, welche die Imprägnierung bereits enthält.34 Dazu benötigt man zusätzlich zu fein gemahlenem Gips noch 2 T. Asphalt, 6 T. Wachs, 2 T. Stearin und 1 T. Talg. Der Asphalt wird geschmolzen und dann Wachs, Stearin und Talg hinzugefügt. Die Masse wird gut durchmischt und der fein gesiebte Gips hineingerührt. Auf diese Weise erhält man eine bereits imprägnierte Masse, die nur noch zu ihrer endgültigen Form gegossen werden muß. Interessant ist bei dieser Formmasse, daß der Gips vorher nicht mit Wasser angerührt wird, sondern praktisch nur als Füllstoff den organischen Zusätzen zugefügt wird. Ist die Imprägnierung erfolgt (meist durch bloße Tränkung in einer Mischung aus Kolophonium und Wachs), kann der Prozeß im galvanischen Bad mit der graphitierten Gipsfigur als Kathode beginnen. An der Figur werden nun wie bei der Hohlgalvanoplastik mittels Kupferschrauben mehrere Kupferdrähte befestigt, die als Stromleitung dienen. Abb. 13 zeigt die schematische Kupferabscheidung im galvanischen Bad im Kerngalvanoverfahren. Der imprägnierte und graphitierte Gipskern wird durch die angeschlossene Stromquelle negativ aufgeladen. In der Badlösung befindet sich das Kupfersulfat in dissoziierter Form, also in Form von zwei unterschiedlich geladenen Ionen – dem negativen Sulfatund dem positiven Kupfer-Ion. Das Kupfer-Ion wird nun von der negativ geladenen Kathode angezogen, nimmt dort die überschüssigen Elektronen auf und scheidet sich als elementares Kupfer auf dem Gipskern ab. Als Anodenmaterial dienen ein oder mehrere Kupferbleche, welche die Gipsfigur von allen Seiten in möglichst gleichmäßigem Abstand von 10 –15cm umgeben sollten. Die Anode löst sich im Verlauf der Galvanisierung auf und liefert so einen Nachschub für die verbrauchten Kupfer-Ionen aus dem Bad. Die sich bildende Kupferschicht kann sehr viel dünner ausfallen als bei Hohlgalvanoplastiken, da der innenliegende Gipskern mit Eisenarmierung der Figur zusätzliche Stabilität verleiht. Die Schichtdicken bei Kerngalvanoplastiken betragen je nach Größe der Figur 0,3 – 3mm, während die Stärke der Kupferschicht bei größeren Hohlgalvanoplastiken zwischen 4 und 8 mm liegen muß.35 Typische, bei Grabfiguren häufig gefundene Schichtdicken betragen bei Kerngalvanoplastiken etwa 0,7mm. In Abb. 14 ist eine Hand zu sehen, die in Kerngalvanotechnik ausgeführt wurde. Zum Vergleich ist daneben die entsprechende Hohlgalvanoplastik abgebildet. Um eine gleichmäßige Benetzung der Formen mit dem Bad zu erreichen, werden diese nach dem Graphitieren mit 14 Zwei Hände im Querschnitt, links in Kerngalvanotechnik (mit Eisenarmierung im Gips), rechts in Hohlgalvanotechnik – ein deutlicher Unterschied in der Schichtdicke des Kupferniederschlags ist zu erkennen 15 Querschnitt der Kupferhaut einer Kerngalvanoplastik, der untere Teil liegt auf dem Kern auf, der obere Teil ist die Außenseite der Figur, Gesamtdicke der Kupferschicht: 1,0mm Galvanoplastik – Geschichte einer Technik aus dem 19. Jahrhundert 135 Spiritus36 oder einer Mischung aus gleichen Teilen Wasser und Alkohol37 abgespült. Hierbei wird auch überschüssiges Graphit abgewaschen und somit ein Verschmutzen des Bades verhindert. Querschliffuntersuchung Anhand von Querschliffen durch die Kupferhaut einer Galvanoplastik (Abb. 15) lassen sich Rückschlüsse auf ihren Herstellungsprozeß ziehen. Ein solcher Querschnitt ist im wesentlichen immer gleich aufgebaut. Deutlich zu erkennen sind die wachsenden Kupferkristalle, die nach außen hin immer breiter werden. Über der Kupferhaut mit einer Gesamtdicke von 1,0mm lassen sich grüne Korrosionsprodukte ausmachen. Auffällig sind zwei dünne Linien, die sich im Querschnitt horizontal durch die Kupferkristalle ziehen. Die erste liegt im unteren Bereich der Kupferschicht, eine zweite befindet sich knapp unter der Außenfläche. Die erste Linie wird dadurch hervorgerufen, daß die Figur kurz nach dem Beginn des Galvanisierens aus dem Bad genommen wurde, um die homogene Verteilung und Dichte der Kupferschicht zu überprüfen. Fehlstellen in der Kupferoberfläche wurden mit einem aufgestrichenen Kupferschliff-Benzingemisch nachgebessert. So konnte der Strom auch an diesen Stellen für einen gleichmäßigen Kupferniederschlag sorgen. Genau wie beim Verkupfern der Lötstellen wurde bei Löchern oder dünneren Stellen in der Kupferhaut mit einer Abdeckung der gesamten Figur gearbeitet. Hans Lehle, der selber in der Produktion der WMF beschäftigt war, hat sein Wissen niedergeschrieben, aber nie veröffentlicht. In den Aufzeichnungen heißt es: »... Die Plastik wurde dazu aus dem Bad genommen, naß gehalten, mit Imprägnierstoff getränktes Tuch so auf die Plastik geformt, daß die gesamte Oberfläche damit abgedeckt war, anschließend wurden die schwach verkupferten Stellen der Oberfläche (aus dem Tuch, Anm. d. Verf.) ausgeschnitten. Nun wurde die Plastik, angezogen mit der ausgeschnittenen Abdeckung, ins Kupferbad gehängt. Nachdem die erhabenen, d.h. stärker verkupferten Stellen der Oberfläche nun abgedeckt waren, mußten die Kupferionen zwangsweise den weiteren Weg zu den tieferliegenden Stellen der Oberfläche nehmen ...«.38 So konnten die Löcher im weiteren Verlauf des Galvanisierens geschlossen werden. Die Zeitspanne für diesen Vorgang war genügend kurz, daß die Kristalle auf die gleiche Weise weiterwachsen konnten. Die aufwachsenden Kupferkristalle schließen nahtlos an die zuerst gebildeten an. Anders liegt der Fall an der zweiten Linie. Die Figur wurde aus den einzeln verkupferten Teilen zusammengelötet. Die Lötstellen, aber auch die komplette Figur, sind anschließend kräftig überpoliert worden, so daß die Enden der Kupferkristalle regelrecht zusammengedrückt und zerkleinert sind. Bei der Übergalvanisierung wuchsen deshalb die Kristalle nicht mehr an der gleichen Stelle wie bisher weiter, sondern eine zweite Schicht Kupfer formiert sich wieder ganz neu auf der schon vorhandenen Kupferoberfläche. Der Schliff enthält somit alle Informationen über den Galvanisierungsprozeß, der je nach Größe und Ausführungstechnik der Figur bis zu mehreren Wochen gedauert haben kann. Einige Schliffe von Lötstellen geben zudem Hinweise auf die Zusammenstellung der Einzelteile bei größeren Figuren oder bei Figuren, die in verschiedenen Variationen zu haben waren. 16 Farbmustermappe für die Vertreter der WMF, anhand der neun Farbmedaillen konnte der Kunde seine Wunschpatinierung exakt angeben Röntgenuntersuchung Bei eingehenden Untersuchungen der verschiedenen Teile einzelner Grabfiguren konnte festgestellt werden, daß es tatsächlich üblich war, die Figuren erst in Einzelteilen herzustellen und dann nach Bedarf zusammenzulöten. Alle Teile, die zu einer Figur gehören, tragen den Namen des Gipsgießers als Kürzel und eine Nummer, die das Auffinden der richtigen Teile im Lagerregal erleichterte.39 Beim Röntgen der Figuren fällt auf, daß die Eisenarmierungen in den einzelnen Gliedmaßen nicht miteinander verbunden sind.40 Dies ist ebenfalls ein Hinweis darauf, daß die Figuren aus mehreren Teilen zusammengesetzt sind. Das Verbinden der Teile geschah mit Hilfe eines Zapfensystems, so daß beispielsweise am Rumpf einer Figur die Kupferhaut über den Gipskern hinausreichte und beim anzusetzenden Arm der umgekehrte Fall existierte. Durch die Lötung wurden dann die beiden Teile fixiert, die Gipskerne aber vorher nicht »zusammengeklebt«.41 Für die Montage wurde ein entsprechendes Paßgerüst gebaut, damit der Gürtler zum einen die schweren Teile nicht halten mußte und zum anderen die Lage der Einzelteile für ihn eindeutig war. 136 Birgit Meißner, Anke Doktor Patinierung Nach der Verkupferung wurde die Figur patiniert. Dabei konnte der Kunde zum Beispiel bei der WMF aus einer Mustermappe, in der sich original patinierte Mustermünzen befanden, zwischen neun verschiedenen Farben auswählen.42 In Abb. 16 ist das einzige Exemplar zu sehen, das bei der WMF heute noch existiert. Die Palette der Farben, die von den Vertretern angeboten wurde, reichte von hellem Bronzeton, mittlerem Bronzeton, schwarz auf Tombak, hellem Kupferton, mittlerem Kupferton, dunklem Kupferton, schwarz auf Kupfer, Grünolivton, Braunolivton bis zur grünen Patina (eventuell mit dunklen Flecken), von denen nicht alle in der Mustermappe aufgeführt sind. Diese Vielfalt an Farben macht es Restauratoren heute schwer, den originalen Farbton zu bestimmen. Lediglich mit dieser jetzt aufgefundenen Mustermappe ist es nun möglich, Hinweise auf eine Originalpatinierung einem Farbton zuzuordnen. Weiterführende Literatur Im folgenden sollen einige Literaturstellen empfohlen werden, auf die es sich bei Interesse am Thema »Galvanoplastik« zurückzugreifen lohnt. LANGBEIN untersucht das Thema hauptsächlich unter chemisch-technischen Aspekten. Sein Buch kann durchaus als Lehrbuch und Gebrauchsanweisung benutzt werden. KRÄMER/WEINER/FETT beleuchten die historische Entwicklung der Technik, ebenso HECHT, der die Geschichte der WMF – vor allem unter wirtschaftshistorischem Blickwinkel – recherchiert hat. Für ein praktisches Beispiel einer modellhaften Restaurierung steht der Artikel von HABER/HEIMLER. Bei CANITZ wird das Thema am speziellen Fall der Grabdenkmäler behandelt. Langbein, Georg: Vollständiges Handbuch der galvanischen Niederschläge. Leipzig, 1895; Krämer, Oskar, Robert Weiner und Max Fett: Die Geschichte der Galvanotechnik. Schriftenreihe Galvanotechnik. Saulgau 1959; Hecht, Volker: Die Württembergische Metallwarenfabrik Geislingen/ Steige 1853 –1945, Geschäftspolitik und Unternehmensentwicklung. Dissertation. St. Katharinen 1995; Haber, Georg und Maximilian Heimler: Kupfergalvanoplastik. Geschichte, Herstellungstechniken und Restaurierungsproblematik kunstindustrieller Katalogware. In: Metallrestaurierung. Hrsg. von Peter Heinrich. München 1994, S. 160 –181; Schmoll, Friedemann: Kunst als Katalogartikel – Die Galvanoplastische Kunstanstalt der Württembergischen Metallwarenfabrik Geislingen/Steige. In: Schwäbische Heimat 96/3, S. 245 f.; Canitz, Caroline Freiin von: Galvanoplastik – eine kunstindustrielle Fertigungstechnik und ihre Produkte dargestellt am Beispiel der Grabplastik des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts in Deutschland. Magisterarbeit. Otto-Friedrich-Universität Bamberg. 1996 Anmerkungen 1 In den Verkaufsanzeigen waren immer Galvanobronzen annonciert, auch hinsichtlich der Qualität erfolgten direkte Vergleiche zum etablierten Bronzematerial:«... Für eine den gegossenen Bronzen (d.h. hochhaltigen Kupferlegierungen) gleichkommende Haltbarkeit und Wetterbeständigkeit wird Garantie geleistet ....«. Aus: Wirtschaftsarchiv Baden-Württemberg (WABW), S2/842. 2 Haber, Georg J. und Maximilian Heimler: Kupfergalvanoplastik. Geschichte, Herstellungstechniken und Restaurierungsproblematik kunstindustrieller Katalogware. In: Metallrestaurierung. Hrsg. von Peter Heinrich. München 1994, S. 160 –181. 3 Vgl. Krämer, Oskar, Robert Weiner und Max Fett: Die Geschichte der Galvanotechnik. Schriftenreihe Galvanotechnik. Saulgau 1959. 4 Vgl. Krämer 1959 (wie Anm. 3). 5 Matschoß, Conrad: Ferdinand von Miller, der Erzgießer. Jahrbuch des Vereins deutscher Ingenieure. Berlin 1913, S. 188. 6 Matschoß 1913 (wie Anm. 5). 7 Vgl. Hecht, Volker: Die Württembergische Metallwarenfabrik Geislingen/Steige 1853 –1945. Geschäftspolitik und Unternehmensentwicklung. St. Katharinen 1995. 8 Altes und Neues über Bronzen. Hrsg. von der Kunst-Anstalt für Galvanoplastische Bronzen in München. 1893, S. 6. 9 Schmoll, Friedemann: Kunst als Katalogartikel – Die Galvanoplastische Kunstanstalt der Württembergischen Metallwarenfabrik Geislingen/Steige. In: Schwäbische Heimat 96/3, S. 245 f. 10 Die Herstellung eines Reiterstandbildes war von besonderer Bedeutung, da diese Kategorie sowohl in der Kunstgeschichte als auch in der Geschichte der Technik des Bronzegusses eine große Rolle spielt. So stellte die WMF das Reiterstandbild nach eigener Darstellung in einem Stück her – in Anlehnung an einen technisch sehr schwierigen und darum nur selten praktizierten Bronzeguß in einem Stück. 11 Vgl. Hecht 1995 (wie Anm. 7). 12 Galvanoplastische Kunstanstalt Geislingen/St. Ausgeführte Arbeiten, Zeugnisse und Gutachten. 1905, S. 92. 13 Hildesheimer Silberfund von 1868 (Lexikon der Kunst, Bd. III, Leipzig, 1991, S. 255 f.). 14 Artur Volkmann. In: Meister der Plastik. Heft 1. Württembergische Metallwarenfabrik. Abteilung für Galvanoplastik. Geislingen a.d. Steige; in dieser Reihe erschien ebenfalls: Hans Dammann. Heft 3. 15 Wirtschaftsarchiv Baden-Württemberg (WABW), S2, Werkbuch der WMF 2 (3), 1907, S. 24, S. 72. 16 WABW, S2/1001: »... N° 10580 Pilgerfigur von Bildhauer Fritz /20 % Prämie vom Nettopreis/Nach Gera nicht lieferbar ...« bzw. »...10596 von Prof. Waderé/125cm Scheitelhöhe/... M4 000 einmalige Zhlg ...« – letzteres Modell wurde folglich mit allen Rechten erworben und ging somit in das Eigentum der WMF über. 17 Nr. 825, mit abgesenkten Flügeln, oder 825a (später Nr. 913), mit erhobenen Flügeln, Modell von Heinrich Pohlmann. 18 Galvanoplastische Kunstanstalt Geislingen-St. Abteilung I. Grabschmuck. Preisliste zum Hauptmusterbuch 1903. Ausgabe Februar 1906. 19 Vgl. Hecht 1995 (wie Anm. 7). 20 Dies wird hier am Beispiel der Figur Nr. 10584 (Weibliche Trauernde, Modell von Hans Dammann) interpretierend vorgestellt. 21 WABW, S2/1001. 22 zitiert nach: Schmoll 1996 (wie Anm. 9), S. 246. 23 Die Angaben hierzu in der Literatur differieren, es ist von ein bis drei Figuren gleichen Typs die Rede, so daß angenommen werden kann, daß eine anfängliche Beschränkung von einer Figur später auf bis zu drei erweitert wurde. In einem Schreiben der WMF an einen Steinmetzmeister in Niederbayern heißt es: »... was den Wunsch des Herrn ... betrifft, so wollen wir ihm ... gerne in der Weise entgegenkommen, daß wir die Figur nicht mehr nach der dortigen Gegend liefern. Obwohl wir im allgemeinen nur den betr. Platz, an dem die Figur zur Aufstellung gelangt, bezw. noch einen kleinen Bezirk um diesen Platz herum für fernere Lieferung sperren, wollen wir in vorliegendem Falle auf den besonderen Wunsch des Herrn ... hin ein grösseres Gebiet abgrenzen. Wir haben dabei vorgesehen, die Figur nicht mehr nach dem Gebiet zu liefern, das innerhalb der Städte ... liegt ... 23. August 1926«. Aus: WABW, S2/1007. 24 Langbein, Georg: Vollständiges Handbuch der galvanischen MetallNiederschläge. Leipzig 1895, S. 318. 25 Lehle, Hans (ehemaliger Mitarbeiter der Galvanobronzen-Abteilung der WMF in Geislingen/Steige): Die Werkstätten der GBAbteilung der WMF. 26 Freundliche Auskunft von Albert Köhler, ehemals Direktor der Fa. Ehrhard und Söhne GmbH. 27 Mitteilungen von Heinz Scheiffele, Design-Modellatelier der WMF in Geislingen/Steige. 28 Metallwarenindustrie und Galvanotechnik 25 (1927) Nr. 24, S. 476 – 479. 29 Canitz, Caroline Freiin von: Galvanoplastik – eine kunstindustrielle Fertigungstechnik und ihre Produkte dargestellt am Beispiel der Grabplastik des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts in Deutschland. Magisterarbeit. Otto-Friedrich-Universität Bamberg. 1996. Galvanoplastik – Geschichte einer Technik aus dem 19. Jahrhundert 30 Die Galvanobronze und ihre Anwendung zu Denkmälern und Prachtbauten. Hrsg. v. Galvanoplastische Kunst-Anstalt GeislingenSteige. 1905, S. 8 –12. 31 Langbein 1895 (wie Anm. 24), S. 337 f. 32 Fieser, Louis und Mary: Organische Chemie. Weinheim 1982, S. 1563 f. 33 Lehle (wie Anm. 25). 34 Uhlenhuth, Eduard: Formen und Gießen, Wien und Leipzig 1899, S. 2 f. 35 Lehle (wie Anm. 25). 36 Köhler (wie Anm. 26). 37 Langbein 1895 (wie Anm. 24), S. 337 f. 38 Lehle (wie Anm. 25). 39 Scheiffele (wie Anm. 27). 40 Andjelka Dropulja, freischaffende Restauratorin, Röntgenbilder einer Grabfigur aus Kaufbeuren, 1999. 41 Scheiffele (wie Anm. 27). 42 »...Wir sind in der Lage, unseren Metallausführungen jede Patinierung zu geben, die gewünscht wird bezw. die der Tönung der 137 Steinarchitektur entspricht. Auf Wunsch stellen wir im Kunstdruck hergestellte Farbmustertafeln zur Verfügung....