GIESSEREI - Industrie
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GIESSEREI - Industrie
*LHVVHUHL9HUODJ*PE+Ř3RVWIDFKŘ'¾VVHOGRUIŘ396WŘ'HXWVFKH3RVW$*Ř(QWJHOWEH]DKOWŘ* ZZZJLHVVHUHLYHUODJGH www.giesserei-verlag.de 7. Januar 2014 1914–2014 Jubiläumsausgabe 1 Die Zeitschrift für Technik, Innovation und Management JAHRE GIESSEREI FOTO: ULRICH ZILLMANN AKTUELLES 6 GIESSEREI 101 01/2014 Foto des Monats: Gießen fasziniert! Das Industrie-Museum Ennepetal ist ein Ort des Mitmachens. Ein wesentliches Ziel ist es, Technik lebendig darzustellen. Das Urformverfahren Gießen wird dort im Detail Alt und Jung präsentiert. Den Abguss der Schmelze behalten die Kids in bester Erinnerung. Nach der Winterpause ist die Schau- und Mitmachgießerei wieder erstmalig am 6. April geöffnet. Hat auch Ihr Unternehmen interessante Bildmotive? Senden Sie Ihre Bildvorschläge an: [email protected] oder per Post an die Bildredaktion, Giesserei, Sohnstraße 70, 40237 Düsseldorf. GIESSEREI 101 01/2014 7 FOTO: INDUSTRIEBLICK/FOTOLIA 1914–2014 Das Special zur Jubiläumsausgabe www.giesserei-verlag.de 7. Januar 2014 Die Zeitschrift für Technik, Innovation und Manage 1 ment JAHRE GIESSEREI 1914–2014 Jubiläumsausgabe 100 JAHRE Gießereitechnik aus erster Hand << EDITORIAL GIESSEREI 100 01/2013 85 FOTO: ANDREAS BEDNARECK SPECIAL: 100 JAHRE GIESSEREI 100 Jahresbände der Fachzeitschrift GIESSEREI sind ein bedeutender und umfangreicher Schatz an Wissen zu allen Bereichen des Gießereiwesens. Dokumentiert werden anschaulich die technische Verfahrensentwicklung sowie die Entwicklung der Gusswerkstoffe. 100 Jahre Fachzeitschrift GIESSEREI Gießereitechnik im Wandel der Zeit – die Bedeutung der Gießereitechnik und der fachlichen Information VON REINHARD DÖPP, ENNEPETAL, UND KARL-HEINZ SCHÜTT, DÜSSELDORF J ubiläen sind immer Anlass zum Rückblick und Ausblick. Deshalb soll im Folgenden aus Anlass des 100. Jubiläums der Fachzeitschrift GIESSEREI an ausgewählten Beispielen gezeigt werden, wie sich die gießereitechnische Entwicklung in dieser Zeit in der Fachzeitschrift allgemein und speziell am Beispiel von Eisen-, Stahl- und Temperguss bis heute widergespiegelt hat. 100 Jahre Fachzeitschrift GIESSEREI umfassen nicht nur zeitlich den größten Teil des 20. Jahrhunderts mit zwei erschütternden Weltkriegen (1914 - 1918 92 GIESSEREI 101 01/2014 und 1939 - 1945). Sie spiegelt auch eine Zeit großer technischer und technologischer Leistungen wider. Man denke nur an die früher ungeahnten Entwicklungen der Bahn- und Automobiltechnik, der Luft- und Raumfahrt, der Energieversorgung durch Wasser über Dampf bis zum Strom und nicht zuletzt der Elektronik mit den vielfältigen Anwendungen der Informationstechnik im beruflichen und privaten Bereich wie Telefon, Telefax, E-Mail, Internet usw. Für die umfangreichen Einsatzgebiete von technischen Bauteilen und die vielfach in ihnen enthaltenen Gussteile stehen symbolisch die Begriffe Fahrzeugbau, Maschinenbau, Elektrotechnik, Bautechnik und viele andere. An allen genannten stürmischen Entwicklungen haben Gussteile maßgeblich mitgewirkt. Aus der praktisch unbegrenzten Vielfalt der Kombination „Werkstoff plus Formgebung“ (Zitat W. Hespers, ehemaliger Geschäftsführer von CLAAS GUSS, Bielefeld) hat allein der Bereich der metallischen Gusswerkstoffe und der Formgebung durch Gießen gerade in den letzten 100 Jahren eine solche Dimension gewonnen, dass diese Entwicklung ohne fachliche Information kaum vorstellbar ist. Neben den unschätzbaren persönlichen Mitteilungen durch Lehrer, Berufskollegen, Verwandte und Bekannte haben Fachzeitschriften eine Schlüsselrolle in der Informationskette von der Vergangenheit über die Gegenwart als Brücken in die Zukunft. FOTO: FRITZ WINTER EISENGIESSEREI FORUM Impfen mit Drahtzuführung auf einer Doppelstranganlage für senkrecht geteilte, kastenlose Formen. Impfen zur Anregung der Graphitkristallisation in Gusseisenschmelzen Teil 1: Keimbildung und -wachstum, heterogene Keimbildungskatalyse VON MILAN LAMPIC, MARBURG, UND MARC WALZ, STADTALLENDORF U nser Fach ist ein Teilgebiet der „Kristallisation aus Schmelzen“, konkret sogar nur der einzelnen Phase „Graphitkristall“. Bevor wir zum Titelthema kommen, werden wir also tiefer in den Vorgang der Kristallisation des Graphits einsteigen und die Frage beantworten, warum der Graphit dazu gezwungen werden muss, und ganz nebenbei etwas über die Elektronentheorie der Metalle erfahren. Kristalle sind schön. Kristalle sind Wunderwerke der Natur. Sie sind Informationsträger und -übermitter. Auch in unserem Fach macht sich dieses Phänomen – unter 54 KURZFASSUNG: In vier aufeinanderfolgenden Beiträgen wird Wissenswertes über das Impfen von Gusseisen berichtet. Dabei sind fünf Fragen zu beantworten, die sich auf das Was, Wozu, Womit, Wann und Wie konzentrieren. Der hier vorgestellte erste Teil behandelt theoretische Grundlagen und stellt Arbeitsunterlagen zum globalen Verständnis der im erstarrenden Eisen ablaufenden Prozesse vor. Die folgenden drei Teile beziehen sich auf spezielle Merkmale und Aufgaben des Impfens bei den Gusseisenwerkstoffgruppen GJS (Gusseisen mit Kugelgraphit), GJV (Gusseisen mit Vermiculargraphit) und GJL (Gusseisen mit Lamellengraphit). Anderem in der Vererbung von Eigenschaften – deutlich bemerkbar. Keime sind Kristalle. Graphit ist unansehnlich, aber dessen Kristall birgt eine Fülle von Eigenschaften. Die Physik hat viel darüber zu berichten. Graphit ist unvollkommen, er ist nur eine Vorstufe zum Diamanten (Bild 1). Eben in seiner Unvollkommenheit aber lässt er sich manipulieren, nach unseren Vorstellungen GIESSEREI 100 03/2013 Bild 1: Erste Seite der vierteiligen Veröffentlichung von M. Lampic und M. Walz aus GIESSEREI 100 (2013) Nr. 3, S. 54. Diese zentrale Aufgabe hat auch die Jubiläumszeitschrift GIESSEREI in dem ersten Jahrhundert ihres Bestehens von 1914 bis 2014 vorbildlich erfüllt. Sie ist, wie andere nationale und internationale Fachzeitschriften auf dem Gießereigebiet und den benachbarten Werkstoff- und Verfahrensfeldern auch, eine unersetzbare Quelle wertvoller Informationen. Berufsausbildung: mündliche und schriftliche Quellen der Informationen Diese fachlichen Schätze kenngelernt zu haben, ist das besondere Verdienst unserer Lehrer an den beruflichen Aus- und Weiterbildungsstätten. Für Meister-, Techniker- und Ingenieurschulen stehen symbolisch die Orte Stuttgart und Leipzig, für die Fachhochschulen Duisburg und Friedberg/Hessen, für die Technischen Hochschulen Aachen, Berlin, Clausthal und Freiberg/Sachsen, zunehmend auch Aalen, Magdeburg und München und in Zukunft auch Kassel. Diese Ausbildungsstätten greifen für das Veröffentlichen ihrer Erkenntnisse aus Forschung und Entwicklung gern auf die Fachzeitschrift GIESSEREI zurück. Aus anderen werkstoffkundlich und maschinenbautechnisch ausgerichteten Lehrund Forschungsstätten wie Bochum, Hannover, Braunschweig, Darmstadt und Karlsruhe kamen ebenfalls nützliche Beiträge. Diese oft grundlagenorientierten und praxisnahen Erkenntnisse von Leitern, Mitarbeitern und Absolventen aller genannten Lehr- und Forschungsstellen veröffentlicht oder auszugsweise erwähnt und damit einem großen Leserkreis zugänglich gemacht zu haben, ist für den Zeitraum von 1914 bis 2014 das besondere Verdienst der Jubiläums-Fachzeitschrift GIESSEREI. Mit jedem der genannten Orte für Forschung und Lehre verbinden sich Namen von Personen, die das Jubiläums-Jahrhundert der Zeitschrift GIESSEREI vor- und mitgeprägt haben. Symbolisch seien genannt: Adolf Ledebur in Freiberg, Bernhard Osann in Clausthal und Eugen Piwowarsky in Aachen. Zu den Nachfolgern zählen in Freiberg Ernst Diepschlag, Joseph Czikel, Karl Stölzel, Eckart Flemming, Werner Tilch, Otto Liesenberg und Klaus Eigenfeld, in Clausthal Max Paschke, Willy Oelsen und Eberhard Schürmann, Reinhard Döpp und Babette Tonn, in Aachen Wilhelm Patterson, Dietmar Boenisch, Siegfried Engler, Peter Sahm und Andreas Bührig-Polaczek. Sie alle und viele andere aus dem Kreis ihrer Kollegen, Mitarbeiter und Schüler haben Ergebnisse ihrer Forschung und Betriebserfahrungen in der Zeitschrift GIESSEREI und/oder ab 1949 in der Tochterzeitschrift GIESSEREI, technisch-wissenschaftliche Beihefte („TWB“), und ab 1967 in der Giessereiforschung – später mit zusätzlichen Titel International Foundry Research – ausführlich oder in Kurzform veröffentlicht und damit der Fachwelt unschätzbare Anregungen gegeben. Dass dies manchmal zum genau richtigen Zeitpunkt erfolgte, zeigt exemplarisch eine kürzlich in der GIESSEREI veröffentlichte, mehrteilige Arbeit von M. Lampic und M. Walz über das „Impfen zur Anregung der Graphitkristallisation in Gusseisenschmelzen“ (Bild 1): > Teil 1: „Keimbildung und -wachstum, heterogene Keimbildungskatalyse“ in GIESSEREI 100 (2013) Nr. 3, S. 54-65, > Teil 2: „Gusseisen mit Kugelgraphit – EN-GJS“ in GIESSEREI 100 (2013) Nr. 4, S. 84-97, > Teil 3: „Gusseisen mit Vermiculargraphit – ISO-16112-GJV“ in GIESSEREI 100 (2013) Nr. 5, S. 62-69, > Teil 4: „Gusseisen mit Lamellengraphit – EN-GJL“ in GIESSEREI 100 (2013) Nr. 6, S. 60 -71. An einer grundlegenden Zusammenfassung wirkte auch F. Neumann mit: M. Lampic, F. Neumann und M. Walz: „Inoculation of cast iron to stimulate graphite crystallization. A scientific analysis of GIESSEREI 101 01/2014 93 SPECIAL: 100 JAHRE GIESSEREI Bild 2: Kopf der ersten Seite des ersten Heftes der GIESSEREI vom 7. Januar 1914. practical solutions“ in Giessereiforschung –International Foundry Research 65 (2013) Nr. 2, S. 2-15. Hinzu kommen ungezählte Berichte von Gießern ganz unterschiedlicher Herkunft, die ihre beruflichen Beobachtungen und Erkenntnisse aus Eisen- und Nichteisen-Gießereien bereitwillig an die Fachwelt weitergaben und teilweise damit zu lebhaften Diskussionen führten. Ähnliches gilt für aktuelle Beiträge aus dem Kreis der Gießereizulieferer und -kunden. W. Patterson sagte scherzhaft: „Wer etwas geheim halten