Sonnenklar!
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Sonnenklar!
P R A X I S H A LT U N G Solarien richtig nutzen Sonnenklar! Im Winter ist es in vielen Ställen im Dauereinsatz. Doch wann ist ein Pferdesolarium sinnvoll und was kann es, außer Wärme spenden? TEXT: SYLVIA SÁNCHEZ FOTO: WWW.ARND.NL E in typisch deutscher Winter, statt weißer Pracht zieht Schmuddelwetter übers Land. Auf der einen Seite ist es immer noch warm genug, um Reiter und Pferd ins Schwitzen zu bringen. Anderseits zieht die feuchte Kälte durch alle Lücken. Eine besonders gefährliche Kombination und Nährboden für Verspannungen. Nicht zuletzt, auch um Erkältungen zu vermeiden, laufen landauf und landab die Solarien im wahrsten Sinne heiß! Der Sinn und Zweck des roten Lichts In der Pferdeklinik Seehof in Diessen am bayerischen Ammersee betreibt Dr. Stefan Rattenhuber ein Rehazentrum für Pferde. Hier kommt das Solarium täglich zum Einsatz – allerdings nicht zu Therapiezwecken. „Wir haben ein Schwimmbad für Pferde in der Rekonvaleszens und nach dem Schwimmen kommen die Pferde zum Trocknen unter das Solarium. Bei uns hat es noch eine Fönfunktion und das klappt wirklich sehr gut“, berichet Dr. Rattenhuber aus dem Klinikalltag. Auch nach der Arbeit trocknet ein verschwitztes Pferd unter dem Solarium natürlich schneller und schwitzt meist nicht mehr nach – beides eine gute Prophylaxe gegen Erkältungen. Kostspielig? Sicher ist sicher „Zu den Sicherheitsstandards ist zu sagen, dass bei heutigen hochwertigen Solarien die Lampen innerhalb eines geschlossenen Gehäuses verbaut werden, sodass die Pferde sich hier nicht an herunterhängenden Lampen anstoßen können“, erklärt Huesken. So ist die Gefahr gering, dass sich das Pferd an zerbrochenen Lampen verletzt. Wichtig ist, dass das Solarium eine Art „stilles Örtchen“ ist. Hier sollte keine Hektik aufkommen, damit das Pferd sich eben nicht am Solarium stößt. Kommt Unruhe auf, ist es besser, das Sonnenbad abzubrechen. „Die Anzahl der Lampen bei einem Solarium ist je nach Typ unterschiedlich. Die Solarien bestehen üblicherweise aus einer Lampenanzahl von elf und gehen darüber hinaus bis zu 25 Lampen“, so Christoph Huesken. Entsprechend verbrauchen die Solarien unterschiedlich viel Strom. Solarien werden in Pensionsställen in der Regel entweder mit 50-Cent-, EinEuro-Stücken oder Wertmarken betrieben. Der Stallbetreiber kann meist selbst einstellen, wie viele Minuten das Solarium pro Münze läuft. Ein Durchschnittswert sind zehn Cent pro Minute Sonnenbad, das hängt aber vom Verbrauch und somit von der Größe des Solariums ab. Sonne vor dem Reiten? Gut bei Verspannungen Für Dr. Stefan Rattenhuber ist das Solarium in erster Linie ein Wellness-Gerät, ohne nachgewiesenen therapeutischen Effekt. Allerdings gibt er zu, dass das Bad im Rotlicht für Pferde mit Verspannungen im Rücken sicher eine wohltuende Maßnahme ist. Die Wärme fördert die Durchblutung und kann so helfen, Verspannungen zu lösen. Der Einsatz eines Solariums kann aber nur eine Ergänzung sein zu physiotherapeutischen oder medizinischen Behandlungen. Das wichtigste ist und bleibt aber, die Ursache der Verspannungen (schlecht liegender Sattel, Überbeanspruchung, falsches Training, Blockaden) zu finden und auszumerzen. Christoph Huesken vom Solarium-Hersteller Kampmann hat zudem die Erfahrung gemacht, dass gerade ältere Pferde die Wärme unter dem Solarium sehr genießen. 80 REITER REVUE INTERNATIONAL 2/2015 Empfiehlt es sich tatsächlich auch, Pferde vor dem Training unter das Solarium zu stellen, um die Muskulatur aufzuwärmen? Einerseits spricht nichts dagegen, das Pferd vor dem Training unter das Solarium zu stellen. An kalten Tagen wird der Reiter bei empfindlichen Pferden unter Umständen zu Beginn des Trainings den Effekt fühlen, dass das Pferd etwas entspannter die Arbeit beginnt, aber: „Das Solarium ersetzt in keiner Weise die Lösungsphase“, mahnt Dr. Rattenhuber. Anders ist es zum Beispiel, wenn eine physiotherapeutische Behandlung bevorsteht. Dann ist ein Rotlichtbad eine gute Vorbereitung auf manuelle Therapie und Massage. Eine Frage der Zeit „Der Abstand der Lampen zum Pferd sollte etwa 60 Zentimeter betragen“, rät Christoph Huesken. Bei fest installierten Solarien sollte somit ein Bodenabstand von 2,30 Meter bis zur Unterkante des Solariums eingehalten werden. So können auch etwas unterschiedlich große Pferde unter das Solarium gestellt werden. Huesken empfiehlt ein Pferd für etwa 20 bis 30 Minuten unter das Solarium zu stellen: „In der Regel zeigen die Pferde es an, wenn ihnen zu warm wird. Die Pferde werden dann meistens etwas unruhig.“ Überraschend ist, dass es nach Hueskens Erfahrung Pferde mit dunklem Fell das Sonnenbad länger in Ruhe genießen, als Schimmel oder Füchse. Das dunkle Fell heizt sich zwar gefühlt stärker auf, aber Füchse und Schimmel haben eine empfindlichere Haut. Die Gefahr von Verbrennungen ist bei der Einhaltung dieser Richtwerte nicht gegeben, allerdings sollten Pferde vorsichtshalber nicht am Kopf bestrahlt werden. Hier fehlt an Augen und Nüstern der Schutz durch das Fell. REITER REVUE INTERNATIONAL 2/2015 81