Hamburg Soul Weekender 2007 // John Manship Interview // Rare
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Hamburg Soul Weekender 2007 // John Manship Interview // Rare
THE SOUL-BOWL MAGAZINE · No. 1 · Okt. 2007 · 1,50 Euro Hamburg Soul Weekender 2007 // John Manship Interview // Rare Soul in Hamburg // Soul-O-Poly Terry Callier // Soul-Plattencover im Wandel // Reviews Soul und House // Soul-Gymnastik // Ada’s Shake Out1 INHALT 04 08 10 19 22 24 28 33 35 40 42 2 Rare Soul in Hamburg – wie alles begann Terry Callier – It’s got to be a good song SPECIAL: Hamburg Soul Weekender 2007 Interview mit John Manship Soul-O-Poly Voices in my mind – Soul und House Soul-LP Cover-Art aus den 60ern und 70ern Soul-Gymnastik Reviews Ada’s Shake Out Termine + Impressum EDITORIAL Liebe Soul-Gemeinde, zum ersten Mal in der langen und abwechslungsreichen Geschichte der Hamburger Soulszene findet dieser Tage der Hamburg Soul Weekender statt. Grund genug für uns, Soul-Federn aus ganz Deutschland zu vereinen und dieses Heftchen herauszubringen. Vor gut einem Jahr gründete sich in Hamburg die Brüder- und Schwesternschaft der „Rare Soul Assis“ („not cool but active“). Um die 30 Soul-Plattendreher sind locker zusammengeschlossen – was allerdings bei weitem nicht alle hanseatischen DJs dieses Genres sind. Die Idee, mit- und nicht gegeneinander unser aller Leidenschaft für Soul zu leben, hat Früchte getragen: Aus ihr entstanden der Weekender, dieses Heft und unzählige Soul-Veranstaltungen und Kneipenabende, bei denen die DJs getauscht, geliehen und geladen werden. Für die meisten von uns bedeutet Soul weit mehr, als nur Platten – und Wissen über diese – zu sammeln. Soul ist eine musikalische Leidenschaft und zugleich ein Lebensstil, dem wir mit viel Spaß nachgehen. Und genau das spiegelt Strike! wieder. Strike! ist kein normales Fanzine: Es ist Programmheft, Fanzine und irgendwie auch Magazin. Neben Artikeln über Hamburg Mod, die Geschichte von Plattencovern in der Soulmusik, einem John Manship Interview und Rezensionen findet ihr entsprechend einen Unterhaltungsteil mit Fotos, Soul-O-Poly, Ada’s Shake Out und unserer Soul-Gymnastik. Da Soul als musikalischer Einfluss nicht nur in den 60er und 70er Jahren zu finden ist, geben wir auch Artikeln einen Platz, die im Hier und Jetzt angelangt sind: Voices In My Mind tippt auf den Soul im House, und Terry Callier berichtet im Interview von seinen heutigen Projekten als Musiker. Mit seinen Worten schließen wir auch dieses Editorial und wünschen Euch viel Spaß beim Lesen und ... tanzen: „It’s got to be a good song!“ Ada Loveshake & Holly Holzwarth 3 RARE SOUL IN HAMBURG – WIE ALLES BEGANN Right back where we started from ... Einer der ersten Rollerfahrer mit Fans ca. 1980 (feat. Oach „links“ + The Jan „Kopf Mitte“) 4 R are Soul in Hamburg ist längst salonfähig geworden. Es gibt kaum eine Stadt in Deutschland, die über derart viele DJs, Sammler und aktive Clubs verfügt. 60s / 70s Soul und FunkBeschallungen in den Kiez-Bars sind eher alltäglich als die Ausnahme. Der harte Kern der beteiligten DJs aus der Elbmetropole gehört heute mit zu den richtungsweisenden Charakteren auf den bundesweiten Veranstaltungen der eingeweihten Rare Soul In-Crowd. Ein Standard, der sich aus einer nunmehr gut 25-jährigen Tradition entwickelte. Am Anfang stand, wie für viele andere Entwicklungen der europäischen Club-Geschichte auch, das Mod-Revival der späten Siebziger und frühen Achtziger Jahre. Im urbanen Hamburg meldeten sich schnell Gefolgsleute, als “The Jam”, “Quadrophenia” und Ska Bands wie “Madness” und “Specials” auf den Plan traten. Und Hamburg lieferte alles live: “The Jam”, etliche Ska Bands und viel gemässigten Punk auf Augenhöhe in der Markthalle; “Quadrophenia” im Klick Kino im Karo-Viertel oder als Doppelprogramm mit “The Wanderers” im Magazin; Hunderte Mods an den Wochenenden vorm “Phono” am Stadtpark. Und, und, und. Rein zahlenmässig stellte Hamburg die größte Fraktion in der BRD. Ein Umstand, der es später unnötig erscheinen ließ, dass sich die Hamburger Mods vor der eigenen Haustür umsehen mussten. Zunächst brauchte es ein paar Jahre, bis kritikloser Rudeltrieb und die Einheitskostümierung mit Parka und billigem Carnaby Street Outfit, mit neuem Fachwissen und Wiederentdeckungen der Sixties Originale optisch und musikalisch aufgewertet wurden. Ohne Zuhilfenahme von Internet und MP3-Format begann eine Entdeckungsreise in die Wunderwelt hipper Sixties Kultur. Es begann das muntere Ausschlachten eines schier unerschöpflichen Fundus an Fashion, Sound und Design. Musikalisch lösten vornehmlich weiße Bands wie die “Small Faces”, “Artwoods” und “The Action” die britischen Neo-Mod und Ska Bands ab. Nach und nach erreichten auch amerikanische Garage-PunkBands und der Psychedelic Pop der späteren Sechziger große Beachtung. Die Mode kam jetzt nicht mehr ausschließlich aus Carnaby Street Importen, sondern wurde häufig in 2nd Hand Läden und auf Flohmärkten ‘geschossen’. Aktive Köpfe begannen die Stadt mit Konzerten, Früher oder später wurde klar, SOUL ist und war das DING. Tanzveranstaltungen und Fanzines zu versorgen. Gleichzeitig schworen die Massenmedien ein generelles Nostalgie-Comeback herauf. Selbst Mainstream-Geschichten wie die “Neue Deutsche Welle” suhlten sich im Charme und Kitsch der 50er und 60er Jahre. UK Bands wie “The Smiths” und “The Housemartins” schossen mit ihrem leichten 60s Understatement aus dem Underground an die Spitze kultureller Interessen. Unabhängig von der Mod-Kultur entstand eine Szene rund um Neo-Psychedelic und Neo-Garage Bands. Kurz, ein ganzes Jahrzehnt, das gerade in seiner musikalischen Entwicklung unvergleichbar bleibt, wurde als Ganzes zum Trend ausgerufen. Und die Hamburger Mods forschten munter weiter nach Relikten der britischen Ur-Szene der zweiten Hälfte der 60s. Früher oder später wurde klar, SOUL war und ist das Ding. Dabei dünkelte die große Masse der Revival Fraktion der britischen Insel auf einem nicht enden wollenden 79er Kontext. Von hier aus wurden die Aktivitäten der Mitstreiter auf dem europäischem Festland argwöhnisch betrachtet. Deutsche Marktführer wie die Hamburger Band “The Chocolate Factory” wurden als Hippies abgetan. Sixties-Mod-Club-Kultur, wie sie heute auf der Insel propagriert wird, kam über den Umweg Spanien, Italien, Belgien, Deutschland, usw. zurück nach England. Das aber ist eine andere Geschichte. >>> 5 Von links nach rechts: Besuch aus Düsseldorf und Berlin vor der Markthalle ca. 1983 Verewigung mit Edding „Mods“ / U-Bahnhof 1979 Publikum beim STUNDE X Konzert 1984 Allnighter im Klecks Theater Anfang der Achtziger Jahre war also klar, dass 60s Soul in all seinen Spielarten wie Northern, Boogaloo, R&B und Club-Soul unmittelbar mit dem Modern Way of Life verwoben war! Wie aber an den Stoff, sprich die Platten, gelangen? Wonach suchte man eigentlich? Was waren die Grenzbereiche neben den vielen Motown und Atlantic (Stax) Platten, die man ohne weiteres finden konnte? Im erweiterten Beat-Musik-Bereich war das noch relativ einfach gewesen, da allein schon durch die alte Star Club-Fraktion “Altlasten” hier und dort zum Verkauf auftauchten. Aber Soul? Wer um Himmelswillen hatte im Deutschland der Sechziger Jahre schon Rare Soul konsumiert? Nicht mal eben Google befragt oder bei Ebay vorbei geschaut. Für diejenigen, die sich explizit der Musik im Allgemeinem verschrieben hatten, war Original-Vinyl schon damals das Nonplusultra. Quellen waren auch hier Flohmärkte und die vielen 2nd Hand Plattenläden der Stadt. Diese Quellen waren 6 jedoch schnell versiegt, nachdem sich etliche Bewerber durch die Single-Boxen der Vinyl-Dealer gehört hatten. Abhilfe schafften dann ziemlich rasant LP-Sampler von Inferno, Casino Classics und vor allem dem von ACE-Records neu ins Leben gerufenen Tochter-Label KENT. Endlich tauch- WIE ABER AN DEN STOFF, SPRICH DIE PLATTEN, GELANGEN? ten Namen und Labels in den Liner-Notes der entsprechenden Platten auf. Vereinzelt brachen Interessierte nach England auf, um sich auf Spurensuche zu begeben. Aber Hallo! Was diese Herren dort für ihre Platten aufriefen, war geradezu unverschämt. Zwar gab es einige Wiederveröffentlichungen einzusammeln, die in Deutschland nicht angeboten wurden, aber die Seifenblase, sich mal nett einzudecken, zerplatzte rasch angesichts der Preise von 10 UK-P aufwärts, bei einem damaligen Umrechnungskurs von 1 zu 4,70 (oder so). Also galt es, die Augen auf heimischen Plattenbörsen aufzuhalten und sich hauptsächlich auf die angesprochenen Compilations und Wiederveröffentlichungen zu konzentrieren. Die SAMPLERMANIA war geboren und die KENT-Sampler das Maß aller Dinge. Bis 1982 hatte es keine regelmäßigen Mod-, 60soder gar Soul-Clubs in Hamburg gegeben. Getanzt wurde fast ausschließlich auf privaten Parties. Die erste Veranstaltung, auf der wie beiläufig so etwas wie ein 60s Rare Soul Kult entstand, war eine Festivität des Fanzines “Modern Boys” (Pre “Hi-Fab”), in einem im Stadteil Berne angemieteten Jungendzentrum. Zu späterer Stunde liefen an diesem Abend der Inferno Sampler “Out On The Floor Tonight” und die Island/Sue UK Jubiläums 10inch “Dance Watcha Wanna” non-stop. Nach dieser denkwürdigen Nacht entwickelte sich Soul immer mehr zur Party Musik Nr. 1 unter den Hardcore-Mods. Innerhalb der Szene kursierten Pläne, einen eigenen Club zu eröffnen oder zumindest regelmäßige Tanzveranstaltungen in ansprechenderen Läden als irgendwelchen Jugendzentren zu organisieren. Zu dieser Zeit brannte die Disco Zitrone, im Volksmund “die Dröhne”, vor den Toren der Stadt aus und der Betreiber wechselte in den Stadtteil Altona und eröffnete das Kir. Das Kir und die angrenzenden Bars “Subito” und “Luxor”, alle zusammen das Bermuda Dreieck, etablierten sich schnell zur zentralen nächtlichen Wirkungsstätte der Hamburger Subkultur. Die DJs im Kir spielten an den Wochenenden auch vereinzelt Mod-relavante Platten und auf der Bühne des “Schuhkartons” an der Max-Brauer-Allee standen Bands wie “The Prisoners”, “The Milkshakes” und einige neuformierte deutsche 60s Bands. Angesichts der vielen Kir-Besucher aus der 60s Szene war es nur eine Frage der Zeit, bis hier die erste reine Mod-Tanznacht mit Musik vom Plattenteller abgehalten werden sollte. Der Slogan “Soul Allnighter” als Medium für eine wild tanzende Horde, die eine Nacht lang zu Soul und nichts als Soul tanzt, schwirrte in den Köpfen vieler Charaktere der smarten Innung herum, ohne dass auch nur einer von ihnen jemals wirklich