«. Aus: Württembergische Metallwarenfabrik, Abteilung für Galvanoplastik, Figuren für Grabschmuck, Nr. 141, Geislingen-Steige. o. J.; Farbtrends werden im Katalog von 1903 benannt: »...In der Regel wenden wir für Grabschmuck-Erzeugnisse rotbraunen (nachgedunkeltes Kupfer) und gelbbraunen (Farbe des nachgedunkelten Bronzegusses) Metallton an...«. Aus: Galvanoplastische Kunstanstalt Geislingen-Steige, Abteilung I, Grabschmuck, 1903. Abbildungsnachweis: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege: Abb. 2, 3, 6, 10, 13, 15 Landesamt für Denkmalpflege Sachsen: Abb. 1, 7, 8, 9 Reproduktion nach: Das Buch der Erfindungen, Gewerbe und Industrie. Bd. 2. Leipzig 1877, S. 343: Abb. 11 Wirtschaftsarchiv Baden-Württemberg (WABW): Abb. 4, 5 Württembergische Metallwarenfabrik, Archiv: Abb. 12, 14, 16 138 Galvanoplastiken – chemische Analyse und Restaurierung Anke Doktor, Birgit Meißner, Martin Mach Kernmaterial Calciumsulfat (Gips) Um den Gipskern in den Galvanoplastiken in seinen zahlreichen Facetten beurteilen und verstehen zu können, soll im folgenden auf das Material Calciumsulfat (im allgemeinen als Gips bezeichnet) und seine Eigenschaften näher eingegangen werden. Chemisch betrachtet ist Gips wasserhaltiger, schwefelsaurer Kalk, CaSO4 · 2 H2O, der beim Erhitzen leicht das Kristallwasser verliert. Um ihn beispielsweise im Baugewerbe zu benutzen, wird er bei 120 –130°C erhitzt. Dabei verliert der Gipsstein einen Teil seines Kristallwassers, und die Struktur wird zerstört. Durch Zugabe von Wasser gewinnt er seine ursprüngliche Beschaffenheit zurück und ist daher als Bauund Formmaterial so beliebt. Er geht aber schon bei Temperaturen ab 65°C gemäß der Gleichung CaSO4· · 2 H2O ➝ CaSO4 · 1/2 H2O + 3/2 H2O in das Halbhydrat Bassanit über. Im Unterschied zum Gipsstein mit 21% Wasser enthält Bassanit nur noch 6% Wasser. Bei erneutem Erhitzen bis auf 180°C geht abermals Wasser verloren, wodurch der sogenannte Stuckgips entsteht, der für die Diskussion im Bereich der plastischen Abformungen besonders interessant ist. Für das Kernmaterial der Galvanoplastiken interessieren den Gipsformer die Eigenschaften des Stuckgipses, denn dieser unterliegt beim Erhärten einer Volumenvermehrung um etwa 1% – er »wächst«. Diese Volumenvermehrung bedingt, daß beispielsweise Gipsverbände stets stramm anliegen und ebenso die feinsten Vertiefungen der Vorlagen für Gipsformen ausgefüllt werden.1 Dies ist vor allem für Gipsabdrücke mit feinen Ziselierungen wichtig, damit der galvanische Niederschlag das gewünschte Bild möglichst fein nachbildet. Je nach dem Verhältnis von Gips zu Wasser beim Anrühren lassen sich Härte und Festigkeit des Gipses variieren. Dabei gilt die Regel, daß der entstehende Gipskörper um so fester ist, je weniger Anmachwasser benötigt wird. Dies läßt sich leicht veranschaulichen. Aus den Gipsteilchen wachsen jeweils Kristalle derselben Größe und Länge heraus. Die Festigkeit entsteht dadurch, daß sich die Gipskristalle durchdringen und miteinander verfilzen. Ist der Abstand der Gipsteilchen gering, also bei wenig Anmachwasser, sind die Bereiche der Durchdringung und Verfilzung groß und umgekehrt. Daraus folgt für zu wasserreiche Mischungen eine geringere Festigkeit und Härte, weil der Porenraum insgesamt ein größerer ist.2 Es darf allerdings auch nicht zu wenig Wasser genommen werden, da sich dies wiederum negativ auf die Härteeigenschaften des erstarrten Gipskörpers auswirkt. 100 ml Wasser sollten idealerweise zwischen 50g und 125g Gips aufnehmen. Die größte Härte wird somit bei 125g Gips auf 100ml Wasser erreicht.3 Beimischungen in großer Menge schaden der Festigkeit und Haltbarkeit des gegossenen Gipses, aber es können zum Beispiel kleinere Mengen Erdfarben zugesetzt werden. Wird in geringen Mengen Kalk zugemischt, verlangsamt sich der Erhärtungsprozeß. In diesem Zustand ist die Masse nicht mehr gießfähig, sondern plastisch, so daß der Gips wie Ton mit der Hand modelliert werden kann.4 Röntgenographische Analysen der ausgehärteten Gipskerne der untersuchten Grab-Galvanoplastiken ergaben, daß es sich hierbei tatsächlich um herkömmlichen Gips, also das Dihydrat, handelt. Zur Herstellung der Form wurde mit großer Wahrscheinlichkeit Stuckgips verwendet, denn alle anderen Modifikationen sind den geforderten Ansprüchen nicht gewachsen. Setzt man allerdings den Gipskern erneut hohen Temperaturen aus, wie es beispielsweise beim Entfernen des Imprägnierungsmittels durch Auskochen oder beim Imprägnieren selbst geschehen ist, kann sich wieder die Modifikation Stuckgips bilden. Dies hängt allerdings von der Verweildauer der Figuren im Imprägnierungsbad ab und geschieht frühestens nach etwa einem Tag. Chemische Analysen zum Gipskern im Hinblick auf die Restaurierung Die Untersuchungen des Zentrallabors des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege an Gipskernen ausgewählter Kerngalvanoplastiken der Württembergischen Metallwarenfabrik (WMF) ergaben, daß es sich beim Imprägnierungsmittel stets um eine Kolophonium/Paraffinwachs-Mischung handelt. Durch Auskochen in Dichlormethan und Auswiegen der Gipskerne wurde der Gehalt an Kolophonium/Paraffin ermittelt. Tiefe des Einwaage Rückstand Massenanteil Galvanokerns (g) (g) Kolopho(cm) nium (%) 0,0 ... 0,5 1,30399 0,78011 40,2 0,5 ... 1,0 1,56238 1,05829 32,3 1,0 ... 1,5 1,68187 1,14155 32,1 1,5 ... 2,0 0,47465 0,32005 32,6 Tab. 1 Massenanteil Gips (%) 59,8 67,7 67,9 67,4 Kolophoniumgehalt in Originalgipskernen Es ergaben sich durchweg Massengehalte von knapp über 30%. In der äußersten Schicht wurde sogar ein Wert von 40% ermittelt. Diese Zahlen (40%) finden sich auch in den diversen Gutachten über die Arbeiten der WMF, die sich in deren Katalogen befinden: »... Nach diesem Verfahren hergestellte Probenkörper enthalten 40% ihres Gewichts an Harz-etc.-Substanz und sind Galvanoplastiken – chemische Analyse und Restaurierung 139 vollkommen porenfrei, wie dies sowohl die Schnittproben, als auch das gleichförmige spezifische Gewicht beweisen ...«. 5 In der Tat machen polierte Schnittflächen von Originalproben einen völlig porenfreien und dichten Eindruck. Sie erinnern an poliertes Elfenbein oder Horn. Es stellt sich nun die Frage, mit welchem Material Reparaturen des Gipskerns gemacht werden könnten, das den gleichen Kolophoniumgehalt wie dieser aufweist. Eine komplette Tränkung der Figur in einem Imprägnierungsmittel erscheint nicht praktikabel. Es ist allerdings gelungen, eine Masse ähnlich der alternativen Harzform zu entwickeln, welche die erforderliche Menge Kolophonium bereits enthält.6 Dazu wird die gewünschte Menge Kolophonium in einer möglichst kleinen Menge Aceton gelöst. Die erforderliche Gipsmenge wird zunächst mit wenig Wasser verrührt, so daß sie eben abbindet. Dann wird sofort die Aceton-Kolophonium-Lösung hinzugefügt und gut verrührt. Diese Masse läßt sich je nach Bedarf mit Aceton dünnflüssiger machen, wobei darauf zu achten ist, daß sie sehr viel mehr Zeit zum Trocknen braucht als einfacher Gips. Es ist nun möglich, dieses Gipsgemisch in die zu restaurierende Figur zu füllen und somit den meist schon gebrochenen Gipskern zu kleben oder zu festigen. Zur weiteren Stabilisierung des Systems unter weitgehendem Erhalt der Originalsubstanz sollte unbedingt über eine Rostversiegelung der Eisenarmierung nachgedacht werden. HABER/ HEIMLER haben in ihrem Artikel über die Restaurierung eines Grabengels die Verwendung eines feuchtigkeitshärtenden Polyurethan-Systems als Rostschutz vorgeschlagen.7 Dieses Mittel wurde teils durch Injektion, teils durch Tränkung an das korrodierte Eisen gebracht. Nach nunmehr zehn Jahren Standzeit zeigen sich noch keine Veränderungen des Zustandes dieses Grabengels. 1 Weibliche Trauernde, Kerngalvanoplastik, WMF-Kat. Nr. 919, Dresden 2 Weibliche Trauernde, Hohlgalvanoplastik, WMF-Kat. Nr. 10596, Halle Druckfestigkeit und Elastizitätsmodul Grundsätzlich werden zur Charakterisierung eines neu entwickelten Materials Daten zu dessen Festigkeit gewonnen. Daher sollte auch die neu entwickelte Gips-Kolophonium-Masse auf ihre Druckfestigkeit geprüft werden. Es wurden Probekörper in Würfelform mit einer Kantenlänge von 5cm hergestellt. Zum Vergleich wurden identisch dimensionierte Probekörper aus reinem Gips angefertigt. Diese Würfel wurden zwischen zwei Stahlscheiben gelegt und auf die obere Scheibe ein konstant steigender Druck ausgeübt, bis die Körper brachen. 140 Anke Doktor, Birgit Meißner, Martin Mach Material Gips Gips + 30% Kolophonium Gips in Kolophonium getränkt σ max (N/mm2) 7,48 3,44 26,17 E-Modul (kN/mm2) 4,64 2,22 4,70 Tab. 2 Druckfestigkeit (σ max) und Elastizitätsmodul (E-Modul) der untersuchten Gipsmischungen Anhand der Tabelle ist ersichtlich, daß die Probekörper mit dem Zusatz von Kolophonium-Lösung nur etwa die Hälfte der Festigkeit von reinem Gips aufweisen. Dieses Ergebnis konnte erwartet werden, da der Gips hauptsächlich mit Aceton angerührt wurde. Der Wasseranteil in dieser Mischung ist sehr gering und gerade ausreichend, damit der Gips ein wenig abbinden kann. Allerdings hat sich im Laborversuch gezeigt, daß die Mischung durchaus in der Lage ist, originale Gipsteile zusammenzukleben und somit zu stabilisieren. Es liegen aber noch keine Erfahrungswerte über einen Einsatz außerhalb des Labors vor. Die Tränkung des Gipskörpers in der Kolophonium/ParaffinMischung erhöht den Wert der Druckfestigkeit um das vierfache. Solche Werte werden bereits in den Katalogen der WMF garantiert. Hier ist sogar von einer fünffachen Erhöhung der Festigkeit durch die Imprägnierung die Rede.8 Wie anhand der Werte für das Elastizitätsmodul zu sehen ist, bewirkt die Imprägnierung durch Tränkung keine Änderung der Elastizität gegenüber reinem Gips, sondern lediglich die erforderliche Wasserresistenz. Letztendlich scheint sich aufgrund der Festigkeitsprüfungen die Gips-Kolophonium-Aceton-Mischung nicht unbedingt als Formmaterial für besonders große oder tragende Teile zu eignen, da das Elastizitätsmodul, welches das Bruchverhalten charakterisiert, einen relativ niedrigen Wert besitzt. Dennoch reichen die Werte aus, um eventuell verlorengegangene Teile nachzuformen und zu ersetzen. Zudem könnte über einen Einsatz der Mischung als Klebemittel zur GipskernErhaltung nachgedacht werden, um bei einer Restaurierung möglichst nah am Originalmaterial zu bleiben. 3 Ähnliches Korrosionsbild wie bei freibewitterten Bronzen (Grabfigur mit erhobenen Flügeln, Hohlgalvanoplastik, WMFKat. Nr. 745a, Halle) Schadensphänomene Die frühen Grabfiguren (ab 1890) der Württembergischen Metallwarenfabrik (WMF) wurden bevorzugt in der Kerngalvanotechnik ausgeführt (Abb. 1). Bereits 1894 wurden von der WMF Erfahrungsberichte über ein Vierteljahr freibewitterte Kerngalvanoplastiken herausgegeben. Zudem führte man Untersuchungen an künstlich bewitterten beziehungsweise extremen Temperaturschwankungen (–10 bis 40°C9 bzw. –50 bis 60°C10) ausgesetzten Kerngalvanoplastiken durch, um das Verhalten des Kerns und des Kupfers gleichzeitig zu beobachten. Diese Art der Materialprüfung war zu dieser Zeit noch unüblich – ihre Veröffentlichung in den Verkaufskatalogen zeigt, wieviel es der WMF bedeutete, die Qualität ihrer Produkte auch nach außen hin unter möglichst objektiver Reflexion darzustellen: »... Zur Ermittlung dieser Verhältnisse wurde ein unregelmäßig geformter Kupferring (Querschnitt eines Pferdebeins) mit Kernmasse gefüllt und in Sand allmählich auf +40° erwärmt und 4 Aufplatzende Kupferhaut durch Volumenvergrößerung des Kerns (Weibliche Trauernde, WMF-Kat. Nr. 870, Halle) dann auf –10° abgekühlt. Hierbei war weder ein Verdrängen der Kupferhülle noch eine Lockerung, also Spielraum, zwischen beiden Materialien bemerkbar ...« .11 In den späteren Katalogen (etwa ab 1910) wurden nahezu ausschließlich Hohlgalvanoplastiken angeboten (Abb. 2): » … Das Negativ- oder Hohlgalvano-Verfahren, das Niederschlagen des Metalls in einer Hohlform, welche nach dem Original hergestellt Galvanoplastiken – chemische Analyse und Restaurierung wird, ist das weitaus wichtigste der Galvanotechnik. Nach ihm werden heute sämtliche Kunstwerke, wie öffentliche Denkmäler, Bauschmuck, Grabdenkmäler usw. hergestellt, bei welchem auf eine unbeschränkte Lebensdauer gesehen wird, oder bei denen es auf die allergrößte Schärfe der Wiedergabe ankommt ...«.12 Die Figuren mit Gipskern wertete die WMF in späteren Schriften als vorrangig für eine Aufstellung im Innenraum geeignet: »... Ausser dem Hohlgalvanoverfahren wird die Technik noch nach einem anderen Verfahren, dem Kerngalvanoverfahren, ausgeübt, welches eine billigere Ausführung ermöglicht und hauptsächlich für figürlichen Schmuck für Innenräume Anwendung findet ...«.13 Dies könnte als ein erstes Anzeichen dafür gewertet werden, daß nach damals maximal 40 Jahren Standzeit einer Kerngalvanoplastik im Freien erste Mängel sichtbar wurden, die in der Herstellungstechnik und der Materialzusammensetzung ihre Ursache hatten, seitens der WMF anfangs aber schwer als solche prognostizierbar waren. Der Betrieb bemühte sich auch um einen möglichst langen Erhalt der Figuren am Aufstellungsort. Neben der Einbeziehung wissenschaftlicher Gutachter14 wurden in den Katalogen Hinweise zur Pflege des Grabschmucks erteilt. Daß man sich nach relativ kurzer Zeit dennoch bevorzugt der Hohlgalvanoplastik zuwandte, ist ein Faktum, dessen sichere Bewertung noch offen bleibt. Festzustellen bleibt, daß sich die Anzahl der Kerngalvanoplastiken, welche seit nunmehr 90 bis 100 Jahren auf den Friedhöfen stehen, drastisch reduziert hat. Die Kriegsverluste stellen hier nur eine Ursache dar. Erschreckend ist vielmehr der hohe Schwund, der innerhalb der letzten Jahre zu verzeichnen ist. Zur Zeit befinden sich auf den exemplarisch erfaßten großstädtischen Friedhöfen in Sachsen und Sachsen-Anhalt meist nur zwischen ein bis vier Kerngalvanoplastiken. Nach Einschätzung der Autoren wird sich dieser Bestand innerhalb der nächsten zehn Jahre ohne sichernde Maßnahmen in etwa halbieren. Grund hierfür ist der drastische Schadensverlauf, der – einmal in Gang gesetzt – teilweise nur mit rigorosen Maßnahmen zu stoppen ist. Oft müssen diese Figuren dann, da sie aufgrund der statischen Probleme eine Gefahr für die Besucher der Friedhöfe darstellen können, demontiert werden. Zu hoffen bleibt, daß sie anschließend vorübergehend in einem trockenen Raum untergestellt werden und nicht sofort wegen des beeinträchtigten und scheinbar irreparablen Gesamtbildes unwiederbringlich aussortiert werden. Schäden an Hohlgalvanoplastiken Nicht ganz so kritisch stellt sich meist die Situation bei den Hohlgalvanoplastiken dar. Wurden diese bündig an die zugehörige Steinarchitektur angebracht15 und sind mechanische Beschädigungen ausgeblieben, werden oft nur Pflegemaßnahmen der Oberfläche erforderlich. Die größere Stärke der Kupferwand verträgt den jährlichen Materialabtrag recht gut.16 Starke Verschmutzungen und Krustenbildung in untergriffigen, nicht bewitterten Partien – zum Beispiel den Gewandfalten – sind sowohl bei Kern- als auch bei Hohlgalvanoplastiken feststellbar. Dabei kommt es zu einem ähnlichen Schadensbild wie bei freibewitterten Bronzeplastiken (Abb. 3). 