Arztraum 02/2010 - Stefan Ludes Architekten
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Arztraum 02/2010 - Stefan Ludes Architekten
Nr. 2_ 2010 Das Bau- und Einrichtungsspecial der Ärzte Zeitung für Praxis und Klinik Einrichtungspsychologie Design gegen die Angst _ 6 Aufgefrischt: Wasserspender liefern sprudelnd kühles Nass _ 3 Aufgemöbelt: Schreibtische sind Chefsache _ 4 Angebaut: Architekt Stefan Ludes ist Experte für Krankenhäuser _ 11 2 M A R K T U N D I N N O VAT I O N EDITORIAL Sven Rohde, Objektleiter AUSGABE 2 Farben der Poesie DONNERSTAG, 29. JULI 2010 NEU AUF DEM MARKT Im Museum Frieder Burda in Baden-Baden kann man in diesem Sommer die bunte Welt des vielfach begabten katalanischen Malers und Liebe Leserin, lieber Leser, Bildhauers Joan Miró erleben. ängstliche Patienten sind eine Alltagserfahrung in Klinik und Praxis. Es kann die Angst vor einer Untersuchung, einer Diagnose oder einer OP sein, und natürlich ist jeder, der seine Erfahrungen damit gemacht hat, darauf vorbereitet und geschult zu beruhigen. Man kann sich dafür freilich auch Hilfe holen – beim Innenarchitekten. Die beruhigende Kraft von Farben und Materialien, die angstlösende Wirkung von hellem Licht ist in der Tat verblüffend. Und nicht nur das: Wie die Beispiele beweisen, die wir Ihnen in diesem ArztRaum zeigen, lässt sich ein auf wahrnehmungspsychologischen Erkenntnissen basierendes Gestaltungskonzept ausgesprochen attraktiv und pragmatisch umsetzen. „Wie möchte ich als Patient empfangen werden?“ Das war die Leitfrage bei der Einrichtung einer radiologischen Praxis in Heidelberg. Gestellt hatte sie die Frau des Radiologen, eine Psychologin. Das Ergebnis (auf den Seiten 6 und 7): überzeugend. Interdisziplinär entstehen häufig die besseren Lösungen. Ihr F IMPRESSUM Verlag und Redaktion Ärzte Zeitung Verlagsgesellschaft mbH Geschäftsführung Harm van Maanen (Vorsitzender), Lothar Kuntz Chefredaktion Wolfgang van den Bergh Chef vom Dienst Michael Schürmann ür Jean-Louis Prat ist es so etwas wie ein Heimspiel. Und das in zweifacher Hinsicht. Zum einen hat der Ausstellungsmacher für das Museum Frieder Burda schon zwei erfolgreiche Schauen – „Chagall. In neuem Licht“ (2006) und „Die Skulpturen der Maler“ (2008) – kuratiert. Zum anderen war Prat eng mit dem Mann befreundet, dem in diesem Jahr die große Sommerausstellung in Baden-Baden gewidmet ist: Joan Miró (1893–1983). Prats doppelte Bindung – an den Ausstellungsort und an den surrealistischen Künstler – ist Garant für das Gelingen der aktuellen Zusammenstellung von gut 100 Werken des in Barcelona geborenen Joan Miró. Unter den 30 Leihgebern aus der ganzen Welt zeigt sich die Familie des Künstlers besonders spendabel: Sie gab aus ihrer privaten Sammlung 25 Werke für die Präsentation in dem 2004 eröffneten Richard-Meier-Bau frei, das eigens aus diesem Anlass umgestaltet wurde. Zwar bilden farbenfrohe Gemälde den Schwerpunkt der Sonderausstellung. Es sind aber auch Skulpturen, Keramiken und Papierarbeiten des vierfachen documenta-Teilnehmers in den großen, hellen Museumsräumen im Herzen des weltberühmten Kurortes zu sehen. Inspiriert durch die Malerkollegen Vincent van Gogh, Paul Cézanne, Henri