will, soll es in einer Fachzeitschrift veröffentlichen“. Diese Zeiten sind glücklicherweise längst vorbei, wie an ausgewählten Beispielen aus dem hundertjährigen Veröffentlichungsspektrum der GIESSEREI nachfolgend aufgezeigt werden soll. > Formerei, > Herstellung von Gussstücken besonderer Art, > Gusseisen – Eigenschaften und Verwendung, > Schmelzöfen, > Metallgießerei, > Materialprüfung. Diese Gliederung gibt einen guten Einblick in das Veröffentlichungsspektrum der frühen Jahre. Die damals noch jungen Leichtmetalle, vertreten durch den Verein Deutscher Gießereifachleute und den Gesamtverband Deutscher Metallgießereien, mussten auf andere Zeitschriften, wie die seit 1904 erscheinende „Giesserei-Zeitung“ ausweichen. Diese fusionierte 1928 mit der GIESSEREI und erscheint seitdem bis heute unter dem gemeinsamen Namen „GIESSEREI“. Bis heute wird sie von dem aus diesem Anlass gegründeten Giesserei-Verlag in Düsseldorf herausgegeben. Wie es zu diesem Schritt kam, geht aus dem Vorwort der ersten Ausgabe vom 6. Januar 1928 hervor, in dem sich die damaligen Schriftleiter Th. Geilenkirchen und F. Bock sowie der Verlag an die Leserschaft wandten (Bild 3). Danach begann die Zeitschrift sich zunehmend für alle Bereiche des Gießereiwesens zu öffnen und ihrem damaligen Untertitel „Zeitschrift für die Technik und Wirtschaft des gesamten Gießereiwesens“ gerecht zu werden, wie Th. Geilenkirchen rückblickend auf „25 Jahre Entwicklung im Gießereiwesen“ in GIESSEREI 25 (1938) Nr. 26, S. 657-664 feststellte: „Unsere Zeitschrift hat, ihrem Charakter als Organ des Vereins Deutscher Eisengießereien entsprechend, in den ersten Jahren ihres Bestehens trotz ihres Vorsatzes, die technischen und wirtschaftlichen Belange des gesamten Gie- Zur Entwicklung der Fachzeitschrift GIESSEREI Die am 7. Januar 1914 erstmals erscheinende Fachzeitschrift GIESSEREI (Bild 2) behandelte vor allem wirtschaftliche und juristische Aspekte des Gießens und die technischen-technologischen Aspekte des Eisengusses unter der Leitung des Vereins Deutscher Eisengießereien. Bereits im 1. Jahrgang 1914 hatte die GIESSEREI eine Rubrik „Zeitschriftenschau“ ins Leben gerufen, die schon eine Gliederung vorsah, wie sie später in den Jahresübersichten umgesetzt wurde und die folgende Themengebiete vorsah: > Allgemeine Werksanlagen, > Kalkulation, > Modelle und ihre Herstellung, > Formsand, 94 GIESSEREI 101 01/2014 Bild 3: Vorangestellte Anmerkungen der Schriftleitung in GIESSEREI 15 (1928) Nr. 1 zum Zusammenschluss der Giesserei und der Giesserei-Zeitung zur bis heute bestehenden Zeitschrift GIESSEREI (Auszug). ßereiwesens zu fördern, vorwiegend diejenigen der Eisengießereien vertreten, die mit denen der anderen Zweige der Gießereiindustrie nicht in allen Fällen gleichgerichtet waren; trotzdem hat sie sich, als sich bald nach Beendigung des Krieges (Anmerkung der Redaktion: 1. Weltkrieg) die Wirtschaftsverbände der Gießereiindustrie mit dem zur Förderung der Gießereitechnik berufenen Verein Deutscher Gießereifachleute sowie mit dem Verein Deutscher Eisenhüttenleute im Technischen Hauptausschuss für Gießereiwesen zusammenfanden, ihre Spalten gerne auch für die Belange der anderen Zweige der Gießereiindustrie zur Verfügung gestellt, und vollends nachdem durch freundschaftliches Übereinkom- men zwischen den Verbänden die Zeitschrift in den Besitz des vom Verein Deutscher Eisengießereien, dem Verein Deutscher Gießereifachleute und dem Verein Deutscher Eisenhüttenleute gegründeten Gießerei-Verlags übergegangen war, ihre Arbeiten grundsätzlich auf das Gesamtgebiet ausgedehnt.“ Aus der Fülle der Veröffentlichungen in 100 Jahren GIESSEREI seien einige Beispiele genannt, die als zeitliche und fachliche Höhepunkte gelten können. Im 25. Jahrgang der GIESSEREI 1938 wurden im Heft 1, Seite 1, für die „Graugußtagung Leipzig 1938 des Vereins Deutscher Gießereifachleute“ folgende Vorträge angekündigt (Bild 4): A. Thum, Darmstadt: „Leichtbauweise in Gußeisen“, ?. Mickel, Esslingen: „Gestaltfestigkeit von Gußeisen“, F. Roll, Leipzig: „Verhalten des gießbaren Eisens gegen chemische und thermische Einflüsse“, M. v. Schwarz, München: „Abnutzungswiderstand von Grauguß“, C. Stieler, Wittenberge: „Wettbewerb zwischen Schweißen und Gießen“, P. Bardenheuer, Düsseldorf: „Schmelzbehandlung, Gefüge und mechanische Eigenschaften des grauen Gußeisens“, W. A. Geisler, Essen: „Schleudergußbüchsen“, O. Glaser, Saarbrücken: „Erschmelzen von Grauguß im Elektroofen“, SPECIAL: 100 JAHRE GIESSEREI stärkenempfindlichkeit auch ein bemerkenswerter Schritt in die Zukunft. Die analoge deutsche Arbeit stammt von W. Patterson: „Wanddickeneinfluß als Forschungsproblem“, veröffentlicht in GIESSEREI 51 (1964) Nr. 6, S. 133-141, auch als Vortragskurzfassung im Jubiläumsjahrgang GIESSEREI 50 (1963) Nr. 23, S. 709. Aus der dort erwähnten beachtlichen Dissertation von E. v. Gumpert an der RWTH Aachen 1957 stammt die Veröffentlichung: W. Patterson und E. v. Gumpert „Versuche zur Deutung der Wirkung einer Impfung auf Gußeisen“, erschienen in GIESSEREI TWB Nr. 25, 1959, S. 1341-1361 (Jubiläumsheft). Zusammenfassend zeigt Bild 5 aus GIESSEREI 51 (1964) Nr. 6, S. 140, dass eine grafitisierende Impfung die Anteile an Ledeburit, m- und D-Grafit verringert und den A-Grafit-Anteil steigert, jeweils bezogen auf den Abstand von der „Schreckplatte“. Mit Fragen der Keimbildung als Grundlagen für den Mechanismus des Impfens befassten sich in früheren Jahren und bis zur Gegenwart u. a. die Habilitationsschrift von W. Patterson in Aachen 1951 sowie die Dissertationen von D. Ammann 1958 in Aachen, von B. Leube 1996 in Freiberg und von A. Sommerfeld 2010 in Clausthal. Anreger und Betreuer dieser vier Studien waren E. Piwowarsky und W. Patterson in Aachen, R. Mai in Freiberg und B. Tonn, geb. Leube, in Clausthal. Bild 4: Ankündigung der „Graugußtagung 1938“ in der GIESSEREI 25 (1938) Nr. 1, S. 1. E. Diepschlag, Breslau: Filmvortrag „Spiel der Oberfläche bei flüssigem Gusseisen“, E. O. Bernhardt, Berlin: Filmvortrag „Martensitkristallisation“. Diese Themen sind zeitlos aktuell. Auch die Einbindung von Filmen in das Vortragsprogramm ist eine heute übliche Form der Informationsvermittlung auf Veranstaltungen. Wertvoll war schon damals die anschließend kurzfristig folgende Veröffentlichung dieser Vorträge in der GIESSEREI, z. B.: > A. Thum: „Leichtbau in Gußeisen“ in GIESSEREI 25 (1938) Nr. 10, S. 237241, > M. v. Schwarz: „Abnützungswiderstand von Grauguß mit besonderer Berücksichtigung der Zylinderblöcke und -büchsen“ in GIESSEREI 25 (1938) Nr. 25, S. 637-642. Erstaunlich aktuell ist auch eine frühe Arbeit von J. Geiger in GIESSEREI 27 (1940) Nr. 1, S. 1-9, und Nr. 2, S. 30-32, mit dem Titel: „Über die Dämpfung bei Gußeisen 96 GIESSEREI 101 01/2014 mit besonderer Berücksichtigung gegossener Kurbelwellen“. Beispiele für Veröffentlichungen ausländischer Autoren und analoge inländische Arbeiten Schon früh kamen in der GIESSEREI auch ausländische Autoren zu Wort, z. B. R. Mitsche, Österreich, im Jahrgang 17 (1930) Nr. 32, S. 774-775, mit einem bemerkenswert konzentrierten „Beitrag zur Gußeisenprüfung“, der unter „Mitteilung aus dem Eisenhüttenmännischen Institut der Montan. Hochschule in Leoben“ erschien. Die einführenden Zeilen lauten: „Es wird für einige Gußeisensorten nachgewiesen, daß man für die Biegeprobe statt einer Länge L = 20 d mit L = 10 d ebenfalls brauchbare Ergebnisse erhält. Der Begriff Wandstärkenempfindlichkeit und seine praktische Bedeutung werden gekennzeichnet und ein Verfahren für die Bestimmung derselben angegeben.“ – Dies ist nicht nur eine präzise Zusammenfassung, sondern mit dem Begriff Wand- Schon die Themen sind interessant: > W. Patterson: „Über den Einfluß von Fremdkeimen auf die Kristallisation von Metallen und Legierungen, insbesondere auf die Ausbildung des Eutektikums im Gußeisen“ GIESSEREI, TWB H. 6/8, März 1952, S. 355-378, mit einer Anerkennung durch A. Portevin, Paris, Frankreich; siehe GIESSEREI 98 (2011) Nr. 6, S. 32-33; W. Patterson: Habilitationsschrift, RWTH Aachen 1951. > W. Patterson und D. Ammann: „Beitrag zur Kristallisation des lamellaren EisenGraphit-Eutektikums im Gußeisen“ in GIESSEREI , TWB H. 23, Januar 1959, S. 1247-1275; D. Ammann: Dr.-Ing.-Dissertation, RWTH Aachen 1958. > B. Leube und R. Mai: „ Beitrag zur Modellierung der Abkühlung und Kristallisation eutektischer Gußeisenlegierungen mit Lamellengraphit“ in Giessereiforschung 49 (1997) Nr. 3, S. 97-105; auch in GIESSEREI 84 (1997) Nr. 21, S. 30-31; 85 (1998) Nr. 6, S. 69-70, und Nr. 12, S. 52; B. Leube: Dr.Ing.-Dissertation, TU Bergakademie Freiberg 1996. Bild 5: Prozentualer Anteil verschiedener Gefügearten am Gefüge von stirnseitig gegen Kokille gegossenen ungeimpften und geimpften Gusseisenplatten aus GIESSEREI 51 (1964) Nr. 6, S. 140. > A. Sommerfeld, B. Tonn und B. Böttger: „Manganese and sulphur influence on the nucleation of graphite in cast iron melts“ Giessereiforschung 60 (2008) Nr. 2, S. 2-5; A. Sommerfeld und B. Tonn: „Graphitkeimbildung in GJL-Schmelzen“ GIESSEREI 95 (2008) Nr. 8, S. 72-74; A. Sommerfeld: Dr.Ing.-Dissertation TU Clausthal 2010. Aktuelle Beiträge zur Grafitkristallisation sind die schon erwähnten vier Veröffentlichungen von M. Lampic und M. Walz in der GIESSEREI 100 (2013) Nr. 3-6. Der vorbildlichen Mitsche-Arbeit in GIESSEREI 17 (1930) Nr. 32, S. 768 geht voraus in Nr. 31 auf S. 768 ein bewegender Nachruf für Karl Brackelsberg, den Erfinder des mit Kohlenstaub gefeuerten Drehtrommel-Schmelzofens für Eisen-, Temper- und Stahlguss. Bei dessen Entwicklung wurde er tatkräftig unterstützt durch Ing. W. Drees, der als Maschinenbauer viele Jahre die Gießerei der Firma J. D. Brackelsberg in Mispe, heute Ennepetal, erfolgreich leitete. Bei der Beerdigung von K. Brackelsberg am 19. Juli 1930 sprach Prof. Dr.