einen solchen besucht hatte. Leif Nüske klopfte den Kir-Besitzer Clemens Grün solange weich, bis der erste ureigenste Hamburger Soul Allnighter auf neudeutsch gelauncht werden konnte. So stand ich dann irgendwann mit butterweichen Knien hinter den Plattenspielern im Kir und durfte den Programmgestalter mimen. Die Veranstaltung entwickelte sich prächtig und ging in Serie. Ohne irgendwelche Unterbre- chungen läuft das Ganze noch immer. Nächstes Jahr werden es dann 25 Jahre sein. Im Laufe der Jahre kamen einige weitere Clubs dazu. Neben den vielen DJs in den Clubs und Bars sowie den Veranstaltern einzelner Events möchte ich vor allem den “Shelter Club”, “Spellbound”, “For Dancers Only”, “Classic Soul Night” und den MOJO Club (Mandarin Kasino) nicht unerwähnt lassen. Eine umfassende Geschichte über die Entwicklung der Rare Soul Szene in Hamburg, mit all ihren Strömungen, Anekdoten, Impressarios, Lieblingsplatten und Verschleiß an Mensch und Material, könnte mühelos ein Buch füllen. ❧ Olaf “Oach” Ott 7 Von Basil Hunt Terry Callier It’s got to be a good song S heperd’s Bush London, April 2007. Terry Callier bereitet sich auf seine Show im Jazz Café in Camden Town vor. Die Sonne scheint, die Stimmung ist gut und der Songwriter aus Chicago trifft sich zum Gespräch mit Strike!. Auf die Fragen nach musikalischer Kontinuität, langjährigen Mitstreitern und den authentischen Song gibt er gelassene, weitsichtige Antworten. Dabei lässt Terry Calliers Tourplan eigentlich kaum Zeit zum Durchatmen. Daten in Deutschland und Frankreich wurden bereits gespielt, nach England sollen Spanien, Finnland und zwei Shows in der Türkei folgen. Das klingt nach Tourstress, doch für Terry ist eine Europareise immer ein Wiedersehen mit Freunden: „Ich lebe zwar noch immer in Chica- 8 go, denn meine Familie ist dort, doch ich liebe London, aber es ist so teuer! Ich mag Europa generell, zum Beispiel Paris, es gibt hier ein besseres Publikum für mich. Die Zeit wird kommen, wo ich einfach umziehen muss. Die Option halte ich mir schon lange offen.“ Europa ist mehr denn je ein Thema für ihn. Die britischen Protagonisten, die den 1951 geborenen Terry Callier zu Beginn der neunziger Jahre wieder ins Musikgeschäft zurückholten, sind ständig präsent. Der Name Eddie Piller fällt, der die 1982er-Single „I Don’t Want To See Myself (Without You)“ 1991 auf Acid Jazz wieder veröffentlichte. Auch in der Wahl seiner Band zeigt Callier Kontinuität, mit dem britischen Jazz-Funk-Urgestein Jim Mullen als musikalischem Leiter: „Die Gruppe wurde eigentlich schon 1995 gegründet, als ich wieder zur Musik zurückkehrte und Konzerte spielte. Russ Dewberry und Gilles Peterson halfen mir, die originale Band zusammenzustellen, nur der Schlagzeuger und der Keyboarder wechselten zwischenzeitlich.“ Es ist eine skurrile Situation, in der sich Terry Callier befindet. Fest im Kanon der Coolness aufgenommen, trat er nie als bekennender Teil einer Szene auf. Calliers Sozialisation als Autor und Musiker passierte in seiner Heimatstadt Mitte der sechziger Jahre zwischen Folk-Clubs und dem Umfeld der Hitmaschine des Chess-Labels. Er startete in Jerry Butlers „Chicago Songwriters Club“, produzierte mit Charles Stepney, schrieb mit Larry Wade oder Phil Upchurch, nahm später mit den Voices Of East Harlem und Leroy Hutson sowie unter der Obhut von Don Mizell auf. „Ich höre immer noch am liebsten die Musiker aus den vierziger Jahren – Charlie Parker und Dizzy Gillespie. Oder Bud Powell und Thelonious Monk. Natürlich auch Miles und Coltrane. Meistens Jazz, aber es gibt auch einige zeitgenössische Künstler, die ich gerne höre, wie zum Beispiel Massive Attack.“ Mit denen war er gerade auf Tour: „Das war wirklich aufregend!“ Wie kommt es zu solchen Begegnungen, wie zum Beispiel mit Hardkandy oder The JuJu Orchestra? „Oft kontaktieren mich Leute und bitten mich, Texte für ihren Track zu schreiben oder einfach zur Musik zu performen. Ich mag das. Dadurch bleibt man offen für alles, das bereitet mir Freude.“ Was beliebig klingen könnte, ist für Terry Callier eine eher entspannte und souveräne Situation. 2007 steht er nicht mehr unter Zwang, ein Produktionsbudget durch Plattenverkäufe einspielen oder als fest angestellter Autor seinen Vorschuss mit dem Komponieren von Hit-Singles kompensieren zu müssen. Heute genießt er die Freiheit des erfahrenen Bandleaders: „Ich lasse die Musiker entscheiden. Sie kennen die Akkorde, wissen wie man einen Uptempo-Song oder eine Ballade behandelt. Sie spielen so, wie sie sich gerade fühlen, das gefällt mir. Es funktioniert einfach besser, wenn die Band aus dem Moment heraus entscheidet. Wir spielen von „Time Peace“ oder „Lookin’ Out“. Die neuen Stücke sind natürlich schwer zu ignorieren. Aber wir achten darauf, dabei die alten Stücke nicht zu vergessen, denn die Leute freuen sich darüber.“ Der humanistische Ansatz ist die Konstante in Terry Calliers Musik. Politisch konkret wurde er fast nie, dafür emotional umso intensiver. „Es fiel mir leichter einen Song zu schreiben als ein Gespräch zu führen,“ erinnerte er sich 1999 an die sechziger Jahre. Anfang der siebziger Jahre, zum Release von „Occasional Rain“ und „What Color Is Love“ sowie Calliers erstem R’n’B-Top10-Hit als Autor, „The Love We Had (Stays On My Mind)“ von den Dells, war Callier fest im Business etabliert. Musik und Politik gehörten zu dieser Zeit inhaltlich eng zusammen. Gleichzeitig konnten politische und soziale Attitüde aber auch schnellen Erfolg bedeuten. So wuchs der Druck, kommerzielle Aspekte mit künstlerischen Ambitionen in Einklang zu bringen: „In den sechziger und siebziger Jahren gab es in den USA eine bestimmte Gruppe von Musikern die daran glaubten, dass Du ernsthaft die Welt verändern kannst, wenn Du die richtigen Akkordfolgen benutzt und die richtigen Texte dazu hast. Bis zu einem gewissen Punkt traf das auch zu, weil es zur damaligen Zeit Künstler gab, deren Songs wirklich die Art und Weise veränderten, wie man mit Musik umging und Musik hörte. Sie schrieben über ihre eigenen Erfahrungen und verbanden das mit einem Somg. Bob Dylan zum Beispiel hat als Komponist das ganze Singer- & Songwriter-Genre begründet. Jetzt ist es schwieriger, chaotischer. Die Leute haben insgesamt weniger Zeit zum Zuhören und achten weniger auf Sachen, die außerhalb ihrer eigenen Sphäre passieren. Es ist schwierig, die Dinge heute auf die gleiche Weise anzugehen. Ich glaube, wenn ein Song einen inneren Fokus und unterschiedliche Bedeutungsebenen besitzt, dann kann man allerdings immer noch Inhalte transportieren.“ Fühlt sich Terry Callier 2007 in einem digitalisierten, kleinteiligen Umfeld wohler als in den sechziger und frühen siebziger Jahren mit analogem Equipment, großen Arrangements, Orchester-Partituren und Major-Strukturen? Er wehrt strikt ab, ihm geht es um die Authentizität in seiner Musik: „Ich denke es war immer gleich. Für mich war Musik stets ein Mittel zur Kommunikation. Nicht nur mit meinen eigenen Musikern, sondern auch für das Publikum. Ich versuche immer, ein möglichst großes Publikum zu erreichen. Man kann die Menschen nicht belehren wollen. Es geht darum, einen guten Song zu schreiben und ihn so gut wie möglich auf die Bühne zu bringen. Dann nehmen die Dinge von alleine ihren Lauf.“ Soul, Jazz oder Folk sind also nicht wirklich relevante Kategorien? „Nein, wir wollen nicht kategorisieren,“ betont Terry Callier. „Wenn es noch Songs in meinem Programm geben sollte, die die damalige Soul-Bewegung reflektieren, ist das ok. Wenn es mehr Jazz wird, ist das auch ok. Wir wollen einfach die bestmögliche Musik machen. Als Künstler bist Du immer von der Musik beeinflusst, die gerade um Dich herum passiert. It’s got to be a good song!“ ❧ 9 HALLO... ...und ein „Herzlich Willkommen“ in der schönsten aller Hansestädte zum HAMBURG SOUL WEEKENDER 2007! Nachdem im Süden unseres Landes mittlerweile seit etlichen Jahren Soul Weekender mehr als erfolgreich durchgeführt werden, scheint die Zeit gekommen zu sein, einer solchen Veranstaltung auch „up north“ ihren Platz einzuräumen. Zehn Monate Arbeit liegen hinter uns. Zehn Monate, in denen wir mit Anfragen potentieller Besucher überhäuft wurden, in denen geplant und organisiert, geschrieben, wenig geschlafen, gepostet und verschickt wurde. Zehn Monate, in denen das Privatleben viel zu kurz kam und selbst König Fußball manchmal nur zur Nebensache degradierte ... ... aber eben auch zehn Monate voller Vorfreude auf ein Wochenende und die erfrischende Erkenntnis, mit Freunden etwas Schönes geschaffen zu haben. Unser Dank gilt im voraus unseren Gast DJs Dave Rimmer, John Weston, Malayka Erpen, Dave Thorley, Lars Bulnheim, Thorsten Wegner, Marc Forrest, Stefan Krapf, Finn Johannsen, Stefan Kubernus und Markus Gora, weil wir wissen, dass jeder von ihnen seinen/ihren Job gut machen wird. Danke auch an Tolbert und die DJs des Alldayers. 5.-7. OKTOBER Weiterhin werden von uns Oliver Korthals vom Mandarin Kasino, Andreas Schnoor und seine süße MS Hedi, das Riverside Five für den Alldayer, der Komet für das Warm-Up, die Kogge, Copasetic- und Moskito-Mailorder, die “More Soul Show” auf Tide Radio sowie “Soulstew” auf FSK 93.0 und jeder Veranstaltungsmultiplikator mit weiß-rosa Kirschblüten überschüttet. Ein besonderer Dank gilt Ada Loveshake und Holly Holzwarth für ihren unglaublichen Einsatz und ihr Können bei der Erstellung dieses Heftes und der Website und für alles andere und und und ... Ohne Euch ... ihr wisst schon!!! Ralf und Jan 10 11 Finn Johannsen 1 2 3 1 (Berlin / de:bug, Groove) Finn Johannsen geht so langsam auf die 40 zu und hat einen beträchtlichen Teil seines Lebens damit verbracht, Platten vornehmlich tanzbarer Art anzuhäufen, welche er seit geraumer Zeit in Clubs laut anderen Leuten vorspielt. Über das, was damit so zusammenhängt, schreibt er auch, in Zeitschriften wie der de:bug oder der Groove. > www.finn-johannsen.de 1. Mystic Merlin - Just Can’t Give You Up (Capitol) 2. Dennis Mobley - I’d Do Anything For Your Love (P&P) 3. Ronnie Dyson - So In Love With You (Columbia) 4. Jeree Palmer - Late Night Surrender (Reflection) 5. Take Three - Can’t Get Enough (Of Your Love) (Elite) Marc Forrest 4 5 6 7 8 9 10 2 (Berlin / Hip City Soul Club) Marc Forrest legt seit einem eher zufällig geborenen Engagement im damaligen Berliner Mod Keller Sigmundshof zum Silvesterfest 1986 regelmäßig und ausschließlich Soul auf. Seit 1990 veranstaltet er den Hip City Soul Club Berlin. 