Kp_8_Sicher mit Freiheit leben

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Kp_8_Sicher mit Freiheit leben
1. Kor. Kp. 8 Sicher mit Freiheit leben
Kp. 10, 14-33 – Grauzonen „Was darf ein Christ?“
Kp. 8 lesen
14. April `13
Wenn auch die Frage nach dem Götzenopferfleisch selber für uns heute bedeutungslos ist,
so wird uns doch hier ein Lehrbeispiel gegeben, das uns zeigt, wie wir mit den endlosen
Fragen der Rubrik „darf ein Christ?“ umzugehen haben. Paulus gibt bewusst keine Kurzantworten „ja“ oder „nein“,
sondern erzieht die Gemeinde zu einem erneuerten Denken. Heinrich Kuhn, IBS-Kommentar
In den letzten Jahrzehnten wurden die heftigsten Debatten gerade im Bereich der Grauzonen geführt – es geht um
Bereiche im Leben von Christen, die von vielen als falsch angesehen werden, die in der Schrift aber nicht ausdrücklich
verboten werden. Einige der Hauptstreitpunkte drehen sich um Alkohol, Rauchen, Spielen, Make-up, Tanzen,
Sportwettkämpfe an Sonntagen, Musikrichtungen, Theater und Kino. Ein Grund, warum Christen schon so heftig über
diese Themen diskutiert haben, ist der, dass die Schrift diese Dinge nicht ausdrücklich verbietet.
Die Ansichten in diesen Bereichen können von Generationen oder Orten abhängig sein, doch jede Generation und
jede Gemeinde auf der ganzen Welt muss sich mit diesen Grauzonen des christlichen Lebens auseinandersetzen.
(Einleitung zu Kp. 8 aus dem Bibelkommentar von John MacArthur)
1) Zur Situation und Fragestellung in Korinth
1.1) V.1 Was war dieses Götzenopfer und was hatte es mit dem Götzenopferfleisch auf sich?
Dies waren Speisopfer, die in einem symbolischen Ritual dem Gott des jeweiligen Tempels geopfert wurden. Insbesondere ging es den Korinthern um den Verzehr von Nahrungsmitteln, die in diesen Kulthandlungen geopfert worden
waren.
Die Griechen und Römer waren polytheistisch, d.h. sie verehrten viele Götter. Für jede Gelegenheit, jedes Bedürfnis
und jede wichtige Tätigkeit war ein Gott oder eine Gruppe von Göttern zuständig. Es gab einen Kriegsgott, eine
Liebesgöttin, einen Gott für Reisende, eine Göttin der Gerechtigkeit und so weiter und so fort. Außerdem waren
sie polydämonisch und glaubten an eine Vielzahl von bösen Geistern. Sie glaubten, dass sich alle möglichen
unsichtbaren bösen Geister um sie herum aufhielten.
Das Darbringen von Speisopfern und insbesondere Fleischopfern war für beide Aspekte ihres Glaubens wichtig. Man
glaubte, dass böse Geister unablässig in Menschen einzudringen versuchten, und dass der einfachste Weg dazu für
die Dämonen sei, sich mit Nahrungsmitteln zu verbinden. Die Menschen glaubten, diese bösen Geister könnten nur
aus dem Essen entfernt werden, wenn man diese Nahrung einem Gott opferte. Ein solches Opfer erfüllte also einen
doppelten Zweck: Man erlangte die Gunst des jeweiligen Gottes und reinigte das Fleisch von dämonischem Befall.