Matisse sowie seinen Landsmann Pablo Picasso fand der Sohn eines Goldschmieds, der bis zum Einmarsch der Deutschen 1940 in 50 Karten für die Orgatec gewinnen M E S S E . Vom 26. bis 30. Oktober präsentiert die Orgatec 2010 alles zu den Themen Einrichtung, Beleuchtung, Bodenbelag und BüroOrganisation. Der ArztRaum als Medienpartner verlost 50 Eintrittskarten. Schicken Sie eine Mail an [email protected]. Pro Gewinner gibt es zwei Karten. Bitte vollständige Adresse angeben. www.orgatec.de Klassiker für den Gebrauch im Alltag Besticht durch kräftige Farbgebung: Mirós Gemälde „L‘or de l‘azur“ (1967) aus der Fundació Joan Miró, Barcelona. © Successió Miró / VG Bild-Kunst, Bonn 2010; Foto: Jaume Blassi Paris und später auf Mallorca lebte, zu einer ganz unverwechselbaren, symbolhaften Bildsprache. Es gibt sicher wichtigere Künstler als Miró, aber nur wenige, deren Werk sich einer so großen Beliebtheit erfreut. Ein Grund dafür dürfte die starke Farbigkeit seiner Bilder sein, die fast immer ausgesprochen heiter wirkt. Die Ausstellung ist noch bis zum 14. November zu sehen. Der Begleitkatalog (224 Seiten, 24,80 Euro) ist im Verlag Hatje Cantz erschienen. Mit Picasso befreundet: Joan Miró 1931 © Thérèse Bonney, Paris in seinem Atelier D ie Gestaltung wird wieder wichtiger bei neuen Krankenhäusern. Das zeigen die Architekten Hans Nickl und Christine Nickl-Weller (siehe Porträt ArztRaum 1/2010) in ihrem neuen, dreisprachigen Buch (Englisch, Deutsch, Französisch) „Masterpieces: Hospital Archi- Ein Dreh – und weg ist die Feder tecture + Design“ (Braun Publishing AG, 304 S., 39,90 Euro), das 61 internationale Bauprojekte – vom kleinen Krankenhaus über die Fachklinik bis zum Großkomplex – vorstellt. Ihre Bestandsaufnahme macht auch deutlich, dass viele Bauherren von Architekten heute die Erfüllung eines weiteren Kriteriums erwarten: die Steigerung der Lebensqualität für Patienten und Personal durch bauliche Elemente. 445 Abbildungen geben vom Gelingen hier und dort Zeugnis. www.braun-publishing.ch S C H R E I B G E R Ä T. Ein Füller ohne Kappe? „Da läuft doch die Tinte raus“, denkt man instinktiv. Doch Lamy ist nicht erst seit gestern im Geschäft. „Dialog 3“ heißt die innovative Lösung, die der Schweizer Designer Franco Clivio gefunden hat. Ein Dreh, und die teil-platinierte Feder ist vor Austrocknung und Schmutz geschützt. Neues Fachbuch. © Braun Publishing Redaktion Hauke Gerlof (verantw.), Sven Rohde (Objektleitung), Reinhard Helling, Sabine Henßen Kontakt [email protected] [email protected] Tel. 040/8816744-0 DER PRAXISKLASSIKER Grafisches Konzept Till Schlünz, Stephan Thomaier Layout Mone Beeck (Artdirector) Anzeigen Ute Krille (Tel. 06102/506-157) Titel Aufenthaltsraum der Kinder- und Jugendpsychiatrie im evangelischen Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge, www.keh-berlin.de; Foto: diephotodesigner.de Vier der elf USM-Farben. © USM Haller www.wilhelm-wagenfeld-stiftung.de www.museum-frieder-burda.de Von Fachleuten inspiziert Ein Architektenehepaar hat neue Gesundheitsbauten auf den Prüfstand gestellt. A U S S T E L L U N G . Ob die Salz- und Pfefferstreuer „Max“ und „Moritz“, die Bauhausleuchte WG 24 (siehe ArztRaum 1/2010) oder die Teekanne für Jena Glas – was der Industriedesigner Wilhelm Wagenfeld (1900–1990) entwarf, war schön und taugte für den Gebrauch im Alltag. Zum 110. Geburtstag zeigt die Wagenfeld Stiftung in Bremen bis zum 12. 