1990 trieb er sich beinahe mit dem ersten deutschen Soul Weekender in den Ruin. Bereits Ende der achtziger bis in die neunziger Jahre hinein kamen noch Fanzine Projekte wie etwa „r&b time“ und „grapevine“ wie auch eigene wöchentliche Radiosendungen wie „soulful shoes“ (radio 100) und „Harlem shuffle“ (MDR) hinzu. Nach dem ersten Gig in London 1991 hat er bereits erfolgreich in steter Folge in Manchester, Londons 100 Club und den skandinavischen SoulNationen Schweden und Norwegen aufgelegt. „gimme two blocks line ’cause baby it’s r&b time“ Current top 5 Northern spins 1. Soul Inc. - „My Proposal“ (Coconut Groove) 2. Jimmy Radcliffe - „A Clock That Got No Hands“ (unrel. acetate) 3. Trey J’s - „I Found It All In You“ (Tee Gem) 4. Psychedelic Frankie - „Putting You Out Of My Life“ (Hi Speed) 5. Patrinell Staten - „Little Love Affair“ (Sepia) Current top 5 Modern spins 1. New World - „We Gonna Make It“ (Polydor) 2. „King For A Day“ (unrel. acetate) 3. Hamilton Movement - „We’re Gonna Party“ 4. Harvey Scales - „Trying To Survive“ 5. Vibrations - „Shake It Up“ (Chess) 11 12 12 3 Malayka Erpen (U.K. / Soul Shakers Weekender Bamberg) Malayka veranstaltete ihren ersten Club 1998 in Bamberg, unter den Namen „Sweetest Songs In Town“ und „Sunday Soul“. Ein paar Jahre später gründete sie mit Martin Walgenbach den „Soulshakers“ Rare Soul Club, welcher immer noch regelmäßig im Morph Club in Bamberg stattfindet. Neben diesem regelmäßigen Soulclub veranstaltet sie auch den „Bamberg Weekender“. Nach ihrem Umzug nach Großbritannien begann sie mit Dave Torley die englische Version der „Soulshakers“ – „Soulshakers International“, zu etablieren, welcher im Solihull Football Club in Birmingham stattfindet. Malayka legt bei einer Vielzahl von Soulclubs sowohl in Großbritannien als auch Deutschland auf. Ihr Herz schlägt für 70er, 80er und 21st Century Soulmusic. Top 5 spinners: 1. Topics - Man (Token) 2. Douglas & Lonero - Don’t Let Yourself Get Carried Away (RCA) 3. Softouch - After Loving You (Prodigal) 4. Sergeant Malone - Love Message (Halfmoon) 5. Brand New - Thousand Years (Du-Vern) Dave Rimmer 4 (U.K. / soulfulkindamusic.net) Dave kam erstmals im zarten Alter von 12 mit Soul Musik in Berührung, damals entdeckte er Northern Soul durch die älteren Brüder seiner Kumpel. 35 Jahre sind vergangen, und er liebt diese Musik immer noch. In Großbritannien hat er so gut wie überall aufgelegt, und auch europäische Auftritte hat er bereits mehr als ein Dutzend im Gepäck. Die Kombination von großartiger Musik und großartigen Menschen ergibt für ihn die beste Szene der Welt. Obwohl er noch nie zuvor in Hamburg war, weiß er von anderen Deutschland-Trips, dass „es ein großartiges Wochenende wird“. 5 Stefan Krapf (Nürnberg / Nürnberg Soul Weekender) Als jungem Scooterboy eröffnete sich ihm erstmals die wunderbare Welt der Soulmusik. Nach anfänglicher Begeisterung für eingängige Discohits wuchs schnell das Verlangen, nach verborgeneren Schätzen im Ozean der schwarzen Musik zu forschen. Heute erstreckt sich sein Interesse auch weit über 13 13 den tanzbaren Soul hinaus, bis hin zu den Wurzeln afro-amerikanischer Musik vom Anfang des 20. Jahrhunderts. Seine DJ Sets sind zu weiten Teilen geprägt von seiner Vorliebe für male vocalgroups im mid-tempo. „Die beste Band der Welt sind die T.S.U. Toronados.“ John Weston 6 (U.K.) John begann um 1990 herum aufzulegen, als er ungefähr ein Jahr lang jeden Sonntag eine Soul Nacht in Birmingham veranstaltete. Danach legte er mal hier, mal da auf. Schließlich bekam er regelmäßige Termine in einem Club namens ‚Lea Manor’, dieser Ort war damals gerade dabei, sich einen Namen damit zu machen, „etwas andere“ Soulmusik zu spielen, denn in den meisten Clubs wurden eigentlich nur durchschnittliche Standard-Oldies gespielt. Letztes Jahr wurde John gefragt, ob er einer der Residents beim Middleton Allnighter werden wolle. Andere Clubs, in denen er aufgelegt hat, sind unter anderem: Spiders Webb-Edinburgh / GreatstoneManchester / Bretby Allniter / Lowton / Lea Manor-Albrighton. „Es ist großartig, nach Deutschland zu fahren. Ich komme jetzt seit 7 Jahren zum Nürnberg Weekender, und wir hatten immer eine großartige Zeit. Es macht Spaß, für Leute aufzulegen, die das zu schätzen wissen.“ Here are my fave top plays at the mo: The Traditions - Twinkle Little Star (Abet) The Divines - I Gotta Make It (A.O.A) Roy Smith - Very Strong On You (Delphi) Lil Gray - Are You Fooling (Jerma) The Dynamites - Frenchy The Tickler (Deep City) 7 Dave Thorley (U.K. / Soul Shakers International) Begann in den 70ern in Yate und Wigan aufzulegen. Gründete in den frühen 80ern den legendären „Top Of The World“ Soulclub in Stafford. Nach Stafford war er Resident DJ bei erfolgreichen Veranstaltungen wie in Bretby und im Manchester Ritz. Er liebt jegliche Art von Blackmusic und 14 machte diese Leidenschaft auch zu seinem Beruf. „Beatstreet Records“ verkauft Blackmusic aller Genres. Zur Zeit veranstaltet Dave Thorley gemeinsam mit Malayka Erpen „Soulshakers International“. Sein Wissen über Soulmusik und Soulkünstler ist beinahe unendlich. Stefan Kubernus 8 (Münster) Seit fast 2 Jahrzehnten ist Stefan Kubernus nicht nur ein treuer Fan klassischer Soulmusik, sondern auch ein unverbesserlicher Vinyljunkie. Überall, ob in Frankfurt, Nürnberg, Hamburg oder in Bamberg wird er als DJ eingeladen. Seine Sammlung gilt als eine der besten hierzulande. Damit die Platten nicht einstauben, teilt er seine Schätze mit uns als DJ. Sein Repertoire reicht dabei von ausgewählten NorthernSoul-Tunes bis zu 70s Modern und Crossover. Es gibt immer etwas, was man noch nie vorher gehört hat in seinen Sets. Seine Qualität als DJ zeigt sich in der Ausgewogenheit, mit der er den Klassiker neben den unbekannten Song stellt. Bobby Story - Let’s Do Something Different (Proud LP) Grover Mitchell - What Hurts (Vanguard) Eugene Smiley - Yes, It’s You (K-City) The Tams - This Precious Moment (Sounds South LP) Alex Brown - I’m Not Responsible (Sundi) Markus Gora 9 (HH / Spellbound) name: markus gora legt auf: seit er 12 ist rauchen: ja gerne derzeit aktiv: spellbound / the big squeeze Top Sounds Ever: 01. George Hughley - That’s Why I Cry (Buddah) 02. We the people - Making My Daydream Real (Lion) 03. The Del-Arks - Job Opening (Queen City) 04. Jackie Wilson - Just Be Sincere (Brunswick) 05. Vivian Copeland - Chaos In My Heart (Duo) 06. The Specials - I Can’t Find Another (Satch) 07. Fitz Major - Our Country Needs Love (Ashanti) 08. Sheer Coincidence - I Didn’t Lie (Wright) 09. Ray Alexander Techniques - The whole LP! (Lu Jun) 10. Wee - Try Me (Owl) 15 Thorsten Wegner 10 (HH / www.puresoul.de) Thorsten, unser Lieblings-Plattenhändler aus Hamburg, eine Hälfte von www.puresoul.de, ist auch dabei. Da er sowieso als Gast gekommen wäre, haben wir ihn ermuntert ein paar seiner tollen Platten mitzubringen und in seiner sehr eigenen Art aufzulegen. Kommentare: „Er wirkt stets etwas verhuschelt“ oder aber „He can barely use the equipment“ Ich würde sagen: Tanzbar auf jeden Fall! Fortson & Scott - Sweet Lover (Pzazz) Leon Gardner - You Don’t Care (Igloo) Vikki Styles - The Tears Won’t Stop Falling (Odex) Stacy Lane- No Ending (Bar) Sity & James - You Needn’t Tell Me (Sprout) Lars Bulnheim 11 (HH / Shelter Club) Der Hamburger Lokalmatador Lars Bulnheim bringt seit vielen Jahren als Resident DeeJay und Veranstalter des ‚Shelter Clubs‘ und ‚Soul at the Mandarin Casino‘ seine einzigartige Plattensammlung zum Rotieren. Aber auch überregional ist Lars seit langem eine feste Größe, regelmäßig findet man ihn im Line Up anspruchsvoller Soul Events wie dem Nürnberger und dem Rimini Soul Weekender, um nur zwei zu nennen. Der musikalische Schwerpunkt liegt bei Lars auf Seventies Soul, Ausflüge zu den Sixties gehören aber selbstverständlich auch mit zum Programm. Das glückliche Händchen bei der Auswahl seiner Platten und das Gespür für den Dancefloor garantieren genau das, was man sich als Soul Fan wünscht: tanzbare, mitreißende beseelte Musik! Chain Reaction - Search For Tomorrow (Blue Wave) Rokk - Patience (Tollie) New World - We’re Gonna Make It (Polydor) Rivage - Strung Out On Your Love (Tempus) Willie Tee - Teasin’ You Again (Gatur) 12 Ralf Mehnert (HH) 1986 tanzte ein Mini-Mod eher schlecht als recht auf Olaf Otts und Leif Nüskes Weihnachts-Soul Allnighter im Kir herum und besorgte sich die ersten Kent und Soul Supply Sampler. Dass aus dieser teeniesk-romantischen Liaison eine nun schon 20 Jahre andauernde feste Beziehung wurde, konnte Ralf Mehnert damals nicht erahnen. Ersten DJ- 16 Bemühungen auf dem Kieler Scooterrun 1987 folgten über die Jahre Sets auf diversen Scooterruns und Allnightern in Deutschland sowie dem Cleethorpes Soul Weekender und beim These Old Shoes Niter in London. Ralf legte bis 2003 regelmäßig auf dem Turnin’ Your Heartbeat Up Weekender in Nürnberg auf. 2006 beschloss er mit The Jan, nun endlich auch in Hamburg den ersten Soul Weekender vom Stapel zu lassen. The Jan 13 (HH / For Dancers Only) The Jan ist Hamburger Mod der ersten Stunde. Bereits in den frühen 80er Jahren gründete er mit Olaf Ott (Soul Allnighter) das Mod Fanzine „Modern Boys“. Mittlerweile ist er Band-Booker im Hafenklang. Und einmal im Monat bringt The Jan bei „For Dancers Only“ sein Publikum mit (bevorzugt mid-tempo) Northern Soul und R’n’B Perlen zum Kreiseln. Seiner unausgelebten Leidenschaft für Modern Soul wird er möglicherweise an diesem Wochenende nachgeben ... TOP Neun TOP TEN by the Jan 01. Sandra King - Leave It Up To The Boys (Bell) 02. The Whispers - The Dip (Dore) 03. Eric Lomax - Seven The Loser (Columbia) 04. Viola Wills - The First Time (A Bem Sole) 05. Anna Raye - Will You Love My Child (Quality Sound) 06. Clara Hardy - I Dream Of You (Tuna) 07. Shelley Fisher - Girl, I Love You (Dalya) 08. Andrea Henry - I Need You Like A Baby (MGM) 09. Ann Byers - Here I Am (Academy) 10. Bob Meyer - I Only Get That Feeling (Blue Soul) More Info: The Locations Mandarin Kasino Reeperbahn 1 20359 Hamburg - St.Pauli www.mandarin-kasino.de MS Hedi Landungsbrücke 10 - Innenkante 20359 Hamburg - St. Pauli www.frauhedi.de Riverside Five Fischmarkt 5 22767 Hamburg www.riversidefivehamburg.de www.loveshake-music.com/weekender und www.myspace.com/hamburgsoulweekender 17 Interview MIT John Manship Von Ralf Mehnert W enn man mit einer Wahnsinnsdüserakete durch ein Soul-Universum fliegen würde, dürften sich in der Nähe der wärmenden Sonne Städte wie Chicago, Philadelphia und Detroit befinden. Lässt man sich 10.000 Jahre via Supermaschine einfrieren und durch das All treiben, könnte man hinter dem Pluto das beschauliche, nordenglische Städchen Melton Mobray entdecken. Sehr groovy geht es dort nicht gerade zu. Der Bäcker backt Brot und der Schneider flickt Grobmaschiges. Die Einwohner dieses Dorfes wissen allerdings nur in Ausnahmefällen, dass in der Melton Road die Nabelschnur zur Sonne endet, da in der Nr. 15 einer der bekanntesten Plattenhändler schwarz-amerikanischer Musik sein Domizil aufgeschlagen hat. Das Strike!