Götzenopfer wurden in drei Teile geschnitten. Ein Teil wurde als das eigentliche Opfer auf dem Altar verbrannt. Ein
zweiter Teil wurde den Priestern des jeweiligen Tempels als Bezahlung für ihre Dienstleistung gegeben, während der
dritte Teil bei dem Opfernden verblieb. Angesichts der großen Menge von Speisopfern konnten die Priester nicht alle
Nahrungsmittel verbrauchen und verkauften den Überrest auf den Märkten. (Aus Kommentar von MacArthur)
(Nebenbei: Beachte die ähnliche falsche Vorstellung über den Einfluss der Dämonen in der „Charismatik“)
1.2) V.2-6 Die Wichtigkeit von Gottes Liebe und wahrer Gotteserkenntnis
Paulus stellt die erfahrene Liebe Gottes an den Anfang dieses Abschnittes. Ohne diese Liebe von Gott erlebt und
verstanden zu haben wird es schwer, das darauf Folgende richtig zu verstehen und anzuwenden!
V.2+3: Wissen und Erkenntnis ist wichtig und gehört zur Liebe für einen ausgewogenen Glauben an Gott.
1Kor 8,3 Echtes Wissen ist nur bei dem zu finden, der Gott liebt; denn wer Gott liebt, weiß, dass Gott ihn kennt
und liebt. (NGÜ) Lies dazu auch Joh. 14,21; 8,31+32
V.3 beinhaltet eine wunderbare und tiefe Wahrheit: Gott, Glaubensgeschwister und alle Menschen lieben
kann nur derjenige, der von Gottes Liebe erfüllt ist. Hat Gottes Liebe, die sich in Jesus Christus offenbart, mein
ganzes Herz ergriffen? Dass Gott mich liebt heisst, dass er alle meine wahren Bedürfnisse kennt und zu stillen
vermag. Wissen, dass Gott mich liebt, genügt nicht – glaubst du es auch? Vertraust du IHM, oder bewirken
Umstände immer wieder Misstrauen gegenüber Gottes Fürsorge und Liebe? Meine Lebensumstände sind ein
Produkt von Eigenwille und Gotteswille. Mein Versagen hat Folgen, doch sogar wenn ich durch Sünde Folgen
trage, steht Gott zu mir, um meine selbst verschuldeten Lasten zu tragen! Lies dazu 1.Kor. 10,13.
Wir machen öfters den Fehler, etwas das zusammengehört gegeneinander auszuspielen:
- Ist Liebe grösser als Wahrheit? Nein! Sie gehören zusammen und ergeben so ein Ganzes. V. 2+3.
- Ist der Vater grösser als der Sohn? Nein! Sie gehören zusammen obwohl sie unterschiedlich sind. V. 6
- Ist der Mann grösser als die Frau? Nein! Sie sind nur unterschiedlich. (In Kp. 11 dazu mehr ☺)
2) V. 7-13 Sicher mit Freiheit leben
1Kor 8,13 Um diesen Punkt zusammenzufassen: Mein Bruder und meine Schwester dürfen wegen dem, was ich
esse, nicht in Sünde geraten. Lieber will ich mein Leben lang auf Fleisch verzichten, als dass eines von meinen
Geschwistern durch mich zu einer Sünde verführt wird. // 1.Kor. 10,33
Bsp.: Ein Elektriker geht mit einem Lehrling zu einem Kunden. Die Arbeit die er ausführen muss, macht er in der
Regel ohne den Strom abzustellen. Er ist geübt in dieser Arbeit, weiss um die Gefahren, jeder Handgriff sitzt. Er
weiss aber, wenn der Lehrling dabei ist, darf er es nicht auf diese Weise tun, damit würde er ihn in Gefahr
bringen. Er macht die Arbeit so, dass der Lehrling es ohne Herzklopfen und Schweiss auf der Stirn auch machen
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kann. Der erfahrene Elektriker nimmt Rücksicht auf die Fähigkeiten des Lehrlings. Er will ihn nicht verleiten,
etwas zu tun, das ihm schaden könnte. Vergleichsweise geht es auch in diesem Kapitel darum, dass erfahrene
Christen Rücksicht nehmen auf jüngere im Glauben, um sie nicht in geistliche Gefahr zu bringen.