9. eine Retrospektive. Stahlrohr-Möbelsystem USM Haller Am Anfang war die Messingkugel. Dann kamen sechs Gewindebohrungen und verchromte Stahlrohre hinzu. Am Ende folgten die Verkleidungen für die Seitenflächen. Und schon war das Grundgerüst des Möbelsystems fertig, das heute unter dem Namen USM Haller in der ganzen Welt bekannt ist und für die gelungene Verbindung von Eleganz und Perfektion steht. 1962 hat der Schweizer Architekt Fritz Haller im Auftrag des Diplomingenieurs Paul Schärer aus Münsingen das Bausystem erfunden, 1969 begann die Serienproduktion, seit 2001 ist es durch die Aufnahme in die ständige Sammlung des Museum of Modern Art in New York geadelt. Heute kann man sich die vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten (Verkleidungselemente in elf Farben und drei Materialien) für Möbel aller Art in Showrooms von Bern bis Tokio ansehen oder sich im Internet individuell seinen WunschSchrank konfigurieren lassen. www.usm.com www.lamy.de Frische Luft ohne lästige Geräusche V E N T I L AT O R . Schnell kreisende Rotorblätter bringen im Sommer zwar Frischluft, aber auch Unruhe. Nicht so der „Air Multiplier Vertilator“ von Dyson, der mit neuer Technik lediglich den Luftstrom verstärkt. Das leicht zu reinigende Gerät sieht aus wie ein Dressurreifen für Kleintiere und wurde mit dem iF gold award ausgezeichnet. www.dyson.de AUSGABE 2 STIL UND IMAGE DONNERSTAG, 29. JULI 2010 Sauber eingeschenkt Gallone oder Leitung? Diese Frage stellt sich, wenn ein neuer Wasserspender das Service-Angebot für Patienten bereichern soll. Beide Systeme haben Vor- und Nachteile. Von Benedikt Baikousis Erfrischt und löscht den Durst besser als alles andere – ein Glas Wasser. G erade an heißen Tagen kann Durst zur Qual werden. Und wenn sich dann auch noch die Zeit im Wartezimmer für die Patienten hinzieht, sollten Kliniken und Arztpraxen vorbereitet sein und ihnen ein erfrischendes Getränk anbieten können. Wenig elegant ist das Glas Leitungswasser aus dem Hahn der Teeküche. Professionell wirkt dagegen ein Wasserspender zur Selbstbedienung, vielleicht sogar ergänzt mit Gläsern in einheitlichem Design. Zwei Varianten an Wasserspendern mit Kühlung hält der Markt bereit: mit Anschluss ans Leitungsnetz oder Systeme mit Wassergallonen. „Wir bieten beide Systeme an – zur Miete oder zum Kauf“, sagt Michael Worpenberg von Aqua Trend. Für 24 Euro monatlich vermietet die Firma zum Beispiel einen GallonenWasserspender aus Edelstahl, der Wer Wasserspender aufstellt, muss auf eine einwandfreie Hygiene achten. Kaufpreis beträgt 810 Euro. Hinzu kommen 18,50 Euro für die vorgeschriebene Wartung pro Quartal sowie 11,50 Euro für eine 18,9 Liter fassende Wassergallone – Anlieferung inklusive. Unerlässlich: eine regelmäßige hygienische Betreuung Deutlich günstiger sind die Verbrauchskosten von Geräten mit Anschluss an die Wasserleitung. Denn der Liter Leitungswasser kostet nur 0,5 Cent, der Liter GallonenWasser