MAZ, 09. April 2010 - Verlag für Berlin

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MAZ, 09. April 2010 - Verlag für Berlin
Kultur | 9
MAZ | FREITAG, 9. APRIL 2010
Das weibliche Brandenburg
PORTRÄTS
Im Kulturlandjahr 2010 stellen zwei Bücher märkische Frauen vor, die das Land beweg(t)en
Von Königin Luise bis
zur Sozialministerin
Regine Hildebrandt
reicht die Reihe der
porträtierten Frauen.
Allen ist eines gemein:
Mutig setzten sie sich
für ihre Ideale ein.
Von Meike Jänike
POTSDAM | „Die Frau gehört
nicht mehr ins Haus, sie gehört in dieses Haus, den
Reichstag“, erklärte Minna
Cauer 1902 in einer Petition
an das preußische Parlament.
Unermüdlich kämpfte die in
Freyenstein geborene Pfarrerstochter
dafür,
dass
Frauen wählen und selbst im
Parlament sitzen dürfen. In einer Zeit, in der die meisten
Männer in ihren Frauen einzig eine Betreuerin der Kinder und eine Wirtschafterin
im Haus sahen, war Minna
Cauers Einsatz für ihre Geschlechtsgenossinnen durchaus mutig. 1919 wurde sie belohnt: Bei der Wahl zur Deutschen Nationalversammlung
durften Frauen erstmals wählen – und gewählt werden.
Minna Cauer ist eine jener
Frauen in Brandenburg-Preußen, deren Wirken die Mark
geprägt hat und denen sich
Kulturland
Brandenburg
2010 widmet. Erzählt wird die
Lebensgeschichte der preußischen Frauenrechtlerin in
dem von Antje Leschonski herausgegebenen Buch „Anna,
Lily und Regine“. In detailliert
recherchierten Porträts lernt
der Leser darin 30 märkische
Frauen kennen, die im Kleinen und Großen für ihre
Ideale gekämpft und Brandenburg damit nachhaltig verändert haben. Von der Kurfürstin Elisabeth bis zur Sozialministerin Regine Hildebrandt
reicht die Reihe der vorgestellten Lebensbilder.
Doch nicht nur bekannte
Namen hat Antje Leschonski
für ihr Buch ausgewählt. Es
sind gerade die selten gehörten oder fast vergessenen Geschichten von Frauen, die
den Leser besonders fesseln.
So wie die Biografie von Justine Siegmund. 1688 wird die
Hebamme an den kurfürstlichen Hof nach Cölln (Berlin)
Haben in Brandenburg Spuren hinterlassen: Luise von Preußen, Luise Hensel, Minna Cauer und Gertrud Kolmar (oben, v.l.) sowie Hedwig Bollhagen, Maxie Wander, Iris Dullin-Grund und Regine Hildebrandt (unten, v.l.).
FOTOS: VERLAGE
berufen. Aufsehen erregte sie
mit einem von ihr verfassten
Lehrbuch für Hebammen.
Während die brandenburgische Kurfürstin Sophie Charlotte sie darin unterstützt
hatte, ihr Wissen zu veröffentlichen, setzten ihr Ärzte mit
Gegenschriften zu. Justine
Siegmund aber wehrte sich
fachkundig und zeigte ihr
Können in der Praxis. Noch
heute reizt ihr Buch in Fachkreisen zur Diskussion.
Neben der Auswahl vielfältiger und packender Lebensläufe ist es Antje Leschonski
auch gelungen, für die Porträts einfühlsame Autoren zu
gewinnen. So schreibt die
Schriftstellerin Eva Zeller
über die Dichterin Luise Hensel und Ex-SPD-Ministerpräsident Manfred Stolpe über
seine engagierte Parteigenossin Regine Hildebrandt.
Letzterer ist als einer der beliebtesten märkischen Politikerinnen auch im Buch „Mut
und Anmut. Frauen in Brandenburg-Preußen“ eine Seite
gewidmet. Der Begleitband
zum Kulturlandjahr richtet
den Fokus nicht nur auf die
Brandenburgerinnen von gestern, sondern verstärkt auch
auf jene von heute. So beschreibt Christine Färber, was
Frauen in der Mark wichtig ist
und wie zufrieden sie mit ihrem Leben sind. Dass hinsichtlich der Gleichberechtigung von Frauen und Männern die höchste Zufriedenheit herrscht, ist gewiss auch
ein Verdienst all jener Frauen,
die in dem Buch porträtiert
werden.
Der von Simone Neuhäuser
konzipierte Band spannt in
der Auswahl der Porträts den
Bogen von der Geschichte,
über Politik, Kirche und Kultur bis hin zum Alltagsleben.