2.1) Zwei Fehl-(kurz)schlüsse
a) Es geht nicht um gute und schlechte Christen
1. Kor. 8,8 Die Bibel unterscheidet nicht zwischen einem guten und einem weniger guten Christen. Wir wurden
alle durch das gleiche vollkommene Opfer erlöst und gerecht gesprochen. Zudem macht es uns nicht besser
oder weniger gut, wenn wir eine Freiheit in Anspruch nehmen oder darauf verzichten. Der erfahrene Christ ist in
Gottes Augen nicht besser als der, der noch weniger weit ist.
b) Die erfahrenen Christen sollen die Gemeinde prägen
1. Kor. 10,15 Es gibt praktisch in jeder Gemeinde Menschen mit einem sensiblen oder eingeengten Gewissen.
Wenn alle Gemeindeglieder aus Liebe darauf Rücksicht nehmen und auf ihre Freiheiten verzichten, kommt es
schnell zu einer Fehlentwicklung. Aus dem jetzt allgemein praktizierten Verhaltensmuster (alle verzichten auf ihre
Freiheit, um die Schwachen nicht in Anfechtung zu bringen) werden falsche Schlussfolgerungen gezogen.
Verurteilt nicht: Genauso wie Paulus zur Rücksichtnahme für die Schwachen aufruft, so müssen andererseits
diese“ lernen, diejenigen nicht zu verurteilen, die ihrer Erkenntnis entsprechend freier leben (Röm 14,3). Es ist
falsch, wenn so genannte „Schwache im Glauben“ ihre sich selbst schützende Vorsicht (man könnte auch sagen
Gesetzlichkeit) zum Massstab für alle machen und dadurch nie in die Freiheit des Erfahrenen kommen.
Freiheit des Glaubens nicht aufgeben: Christus hat mit der Hingabe seines Lebens einen sehr hohen Preis
bezahlt, damit Er uns aus der Knechtschaft des Gesetzes zur Freiheit der Kinder Gottes führen konnte. Eine
Freiheit, die darin besteht, dass wir nicht mehr einen Verhaltenskatalog einhalten müssen (Gesetz), sondern aus
Liebe zu unserem Herrn seinen Willen suchen und tun. Lies dazu Jak. 1,25
Nochmals das Beispiel des Elektrikers:
Das Ziel des erfahrenen Elektrikers ist, dass der Lehrling die Gefahren richtig einschätzt, Geschicklichkeit und Handwerk lernt, so dass er auch einmal in dieser Freiheit, ohne Herzklopfen und Schweiss, die Arbeit machen kann wie ein
Erfahrener. Es wäre falsch, dem Erfahrenen zu sagen, dass nur die Art des Lehrlings die Richtige sei und alle so zu
arbeiten hätten.
2.2) Kp. 10,14-33 Ein „Pass auf“ für den erfahrenen Christen
Was sagt die Bibel über die Götzen (Gottesvorstellungen anderer Religionen) und ihre Macht? Lies Jesaja 44,9-20.
Wie verhalten sich die Aussage in V.8a mit dem, was wir in 1. Kor. 10,14ff lesen?
V.15.20-22 Paulus spricht zu den erfahrenen Christen und mahnt sie, dass ihre Freiheit sie nicht dazu verleiten
darf, dass Gegensätzliches gleichwertig wird. Die Freiheit aus Kp. 8 darf nicht dazu führen, dass der Christ
keinen Unterschied macht zwischen Götzendienst und Gottesdienst. Hier mahnt Paulus, nicht auf der Seite einer
missbrauchten Freiheit vom Pferd zu fallen V.20+21. Gott will von mir ungeteilte Hingabe V.22.
Was heisst das nun praktisch für uns heute? Was ist mögliches „Götzenopferfleisch“ 2013?
3) Wieviel Götzenopferfleisch darf es sein? – Grauzonen im Christenleben
Bsp.: Darf ich als Christ zu einem Fussballspiel am Sonntagnachmittag gehen?