-Team verfügt natürlich über jegliche Wundertechnik und besuchte diesen Plattenhändler, dessen Name John Manship lautet. Mr. Manship, sollten wir je wieder mit unserem Raumschiff zurückkehren können, möchten unsere Leser sicherlich etwas über Sie erfahren. Wie begann ihre Geschichte als Soulfan? Wie bei so vielen anderen Soulfans, erwischte mich die Musik, als ich praktisch noch ein Kind war. Einige ältere Jungs legten in unserem Jugendclub in Melton Mobray Motownhits auf und es war einfach das Ding für jeden Teenager. Das muss so 1968 oder 1969 gewesen sein. Es war halt die Zeit der Skinheads. Ben Sherman Hemden, Lambrettas … na ja, ihr wisst schon. Ich begann dann im Alter von 15 Jahren, Platten zu sammeln und es ließ mich nie wieder los. Da es sich herumsprach, dass ich eine ganz gute Sammlung hatte, begann ich ebenfalls in diesen Jugendclubs meinen Freunden Platten vorzuspielen. Es muss 18 1973 oder ’74 gewesen sein, als man meinen Kumpel Pok fragte, ob er auf einem Allnighter in der Halle des Cleethorpes Piers auflegen will. Natürlich wollte er und nachdem er zurückkam, schwärmte er von der fantastischen Atmosphäre, die es dort gab. Nachdem ich ihn beim zweiten Besuch begleitete, stellte er mich den Organisatoren vor und erzählte ihnen, dass ich eine gute Sammlung habe, und sie buchten mich für die nächsten Allnighter. Den meisten europäischen Soul Fans sind Clubs wie das Casino in Wigan oder der Torch Club in Stoke bekannt. Allerdings wissen wenige etwas über die Allnighter in Cleethorpes. Das ist der große Fehler der englischen Medien. Northern Soul war lange vor Eröffnung des Casinos das Ding in Nord- england. Du hattest in den späten 60ern das Twisted Wheel in Manchester und in den frühen Siebzigern die Allnighter im Catacombs Club in Wolverhampton oder eben im Torch in Stoke On Trent. Bevor das Casino ’73 überhaupt öffnete, verließen hunderte Northern Soul Fans die Szene schon wieder und kamen nie zurück. Es war eben die vorherrschende Jugendkultur und 1973 fühlten sich viele der Soulies einfach schon zu alt und legten eben mehr Wert auf Familie und Job. Als das Casino öffnete, sind wir lieber auf den Leeds Central Allnighter gefahren. Da war einfach wesentlich mehr los. Die Allnighter auf dem Cleethorpes Pier waren sehr cool. Die Leute kamen aus dem ganzen Nordosten Englands zusammen, um zu tanzen. Musikalisch kann man Cleethorpes vielleicht als Mischung aus dem 19 Casino und dem Blackpool Mecca bezeichnen. Wir spielten eben nicht die ganzen erprobten Oldies, sondern überwiegend sehr rare 60`s Platten und unglaublich viele aktuelle Erscheinungen der frühen 70`s und eine Menge neuer LP Tracks aus den Staaten. Die ganzen DJs, wie Soul Sam, Pok, Ginger, Ian Dewhurst, Rick Scott und ein Typ, den ich nur als Frank kannte, verfügten alle über unglaubliche Platten und legen z.T. auch heute noch auf. Es waren um die 10 Leute und keinen von ihnen hat die Musik seitdem wieder losgelassen. Wir Du konntest Dir das Land ansehen und die ganzen Platten einfach einsammeln. alle haben es eben in unserem Blut und selbst wenn Du es schaffst, mal einige Jahre auszusetzen … irgendwann fängst Du wieder an zu sammeln. Du bist einer der bekanntesten Plattenhändler der Welt, wenn es um schwarze Musik geht. Kannst Du etwas darüber erzählen, wie Du zu Deinem Job gekommen bist? Ich begann noch als Schuljunge Platten mit meinem Freund 20 Danny zu tauschen, der damals besser informiert war als ich. Er sammelte die ganzen Sachen vom Sue Label und hatte immer gutes Zeug, das er loswerden wollte. Später, mit 16, machte ich dann eine Ausbildung als Gasmann und arbeitete in Leicester. Ich klapperte in jeder Mittagspause die ganzen Plattenhändler ab und fand damals unglaublich viele gute Singles. Als ich 20 wurde, hatte ich so viele Platten zusammen, dass ich meine erste Verkaufsliste verschickte. Naja, es ging dann eben immer so weiter und als ich 1976, ich war 23 Jahre alt, dass erste Mal nach Amerika reiste, wollte dort keiner die alten Soulplatten haben. Das waren gute Zeiten und man fand Megararitäten für 50 Cent. Für mich, der ich alleine als junger Mann nach Chicago fuhr, war das ein Riesenabenteuer und es folgten unzählige weitere Reisen. Du konntest Dir das Land ansehen und die ganzen Platten einfach einsammeln. Fährst Du heutzutage noch auf Allnighter? Nein nein, ich habe dafür durch das Geschäft mit der Website und die ganzen Plattenlisten und Record Guides, die ich erstelle, einfach keine Zeit mehr. Manchmal lege ich allerdings noch zum Spaß auf Frühveranstaltungen auf. Ich spiele dann wirklich nur absolute Megararitäten, die kaum jemand kennt. Für die richtigen Allnighter Wenn ich anfangen würde, zerkratzte Platten für viel Geld zu verkaufen, spräche sich das in ein paar Wochen herum und ich könnte mein Geschäft aufgeben. fühle ich mich einfach zu alt. Ich weiß, dass viele ältere englische DJs mittlerweile in Spanien, Skandinavien und bei Euch in Deutschland auflegen und immer begeistert zurückkommen, aber für mich wäre das aus Zeitgründen einfach nicht machbar. Du wurdest oftmals in Soulfanzines und in Soulforen des Internets von Leuten für Deine hohen Plattenpreise kritisiert, aber trotzdem scheint Dein Geschäft gut zu laufen… Nun ja, manchmal kann ich diese Leute verstehen. Allerdings biete ich jedem Kunden die Möglichkeit, mir die erworbenen Platten innerhalb von 7 Tagen zurückzuschicken, ohne dafür Gründe anzugeben. Wenn die Leute meine Preise bezahlen, warum sollte ich die Platten günstiger verkaufen? Das ist eben mein Geschäft und ich habe genug Lehrgeld bezahlt. Wir wollen gar keine Platten billig verkaufen. Es ist heutzutage hart genug, die alten Platten in einem sauberen und guten bis sehr guten Zustand zu finden. Wenn ich anfangen würde, zerkratzte Platten für viel Geld zu verkaufen, spräche sich das in ein paar Wochen herum und ich könnte mein Geschäft aufgeben. Ich mag diese Kritiker, weil sie mich anspornen, meine hohen Standards einzuhalten. Du musst über die letzten Jahrzehnte so ziemlich jede rare Soulplatte in den Händen gehabt haben, die es gibt. Sammelst Du eigentlich noch für Dich selbst? Gab es mal Zeiten in denen Du von der Musik genervt warst und nichts mehr damit zu tun haben wolltest? Naja, so 95% der ganzen Raritäten dürfte ich schon hier gehabt haben. Neben den Ultrararitäten sammele ich aber für mich selbst auch viele günstige Platten, die mir einfach gefallen. Ich höre eben auch viel Sweet Soul, Jazz, Hammond Instrumentals und Funk und finde immer noch Sachen, die ich noch nie gehört habe. Das hört einfach niemals auf und ich finde wirklich jeden Tag neues Zeug, das mich begeistert. Ich liebe einfach Male Group 60’s Soul wie die T.S.U. Toronados. Ich könnte allerdings nie eine persönliche Top Ten Liste erstellen, da ich einfach zu viele Platten liebe. Ich meine, Frank Wilson hat mit „Do I Love You” vielleicht die beste Motown Nummer herausgebracht, die es gibt, aber ich will dieses Lied eben nie wieder hören. Du weißt, was ich meine. Wenn Du deinen perfekten Allnighter organisieren würdest, welche DJs würdest Du dafür buchen? Es sind die Leute, die die Musik leben, die es verstehen, aus einzelnen Platten ein Set zusammenzustellen, das die Tänzer berührt. Die es verstehen, gute Gefühle zu wecken. Soul Sam, Butch, Arthur Fenn, Keb Darge, im Oldies Bereich Ginger Taylor und Kev Roberts – oh ja, und Mick Smith. Der weiß, was er tut. Im Gegensatz zur europäischen Szene, in der sich eben viele jüngere Leute auf der Tanzfläche einfinden, scheint die Northern Soul Szene in England wirklich zu vergreisen. Was glaubst Du, wird in den nächsten 10 - 15 Jahren passieren? Da hast du wohl recht. Allerdings realisieren die alten Leute hier drüben nicht, dass es un- On” von den Marvelettes kaufen wollte. Ich fragte sie, ob ihr Vater Geburtstag hat. Sie war wirklich sauer und sagte, dass sie 18 Jahre alt sei und sie die Single für sich braucht, da sie mit einer Freundin auf Studentenpartys Northern Soul, Hip Hop und Funk auflegt. Sie erzählte mir, dass sie nichts mit der Northern Soul Szene zu tun hat, aber eben Northern Soul liebt und auflegt. Ich glaube auch, das dies die Zukunft unserer Musik ist, wenn junge Leute Northern Soul mit aktueller Musik mischen und sich nicht an die alten, längst überholten Standards der alten Soul-Szene halten, sondern ihr eigenes Ding machen. Es ist gut, wenn sie sich das Beste aus den 50’s, 60’s, 70’s und 80’s heraussuchen und damit andere begeistern können. Nach den Ich glaube auch, dass dies die Zukunft unserer Musik ist, wenn junge Leute Northern Soul mit aktueller Musik mischen… glaublich viele junge Soul Fans gibt. Ich habe da eine nette Anekdote: Vorgestern rief mich ein wirklich sehr junges Mädchen an, die „I’ll Keep On Holding 80ern wird es allerdings schwer, da seitdem kaum gute Musik erschienen ist. ❧ >>> www.raresoulman.co.uk 21 22 23 Alle Arme in die Luft! Voices In My Mind Ein paar Worte zum Thema Soul & House Von Finn Johannsen I rgendwann Anfang der 90er, Unit am Nobistor in Hamburg, eine dieser von einer Sprudel-, Zigaretten- oder Sportschuhmarke gesponserten Parties, die damals regelmäßig durch das Land zogen. Im Aufgebot: als DJs einige lokale Technohelden, dazu Deee-Lites Wunderrusse Dmitry sowie ein Liveauftritt des Sängers Ce Ce Rogers, dem einige Freunde und ich unseren Respekt zollen wollen. Obwohl House zu dieser Zeit längst im Konsens angelangt war, ist der Ort nicht gut gewählt. Dementsprechend erlahmt die Mitarbeit auf der Tanzfläche vom Stammpublikum des Ladens schon merklich, als Supa DJ Dmitry sein Set beginnt. Die Pillentypen können mit den Houseplatten überwiegend New Yorker Herkunft offensichtlich nicht viel anfangen. Zuviel Groove, zuviel Stimmen, zuwenig Druck. Das Pillengrinsen wird schmallippig, die ersten gehen. Unser Blick wandert schon gelegentlich auf die kleine schmucklose Bühne, wo wenig verheißungsvoll ein kleines Keyboard steht, wie es auch Spiegelglassonnenbrillentastentypen beim ZDF-Sommergarten gerne