-Ing. M. Paschke, Bergakademie Clausthal, anerkennende Worte. In Clausthal wurde ein kleiner Brackelsberg-Ofen zur Unterstützung von Forschung und Lehre aufgebaut. Eine zweite, ebenfalls vorbildlich kurze österreichische Arbeit, die im 50-JahrJubiläumsband der GIESSEREI erschien, ist heute so aktuell wie damals: R. Mitsche: „Der Collaud-Punkt als Hilfsmittel in Praxis und Unterricht“ in GIESSEREI 50 (1963) Nr. 20, S. 609-610 (Bild 6). Die ausgezeichneten Arbeiten des Schweizer Gießers A. Collaud bei Von Roll in Klus, besonders die Veröffentlichungen in GIESSEREI TWB 1954 und 1955 (Habilitationsschrift), sind die Brücken zu H. Jungbluth in Karlsruhe, zu gründlichen Kommentaren von W. Patterson und zu Auswertungen und Weiterentwicklungen seiner Aachener Schüler. Genannt seien die Veröffentlichungen: > W. Patterson: „Mechanische Eigenschaften von grauem Gußeisen“ in Giesserei-Kalender 1956, S. 198-207, > H. Jungbluth: „Vom Maurer-Diagramm zum Collaud-Schaubild“ in der DDRZeitschrift Neue Hütte 4 (1959) Nr. 5, S. 267-276, > W. Patterson und R. Döpp: „Betriebsnomogramm für Grauguß“ in GiessereiKalender 1960, S. 113-117, und GIESEREI 47 (1960) Nr. 7, S. 175-180. Bild 6: Beziehung zwischen mechanischen Eigenschaften und den Haupteinflüssen des Gusseisens mit Lamellengraphit aus GIESSEREI 50 (1963) Nr. 20, S. 610. Eine zentrale Rolle bei der Entwicklung des Betriebsnomogramms spielte neben dem Collaud-Schaubild das Diagramm Zugfestigkeit = f(Sättigungsgrad) für getrennt gegossene Probestäbe mit 7,5 bis 90 mm Dmr. von P. A. Heller und H. Jungbluth in GIESSEREI 42 (1955) Nr. 10, S. 257, (Bild 7). Entwicklung der GIESSEREI nach 1945 Die Giesserei-Kalender von 1950 bis 1998 waren und sind ein kleines, äußerst lesenswertes Handbuch der Gießereikunde mit einem Gesamtsachregister von 1950 bis 1979. Der sehr praktische und handliche Giesserei-Kalender wurde ab 1999 abgelöst durch das zweibändige, später dreibändige Giesserei-Jahrbuch, in dem aktuelle herausragende Arbeiten aus dem Veröffentlichungsprogramm der GIESSEREI dokumentiert und als Nachschlagewerk dem Nutzer zur Verfügung gestellt werden. Motiv und Ziele nennt das Vorwort im 1. Giesserei-Jahrbuch 1999: „Im Jahr 1950 erschien der erste „Giesserei-Kalender“, das handliche Taschenbuch des Gießereifachmanns, welches im Format DIN A 6 wichtige Informationen für die praktische Arbeit in der „Kitteltasche“ bereithielt. Seit 49 Jahren findet hier ein treuer Leserkreis technisch-ökonomische Fakten, grundlegende Ausarbeitungen und wichtige Adressen, die vom Verein Deutscher Giessereifachleute zusammengestellt und im Gießerei-Verlag herausgegeben werden. Im 50sten-Erscheinungsjahr, dem Jahr des 90sten-Geburtstags des VDG Bild 7: Berechnete Zusammenhänge zwischen der Zugfestigkeit und dem Sättigungsgrad des grauen Gusseisens in Abhängigkeit vom Probestabdurchmesser aus GIESSEREI 42 (1955) Nr. 10, S. 257. und dem Jahr der 9. Internationalen Giessereifachmesse GIFA, entschlossen sich die Herausgeber, der Verein Deutscher Giessereifachleute, der Deutsche Giessereiverband und der Gesamtverband Deutscher Metallgiessereien, das kleine Taschenbuch wachsen zu lassen. Es wird zukünftig als Giesserei-Jahrbuch zweibändig, im DIN A 5-Format erscheinen und in seinem Inhalt erweitert sein. Es enthält im Band 1 ingenieurtechnische Berichte wie bisher und wird erweitert um die Jahresübersichten, die aus der Zeitschrift GIESSEREI übernommen werden. GIESSEREI 101 01/2014 97 SPECIAL: 100 JAHRE GIESSEREI I. 1: 2. 3. 4. 5. 6. 7. Gusswerkstoffe: Gusseisen (A. Wittmoser), Temperguss (K. Roetsch), Stahlguss (H.-L. Roes), Schwermetallguss (E. Brunhuber), Leichtmetallguss (W. Büchen), Hartguss (H. Goebel), MTC-beständiger Guss (Gusseisen mit Kugelgrafit) (H. Timmerbeil), Korrosion und Oberflächenschutz (A. Königer). 8. II. 1. Entwicklung der Gießverfahren Kokillenguss – Gusseisen (A. Rexroth), Kokillenguss – Leichtmetalle (W. Büchen), Kokillenguss – Schwermetalle (E. Brunhuber), Druckguss (G. Lieby), Schleuderguss – Gusseisen (F. Faber), Schleuderguss – Stahl (H. Stich), Schleuderguss – Schwermetall (G. Schwietzke), Strangguss – Gusseisen (A. Wittmoser), Strangguss – Kupfer, Kupferlegierungen und Stahl (H. Voßkühler), Strangguss – Leichtmetalle (W. Roth). 2. 3. 4. III. Modellbau: (F. Lamm). IV. 1. 2. 3. Form- und Hilfsstoffe: Natürliche und synthetische Formstoffe (D. Boenisch), Öle und ähnliche Bindemittel (W. W. Magers), Kunstharzbinder (H. Derlon). V. 1. 2. 3. Besondere Form- und Gießverfahren: Zementsandverfahren (K. Wüllenweber), Kohlensäure-Erstarrungsverfahren (W. Schumacher), Maskenformverfahren und sonstige Genaugießverfahren 4. Feingießverfahren (E.-G. Nickel). VI. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. Schmelzöfen und sonstige Öfen: Kupolöfen (H. Pacyna), Flamm- und Herdöfen (W. Schumacher), Kleinkonverter (W. Schumacher), Tiegel-, Trommel- und Warmhalteöfen (E. Bertram), Elektrische Schmelzöfen (K.-H. Brokmeier), Trockenöfen (J. Küpper), Wärmebehandlungsöfen (H.-J. Pohle). VII. 1. 2. 3. 4. Gießereimaschinen: Formmaschinen (W. Gesell), Sandaufbereitungsanlagen (W. Gesell und W. Riege), Putzereieinrichtungen (W. Gesell), Gießereianlagen und Transportwesen (Th. Klingenstein). VIII. Unfall- und Gesundheitsschutz: 1. Unfallverhütung (E. H. Ritter), 2. Staubbekämpfung im Betrieb (K. G. Schmidt). IX. Arbeitsstudium in der Gießerei: (Ph. Vogt). X. 1. 2. Berufsausbildung: Facharbeiter- und Meisterausbildung (L. Frede), Ausbildung von Gießereiingenieuren (W. Gesell). XI. Hochschule und Forschung: (W. Patterson). XII. Werkstoffprüfung: (H. Zeuner). XIII. Normung: (H. Hosse). XIV. Kostenrechnung: (L. Remmeke). Ein halbes Jahrhundert gießereitechnisches Schrifttum (H. Schmidt). Ein halbes Jahrhundert wirtschaftliche Entwicklung 1. Eisen-, Stahl- und Temperguß (F. Waizmann), 2. Metallguß (G. Andexer) 98 GIESSEREI 101 01/2014 Band 2 enthält das Mitgliederverzeichnis des VDG, das nunmehr jährlich aktualisiert zur Verfügung steht. Daneben steht ein ausführlicher Bezugsquellennachweis (die „Gelben Seiten“), der inzwischen als dritter Band herausgegeben wird. Neben herausragenden aktuellen Arbeiten wurden auch interessante Veröffentlichungen aus der GIESSEREI und die dort seit 1964 erscheinenden Jahresübersichten übernommen. Viele andere hier aus Platzgründen nicht erwähnte, aber ebenso bedeutende und grundlegende Arbeiten zur Gießereitechnik nach 1945 bis heute finden sich, sehr gut strukturiert, recherchiert und redaktionell von der GIESSEREI zusammengefasst, in den Festschriften zu den VDG-Jubiläen 50, 75 und 100 Jahre VDG: Im Sonderband „ 50 Jahre VDG“ im Jahr 1959, der in Erstveröffentlichung in GIESSEREI 46 (1959) Nr. 22, S. 613-896 unter dem Titel „Ein halbes Jahrhundert Gießereitechnik in Deutschland“ erschienen ist, werden neben einem Überblick über die Entwicklung der Gusswerkstoffe und Gießverfahren in diesem Zeitraum auf den Seiten 882-885 ein halbes Jahrhundert gießereitechnisches Schrifttum und den Seiten 886-895 ein halbes Jahrhundert wirtschaftliche Entwicklung dokumentiert. Diese unter Leitung von Ph. Schneider zusammengestellten Beiträge sind vorbildlich, anregend und anspornend. Das 20. Jahrhundert war für die Gießerei-Industrie durch zunehmende Technisierung in allen Fertigungsbereichen gekennzeichnet. Zudem setzten sich nach 1945 auch die chemisch gebundenen Formstoffe durch, die vor allem in der Kernfertigung und dem Großformguss bis heute in großer Breite zum Einsatz kommen. Diese weitreichende Technisierung und Verfahrensentwicklung geht anschaulich aus der Gliederung dieses Sonderheftes hervor, die gleichzeitig das Veröffentlichungsspektrum der GIESSEREI in der beginnenden zweiten Hälfte des 20. Jhs. dokumentiert und zeigt, wie sich das Veröffentlichungsprofil stark ausgeweitet hat (Bild 8). Ein Anhang von H. Schmidt befasst sich unter dem Titel „Ein halbes Jahrhundert gießereitechnisches Schrifttum“ auch mit der Entwicklung der Zeitschrift GIESSEREI. Ein weiterer Anhang kommentiert und dokumentiert, unterteilt in die Werkstoffe Eisen-, Stahl- und Temperguss sowie Metallguss, „ein halbes Jahrhundert wirtschaftliche Entwicklung des Gießereiwesens“. Grundlegende Beiträge dieser Art wurden zu gegebenen Anlässen in unregelmäßigen Abständen auch in der GIESSEREI veröffentlicht. Erwähnenswert zum großen Gebiet der Gusswerkstoffentwicklung ist Punkt I., 7. „MTC-beständiger Guss“. Es handelt sich um eine wichtige Werkstoffentwicklung im Bereich der FeC-Gusswerkstoffe nach 1945, die Gusseisen mit Kugelgrafit einschließt. Die Werkstoffgruppe hat seitdem eine sehr erfolgreiche Entwicklung genommen. Der Autor H. Timmerbeil leitete damals den Fachausschuss „MTC-beständiger Guss“ im VDG und veröffentlichte in GIESSEREI 42 (1955) Nr. 1, S. 7-15 unter dem Titel „Gusseisen mit Kugelgraphit als Werkstoff für mechanisch, thermisch und chemisch (MTC) beanspruchten Guss“, einen ausführlichen Bericht, der die Vorzüge dieser neuen Werkstoffgruppe nachhaltig bekannt machte. Eine weitere Zusammenstellung erfolgte anlässlich des 75. Jubiläums des VDG 1984, veröffentlicht in GIESSEREI 71 (1984) Nr. 1/2, S. 3-114. Sie ist auch als Sonderdruck unter dem Titel Bild 8: Inhalt des Sonderbandes „ 50 Jahre VDG“ aus dem Jahr 1959, der in Erstveröffentlichung in GIESSEREI 46 (1959) Nr. 22, S. 613-895 unter dem Titel „Ein halbes Jahrhundert Gießereitechnik in Deutschland“ erschienen ist. gen, Betriebsorganisation und Bildungswesen sowie Normung ins Leben gerufen. Die Ergebnisse aus dieser gezielten Forschungsarbeit fanden überwiegend ihre Verbreitung über Veröffentlichungen in der Zeitschrift GIESSEREI. Und noch etwas hatte sich verändert. Unter dem Titel „Gießereitechnik kennt keine Landesgrenzen“ wies der damalige Chefredakteur W. Standke auf die zunehmende Internationalisierung der Gießereitechnik und ihrer Kundenbeziehungen hin, die wir heute als Globalisierung beschreiben. Internationale Geschäftsbeziehungen rund um die ganze Welt sind heute oft tägliches Geschäft. Auch die GIESSEREI wurde zunehmend im Ausland gelesen und erschien damals sogar mit englischem Inhaltsverzeichnis und teilweise auch mit englischen und französischen Kurzfassungen. Unter der Überschrift „Werkstoffentwicklung für breitere Gussanwendung“ standen im VDG-Jubiläumsheft in GIESSEREI 71 (1984) H.1/2 folgende Werkstoffthemen: 1. Gußeisen mit Lamellengraphit (W. Weis), 2. Gußeisen mit Kugelgraphit (D. Wolters), 3. Legiertes Gußeisen und Hartguß (K. Röhrig), 4. Temperguß (A. Engels), 5. Stahlguß (A. Kolorz), 6. Feinguß (K.