141 5 Keramische Kerngalvanoplastik, Grabengel vom Südfriedhof Halle, Vorzustand Schäden an Kerngalvanoplastiken In den meisten Fällen zeigen sich die Schäden an Kerngalvanoplastiken in Form einer aufgeplatzten Kupferhaut, durch die der Gipskern sichtbar ist. Bruchstellen im Metall ergeben sich vor allem entlang der Wuchsrichtung der Kupferkristalle.17 Bei vielen Figuren sind ganze Körperteile wie Flügel, Arme, Gesicht oder Attribute wie Palmblatt, Rose und Zweig beschädigt oder gar abgebrochen. In diesen Fällen liegt oft die innenliegende Eisenarmierung bloß. Der Schaden an einer solchen Figur beginnt häufig mit einem Defekt in der Kupferhaut infolge von Korrosion oder mechanischem Einwirken. Aber auch Produktionsfehler oder Materialermüdung sind als mögliche Fehlerquellen anzuführen. Hier wären beispielsweise eine unzureichende Kernimprägnierung und das dadurch mögliche Eindringen saurer Badflüssigkeit in den Kern zu erwähnen. Beim Herstellen eigener kleiner Kerngalvanoplastiken zeigte sich den Autoren, daß die Eisenarmierungen bereits während des Einbringens in den feuchten Gips beginnen zu rosten. Somit wird schon während der Fertigstellung der Figur ihr Verfall eingeleitet, obgleich die Gipsfigur vor der Imprägnierung gut getrocknet wird. An diesen Versuchen bewies sich deutlich, wie empfindlich die Materialzusammensetzung einer Kerngalvanoplastik mit Eisenarmierung ist. Darüber hinaus konnte es infolge unvollständiger Graphitierung zu einer inhomogenen galvanischen Beschichtung 142 Anke Doktor, Birgit Meißner, Martin Mach Analytik der Korrosionsprodukte Umwelteinflüsse Schadstoffe aus der Luft, vor allem Schwefeldioxid (SO2), bewirken die mehr oder weniger schnelle Korrosion von Bronze. Als Korrosionsprodukte entstehen vor allem basische Kupfersulfate mit unterschiedlichem Sulfat-Anteil, der von der Menge an Schwefeldioxid in der Luftatmosphäre (»saurer Regen«) abhängt. So besteht ein deutlicher Unterschied zwischen Bronzeobjekten, die sich in den östlichen Bundesländern befinden und beispielsweise denen in Bayern. Anhand der durchschnittlichen Monatsmittelwerte der SO2-Belastung seit 1992 für Leipzig und München wird dieses Phänomen deutlich.19 Anfangs sind diese Werte in Leipzig noch etwa um ein zehnfaches erhöht, später ist aber ein deutlicher Rückgang der Schadstoffbelastung zu verzeichnen. Dennoch bleiben die Werte grundsätzlich höher als in München. Für die Kupferkorrosion gelten im Prinzip die gleichen Korrosionsmechanismen, so daß an dieser Stelle die aktuellen Analysedaten vor diesem Hintergrund erläutert werden können. WMF-Kerngalvanoplastik »Engel mit Rose«, Dresden: Probenuntersuchung 6 Grabfigur WMF-Kat. Nr. 727a, nach Entfernen des Gipskernes mit neuem Innengerüst aus Kupfer und Edelstahl kommen. Auch herstellungstechnisch begründete Spannungsrisse im Kupfergefüge, die durch die Anordnung der Kupferkristalle entstehen, sowie Verarbeitungsfehler bei der Montage in der Gürtlerei (undichte Lötnähte, Flickungen und Nachbesserungen an der Kupferhaut) und die damit einhergehenden Veränderungen in der Metallstruktur sind als Schadensverursacher im Sinne eines »Domino-Effektes« denkbar. Nicht zuletzt war das Gelbbrennen (Behandlung mit Salpeter- und Schwefelsäure) und anschließende Patinieren ein chemisch sehr aggressiver Prozeß, der ebenfalls zu Fehlstellen geführt haben kann. Durch die Aufstellung im Freien ist die Galvanoplastik zudem großen Belastungen durch den Winddruck ausgesetzt, was Materialermüdung, Versprödung und anschließende Rißbildung verursachen kann.18 Durch die defekte Kupferhaut – sichtbar häufig in Faltenrissen – kann nun Wasser von außen in den Gipskern eindringen. Trotz der Imprägnierung gelangt das Wasser bis zu den Eisenarmierungen – Korrosionsprozesse setzen ein. Die Eisenstäbe erweitern dadurch ihr Volumen und sprengen den Gipskern. Dort entsteht nun ein Radialdruck, der von innen gegen die Kupferhaut wirkt und so für ein weiteres Aufplatzen der Kupferhülle sorgt (Abb. 4). Als zusätzliche Belastung wären dann noch die jahreszeitlich bedingten Temperaturschwankungen zu nennen, die langfristig dafür sorgen, daß sich ein Hohlraum zwischen dem Gipskern und der Kupferhaut bilden kann. Insgesamt wurden vier optisch unterschiedlich erscheinende Schabeproben der Korrosionsprodukte analysiert (vgl. Abb. 14). Es gab sowohl hellgrün-pulvrige Bereiche als auch schwarze, schwarz-braune und hellbraune Substanzen. Die hellbraunen Stellen erschienen als Schleier, die schwarz-braunen Produkte stellten sich als deren Summe dar. Sie waren obenauf schwarzund auf der Rückseite der Krusten braunfarbig. Die beiden schwarz gefärbten Bereiche dagegen waren klar geformt und recht hart. Tab. 3 listet die verschiedenen Korrosionsprodukte und deren Inhaltsstoffe auf. Probe Herkunft 1 rechter Flügel, innen 2 Gewand, Rückseite 3 Gewand, Rückseite 4 Gewand, Rückseite Tab. 3 Aussehen grün, pulvrig schwarz, sehr hart braun, Schleier schwarz-braun, hart Inhaltsstoffe Antlerit, Brochantit Brochantit, Quarz, Antlerit, Tenorit Brochantit, Cuprit, Tenorit, Gips Brochantit, Quarz, Tenorit Inhaltsstoffe der Proben der Dresdner Kerngalvanoplastik In allen analysierten Proben sind die für die Korrosion von Kupfer und Bronze typischen Verbindungen enthalten. Es handelt sich dabei hauptsächlich um basische Kupfersulfate. In der äußeren hellgrünen Schicht ist das Verhältnis von Antlerit (Cu3SO4 (OH)4) zu Brochantit (Cu4SO4(OH)6) zugunsten des Antlerits verschoben. In den anderen Schichten herrscht allerdings Brochantit vor. Zudem finden sich die Kupferoxide Cuprit (Cu2O) und Tenorit (CuO) in den näher an der Kupferoberfläche liegenden Schichten. Auch Quarz und Gips sind Bestandteile der drei dunkleren Oberflächenbereiche. Galvanoplastiken – chemische Analyse und Restaurierung 143 7 Grabfigur mit Flügeln, Kern-Galvanoplastik, WMF-Kat. Nr. 727a, Dresden, Zustand vor der Restaurierung 8 Vorzustand der Grabfigur: herabhängender Flügel, aufgerissene Kupferhaut, freiliegender Gipskern mit Eisenarmierung, fehlende Rosenblüte Wie bei den meisten freibewitterten Bronzen besteht ein überwiegender Teil der Korrosionsprodukte aus Antlerit (Cu3 SO4(OH)4) und Brochantit (Cu4 SO4(OH) 6). In Probe 1, welche von der Oberseite der Flügel stammt, also von einer regenexponierten Stelle, herrscht das sulfatreichere Antlerit vor. Dies ist – wie auch schon bei den anderen in dieses Projekt involvierten Bronzeobjekten festgestellt – eine Folge der in Sachsen und Sachsen-Anhalt extrem hohen Schadstoffbelastung, bedingt durch die in den Kraftwerken verwertete Braunkohle mit hohen Schwefelgehalten. In den anderen Proben erscheint überwiegend das sulfatärmere Brochantit. Im Gegensatz zu Probe 1 finden sich in Probe 2 – 4 auch Quarz und Gips, was durch die Antragung von Staub aus der Umgebung zu erklären ist. Diese Proben stammen alle vom Gewand auf der Rückseite der Figur, ein im Vergleich zur Oberseite der Flügel eher regengeschützter Bereich. Daher konnten sich dort derartige Schmutzpartikel festsetzen und mit den Korrosionsprodukten eine festverbundene Oberfläche bilden. Auffällig ist das Vorkommen von Cuprit (Cu2O, rötlichbraun) und Tenorit (CuO, schwarz-braun) in den Proben 2 – 4. Diese Kupferoxide bilden sich direkt unter Einwirkung von Luftsauerstoff. Sie zählen zu der gewöhnlich erwünschten Passivierungsschicht, die das Metall vor weiterem korrosiven Angriff schützt. Da Galvanoplastiken bei der WMF sozusagen »am Fließband« produziert wurden, kann man davon ausgehen, daß die Objekte vor ihrer Patinierung in der gewünschten Farbe eine Zeitlang gelagert wurden. So konnte eine dünne Schicht von Cuprit aufwachsen, zu dessen Bildung bereits ein Tag ausreicht. Es ist also davon auszugehen, daß die Proben 2 – 4 jeweils einen Teil der ersten Passivierungsschicht enthalten. Die unterschiedlichen Farben ergeben sich durch die Beimengung der anderen Bestandteile der Schicht. So wirkt Probe 3 wie ein brauner Schleier, weil sich darin Gips befindet, das sich insbesondere in regengeschützten Bereichen bildet. 144 Anke Doktor, Birgit Meißner, Martin Mach 9 Offener Schulterbereich mit lockeren Gipssegmenten und Kerneisen Kerngalvanoplastik, Halle: Probenuntersuchung Für weitere Untersuchungen wurde eine zweite Grabgalvanoplastik ausgewählt, die sich auf dem Südfriedhof in Halle befindet (Abb. 5). Es ist ein nur 84cm großer Engel in wallendem Gewand. Im linken Arm hält er einen Strauß Rosen, in der rechten Hand eine einzelne Rose. Auf den ersten Blick scheint es ein Produkt der WMF zu sein, aber bei näherem Betrachten der recht weichen Formen und eher unbestimmten Linienführung läßt sich vermuten, daß es sich um ein Einzelstück einer anderen Firma handeln muß. Die Analytik der Korrosionsprodukte führt allerdings zu ähnlichen Ergebnisse wie beim Dresdner Grabengel. 10 Entkernter Schulterbereich Probe HAE 1 HAE 4 HAE 5 Aussehen weiß, fest, kristallin schwarz Herkunft Kern Rücken zw. CuHaut und Kern Flügeloberseite, rechts Flügeloberseite, rechts rechter Arm hellgrün, pulvrig HAE 6 rost-braun, sehr fest HAE 7 schwarze Schollen/Pusteln, Unterseite grün HAE 8 schwarz, fest linke Schulter, beregnet HAE 9 grau-weiße bis Rose, geschützt schwarze Knollen HAE 10 hellbraune Plinthe Schleier HAE 11 schwarz, fest Gewandfalte, vorne rechts, relativ geschützt Tab. 4 Inhaltsstoffe Quarz, Mullit, Cristoballit Quarz, Graphit Antlerit, Brochantit Brochantit Antlerit, Kupferoxidsulfathydrat Quarz, Brochantit Gips, Quarz, Antlerit Brochantit, Quarz, Antlerit, Dolomit Antlerit, Kupferoxidsulfathydrat, Quarz Inhaltsstoffe der Proben des Hallenser Grabengels Galvanoplastiken – chemische Analyse und Restaurierung 11 Galvanisierung fehlender Partien: Silikonnegativ – Silikonpositiv – Positiv mit Kupferschliff-Beschichtung – galvanisch hergestelltes Kupfersegment 12 Galvanisch hergestellte Kupferkopie einer Fehlstelle am linken Flügel 145 Das Kernmaterial besteht aus Keramik – genauer Kaolinit, welches ein natürliches Tonmineral ist und für keramische Werkstoffe verwendet wird. Beim Brennen entsteht Mullit, ein Aluminiumsilikat, das einen geringen Wärmeausdehnungskoeffizienten besitzt und durch miteinander verfilzte Mullit-Nadeln zu einem Bestandteil des Porzellans wird. Nach Kenntnisstand der Autoren wurde diese Art des Kerns bisher in keiner anderen Kerngalvanoplastik gefunden. Darum zählt dieser Engel vermutlich zu jenen Einzelstücken, die von kleineren Firmen hergestellt wurden. Der Vorteil dieses Kernmaterials liegt eindeutig in seiner Witterungsbeständigkeit. Im Gegensatz zum Gips vergrößert es unter Feuchtigkeit nicht sein Volumen und bedarf auch keiner zusätzlichen stabilisierenden, später schadensverursachenden Eisenarmierung. Die Schwachpunkte dieser Figur liegen an anderer Stelle, und zwar hier hauptsächlich bei der sehr dünnen Kupferhaut. An einigen Stellen ist sie überhaupt nicht mehr vorhanden oder liegt nur noch in losen Schollen auf, an anderen Bereichen wurde sorglos mit Zementmörtel geflickt. Querschnittanalysen der Kupferschicht zeigen, daß die Figur wahrscheinlich mehrfach aus dem Bad genommen und ausgebessert wurde, denn es sind mindestens fünf Linien versetzt zueinander sichtbar. All dies sind Hinweise darauf, daß dieser Engel kein Bestandteil eines routinierten Herstellungsablaufes war und somit möglicherweise das Einzelwerk eines kleineren Handwerksbetriebes sein könnte, der sich nur selten beziehungsweise nur im Einzelauftrag mit der Technik der Galvanisierung befaßte. Die Korrosionsprodukte der Hallenser Kerngalvanoplastik weisen – genau wie beim Dresdner Engel – als Hauptbestandteile Antlerit und Brochantit auf. Zudem wurde an einer regengeschützten Stelle auf der Rückseite einer Rose in den dort gebildeten Knollen Gips als Hauptbestandteil gefunden. Der Staub aus der Umgebung konnte sich hier problemlos anlagern, ohne vom Regen abgewaschen zu werden. Mit den aus der Umgebung angetragenen Sulfatsalzen entstand daraus der Gips (wasserhaltiges Calciumsulfat). In den Proben HAE 7 und HAE 11 wurde ein Kupferoxidsulfathydrat (3CuO· SO3 ·2 H2O) nachgewiesen, welches auf aktive Korrosionsvorgänge an der Kupferoberfläche hindeutet. Es befindet sich in regengeschützten Bereichen, also Partien, an denen sich bevorzugt sulfatreichere Verbindungen bilden, was wiederum auf einen erhöhten SO2-Anteil in der Luft hinweist. In Partikeln, die sich unterhalb der Kupferhaut befanden, wurde Graphit gefunden. Dies zeigt, daß ein fester Halt der Kupferschicht auf dem Kern offenbar nicht zu erwarten war, da sich das den Kern leitend machende Graphit mit der Kupferschicht verbunden hat und somit als »Haftverbindung« nicht mehr zur Verfügung stand. Restaurierungsmöglichkeiten 13 Eingelötetes neues Kupfersegment, matt patiniert Die Lebensdauer von Kerngalvanoplastiken scheint jetzt – nach 60 bis 100 Jahren ohne restauratorische Maßnahmen – abgelaufen zu sein, so daß Restaurierungen zur Bewahrung des restlichen Bestandes dringend nötig werden. Es existieren grundsätzlich zwei Wege, die zur Erhaltung des sehr stark gefährdeten Bestandes an Grabfiguren und 146 Anke Doktor, Birgit Meißner, Martin Mach 14 Reinigungs- und Wachsproben auf der Kupferoberfläche anderen Galvanoplastiken führen. Der erste basiert auf der Entfernung des Gipskerns, um sozusagen Ruhe in das System zu bringen. Der entfernte Gipskern wird dabei durch ein Gerüst aus Edelstahl, Kupfer oder Bronze ersetzt (Abb. 6). 20 Diese Methode ist gewiß zuverlässig und geeignet, um einen längeren Erhalt der Kupferhaut zu garantieren. Allerdings bedingt er mit der Zerstörung des Gipskernes nicht nur die Beseitigung eines technologischen Fertigungszeugen, sondern entfernt zudem den in der Herstellungskette einen Schritt näher am Originalmodell stehenden Kern. Der sich erst im Anschluß daran nach außen mit einem entsprechenden Zeichnungsverlust absetzende Kupferniederschlag hingegen wird erhalten. Ein weiterer Nachteil ist der Verlust an mechanischer Stabilität durch den Wegfall des ausfüllenden Kerns. Deshalb sollte – wenn die entsprechenden Voraussetzungen gegeben sind – immer der zweite Weg bevorzugt werden. Dieser besteht darin, möglichst alle originalen Teile zu erhalten und somit auch den Gipskern in der Figur zu belassen. Bei dieser aufwendigen Methode müssen herausgebrochene oder fehlende Gipsstücke ersetzt beziehungsweise gefestigt und das Aufquellen des Gipses gestoppt werden. Meist ist eine Antirostversiegelung der Eisenarmierungen notwendig. Diese geschieht derzeit oft mit Hilfe eines feuchtigkeitshärtenden PolyurethanSystems. Ist die vollständige Erhaltung des Gipskernes nicht mehr möglich, sollte umfassend geprüft werden, ob in einzelnen, noch fest von einer geschlossenen Kupferschicht umgebenen Partien der Gipskern exemplarisch belassen werden kann. Die abschließende Restaurierung der Kupferhaut erfordert neben dem Schließen von Löchern und Rissen vor allem eine Oberflächenreinigung. Über das Vorgehen muß aber von Fall zu Fall neu entschieden werden. Die Restaurierung des WMF-Grabengels Nr. 727a 15 Wachskonservierte Grabfigur nach Abschluß der Restaurierungsarbeiten Im Rahmen des DBU-Forschungsprojektes war es möglich, einen in seinem Schadensverlauf typischen Vertreter der Galvanoplastiken untersuchen und restaurieren zu lassen. Ausgewählt wurde eine Kerngalvanoplastik der WMF: Katalog-Nr. 727a, »Engel mit Rose«, Modell von Raimund Liebhaber, 1905 auf einem Dresdner Friedhof aufgestellt. Es wurde ein hoher Zerstörungsgrad festgestellt, wie er bei diesen Figuren häufig zu finden ist (Abb. 7, 8). Der Rückenbereich war aufgerissen, der linke Flügel hing herunter und konnte zur Sicherung nur noch geborgen werden. Mehrere Risse verliefen durch den Kopfbereich und einzelne Gewandfalten, einige Montagenähte waren aufgetrennt, an der Kupferplinthe löste sich eine Seite ab. Die Rosenblüte war verloren, nur noch der Stiel verriet die Zuordnung in die Untergruppe – a – des Typus 727. Das Eisengerüst lag im Flügelbereich völlig offen und war zu großen Teilen durchkorrodiert, die statische Funktion mußte in Frage gestellt werden. Der Gipskern wies keine Geschlossenheit mehr auf, einzelne Segmente waren herausgebrochen. Da die Figur zudem nach Abschluß der Restaurierung wieder am Originalstandort im Freien aufgestellt werden sollte, mußten sich die Restauratoren für das fast völlige Entfernen Galvanoplastiken – chemische Analyse und Restaurierung 16 Endzustand nach Wiederaufstellung am Originalstandort 147 148 Anke Doktor, Birgit Meißner, Martin Mach des Kernes entscheiden (Abb. 9, 10). Durch die großen, offenliegenden Areale gelang dies relativ problemlos. Lediglich der rechte Arm und die Hand wurden – unter Einbeziehung von Rissen – zusätzlich geöffnet. Diese Öffnungen erfolgten mit feinsten Trennscheiben und Mikrofräsen, das Herauslösen der Kernmasse aus der gesamten Plastik geschah mit speziell für diesen Zweck hergestellten Meißeln. Unzugängliche, aber vollkommen intakte Bereiche der Figur wie die Flügelspitzen, der linke Arm und ein Teil der Gewandfalten wurden von der Entkernung ausgenommen, da hier keine direkten Schäden feststellbar waren und