benutzen. Mit Trademarksympathie und gutem Gespür stemmt sich Dmitry gegen die verschränkten Arme auf der Tanzfläche, doch es scheint an der Zeit, dass Ce Ce Rogers diesem müden Haufen am Mikro einen tüchtigen Schrecken einjagt, solange überhaupt 24 noch Leute da sind. Und tatsächlich, man tippt mir auf die Schulter, „da ist er ja“, und er nestelt verstohlen im Halbdunkel der Bühne an den Kabeln des Keyboards herum. Allerdings wirft der Mann immer nervösere Blicke ins Rund, irgendwas scheint nicht zu funktionieren, und zwar ganz und gar nicht. Die Plattentaschen Dmitrys gehen langsam zur Neige, das Publikum sowieso und die Technikabteilung des Clubs scheint alle Balljungen abgezogen zu haben. Als wenig später die Musik ausläuft und irgendjemand peinlich „Mr. Cey Cey Rojäs frohm Nuh Jörsi“ ins Mikro schmettert, passiert: nichts. Rogers kann nicht mal seinem Unmut übers Mikro Luft machen, es funktioniert ja ebenfalls nicht. Frustriert schmeißt er sein Jackett in die Ecke und stürmt ins Off. Hastig füllt Dmitry mit beachtlich würdevollem Improvisationstalent die entsetzte Stille und trotzig kommt tatsächlich etwas Bewegung auf, aber neben enttäuschten Ravern ziehen jetzt auch enttäuschte Housefans ab und es ist auch nicht abzusehen, ob hier noch irgendetwas passiert. Wir haben uns schon fatalistisch in Trotztrinkerei ergeben und diskutieren das weitere Vorgehen für den Rest der Nacht. Es ist immerhin schon halb 4 Uhr morgens, als jemand bemerkt, dass Ce Ce Rogers wieder auf der Bühne ist. Und tatsächlich, er hockt da, im Hemd, Ärmel hoch, und frickelt mit einem Techniker an der Anlage herum. Ein schneller Blick in den Rest des Clubs kann vielleicht noch einen harten Kern von vierzig Getreuen ausmachen, die sich im Dunkel ziemlich verlieren. Von diesen sind jetzt aber Anfeuerungen zu hören, „Ce Ce“-Sprechchöre kommen auf, Rührung greift um sich und ein „Jetzt erst recht“-Gefühl stellt sich ein. Es dauert noch eine schier endlose Dreiviertelstunde, bis Rogers endlich dem erschöpften Dmitry ein Zeichen gibt, die Musik auslaufen zu lassen. Zu diesem Zeitpunkt ist die Erwartungshaltung des verbliebenen Publikums am Anschlag, die Solidarität hat das Potential, politische Systeme zu stürzen, der Glaube ist rein und unerschütterlich. Alle sind sehr betrunken. Als der Applaus verebbt, sind es noch einige Momente, dann rückt sich Rogers das Mikro zurecht und spielt auf dem erstaunlich massiv klingenden Keyboard das Intro mit dem typischen Marshall Jefferson-Basslauf seines ersten Hits „Someday“ (1987/Atlantic). Dann diese Akkorde! Alle Anwesenden sind sofort eingenommen, Augen geschlossen, scheinbar in direkter Erinnerung an Momente, zu denen diese simple aber unvergessliche Pianoakkordfolge gehörte. Ce Ce Rogers singt, erst behutsam einsetzend, dann die erste Strophe mit zunehmender Intensität. Dann der Refrain: “Someday, we live as one family in perfect harmony. Someday, when we all together, we will all be free. Someday...” In diesem Moment hätte ich mich für Kreuzzüge anwerben lassen, auf Seelenverkäufern angeheuert, wäre in einem Denim-Overall von Edwin quer über St. Pauli krakeelt, hätte alles getan, damit dieser Song nicht aufhört. Ein schneller Blick auf die Leute um mich bestätigt meinen emotionalen Höhenflug: alle fliegen mit mir. Danach: tosender Applaus, Soul Clapping, Sprechchöre. Kleine Zwi- scheneinwände im Kopf („Ist das jetzt so gut, oder bin ich so einfach/betrunken/unvernünftig“) werden spätestens als totaler Unsinn verworfen, als ein von dieser Nibelungentreue sichtlich bewegter Rogers in „All Join Hands“ (1990/Atlantic) übergeht, wie die Hymne davor endlos ausgedehnt, die Atmosphäre in sich saugend und als Regen von Glück wieder auf uns niederprasselnd. Alle Arme in die Luft! Umarmungen! Rogers hat jetzt feuchte Augen, alle anderen sowieso. Dann „Brothers & Sisters“(1992/Big Beat). Als nach dem wunderschönen, Larry Heards „Can You Feel It“ entlehnten, Intro die Bassdrum reinkickt, brechen alle Dämme. Die Tänzer sind jetzt nicht mehr nur kollektiv ekstatisch, sondern eine verschworene Gemeinde, ein vollends aus den Fugen geratener Gottesdienst, aus dem die Kollekte säckeweise raus getragen werden könnte. Wenig später ist alles vorbei, immer noch taumeln alle enthusiastisch durcheinander, der Star geht zaghaft durch die Menge, wird umarmt, beklopft, bejubelt, eingeladen. Es macht überhaupt nichts, dass es vorbei ist, es hätte gar nicht länger dauern können. Niemand hätte das verkraftet. Es ist auch völlig egal, dass das irritierte Management schon wenig feinfühlig das Putzlicht einschaltet, die Gladiatoren sind so von Sinnen, dass sie das beim Verlassen der Arena schon nicht mehr mitbekommen, und irren anschließend glückselig in die Dämmerung. Diese Nacht war nicht die erste und auch nicht die letzte, die mir gezeigt hat, dass Soul bei House genauso heimisch ist wie bei anderen Arten von Tanzmusik. Demzufolge hat mich Häme aus dem Puristenlager auch kaum angefochten, als House noch als kalte Computerversion von Disco verpönt war, wobei Disco ja schon davor als kalte Unterhaltungsversion von 70’s Soul verpönt war, und davor 70’s Soul als Verglättung von 60’s Soul. I can feel it! ❧ 25 Ein paar weitere essentielle House-Sänger: Robert Owens Dieser Mann ist ein Phänomen. Er ist immer noch aktiv, seit nunmehr über 20 Jahren, doch seine helle und immer etwas melancholische Stimme altert nicht und hat immer noch diese einnehmende Signalwirkung, zu hören auf zahllosen Platten mit seiner Beteiligung. Bekannt wurde er als Mitglied von Larry Heards Fingers Inc., wo er subtile Produktionen wie „Never No More Lonely“ (1989/Jack Trax) graziös interpretierte. Fantastisch auch „I’m Strong“ (1987/Alleviated) und sein Evergreen „Tears“ (1989/ FFRR). Er ist ein Sänger, der bei mittelmäßig bis guten Songs den entscheidenden Mehrwert ausmacht und wirklich großartige Songs zu legendären macht. Und das ist nicht mal übertrieben. Paris Brightledge Paris Brightledge wurde vor allem wegen zwei Platten auf Rosen gebettet in die House Hall of Fame geleitet, die er als Sänger für Sterling Void machte: „It’s Allright“ (1987/DJ Interantional), später als Coverversion von den Pet Shop Boys in die Charts bugsiert, und „Runaway Girl“ (1987/DJ International). Weniger legendär, aber ähnlich gut ist eine weitere Sterling Void-Kollaboration, „Set Me Free“ (1989/DJ International). Diese Veröffentlichungen sind ganz im Geiste vieler früher House-Produktionen aus Chicago: ungehobelte Groovebolzen mit geradezu primitiver Rhythmusausstattung, die einzigen Details sind eine gnadenlose Bassline und tonnenweise Handclaps. Wenn dann allerdings der Gesang einsetzt, mit diesen funktional-falschen Pianos und billigen Synthieflächen, ist es einfach umwerfend. Eher der klassische Gastsänger, hat es unter seinem eigenen Namen nur zu einer Veröffentlichung gereicht, aber „Learn To Love“ (1988/ DJ International) ist dafür umso schöner und muss unbedingt für immer vor der Vergessenheit bewahrt werden. 26 Ricky Dillard Die erste Platte, die Dillard mit seinem wuchtigen Prachtorgan adelte, war „Feel The Fire“ (1986/DJ International), eine echt brutale Nummer, mit der man sehr vorsichtig umgehen muss. Sie ist aber auch wirklich beeindruckend. Ähnlich roh sind seine Gastauftritte auf Farley Jackmaster Funks Stevie Wonder-Coverversion „As Always“ (1988/Trax) und Frankie Knuckles’ Billy Paul Coverversion „Only The Strong Survive“ (1987/DJ International). Tatsächlich ist von der Opulenz dieser beiden Originale gar nicht viel übrig geblieben, Dillard singt das in Grund und Boden. Unsterblich geworden ist er aber mit „Let The Music Move You“ von den Nightwriters (1987/Danica), einer weiteren Frankie Knuckles-Produktion. Dieses Stück scheint aus nichts anderem zu bestehen als aus übersteuerter Percussion und eindringlichen Keyboardflächen, die nicht mehr aus dem Kopf zu kriegen sind. Dazu singt sich Dillard um Kopf und Kragen. Gleich bei der ersten Zeile, „This song is from my heart, it wasn’t easy from the start“, bin ich schon verloren. 27 Oguzhan Çelik Soul-LP Cover-Art aus den 60ern und 70ern Folgender Beitrag ist die Zusammenfassung eines Vortrages vom Verfasser am 30.04.2007 im K4/Nürnberg im Rahmen der Ausstellung „Das Runde muss ins Eckige – LP Cover-Art“ I. Was ist Soul? Die ersten Stücke in Richtung Soul entstanden in den späten 50er und frühen 60er Jahren aus einer großen Mischung aus Rhythm and Blues aus den Tanzhallen (damals DIE populäre Musik der Schwarzen in den USA), Gospelchören aus den Kirchen (die natürlich stets besucht wurden), DooWop von den Straßenecken der Großstädte im Norden (in die es gerade zu dieser Zeit die verarmten Schwarzen aus dem Süden auf der Suche nach Arbeit zog) und eine Spur Jazz als abschließende Note aus den Bars und Studios. Bis damals innovativ tätige R’n’B Künstler wie Ray Charles oder James Brown nahmen auf ihren Stücken, die den Weg zum Soul mitebneten, zu dieser Zeit die ungehobelte, rauhe Härte des Rhythm and Blues heraus und ersetzten sie durch die bis dahin nur im Gospelgesang und DooWop verwendeten glatten Choralharmonien. Gleichzeitig wurden die teilweise doch äußerst obszönen Texte des R’n’B, in denen es vornehmlich um schnellen Sex und berauschte Nächte ging, 28 durch die säkularisierten Themen des Gospel, die sich mit Liebe, Verantwortung und Seelenheil beschäftigen, ersetzt. Es ging nun also vornehmlich darum, seinen inneren Gefühlen, seiner Seele Ausdruck zu verleihen, weswegen folgerichtig diese neu erschiene Musikform SOUL genannt wurde. Selbstverständlich veränderte sich neben dem Gesang und den Ausdrucksformen auch die zu Grunde liegende Musik. Die brachiale ungeschliffene Härte des R’n’B wurde aus obigen Harmoniegründen in kontrollierte Bahnen gelenkt und an Stelle der bisherigen rauhen Energieausbrüche des R’n’B ein mit Harmonien geschliffenes Musikwerk erstellt. Wie sich dieser Unterschied auswirkt, läßt sich sehr gut an dem von vielen als erstes Soulstück überhaupt bezeichneten Song „For your precious love“ von den Roosters (später sehr bekannt geworden als Impressions) aus dem Jahre 1959, komponiert von Curtis Mayfield (der damit nicht nur den Chicago Soul, sondern gleichzeitig auch die Ära des SOUL überhaupt einläutete) erkennen. II. Soul LPs Zu Beginn der Soul-Ära in den frühen 60ern war die LP mit ihrem dazugehörigen Cover noch ein neues Medium. Die gewöhnliche Veröffentlichung von SoulStücken erfolgte als Single mit einem Hauptstück auf der A- und normalerweise