dagegen 60 Cent. Dafür ist der Anschaffungspreis für ein leitungsgestützes Gerät, das das Wasser mehrfach filtert, höher. Kleine Tischanlagen gibt es für rund 1200 Euro. „Die Preise für größe- © Fotolia 3 re Wasserspender mit Anschluss ans Leitungsnetz bewegen sich zwischen 2000 bis 3500 Euro“, sagt Peter Röhl von AquaTechnik-Röhl. Hinzu kommen noch 69 Euro pro Wartung, die laut Röhl zwei- bis viermal im Jahr durchgeführt werden sollte. Wer will, kann so ein Gerät auch leasen. Auch bezüglich des Themas Hygiene haben die Leitungswasser-Geräte Vorteile. Denn Gallonen müssen alle zwei bis drei Wochen ausgetauscht werden – auch wenn sie noch halb voll sind. Darüber hinaus sollten die Gallonen nicht im Sonnenlicht stehen. Insgesamt gilt für alle Wasserspender-Systeme: Sie müssen samt Hahn und Schläuchen regelmäßig gewartet, gereinigt und desinfiziert werden. Die Verkaufsstellen bieten einen entsprechenden Service an. Eine unabhängige Beratung offerieren auch Institute wie Fresenius oder das Institut für mikrobiologische Qualitätssicherung. GUT ZU WISSEN • Gallonensysteme: Sie sind günstig in der Anschaffung, aber sehr teuer im Verbrauch: Der Liter Gallonenwasser, etwa von der Firma Aqua Trend, kostet 60 Cent. Zudem: Aus hygienischen Gründen müssen die Gallonen alle zwei bis drei Wochen ausgetauscht werden. • Leitungswasser-Systeme: Sie sind teurer in der Anschaffung, dafür sehr viel günstiger im Verbrauch. Ein Liter Leitungswasser kostet nur 0,5 Cent. • Hygiene: Beide Systeme müssen regelmäßig gewartet werden. In Kliniken gelten dabei strengere hygienische Richtlinien als in Arztpraxen. Wasserspender mit LeitungsnetzAnschluss gibt es auch als Tischgerät. © Siemens Ein Spender, der sein Wasser aus Gallonen bezieht. © Gerolsteiner hgschmitz.de Neu. Gira Rufsystem 834 Plus Das neue Rufsystem mit Sprachfunktion passend zum Schalterprogramm Das neue Gira Rufsystem 834 Plus ist ein Bussystem zum Hilferuf und zur Kommunikation in Krankenhäusern, Arztpraxen, Pflegeheimen und Wohnanlagen. Es ermöglicht, Notrufe auszulösen und Gespräche in bestechend hoher Sprachqualität zu führen – auch in Sanitärbereichen. Das System erfüllt die Anforderungen der DIN VDE 0834 und ist in die Gira Schalterprogramme integriert. Per Plug and play ist es überaus leicht zu installieren. Mehr Informationen: www.gira.de/rufsystem834plus Abb. von links: Gira Dienstzimmerterminal mit Sprachfunktion, Arztruf und Anwesenheit 2; Tastschalter / SCHUKO-Steckdose; Zimmersignalleuchte. Schalterprogramm links: Gira E2, Reinweiß glänzend, rechts: Gira Esprit, Glas Schwarz/Farbe Alu 4 M AT E R I A L U N D T E C H N I K AUSGABE 2 DONNERSTAG, 29. JULI 2010 Komfortabel: „Heritage“ ist in der Höhe bis 1,17 Meter elektrisch verstellbar und bietet uneingeschränkte Beinfreiheit. Ab ca. 3500 Euro. www.inwerk.de Massiv: Das Modell „Bremen“ überzeugt mit zeitlosem Design und einer hochwertigen Verarbeitung. Preis auf Anfrage. www.rohde-grahl.com Bunt: „BaObab“ ist Tisch und Skulptur zugleich. Die besondere Form bietet viel Stauraum. Ca. 2500 Euro. www.vitra.com Die Auswahl ist Chefsache Ein guter Praxis-Schreibtisch ermöglicht komfortables Arbeiten und bietet eine Plattform für