-A. Krekeler), 7. Leichtmetallguß (H. Arbenz), 8. Schwermetallguß (W. Thury). Bild 9: Würdigung zum 75. Jubiläum des VDG 1984, die in GIESSEREI 71 (1984) Nr. 1/2, S. 3-114 und als Sonderdruck unter dem Titel „VDG fördert Giessereitechnik – 75 Jahre Verein Deutscher Giessereifachleute 1909-1984“ veröffentlicht wurde. „VDG fördert Giessereitechnik – 75 Jahre Verein Deutscher Giessereifachleute 1909-1984“ erschienen. Die unter Leitung von G. Engels und W. Standke erarbeitete ausgezeichnete Übersicht über 75 Jahre technische Entwicklung im VDG befasst sich neben der Entwicklung des VDG mit der Werkstoffentwicklung für breitere Gussanwendung und mit der Verfahrensentwicklung im Eisen- und Nichteisen-Metallbereich (Bild 9). Dort gibt auch der ehemalige Chefredakteur W. Standke unter dem Titel „Fachschrifttum weiterhin bevorzugte Informationsquelle“ einen kurzen Überblick über die Entwicklung der GIESSEREI als Fachzeitschrift und des Buchbestandes vom Giesserei-Verlag. Fortgesetzt hatte sich der Prozess der Mechanisierung der Gussteilproduktion hin zu automatischen Fertigungsstrukturen mit Prozessverkettungen bei Nutzung neuer leistungsfähiger Verfahren, Formund Hilfsstoffe. Fragen der Verbesserung des Technologietransfers zur Verkürzung der Innovationszeiten standen im Mittelpunkt der weiteren Entwicklung im Gießereiwesen, die eine vom VDG koordinierte Forschungsförderung zur weiteren technisch-technologischen Entwicklung im Gießereiwesen erforderte, die 1975 ins Leben gerufen wurde. Als unterstützende Gremien wurden 1976 die VDG-Fachgruppen Eisenguss, Stahlguss, NE-Metallguss, Fertigungsverfahren, Betriebseinrichtun- Die Veröffentlichungen zum Schmelzen standen unter dem Thema „Schmelztechnik im Zeichen der Energieeinsparung“: 1. Kupolöfen und andere brennstoffbeheizte Öfen für Eisenlegierungen (L. Höhle), 2. Elektrisch beheizte Schmelz-, Warmhalte- und Gießöfen für Eisenlegierungen (K. Muckhoff), 3. Schmelz-, Warmhalte- und Gießöfen für NE-Metallwerkstoffe (W. Tappen), 4 Feuerfeste Stoffe (K.-E. Granitzki und G. Routschka). Unter dem Thema „Bessere Formen mit neuen Formstoffen und rationelleren Formverfahren“ befassten sich F. Hofmann, U. Kleinheyer und K.-A. Krekeler mit den Formstoffen, tongebundenen, chemisch und physikalisch gebundenen Formstoffen sowie den Formstoffen und Formverfahren für die Feingießtechnik. Unter dem Thema „Formanlagen wurden zu integrierten Systemen“ beleuchtete K. Gollnow die grundlegenden Aspekte der Mechanisierung und Automatisierung der Verdichtung von Formstoffen, der AnlaGIESSEREI 101 01/2014 99 SPECIAL: 100 JAHRE GIESSEREI Bild 10: Titelbild des mehrteiligen „Special“ in der GIESSEREI 96 (2009) Nr. 3, S. 7, zum 100. Jubiläum des VDG im Jahr 2009, wo diverse Beiträge sich mit der Entwicklung der Gießereitechnik in den letzten hundert Jahren befassen. 100 Jahre VDG SPECIAL Teil 1: Der Verein Deutscher Giessereifachleute von der Gründung bis zu den 1990er Jahren GIESSEREI 96 03/2009 gen zur Herstellung kastengebundener und kastenloser Formen (nach W. Standke aber noch nicht kostenloser Formen) aus tongebundenem Sand, der Anlagen zur Herstellung von Formen und Kernen aus chemisch gebundenem Sand und aus physikalisch gebundenem Sand. Das Fertigen von FE- und NE-Metallguss mit Dauerformen stand unter dem Thema „Kokillen- und Druckgießtechnik leistungsfähiger mit modernen Steuerungen“, untergliedert in die Bereiche: 1. Kokillengießverfahren – Eisenlegierungen (H.-J. Scheil) 2. Kokillengießverfahren - NE-Metalle (W. Tappen), 3. Strang- und Schleudergießverfahren für Gußeisen und Stahl (H. Krall und B. Düker), 4. Druckgießverfahren (P. Koch). Über die aktuellen Aspekte des Modellund Formenbaus berichtete R. Roller unter dem Titel „Modell- und Formenbau nutzen neue Werkstoffe und Technologien“. Im Bericht „Die Putzerei – endlich nicht mehr Stiefkind der Gießerei“ zeigen W. Gesell und W. Riege neue Putztechniken und Strategien zum Auspacken und Kühlen, Trennen, Strahlen und Schleifen. Auf den zunehmenden Einsatz von Positioniergeräten, Robotern und Manipula100 GIESSEREI 101 01/2014 37 toren zur Arbeitserleichterung und Produktivitätssteigerung wird hingewiesen. „Arbeitsschutz geht immer alle an“ überschreibt H. Tillmanns seine Ausführungen zum Arbeitsschutz in Gießereien. J. Winterhalter berichtet über die zunehmende Bedeutung der Entstaubungstechnik in der Gussfertigung unter dem Titel „Umweltschutz begann mit der Entstaubung“. Die Gießerei wurde zunehmend als Gesamtanlage betrachtet. Auf dieses Thema geht G. Steinbauer in seinem Bericht „Was ist eine moderne Gießerei?“ ein. Die mit zunehmend verketteter und hoch produktiver Gussfertigung einhergehende steigende Bedeutung der Gussqualität und des betrieblichen Prüfwesens waren Themen von W. Siefer in seinem Beitrag „Von der Kontrolle zum Qualitätssicherungssystem“. K. Saupe stellte die Bedeutung der „Verfahren der chemischen Analyse“ zur Qualitätssicherung in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. Auf die Bedeutung einer gezielten und wissenschaftlich fundierten Anschnitt- und Speisertechnik – nicht nur Erfahrung, sondern auch exakte Entwicklung“ ging L. Kucharcik in seinem Beitrag ein. K. Gollnow befasste sich mit den Aspekten der Forschung und Ausbildung zur Förderung des Fortschritts im Gießereiwesen, L. Kucharcik mit der Ausbildung von Gießereiingenieuren und -technikern, W. Kaufhold mit der Ausbildung von Facharbeitern und A. Menden mit VDG-Schulungsdienst und Meisterausbildung. K. Urbat analysierte die wirtschaftliche Entwicklung der Eisen-, Duktilguss- und Stahlgießerei-Industrie und H. G. Bach die der Metallgießerei-Industrie in den letzten 25 Jahren unter dem Titel „Aufschwung und Anpassung“. Die Fülle dieser Arbeiten zeigt das Veröffentlichungsspektrum der Fachzeitschrift GIESSEREI in der damaligen Zeit. In dieser Tradition steht auch das mehrteilige „Special“ in der GIESSEREI 96 (2009) Nr. 3 bis Nr. 7, wo nach einer 3-teiligen Veröffentlichung von G. Engels, N. Ketscher und G. Wolff unter dem Titel „Der VDG von der Gründung bis zu den 1990er Jahren“ die Entwicklung des VDG einschließlich der Redaktion GIESSEREI und in den folgenden Beiträgen die letzten hundert Jahre gießereitechnischer Entwicklung in ihren wichtigen Meilensteinen dokumentiert werden (Bild 10): GIESSEREI 96 (2009) Nr. 5: 100 Jahre VDG. Teil 3: > Eisenguss (C. Troglio), > Leichtmetallguss (F. J. Feikus), > Form- und Kernherstellung mit chemisch gebundenem Formstoff (H. Wolff), > Form- und Kernherstellung mit tongebundenen Formstoffen (W. Tilch und H. Polzin), > Modellbau (F. Buchholz), > Gießtechnische Simulation (E. Flender und J. C. Sturm). GIESSEREI 96 (2009) Nr. 6: 100 Jahre VDG. Teil 4: > Kupolöfen und andere brennstoffbeheizte Öfen zum Schmelzen von Gusseisen (Th. Enzenbach), > Elektroöfen zum Schmelzen, Speichern und Gießen (E. Dötsch), > Rohgussnachbehandlung (J. Richter), > Tendenzen in der Luftreinhaltung (J. H. Helber). GIESSEREI 96 (2009) Nr. 7: 100 Jahre VDG. Teil 5: > Druckgießen (L. H. Kallien und Ch. Böhnlein), > Feuerfeste Baustoffe (D. Holland und R. Neumann). Die Vorträge des vom VDG-Fachausschuss Geschichte aus Anlass 100 Jahre VDG durchgeführten gießereitechnischen Kolloquiums, das anlässlich des Gießereitages 2009 in Berlin stattfand, sind zusammengefasst in dem VDGFachbericht Nr. 90, 2012, S. 6-65 (Bild 11) veröffentlicht. Sie geben einen Über- Inhaltsverzeichnis 100 Jahre VDG und die Entwicklung der Gießereitechnik Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E. h. Gerhard Engels, Meerbusch 6 und Temperguss Prof. Dr.-Ing. Reinhard Döpp, Ennepetal 10 100 Jahre Entwicklung: Leichtmetallguss B.Eng. Pascal Steinküller, Düsseldorf 24 Geschichte des Gusseisens mit Kugelgraphit Dipl.-Ing. Hanspeter Britt, Winterthur/Schweiz 28 100 Jahre Entwicklung: Schmelztechnik – Anlagen, Verfahren und Metallurgie Prof. Dr.-Ing. Franz Neumann, Unna 34 und Verfahren Prof. Dr.-Ing. habil. Werner Tilch und Dr.-Ing. Hartmut Polzin, Freiberg 48 100 Jahre Gießereimaschinenentwicklung – dargestellt Prof. Dr.-Ing. habil. Jürgen Bast, Freiberg Bild 11: Inhaltsverzeichnis aus VDG-Fachbericht Nr. 90/2012 (Auszug). blick über 100 Jahre Gießereitechnik – einen Prozess, den die GIESSEREI als Fachzeitschrift maßgeblich begleitet hat. Ihre Veröffentlichungen dienten deshalb als Informationsfundus auch für diese Übersichtsbeiträge. Über 50 Jahre Jahresübersichten als kommentierte Zeitschriftenschau Einen zeitlich gegliederten und inhaltlich konzentrierten Einblick in das deutsche und internationale Fachschrifttum, zum Teil kritisch diskutiert, vermitteln die von Ph. Schneider und W. Standke 1964 dankenswert begründeten Jahresübersichten des Gießereiwesens, die bis heute einen wichtigen Veröffentlichungsschwerpunkt in der GIESSEREI darstellen. Zur Einführung weist die Schriftleitung in GIESSEREI 51 (1964) H. 1, S. 11-12 auf „die Fülle der in aller Welt erscheinenden Veröffentlichungen“ und den Nutzen „regelmäßig zusammenfassender Auswertungen“ hin, die als Informationsquelle und Trenddarstellungen der Gießereifachwelt zur Nutzung zur Verfügung gestellt werden. Das gilt bis heute. Die damaligen Beweggründe, Fachgebiete und ausgewerteten Zeitschriften sind aus Bild 12 ersichtlich, die in GIESSEREI 51 (1964) Nr. 1, S. 11 der ersten Jahresübersicht vorangestellt wurden. Die im ersten Jahr (1964) veröffentlichten Jahresübersichten sind im Folgenden mit ihren Autoren zusammengefasst: > Gusseisen mit Lamellengraphit: H. F. W. Hauptvogel, > Legiertes Gusseisen: D. B. Wolters, > Gusseisen mit Kugelgraphit: H. Kempers, > Temperguss: H. G. Trapp, > Sonderguss: (Hartguss und Walzenguss): W. Siefer, > Legierter Stahlguss: G. Tschentke, > Unlegierter und niedriglegierter Stahlguss: K. E. Höner, > Schwermetallguss. Teil 1: Werkstoffe und Werkstoffeigenschaften: E. Weisner, > Schwermetallguss. Teil 2: Schmelzen, Gießen, Technologie: J. Müller, > Leichtmetallguss. Teil 1: Werkstoffe und Werkstoffeigenschaften: H. Arbenz, > Leichtmetallguss. Teil 2: Schmelzen, Gießen, Technologie: D. Ammann, > Druckguss. Teil 1: Werkstoffe und Werkstoffeigenschaften: W. Rüegg, > Druckguss. Teil 2: Schmelzen, Gießen, Technologie: G. Lieby, > Feinguss: E.