wenigstens ein Teil der originalen Kernmasse erhalten werden sollte. Die statische Funktion des Gipskerns mit seinem Eisengerüst übernimmt nun ein neues Edelstahlgerüst, das in der Kupferplinthe eine Verstärkung erhalten hat und dann in den originalen Steinsockel führt. Von diesem Grundgerüst führen stabile Kupferstreben in den Kopf-Schulterbereich sowie in die Flügel. Die Innenkonstruktion setzt sich aus einer 5mm starken Edelstahlplatte (V2A), auf die ein Edelstahlprofilrohr (V2A, 60 × 60mm, 5mm Wandung) geschweißt wurde, und der hier angeschraubten und der Innenkontur der Galvanoplastik angepaßten Auslegern aus Kupfer (30 × 5mm) zusammen (Abb. 6). Wichtig bei der Konstruktion der Flügelausleger war die Ableitung des Winddruckes direkt auf das tragende Innengerüst. Der Kontakt von Stützgerüstauslegern und Kupferhaut wurde durch Nietverbindungen realisiert, die fast ausschließlich verdeckt an den Innenwandungen der Figur ausgeführt wurden. Fehlende Kupferpartien wurden in Hohlgalvanotechnik anhand eines noch vollständig erhaltenen anderen Grabengels gleichen Typs rekonstruiert (Abb. 11–13). Dazu wurden die Fehlstellen zunächst in Gips modelliert und anschließend mit Silikonkautschuk eine Abformung direkt an der Figur vorgenommen. Diese Formen wurden mit einem KupferschliffSpiritus-Gemisch elektrisch leitend gemacht, mit einem als Kathode dienenden Kupferdraht versehen und auf einer Unterlage aus Acrylglas stabilisiert. Der verwendete Elektrolyt bestand aus 2 kg Kupfersulfat und 300 g Schwefelsäure (D=1,84), gelöst in 10 l Wasser. Das auf 20°C temperierte Bad wurde mit einer Umwälzpumpe bewegt, die Stromstärke betrug 0,5 –5 A/ dm2. Nach 20 – 30 h hatte sich eine 0,5 – 0,8 mm starke Kupferschicht ausgebildet.21 Risse und Nahtstellen wurden mit Hilfe verschiedener Löttechniken geschlossen. Partien mit erhöhter Spannung in der Kupferhaut werden zunächst mittels WIG (Wolfram-Inert-Gas)Schweißen geheftet. Als Zuschlagstoff kam ein phosphorhaltiges Kupfer-Hartlot (L-CuP7, Arbeitstemperatur 720°C) zum Einsatz. Das anschließende Weichlöten der nachgebildeten Teile erfolgte mit einem antimonfreien Zinn-Blei-Weichlot (L-Sn60 Pb, Arbeitstemperatur 190°C). Zum Teil mußten besonders instabile Bereiche und sehr breite Risse mit Kupferblech hinterlegt oder mit Walzblei gegenverlötet werden.22 Nun zeigte die Figur mit der wieder geschlossenen Kupferhaut ihre ursprüngliche, historische Form. Die Oberfläche der Figur erforderte vergleichsweise wenig Arbeitsaufwand (Abb. 14). Die Schmutzauflagen konnten durch eine vorsichtige Reinigung entfernt werden. Mit feinen Bürsten, Pinseln und anderen flexiblen Instrumenten wurden diese Ablagerungen reduziert und somit die direkte Kontakt- Schadstoffeinwirkung verringert. Lediglich massive Korrosionsausblühungen an den Flügeln wurden mit einem Skalpell vorsichtig abgenommen. Um ein optisch geschlossenes Gesamtbild zu erhalten, war die farbliche Anpassung der Ergänzungen und der neuen Weichlotnähte erforderlich. Diese Lotnähte wurden durch die Verwendung von Kupfersulfatlösung (»Kupfervitriol«) mit einem dünnen Kupferüberzug versehen und anschließend zusammen mit den Ergänzungen mit einer Kaliumsulfidlösung (»Schwefelleber«) dunkel eingefärbt. Abschließend wurde die Plastik mit einem konservierenden Wachsüberzug versehen – eine Möglichkeit, auf die auch bei der Bronzerestaurierung zurückgegriffen wird (Abb. 15). Hierzu wurde eine in Siedegrenzbenzin 100/140 gelöste Kombination von mikrokristallinem Wachs TeCero 30201 und TeCero 30410 (Verhältnis 1:1) verwendet, die mit einem Pinsel auf die erwärmte Metalloberfläche aufgetragen und durch abschließendes Bürsten verdichtet wurde. Im November 1999 wurde der restaurierte Engel wieder an seinen originalen Standort auf dem Dresdner Friedhof transportiert. Bei der Montage der Figur legte man zwischen Steinsockel und dessen Deckplatte ausgleichende Beilagen aus Walzblei. Das Schließen des schmalen umlaufenden Spaltes zwischen Steindeckplatte und Plinthe erfolgte mit Leinölkitt. Dabei wurde auf der Rückseite eine Öffnung zur Luftzirkulation und Ausleitung sich bildenden Kondensates belassen. In dieser Form wird der Grabengel nun hoffentlich lange Zeit erhalten bleiben (Abb. 16). Exkurs: Dreidimensionale Bildverarbeitung am Beispiel des Dresdner Galvanoplastik-Engels Vermessung und Modellgenerierung Erst seit kurzem23 ist es technisch möglich, auch komplizierte lebensgroße Skulpturen wie den hier vorgestellten Engel lichtoptisch detailgetreu zu vermessen und die Daten der zahlreichen Einzelmessungen zu einem brauchbaren Gesamtmodell für andere Anwendungen zu montieren. Die Technologie der dreidimensionalen Scanner reicht zwar noch etwas weiter zurück, es bereitete jedoch anfangs erhebliche Schwierigkeiten, die Raumschalenfragmente der Einzelmessungen paßgenau zusammenzusetzen. Dies hängt unter anderem damit zusammen, daß die vergleichsweise einfach zu erzeugenden dreidimensionalen Fragmente am zweidimensionalen Computer-Bildschirm ohne entsprechende Unterstützung – sei es durch Paßpunkte oder eine spezielle Software – nur äußerst mühevoll zu einem stimmigen Gesamtmodell verschmolzen werden können. Die hier verwendete, vom Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung entwickelte Software führt die Fragmente der Einzelmessungen im dreidimensionalen Raum aufeinander zu, bis sie optimal zusammenpassen und dann in dieser Position quasi einrasten. Der Engel wurde von den Mitarbeitern des FraunhoferInstitutes mit Hilfe eines sogenannten Gray-Code-Scanners vermessen. Die Vermessung selbst gestaltete sich vergleichsweise einfach, da die Figur ohnehin für die Restaurierung demontiert worden war. Sie konnte deshalb auf einen Drehteller gestellt und um die Hochachse bewegt werden. Auf diese Galvanoplastiken – chemische Analyse und Restaurierung 149 Weise mußte der Scanner nicht für jede Einzelmessung neu positioniert und justiert werden. Das Prinzip der lichtoptischen Vermessung wurde von KOCHER ausführlich dargestellt und soll deshalb hier nur kurz skizziert werden.24 Die Scannereinheit besteht aus einem Stroboskop-Projektor, der in kurzer Zeit eine Serie von zehn unterschiedlichen Streifenmustern – quasi Dias (=gray code) – auf die zu vermessende Oberfläche projiziert. Eine Videokamera beobachtet von einem seitlich etwas versetzten Standort aus, wie sich die Streifenmuster auf der gekrümmten Oberfläche des Objektes darstellen. Aus den beobachteten Veränderungen läßt sich die Geometrie des Objektes errechnen. Trotz der weitgehenden Automatisierung der Einzelmessungen treten eine Reihe von praktischen Problemen auf. Zum einen muß das Objekt problemlos vom Hintergrund unterschieden werden können. Weiterhin kann es vorkommen, daß einzelne Partien der Oberfläche das Licht verschlucken oder irreführende Reflexe verursachen, was wiederum zu Fehlmessungen führt. Die Meßdaten aus den Einzelmessungen sind mit einer Fülle an überflüssigen Doppelinformationen befrachtet, weil ebene Flächen und kompliziert gekrümmte Flächen durch ein- und dieselbe Meßpunktdichte dargestellt werden. Es ist deshalb äußerst wichtig, daß die sich an die Einzelmessungen anschließende Software-Weiterverarbeitung in der Lage ist, ebene Flächen durch geringere Punktdichten und gekrümmte Flächen durch größere Punktdichten darzustellen. Die Meßpunkte werden nach wie vor üblicherweise in Form von Polygonen – 17 Unterschiedliche, von der WMF angebotene Patinierungsvarianten am Beispiel eines dreidimensional vermessenen Grabengels 150 Anke Doktor, Birgit Meißner, Martin Mach vorzugsweise als Dreiecke – dargestellt. Anspruchsvollere geometrische Einzelelemente, wie zum Beispiel gekrümmte Freiflächen (»nurbs«) könnten sich besser zur speichersparenden Darstellung eignen, werden jedoch bislang nur teilweise von der weiterverarbeitenden Software unterstützt. Bei der PolygonDarstellung benutzt die Software nicht nur die Eckpunkte der Dreiecke, sondern auch die Normalenvektoren auf den Eckpunkten. Mit Hilfe dieser Normalenvektoren kann das Modell weitestgehend geglättet werden, so daß kaum mehr störende Polygonkanten zu erkennen sind. Im vorliegenden Fall liegen die Meßdaten in unterschiedlicher Auflösung vor. Das kleinste Modell besteht aus 240 000 Polygonen, das größte aus knapp 2 Millionen. Die Dateigrößen im CAD-(DXF ASCII)-Format bewegen sich zwischen 47 und 350MB. Die in Abb. 17 gezeigten Computer-Modelle beruhen allesamt auf dem kleinsten Datensatz. Wie man an der Abbildung sieht, gibt jedoch bereits dieses kleinste Modell, welches an herkömmlichen PCs problemlos verarbeitet werden kann, die Geometrie der Figur einschließlich des zum Teil recht komplizierten Faltenwurfs recht gut wieder. Anwendungsmöglickeiten im Bereich der dreidimensionalen Bildverarbeitung Die Computermodelle haben mittlerweile eine Qualität erreicht, die mit der fotografischen Dokumentation gleichziehen kann: Zwar ist die Detailauflösung noch deutlich geringer als bei der herkömmlichen Fotografie, die Modelle haben jedoch exakte Maße – sie sind ein getreues räumliches Abbild der tatsächlichen Figurengeometrie. Deshalb können sie auch nach der Messung aus allen denkbaren Perspektiven mit allen denkbaren Brennweiten – vom extremen Weitwinkel bis zum extremen Teleobjektiv – dargestellt werden. Wenn wie im vorliegenden Fall ein dreidimensionales Computermodell der entsprechenden Figur vorliegt, bestehen eine Fülle weiterer Arbeitsmöglichkeiten. Software, die Beschriftungen oder Kartierungen direkt am dreidimensionalen Modell ermöglicht, ist mittlerweile kommerziell erhältlich.25 Mit Hilfe dieser Software können bereits jetzt Restaurierungsalternativen visuell dargestellt werden (wie zum Beispiel der jeweilige farbliche Gesamteindruck bei der Freilegung auf bestimmte Schichten einer polychrom gefaßten Skulptur). Erfahrungsgemäß kann es jedoch sehr lange dauern, bis sich derartige, als ultramodern und möglicherweise übertechnisiert empfundene Methoden in der Restaurierungspraxis durchsetzen. Selbst einfache und zweifellos arbeitserleichternde Methoden der zweidimensionalen Bildverarbeitung, die schon lange über das Experimentierstadium hinaus sind, lassen sich nur langsam in die traditionelle Vorgehensweise bei der Dokumentation von Restaurierungen integrieren. Das hier gezeigte Anwendungsbeispiel wurde ganz bewußt ausgewählt, um zu zeigen, daß die dreidimensionale Bildverarbeitung völlig neue Möglichkeiten eröffnet und zu Ergebnissen führen kann, welche früher schlichtweg nicht vorstellbar waren. Die Patinierungsmustermappe der Firma WMF belegt, daß die Käufer der Grabmal-Engel aus unterschiedlichen Patinierungsvarianten wählen durften.26 Diese Varianten unterscheiden sich nicht nur in der Farbe: Bildbeispiel 1 (in Anlehnung an das Patinierungsmuster 1 der WMFMustermappe, in Reihe 1, ganz links), s. Abb. 17 Diese Variante erinnert stark an die Raffinesse der französischen Patinierungskunst im 19. Jahrhundert. Die Farbe ist gegenüber dem ursprünglichen Kupferton der Galvanoplastik stark verfremdet, wobei jedoch keine Annäherung an eine Bronze oder an eine natürlich patinierte Oberfläche erfolgt ist. Der nicht allzu starke, jedoch gleichmäßige Glanz der dicken, künstlichen Patinierung bringt die Gestaltungsdetails, wie zum Beispiel den Faltenwurf im Beinbereich des Engels, recht vorteilhaft zur Geltung. Der metallische Charakter des Grundmaterials verrät sich allerdings nur noch durch die hohe Abbildungsschärfe und Oberflächenglätte. Bildbeispiel 2 (in Anlehnung an das Patinierungsmuster 3, in Reihe 1, rechts) Hier fand eine Annäherung an den »großen Bruder« Bronze statt, wobei für die Computer-Simulation noch zusätzlich die Annahme getroffen wurde, daß der Glanz dieses nur dünn patinierten Musters auch in der WMF-Mustermappe nach über 100 Jahren nachgelassen hat. Die harten, metallischen Reflexe sind typisch für eine glatte, metallische Oberfläche. Der regelrecht rosarote Farbton des galvanischen Kupfers ist einem mehr gelblichen Bronzeton gewichen. Die starken Reflexe gehen – wie auch bei nicht oder nur schwach patinierten Bronzen – zu Lasten der bildhauerischen Details. Bildbeispiel 3 (in Anlehnung an das Patinierungsmuster 7, in der Reihe 3, links) Die hier vorliegende, massive chemische Patinierung – mutmaßlich eine Nitratpatinierung – greift die Metalloberfläche stark und unregelmäßig an, wobei in den chemisch stärker veränderten Partien die kräftigste Farbveränderung, Aufrauhung und Mattierung der Oberfläche erfolgt. Die Figur ist völlig frei von Glanzlichtern und den typisch metallischen Spitzlichtern. Interessanterweise bleibt im Computermodell die metallische Oberfläche in Teilbereichen unter der (lasierenden) Patinierung noch andeutungsweise erkennbar, was in der Praxis wohl auch der Fall sein wird. Technische Anmerkungen Das aus der Vermessung im gängigen, sogenannten DXF-Format erhaltene Drahtgittermodell gibt lediglich die Geometrie der Figur wieder. Sogenannte Raytracer-Software ermöglicht es, diesem Drahtgittermodell fast beliebige Materialeigenschaften zu überlagern. Bei der Engelsfigur wurde das Programm POVRAY verwendet, welches dem Benutzer die Möglichkeit gibt, eine Reihe von Randbedingungen festzulegen: Ort und Art der Lichtquelle, Betrachter-Standort, Betrachter-Blickwinkel, Oberflächenfarbe, Reflexionseigenschaften der Oberfläche, Rauhigkeit, Feinstruktur (»Kratzer«) und anderes mehr. Anhand dieser Vorgaben errechnet das Raytracer-Programm auf der Grundlage der Gesetze der geometrischen Optik das den Randbedingungen entsprechende Abbild – wenn man so will, das tatsächliche Aussehen. Zur besseren Vergleichbarkeit Galvanoplastiken – chemische Analyse und Restaurierung wurden bei den hier dargestellten Patinierungsvarianten möglichst viele Varianten (Beleuchtung, Blickwinkel, Hintergrund) konstant gehalten. Für alle Modelle wurde jeweils ein mehrschichtiger Oberflächenaufbau angenommen. Ganz unten befindet sich das metallische Grundsystem mit rötlicher Farbe, mehr oder weniger metallischem Glanz und feinen Bearbeitungsspuren. Dem metallischen Grundsystem wird eine Patinierungsschicht mit abweichender Farbe, variierenden Reflexionseigenschaften und variierender Transparenz überlagert. Um einigermaßen realistische Reflexe zu erzeugen, stehen die Modelle außerdem noch in einer »Umweltbox«, das heißt, sie sind von einer künstlichen Kulisse umgeben, welche sich auf der Oberfläche spiegelt. Anmerkungen 1 Hollemann, Arnold Frederik und Egon Wiberg: Lehrbuch der Anorganischen Chemie. Berlin 1976, S. 700. 2 Krenkler, Karl: Chemie des Bauwesens. Bd. 1. Berlin, Heidelberg, New York 1980, S. 113. 3 Scholz, Wilhelm: Baustoffkenntnis. Düsseldorf 1987, S. 142 f. 4 Uhlenhuth, Eduard: Formen und Gießen. Wien und Leipzig 1899, S. 11. 5 Die Galvanoplastik und ihre Anwendung zu Denkmälern und Prachtbauten. Ausgeführte Arbeiten. Zeugnisse und Gutachten. Galvanoplastische Kunst-Anstalt Geislingen-Steige (Katalog). 1905. Gutachten von Prof. E. v. Hoyer. München (1898), S. 105 f. 6 siehe in diesem Heft: Meißner, Birgit und Anke Doktor: Galvanoplastik – Geschichte einer Technik aus dem 19. Jahrhundert, S. 127– 137. 7 Haber, Georg J. und Maximilian Heimler: Galvanoplastische Grabdenkmäler der Jahrhundertwende. Geschichte, Technik und Restaurierungsproblematik kunstindustrieller Katalogware. In: Restauro 6/1991, S. 384 – 391. 8 Galvanoplastische Kunst-Anstalt Geislingen-Steige 1905 (wie Anm. 5). 9 Galvanoplastische Kunst-Anstalt Geislingen-Steige 1905 (wie Anm. 5). 10 Galvanoplastische Kunst-Anstalt Geislingen-Steige 1905 (wie Anm. 5). Gutachten von Prof. Dr. Haeussermann (1897), S. 103 f. 11 Galvanoplastische Kunst-Anstalt Geislingen-Steige 1905 (wie Anm. 5). 151 12 Die Galvanoplastik in der Kunst. Württembergische Metallwarenfabrik Geislingen/St. (Hrsg.). 1939, S. 7. 13 Württembergische Metallwarenfabrik Geislingen/St. (Hrsg.). 1939 (wie Anm. 12), S. 11. 14 Prof. von Hoyer, Prof. Haeussermann, s. Anm. 5 und 10. 15 Diese Montage erfolgte meist noch im Werk der WMF, da bestimmte Figurformen einen festgelegten Steintypus bedingten. 