Folgende Fragen können dabei eine Hilfe sein:
- Ist das was ich tun will Sünde – verfehle ich damit das Ziel des Glaubens? 1. Kor. 10, 23-26
- Was ist meine Motivation dabei? 1. Kor. 10,27-31
- Wann kann es eine Gefahr werden oder wird es zur Sünde? Die Grenzen vorher abstecken und Gefahren
vorher erkennen. Beachte dabei 1.Kor.10,22.32+33.
Sei transparent, lass einen Vertrauten wissen was du machst und redet & betet dann regelmässig darüber.
Weitere Fragen, zu der es in der Bibel kein direktes Ja oder Nein gibt, jedoch wir als Gemeinde ein
rücksichtsvolles Miteinander finden müssen ohne einander zu missachten oder zu verachten!
- Darf ein Christ rauchen? (Was ist ein Sucht- und was ein Genussmittel? Süssigkeit-, Kaffee-, Fleisch,- Ess-…Genuss oder Sucht?)
- Darf ich als Christ einen Tanzkurs besuchen?
- Darf ein Christ einem Freizeitverein beitreten?
- Darf ein Christ ins Kino gehen?
- Darf ein Christ Rock, HipHop, Rapp, oder moderne Klassik-Musik hören? (Beeinflusst nur der Inhalt oder auch der Musikstil?)
- Darf ein Christ Facebook, Twitter usw. benutzen? Wie ist es mit Internet? Fernsehen? ….
- Darf ein Christ Piercing haben? Und wie steht es mit Tätowierungen? (3.Mo.19,28 kontra 1.Kor.6,19? Und wenn wir
das mosaische Gesetz hier anwenden, warum essen wir dann Hasen- & Schweinefleisch Vgl. 3.Mo.11,6-8? -> Apg. 15,29 )
- Darf ein Christ Produkte benutzen die Sekten, Satanisten oder Ideologien unterstützen? (Bsp. Weleda, Homöopathie..)
Diese und viele weitere „Darf ein Christ“-Fragen lassen sich unter Zuhilfenahme der obigen 3 Fragen und
Bibelstellen klären. Dabei muss nicht für jeden ein Ja ein Ja und ein Nein ein Nein sein. Kannst du das tolerieren
ohne dem anderen seinen Glauben und seinen geistlichen Stand in Frage zu stellen?
Zusammengefasst:
Lasst eure Freiheit da aufhören, wo die Liebe für eure Geschwister und den Nächsten anfängt.
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Anhang: Vorsicht beim Beurteilen
Folgendes veranlasst Christen, ein Produkt nicht zu kaufen
„Hinter Ariel stecken Satanisten oder sie unterstütze diese“
Procter & Gamble ist ein US-amerikanischer, weltweit vertretener KonsumgüterKonzern mit Hauptsitz in Cincinnati, Ohio (USA). Das Unternehmen erwirtschaftete mit etwa 127.000 Mitarbeitern im
Geschäftsjahr 2009/2010 einen Nettogewinn von 12,7 Milliarden US-Dollar bei einem Umsatz von 78,9 Milliarden USDollar. Markenartikel von P&G. sind weit verbreitet.
Die bekanntesten und intensiv beworbenen Produkte des Unternehmens sind:
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Ariel (Waschmittel)
Always (Damenhygieneprodukte)
Alldays (Slipeinlage)
blend-a-med (Zahnhygiene)
Blendax (Zahnhygiene)
Braun (Elektrogeräte)
Dash (Waschmittel)
Duracell (Batterien)
Gillette (Nassrasierer)
Hugo Boss (Parfüm & Cosmetics)
Iams (Tiernahrung)
Lenor (Weichspüler)
Meister Proper (Waschmittel, Haushaltsreiniger)
Oil of Olaz (Kosmetik)
Pampers (Windeln und Feuchttücher)
Wella (Haarpflege)
Wick (Erkältungsprodukte)
Das würde dann aber bedeuten, dass man alle diese Produkte meiden müsste!