-G. Nickel, > Formstoffe. Teil 1: Formsande und Formsandeigenschaften: I. Bindernagel, > Formstoffe. Teil 2: Prüfung, Formstoffe und Rohstoffe: W. Weis, > Formstoffe. Teil 3: Bindemittel, Kernsande, Verfahren: A. Kolorz, > Anschnitt- und Speisertechnik: L. Kucharcik, GIESSEREI 101 01/2014 101 SPECIAL: 100 JAHRE GIESSEREI Bild 12: Einführung zu den Jahresübersichten des Gießereiwesens von Ph. Schneider und W. Standke aus GIESSEREI 51 (1964) H. 1, S. 11-12 (Auszug). > > > > > Kupolofen: A. Dahlmann, Elektroschmelzöfen: K.-H. Brokmeier, Chemische Analyse: K. Saupe, Feuerfeste Baustoffe: K.-E. Granitzki, Maschinen zur Form- u. Kernherstellung: G. Engels, > Putzverfahren und -einrichtungen: W. Gesell, > Fördermittel: W. Riege, > Arbeitssicherheit, Arbeitsphysiologie u. Arbeitspsychologie: H. Tillmanns. Diese bis heute in der GIESSEREI veröffentlichten Schrifttumsübersichten sind eine ganz beachtliche Leistung der Autoren, die nicht hoch genug geschätzt werden kann. Sie können der Gießereifachwelt und vor allem den Lesern der GIESSEREI zur allgemeinen Nutzung wärmstens empfohlen werden. Weil die Verfasser der Jahresübersichten auf ihrem jeweiligen Fachgebiet für Qualität garantieren und eine aufwendige vorbildliche Recherchearbeit für die Gießereifachwelt realisieren, sollen die Jahresübersichten mit ihren Autoren nachfolgend namentlich genannt werden: 102 GIESSEREI 101 01/2014 > Gusseisen mit Lamellengraphit: H. F. W. Hauptvogel, W. Weis und R. Deike; > Gusseisen mit Kugelgraphit: H. Kempers, K. Höffer, H. Träger, H. Reuter und D. B. Wolters; > Legiertes Gusseisen: D. B. Wolters und K. Röhrig; > Hartguss und Walzenguss: W. Siefer, L. Hütter und K. H. Schröder; > Temperguss: H. G. Trapp, H. Kowalke und A. Engels; > unlegierter und niedrig legierter Stahlguss: K. E. Höner, H. Weber und A. Kolorz; > legierter Stahlguss: G. Tschentke und H. Zeuner; > Stahlguss: D. Wittekopf; > Leichtmetall-Sand- und -Kokillenguss, Teil 1: Aluminium – metallkundliche Grundlagen, Werkstoffe und Werkstoffeigenschaften: K. Alker, H. Arbenz, L. Heusler; > Leichtmetall-Sand- und -Kokillenguss, Teil 2: Magnesiumguss: A. Buckeley, W. Lotz, G. Rienaß; > Leichtmetall-Sand- und -Kokillenguss, Teil 3: Schmelzen, Gießen, Erstarren: > > > > > > > > > W. Tappen, Th. Steinhäuser, R. Kupferschmid, F. J. Feikus, S. Tewes; Buntmetallguss: E. Weisner, W. Thury, M. Dette, L. Tikana, A. Kessler; Druckgießen: W. Rüegg, P. Koch, L. Kallien, W. Leis; Kupolofen: A. Dahlmann, H. G. Rachner, Th. Enzenbach; Elektroöfen zum Schmelzen, Warmhalten und Gießen: E. Dötsch; Feingießen: E.-G. Nickel, W. Weihnacht, S. Bogner; Feuerfeste Baustoffe: K.-E. Granitzki, G. Routschka, O. Krause; Formstoffe. Teil 1: Grundstoffe, Regenerieren und Aufbereiten, Formverfahren mit tongebundenem Sand – Prüfverfahren, formstoffbedingte Gussfehler: E. Brümmer, I. Bindernagel, P. Oberschelp; Formstoffe. Teil 2: Formverfahren mit nicht tongebundenen Formstoffen, Überzugsstoffe, Vollformgießverfahren: U. Kleinheyer, E. Strumps, P. Gröning; Mechanisierung der Form- und Kernherstellung: G. Engels, K. Gollnow, G. Schneider, K.-H. Schütt, R. Wintgens; > Gießerei als Gesamtanlage: H. Wübbenhorst, G. Steinbauer, G. Engels; > Einrichtungen und Verfahren zur Rohgussnachbehandlung: W. Gesell, J. Richter; > Simulation gießereitechnischer Prozesse: A. Bührig-Polaczek, B. Pustal; > Gießtechnik im Fahrzeugbau: R. Bähr, C. Rehse, S. Scharf; > Gusskonstruktion und Gussanwendung: K.-H. Schütt; > Umweltschutz und Energietechnik: H. Wolff, M. Bosse; > Technikgeschichte, Kunstguss, Kunsthandwerk: H. Wübbenhorst, K.-H. Schütt. Die in der GIESSEREI veröffentlichten Jahresübersichten waren bis 2002 Bestandteil des Giesserei-Jahrbuches und damit ein gut einsehbares Nachschlagewerk für die fachlich interessierten Nutzer. Visionen und Tatsachen bei der Entwicklung von Gusswerkstoffen Die Werkstoffentwicklung enthält Visionen, die inzwischen Wirklichkeit wurden. Dazu einige typische Wegmarken, die durch die GIESSEREI publiziert wurden. Bild 13: Einfluss des Kohlenstoffs (Graphits) auf die Zugfestigkeit von Eisen und Gusseisen (nach E. Piwowarsky 1951 mit Ergänzungen von R. Döpp, 2005: Zugfestigkeit 200 N/mm² bei 4,3 % C entspricht einem Sättigungsgrad Sc von 1,0). Aus Platzgründen wird hier beispielhaft auf die Entwicklung der Eisen-Gusswerkstoffe eingegangen, wohl wissend, dass die Entwicklung bei den Nichteisen-Gusswerkstoffen in den letzten hundert Jahren mit ihren eigenen visionären und innovativen Entwicklungen ebenso dynamisch verlaufen ist. Die folgenden Ausführungen beruhen auf der Arbeit „100 Jahre Entwicklung: Gusswerkstoffe – Eisen-, Stahl- und Temperguss“ von R. Döpp, die zum 100-Jahre-Jubiläum des VDG 2009 in Berlin gehalten wurde, veröffentlicht im VDG-Fachbericht Nr. 90 von 2012, wo auch ein umfangreiches Schrifttum über die wichtigsten Veröffentlichungen zu den behandelten Themen vorliegt. Den grundsätzlichen Einfluss des Kohlenstoffs in gebundener Form (Grundmas- Mineralien für die Gießereiindustrie LKAB Minerals liefert Form-, Kern- und Anlegesande sowie weitere Rohstoffe für die Gießereiindustrie. Besuchen Sie www.lkabminerals.com für mehr Information! Die LKAB Minerals-Gruppe ist international auf dem Sektor der industriellen Mineralien tätig. Zusammen mit unseren Kunden entwickeln wir nachhaltige Lösungen für eine Vielzahl von Industriebereichen indem wir funktionale und für den direkten Einsatz aufbereitete Mineralien liefern. LKAB Minerals gehört zum schwedischen LKAB-Konzern, einem der führenden Lieferanten von hochwertigen Eisenerzprodukten. www.lkabminerals.com GIESSEREI 101 01/2014 103 SPECIAL: 100 JAHRE GIESSEREI Bild 14: Reifegrad RG von Gusseisen mit Lamellengraphit nach W. Patterson, 1958, hier als Bild 2 aus GIESSEREI 60 (1973) Nr. 2, S. 33. se) und in freier Form (als Graphit) auf die Zugfestigkeit von Eisen und Gusseisen zeigte E. Piwowarsky mit Bild 13 bereits 1943 und 1951, veröffentlicht in GIESSEREI 30 (1943) Nr. 1, S. 141-162. Zunächst steigt die Festigkeit stark (Bereich des Stahls und somit auch des Stahlgusses), fällt dann aber mit Auftreten des Graphits und durch dessen Menge etwas ab (Verengungswirkung) und wesentlich stärker durch die Form des Graphits (Kerbwirkung der Graphitlamellen). Die Kreise oberhalb der GJL-Bestwerte sind die Vision der Graphitkugeln beim GJS. Wörtlich sagt E. Piwowarsky in gleicher Quelle: „Tatsächlich erreicht man neuerdings durch die Überführung des Graphits in die sphärolithische Form bei einem Kohlenstoffgehalt von etwa 3,5 % eine Zugfestigkeit von 50 bis 70 kg/mm2“. Mit Grundfragen der Sphärolithenbildung befassen sich u. a. K. Herfurth, H. Träger und Y. Radjef, mit der Verfahrensentwicklung K. J. Reifferscheid, B. Prinz, A. Alt, D. B. Wolters und viele andere (vgl. umfangreiches Schrifttum, u. a. in den Jahresübersichten Gusseisen mit Kugelgraphit in der Zeitschrift GIESSEREI). Interessant und eine weitere Vision in Bild 13 (Festigkeit in Abhängigkeit vom C-Gehalt) nach E. Piwowarsky ist, dass die damaligen „Grauguss-Bestwerte“ inzwischen „Grauguss-Normalwerte“ geworden sind, die genau der heutigen Standardformel für getrennt gegossene Probestäbe mit 30 mm Durchmesser beziehungsweise etwa 15 mm Gussstückwanddicke entsprechen: Zugfestigkeit Rmt4ÊUUJHVOHTHSBE4DJO N/mm2. Diese Festigkeitssteigerung ist grundsätzlich bereits ein Beispiel für höheren Reifegrad. 104 GIESSEREI 101 01/2014 Das Bild 13 von E. Piwowarsky zeigt klar auch die bekannte Möglichkeit, höhere Festigkeit durch abnehmenden Kohlenstoffgehalt bzw. allgemein durch abnehmenden Sättigungsgrad zu erreichen. Das führte, etwa bei steigendem Stahlschrottanteil, zu Perlitguss, z. B. Lanz-Perlit (A. Diefenthäler, K. Sipp 1920), KruppSternguss, Emmelguss, auch Entwicklungen von MAN, Sulzer, Maschinenfabrik Esslingen und Thyssen. Eine typische Veröffentlichung stammt von K. Sipp: „Perlitgußeisen und seine Anwendungsmöglichkeiten“, Vortrag vom 12. Juli 1924 in Friedrichshafen, veröffentlicht unter anderem in GIESSEREI 11 (1924) Nr. 49, S. 798-799. Die gießtechnischen Schwierigkeiten nehmen mit fallendem Sättigungsgrad zu. Die Vision von W. Patterson, Piwowarskys Schüler, Mitarbeiter und Nachfolger, war daher, höhere Festigkeiten im Gusseisen mit höherem Sättigungsgrad zu erreichen, z. B. durch verbesserte Impftechnik. Der 1958 in GIESSEREI 45 (1958) Nr. 14, S. 385-387 vorgeschlagene Begriff Reifegrad RG als Verhältnis der gemessenen zur normalen Zugfestigkeit mit der oben genannten Formel (Bild 14) hat die Werkstoffentwicklung sehr positiv beeinflusst und zu RG-Werten von 120 % und mehr geführt. Ähnlich war 1958 Pattersons Vision der Relativen Härte RH als Verhältnis der gemessenen Härte zur Normalhärte, die rechnerisch mit der gemessenen Zugfestigkeit verbunden ist: siehe GIESSEREI 45 (1958) Nr. 14, S. 385-387. Dass diese /PSNBMIÊSUFt3NHFNFT- sen sehr genau die heutige Kopplung der genormten Zugfestigkeits- und Härtesorten wiedergibt, wie 2002 von R. Döpp entdeckt wurde (Bild 15), ist ebenfalls eine Vision, die Wirklichkeit wurde und hohe technische und