einer dubiosen Zugabe auf der B-Seite. Die Vinylsingle hatte in den 50ern die Schellack 10“ Scheibe als Tonträger abgelöst und konnte auch bei geringeren Auflagen relativ kostengünstig produziert werden. Die Singles hatten jedoch durchweg, und vor allem in den 60ern, keinerlei Cover. Sie wurden höchstens von den größeren Labels, besonders Motown, in bedruckte Company Sleeves der jeweiligen Label gesteckt. Hatte ein Soul-Künstler im Laufe seiner mehr oder minder erfolgreichen Karriere schon einige Singles auf den Markt gebracht, gingen manche Labels einen Schritt weiter und veröffentlichten dann auch Langspielplatten ihrer Interpreten. Dies blieb jedoch im ganzen Verlauf der 60er ein Privileg der größeren Plattenfirmen, zumeist aus 29 den großen Zentren wie Detroit, Chicago und New York, denn die Produktion einer LP erforderte nicht nur eine genügende Anzahl von Songs, sondern auch wesentlich mehr Geld als die Produktion einer Single. Deshalb sind auch kaum LPs von den unzähligen kleinen Soul-Labels aus dieser Zeit vorhanden, denn sie konnten es sich in der Regel überhaupt nicht leisten. Der Soul-LP-Markt war somit fest in den Händen der großen Labels wie MOTOWN aus Detroit, OKEH und ABC aus Chicago oder ATLANTIC aus New York. Als einzige Ausnahme zu den Großstädten des Nordens brachte auch das STAX Label aus Memphis aus dem Süden der USA, als erfolgreichstes SoulUnternehmen neben MOTOWN, LPs heraus. In der Regel beinhalteten diese LPs zumeist nur eine Zusammenstellung von schon erschienen Single-Veröffentlichungen und firmierten unter den mittlerweile nicht mehr wegzudenkenden „Greatest Hits“ Alben. Erst nach und nach gestanden die Labels den LP-Käufern auch speziell für die LP aufgenommene Songs als Bonus zu. Im Laufe der Zeit, und zunehmend während der 70er, wurde es auch für kleinere Labels und immer mehr Künstler geradewegs zu einer Pflicht, nach ein oder zwei Singles eine LP mit weiteren Stücken herauszubringen, da neben dem Single- der LP-Markt eine immer wichtigere Rolle spielte. Dem Ganzen wurde dann aber gegen Ende der 70er mit dem einsetzenden Disco-Boom und der 12“ Maxi der Boden entzogen, was für die goldene Soul-Ära auch gleichzeitig das Ende bedeutete. Soul als DIE 30 Tanzmusik des schwarzen Amerikas wurde erbarmungslos von Disco abgelöst. III. Coverart Da die Soul-Ära nahezu gleichzeitig mit dem Erscheinen der LP als neues Medium begann, waren die stilistischen Mittel zur Covergestaltung von Soul-Platten ein ebenso neues Feld. Allen war aber gemein, dass in den Anfangstagen stets die Interpreten vor einer mehr oder weniger gelungenen Kulisse abgebildet wurden. Als ein klassisches Cover aus dieser Zeit kann die „Greatest Hits of the Impressions“ aus dem Jahre 1963 auf ABC PARAMOUNT gezählt werden. MAYFIELD und seine zwei Mitsänger posieren als elegantes Trio in stilvollen Anzügen und adretter Kurzhaarfrisur als vollendete Gentlemen, was auch hervorragend zum Klang der mit komplexen Streicher- und Bläserarrangements geschliffenen LP paßt. Auch visuell sollte damit die Eleganz des Soul im Vergleich zum R’n’B dokumentiert werden, dessen Interpreten zu Anfang als Bilderbuch-Schwiegersöhne oder -töchter durchgegangen wären. Das benannte IMPRESSIONSCover diente in der Folgezeit als Vorlage für weitere Gruppen, unter anderem auch für BOB MARLEY und die WAILERS auf ihrer ersten LP 1965 (?). Durch die Möglichkeit der Covergestaltung konnten erstmals auch die schwarzen Interpreten als Afroamerikaner ihr Gesicht auf ihren Veröffentlichungen präsentieren. Bis dahin waren, wie schon ausgeführt, Cover völlig unüblich, so dass der Käufer nicht-weißer Musik (in den USA bis in die 60er als „Race-Music“ bezeichnet) mangels sonstiger Präsentationsmöglichkeit nicht wußte, wie die Künstler aussahen. Während die Cover der Labels aus den Großstädten des Nordens ihre Künstler stets in ein urbanes Umfeld mit glitzernden Großstadtlichtern und noblen Autos setzten, setzte sich STAX aus dem ruralen Süden dadurch ab, dass es die Interpreten eher in der freien Natur oder auf Feldern darstellte. Beiden Richtungen war aber bis in die späten 60er anzusehen, dass die afrikanischen Wurzeln ihrer Interpreten nicht zu sehr in den Vordergrund gelangen sollten. Durch ihre größere Kaufkraft bestimmte eine weiße Käuferschicht zunehmend die Verkaufszahlen der LPs, die deutlich mehr Geld kosteten als die gewöhnliche Single. So ist es doch sehr auffallend, dass eigentlich alle Sängerinnen auf den Covern der 60er ihre Haare glätten und wie bei weißen Künstlerinnen frisieren ließen, während die männlichen Kollegen neben adretten Kurzhaarschnitten, die keinen Afro erahnen ließen, gerne auch zu Pomade und Tollengestaltung auf Rock’n‘Roll-Art zurückgriffen. Vor allem MOTOWN unter Berry Gordy, paradoxerweise das bis heute erfolgreichste schwarze Unternehmen der USA, schielte verstärkt auf den weißen Mainstream-Markt und verordnete den Künstlern, gut zu ersehen auf den LPs vor allem der SUPREMES und TEMPTATIONS aus den 60ern, ein derartiges Auftreten auf den LP-Hüllen. Neben der fotografischen Wiedergabe waren auch gemalte Cover der Interpreten im Stile der gemalten Kinoplakate der 50er sehr populär, da es damals noch günstiger war, ein komplettes Cover zu malen als die Fotoarbeiten zu bezahlen, wie z.B. „Easy“ von MARVIN GAYE & TAMMI TERRELL. Häufig wurden für die Vorderseite auch in Form und Farbe modifizierte Buchstaben verwendet, während die Interpreten auf der Rückseite abgebildet wurden, wie z.B. auf „Monkey Time“ von MAJOR LANCE. Leider wurden auf den LPs in den 60ern die beteiligten Studiomusiker, die ja den Sound des Soul prägten, so gut wie nie erwähnt, geschweige denn auf der Hülle abgebildet. Ausnahmsweise machte gerade MOTOWN, das wie die anderen Labels mickrige Löhne für die Studiomusiker zahlte (obwohl gerade diese der Garant für den Erfolg waren), mit ihren Instrumentalalben von JR.WALKER, wie z.B. „Soul Session“ eine Ausnahme. Dieses waren einmalige Möglichkeiten, Musiker bei der Arbeit zu betrachten und keine posierenden Sänger/Sängerinnen vor fiktiven Hintergründen, die mit dem schwarzen Alltag nichts gemein hatten. Im Laufe der 60er und zunehmender Politisierung durch die Bürgerrechtsbewegung vor allem in der schwarzen Community, zeichnete sich auch in der Gestaltung der LP-Cover ein verändertes Selbstbewußtsein der Schwarzen ab. Die bis dahin verschmähte Afro-Frisur trat immer stärker in den Vordergrund. Teilweise in verspielt gemalter Popart wie auf „Tighten Up“ von ARCHIE BELL & THE DRELLS von 1968, zeigten jedoch auch bisher stets freundlich dreinblickende apolitische Acts wie die FOUR TOPS auf Platten wie „On Top“ von 1969 unter strengen bis aggressiven Blicken, dass sie nicht mehr gewillt waren, die rassistische Unterdrückung in den USA hinzunehmen. An Stelle eines Anbiederns an die weiße Gesellschaft wurde der neue Stolz auf die afrikanische Herkunft zur Schau getragen und das „Schwarz-Sein“ nicht mehr als Makel, sondern als etwas Positives betrachtet, dem vor allem der Slogan BLACK POWER gerecht wurde. Im Zuge dieses neu erstarkten Selbstbewußtseins zeigten sich auch die Sängerinnen verstärkt als selbstbewußte Persönlichkeiten, die es sich nicht mehr bieten ließen, schlechter als ihre männlichen Pendants behandelt zu werden. Man nehme nur einmal „Black Magic“ von MARTHA REEVES & THE VANDELLAS zur Hand, um zu sehen, dass die Damen nicht zu Späßen aufgelegt waren. 31 In dieser Phase nahm man für die Cover auch außerhalb der schwarzen Community liegende künstlerische Tendenzen in Design und Gestaltung auf. So sieht man beispielsweise bei „The sly, slick and the wicked“ von LOST GENERATION auf der Vorderseite eine durch psychedelische Farben und Buchstaben modifizierte Straßenszene, während auf der Rückseite die vier Künstler ohne den Hauch einer freundlichen Geste neben einem Baum posieren. Interessanterweise besteht die LP aus 10 lupenreinen Lovesongs ohne weitere politische Aussage. In der Folgezeit kamen neben Abbildungen der Interpreten immer mehr Darstellungen vom häßlichen Alltagsleben der Schwarzen auf die Vorderseite der LPs, in denen schonungslos die Armut und gleichzeitige Verwahrlosung der schwarzen Viertel durch Drogenhandel, Gangwesen und Prostitution dargestellt wurde (in melodramatisch gelungener Manier auf „Preacher Man“ von den IMPRESSIONS). Bizarrerweise zeigten aber gleichzeitig die Künstler, beispielsweise AL WILSON, abgebildet im Nadelstreifen mit zwei anschmiegsamen aufgedonnerten Damen und 30er Jahre Nobelkarosse auf „Show and Tell“, dass sie es als Farbige in der rassistischen Gesellschaft der USA zu etwas gebracht hatten. Zunehmend gerieten dabei aber die politischen Aussagen in den Hintergrund und es verblieb dann gegen Mitte der 70er bei der materialistischen Erfolgsaussage, die aber mit gewohnten Mitteln wie z.B. gemalten Covern weitergestal- tet wurde. Kurz vor dem endgültigen Durchbruch von Disco waren die LP Cover von SoulActs der Mittsiebzieger wie den TAVARES nur noch zu Abbildungen von Unterhaltungsmusikern ohne politische Aussage verflacht, denn das Tragen von Afros wie auf der „Sky High“ von TAVARES ist nichts weiter mehr als ein Modemerkmal. So ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass sich in dieser Spätphase die Soul-Covergestaltung eigentlich kaum noch von den Covern der Disco-Scheiben unterschied und die große Zeit des Soul und der dazugehörigen Plattengestaltung damit zu Ende ging. ❧ Neulich auf der Raststätte Soul-Gymnastik Auf der Fahrt zum Weekender oder Nighter wird Sie diese Art von Pausen-Gymnastik begeistern! Drehen Sie den Autokassettenrekorder auf und los geht’s! Backdrop: Diese Übung bietet zwei Ausführungsmöglichkeiten. a) Gehen Sie in die Knie und lassen Sie sich langsam nach hinten auf eine Hand fallen. Den gegenläufigen Arm heben Sie an, um das Gleichgewicht zu halten. Mit einem kleinen Schwung geht es zurück in die Senkrechte! Achtung: Diese Variante sollte man nur bei gut durchtrainierter Gesamtmuskulatur und aufgewärmt anwenden! b) Setzen Sie sich auf den Boden, stellen Sie die Arme hinter sich auf, und heben Sie den Rumpf in die Höhe. Dann einen Arm vom Boden lösen und nach oben strecken. Trick: b) ist weniger gefährlich, sieht aber genauso gut aus wie a)! 01 Clap-Hands: Gehen Sie leicht in die Kniebeuge. Schwingen Sie ein Bein in die Höhe und schlagen Sie die Hände unter den Knien zusammen. Dadurch entsteht ein klatschendes Geräusch, das Sie ausgezeichnet an den Rhythmus der Musik aus Ihrem Autokassettenrekorder anpassen können. 