das Gespräch mit den Patienten. Er ist zugleich individuelles Statussymbol, exklusives Designobjekt und prägend für das Arztzimmer. Von Franziska Stelter Klar: „Lorenco“ verbindet Glas und verchromtes Metall. Ca. 800 Euro. www.kare-design.com D eutsche Ärzte sitzen täglich zwei bis drei Stunden an bürokratischen Aufgaben am Schreibtisch – das stellte das eHealth-Unternehmen „CompuGROUP“ in einer aktuellen Umfrage fest. Hinzu kommt seine Rolle als Kommunikationsplattform: Patientengespräche werden oft über das zentral, zwischen den Gesprächspartnern platzierte Möbel hinweg geführt. Ein enormes Angebot an Material, Form und Farbe stellt jeden Mediziner vor eine schwierige Entscheidung. Ganz frei ist man bei der Wahl des idealen Schreibtisches allerdings nicht: Damit sich beide – Arzt und Patient – vor und hinter dem Möbel wohlfühlen, gilt es, einige Aspekte zu beachten. So sollte die Raumatmosphäre berücksichtigt werden: In einer traditionellen Praxis etwa wirkt ein futuristischer Designertisch in knalligem Grün fehl am Platz. Ebenso würde ein massives Holzgebilde in schlicht-modernen Räumlichkeiten von den Patienten leicht als Störfaktor wahrgenommen werden. Als Fauxpas könnte sich ein schwarzer Schreibtisch er- weisen. Einersets liegen die dunklen Möbelstücke stark im Trend, weil sie dem Raum eine edle Note und dem Besitzer Würde verleihen. Allerdings steht Schwarz auch für Trauer und Leid. Dies könnte im Unterbewusstsein der Patienten negative Assoziationen auslösen und Ängste hervorrufen. Empfehlenswert für Praxis und Klinik sind eher warme sowie fröhliche Farben oder – wo es mit der restlichen Einrichtung harmoniert – ein dezentes Designerstück. G R O S S E A U S WA H L Ihr neuer Traum-Schreibtisch ist auf dieser Seite nicht dabei? Dann haben Sie vielleicht Glück in Köln. Dort präsentiert die Orgatec eine große Auswahl an Tischen und Stehpulten. Auf Seite 2 erfahren Sie mehr über die Internationale Leitmesse für Office and Object und unsere Verlosung von 50 Freikarten für einen Messebesuch. Extravagant: Der formschöne „i-con-desk“ ist in verschiedenen Größen erhältlich. Ca. 3500 Euro. www.arco-moebel.de ERGONOMISCH UND SICHER Anforderungen an den Praxis-Schreibtisch Es liegt im Ermessen des Arztes, welchen Schreibtisch er für sein Chefzimmer wählt. Die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) hat jedoch Anforderungen an den Arbeitsplatz formuliert, an denen man sich bei der Wahl des Möbels orientieren kann. • Sicherheit: Zu diesem Aspekt zählen Material, Oberfläche und Stabilität. Es muss gewährleistet werden, dass die verwendeten Rohstoffe den täglichen Bean- spruchungen standhalten. Zudem darf keine Verletzungsgefahr, etwa an scharfen Ecken, bestehen. Bei Belastungen darf der Tisch nicht nachgeben. Stabilität ist bei Stehpulten sehr wichtig. • Ergonomie: Eine Tischhöhe von 72 Zentimetern ist Standard, höhenverstellbare Modelle sind variabel bis 118 Zentimeter. Die Mindestiefe liegt bei 80 Zentimetern, die Ablagefläche sollte minimal 128 Quadratzentimeter betragen. Modern: „Lane“ kombiniert Lack und Holz in diversen Designs. Preis auf Anfrage. www.renz.de AUSGABE 2 M AT E R I A L U N D T E C H N I K