Neben Prominenten wie Königin Luise, der Schriftstellerin
Bettina von Armin oder der
DDR-Architektin Iris Dullin-
Grund lassen die Autorinnen
den Leser auch bisher unbekannte Frauen entdecken.
MAZ-Lokalredakteurin Hiltrud Müller stellt drei Bürgerinnen im Ehrenamt vor, Susanne Kreutzer ist in brandenburgischen Diakonissen bemerkenswerten Schwestern
begegnet.
Fazit: Beide zum Kulturlandjahr erschienenen Bücher entwerfen ein wissensreiches und unterhaltsam aufgeschriebenes Bild der Frau in
Brandenburg. In seiner Anschaulichkeit bestechend ist
der Begleitband zur Kampagne. Die junge Potsdamer Fotografin Anne Heinlein wirft
einen eindrucksvollen Blick
auf Frauen und ihre Orte.
info Antje Leschonski (Hrsg.): Anna,
Lily und Regine. 30 Frauenporträts aus
Brandenburg-Preußen. Verlag Berlin-Brandenburg, 180 Seiten, 14,90 Euro;
Kulturland Brandenburg e.V. (Hrsg.):
Mut und Anmut – Frauen in Brandenburg-Preußen. Koehler & Amelang, 192
Seiten, 16,90 Euro.
Kulturland Brandenburg
쮿 Das Themenjahr 2010 von
Kulturland Brandenburg
heißt: „Mut und Anmut.
Frauen in Brandenburg-Preußen“. Der Kulturland-Verein
nimmt den 200. Todestag der
preußischen Königin Luise
zum Anlass, bekannte – aber
auch vergessene – Geschichten von Frauen in Brandenburg-Preußen historisch und
aktuell zu beleuchten.
쮿 Im ganzen Land locken
weibliche Persönlichkeiten zu
insgesamt 40 Kunstprojekten
wie Film- und Theateraufführungen, Konzerten, Ausstellungen und Stadtführungen.
쮿 Entdeckt werden können
Frauen in Brandenburg, die
ihre Zeit und die Menschen in
ihr prägten oder es gegenwärtig noch immer tun. Informationen zum gesamten Programm sind unter www.kulturland-brandenburg.de zu
finden. mei
Hofberichterstattung
AUSSTELLUNG
Das Deutsche Historische Museum in Berlin zeigt Kunst als Herrschaftsstrategie
KURZ & KNAPP
Peter Zadeks
letztes Buch
BERLIN | Im Berliner Ensem-
Die Macht
gibt sich
gern
dynamisch
und modern
ble wird am 25. April das
letzte Buch des Theaterregisseurs Peter Zadek
(1926-2009) vorgestellt.
Das Theater widmet Zadeks
drittem Memoirenband „Die
Wanderjahre: 1980-2009“
eine Matinee. Schauspieler
wie Hannelore Hoger, Eva
Mattes, Susanne Lothar und
Otto Sander werden aus
dem Buch lesen, heißt es in
der Ankündigung der
Bühne. Zadek war von 1985
bis 1989 Intendant des Hamburger Schauspielhauses
und gehörte nach der
Wende Anfang der 90er
Jahre auch zum Leitungsteam des BE. Das Buch
erscheint am 26. April bei
Kiepenheuer & Witsch. dpa
Literaturpreis
an Cees Nooteboom
BERLIN | Der niederländische
Schriftsteller Cees Nooteboom (76) erhält den Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung 2010. Noote-
boom wird damit für die
politisch und kulturell europäische Dimension in seinem Gesamtwerk gewürdigt.
Er sei ein „esprit- und ironievoller, kulturell rundum
gebildeter, gestalterisch
vielfältiger Schriftsteller von
europäischem, ja kosmopolitischem Rang“, urteilte die
Jury in einer Mitteilung von
gestern. Die mit 15 000 Euro
dotierte Auszeichnung wird
am 12. Dezember in Weimar
überreicht. dpa
„Opernsommer
Sanssouci“
POTSDAM | Beim „Barocken
Opernsommer Sanssouci“
stehen dieses Jahr der französische Dichter Molière und
die italienische Musikkomödie im Mittelpunkt. Von Mai
bis September sind zehn
Aufführungen des Stücks
„Monsieur di Porsugnacco“
mit Musik des neapolitanischen Komponisten Ignazio
Fiorillo (1715-1787) geplant,
teilte die Stiftung Preußische
Schlösser und Gärten gestern mit. Premiere ist am 7.
Mai im Schlosstheater. epd