02 32 Tipp: Gönnen Sie sich nach dem Ausführen der Übungen einen Snack – Sie haben etwas für Ihren Körper getan! 33 REVIEWS SOUL ALLNIGHTER (25 Records, 250 003-2) 34 marshmallows, platforms and high-fly fashions CURLING IMPORTS,INC. 320 Fifth Avenue (Suite 7289) New York, N.Y. 10001 Photo by Nina Kolle www.multimaedel.de a whole new way of walking This music can seriously damage the leather of your shoes! (Harboro Horace) ...aus den Liner Notes „ ... Gesucht: nicht der Kanon der Hits dieser Ära, auch kein puristisches Potpourri rarster B-Seiten. Gefunden: zeitlose Musik mit zeitgemäßer Coolness … ” Ugh, da gibt es seit 1983 in steter Verlässlichkeit zweimal jährlich den Hamburger ‚SOUL ALLNIGHTER’ von Olaf Ott und Leif Nüske. 24 Jahre Tanzschaffe und damit oftmals reifer als so mancher heutiger Besucher. Rituale die eingehalten werden, nachdem der Osterhase mit leerem Körbchen seines Weges hoppelt und Rudolf das Rentier längst auf dem Weg gen Nordpol dahinsaust. Das KIR war IMMER knallvoll. Nach dem Wechsel in den Waagenbau ist es noch schlimmer geworden ... Im April dieses Jahres erschien der Soundtrack zum Film. Wie den Liner Notes zu entnehmen ist, versteht sich die SOUL ALLNIGHTER CD sicherlich nicht als Angeberprodukt Anorak tragender Record Nerds, das die Welt von der Genialität achtklassiger Musiker aus Detroits Hinterzimmern überzeugen will. Vielmehr bekommt man das, was man erwartet. Eine saugute Melange, ein Heimsieg im Sonnenschein, ein neuer Partner, der Küssen kann ... und das alles an einem Tag! Im Gegensatz zu anderen Soul Samplern lässt sich SOUL ALLNIGHTER wunderbar durchhören und bietet auch ganz normalen Menschen jenseits der ‘Szene’ die Möglichkeit, Soul kennen und lieben zu lernen. Maxine Brown geleitet den Hörer nonchalant mit ihrem ‘Just Give Me One Good Reason’ in 19 weitere Stücke, die einem ein Lächeln auf die Lippen zaubern. Groovige 70’s Nummern reichen in der Folge verräuchertem R’n’B, poppigem 60’s Soul und sha-kalakschem Latin-Sound die Hand und vertragen sich. Der Silberling mit eindeutiger Kaufempfehlung ist seit dem 01.04.2007 im Handel oder direkt über 25records.de zu bekommen. (rm) THE ASHFORD & SIMPSON SONGBOOK (Expansion Records (UK) / CDEXP28) Wer keinen Spaß daran hat, das Kleingedruckte auf Plattenhüllen zu lesen, der wird beim Namen „Ashford & Simpson“ wahrscheinlich an diesen mittleren Hit aus den 80ern denken: „Our love is solid – solid as a rock“. Doch damit tut man dem Musiker-Ehepaar keinen Gefallen. Denn Valerie Simpson und Nickolas Ashford haben weitaus Größeres geleistet. Und das will die neue Compilation auf dem Expansion-Label beweisen. Getroffen haben sich die beiden Anfang der 60er in einer Kirche in Harlem. Die Begeisterung für die kleinen Soul-Operetten von Dionne Warwick ließ sie es auch selbst versuchen. Als „Valerie & Nick“ veröffentlichten sie drei Singles auf Glover, zusammen mit einer anderen Soul-Legende, Joshie „Jo“ Armstead, schrieben Sie dann auch Songs für andere, die zunächst (als Demos) von Maxine Brown und Chuck Jackson aufgenommen worden. Das Label Wand/Scepter veröffentlichte daraus zwei Alben. Darauf unter anderem „The Real Thing“, das in Versionen von Betty Everett oder Tina Britt auch heute noch die Tanzflächen füllt, sowie „Let’s go get stoned“, ein Song, der – zunächst unveröffentlicht – von Ray Charles aufgegriffen wurde und in die Charts einstieg. Parallel versuchte Nick Ashford noch eine Solokarriere – mit Songs wie „I don’t need no doctor“ und „California Soul“, die aber zuvor schon von Brother Ray oder der Fifth Dimension erfolgreich veröffentlicht waren. Das Angebot, als Songschreiber für Motown zu arbeiten, kam da gerade recht: Nach dem Weggang von Holland-Dozier-Holland wurden neue Hitschreiber 35 REVIEWS gebraucht. Neben Songs für die Supremes, die Vandellas oder Gladys Knight waren die beiden verantwortlich für den Erfolg von Tammi Terrell und Marvin Gaye. Val und Nick konnten die Zuneigung, die die beiden Interpreten füreinander empfanden, in keusche und zugleich überschwängliche Lieder fassen. Trauriger Höhepunkt der Zusammenarbeit war das dritte und letzte Album „Easy“, bei dem Tammi bereits so geschwächt war, dass Valerie in ihrem Namen die weibliche Stimme aufnahm. An diese Zeit wird auf dieser Zusammenstellung mit einem exklusiven Remix von „Aint’t No Mountain High Enough“ erinnert. Leider ist dies (fast) die einzige Aufnahme aus den 60ern, die es auf diese Zusammenstellung geschafft hat. Keine Glover-Single, keine Betty Everett oder Mitty Collier-Aufnahme, obwohl Liner-Notes-Autor David Nathan auch von dieser Zeit spricht. Aber wahrscheinlich war es nicht möglich, die Rechte für eine Veröffentlichung aufzutreiben – ein anderer Grund wäre schwer zu akzeptieren. „The Ashford Simpson Songbook“ featured hautpsächlich Aufnahmen der 70er und 80er von Main Ingredient, Chaka Khan, Sylvester, Teddy Pendergrass oder den Dynamic Superiors. Vieles davon ist schön anzuhören wie „Hit and Run Lover“ von den Superiors, die „California Soul“-Version von Marlena Shaw und natürlich der Modern-SoulKlassiker „Top of the Stairs“ in der Aufnahme von Collins and Collins. Manches aber auch nur überdurchschnittliches Handwerk von Angela Bofill oder 36 REVIEWS Jennifer Holliday, bei dem der Einsatz von damaliger aktueller Studiotechnik eher störend wirkt. Das Songbook bildet die späte Phase der Songschreiber Nickolas Ashford und Valerie Simpson ab. Wir warten jetzt einfach aufs „Prequel“. (mg) COME ON SOUL! VOL.2 (Légère Recordings, LEGO 006) Two in a row … some more to go! Kurz vor Redaktionsschluss, erhielt ich das erste Mal in meinem Leben eine pre-release CD zur Besprechung. Ada James und Basil Hunt, die Superagenten des Légère-Imperiums, können es einfach nicht lassen, aktuelle Soulstücke mit alten Northern Soul und Funk Geschichten zu einem überaus gelungenen Sampler zusammenzustellen. Konnte Come on Soul Vol. 1 schon durchaus Überzeugungsarbeit leisten, wird die am 16.11.2007 erscheinende Vol. 2 schiere Begeisterung bei den Käufern auslösen. Die Reise beginnt mit der gänzlich unbekannten Lindy Stevens und ihrem „Pennygold”, das ältere Semester sicherlich noch von dem Kent Sampler „Floorshakers” kennen. Jimmy Macks unbezahlbarer Northern Oldie „My World Is On Fire” erschien damals auf dem Palmer Label, schließt sich nahtlos an und überreicht den Wimpel an die süße Tammi Terrell, die den Isley Brothers Biggie „This Old Heart Of Mine” vor 39 Jahren auf ihre feminine Weise interpretierte. Da ich nie ein großer Acid Jazz Anhänger war, kann ich mit der ersten aktuellen Nummer, Smoove feat. John Turrell – „I Can’t Give You Up” nicht so viel anfangen, obwohl ich mir sicher bin, dass dieses Stück seine Liebhaber finden wird. Nach den Sapphires mit ihrem Oldie „Evil One”, folgen die Showstoppers mit ihrem Bubble-Gum-Soul-Stück „Eeny Meeny”. Über die Four Tops („Sweet Understanding Love”) und die Whispers („In Love Forever”) brauche ich nicht mehr schreiben als ‚cheer class’. Das der lange finnische Winter lokalen Musikern viel Zeit zum Frickeln bietet, wird bei Tuomos „Don’t Take It Too Hard” deutlich. Konnte bereits die Wahlfinnin Nicole Willis mit ihrem souligen Debutalbum Kritiker zeitgenössischer Soul-Musik läutern, so lässt mich Tuomo glatt aus den Latschen kippen. Feinster 70’s Soul, mit wunderbaren Arrangements, großem Orchester und einem fähigen Background-Chor. Unglaublich, das es heutzutage möglich ist, derartige Muzak zu veröffentlichen. Nach Pat Lundis „Party Music”, einer 1974 erschienenen Disco/Modern Soul Nummer, folgt Chuck Jacksons ScooterrunMonster „I Only Get This Feeling”. Aus Down-Under, genauer gesagt aus Melbourne, kommen die Bamboos feat. Kylie Auldist mit „I Don`t Wanna Stop”, einer Auskopplung ihres zweiten Al- bums „Rawville” daher und mir fällt nur ein grooviges `WOW` ein. Eine schöne Ballade einer ansonsten als Deep-Funk Band bekannten Combo. Der alte, weiße Northern Soul Held Dean Parrish, verantwortlich für Stücke wie „Determination” und vor allem „I’m On My Way” ist wieder da. Zusammen mit dem Acid Jazzer Lord Large, dem Wigan Casino DJ Russ Winstanley, Ocean Colour Scene Gitarrist Steve Cradock und Curduroy Bassist Richard Searle ... naja, und Paul Weller, der dieses Lied als 15jähriger geschrieben haben soll, kann man gute Stücke produzieren. „Left, Right & Centre” ist Northern Soul, Pop und alles andere auch. Die Festivals, vor allem für ihre Veröffentlichungen auf dem Smash Label bekannt, bringen uns mit ihrer Colossus Single „You’re Gonna Make It”, einer netten Crossover Nummer, direkt zu Sharon Stone & The DapKings. ”I Just Dropped In To See What Condition My Condition Is In” hört sich stark nach Nina Simone an und wird demnächst live im Mandarin Kasino zu hören sein. Nach zwei funkigen Stücken von Baby Charles und Marva Whitney folgen die Big Boss Man, eine orgellastige Mod-Kapelle, mit ihrem „The Hawk”. Nr. 19: The Sweet Vandals „What`s Going On”. Die sonst überaus funkigen Madrilenen versuchen sich an Marvin Gayes All Time Classic und können durchaus bestehen. Come On Soul! … WE WANT VOL. 3!!! (rm) Ebony Alleyne: Never Look Back… (Expansion Records (UK), XECD53) Vor fünf Jahren erschienen erst eine, dann noch eine, schließlich eine dritte Single auf dem OkehLabel. „Ewiggestrige“ rieben sich verwundert die Augen, denn außer ein paar inoffziellen Veröffentlichungen (und einer Platte einer Blues-Folk-Band in den 90ern), war das legendäre Chicago-Label und der zugehörige Schriftzug seit über 35 Jahren mausetot. Doch diesmal war alles ganz legal. Dahinter steckte einer der bekanntesten – und umstrittensten – DJs der Soul-Scene: Ian Levine. Der hatte sich diese Reminiszenz ausgedacht, um seine neue Entdeckung Ebonye Alleyne, damals 19 Jahre jung, adäquat zu promoten. Aber als beim Vertragspartner und Eigner von Okeh - Sony – die oberste Etage neu gemischt wurde – war auch der Vertrag futsch. Nach einem R’n’B-Beitrag für den Soundtrack „Honey“ wurde es still um die Sängerin. Jetzt hat sich Expansion-Labelchef Ralph Tee stark gemacht und die Bänder von 2002 mit weiteren Aufnahmen zum Debüt der jungen Londonerin zusammengestellt. „Never Look Back“ setzt also stilistisch das fort, was mit den Okeh-Veröffentlichungen begonnen wurde. Und Ian Levine strickt hier weiter an seiner Version eines Update-Northern Soul Sounds. Wie schon bei seinen Motorcity-Projekten aus den 80ern (alte Soulsänger covern alte Soulsongs begleitet von neuartiger