Vermeintliche „Verschwörungsforscher“ meinten, im alten Symbol des
Konzerns satanische Symbole entdeckt zu haben:
Folgende 2 Artikel aus dem Internet
Eine christliche Website:
http://www.gottes-kinder.de/hoax/procter.html
Proctor & Gamble – eine Firma von Satanisten?
Der Präsident von Procter & Gamble trat am 1. März 1994 in der Phil Donahue Show auf. Er kündigte dort an, dass er ein
Mitglied der „Church of Satan“ sei und seine Firma diese Kirche finanziere. Als er von Donahue gefragt wurde, ob er keine
Angst habe, dass seine Erklärung sein Geschäft störe, sagte er: „Es gibt nicht genug Christen in den USA, um einen
Unterschied herbeizuführen.“
Okay, hier spielen finanzielle Gründe eine Rolle. Sehen wir uns alles mal nacheinander an:
1. Kein Präsident von Procter & Gamble trat in der Phil-Donahue-Show auf – dies wurde von den Machern der Show
bestätigt.
2. Procter & Gamble sind eine Aktiengesellschaft. Das heisst, sie müssen offenlegen, wo Geld ausgegeben wird. Es ist
nachweisbar, dass keine Gelder von P&G an die „Church of Satan“ geflossen sind.
3. Der Präsident von P&G war niemals Satanist und hat dies auch niemals behauptet.
Ziel dieses Gerüchts war, dass genügend Kunden P&G-Produkte boykottieren. Im Wirtschaftsleben ist so ein
Vorgehen durchaus üblich – viele Firmen haben schon ähnliche Erfahrungen gemacht. In Deutschland ist die Methode,
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einer Firma Kontakte zu Scientology zu unterstellen, lange Zeit sehr wirksam gewesen – egal, ob es stimmte oder
nicht.
Spiegel Online veröffentlichte einen interessanten Bericht dazu bereits 1982 der sich mit der
Aussage oben deckt:
US-FIRMEN
Ganz schlimme Lügen
Tausende Amerikaner fragten an, ob der Waschmittelhersteller Procter & Gamble seine Gewinne
zur Verbreitung von Satanskulten nutze.
Harley Procter war nicht nur ein geschäftstüchtiger, sondern auch ein frommer Mann. So ging ihm 1879 bei der Lektüre
des 45. Psalms auf, daß das in den frommen Sprüchen enthaltene Wort "Elfenbein" ein hübscher Name für die noch
namenlose Seife sei, die er produzierte. "Ivory Soap" wurde der erste große Markenerfolg des HaushaltsmittelKonzerns Procter & Gamble (P & G).
Erfolgreich (Umsatz 1980: elf Milliarden Dollar) und gottesfürchtig zugleich blieb das Haus auch weiterhin. 1977
stoppte es seine Kaffeekäufe in Uganda, nachdem amerikanische Kirchenführer der Firma vorgeworfen hatten, sie
unterstütze das blutige Regime Idi Amins. Voriges Jahr weigerte sich der Konzern, solche Fernsehprogramme durch
Werbung zu unterstützen, die nicht P&Gs strengen Maßstäben für familienfreundliche TV-Unterhaltung standhielten.
Es nutzte alles nichts. In der ersten Hälfte dieses Jahres ging Procter & Gambles makelloser Ruf im wahrsten Sinne
des Wortes zum Teufel: Im Verlaufe eines Monats erkundigten sich 15 000 empörte Amerikaner, so zählte das
Firmenhauptquartier in Cincinnati (Bundesstaat Ohio), ob es denn stimme, daß der Konzern einen Teil seiner Gewinne
in die Förderung von Satanskulten investiere.
In den Verdacht, des Teufels zu sein, war der Reinigungsmittelhersteller (Produkte in Deutschland unter anderem
Ariel, Dash, Meister Proper) schon vor zwei Jahren gekommen. Das Firmenzeichen der Company - ein rauschebärtiger
Mann im Mond, der 13 Sterne betrachtet - sei, so ging das Gerücht, ein altes Symbol bei Teufelsanbetern.