wirtschaftliche Bedeutung hat. Interessant ist, dass ein Grundgedanke der Relativen Härte (Festigkeitssteigerung bei gleichbleibender Härte) schon am 27. Oktober 1927 von G. Meyersberg in seinem Vortrag „Grauguß im Automobil- und Flugzeugbau“ auf einer Werkstofftagung in Berlin erwähnt wurde, veröffentlicht in GIESSEREI 14 (1927) Nr. 43, S. 747-750. Zahlreiche Einzelverbesserungen haben zu dieser bemerkenswerten Entwicklung beigetragen, u. a. die Gusseisendiagramme von E. Maurer 1924 über F. Greiner und Th. Klingenstein 1926, H. Uhlitzsch und W. Weichelt 1933, K. Sipp 1940/41, H. Laplanche 1947 und A. Collaud 1954/55 bis W. Patterson mit F. Iske 1958 und mit R. Döpp 1960 und 1979 sowie W. Bauer und E. Nechtelberger 1985, die auch in diversen Veröffentlichungen in der GIESSEREI enthalten sind: > H. Pieper: GIESSEREI 38 (1951) Nr. 22, S. 577-580 (zu Laplanche); > A. Collaud: GIESSEREI 42 (1955) Nr. 3, S. 57-58; 43 (1956) Nr. 6, S. 137 und Nr. 26, S. 857; > W. Patterson und F. Iske: GIESSEREI 45 (1958) Nr. 21, S. 649; Nr. 22, S. 665; > W. Patterson und R. Döpp: GIESSEREI 47 (1960) Nr. 7, S. 175-180; Bild 15: Zusammenhang zwischen Härte und Zugfestigkeit von Gusseisen mit Lamellengraphit, nach J. T. MacKenzie, 1946, mit Linien für RH von 0,8 bis 1,2 nach W. Patterson, 1958, sowie Ergänzung der Zugfestigkeits- und Härtesorten nach DIN EN 1561 von R. Döpp, 2002. > R. Döpp: GIESSEREI 66 (1979) Nr. 2, S. 40-43; > M. Lampic: GIESSEREI 77 (1990) Nr. 5, S. 161-164 (zu Laplanche). Paten des Betriebsnomogramms für Grauguss 1960 (siehe die Veröffentlichungen von W. Patterson und R. Döpp in GIESSEREI 47 (1960) Nr. 7, S. 175-180 und R. Döpp in GIESSEREI 66 (1979) Nr. 2, S. 40-43) sind eine Reihe hervorragender Arbeiten: Die Werkstoffuntersuchungen von A. Collaud 1954/55 (siehe oben) sowie von P. A. Heller und H. Jungbluth 1955 (veröffentlicht in GIESSEREI 42 (1955) Nr. 10, S. 255-257), ferner die Gefügeuntersuchungen von H. Laplanche 1947 (vergleiche H. Pieper und M. Lampic, siehe oben) sowie die Untersuchungen der metallurgischen Gleichgewichtstemperaturen von W. Oelsen, K. Roesch und K. Orths 1955. Über die Entwicklung der Gusseisendiagramme wird im Einzelnen getrennt berichtet: siehe R. Döpp „Beitrag zur Entwicklung der Eisengussdiagramme“ in VDG-Fachbericht Nr. 90, 2012. Symbolisch und stellvertretend für die anderen Entwicklungsstufen sei hier nur an das Collaud-Diagramm erinnert, eine bemerkenswerte Leistung (siehe unter anderem Bild 6). Wesentlich beigetragen zur Qualitätssicherung und Werkstoffoptimierung von Eisen- und Nichteisen-Gusslegierungen hat die auf G. Tammann 1903 zurückgehende thermische Analyse. Bei GJL haben sich besonders der Unterkühlungsquotient UQ nach K. H. Caspers 1974 (siehe GIESSEREI 61 (1974) Nr. 20, S. 611-615) und die Relative Unterkühlung RU 1986 (siehe GIESSEREI 76 (1989) Nr. 2, S. 47-53) bewährt. Das für die Graphitbildung aus der Schmelze entscheidende eutektische Erstarrungsintervall ist quantitativ untersucht worden: Dissertation St. Schwenkel, TU Clausthal 2002 (referiert von K. Röhrig in GIESSEREI 91 (2004) Nr. 11, S. 68, 69, 81). Zur Verminderung von Lunkern (heute „Beitrag zur Leichtbauweise“) war schon 1956 Vision von H. A. Krall mit A. Wittmoser und L. Hütter hohe Werte der eutektischen Graphitmenge zu erreichen, d. h. viel Osannit = Austenit und Lamellengraphit: siehe GIESSEREI 43 (1956) Nr. 16, S. 409-418. Auch F. Krützner und H. Pacyna erkannten 1998 die große Bedeutung des Graphits für „Möglichkeiten und Grenzen des speiserlosen Gießens bei Gusseisen“: siehe GIESSEREI 85 (1998) Nr. 9, S. 72-73; Nr. 10, S. 43-44; 86 (1999) Nr. 1, S. 74; Nr. 2, S. 63-64. Bei GJS könnte man analog zu Osannit Bild 16: Zugfestigkeit und Bruchdehnung von hochfestem Stahlguss (niedrig legierte, wärmebehandelte Vergütungsstähle) mit dem Ziel, mindestens 1500 N/mm² Zugfestigkeit zu erreichen, um hochfesten Leichtmetallguss substituieren zu können, nach H. Zeuner, 1965, veröffentlicht in GIESSEREI 52 (1965) Nr. 1, S. 1-8, Bild 1. von Piwowit = Austenit und Kugelgraphit sprechen (zu Ehren von Piwowarsky). S. Engler und Mitarbeiter am GießereiInstitut der RWTH Aachen haben um 1965 eingehend die Morphologie erstarrender Eisen-Kohlenstoff-Legierungen untersucht und deutliche Unterschiede zwischen GJL und GJS festgestellt: siehe GIESSEREI 52 (1965) Nr. 24, S. 778; 53 (1966) Nr. 4, S. 118-119. Zeitlich parallel (1959 - 1963) liefen nähere Untersuchungen über die Kristallisation des Primäraustenits, besonders zur Bekämpfung von Warmrissen bei Temperguss: siehe GIESSEREI 51 (1964) Nr. 14, S. 414; 52 (1965) Nr. 1, S. 19-20 (Referat H. G. Trapp) und Nr. 24, S. 804 (Referat F. W. Hauptvogel); 56 (1969) Nr. 2, S. 46 (Referat H. G. Trapp); Kurzfassung: W. Patterson, K. Roesch und R. Döpp „Beitrag zum Erstarrungsverhalten von weißem und grauem Gußeisen“ in GIESSEREI 52 (1965) Nr. 6, S. 161-171. Die Ergebnisse können auch für andere Systeme mit dendritischen Phasen nützlich sein, u. a. bei Stahlguss und untereutektischen Al-, Mgund Cu-Legierungen. Speziell mit Warmrissen bei Stahlguss befasste sich intensiv R. Küpfer in der Gießerei der Gebr. Sulzer, Winterthur 1967: siehe GIESSEREI 52 (1965) Nr. 10, S. 309316; Vortrag Nr. 23, 31. IGK Amsterdam 25.09.1964; siehe GIESSEREI 51 (1964) Nr. 25, S. 789; W. Patterson, S. Engler und R. Küpfer „Zum Mechanismus der Warmrißbildung, bes. bei Stahlguß“ Giessereiforschung 19 (1967) Nr. 3, S. 151- 160; vgl. GIESSEREI 54 (1967) Nr. 19, S. 499; „Untersuchungen zur Warmrißbildung in Stahlguß“ Giessereiforschung 19 (1967) Nr. 4, S. 161-174; vgl. GIESSEREI 54 (1967) Nr. 24, S. 651. Stahlguss-Vision von H. Zeuner war schon 1965, dass Fe-C-Legierungen auf Dauer den Wettbewerb zu den immer leistungsfähigeren Al-Gusslegierungen bestehen können, wenn die Festigkeit im Verhältnis der spezifischen Gewichte (3:1) steigt: siehe GIESSEREI 52 (1965) Nr. 1, S. 1-8, besonders S. 2, Bild 1. So erzielte er Zugfestigkeiten von 3 x 500 = 1500 N/mm2 mit speziell legierten und wärmebehandelten Stahlgusssorten (Bild 16). Heute ist dies nach Bild 17 mit ADI = Austempered Ductile Cast Iron oder austenitisch-ferritischem Gusseisen, einer zwischenstufenvergüteten Variante von Gusseisen mit Kugelgraphit, technisch auch serienmäßig und dazu wirtschaftlich möglich. (Anmerkung zu Bild 17: Der Bereich Stahl könnte für Stahlguss auf mindestens ca. 1500 N/mm2 erweitert werden – vgl. Bild 16.) Ergänzend zu Festigkeit und Bruchdehnung untersuchten G. Pusch, O. Liesenberg und Mitarbeiter an der TU Bergakademie Freiberg „Zähigkeit und Bauteilsicherheit von Eisengusswerkstoffen“, veröffentlicht in GIESSEREI 90 (2003) Nr. 5, S. 82-92. Zunehmende Bedeutung erhält die Forderung nach Leichtbau und Energieersparnis. Daraus folgt der scharfe Wettbewerb zwischen Eisen- und LeichtmeGIESSEREI 101 01/2014 105 SPECIAL: 100 JAHRE GIESSEREI > die bewusste Optimierung der Kombination Werkstoff plus Formgebung (Formulierung nach W. Hespers, CLAAS GUSS, Bielefeld), besonders Gusswerkstoff, Form- und Gießverfahren (Bild 18). Diese Publikationen aus der GIESSEREI zeigen anschaulich, dass die „alte“ Fertigungstechnik Gießen aus ihrer Tradition heraus Zukunft entwickelt. Auf diesem Weg wird die GIESSEREI als „Zeitschrift für Technik, Innovation und Management“, wie in ihrem aktuellen Untertitel gesagt wird, die Gießereifachwelt auch unter Einbindung moderner elektronischer Medien weiter informativ begleiten. Bild 17: Vergleich der Zugfestigkeit und Bruchdehnung bei Eisengusswerkstoffen, Aluminiumlegierungen und Stahl mit dem ADI-Gusseisen (austenitisch-ferritisches Gusseisen mit Kugelgraphit) (Quelle: VDG-Fachbericht Nr. 90, S. 20). tall-Gusswerkstoffen, im Fahrzeugbereich besonders zwischen Aluminiumguss und Eisenguss mit Lamellengrafit und Vermiculargrafit. Erstaunlich ist, dass A. Thum, K. Sipp und O. Petri schon 1940/41 über „Gußeisen im Leichtbau“ berichtet haben: siehe GIESSEREI 28 (1941) Nr. 24, S. 498. Eine der heutigen Varianten heißt nach D. Radebach und Mitarbeitern „Downsizing mit Gusseisenwerkstoffen“: siehe GIESSEREI 96 (2009) Nr. 11, S. 20-30; s. auch W. Menk zu „Leichtbau mit Eisengußwerkstoffen“ im Referat D. B. Wolters in GIESSEREI 88 (2001) Nr. 10, S. 60. Mit Grundlagen der rechnerischen Modellierung des Gefüges und der Keimbildung des Graphits in Gusseisen mit Lamellengraphit befassen sich u. a. B. Tonn, geb. Leube, und A. Sommerfeld (siehe B. Leube und R. Mai: Giessereiforschung 49 (1997) Nr. 3, S. 97-105, auch in GIESSEREI 84 (1997) Nr. 21, S. 30-31 und 85 (1998) Nr. 6, S. 69-70; Nr. 12, S. 52; A. Sommerfeld und B. Tonn: GIESSEREI 95 (2008) Nr. 8, S. 72-74). Über 100 Jahre Leichtmetallguss, die eng mit der Automobilentwicklung verbunden sind, wird getrennt berichtet: F.J. Feikus und P. Steinküller: GIESSEREI 96 (2009) Nr. 5, S. 40-52. Hierauf soll aus Platzgründen hier nicht weiter eingegangen werden. Ziele beim Schwermetallguss sind u. a. weitere Verbesserungen der Korrosionsbeständigkeit sowie in jüngerer Zeit auch der Dämpfungsfähigkeit. „Über die Dämpfung bei Gusseisen mit besonderer Berücksichtigung gegossener Kurbelwellen“ hat J. Geiger schon 1940 (erstaunlich früh!) Näheres veröffentlicht: siehe GIESSEREI 27 (1940) Nr. 1, S. 1-9; Nr. 2, 106 GIESSEREI 101 01/2014 S. 30-32. Die einzelnen Werkstoffgruppen können viel voneinander lernen und daraus zukunftweisende Schlüsse ziehen. Beispiele dafür sind: > die thermische Analyse zur Qualitätssicherung, Fehlerbekämpfung und Werkstoffoptimierung, > der Eisen-Kokillenguss, siehe GIESSEREI 79(1992) Nr. 10, S. 381-388, > die Erweiterung der Werkstoffspektren von Halbzeug auf Gusswerkstoffe, Schlussbetrachtungen Die GIESSEREI erschien im 7. Januar 1914 mit dem Untertitel „Zeitschrift für die Wirtschaft und Technik des Gießereiwesens“ mit folgenden Rubriken: Hauptbeiträge (Sachverzeichnis und Namensverzeichnis), Bücherschau, Rundschau über das gesamte Gießereiwesen, Rechtsfragen und Arbeitsrechtliche Rundschau. Der Jahrgang war seitenweise als Jahresschrift durchnummeriert und nicht wie heute unterteilt in Ausgaben (Hefte oder Nummern). Für die Jahre 1960-1970 wurden sogar ein Zehnjahresverzeichnis und für die Jahre Bild 18: Clausthaler Beispiele für die Kombination Werkstoff plus Formgebung (Formulierung nach W. Hespers, CLAAS GUSS, Bielefeld): oben links: Leuchter aus geschmiedetem Stahl, Ljubljana, Slovenien (Anmerkung: Es gibt auch gegossene Leuchter), unten links: GRAV – gewichtsreduzierter Aluminium-Vorderbau für den 6er BMW aus Aluminium-Formguss- und -Halbzeug, unten rechts: Plattenofen aus Eisenguss (Modelle Unterofen von 1539 und Oberofen von 1698), Herkunft Harz oder Hessen-Waldeck (da gleicher Ofen in der Dombibliothek Fritzlar). 