DONNERSTAG, 29. JULI 2010 Zwischen Licht und Schatten Klassisch, aber nicht langweilig, geradlinig, aber nicht streng – Sonnen- und Sichtschutz ist in Praxisräumen unverzichtbar und sollte vor allem eines: die Praxis in ein gutes Licht tauchen. Von Irene Altenmüller Ein optimaler Sichtschutz sollte flexibel und designtreu sein G enügend Tageslicht hereinlassen und die Blicke neugieriger Passanten aussperren, den Raum freundlich und hell erscheinen lassen – diese Anforderungen sollte ein modernes Sonnen- und Sichtschutzsystem in einer Arztpraxis erfüllen. Ob Rollo, Jalousie, Flächenvorhang oder Faltstore – an Form, Farbe und Material hat der Markt einiges zu bieten. Bei der Auswahl sollte man sorgfältig vorgehen: Die Art des Sichtschutzes prägt den Gesamteindruck eines Raumes in ähnlicher Weise wie Einrichtungsgegenstände. Der Favorit in vielen Praxen ist nach wie vor der Lamellenvorhang. Die vertikalen Lamellen schneiden das Sonnenlicht in feine Streifen, genau im gewünschten Maße. Technisch ist dieser Klassiker auf dem neuesten Stand: Stoffe gibt es mit unterschied- lichsten funktionalen Eigenschaften, ob antibakteriell, feuchtigkeitsabweisend oder in verschiedenen Reflektionsstärken. Der Bedienkomfort reicht von Schnurzug mit Kette bis zum Elektroantrieb. Durch die flexibel einstellbaren Lamellen lässt sich der Raum komplett verdunkeln, aber auch einzelne Teile lassen sich gezielt mit Tageslicht erhellen. Von der Funktion her ähnlich ist die Horizontal-Jalousie. Auch hier gibt es sogenannte Lichtlenkjalousien, deren Lamellen sich unabhängig voneinander verstellen lassen und so auf die Lichtverhältnisse im Raum flexibel reagieren können. Für alle Systeme gilt: Ebenso wichtig wie reflektierende Materialien – beispielsweise durch Metallbeschichtungen – ist die Farbe: Dunkle Töne absorbieren, helle reflektieren das Licht. „Flächenvorhänge wirken elegant und verleihen dem Raum Großzügigkeit.“ Birgit Kuhnke, Einrichtungsberaterin „In Praxen arbeiten wir zurzeit viel mit Flächenvorhängen in hellen Farben“, erklärt Birgit Kuhnke, Objektberaterin beim Hamburger Inneneinrichter Lübbers. Flächenvorhänge sind Stoffbahnen, die an einer Schiene oben aufgehängt und am unteren Ende beschwert sind, sodass die Oberfläche immer glatt ist. „Sie wirken elegant und edel, verleihen dem Raum Großzügigkeit und Ruhe“, so Kuhnke. Für eine praktische und optisch ansprechende Art des Flächenvorhangs hat sich die Hamburger Innenarchitektin Birgit Schnaase bei der Einrichtung einer Praxis entschieden: Vor den Fenstern brachte sie Plexiglasscheiben in unterschiedlichen Farbtönen zwischen Rot und Weiß an, 5 Spiel mit Licht und Fläche: Plexiglasscheiben in den Corporate Colours der Praxis, unabhängig voneinander verschiebbar und leicht zu reinigen. © Morten Strauch abwaschbar und leicht zu reinigen, die unabhängig voneinander verschoben werden können, sodass immer wieder unterschiedliche Lichtfilter und Farbflächen entstehen. „Die vier Farben sind dabei die Farben der Praxis, die sich auch in anderen Einrichtungselementen wiederfinden“, erklärt die Innenarchitektin. Wer sich noch einen Schritt weiter in Richtung Individualisierung wagt, für den