Andere Amerikaner vermuteten hinter dem Signet eine heimliche Zugehörigkeit zum Kult des umstrittenen
koreanischen Reverend Mun.
Doch solange sich die Gerüchte in Grenzen hielten, störte es die P&G-Manager nicht weiter. Mit ihrer Ruhe war es
vorbei, als in der ersten Jahreshälfte Sekten-Geistliche von ihren Kanzeln im frommen Süden der USA verkündeten,
Procter & Gamble huldige dem Teufel, und treue Seelen zum Boykott von Firmenprodukten aufriefen.
In Supermärkten kursierten Handzettel, auf denen die unfrohe Botschaft an die Käufer gebracht wurde. "Ist Ihnen
bewußt", fragten die Flugblätter, "daß die Firma schnell pleite wäre, wenn alle Christen auf der Welt aufhörten, Procter&-Gamble-Produkte zu kaufen?" P&G-Vertreter fanden die Reifen ihrer Autos zerschnitten vor, wenn sie von
Kundenbesuchen zurückkamen.
Da half es wenig, daß sich der Konzern in Rundschreiben an Zeitungen und Kirchengemeinden gegen den Verdacht
wehrte. Procter-&-Gamble-Vorstand Edward Harness ließ sich gar vom Chef der "Moralischen Mehrheit", Reverend
Jerry Falwell, auf Glaubenstreue untersuchen. Der rechte Sekten-Politiker: "Ich bin sicher, daß weder er (Harness)
noch sein Konzern mit Satanismus oder Teufelsanbetung in Verbindung gebracht werden kann."
Als trotz solchen moralischen Persilscheines die Gerüchte nicht verstummen wollten, schlug die Firma Anfang Juli
zurück: In Georgia und Florida, knapp drei Wochen später auch in Tennessee und New Mexico, verklagte sie
unverbesserliche Gerüchteverbreiter vor Gericht wegen Verleumdung. Die Aktion hatte Erfolg: Seitdem erkundigen
sich monatlich nur noch rund 6000 Anrufer, was es mit Procter & Devil auf sich habe.
Derlei Gerüchtekampagnen sind in den USA nicht neu. In den dreißiger Jahren gab es Firmen, die sich auf die
Ausbreitung von Flüster-Kampagnen spezialisierten. Die Gerüchte sollten Kundschaft von einem Hersteller zum
anderen locken. So wurde verbreitet, daß Lepra-Kranke in der Fabrik einer bestimmten Zigaretten-Marke arbeiteten
oder daß eine andere Firma Adolf Hitler finanziell unterstütze.
Doch auch in jüngster Zeit wurde immer wieder gemunkelt. 1978 traf es die Hamburger-Brater McDonald's.
Geschäftseinbußen in Kentucky, Georgia, Ohio und Indiana waren die Folge eines Gerüchts, wonach McDonald's zur
Aufbesserung des Proteingehaltes Regenwürmer in ihren Buletten verarbeite. Der damalige USLandwirtschaftsminister Bob Bergland mußte bestätigen, die Fleischklopse unterlägen ständigen Qualitätskontrollen.
Sogar im aufgeklärten Nordosten des Landes mußte sich 1977 der Naschwarenhersteller Life Savers mit
Zeitungsanzeigen wehren, als sich unter Schulkindern das Gerücht herumgesprochen hatte, die beliebte
Kaugummimarke "Bubble Yum" werde mit Spinneneiern verfeinert. Schlagzeile der ganzseitigen Anzeige in der "New
York Times": "Irgend jemand erzählt Ihren Kindern ganz schlimme Lügen".
Marketing-Experten sind bei der Frage nach der Entstehung solcher Gerüchte weitgehend ratlos. Immerhin, von den
sieben Personen, gegen die Procter & Gamble Klage erhoben hat, verkaufen sechs Reinigungsmittel von
Konkurrenzfirmen.
DER SPIEGEL 34/1982
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