1971-1975, 1976-1980 und 1981-1985 Fünf jahresverzeichnisse erstellt, die das Auffinden einzelner Artikel sehr vereinfachten. Korrekturen und Anpassungen waren auch bei der GIESSEREI über die hundert Jahre ihres Bestehens notwendig und selbstverständlich. So wird in der GIESSEREI 15 (1928) Nr. 1, S. 1 erläutert, „warum mit der vorliegenden Nummer unsere Zeitschrift in einen neuen Lebensabschnitt eintritt“: Die neue Folge „1 Jahrgang 1928“ diente der Verschmelzung der beiden Zeitschriften „Die Giesserei“ des Vereins Deutscher Eisengießereien und „Giesserei-Zeitung“ des Vereins Deutscher Gießereifachleute e. V. Dort fanden auch die im Gesamtverband Deutscher Metallgießereien organisierten Leicht- und Schwermetallgießereien ihre Plattform. Seit dieser Zeit unter dem bis heute verwendeten Namen GIESSEREI erscheinend, werden alle Werkstoff- und Verfahrensbereiche des Gießereiwesens vertreten. Aus der Vergangenheit kann man auch lernen, dass Fehler zeitlos auftreten und daher äußerste Sorgfalt für die Veröffentlichungen notwendig und selbstverständlich ist. Ein kleines Beispiel hierfür ist der rückwirkend als „klassisch“ zu bezeichnende Aufsatz von P. Spitaler „Über Elektron und Hydronaliumguss“ aus GIESSEREI 23 (1936) Nr. 8, S. 177181. In Bild 5 auf Seite 178 ist unter Bild 5d beschrieben: „dicht (Eisengießverfahren)“. In der Bildunterschrift heißt es richtig: „Vergleich des Eingieß- mit dem Durchgießverfahren“. Auch der Text auf Seite 179 lässt keinen Zweifel, dass es unter 5d Eingießverfahren heißen muss. So wird der unter Fachleuten bekannte „Spitaler-Anschnitt“ noch 2014 im Jubiläumsjahr der GIESSEREI besonders gewürdigt. Er kann sehr wahrscheinlich auch bei anderen Gusswerkstoffen erfolgreich angewendet werden. Kurtz Gießereimaschinen Lösungen für die erfolgreichsten Unternehmen. Zu dem neuen Werkstoff Gusseisen mit Vermiculargraphit sind drei Veröffentlichungen in der GIESSEREI im 10-JahresAbstand erschienen, die zeigen, wie die Zeitschrift GIESSEREI die Werkstoffentwicklung begleitet hat: > G. Gaede „Gusseisen mit Vermiculargraphit – ein Werkstoff für spezielle Anwendungsgebiete“ in GIESSEREI 69 (1982) Nr. 18, S. 492-495, > M. Lampic „Eine neue Chance für Gusseisen mit Vermiculargraphit“ in GIESSEREI 79 (1992) Nr. 21, S. 872-878, > W. Maschke und M. Jonuleit „Herstellung von Gusseisen mit Vermiculargraphit“ in GIESSEREI 100 (2013) Nr. 4, S. 98-104. Diese Arbeiten stehen beispielhaft für die Breite der Themen, die von der GIESSEREI über viele Jahre in ihrer Weiterentwicklung begleitet wurden. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Fachzeitschrift GIESSEREI bis zu diesem Jubiläumsheft vom 7. Januar 2014 die bei der Gründung vor 100 Jahren definierte Aufgabe, „das gesamte Gebiet der Wirtschaft und Technik des Gießereiwesens zu bearbeiten“, in den 100 Jahren ihres Bestehens vorbildlich erfüllt hat, wie die in diesem Beitrag gezeigten Beispiele belegen. Dass dies in Zukunft so bleibt, wünschen die Autoren der Fachzeitschrift GIESSEREI mit herzlichem Glückauf! Prof. Dr.-Ing. Reinhard Döpp, Ennepetal, und Dipl.-Ing. KarlHeinz Schütt, Düsseldorf, Vorsitzender und Geschäftsführer des VDG-Fachausschusses Geschichte Unabhängig davon, um welche Belange es in Zusammenhang mit Gusslösungen bei Ihnen geht – bei Kurtz sind Sie immer richtig! ND-Gießmaschine mit Shuttle Ofen Unsere Ingenieure entwickeln in kürzester Zeit die passende Lösung. Von einer einzelnen Maschine bis hin zu einer kompletten Fabrik – für nahezu alle Anwendungen in unserer Branche haben wir das richtige Produkt. Sprechen Sie uns an, wir realisieren all Ihre Wünsche gemäß unserer Vision. Portfolio Kurtz-Gießereimaschinen 4 Säulen Entgratpresse mit Schiebe-Kipptisch Niederdruckgießmaschinen Kippgießmaschinen Schwerkraftgießmaschinen Entgratpressen Bearbeitungsmaschinen Automatisierungskomponenten Engineering Gesamtanlagen Mehr Informationen unter: www.kurtz.de FOTO: ULRICH ZILLMANN SPECIAL: 100 JAHRE GIESSEREI „Gießen ist und bleibt ein leistungsfähiges Urformverfahren.“ Prof. Dr.-Ing. Reinhard Döpp im Gespräch mit der GIESSEREI Herr Professor Döpp, vor 100 Jahren wurde die Zeitschrift GIESSEREI gegründet. 1909, also nur wenige Jahre zuvor entstand der Verein Deutscher Giessereifachleute (VDG). Was waren dafür die Triebkräfte? Bis weit in das 19. Jahrhundert hinein war das Gießereiwesen geprägt vom Können einzelner Akteure, das weitgehend auf Erfahrungswissen beruhte. Im Zuge der von England ausgehenden industriellen Revolution, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts auch die Entwicklung in Deutschland bestimmte, wurde offensichtlich, dass solche Arbeitsprinzipien auf Dauer nicht ausreichten. Der Wettbewerb zwi122 GIESSEREI 101 01/2014 schen den Unternehmen wurde schärfer, und es gab einerseits eine Orientierung hin zu einer stärkeren Einbeziehung der Wissenschaft. Andererseits reifte die Erkenntnis, dass es einer besseren und intensiveren Fachkommunikation bedurfte, um Innovationen zu beschleunigen. Das war der Ausgangspunkt für die Gründung zahlreicher technisch-wissenschaftlicher Vereine wie auch des VDG. Beides, die Gründung des technischwissenschaftlichen Vereins und die der Zeitschrift GIESSEREI, entsprangen also einem gemeinsamen Leitgedanken? Genau. Es ging den Beteiligten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Technik darum, die Kommunikation im Gießereiwesen zu verbessern. Das, was an einzelnen Stellen bekannt war, sollte den anderen bekannt gemacht werden. Und Fragen, die sich in der Praxis stellten, sollten schnell an jene Einrichtungen gelangen, wo sie näher untersucht werden konnten. Seit ihrer Gründung ist die Zeitschrift GIESSEREI der Gemeinschaftsarbeit der Fachvereinigung verpflichtet, hieß es 1988 zur 75-Jahr-Feier, und es wird die in Heft 1 vom 7. Januar 1914 festgehaltene Aufgabe zitiert, nämlich „das gesamte Gebiet der Wirtschaft und Technik des Gießereiwesens zu bearbeiten.“ Das hat damals wie heute Gültigkeit. Bessere Kommunikation – bedeutet das nicht auch, dass die Konkurrenz schneller Bescheid weiß? Sicherlich ist geheimes Wissen im Konkurrenzumfeld zunächst immer ein Trumpf – aber ab einem bestimmten Punkt der Technologieentwicklung geht es schneller voran, wenn das Wissen geteilt wird. Diese Einsicht setzt sich in aufstrebenden Industrien immer wieder erneut durch. Wir erleben das zurzeit zum Beispiel in der Computerindustrie, die sich nach und nach auf gemeinsame Standards und Schnittstellen einigt. Man denke auch an die Spurweiten der Eisenbahnen. Der Konkurrenzvorteil, der sich daraus ergab, dass nur die „eigenen“ Fahrzeuge in einem regional begrenzten Gebiet fahren konnten, geriet bei der Ausweitung des Verkehrs schnell zu einem Nachteil. Im Gießereiwesen stieß das Vermögen, dass Einzelne ihr Wissen für sich behalten konnten, gegen Ende des 19. Jahrhunderts an Grenzen. Wie stellte sich die Forschung im Gießereiwesen dar? Zu Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts prägten drei Namen das wissenschaftliche Geschehen in Deutschland: Adolf Ledebur in Freiberg, Bernhard Osann in Clausthal und Eugen Piwowarsky in Aachen. Diese drei haben zusammen mit ihren Mitarbeitern wesentlich dazu beigetragen, die Techniken im Gießereiwesen zu verbessern und weiterzuentwickeln, und sie haben die Grundlagenforschung vertieft. Die Universitätsgründungen in Freiberg (1765) und Clausthal (1775) waren aufgrund der Erfordernisse im Berg- und Hüttenwesen erfolgt. Das war mehr als 100 Jahre zuvor die Geburtsstunde der Metallurgie in Deutschland, also der Wissenschaft von der Herstellung und Verarbeitung von Metallen. Die Hochschule in Aachen kam etwas später (1870) hinzu, 1930 richtete man auch in Aachen die Studienrichtung Gießereikunde ein. Was waren zentrale Fragestellungen? Gefügeumwandlungen des Eisens von der Schmelze zum erstarrten Kristallgefüge wurden schon im 19. Jahrhundert bei unterschiedlichen Gehalten an Kohlenstoff wissenschaftlich intensiv erforscht und in einem Eisen-KohlenstoffDiagramm dargestellt. Dieses gibt auf der einen Achse die Temperaturen der Legierung, auf der anderen den Kohlenstoffgehalt an. Damit hatte man eine anschauliche grafische Darstellung der Prozesse mit Orientierung bietenden Linien zur Hand, die einzelne Phasenfelder voneinander abgrenzten, und man begann damit, die einzelnen Phasen der zahllosen Kombinationsmöglichkeiten unter- schiedlicher Eisen-Kohlenstoff-Legierungen im Detail zu untersuchen und analysieren. Um 1900 entdeckte Gustav Tammann in Göttingen, dass sich bei der Abkühlung aus der Schmelze aufgrund der Kristallbildung Haltepunkte in einer Temperatur-Zeit-Kurve zeigen. Die thermische Analyse zur Messung von physikalischen und chemischen Eigenschaften war damit geboren. Und all dies spiegelte sich in Artikeln, in Fachbeiträgen der GIESSEREI? Immer natürlich unter dem Blickwinkel der Praxis, wie zum Beispiel die Berichte von der Graugusstagung 1938 in Leipzig – 25 Jahre nach Gründung der GIESSEREI – verdeutlichen: „Leichtbauweise in Grauguss“, lautete etwa der Beitrag eines Wissenschaftlers aus Darmstadt. Der Autor, Professor A. Thum, skizzierte damit eine Problematik, die auch heute und wohl auch in Zukunft im Gießereiwesen heiß diskutiert wird. Oder der Beitrag von Dr. F. Roll aus Leipzig unter der Überschrift „Das Verhalten des gießbaren Eisens gegen chemische und thermische Einflüsse“ – auch heute kämpfen wir gegen Korrosion. Die Themen muten in der Tat erstaunlich modern an. Wie etwa auch dieser Artikel von Dr.