3008_180 Sardinien Society.ind

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3008_180 Sardinien Society.ind
SOCIET Y
Die Costa Smeralda war einst der
Treffpunkt des europäischen
Jetsets. Doch als die Russen kamen,
änderte sich die Hackordnung
Als Besucherin des „Billionaire“Clubs gibt es Folgendes zu beachten:
Die Füße sollten glitzern, der
Rock muss über dem Knie enden
VON A N N E P H I L I P P I - FOTOS: K A R L A N TO N KO EN I GS
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VA N I T Y FA I R
30 –31 / 08
NASTROWJE,
SARDINIEN!
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DIE WELT DER COSTA SMERALDA
1 Der Jachthafen Porto Cervo 2 Sardinia Style:
Mitglieder des Jachtclubs 3 Franco Valeri, Immobiliengröße 4 Loafers aus der „Billionaire“Herrenlinie von Briatore 5 Der „Billionaire“Laden mit Chef 6 Privatstrand des Hotels Cala
di Volpe 7 Cocktailempfang nach dem Polospiel
8 Federico Barbarossa, Concierge-Legende
9 Als „Fischerdorf“ entworfen: Cala di Volpe
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DIE SAISON IST ERÖFFNET
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Die Gäste, feierwütige Grafen aus Venedig,
Zuhälter, grölende Immobilienmakler aus
Mailand und italienische Partylöwen der letzten zwanzig Jahre, prosten ihm zu. Doch Flavio Briatore winkt ab. Selbst seine neue Ehefrau Elisabetta, im Cavalli-Glitzerteil,
versucht wirklich alles, um „Flav“ zu erheitern. Doch nicht einmal der Auftritt der „Billionaire Girls“ kann Briatores Mundwinkel
nach oben reißen. Er schaut den ganzen
Abend, als ob er lieber Formel 1 gucken würde. Und das trotz voller Tanzfläche, flirtender Typen und Frauen in High Heels.
Dabei müsste es Flavio Briatore sehr gut
gehen. Er ist hier der Platzhirsch, hier an der
Costa Smeralda auf Sardinien, hier in seinem
„Billionaire“-Club, eingebaut in einen uralten Berg mit Blick nach draußen. Gerade hat
er eines der schönsten Fernsehmädchen geheiratet, er trägt den Adelstitel „Il Manager“,
und zu seiner „Billionaire“-Boutique in der
Innenstadt pilgern junge Italiener, um sich
Flavios „Ich gewinne immer“-Foto im Schaufenster anzuschauen.
Doch heute Abend, ausgerechnet bei der
Feier zum zehnten Geburtstag seines „Billionaire“-Clubs, sieht Flavio Briatore wie ein
müder Löwe aus. Denn seine besten Gäste
fehlen, feiern draußen auf ihren Jachten,
verschmähen in dieser Nacht die Sechs-LiterCristal-Champagner-Flaschen zu 35 000 Euro.
Kurz: Die Russen blieben zu Hause – und
ohne Russen keine rauschenden Feste.
Und wofür sonst kommt einer hierher an
die Costa Smeralda, diesen sardischen Küstenstreifen, den der Aga Khan in den 60erJahren für seine berühmten Hollywood- und
Adelsfreunde entdeckte? Nur hier konnten
Elizabeth Taylor und Richard Burton hemmungslos streiten und trinken, nur hier vergaßen die Royals ihre königliche Etikette. Es
war und ist immer noch der perfekte Ort für
die Feste des Sommers, die hier stets die Feiern der Reichen sind.
Damals wie heute war ihre Zentrale des Amüsements das Luxushotel Cala di Volpe. Eine
Anlage, von Jacques Couëlle in Form eines
Fischerdorfs gebaut, die den sardischen Luxusstil prägte: unhysterisch, zurückgenommen und kühl.
Im Gegensatz dazu die Ankunft der Russen vor etwa sechs Jahren: hysterisch, laut
und protzig.
Plötzlich kostete die Präsidentensuite im
Cala di Volpe 30 000 Euro. Die Russen ließen
riesige Eisskulpturen, über die Wodka und
Champagner flossen, aus der Heimat einfliegen, luden für drei Tage zum venezianischen
Karneval, und „der ein oder andere schlief
nur mit Versace-Badehose bekleidet schon
mal beim Mittagessen ein und fluchte beim
Aufwachen so entsetzlich, dass die Kinder
der Araber verschreckt wegrannten“, erinnert sich ein Barmann. Über die Russen zu
lästern gehört zum guten Ton. Dabei ging es
an der Costa Smeralda nie um viel mehr, als
am Pool oder in den Clubs etwas mehr Urlaub zu tanken, als einem guttut.