16 Bisher wurde lediglich bei einer Figur eine Abwitterung der obersten Schicht festgestellt, so daß nun die darunterliegenden Montagenähte sichtbar sind. 17 siehe in diesem Heft: Meißner, Birgit und Anke Doktor: Galvanoplastik – Geschichte einer Technik aus dem 19. Jahrhundert, S. 127– 137, Querschliff, S. 134, Abb. 15. 18 Canitz, Caroline Freiin von: Galvanoplastik – eine kunstindustrielle Fertigungstechnik und ihre Produkte dargestellt am Beispiel der Grabplastik des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts in Deutschland. Magisterarbeit. Otto-FriedrichUniversität Bamberg. 1996, S. 71 f. 19 Amt für Umweltschutz Leipzig, Abteilung für Umweltvorsorge SG Stadtökologie; Bayerisches Landesamt für Umweltschutz, München. 20 Vgl. Haber und Heimler 1991 (wie Anm. 7). 21 Restaurierungsdokumentation Kerngalvanoplastik »WMF-Grabengel, Kat.-Nr. 727a«, Fa. Fuchs+Girke, S. 13. 22 Restaurierungsdokumentation (wie Anm. 21), S. 11. 23 Vgl. Kocher, Mathias et al.: Computer-Bildverarbeitung und dreidimensionale Vermessung im Rahmen des Forschungsprojektes »Konservierung von Denkmälern aus Blei, Zink und Zinn«. In: Mottner, Peter und Martin Mach: Zinkguss. Die Konservierung von Denkmälern aus Zink. Arbeitsheft 98 des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege. München 1999, S. 134 –149. 24 Kocher (wie Anm. 23), S. 136 –138. 25 z. B. das Softwarepaket »Detailer« vom Hersteller Fractal Design. 26 siehe in diesem Heft: Meißner, Birgit und Anke Doktor: Galvanoplastik – Geschichte einer Technik aus dem 19. Jahrhundert, S. 127– 137, hier: S. 135, Abb. 16. Abbildungsnachweis: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege: Abb. 7, 8, 17 Fa. Fuchs+Girke: Abb. 9, 10, 15 Mike Jungrichter, Dresden: Abb. 1 Landesamt für Denkmalpflege Sachsen: Abb. 6, 11–14, 16 Landesamt für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt: Abb. 2 – 5 152 Bildatlas typischer Oberflächenphänomene von freibewitterten Bronzen Grundlagen der Bronzekorrosion Martin Mach Der vorliegende Text kann die Lektüre der einschlägigen Fachliteratur nicht ersetzen. Trotzdem sollen die wichtigsten Fakten zur Korrosion von Bronzen im Freien hier kurz zusammengefaßt werden. Weiterführende Literaturhinweise befinden sich im Anhang. 1 Visuell wahrnehmbare Veränderungen Originaloberfläche vernichten. Durch einen partiellen, nicht weit in die Tiefe gehenden Abtrag der schwarzen Bereiche könnte jedoch hier die in den schwarzen Partien unter einer Kruste noch vorhandene Originaloberfläche freigelegt und konserviert werden. In seltenen Fällen (Abb. 3) kann unter einer Kruste sogar noch eine völlig unversehrte, durchgehende Originaloberfläche gefunden werden. 1.1 Farbliche Veränderungen aufgrund der Oberflächenkorrosion 2 Unter den in Mitteleuropa herrschenden Bedingungen verändert sich die Farbe einer metallisch blanken Bronze bei natürlicher Bewitterung infolge der Oberflächenkorrosion im Regelfall mit der Zeit wie folgt 1 Ausgangssituation: Orangebraun bis goldgelb (Eigenfarbe der Legierung), glänzend 2 Beginnende Oxidation: Dunkelbraun, glänzend bis zunehmend matt 3 Schwarz 4 Schwarz mit kleinen, grünen Durchbrüchen 5 Schwarz mit großen, flächigen, grünen Durchbrüchen 6 Vollständig grün In Abhängigkeit von der Menge staubförmig angetragener, eisenhaltiger Partikel können sich die oben genannten grünen Bereiche nachträglich noch partiell oder flächig gelb verfärben, während die schwarzen Flächenbereiche typischerweise schwarz bleiben, jedoch an Schichtdicke zunehmen (matte, rauhe Oberfläche, Gipskristalle und ähnliches). Nur bei extrem schlechten Umweltbedingungen oder bei sehr homogen abwitternden, zinnarmen Legierungen wird das Stadium 6 erreicht, bei dem die ursprüngliche Oberfläche vollständig wegkorrodiert ist. 1.2 Morphologische Veränderungen aufgrund der Oberflächenkorrosion Infolge der unterschiedlichen Reaktionsgeschwindigkeit unterschiedlicher Oberflächenbereiche der Bronze entsteht auf den glatten, manchmal sogar ursprünglich auf Hochglanz polierten Bronzen durch die Korrosion eine zunehmend aufgerauhte Oberfläche. In den grün korrodierten Bereichen erfolgt in der Regel der stärkste Materialabtrag: Die metallische Bronze hat sich hier in grünes, poröses und nicht fest haftendes Korrosionsprodukt umgewandelt (Abb. 1, rechts oben), wobei die ursprüngliche Oberfläche meist stark verfremdet wurde oder verloren gegangen ist. Hingegen kann in den Kuppen der schwarz patinierten »Inseln« noch der letzte Rest der ursprünglichen Figurengeometrie erhalten sein (Abb. 1, links oben). Ein vollständiger Abtrag der schwarzen Bereiche würde in dieser Situation letzte Reste an Chemische Betrachtung der Bronzekorrosion 2.1 Typische Bestandteile der Korrosionsschichten Im Normalfall bildet sich bei der Korrosion als erstes Kupfer(I)-oxid (Cuprit Cu2O). Etwas später treten basische Kupfersulfate der allgemeinen Zusammensetzung Cu X (SO4) Y (OH)Z · n H2O auf, wobei in der Anfangsphase der Korrosion neben den bekannten wasserfreien, basischen Kupfersulfaten (Brochantit Cu 4 SO4 (OH)6 und Antlerit Cu 3SO4 (OH)4) auch stärker wasserhaltige basische Kupfersulfate wie Posnjakit (Cu 4 SO4 (OH)6 · H2O) und Langit (Cu 4 SO4 (OH)6 · 2 H2O) gefunden werden. Unter extrem ungünstigen Bedingungen kann zusätzlich ein schwefelreicheres basisches Kupfersulfat (z.B. Cu 2.5(OH)3 SO4 · 2 H2O) auftreten. Zinnbronzen reagieren außerdem zu hydratisiertem Zinnoxid SnO2 · n H2O, welches in der Röntgenbeugung üblicherweise als besser kristallisiertes, wasserfreies Zinnoxid (Cassiterit, SnO2) nachgewiesen wird. Der typische Chloridgehalt der Korrosionsproduktschichten liegt bei etwa 1%. Basische Kupferchloride, wie Atacamit (Cu 2 (OH)3 Cl) und Paratacamit (gleiche Summenformel), werden deshalb zwar gelegentlich gefunden, sind jedoch meist von untergeordneter Bedeutung. Regelmäßig werden auch Oxalate und Nitrate – wenn auch in geringer Konzentration – nachgewiesen. 2.2 Entstehung und Eigenschaften des Kupferoxids Das charakteristische rotbraune Kupfer-(I)-oxid (Cu 2 O, Cuprit) ist auf allen im Freien korrodierten Bronzen nachweisbar und kann, falls es eine dicht schließende Schicht bildet, die Bronze hervorragend passivieren, so daß die Korrosionsgeschwindigkeit niedriger ist als die des blanken Metalls. In seltenen Fällen kann der Cuprit von intensiv roter Farbe sein. Das schwarze Kupfer-(II)-oxid (CuO, Tenorit) wird hingegen nur äußerst selten gefunden. Es ist zu vermuten, daß das Kupfer-(II)-oxid nicht durch die Korrosion gebildet wird, sondern eher Resten der ursprünglichen, bei hohen Temperaturen entstandenen Gußhaut zuzurechnen ist. Bildatlas typischer Oberflächenphänomene von freibewitterten Bronzen 1 Typischer Querschliff durch eine im Freien korrodierte Bronze (Breite des Originals: 0,6 mm). Die mutmaßliche Originaloberfläche ist in den grünen Bereichen weitgehend zerstört. 153 2 Erläuterung zum Querschliff (Cupritschicht in Wirklichkeit braun, im polarisierten Licht unter dem Mikroskop rot) Hydroxid (OH–)-Ionen. Sie benötigt Sauerstoff und Wasser und liefert Hydroxid gemäß folgender chemischer Reaktionsgleichung: 1 /2 O2 + 2 e – + H 2 O ↔ 2 OH – Die kathodische Teilreaktion benötigt Sauerstoff, deshalb läuft sie vorrangig an der Oberfläche der Bronze und nicht im Inneren der Korrosionsgruben ab. Die Reaktion wird durch schwefelsaure Bestandteile in der Atmosphäre begünstigt, welche das Reaktionsgleichgewicht nach rechts verschieben. Die an die kathodische gekoppelte anodische Teilreaktion bildet durch Oxidation des Kupfers (Cu) Kupferionen (Cu 2+) und setzt Elektronen frei: 3 Schematische Darstellung eines Querschliffs von den Augsburger Domtüren: Die mutmaßliche originale Oberfläche (rote Linie) ist unter der Kruste erhalten, weil sich die Bronzeoberfläche unter Beibehaltung ihrer Gestalt oberflächlich in eine mechanisch und chemisch stabile Cupritschicht umgewandelt hat, welche dem ursprünglichen Oberflächenverlauf folgt. 2.3 Die Entstehung der basischen Kupfersulfate Zum besseren Verständnis der chemischen Befunde soll das einfachstmögliche elektrochemische Modell zur Bronzekorrosion herangezogen werden. Demnach beruhen die Triebkraft der chemischen Reaktion und die lokalen Unterschiede im Korrosionsgeschehen in erster Linie auf elektrischen Potentialunterschieden, die sich in einem lokal unterschiedlich starken Bestreben der Bronze ausdrücken, Elektronen (negative Ladungsträger) anzuziehen beziehungsweise abzustoßen. Ähnlich wie die Pole einer Batterie verhalten sich Teilbereiche der Bronzeoberfläche somit eher elektrisch negativ (=kathodisch, =elektronenreich, =elektronenabstoßend) oder elektrisch positiv (=anodisch, =elektronenarm, =elektronenanziehend). Auf den als kathodisch (elektronenreich) charakterisierbaren Partien der Bronzeoberfläche läuft die sogenannte kathodische Teilreaktion des Korrosionsgeschehens ab. Diese chemische Reaktion besteht in einer Reduktion (Elektronenaufnahme) des elementaren, atmosphärischen Sauerstoffs unter Bildung von Cu ↔ Cu 2+ + 2e – Die freigesetzten Elektronen wandern durch die metallische Bronze zu den kathodischen Reaktionsbereichen, während die Hydroxidionen auf dem Weg über den Flüssigkeitsfilm auf der Bronzeoberfläche zu den Kupferionen gelangen und mit diesen Kupfersalze bilden. Falls in dem dünnen Flüssigkeitsfilm auf der Oberfläche gleichzeitig gelöste Kupfer-, Hydroxid- und Sulfat-Ionen vorhanden sind, bilden sich sofort schwerlösliche, basische Kupfersulfate, wie zum Beispiel Antlerit oder Brochantit, die als grüner Niederschlag gemäß folgender chemischer Gleichung ausfallen: xCu 2+ + y SO4 2– + zOH– + n H2O ↔ CuX(SO4) Y (OH)Z · n H2O mit 2 x = 2 y + z Die basischen Kupfersulfate passivieren die Bronze – wenn überhaupt – im Vergleich zum Kupferoxid nur wenig. Die von den Kupfersulfaten gebildete Schicht ist meist pulverförmig und lose aufliegend. 3 Chemische und restauratorische Bewertung der Korrosionsprodukte Bereits im Abschnitt 2.2 wurde auf die passivierende und somit korrosionshemmende Wirkung einer dicht schließenden Cupritschicht hingewiesen. Basische Kupfersulfate und hydratisiertes Zinnoxid hingegen schützen wegen ihrer pulverförmigen Martin Mach Verbindung Chemische Formel Brochantit Cu 4 SO4 (OH)6 Hydroxid/ Sulfat/ Kupfer Kupfer 1.50 0.25 Antlerit Cu 3 SO4 (OH)4 1.33 0.33 Strandbergit Basisches Kupfersulfat Kupfersulfat Cu 2.5 SO4 (OH) 3 · 2 H2O Cu 5 (SO4) 2(OH) 6 · 5 H2O 1.20 1.20 0.40 0.40 CuSO4 · 5 H 2O 0.00 1.00 Tab.1 Stöchiometrische Verhältnisse in einigen Kupfersulfaten Chloride werden in der Fachliteratur zwar durchwegs negativ beurteilt, in der Praxis scheint sich jedoch ein mäßiger Chloridgehalt in der Patina von Bronzen im Freien (bis zu ca. 1,5 %) nicht merklich negativ auszuwirken. Grundsätzlich binden poröse und pudrige Korrosionsprodukte aller Art verstärkt Gase und Partikel aus der Atmosphäre und bewirken auf diese Weise eine verstärkte Verschmutzung und Durchfeuchtung der Korrosionsschichten. Die aufliegenden Schichten enthalten deshalb nach außen hin einen zunehmenden Anteil an bronzefremden Substanzen, welche grundsätzlich unerwünscht sind. Zu den bronzefremden Bestandteilen zählen: Gesteinspartikel, eisenhaltige und quarzhaltige Partikel, Reifengummi, Gips, Ruß, Mineralölprodukte, Faserstäube, Flugasche, Textilfasern, Reste abgestorbener Pflanzen usw. Die Analyse ermöglicht somit die chemische Beurteilung einer Korrosionsschicht, wobei Oxide am ehesten erwünscht sind, basische Sulfate im allgemeinen toleriert werden und bronzefremde Substanzen, wie zum Beispiel Gips, in der Regel entfernt werden sollten. 4 Der Zusammenhang zwischen Bronzekorrosion und Luftqualität Eine recht brauchbare Faustregel besagt, daß von der Bronzeoberfläche bei moderater Luftverschmutzung pro Jahr durchschnittlich 1/1000mm (ein Mikrometer) in Korrosionsprodukt umgewandelt oder durch Korrosion abgetragen wird. Dement- – - – - - – – - – - - – - 0 10 20 30 40 50 – – - – - – – – – - - – - - – - 0 - – 20 – – – 40 – Bronze ungeschützt Expositionszeit 1 Jahr 2 Jahre 4 Jahre 8 Jahre 60 – – – - 80 - Schwefeldioxid-Gehalt in der Luft (μg/m3) – Konsistenz die Bronze im allgemeinen nicht und sind in erster Näherung als indifferent zu bewerten. Man wird sie im allgemeinen auf den Figuren belassen, nicht zuletzt deshalb, weil sich unter den Sulfaten eine stark korrodierte und aufgerauhte, matte Oberfläche befindet, die ohnehin niemand sehen möchte. Die folgende Tabelle zeigt, daß es innerhalb der Kupfersulfate eine Abstufung von schwefelarm (Brochantit) nach schwefelreich (gewöhnliches Kupfersulfat CuSO4 · 5 H 2O, nur selten auf Bronzen nachweisbar) gibt. Besonders die in der Tabelle grau unterlegten Salze weisen auf aktive Korrosion und mangelnde Passivierung hin. In der Praxis ist es jedoch normalerweise nicht möglich, die negativ zu bewertenden Salze, welche typischerweise in Korrosionsgruben auftreten, selektiv zu entfernen, ohne die Bronze radikal freizulegen. Eine radikale Freilegung würde die noch intakten Bereiche der Oberfläche schädigen und trotzdem nur einen Teil der Korrosionsprodukte in den tiefen Korrosionsgruben erreichen. Korrosions-Massenverlust (g/m2) 154 60 Bruno Stöckle & Andreas Krätschmer Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege UN/ECE Programme on Effects on Materials 4 Zusammenhang zwischen atmosphärischer Schwefeldioxidkonzentration und Massenverlust an Bronze durch Korrosion. Die Werte stammen von 39 weltweit verteilten Bewitterungsstationen, an denen die Bronzeproben 1, 2, 4 und 8 Jahre im Freien bewittert wurden. sprechend findet man bei Bronzen, die im 19. Jahrhundert aufgestellt wurden, auch meist maximale Korrosionstiefen von 0,1 bis 0,2mm. Es gibt jedoch auch Figuren, auf denen – zumindest in Teilbereichen – feinste Herstellungsspuren wie zum Beispiel feine Feilstriche, Punzierungen nach 300 oder sogar nach 900 Jahren in ihrer Morphologie vollständig erhalten sind. Hingegen können andernorts, unter ungünstigeren Umweltbedingungen, bereits nach 80 Jahren millimetertiefe Korrosionsgruben auftreten. Im allgemeinen halten sich sehr zinnreiche Bronzen (ab ca. 10% Zinn) deutlich besser als zinnarme Bronzen. Auch ein Messing mit 15% Zink bewährt sich bei atmosphärischer Korrosion besser als eine zinnarme Bronze. Die für die Korrosion wohl wichtigste Umweltparameter ist der Schwefeldioxidgehalt der Luft (siehe STOECKLE, im Anhang). Der Zusammenhang zwischen Schwefeldioxidbelastung und Bronzeschädigung ist aus Abb. 4 abzulesen. Ein weiteres, gut geeignetes Kriterium für die Beurteilung der Umweltbedingungen ist die elektrische Leitfähigkeit des Regenwassers. Diese ist dem Salzgehalt des Regens proportional und gilt als eine Art globaler Verschmutzungsparameter, in den viele korrosionsbestimmende Faktoren, wie zum Beispiel die Gegenwart von Streusalz, von Emissionen aus Haushalten und Industrie einfließen. Durch die erhöhte elektrische Leitfähigkeit können sich die elektrochemisch bedingten Korrosionsströme besser entfalten. Durch regelmäßiges Waschen werden die den Korrosionsstrom fördernden löslichen Salze auf der Bronze entfernt. Auch eine Konservierung mit tief eingeschmolzenem Wachs ist geeignet, die Stromkreisläufe in den Korrosions-Lokalelementen auf der Bronze zum Stillstand zu bringen. 155 Typische Oberflächenphänomene – Bildatlas Anke Doktor, Wolfgang Conrad Immer wieder gibt es das Bestreben, eine einheitliche Sprache für die gefundenen Oberflächenphänomene auf Bronze und Kupfer zu definieren. Dies ist allerdings sehr schwierig, weil die Fülle an Erscheinungen einer Bronzeoberfläche unüberschaubar groß ist. Folglich kann auch dieser Bildatlas nur einen Ausschnitt 1. Oberfläche nach dem Guß 1 metallisch reine, golden bis rotgolden glänzende, glatte und harte Oberfläche 2. Oxidschichten 2.1 rot glänzende, stabile Cupritschicht als passivierende Originalpatina, eine Art Pflegepatina durch ständiges Berühren 2.2 gelb matte, instabile Schicht (unter Schmutzschicht freigelegt) – verändert sich bei direkter Bewitterung zur braunen Schicht; Sonderfall: die Statue wurde 1983/84 mechanisch bis zur metallisch glänzenden Bronze freigelegt und wachskonserviert, dies ist die Ursache für die Ausbildung der braunen Oxidschicht unter der zunehmenden Schmutzschicht 2.3 braun glänzende, stabile Cupritschicht als passivierende Originalpatina liefern. Darüber hinaus existieren viele Mischformen, die im Rahmen des Projektes nicht erfaßt werden konnten. Dennoch gibt die nachfolgende Auflistung einen Überblick über die häufigsten Arten von Oberflächenphänomenen. 