-Ing. C. Stieler aus Wittenberge: „Der Wettbewerb zwischen Schweißen und Gießen“. Tatsächlich gibt diese Überschrift, formuliert in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts, eine Entwicklungsrichtung an, die in den letzten Jahrzehnten intensiv verfolgt wurde: der Wechsel von einer Schweißkonstruktion auf eine Gusskon- Zur Person Prof. Dr.-Ing. Reinhard Döpp war von 1983 bis 2002 für Gießereikunde in Lehre und Forschung an der Technischen Universität Clausthal tätig und hat sich weit über sein aktives Forscherleben hinaus für die Gießereitechnik engagiert. In den letzten Jahren schuf er zusammen mit zahlreichen ehrenamtlichen Mitarbeitern in Ennepetal auf dem Gelände einer ehemaligen Gießerei unter Einsatz erheblicher eigener Mittel ein inzwischen weithin beachtetes Technikmuseum, das besonders auch jungen Menschen die Entwicklung der Gießereitechnik über die Jahrzehnte und Jahrhunderte hinweg in Vorführungen und Mitmachaktionen anschaulich vermittelt. Im Gespräch mit Dieter Beste lässt der Träger des Bundesverdienstkreuzes 100 Jahre Gießereitechnik Revue passieren. struktion. Aus eigener Erfahrung denke ich da zum Beispiel an ein Bauteil, das vorne bei Traktoren in Vierkantrohre eingeschweißt wird und Zusatzgeräte trägt. Diese ursprünglich geschweißten Frontladerklauen wurden durch kostengünstige Tempergussteile ersetzt, denn der außen weitgehend entkohlte weiße Temperguss ist hochfest, zäh und gut schweißbar. Kurzum: Schweißen und Gießen, aber auch Schmieden und Gießen stehen häufig im Wettbewerb, können sich aber auch ergänzen. Wo immer möglich, ist Gießen das Verfahren der Wahl, denn mit dem in GIESSEREI 101 01/2014 123 SPECIAL: 100 JAHRE GIESSEREI der Regel wirtschaftlicheren Gießen aus schmelzflüssigem Zustand lassen sich zudem auch noch sehr komplizierte Formen herstellen. Gießen ist also aktuell wie eh und je. Was waren in den letzten 100 Jahren wichtige Meilensteine? In der Verfahrenstechnik ist die Mechanisierung enorm vorangegangen – sowohl bei der Form- als auch bei der Kernherstellung. Dazu gehört die Entwicklung moderner Formstoffe. Beim Eisenguss ist das auch heute im Wesentlichen Quarzsand. Aber inzwischen gibt es nicht mehr nur Naturton als Bindemittel, sondern auch zahlreiche anorganische Binder. Besonders zu erwähnen ist Bentonit, ein Aluminiumsilikat, das quillt und die einzelnen Quarzkörner umhüllt. Zudem wurden auch organische Bindemittel entwickelt, besonders Harze, die technisch zwar sehr leistungsfähig sind, aber beim Abgießen bedenkliche polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe bilden können. Vielfach hat sich die Einsicht schon durchgesetzt, darauf zu verzichten, aber in der Kerntechnik spielen sie immer noch eine bedeutende Rolle. In all meinen Berufsjahren war ich immer ein Fan von Wasserglas, ei124 GIESSEREI 101 01/2014 nem Natrium- oder Kaliumsilikat. Dieses anorganische Bindemittel ist völlig ungefährlich. Wasserglas lässt sich mit Kohlendioxid härten. Dann bilden sich Soda (Natriumkarbonat) oder Pottasche (Kaliumkarbonat) und ein Kieselgel, das den Sand verfestigt. Auch lässt sich Wasserglas mit Estern härten. Die Verdichtung des Formsandes geschah in der Vergangenheit von Hand, mit Pressluftwerkzeugen, wie man sie vom Straßenbau her kennt, oder etwa durch Rütteln und Pressen. Inzwischen ist das weitgehend mechanisiert. Automatisch arbeitende Gasdruck-, Explosions- und Luftimpulsverfahren, bei denen der Formstoff über eine Druckwelle verfestigt wird, sind inzwischen technischer Alltag. Weit entwickelt ist auch das Vakuumverfahren zur Verdichtung des binderfreien Formsandes. Dabei haben wir in Clausthal den üblichen Quarzsand durch Stahlsand ersetzt, der eine schnelle Abkühlung bewirkt – ein Schritt in Richtung Kokillenguss, aber mit Dauermodellen. Gussteile auf Eisenbasis werden überwiegend in tongebundenen oder chemisch gebundenen Formstoffen hergestellt. Beim Nichteisen-Metallguss sind die Dauerformverfahren, Kokillen- und Druckguss, hoch entwickelt. Eine inter- essante Zwischenstufe ist der Niederdruck-Kokillenguss. Und welche Meilensteine gab es werkstoffseitig? Beim Eisenguss fand gegen Mitte des letzten Jahrhunderts tatsächlich so etwas wie eine Revolution statt, hervorgerufen durch zunächst spekulative Überlegungen und dann die Entdeckung im Laborexperiment, dass der Grafit als Kugelgrafit in die Eisenmatrix des Gusswerkstoffs eingelagert werden kann. Die Entwicklung der Kugelgrafit-Werkstoffe, die später als Sphäroguss Eingang in die Praxis fanden, geht unter anderem auf Untersuchungen von Eugen Piwowarsky und Carl Adey in Aachen zurück, die sich schon sehr früh für den Zusammenhang von Festigkeit und Gefügeausbildung interessiert hatten. Sie erkannten, dass die im Grauguss normalerweise vorhandene Lamellenform des eingelagerten Grafits wärmetechnisch zwar von Vorteil, für die Festigkeit aber von Nachteil war, denn die Lamellen verursachen mit ihren Kanten eine Kerbwirkung im Material. Die Idee der beiden: Was wäre, wenn es gelänge, den Grafit sozusagen zu entschärfen und in Kugelform in den Eisenwerkstoff einzubringen? Es gelang schließlich 1939 am Gießerei- institut der RWTH Aachen erstmals durch Schmelzen unter basischen Schlacken. Seither erreicht man die Kugelform des Grafits durch einen Magnesiumzusatz zur Schmelze. Sphäroguss macht inzwischen etwa 35 Prozent der Fe-C-Gussproduktion aus. Grauguss – der klassische Gusswerkstoff mit Lamellengrafit – immer noch rund 60 Prozent. Der Rest entfällt auf Stahlguss (4 Prozent) und Temperguss (1 Prozent). Warum spielen höhere Festigkeitswerte eine so große Rolle? Ein Bauteil braucht dann schlicht weniger Material, um seine Funktion erfüllen zu können. Insofern ist Gusseisen mit Kugelgrafit auch im Sinne des Leichtbaus attraktiv. Zwischen Lamellen- und Kugelgrafit gibt es übrigens die Zwischenform des Vermiculargrafits, bei dem die Lamellen „runde Spitzen“ haben. Höhere Festigkeitswerte lassen sich auch erreichen, indem man unterhalb der 2-Prozent-Kohlenstoffgehalt-Grenze in Richtung Stahlguss geht, denn unterhalb dieser Grenze fällt Kohlenstoff nicht mehr als Grafit aus. Aber dann hat man leider auch nicht mehr die Vorteile, die Grafit im höher kohlenstoffhaltigen Eisenguss mit sich bringt: geringe Wärmedehnung, hohe Wärmeleitfähigkeit, gute Schwingungsdämpfung – allesamt Eigenschaften, wie man sie etwa im Motorenund Maschinenbau benötigt. Und das Gießen selbst bereitet bei geringem Kohlenstoffgehalt auch größere Schwierigkeiten. Auch beim Nichteisen-Metallguss wurden übrigens deutliche Fortschritte in den fig dem Prinzip „Trial and Error“ – jetzt und in Zukunft werden meine Kollegen immer besser die Rechengeschwindigkeit moderner Computer zu nutzen wissen, um den Gusswerkstoff mit Hilfe von Modellierungs- und Simulationstechniken zu optimieren. Aber Vorsicht: Grundlagenkenntnisse über das Gießen und Erstarren bleiben unabdingbar. Man kann nur hoffen und wünschen, dass diese Kenntnisse an den Ausbildungsstätten wie bisher intensiv vermittelt werden. Festigkeitswerten durch Verbesserungen der Gefüge erreicht. Wo sehen Sie die Entwicklungsperspektiven für das Gießen mit Eisenwerkstoffen? Wenn es darum geht, hohem Druck und hohen Temperaturen widerstehen zu können, ist Grauguss nicht so schnell zu schlagen. Man kann ihn auch legieren. Und seine Wirtschaftlichkeit ist allemal ein schweres Pfund in der Waagschale. Es wird in Zukunft daher das Ziel sein, insbesondere seine Druckfestigkeit und seine Festigkeit gegenüber noch höheren Temperaturen zu verbessern. Ein elementarer Ansatz dazu ist, die Lunkerbildung zu minimieren. Und dabei wiederum wirkt sich der größere Raumbedarf des Grafits beim Kristallieren aus der Schmelze positiv aus. Zudem muss man noch genauer den Erstarrungsablauf kennen, um etwa den Warmrisswiderstand weiter zu verbessern. Früher folgten solche Arbeiten häu- 100 STATORMIX Sie haben all diese Entwicklungen über viele Jahrzehnte in Forschung und Praxis begleiten können. Ihr Fazit? Sollte ich mein Berufsleben noch einmal beginnen können, würde ich mich mit Sicherheit wieder dem Guss zuwenden. Das sage ich auch Studenten und Schülern, die mich danach fragen. Schon unser kleiner Streifzug durch 100 Jahre Gießereitechnik hier in diesem Interview zeigt, wie anregend die Fragen hinsichtlich Verfahrens- und Werkstoffverbesserung im Gießereiwesen immer wieder aufs Neue sind. Gießen ist und bleibt ein leistungsfähiges Urformverfahren. Werkstoff und Formgebung – ein unendlich großes Spannungsfeld zwischen diesen Polen macht den Reiz der Welt des Gießens aus und das wissenschaftliche Arbeitsgebiet so überaus interessant. Und schließlich bereitet es große Freude, wenn man in Wissenschaft und Praxis dazu beitragen kann, das Ganze wirtschaftlich so zu entwickeln, dass ein Kunde ein gewünschtes Bauteil als Gussteil bestellt. Das Interview führte der Fachjournalist und Publizist Dieter Beste aus Düsseldorf Jahre Der Kernsandmischer für anorganische Bindemittel GIES SERE I-W ir gr atuli eren Doppelkammerprinzip Geschlossene Mischkammer Höchste Mischgüte Kein Feuchtigkeitsverlust Keine Mischguterwärmung Teilchargen ohne Qualitätsverlust Beste Zugänglichkeit Selbstreinigend Mit Sand-, Additiv- und Bindemitteldosierung, mit Sand- und Bindemitteltemperierung, pneumatische Sand- und Additivversorgung, automatische Bindemittelversorgung. ! Bereits viele Anlagen für anorganische Bindemittel in der Automobilindustrie erfolgreich im Einsatz! 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