Studiotechnik) stören auch hier ab und zu die Instrumente – die Bläser und die Drums klingen nicht immer analog. Die Songs sind aber diesmal deutlich besser arrangiert. Um das genießen zu können, muss man allerdings bereit für poppigen Soul sein. Dass hier Dionne Warwick Patin ist, kann man hören – genauso wie Anleihen an 80er Soul. Aber das scheint ja im Moment wieder hip zu sein – siehe Tuomo. Die Cover-Version von „Hello Stranger“ (Original: Barbara Lewis) ist sehr charmant und der Titelsong „Walk away and never look back“ hat sogar das Zeug zu einem Evergreen. Und wenn man den Oldie-Aspekt beim 60s Soul weglässt und sich erinnert, dass Motown – zumindest in den USA - Mainstream-Pop war, dann klingt dieses Album heute so, wie Northern Soul in der Zeit seines Entstehens. (mg) 37 REVIEW Ordinary Joe Wie fasse ich ein Konzert in Worte, dass das Publikum in einen glückseligen Rausch versetzte? Ein Wohlbefinden, in dem alle, von Wärme, Musik und Rhythmus durchströmt, sich nur eines wünschten: Dieser Zustand möge nicht aufhören! Wirkliche Worte gibt es dafür nicht, ich kann nur beschreiben und versuchen, die Sinnlichkeit und Emotionalität dieses Abends zu bannen. Den ganzen Tag hatte ich Zweifel, ob die Entscheidung, zu Joe Bataan ins Mandarin Kasino zu gehen, die Richtige war. In Spanish Harlem aufgewachsen, war der musikalische Autodidakt Joe Bataan in den späten 60er Jahren einer der ersten, der latein-amerikanische Musik mit Rhythm and Blues mischte - seine frühen Alben, „Gypsy Woman“ und „Subway Joe“ werden zu recht als Klassiker des Latin Soul gesehen. Wie oft habe ich es schon erlebt, dass Musiker, die vor vielen Jahren einmal großartige Platten eingespielt haben, mit einer mittelmäßigen Studioband auf die Bühne zurückkehrten, um Konzerte zu geben, die ich gar nicht 38 Sonntag, 09.09.07, Mandarin Kasino:Joe Bataan & Band hören wollte? Ich hatte Angst, dass einer, den ich in meiner Bewunderung in göttliche Sphären erhob, plötzlich hinab fallen sollte in die schwelende Unterwelt. Nach den ersten drei Takten wusste ich: Meine Sorgen waren umsonst! Es stand eine Band auf der Bühne, die nicht allein musikalisches Können zeigt, sondern viel mehr Musiker, die sich leidenschaftlich bis zur Erschöpfung verausgaben und darüber hinaus das, was sie selbst beim Spielen und Singen empfinden, ins Publikum übertragen. - That’s when you got soul! Joe Bataan selbst besitzt diese Gabe wie kaum ein anderer. Und er ist sich dessen bewusst. Wenn er auf der Bühne steht, will er mit dem Publikum verschmelzen. Er verteilt Farbdrucke seiner selbst, gibt den Leuten die Hand, führt eine Polonaise an, und spricht, ja vor allem spricht mit dem Publikum. Er erzählt von sich selbst, und warum er sich so freut hier und heute, 2007, das erste Mal seit 1980 in Hamburg auf der Bühne zu stehen. Er beschreibt seine Begegnung mit dem Tod vor einigen Jahren und seine Dankbarkeit, dass er weiter lebt. „ And that’s why I wish everybody of you gets home safely tonight!“ Alles, was Joe Bataan auf der Bühne tut, dient dem Ziel, die Grenze zwischen sich und dem Publikum aufzulösen. Er sieht sich nicht als Star, sondern auch nach so vielen Jahren immer noch als den einfachen Kerl aus New Yorks Stadtteil „El Barrio“. „I am happy if I should have reached one of you at the end of this show!“ Ich bin sicher, er hat 103% des Publikums erreicht: Am Ende hat wohl kaum ein Fuß mehr still gestanden, es wurde mitgeklatscht, -gesungen, -getanzt und alle hatten dieses benommene, aber glückliche Lächeln im Gesicht. Und mich, mich hat der 65jährige Sänger und Pianist Joe Bataan wirklich berührt: Mit seinen Worten, seinem charmanten und unprätentiösen Auftreten und dieser unglaublichen, melancholisch-schönen Stimme. Joe, you’ve got the magic touch! (al) 39 ADA’s SHAKE OUT Ich gebe bei Popsike.com einen meiner liebsten UptempoBurner ein: The Hamilton Movement – She’s gone (Look Out). Auktioniert am 22/10/06 für 3096 Dollar. M ein Drei-Euro-Mittagessen formt sich im Magen zu einem Drei-Tonner-Vinylklumpen. Dann wohl doch nicht. Ich widme drei bis fünf Sekunden der Überlegung, ob ich nicht vielleicht doch besser eine Liaison eingehen sollte, in der eine Aufwendung von 3000 Dollar für Haushaltsgegenstände nicht weiter auffällt. Nach einer kurzen Kosten-Nutzen-Analyse entscheide ich mich, den digitalen Spürhund von der Leine zu lassen. Mit Erfolg. Bereits der fünfte Eintrag bringt mich meinem Ziel näher. Offensichtlich ist die Nummer als Re-Issue auf dem amerikanischen Label Soul Mafia erschienen. Die Frage, ob es sich um ein anständig gemastertes Vinyl oder ein halbgares Bootleg handelt, kann mir allerdings auch Google nicht beantworten. Nichtsdestotrotz: 14 € bei Moskito klingt irgendwie besser als 3096 $ bei Ebay. Letztendlich interessiert es schließlich fast niemanden, ob ich beim Auflegen ein Original oder eine Neupressung spiele, vorausgesetzt natürlich, das Stück hört sich an, wie es sich anhören soll. Mehr noch: handelt es sich um eine legal erworbene Lizenz, besteht sogar eine winzig kleine Chance, dass ein paar Cent meiner Investition am Ende im Künstler-Portemonnaie klimpern! Mein Selbstrespekt erklimmt kathartische Höhen: Das Bild der kümmerlichen Heiratsschwindlerin verwandelt sich in das einer großzügigen Wohltäterin. Wären da nur nicht diese beiden bohrenden Fragen, die meinen Aufstieg unschön relativieren: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Künstler a) noch leben? b) einen Plattenvertrag unterschrieben haben, der ihnen auch heute noch die Rechte an ihren eigenen Aufnahmen gewährt? In beiden Fällen liegt die ernüchternde Antwort im unteren Drittel der Richterskala. Zumindest in einer Hinsicht regen sich in mir keinerlei Zweifel: Eine zu Schwindel erregenden Preisen versteigerte Single bringt den Künstlern nicht mehr als Ruhm und Ehre. Und dem Auktionator die Miete für ein halbes Jahr. Oder die Aussicht auf eine andere ultra-rare Perle. Diese Art von Plattenhandel lässt in mir äußerst widersprüchliche Gefühle aufkeimen. Einerseits ist mir unbegreiflich, wieso man für eine round about 50 g wiegende Plastikscheibe Summen ausgibt, von 40 denen eine mehrköpfige Familie länger als einen Monat leben kann. Ganz abgesehen davon, dass das Auktionsgeschäft mit Hierarchien verbunden ist, die für uneingeweihte kaum verständlich sind und nur in einer globalisierten und digitalisierten freien Marktwirtschaft solche Blüten tragen können. „Rare“ steht für Original (in der Regel gleichzusetzen mit Erstpressung), „rare“ ist das Beste, und je „rarer“, umso teurer. Aber, an „rare“ kommt nur derjenige, der über jede Menge Kapital verfügt. Sprich: Entweder über Geld oder andere Rarities, die er selbst zu hohen Preisen verscherbeln oder tauschen kann. Wer da nicht mitspielen kann oder will, steht außen vor. Andererseits bin ich natürlich genauso fasziniert von den oftmals wirklich guten Nummern, die manche teuer erwerben und horten. Und zugegeben, eine Original-Single macht sich schon besser in der Sammlung als ein Re-Issue, auch wenn sie nicht zwangsläufig besser klingt. Ein Hauch von Nostalgie schwebt über diesen kleinen Scheiben - man ist der Zeit, in der sie entstanden, allein durch das Material näher. Und noch zugegebener, so manche Single gibt es einfach nur als Original. Insbesondere bei denen, die in geringer Auflage gepresst wurden, und/oder über die Jahre zu einer winzigen Stückzahl geschrumpft sind, treibt das den Preis in die Höhe, sobald sie „angesagt“ sind. In den Momenten der Versuchung liefern sich in mir Verlangen und Vernunft wilde Kämpfe bei der Erörterung der Frage, ob der Besitz einer Scheibe wirklich notwendig ist. Das Ergebnis ist eigentlich stets wiederkehrend: Sammeln gehörte nie zu meinen Leidenschaften – am Ende geht die Vernunft mit ihrem schönsten Siegeslächeln aus diesen (in gewisser Weise überflüssigen) inneren Disputen hervor. Aber nicht, dass wir uns falsch verstehen: Ich betrachte die Ultra-Rare-Soul-Sammler dieser Welt mit Neid und mit Unverständnis, aber auch mit Respekt und last but not least mit Dankbarkeit. Denn: Das, was ich nie könnte, tun sie, und häufen auditive Reichtümer an, von denen ich nur träume. Ohne diejenigen, die ihre Schätze auf Bootlegs oder offiziell lizensierten Tonträgern in Umlauf bringen, oder aber auf Nightern und Weekendern auf den Plattentellern rotieren lassen, würde ich diese Perlen nie zu Gehör bekommen. Und das wäre eine Sünde! ❧ Von Ada Loveshake 41 November 2007 ➽ Sa. 3.11. Berlin, Oscar Wilde Pub: Hip City Soul Club www.myspace.com/hipcitysoulclubberlin ➽ 23. - 25.11. Frankfurt am Main: Uptight – The Frankfurt Soul Weekend www.uptight.org Photos by Nina Kolle www.multimaedel.de TERMINE Dezember 2007 ➽ 1. 12. Hamburg, Hafenklang-Exil: For Dancers Only – 4th Anniversary www.myspace.com/fordancersonlysoulclub ➽ 7. - 8. 12. Nürnberg, K4: Nürnberg Soul Weekender www.raresoul.net ➽ 25.12. Hamburg, Waagenbau: Soul-Allnighter www.myspace.com/soulallnighter Mai 2008 ➽ 2. - 4.5. Bamberg, Haas Säle: The Soul Shakers Weekender www.soul-shakers.de DANKE! Den Autoren Oguzhan Celik, Martin Giese (mg), Basil Hunt, Finn Johannsen, Ralf Mehnert (rm), Olaf Ott, Alexander Weißner; den Interview-Partnern Terry Callier & John Manship; der Fotografin Nina Kolle; den soulful Models Martin Crout und Alexander Laarmann; der Lektorin Barbara Schulz; allen Weekender DJs; der Druckerei Baldauf; allen, die eine Anzeige geschaltet haben und allen, die uns sonst noch geholfen haben. Ein besonderer Dank an: Jan Drews, Ralf Mehnert und Alexander Weißner für Input und Support. IMPRESSUM Auflage: 500 Stück Redaktion: Ada Loveshake (al), Holly Holzwarth Grafik: Holly Holzwarth (www.kokong.de) Kontakt: Loveshake Music, Lindenallee 19, 20259 Hamburg (www.loveshake-music.com) 42 Strike! hat keine Gewinnerzielungsabsichten und versucht lediglich, kostendeckend zu sein. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Wer in einer Welt der Beliebigkeit Stil beweisen will – als Liebhaber edler Tropfen, Connaisseur erlesener Musik oder als Genießer lukullischer Freuden – sollte sich in der Auswahl seiner Bekleidung nur mit dem Besten zufrieden geben. Maßkonfektion ist eine der letzten Privilegien des gepflegten Mannes. Leben Sie Ihre Gelüste aus, seien es die von Hand genähten Knöpfe aus Steinnuss, das Innenfutter aus Bemberg-Baumwolle oder dem edelsten Tuch der Welt: Tasmanischer Merinowolle. Unterstreichen Sie Ihre Persönlichkeit durch unsere Maßkonfektion. 43 See you out on the floor … 44