156 Anke Doktor, Wolfgang Conrad 2.4 braun-schwarze, matt glänzende, stabile Oxid-Korrosionsschicht mit abnehmender passivierender Funktion (besteht aus Cuprit und ersten basischen Kupfersulfaten) Schwarze Schichten 2.5 schwarze, feste glänzende Oberfläche; entspricht weitgehend der originalen oxidierten Bronzeepidermis mit primären Bearbeitungsspuren, partiell bilden sich basische Kupfersulfate 2.6 mattschwarze, feste Oberfläche; entspricht immer noch der originalen Oberfläche, ist aber zunehmend mit Korrosionsprodukten und Schmutz durchsetzt, deshalb auch als KorrosionsSchmutzschicht bezeichnet, auf der matten Oberfläche können sich immer mehr Schmutz- und Korrosionsstimulatoren ansammeln 2.7 schwarze, aber nicht feste Oberfläche, mehrschichtig, Schuppen oder Schollen in Regenschatten-Bereichen, dicke Korrosions-Schmutzschichten verfremden die originale Oberfläche und dominieren das Aussehen; mögliche Langzeitschädigung der Bronze Grüne Schichten 2.8 dunkelgrüne Korrosionsschicht mit fester, glatter, glänzender und dichter Oberfläche; ausschließlich grüne, dicht schließende Bewitterungspatina mit passivierender Wirkung Typische Oberflächenphänomene – Bildatlas 2.9 dunkelgrüne Korrosionsschicht mit fester, aber rauher und matter Oberfläche, die in relativ dicker Schicht vorliegt; an den Restinseln der originalen Bronzeoberfläche kann der Materialund Formverlust erkannt werden 2.10 hellgrüne Korrosionsschicht in dünner, aber fester und glänzender Ausbildung; der Glanz resultiert aus einer gleichmäßigen Feinkörnigkeit der festen Korrosionsprodukte, Bewitterungsschicht mit geringer Verlustrate 2.11 hellgrüne Korrosionsschicht mit matter bis pulvrig-loser Oberfläche als Zeichen des immer weiter ablaufenden Korrosionsprozesses mit größeren Abtragsraten 2.12 graugrüne Korrosionsschicht mit matter bis pulvrig-loser Oberfläche als Anzeichen des fortlaufenden Korrosionsvorgangs mit hoher Verlustrate 3. Zerstörte Oberflächen (als Korrosionsschäden) 3.1 ebenmäßiger Korrosionsabtrag, gleichförmig einheitliche Umwandlung der originalen Oberfläche in ein einheitliches, hinlänglich stabiles Korrosionsprodukt als feste grüne Korrosionsschicht mit erkennbarer Reduktion des originalen Oberflächenniveaus 3.2 Ablaufrinnen als ungleichmäßiger Korrosionsabtrag; durch Regen oder Kondenswasser hervorgerufenes Schadensbild als furchenartiger Korrosionsabtrag in den Wasserlaufspuren, der mit der Bildung löslicher grüner Korrosionsprodukte einhergeht 157 158 Anke Doktor, Wolfgang Conrad 3.3 Korrosionskrater; kreisrund abgegrenzte regelmäßige Vertiefungen im noch originalen Oberflächenniveau, die Korrosionsprodukte sind nicht mehr zusammenhängend schichtbildend 3.4 Korrosionsmulden; ausgedehnte unregelmäßige Vertiefungen mit im Vergleich zu den unter 3.3 genannten Korrosionskratern höherem Korrosionsverlust an Originalsubstanz, das originale Oberflächenniveau ist aber noch erkennbar, Korrosionsprodukte sind nicht mehr zusammenhängend schichtbildend 3.5 noch stärkere Schädigung als bei den oben genannten isolierten Kratern und Mulden: unregelmäßiger, zum Teil flächig ausgedehnter, tiefer Korrosionsabtrag; Auflösung oder fast vollständige Zerstörung der originalen Oberfläche durch hohe Verluste infolge Ablagerungskorrosion (Korrosion unter dicken, oft feuchten Schmutzschichten beziehungsweise Schmutzkrusten) 3.6 Lochfraß; zahlreiche, verhältnismäßig kleine, aber tiefgreifende Krater durch selektive Korrosion, Korrosionsprodukte liegen lose auf 3.7 Schichtpocken – ein Extremfall bei besonders ungünstigen Bedingungen, lokal bedingtes Auftreten in schwarzen Korrosionsschichten als geschlossene Aufwölbungen mit Anreicherung löslicher, zum Teil hygroskopischer Salze, die gute Kondensationsbedingungen für SO2 darstellen, der Korrosionsprozeß verläuft so immer weiter und führt zur Vergrößerung und Vermehrung der Pocken bis hin zum Aufplatzen der Schichten, Korrosionskrater und –mulden werden dann sichtbar 3.8 Ausblühungen; angetrocknete Salze, die aus wäßrigen Salzlösungen auskristallisiert sind, die Ursache liegt in lokal porösen Bronzestellen oder feinen Haarrissen (zum Beispiel infolge Spannungsrißkorrosion), an denen aus dem Figur-Inneren angereichertes Kondenswasser austritt, die Salze bleiben zurück, wenn das Wasser verdunstet; früh erkennbares Zeichen für einen sich entwickelnden mechanischen Schaden (Rißbildung) Typische Oberflächenphänomene – Bildatlas 4. Anlagerungen (artfremde, von außen angetragene Verunreinigungen oder Applikationen) 4.1 Ascheschichten (aus Großstadtstaub, Heizwerkabgasen) als bräunlich matte, unregelmäßige Ansammlung von Aschestaub, der sich fest in der rauhen Oberfläche einer grünen Korrosionsschicht verankert hat 4.2 Schmutzschichten als schwärzlich-stumpfmatte Bedeckung mit inhomogener Haftung und mit mehr oder weniger korrosiver Wirkung 4.3 Schmutzkrusten in grau-schwarzen, dicken Ansammlungen in wasserablaufgeschützten Bereichen als harte lokale Verkrustungen mit grober Oberflächenstruktur, welche die originalen Oberflächenformen nicht mehr erkennen lassen; bei Dauerfeuchte mit hoher korrosiver Wirkung verbunden (infolge Ablagerungskorrosion) 4.4 Kalkschichten (an Brunnenplastiken); graue und rostfarbene Ablagerungen von Wassermineralien, die einen harten grobkristallin aufgewachsenen Belag bilden; sind die Kalkschichten grau, wirkt die Bronze wie ein Zinkguß 4.5 Farbschichten (als Beschmierung); willkürlich gestrichene oder gesprühte Farbaufträge mit mehr oder weniger guter Haftung; die Farbschichten wurden hier mittels Laser entfernt, Musterstreifen sind erkennbar 4.6 Farbschichten (als gestaltende Applikation); originale oder wiederholte Farbbeschichtung als ästhetisches Darstellungselement an bestimmten Figurenteilen 159 160 Anke Doktor, Wolfgang Conrad 5. Altrestaurierungen 5.1 Altergänzung; die sich farblich heller abzeichnende Patina und ein erhöht stehengebliebener Rand markieren die nachträgliche Ergänzung 5.2 Altkonservierung; eine stellenweise dick aufgetragene und somit vereinzelt besser erhaltene bräunlich eingefärbte Schicht erweist sich nach naturwissenschaftlichen Untersuchungen als historische Konservierungsschicht in ausgemagerter Qualität durch Abwitterung 5.3 Altvergoldung; der Befund von Blattgoldresten in der Patinaschicht ist ein Indiz für eine frühere partielle Ölvergoldung; mit der Abwitterung der Ölvergoldung bildete sich die graugrüne Patina 5.4 Altreparatur; die schwarzen Ringe an den Oberarmen der Engelsfigur sind durch nachträgliches Verschweißen der originalen Verbindungsstellen entstanden, dabei wurde partiell die Grünpatina zerstört, eine erneute Oxidbildung hat eingesetzt 6. Herstellungsbedingte Phänomene 6.1 originale Arbeitsspuren; Schleif- oder Ziselierspuren in festen grünen Korrosionsschichten können bei ausreichender mineralischer Härte der sich bildenden Gußhaut gut erkannt und erhalten werden (Foto in doppelter Vergrößerung) Typische Oberflächenphänomene – Bildatlas 6.2 Abdeckung eiserner Kernhalterungen mit Paßstücken (auch Flickungen genannt); Paßstück erkennbar aufgrund seiner von der Umgebung farblich differenzierten Oberfläche infolge einer anderen Legierungssorte und/oder einer anderen Ziselierung 6.3 ein Paßstück (vgl. 6.2) ist aufgesprengt, auslaufendes Rostwasser wird erkennbar; die Sprengwirkung resultiert aus der Volumenzunahme des rostenden Eisenstabes, die das 6 –10fache betragen kann 6.4 ein fehlendes Paßstück an einer freiliegenden eisernen Kernhalterung stellt eine ernste Gefahr für die umgebende Bronze dar, denn ein weiterer Fortgang der Eisenkorrosion kann eine zerstörerische, rißbildende Sprengwirkung auf die benachbarten Bronzebereiche haben 6.5 Nähte als sichtbar gewordene Trennlinie von zwei zusammengesetzten Figurenteilen; bei perfekter Ziselierarbeit sind Nähte in neuen Gußplastiken kaum erkennbar, mit der Ausbildung der Korrosionsschichten sind die Originalübergänge immer deutlicher ablesbar 6.6 Gießlunker und Porösen als fehlerhafte Oberflächenausbildungen beim Erstarren der Bronze; die unregelmäßig geformten Lunkeröffnungen sowie die kleineren erstarrten Hohlräume von Gasblasen vergrößern sich durch Korrosionsvorgänge, die von den Rändern her beginnen, damit verbunden ist ein weiterer Verlust von Originalsubstanz 6.7 Stifte, Verschraubungen; mit den Eisenstiften werden die zusammengesteckten Teile dicht aneinander getrieben, danach mit eisernen Schrauben und Muttern kraftschlüssig befestigt, an der »Außenhaut« werden die Verbindungsstellen fein überziseliert (siehe 6.5), die Schraubenköpfe abgemeißelt und mit Paßstücken abgedeckt, so daß sich eine einheitlich gestaltete Oberfläche ergibt 161 162 Anke Doktor, Wolfgang Conrad 7. Mechanische Schäden Selbsttätige Beschädigungen ohne erkennbare Krafteinwirkung von außen 7.1 Risse; einfachste schadhafte Öffnung der plastischen Form infolge von Spannungen, Materialermüdung oder Materialfehlern 7.2 Sprengungen; Öffnung mit Verbiegung oder Aufwölbung der plastischen Form 7.3 Verbiegung; Veränderung der ursprünglichen Form, Deformierung ohne Rißbildung 7.4 Verlust; lokal begrenzter Wegfall eines Figurenteils, wie an der Bruchstelle und an der zu kurzen Schwertscheide zu erkennen ist Weiterführende, aktuelle und speziellere Literatur in Auswahl Bersch, Joseph: Lexikon der Metall-Technik. Wien, o.J. (1900) (Anm. d. Verf.: bestes Nachschlagewerk zur Metallverarbeitung im 19. Jahrhundert); Maertens, Hermann: Die deutschen Bildsäulen-Denkmale des XIX. Jahrhunderts. Stuttgart 1892 (Anm. d.Verf.: enthält im allgemeinen Teil frühe Überlegungen zu geeigneten Legierungen, natürlicher Patinierung und Konservierung); Roidl, Egidius: Restaurierungs- und Konservierungsmethoden bei Bronzen im Freien. Restauro 93 (1987) Heft 4, S. 9 bis 27 Metallrestaurierung-Metal Restoration. Arbeitsheft 94 des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, München 1998. (Anm. d. Verf.: behandelt praktisch ausschließlich Korrosion und Restaurierung von Bronzen im Freien); Mourey, William und Luc Robbiola (Hrsg.): Metal 98. Proceedings of the international conference on metals conservation. DraguignanFiganières, 27.– 29. 5.1998. London 1998 (Anm. d. Verf.: enthält neuere Arbeiten über die Grundlagen der Metallrestaurierung, z.B. zur Elektrochemie der Korrosion); Spies, Gerd (Hrsg.): Der Braunschweiger Löwe. Veröffentlichungen des Städtischen Museums Braunschweig. Braunschweig 1985 (Anm. d. Verf.: gute Einführungen, zahlreiche Metallanlysen von Riederer, vorbildliche Restaurierung und Dokumentation); Copper Patina Formation. Corrosion Science, Special issue, vol.27, no.7 (1987). (Anm. d. Verf.: Grundlagen der Korrosionschemie des Kupfers); Stöckle, Bruno, Stephan Fitz et al.: Die atmosphärische Korrosion von Kupfer und Bronze im Rahmen des UN/ECE-Expositionsprogramms. Zwischenbericht nach vierjähriger Bewitterung. In: Werkstoffe und Korrosion 44 (1993) 48 – 56 Strandberg, Helena: Perspectives on Bronze Sculpture Conservation. Dissertation, Universität Göteborg 1997 Abbildungsnachweis Martin Mach, München: Abb. 1 – 4 Abbildungsnachweis Bildatlas Martin Mach, München: Abb. 1, 2.11, 3.8, 4.6, 7.2, 7.4 Michael Gräf, Dresden: Abb. 4.1 Wolfgang Conrad, Lutherstadt Eisleben: alle übrigen Abbildungen 163 Zusammenfassung der Ergebnisse des Bronzeprojektes für die Anwendung in der denkmalpflegerischen Praxis Annegret Michel Die vorliegende Publikation gewährt einen Einblick in die vierjährige Arbeit am Forschungsprojekt zur Restaurierung freiluftbewitterter Bronze- und Galvanoplastiken in den beiden Bundesländern Sachsen und Sachsen-Anhalt. Alle Beteiligten haben zum Gelingen der Arbeit beigetragen und können nun auch mit Stolz auf das vorliegende Heft blicken. Neben vielen Mühen gab es doch für jeden auch einen Gewinn an Wissen und Erfahrung. Als wohl wichtigste Frucht der gemeinsamen Arbeit ist die erheblich gestiegene Achtung des originalen Bestandes grünschwarzer Patina anzusehen. Statt alle Schichten abzunehmen, wird der Substanzverlust nun so gering wie möglich gehalten. Die anschließende Konservierung der bearbeiteten Oberflächen mit geeigneten Schutzwachsen ist eine nutzbringende und inzwischen anerkannte Neuerung – nur so können die Restaurierungsergebnisse über längere Zeiträume Bestand haben. Dazu wurden bisher noch nicht angewandte Beschichtungen in die restauratorische Praxis eingeführt, die inzwischen selbstverständlich in ihrer Anwendung geworden sind. Ebenso konnten neue Techniken der Restaurierungspraxis – wie die Nutzung des Laserstrahls zur Oberflächenbearbeitung – erprobt werden. Mit besseren und schonenderen Methoden wagt man sich nun auch an über das Projekt hinausgehende Aufgaben heran, wie etwa die Bearbeitung von Objekten aus Zinn, Zink oder Eisen. Die vielfältigen Möglichkeiten der Restaurierungsvorbereitung konnten innerhalb der Bearbeitungen der Objekte – für jedes einzelne in spezieller und detaillierter Weise – angewandt werden. Dabei ist das Zentrallabor am Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege der wichtigste Partner. Als Untersuchungsmethoden werden neben Farbwertmessungen und der Messung von Schichtdicken, Rauhigkeit sowie Leitfähigkeit auch Röntgen- und Gammastrahlen eingesetzt. Der Untersuchung mit dem Mikroskop folgt die Rasterelektronenmikroskopie, die Chromatographie und bestimmte Methoden der Spektrometrie. Das Wissen um die Legierungszusammensetzungen und vor allem die chemischen Bestandteile der Oberflächenschichten ermöglicht eine bessere Vorbereitung der Restaurierungskonzeption – man weiß, womit man es im konkreten Fall zu tun hat. Ein weiteres Hilfsmittel zur Vorbereitung und Kartierung einzelner Zustands- beziehungsweise Schadensphänomene ist die Verbesserung der Bildverarbeitungstechniken. An der Dresdner Kerngalvanoplastik wurde eine 3D-Vermessung durchgeführt, die sowohl der Kartierung diente als auch für später zu restaurierende gleiche Stücke als Muster in drei Dimensionen dienen kann. Neben den praktischen Aufgaben des Projektes war auch die regionale Erfassung von Bronzedenkmälern in Sachsen und Sachsen-Anhalt ein Ziel, welche in vorliegender Broschüre am Beispiel des Standbildes von Herzog Heinrich dem Frommen erläutert wird. Gerade dieses Denkmal war durch gravierende Umweltschäden dringend restaurierungsbedürftig. Eine Übersicht über die Problematik der Umweltbelastung wird ebenfalls vorgestellt. Genauso wichtig wie die gute Vorbereitung einer Restaurierung ist die Bewahrung des Ergebnisses über längere Zeiträume. Zum Schutz der Oberflächen wurde an nahezu allen innerhalb des Projektes bearbeiteten Denkmälern mikrokristallines Schutzwachs angewendet, das sich selbst am stark kalkbelasteten Mendebrunnen seit zwei Jahren gut bewährt. Das Wachs wird heiß aufgeschmolzen, dadurch wird die Oberfläche versiegelt und weitere Korrosion verhindert. Die Oberflächen erscheinen danach etwas dunkler, was jedoch in vielen Fällen den starken Schwarz-Grün-Kontrast mildert und Verunklärungen der Form behebt. Die im Projekt bearbeitete Triton-Hippokamp-Gruppe am Mendebrunnen in Leipzig war ein Versuchsobjekt für die partielle Konservierung mit Ormocer® (neben der Anwendung von mikrokristallinem Schutzwachs). Dieses neue, ursprünglich am Fraunhofer-Institut für Silicatforschung für die Industrie entwickelte Oberflächenbeschichtungssystem konnte auf gut mit anderen Konservierungssystemen (mikrokristallines Wachs, Acrylat) vergleichbaren kleineren Flächen erprobt werden. Seine versiegelnden Eigenschaften wurden für restauratorische Belange modifiziert und machten es so zu einem der möglichen Schutzüberzüge für künftig zu konservierende Objekte. Ein sehr interessantes und bisher wenig beachtetes