Doch die Russen wollten mehr. Sie begannen alles zu kaufen. Alisher Usmanow, Chef
der Gazprom-Investholding, besitzt eine der
teuersten Villen, Rustam Tariko, einer der
reichsten Jungunternehmer Russlands, Milliardär und Russian-Standard-Besitzer, erwarb die Villa Minerva, die einst Frau Berlusconi gehörte. Und natürlich kam auch er:
Roman Abramowitsch. „Er ist gerade in unserer Nähe“, flüstert Federico Barbarossa,
Chef-Concierge des Cala di Volpe, als habe
er Angst, der könnte ihn hören. Doch es geht
nur um Abramowitschs Jacht. Die liegt immer vor der Bucht am Cala di Volpe.
Federico Barbarossa erfüllt seit 1975 die
normalen und absurden Wünsche der Luxushotelgäste, seine Kontakte zum europäischen Adel gleichen denen eines Therapeuten, einer guten Seele, die man auch im
Winter anrufen kann, wenn der Schnee in
Gstaad auf das Gemüt drückt. Barbarossa
sah, „wie die neuen reichen Russen es schafften, die Vermögen des alten Europa wie
Spielgeld wirken zu lassen“. Er studiert regelmäßig das „Forbes“-Magazin, um nicht zu
verpassen, wenn sich die Spitzenreiter der
Oligarchenlisten gelegentlich ändern.
Große Sympathien für die neuen Bürger
kann er nicht entwickeln. Er pflegt eine Art
Hassliebe zu ihnen. „Sie sind die reichsten
Gäste. Was nicht bedeutet, dass sie die besten Gäste sind. Und auch nicht die, die wir
gerne haben wollen. Die Russen der zweiten
Generation benehmen sich allerdings schon
besser.“ Doch eines hätten auch die nicht gelernt: „Russen können einfach kein Trinkgeld geben. Und Trinkgeld heißt übersetzt
nichts anderes als Grazie.“
2006 versuchte ein Mann mit dem Spitznamen „Don Quichote“ oder „Der Calvinist“,
ihnen Einhalt zu gebieten. Renato Soru, Sardiniens Präsident, Mitglied der linken Partei, brummte den Ultrareichen der Gegend
eine fette Luxussteuer auf große Ferienvillen
und Jachten auf. Doch Sorus Idee erwies sich
als kontraproduktiv, denn sie traf vor allem
die Mitglieder der alteingesessenen Gesellschaft Sardiniens, reiche Russen kratzte die
Steuer nicht mehr als ein Ticket fürs Falschparken. „Dadurch wird auf Sardinien alles
noch teurer. Es wird immer mehr zur Insel
der Russen und Araber, der Jachten, die
mindestens 100 Meter lang sein müssen“, beschwerte sich Kristallerbin Fiona Swarovski,
deren Familie seit den 60er-Jahren eine Villa
in Porto Rotondo besitzt.
Dabei war genau das die Idee der Küste:
die Errichtung eines Disneylands für Superreiche. Erst kam der Hollywood-Clan um Aga
Khan, dann die Ölprinzen aus Arabien, nun
eben die Oligarchen aus Russland. Sie alle
einte eine Devise: Geld spielt keine Rolle.
Das erkannte vor ein paar Monaten auch Sardiniens Präsident Soru. Er revidierte seine
Entscheidung und verabschiedete eine abgemilderte Form der Steuer.
Franco Valeri war das egal. Der knurrige
Venezianer mit einem bewusst unluxuriösen
Büro („Niemand soll merken, womit wir handeln“) gehört zu den renommiertesten Maklern der Gegend, verkaufte Häuser an Gianni
Versace, Elton John und Michail Gorbatschow. „Wir erhalten Anfragen von russischen Käufern, was zu haben ist“, sagt Valeri.
„Dem Besitzer wird dann so lange eine Summe angeboten, bis er akzeptiert. Das alte Europa ist nicht mehr willens, an diesem Immobilienmarkt teilzunehmen.“ Falls Valeri
damit das alte, lässige Italien meint, hat das
in Porto Cervo ernsthaft mit seinem Ruf zu
kämpfen. Selbst im „Billionaire“ ist es lustiger, wenn ein paar Oligarchen brüllen:
„Champagner für alle!“, als wenn ein grimmiger Briatore wie ein Kleingärtner in der Ecke
sitzt. Denn wenn die Russen da sind, wirkt es
so, als seien sie schon ewig zu Gast. Und am
Nebentisch lacht ein Chinese.
Und plötzlich
kostete die
Suite 30 000 €
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VANI T Y
FA I R
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EIN HOCH AUF DIE NACHT
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PARTYPEOPLE
1, 2 & 4 „Billionaire“-Girls: langhaarig und
langbeinig 3 Der Wodka-Milliardär Rustam
Tariko 5 Die teuerste Flasche Champagner im
„Billionaire“: 35 000 Euro für 6 Liter Cristal
6 Urlaubt auf Sardinien: Fiona Swarovski
7 Briatores Mädchen für alles, Nicola Parente
8 Russen halten den Champagnerverbrauch
hoch 9 Das Königspaar Flavio Briatore und
Frau Elisabetta 10 Pool in der Villa Armony
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Die Russen
feiern lieber auf
ihren Jachten
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F O T O S : G E T T Y, S . B R A U E R P H O T O S
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