Forschungsgebiet stellen die verschiedenen, noch erhaltenen Galvanoplastiken dar. Diese kostengünstige Alternative zum Bronzeguß wurde Ende des 19. Jahrhunderts perfektioniert und war bis in die Dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts weit verbreitet. Innerhalb des Projektes wurden Fragen der Herstellungstechnik geklärt und analytisch bearbeitet. Neue Konservierungsmöglichkeiten für die neben der Kupferhaut erhaltenswerten Gipsmassen der Kerngalvanoplastiken werden eine weitere Forschungsaufgabe sein. An dem hier vorgestellten Grabengel mußte der stark zerstörte Gipskern leider entfernt werden. Die Zusammenarbeit zwischen den ausführenden Restauratoren und Handwerksbetrieben sowie den Landesämtern für Denkmalpflege hat sich durch die gemeinsame Lösung von Projektaufgaben enorm verbessert, selbst über das Projekt hinausgehende Restaurierungsobjekte werden nun selbstverständlich durch das Landesamt betreut, was vorher leider nicht immer der Fall war. Probeachsen werden angefertigt, Konzeptionen erstellt, Zwischen- und Endabnahmen durchgeführt. Selbst das öffentliche Interesse ist – nicht zuletzt durch zahlreiche Pressemeldungen über laufende oder abgeschlossene Bronzerestaurierungen – in den letzten Jahren sehr gestiegen. Obwohl nach wie vor in den neuen Bundesländern nicht genügend diplomierte Metallrestauratoren tätig sind, konnten 164 Annegret Michel durch die Mitarbeit im Bronzeprojekt und die dabei gewonnenen Erkenntnisse auch Handwerksbetriebe mit den restauratorischen Aufgaben betraut werden, was in Zukunft sehr nützlich sein wird. Mit etwas Bedauern sehen wir nun den Abschluß des Projektes vor uns. Für die weitere Arbeit hoffen wir auf noch mehr Interesse für dieses denkmalpflegerische Anliegen, wie etwa den dringend notwendigen Abschluß von Wartungsverträgen für restaurierte Bronzen und Galvanoplastiken zwischen deren Eigentümern und Restauratoren. Das Verständnis dafür, daß frisch oberflächenkonservierte, ehemals »schön grüne« Bronzen ihr Oberflächenbild etwas anders zeigen als bisher, aber dafür in ihrer plastischen Wirkung um so besser zur Geltung kommen, wird sich von selbst einstellen. Wir sind sehr froh, mit den vorliegenden Arbeitsergebnissen unseres Projektes zeigen zu können, daß die wichtigsten ersten Schritte getan und die Voraussetzungen für eine dauerhafte Bewahrung dieser Bildwerke geschaffen werden konnten. Abbildungsnachweis: Anke Doktor, München 165 Anschriften der Autoren Wolfgang Conrad Obere Parkstr. 10 06295 Lutherstadt Eisleben Birgit Meißner M. A. Hermsdorfer Str. 2 01159 Dresden Anke Doctor Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege Hofgraben 4 80539 München Annegret Michel Landesamt für Denkmalpflege Sachsen Augustusstr. 2 01067 Dresden Dr. Georg J. Haber Fa. Haber & Brandner Lichtenfelser Str. 4 93057 Regensburg Dr. Peter Mottner Fraunhofer Institut für Silicatforschung ISC-Außenstelle Bronnbach Bronnbach 28 97877 Wertheim-Bronnbach Andreas Krätschmer Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege Hofgraben 4 80539 München PD Dr. Edgar Lein Roonstr. 1 38102 Braunschweig Dr. Berhard Maaz Staatliche Museen zu Berlin – Preussischer Kulturbesitz Alte Nationalgalerie Bodestr. 1–3 10178 Berlin Martin Mach Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege Hofgraben 4 80539 München Dr. Monika Pilz Fraunhofer Institut für Silicatforschung ISC-Außenstelle Bronnbach Bronnbach 28 97877 Wertheim-Bronnbach Stefan Simon Konservierung und Denkmalpflege Consulting Schloßstr. 40 82140 Olching 166 Register A Abietinsäure, s. galvanoplastische Werkst. 134 Aceton, s. galvanoplastische Werkst. 139 Adalbert I., Erzbischof, 19 Adalbert Milde & Co., 37, 38 Alberti, Leon Battista, 14, 16, 19 Albrecht Dürer-Denkmal (Nürnberg), s. Dürer-Denkmal Alkohol, s. galvanoplastische Werkst. 134 Amazone (Altes Museum, Berlin), 32, 33 – 36 Analytik, s. analytische Methoden analytische Methoden, 45 –53 Anionenanalytik, 50 Atomabsorptionsspektrometrie (AAS), 50, 50 Chromatographie, 50 Elektronenstrahl-Mikroanalyse, 48 Gaschromatographie (GC), 50 Infrarotspektroskopie (IR), 52, 52 Ionenaustausch-Chromatographie (IC), 50 Ionenchromatographie (IC), 50, 51 Isotopenanalyse, 52 Kationenanalytik, 50 Massenspektrometrie (MS), 51 Mikroskopie, 47 Rasterelektronenmikroskopie (REM), 48, 48, 77, 81– 83 Rauhigkeitsmessung, 46 Röntgendiffraktometrie (XRD), 49, 49 Röntgenfluoreszenz (RFA), 48 zerstörungsarme Untersuchungsmethoden, 53 Andersen, C., 31 Antike, 13 Antlerit, s. Korrosionsprodukte Archevèque, Pierre-Hubert L’, 25 Armierung, s. galvanotechnisches Herstellungsverfahren, s. Konservierung, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 16 Asphalt, s. galvanoplastische Werkst. 134 Atomabsorptionsspektrometrie (AAS), s. analytische Methoden 50, 50 Augsburg Bronzetür (Dom), 13, 14, 153 Grabmal des Bischofs Wolfhart von Roth, 13, 15 August Hermann Francke-Denkmal, s. Francke-Denkmal B Bamberg Bamberger Reiter, 129 Barock, 26 Barye, Antoine-Louis, 30 Bassanit, als Bestandteil des Kernmaterials von Galvanoplastiken, 138 Bavaria (Monumentalstandbild, München), 33, 35, 95, 128, 129 Beethoven-Denkmal (Museum der Bildenden Künste, Leipzig), 37, 38 Begas, Reinhold, 28, 37 Bellair & Co., 34 Benzin, s. galvanoplastische Werkst. 135 Berenger, 18 Berlin Amazone (Altes Museum), 32, 33 – 36 Denkmal für Friedrich den Großen (Unter den Linden), 25, 26, 29, 30 Denkmal des Großen Kurfürsten, 26 Jungfer Lorenzen von Tangermünde (Nationalgalerie), 31, 32 Kreuzbergdenkmal, 31 Denkmal für Leopold I. von Anhalt-Dessau, 36 Löwenkämpfer (Altes Museum), 31, 33 Poniatowski-Denkmal, 27 Quadriga (Brandenburger Tor), 28 Schloßbrücke, 31 Bernini, Lorenzo, 95 Bernward, Bischof, 20 Beuth, Peter, 28, 30, 34 Bewitterung, 152 Frost-Tau-Wechselbelastung, 77– 80 künstliche Bewitterung, 53 natürliche Bewitterung (Frei-), 152 –154 thermische Wechselbelastung, 77– 80 Bezalel, 17 Bingen, Johannes von, 18 Bingen, Nikolaus von, 18 Bingen, Pierre, 38 Bildverarbeitung, 97–100, 148 –151 Anwendungsbeispiele, 97–100, 98, 148 –151, 149 dreidimensionale B., 148 –151, 149 Kartierung von Oberflächentypen, 97–100, 98 Vermessung und Modellgenerierung, 148 Visualisierung von Patinierungsmustern, 148 –151, 149 zweidimensionale B., 97–100, 98 Biringuccio, Vannoccio, 15, 16 Blaeser, Gustav, 30, 32 Blei, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 13 Blei-Inlay, 106 Blücher-Denkmal (Rostock), 26, 27 BOB-Rostversiegelung, 106 Boffrand, Germain, 16 Bouchardon, Edmonde, 16 Brandstetter, A., 37 Braunschweig Dürerplakette (Herzog Anton Ulrich-Museum), 14, 16 Brochantit, s. Korrosionsprodukte Bronze Eigenschaften, 19, 25 Farbe, 136, 148 –150, 149, 152 Guß vs. Kupfer-Galvanoplastik, 128 Korrosionseigenschaften, 65 –76 Legierungsanalysen, s. bei den einzelnen Denkmälern Typische Oberflächenkorrosion im REM, 48 Bronzegußverfahren Angußsystem, 28, 33 direkt, 9, 14 –16 Formkasten, 11, 12 Gußform, 9, 10 –13 Gußkanal, 9 –12 Gußkern, 9, 13 Gußmantel, 9 Hohlguß, 9 indirekt, 9, 15 –17 Negativform (Hilfsnegativ), 9 –14 Sandformverfahren, 10, 12, 16, 32 Teilformverfahren, 12 Tonkern, 9, 10 verlorene Form, 13 Wachsausschmelzverfahren, 13, 33 Wachsmodell, 9 Werkstoffe, 9–14 zweiteilige Form, 17 Register Bronzekonservierung, s. Konservierung Bronzekorrosion, 152 elektrochemisches Modell, 153 bronzene Grabmäler, 20 Bronzetür des Augsburger Doms, 13, 14, 153 des Mainzer Doms, 17, 18 Bronzetüren des Baptisteriums (Florenz, Kopie Geislingen), 129 Bronzezeit, 13 Brugnatelli, Lodovico, 127 Bundesanstalt für Materialprüfung, 47 Burgschmiet, Jakob Daniel, 31 C Canova, Antonio, 27, 28 Carl Maria von Weber-Standbild (Dresden), s. Weber-Standbild Cassiterit (Zinndioxid), s. Korrosionsprodukte Castner, Friedrich Wilhelm, 32 Cellini, Benvenuto, 15 –17, 30 Cennini, Cennino, 14 Cesare, Carlo di, 20, 20 Chemnitz Karl-Marx-Monumentalbüste, 70, 71 Chlorid, s. Korrosionsprodukte Chromatographie, s. analytische Methoden, 50 Colleoni, Condottiere Bartolommeo, 129 Conrad Felsing Fa., 34 Coué (Ziseleur), 26, 27 Cranach d.Ä., Lucas, 110, 110, 116, 116 Cristobalit, im Kernmaterial von Galvanoplastiken, 144 Crozatier, Charles, 28 Cuprit, s. Korrosionsprodukte D Dammann, Hans, 130 Dannecker, Johann Heinrich, 26, 26 Dessau Denkmal für Leopold I. von Anhalt-Dessau, 36 Deutsche Bundesstiftung Umwelt, 7 Diderot, Denis, 5, 6, 16, 17 Dinger, Johann, 27, 32 Doell, Friedrich Wilhelm Eugen, 26 Dokumentation, s. Bildverarbeitung Dolomit, im Kernmaterial von Galvanoplastiken, 144 Donatello, 38 Donndorf, Karl, 28 Doppelstandbild der Polenfürsten (Posen), 28 Dornauszieher (Rom), 19 Drake, Johann Friedrich, 33, 35, 36 Dresden Carl Maria von Weber-Standbild, 28, 29 Ernst Rietschel-Denkmal, 28, 28 Gottfried Semper-Standbild, 28, 29 Innerer Neustädter Friedhof, 127, 143 Marie Gey-Heinze-Brunnen, 37, 38 Panther-Quadriga (Semperoper), 95 Theodor Körner-Standbild, 34, 35 Vier Tageszeiten, 37, 37 Dr. Joh. Andreas Eisenbart-Brunnen (Magdeburg),s.Eisenbart-Brunnen Druckfestigkeit, s. physikalische Analyse Durchstrahlung, 47 Dürer-Denkmal (Nürnberg), 30, 31, 36 Dürerplakette (Herzog Anton Ulrich-Museum, Braunschweig), 14, 16 E Eberlein, Gustav, 130 Ehrenschild von Cornelius, 30 Eisenbart-Brunnen (Magdeburg), 73, 74 Legierung, 74 Korrosionsprodukte, 74 Probenverzeichnis, 74 167 Eisengießerei, 28 Elastizitätsmodul, s. physikalische Analyse elektrische Leitfähigkeitsmessung, s. Leitfähigkeitsmessung elektrochemische Impedanzspektroskopie, 53, 53, 77– 84 elektrochemische Zelle, 53 Ersatzschaltbild, 53 Inhibitionswirkung, 77 Inhomogenität der Korrosionsschicht, 77 Kinetik, 77 Konditionierung der Proben, 79 Metallauflösung, 77 Metallsubstrat, 77 Modellvorstellung, 77 Oxidbildung, 77 Patina, 77 Polarisationswiderstand, 77– 82 Porenraum, 77, 83 potentiostatisches Verfahren, 77 Elektronenstrahl-Mikroanalyse (ESMA, EMA), s.analytische Meth. 48 Entsalzung, 119 Encke, Erdmann, 28 Epoxidharzklebstoff, 106 Erdwachs, s. galvanoplastische Werkst. 134 Erfassung, s. Inventarisation Ernst Rietschel-Denkmal (Dresden), s. Rietschel-Denkmal Essig, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 16 F Falconet, Etienne-Maurice, 25 Farbmessung, 45, 46, 84 Anwendung in der Praxis, 84 Farbfassung, 52 Farbmuster, 135 Glanz, 45 Munsell-Farbcode, 78 plastische Lesbarkeit, 46 Textur, 45 Tristimulus-Verfahren, 45 Feierabend (Bronzegießerei), 27 Félibien, André, 15 Fin de siècle, 38 Fischer, Christoph Heinrich, 28, 33, 34 Fontainebleau, 15 Fontana di Trevi (Rom), 93, 94 Fontane, Theodor, 31 Förderung (Projekt-), 7 Formkasten, s. Bronzegußverfahren Fortbildung, 7 Francke-Denkmal (Halle), 75, 76 Korrosionsprodukte, 75 Legierung, 75 Probenverzeichnis, 75 Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung, 148 Fraunhofer-Institut für Silicatforschung, 86 Freiberg Herzog Heinrich der Fromme (Domchor), 20 Kurfürst August-Grablege (Domchor), 20 Freibewitterung, s. Bewitterung Freilegung mit Hilfe von Druckluft, 105 mechanische Freilegung, 105 mittels Laser, 103, 104 Ultraschallfeinmeißel, 105 Friebel, Carl Ludwig, 28, 29 Friedrich II.-Reiterstandbild (Unter den Linden, Berlin), 25, 26, 30 Friedrich Wilhelm I.-Statue (Gumbinnen), 27 Friedrich Wilhelm III.-Reiterstandbild (Merseburg), 64, 67 Korrosionsprodukte, 68 Legierung, 68 Probenverzeichnis, 67 Friesen-Denkmal (Magdeburg), 63, 65 168 Register Korrosionsprodukte, 66 Legierung, 65 – 67 Probenverzeichnis, 65 Friesenkette, 116 Füllstoffe, s. galvanoplastische Werkst. 134 Fürst Leberecht Blücher-Denkmal (Rostock), s. Blücher-Denkmal G Galvani, Luigi, 127 Galvanoplastik (Kupfergalvanoplastik), 127 Bamberger Reiter, 129 Bauornamente, 130 Bavaria als G., 128 chemische Analyse des Kerns, 138 –140 Christusfiguren, 127 Engelsfiguren, 130 Galvanotechnik, s. galvanotechnisches Herstellungsverfahren Geschichte, 127–131 Grabplastiken, 127–131, 128 Großer Kurfürst (Berlin), 129, 130 Herstellungsverfahren, 131 Hohlgalvanoplastik, 127, 132, 134, 139, 141 Kerngalvanoplastik, 127, 130, 133, 134, 138, 141, 139 – 144 Kerzenständer, 130 Kirchengerät, 129 Korrosion, 142 –145 Kränze, 127 Kriegerdenkmäler, 129 Kruzifixe, 127, 130 Lampen, 130 Memoralien, 130 Münzen, 127, 130 Pokale, 130 Relieftafeln, 127 Restaurierung, 138 –148 Statuetten, 127 Stückzahl, 132 Verkaufspreis, 130 »Weibliche Trauernde«, 131, 139, 140 Württembergische Metallwarenfabrik, 128 –131 galvanoplastische Werkstoffe, 132–136 galvanotechnisches Herstellungsverfahren,131–136 Abformung, 127, 132 Anodenmaterial, 134 Anodenschlamm, 132 Armierungsmontage, 135 Ausschwemmen, z.B. mit Weichlot, 132 Bleiguß, galvanisch verkupfert, 36 Eisenarmierung, 47, 128, 134, 135 Elektrolysebad, 133 elementares Kupfer, 134 Formmasse, s. Gips »Galvanobronze«, 127 galvanisches Bad, 132, 133 Gipskern, s. Gips Graphitieren, 134 Graphitiermaschine, 132 Gürtlerei, 135 Herstellungsverfahren, 131 Imprägnierung, 133, 138 Kapillarität, 133 Kopiermaschine, 133 Kupfersulfat, 134 Lötung, 132 Negativform, 132, 133 Panthograph, 133 Paßgerüst, 135 Positivform, 132, 133 Rundschmiedeeisen, 133 Storchenschnabel, 133 Übergalvanisieren, 132 Verkleinerungsapparat, 133 Verkupferung, 136 Vierkantschmiedeeisen, 133 Zapfensystem, 135 Gammastrahlung, s. Durchstrahlung Gaschromatographie (GC), s. analytische Methoden 50 Gaul, August, 37 Gauricus, Pomponius, 14, 15 Gelatine, s. Bronzegußverfahren, Werkst., 12 Georg Friedrich Händel-Denkmal, s. Händel-Denkmal Georgii, Theodor, 37 Georgsbrunnen (Augsburg), typische Oberflächenkorrosion 48 Gessner-Denkmal (Zürich), 25 Geyger, Ernst Moritz, 38 Gey-Heinze-Brunnen (Dresden), 37, 38 Ghiberti, Lorenzo, 129 Gießerei (Gelb-, Rot-, Stück-, Glocken-), 16 Gips, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 9–14, 10 –13, s. galvanoplastische Werkst. 128, 132, 138 chemische Analytik, 138 –140, 142 –145 Formmasse, 133, 134 Gipsabdruck, 133, 138 Gipsgießer, 135 Gipskern, 135, 138 Gipsstein, 138 Imprägnierung, s. galvanotechnisches Herstellungsverfahren Kernmaterial von Galvanoplastiken, 138 –140 Negativschale, 132 Restaurierung, 138 Stuckgips, 15, 138 Girardon, François, 16 Gladenbeck, Alfred, 31 Gladenbeck, Hermann, 29, 30, 33, 34, 36 – 38 Gnauth, Adolf, 95 Goethe, Johann Wolfgang von, 26 Goethe-Schiller-Denkmal (Weimar), 27, 34, 35 Gonon, Honoré, 32 Gor, Pierre, 16 Gottfried Semper-Standbild (Dresden), s. Semper-Standbild Götz, Johannes, 37 Graphit, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 11, s. galvanoplast. Werkst. 132 Großer Kurfürst (Berlin), 26, 129, 130 Grünenberg, L., 33 Gumbinnen Statue Friedrich Wilhelms I., 27 Guß, s. Bronzegußverfahren Guttapercha, s. galvanoplastische Werkst. 132 H Hähnel, Ernst, 34, 35, 95 Halle Francke-Denkmal, 75, 76 Händel-Denkmal, 43, 67, 69 Nordfriedhof, 140 Südfriedhof, 139 Händel-Denkmal (Halle), 43, 67, 69 Korrosionsprodukte, 70 Legierung, 70 Probenverzeichnis, 69 Harn, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 16 Harz, s. galvanoplastische Werkst. 134 Heinrich der Löwe, 20 Herter, Ernst, 33 Herzog Friedrich von Württemberg, Büste (Schloß Ludwigsburg, Stuttgart), 26, 26 Herzog Heinrich-Denkmal (Marienberg), 60 – 65, 116, 116 – 125 Erfassung, 121–126 Korrosionsprodukte, 61– 65 Legierung, 61 Probenverzeichnis, 60 Restaurierung, 118 –120 Register Vorzustand, 118 Herzog Heinrich der Fromme Freiberg (Domchor), 20, 20 Marienberg, 116, 117 Hildebrand, Adolf von, 37 Hilfsnegativ, s. Bronzegußverfahren Hiram von Tyrus (antiker Bronzegießer), 17, 21 Hoffmeiser, Heinz, 95 Hohlgalvanoplastik, s. Galvanoplastik Hohlguß, s. Bronzegußverfahren Holz, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 9, s. galvanoplastische Werkst. 128 Hopfgarten, Johann Ludwig Heinrich, 28, 36 Hopfgarten, Wilhelm, 28 Horaz, 19 Hösel, Erich, 37 Howaldt, Georg, 36 I Impedanzmessung, s. elektrochemische Impedanzspektroskopie Impedanzspektroskopie, elektrochemische, s. elektrochem. Impedanzspektroskopie Imprägnierung, s. galvanotechnisches Herstellungsverfahren Infrarotspektroskopie (IR), s. analytische Methoden 52, 52 Innsbruck Kaiser Maximilian I.-Grabmal (Hofkirche), 20 Ionenchromatographie, s. analytische Methoden 50, 51 J Jakobi, Johann, 26 Jakobi, Moritz von, 127 Joseph II., 25, 25 Jugendstil, 37 Juli-Säule, 30 Jungfer Lorenzen von Tangermünde (Nationalgalerie, Berlin), 31, 32 K Kaehler, Heinrich, 31 Kaiser Hadrian, 19 Kaiser Joseph II.-Denkmal (Hofburg, Wien), 25, 25 Kaiser Konstantin-Kolossalstatue (Rom), 19 Kaiser Ludwig-Grabmal (Frauenkirche, München), 20 Kaiser Maximilian I.-Grabmal (Hofkirche, Innsbruck), 20 Kalide, Theodor, 30, 37 Karl der Große, 19 Karl-Marx-Denkmal (Monumentalbüste, Chemnitz), 70, 71 Korrosionsprodukte, 71 Legierung, 71 Probenverzeichnis, 71 Kartierung, s. Bildverarbeitung Keller, Johann Balthasar, 16 Kerbel, Lew, 70 Kerngalvanoplastik, s. Galvanoplastik Kernmaterial von Galvanoplastiken, s. Gips Kiss, August, 27, 28, 30, 32, 33, 34, 36 Klassizismus, 25, 26 Kleister, s. Bronzegußverfahren, Werkst.15 klimatischer Einfluß, s. Umweltsituation Klinger, Max, 37, 38 Kolophonium, s.Bronzegußverf.,Werkst.,12, s.galvanopl.Werkst.134,138 Konarzewski, Albert, 32 König Friedrich Wilhelm II.-Denkmal (Neuruppin), 28 König Karl III.-Reiterstandbild (Neapel), 27 König Salomo, 17 Königliche Erzgießerei München, 35 Konservierung, 77, 106 mit Acrylatsystemen, 107 Beschichtung, 52, 53 mit Bienenwachs, 53 Defektstelle, 46, 77 Durchfeuchtung, 49 Effizienz, 78 169 Eindringtiefe von Wachs, 48, 82 von Eisenarmierungen, 106 mit Esterwachs, 52 Hydrophobierung, 84 Konservierungsmittel, 106, 107 Metallcarboxylat, 52 mit mikrokristallinem Wachs, 77, 83, 84, 106, 107, 114 morphologisches Bild, 82 Nachkorrosion, 84 mit Ormocer®en, 8, 86 – 91, 106, 107 oxidativer Abbau, 53 Rißbildung, 84 Rückstreuelektronenbild, 48, 81 Schutzwirkung, 77– 83 Sekundärelektronenbild, 48, 81 thermische Relaxation, 77, 82 Tiefenlicht, 84 Topographie, 82 Vergrauung, 84 Vergrünung, 84 mit Wachs allgemein, 78, 83, 84 Wachsapplikation, 80, 146 Wachstränkung von Gipskernen, 134 Konservierungsmittel, s. Konservierung Körner-Standbild (Dresden), 34, 35 Korrosion, 7, 43, 45 – 53, 77, 152 –154 Korrosionsanfälligkeit, 78 Korrosionsgrube, 47 Korrosionspotential, 77, 82 Korrosionsprodukt, 49, 84, 135 Korrosionsprozeß, 43, 152 Korrosionsrate, 78 Korrosionsreaktion, 77, 153 Korrosionsschäden, 41, 128 Korrosionsschicht, 77 Korrosionsschutz, 82 Korrosionsstrom, 85 Lochfraßkorrosion, 48, 53, 61– 63, 105, 110 Lokalkorrosion, 53 Morphologie, 152 Oberflächenkorrosion, 64, 152 Passivierung, 49, 152 Patina, 49, 77, 136 Korrosionsprodukte und angetragene Substanzen, siehe auch bei den einzelnen Denkmälern 43, 142 – 145 Antlerit Cu3SO4(OH)4, 43, 49, 60 –75, 152 –154 Atacamit Cu2Cl(OH)3, 49, 152 basische Kupfersulfate Cux(SO4)y(OH)z· nH2O, 43, 44, 49, 77, 152 – 154 Brochantit Cu4SO4(OH)6, 43, 44, 49, 60 –75, 152 –154 Cassiterit SnO2· nH2O, 60 –75, 152 –154 chemische Bewertung, 154 Chlorid, 62, 152 –154 Cuprit Cu2O, 43, 49, 60 – 75, 152, 153 Entfernung mittels Pinsel, 104 Entfernung mittels Skalpell, 104 hygroskopische Salze, 50 Kupfersulfathydroxidhydrate Cux(SO4)y(OH)z· nH2O, 43, 44, 49, 77, 152 –154 Langit Cu4SO4(OH)6 · 2H2O, 152 Nitrat, 63, 64, 152, 153 Oxalat, 63, 64, 152 Phosphat, 63, 64 Posnjakit Cu4SO4(OH)6· H2O, 152 restauratorische Bewertung, 153 Strandbergit Cu5(SO4)2(OH)6· 5H2O, 43, 44, 152 –154 Sulfat, 60 –75 Tenorit CuO, 142, 152 Typisierung und Kartierung, am Beispiel des Mendebrunnens, 97–100, 99, 102 Kraus, August, 37 170 Register Kreuzbergdenkmal (Berlin), 31 Kriegsbeute, 21 Kristallanordnung, 49 Kristallbaufehler, 49 Kristallgitter, 49 Kristallographie, Kristallstrukturanalyse, 49 Mineralphase, 49 Kunckel von Löwenstern, Johann, 15 Kupfer, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 19 Farbigkeit, 136 galvanische Kupferabscheidung, 134 kristallines (elementares) Kupfer, 132 –135, 134 Kupfer im Schliff, s. Mikroskopie, Querschliff Kupferblech, 77– 83 Kupfercarboxylat, 52 Kupferhaut, 128, 132, 134 Kupfernitrat CuNO3, 43, 152 Kupfertreibarbeit vs. Galvanoplastik, 28, 133 Kupfersulfathydroxidhydrate, s. Korrosionsprodukte Kupferverbindungen, s. Korrosionsprodukte Kurfürst August-Grablege (Domchor, Freiberg), 20 Kurfürstin Elisabeth-Figur, 28 L Laser (Nd-YAG-Laser) allgemeine Wirkungsweise, 103 Freilegungsversuche am Mendebrunnen, 102 –105 Vergleich mit mechanischer Freilegung, 103, 104 Lauchhammer (Bronzegießerei), 28, 36, 97 Lavater-Büste, 26 Lederer, Hugo, 28 Legierung, s. Elementaranalyse Lehle, Hans, 135 Lehm, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 16 Leim, s. Bronzegußverfahren, Werkst.12, s. galvanoplast.Werkst.128,132 Leinberger, Hans, 18, 19 Leipzig Beethoven-Denkmal (Museum der Bildenden Künste), 37, 38 Mendebrunnen, 6, 55 – 58, 92, 92 – 107 Siegesdenkmal, 97 Leitfähigkeitsmessung (elektrische L.), 47, 105 Lenz, Christoph, 35 Lenz & Heroldt (Bronzegießerei), 34, 35 Leopold I.-Denkmal (Berlin & Dessau), 36 Lequine, Françoise, 26, 27 Leyrer, 37 Licht, Hugo, 94, 95 Liebhaber, Raimund, 130 Lochfraß, s. Korrosion Löwenkämpfer (Altes Museum, Berlin), 31, 33, 34 Ludwig I. von Bayern, 36 Ludwig XIV.-Reiterstandbild, 16 Ludwig XV.-Reiterstandbild, 16 Luftfeuchtigkeit, s. Umweltsituation Luftschadstoffe, s. Umweltsituation Einfluß auf die Korrosion, 43, 154 Luther-Denkmal (Lutherst.Wittenberg), 35, 36, 52, 59, 60, 109, 109 –114 Geschichte, 109 –111 IR-Spektrum einer Probe, 52 Konservierung, 114 Korrosionsprodukte, 60 Legierung, 59 Probenverzeichnis, 59 Reinigung, 114 Restaurierung, 113, 114 Vorzustand, 111–113 Lutherstadt Wittenberg, s. Wittenberg Lysistratos (aus Sikyon, antiker Bronzegießer), 17 M Magdeburg Dr. Johann Andreas Eisenbart-Brunnen, 73, 74 Friesen-Denkmal, 63, 65 Reichseinigungsdenkmal, 72, 73 Magdeburger Gießhütte, 18 Mailand Reiterstandbild des Francesco Sforza, 14 Mainz Bronzetür (Dom), 17, 18, 19 Marc Aurel, (Reiterstandbild, Rom), 19 Marie Gey-Heinze-Brunnen (Dresden), s. Gey-Heinze-Brunnen Marienberg Herzog Heinrich-Denkmal, 60 – 65, 116, 116 – 125 Mariette, Pierre Jean, 16 Martin Luther-Denkmal, s. Luther-Denkmal Martin & Piltzing, 37 Massenspektrometrie (MS), s. analytische Methoden 51 Materialabtrag, s. Schichtdickenmessung Maximilian I. Joseph von Bayern (Denkmal, München), 33, 35 Melanchthon-Denkmal (Lutherstadt Wittenberg), 35, 36, 66, 68 Korrosionsprodukte, 69 Legierung, 69 Probenverzeichnis, 68 Melanchthon, Philipp, 35, 36 Mende, Pauline, 95 Mendebrunnen (Leipzig), 6, 55, 92, 92 –107 Beschreibung, 93–95 Entstehungsgeschichte, 95–97 Korrosionsprodukte, 58 Kriegszerstörungen, 97, 96 Legierung, 57, 58, 101 Maße, 93 Probenverzeichnis, 55, 56 Restaurierung, 97–107 Schadenskartierung, 97–100, 98 Merseburg Friedrich Wilhelm III.-Reiterstandbild, 64, 67 Mertens, A., 33 Messing vs. Bronze, 154 Metall, s. Bronze, s. Kupfer Metallauflösung, s. elektrochemische Impedanzspektroskopie Metallkonservierung, s. Konservierung Metallographie, s. Mikroskopie Metzner, Franz, 28, 37 Meyer, Heinrich, 30 Mikrokristallines Wachs, 77– 85, 83, 106, 107, 114 Mikroskopie, s. analytische Methoden 47 Anschliff, 47 Ätzen, 47 Auflichtmikroskop, 47 Querschliff, 47, 135, 153 Rasterelektronenmikr. (REM), s. anal. Meth. 48, 48, 77, 81– 83 Miller, Ferdinand von, 30, 34, 35, 95 –97, 128, 129 Mohrenbrunnen (Rom), 93 Moosburg Rathaus, 18 Moritz Geiß Fa., 36 Mühlau, 20 Mullit, als Bestandteil des Kernmaterials von Galvanoplastiken, 144 München Bavaria, 33, 35, 95, 128, 129 Denkmal für Maximilian I. Joseph von Bayern, 33, 35 Kaiser Ludwig-Grabmal (Frauenkirche), 20 Musterfläche, 113 N Naphthalin, s. galvanoplastische Werkst. 134 Napoleon-Statue (Vendôme-Säule, Paris), 28 Neapel Reiterstandbild König Karls III., 27 Register Negativform, s. Bronzegußverfahren Neptunbrunnen (Nürnberg), 93 Netzmittel, s. galvanoplastische Werkst. 134 Neubarock, 37 Neuklassizismus, 37 Neuruppin Denkmal für König Friedrich Wilhelm II. von Preußen, 28 Niketas Choniates, 21 Nitrat, s. Korrosionsprodukte Noack, Hermann, 37, 97 Nowgorod Westportal (Sophien-Kathedrale), 18 Nürnberg Denkmal für Albrecht Dürer, 30, 31 Neptunbrunnen, 93 Sebaldusgrab, 29 O Oberfläche Glätte, Glanz 84 Oberflächenkorrosion, 155 –158 chemische Betrachtung, 152 farbliche Veränderungen, 152 morphologische Veränderungen, 152 Oberflächenphänomene, siehe auch die einzelnen Denkmäler Altrestaurierungen, 160 Anlagerungen, 159 grüne Schichten, 156 herstellungsbedingte Phänomene, 160 mechanische Schäden, 162 nach dem Guß, 155 Oxidschichten, 155 schwarze Schichten, 156 zerstörte Oberflächen, 157 Offermann, Friedrich, 117 Ormocere, 86 – 91, 106, 107 Oxalat, s. Korrosionsprodukte Ozon, s. Umweltsituation 43 P Pandoni, Porcello de’, 14 Panther-Quadriga (Semperoper, Dresden), s. Quadriga Paraffin, s. galvanoplastische Werkst. 134, 138 Paris Napoleon-Statue (Vendôme-Säule), 28 Passivierung, s. Korrosion Patina, s. Bronze, s. elektroch. Impedanzspektroskopie, s. Korrosionsprod. Patinierung, 135, 136 Originalpatinierung, 136 Patinierungsmuster, 135, 136, 149, 150 Pausanias, 17 Perseus, Figur des, 15 Pflegebedürftigkeit, 107 Pharaonengrab, 127 Philipp-Melanchthon-Denkmal, s. Melanchthon-Denkmal Phosphat, s. Korrosionsprodukte physikalische Analyse, 138 –140 Druckfestigkeit, 139 Elastizitätsmodul, 139 Piazza Navona, 93 Piemontese, Alessio, 16 Pirner & Franz (Bronzegießerei), 37, 37 Plinius, 17, 19, 21 Pohlmann, Heinrich, 130 Poniatowski-Denkmal (Berlin), 27 Posen Doppelstandbild der Polenfürsten, 28 Probenzusammensetzung, s. Elementaranalyse Projektförderung, 7 Publikationen, 7 PVC, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 13 171 Q Quadriga (Brandenburger Tor, Berlin), 28 Quadriga (Panther-Quadriga auf der Semperoper, Dresden), 95 Quarz, s. Korrosionsprodukte und angetragene Substanzen Querschliff, s. Mikroskopie R Rasterelektronenmikroskopie (REM), 48, 48, 81– 83 Rauch, Christian Daniel, 26 – 33, 30, 31, 33, 35– 37 Rauhigkeitsmessung, s. analytische Methoden 46 Streulichtverfahren, 46 Reichseinigungsdenkmal (Magdeburg), 72, 73 Legierung, 72 Korrosionsprodukte, 73 Probenverzeichnis, 72 REM, s. analyt. Meth., Rasterelektronenmikroskopie, 48, 48, 81– 83 Renaissance, 30, 38 Restaurierung, Dokumentation, s. Bildverarbeitung Freilegung, 8 Laserreinigung, 46 Reinigung, 146 Reparatur, 47, 106, 145 Restaurierungskonzept, 145 Restaurierungsstadien, 84 Schadensbeschreibung, 140 Skalpellfreilegung, 84 Vorzustand, 78, 140 –142 Reten, s. galvanoplastische Werkst. 134 Retusche, 107 Rhoikos (aus Samos, antiker Bronzegießer), 17 Rietschel, Ernst, 28, 29, 32, 33, 34 Rietschel-Denkmal (Dresden), 28, 28, 34 Righetti, Francesco, 27, 28 Riquin (Bronzegießer), 18, 18 Riunione Adriatica di Sicurta, 133 Roemer, Georg, 37 Roidl, Egidius, 83 Rom Dornauszieher, 19 Kolossalstatue des Kaiser Konstantin, 19 Mohrenbrunnen, 93 Reiterstandbild des Marc Aurel, 19 Wölfin, 19 Röntgendiffraktometrie (XRD), s. analytische Methoden 49, 49 Röntgenfluoreszenzanalyse (RFA), s. Röntgenfluoreszenzspektroskopie 48 Röntgenfluoreszenzspektroskopie (RFA), s. analytische Methoden 48 Röntgenstrahlung, s. Durchstrahlung Rostock Fürst Leberecht Blücher-Denkmal, 26, 27 Rülein von Calw, Ulrich, 117 S Saly, Jaques François Joseph, 25 Salz (-wasser), s. Bronzegußverfahren, Werkst. 10, 16 Salze, s. Umweltsituation Sand, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 12 Sandformverfahren, s. Bronzegußverfahren Schadensbeschreibung, s. Restaurierung Schadenskartierung, s. Bildverarbeitung Schadow, Johann Gottfried, 25, 25, 26, 27, 28, 30, 33, 35, 36, 37, 109, 109, 110 Schamotte, s. Bronzegußverfahren, Werkst., 12 Schichtdickenmessung, 46, 46 Homogenität, 46 Inhomogenität, 46 magnetinduktives Verfahren, 46 Materialabtrag, 46, 154 Wirbelstromverfahren, 46 Schilling, Johannes, 28, 29, 37, 37 Schinkel, Karl Friedrich, 27, 28, 31, 36, 109, 110 172 Register Schlüter, Andreas, 26, 129, 130 Schwanthaler, Ludwig Michael, 33, 35, 129 Schwarz, Hans, 14, 16 Schwefel, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 15 Schwefeldioxid, s. Umweltsituation Sebaldusgrab (Nürnberg), 29 Semper-Standbild (Dresden), 28, 29 Sergel, Tobias, 25 Sezession, 37 Sforza, Francesco, (Mailand), 14 Siegesdenkmal (Leipzig), 97 Siemens, Werner von, 128 Silberwarenfabrik Elkington, 127 Silikon, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 13, s. galvanoplast. Werkst. 132 Sophien-Kathedrale (Nowgorod), 18 Soyer (Gießer), 30 Spiritus, s. galvanoplastische Werkst. 135 Sprengel, Peter Nathanael, 16, 17 Spurius Carvilius, 21 Stabilisierung von Galvanoplastiken, s. Armierung Standorte, siehe unter den jeweiligen Ortsnamen Staub, s. Umweltsituation 43 Stearin, s. galvanoplastische Werkst. 133 Stein, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 13 Steinkohlenteerpech, s. galvanoplastische Werkst. 134 Stickstoffoxide, s. Umweltsituation 42 Stiglmaier, Johann Baptist, 27, 30, 35 Strandbergit, s. Korrosionsprodukte Stuck, Franz von, 37 Stuckgips, s. Gips Stuttgart Büste des Herzogs Friedrich von Württemberg (Schloß Ludwigsburg), 26, 26 Sulfat, s. Korrosionsprodukte T Talg, s. galvanoplastische Werkst. 134 Talk, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 11 Teig, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 16 Teilformverfahren, s. Bronzegußverfahren Tenorit, s. Korrosionsprodukte Terpentin, s. galvanoplastische Werkst. 134 Theodor Körner-Standbild (Dresden), s. Körner-Standbild Theodoros (aus Samos, antiker Bronzegießer), 17 Theophilus, 14 Thiele, Hans, 97 Thorvaldsen, Bertel, 27, 28, 35 Tieck, Christian Friedrich, 27, 28, 33 Tombak, s. galvanoplastische Werkst. 136 Ton, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 9, 10 Tonkern, s. Bronzegußverfahren Tragant, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 15 Treut (Stuttgarter Hofziseleur), 26 Trier Bronzener Türzieher (Domschatzkammer), 14, 17, 18 Trippel, Alexander, 26 Tswett, Michail, 50 Tuaillon, Louis, 37 Tubalkain, 17 U Umweltsituation, 7, 41, 142, 154 Emmissionsminderung, 43 fossiler Brennstoff, 43 Jahresmittelwerte, 41 Katalysator, 42 Luftfeuchtigkeit, 43 Luftgüte, 41– 44 Mineralöl, 154 Ostdeutschland vs. Westdeutschland, 41– 44 Oxidantien, 44 Ozon O3, 43 Partikel, 43, 154 Radikale, 43 Regen, 47, 50, 84, 154 Reifengummi, 154 Ruß, 154 Salze, 47, 154 Sauerstoff, 43, 53, 77 Schwefeldioxid SO2, 41, 43, 154 Sonneneinstrahlung, 43 Staub, 43, 154 Stickstoffoxide NOx, 42 synergistischer Effekt, 43 UBA-Meßnetz, 43 Untersuchungsbericht, 43 Verbrennungsanlagen, 41 Verkehrsaufkommen, 42 Ungerer, Jakob, 94 – 97 V Valadier, Louis, 26 Vasari, Giorgio, 15, 16 Vermessung, 3D-, s. Bildverarbeitung Verrocchio, Andrea, 129 Vier Tageszeiten (Dresden), 37, 37 Vinci, Leonardo da, 14 Vischer, Peter, 20, 29, 38 visuelles Erscheinungsbild einer Bronzeoberfläche, 152 Vollgold, Friedrich, 31, 33 Volta, Alessandro, 127 W Wachs, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 9 –14, 11, 13, s. Konservierung, s. Mikrokristallines Wachs Applikation, 78, 83, 84 Elektrochemische Messungen, 77– 81 REM-Untersuchungen, 81– 83 Wachsausschmelzverfahren, s. Bronzegußverfahren Wachsmodell, s. Bronzegußverfahren Waismuth (Bronzegießer), 18, 18 Wallot, Paul, 118 Weber-Standbild, 28, 29 Wechselbelastung, s. künstliche Bewitterung Weichlot, s. galvanoplastische Werkst. 132 Weimar Goethe-Schiller-Denkmal, 27, 34, 35 Wein, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 16 Werner & Neffen (Bronzegießerei), 29 Wichmann, Ludwig, 31 Wien Denkmal Kaiser Josephs II. (Hofburg), 25, 25 Willigis, Erzbischof, 17 Winckelmann-Büste, 26 Wittenberg, 52 Luther-Denkmal, 35, 36, 52, 59, 109 – 114, 109 – 115 Melanchthon-Denkmal, 35, 36, 66, 68 Wolff, Albert, 31, 33, 34 Wolff, Wilhelm, 30 – 32 Wölfin (Rom), 19 Wrba, Georg, 37, 38 Württembergische Metallwarenfabrik, 127, 128, 130, 138 – 141 Z Zauner, Franz, 25, 25 Ziegelmehl, s. Bronzegußverfahren, Werkst., 12 Zink, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 20 Zinn, s. Bronzegußverfahren, Werkst. 13, 19 Ziselierung, 25, 27, 31 Zürich Gessner-Denkmal, 25 204001001-Umschlag.xpr:204001001-Umschlag.xpr 07.01.2010 8:26 Uhr Seite 2 8:26 Uhr Seite 1 Bronze- und Galvanoplastik 07.01.2010 Arbeitsheft 5 204001001-Umschlag.xpr:204001001-Umschlag.xpr Bronze- und Galvanoplastik Arbeitshefte der Landesämter für Denkmalpflege Sachsen und Sachsen-Anhalt