kommen die Möglichkeiten moderner Computertechnik infrage. So ist es möglich, Jalousien, Rollos oder Flächenvorhänge mit Schriftzügen zu bedrucken. Auch das eigene Logo lässt sich in den Sonnen- und Sichtschutz integrieren. Dies sollte aber möglichst unaufdringlich wirken, schließlich geht es um den Gesamteindruck der Praxis – und darum, dass sich der Patient dort gut aufgehoben fühlt. Funktional, edel und dekorativ: Der vertikale Lamellenvorhang ist ein flexibler Klassiker. © Luxaflex Ich will schon möglichst kostenoptimiert bauen. Aber nicht auf Kosten anderer. Die Beheizung über Holzpellet-Anlagen aus dem nachwachsenden Rohstoff Holz, die weltweit patentierte biologische Wärmedämmung HOIZ oder die Nutzung erneuerbarer Energien: Wenn es um die ökologische Konzeption von Objektbauten geht, ist BAUFRITZ für Unternehmen aus allen Branchen und Bereichen der ideale Ansprechpartner. Mit unserer 114-jährigen Erfahrung im Holzbau und über 40 eigenen ‚Patenten der Natur‘ erzielen wir durch den Einsatz umweltschonender Ressourcen und Technologien nennenswerte Einsparungen. Und erreichen sogar Klimaneutralität mit unseren Null-Emissions-Gebäuden. Entdecken Sie eine ökologische Investition, die sich rechnet: www.baufritz-at.de Ausgezeichnet mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2009 6 T I T E LT H E M A AUSGABE 2 DONNERSTAG, 29. JULI 2010 Auf Design-Inseln die Sorgen vergessen Lichtplanung nach wahrnehmungspsychologischen Erkenntnissen, individuelle, sehr persönliche Einrichtungsphilosophien oder neue Raumkonzepte in Arztpraxen und Kliniken können kleinen und großen Patienten die Ängste in Ausnahmesituationen nehmen – und damit den Therapieerfolg maßgeblich steigern. Von Sabine Henßen Die pink leuchtenden Glaselemente der Palisander-Theke sollen die Angst vorm Kernspin nehm E lise ist zwar eine Prinzessin, doch schreien, toben und weinen, wie sie gerade will, darf sie darum noch lange nicht. So zieht sie sich gern auf ihre Insel zurück, um einfach mal in Ruhe durchzuatmen. Ganz ähnlich wie der Prinzessin ergeht es auch Kindern, die eine Therapie machen. „Psychotherapie wirkt bei Kindern und Jugendlichen, wenn sie sich öffnen und anvertrauen können“, so Dr. Kamilla Körner-Köbele, Chefärztin der Kinder- und Jugendpsychiatrie im Evangelischen Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge (KEH) in Berlin-Lichtenberg. „Und dafür braucht es ein heilsames Milieu.“ Seit Oktober 2009 begrüßt Elise, das Maskottchen der Patienten zwischen 3 und 18 Jahren, die Ankömmlinge im Eingangsbereich ihres Eilandes. Entwickelt wurde das Konzept, junge Patienten auf eine imaginäre Insel zu schicken, von den Ärzten, Psychologen und Therapeuten der Abteilung gemeinsam mit dem Berliner Architekturbüro Dan Pearlman. „Wir sprachen mit den Psychologen, den Kindern und Jugendlichen. Es sollte nichts schöngeredet werden, aber auch keine falschen Bilder entworfen werden, die nach hinten losgehen. So entwickelten wir die Insel-Metapher“, erläutert Prime Lee, Architekt und Konzeptioner bei Pearlman. Eine therapeutische Auszeit auf der Insel nehmen Eine Metapher, die an Urlaub erinnere, an einen Ort, den man irgendwann auch wieder verlassen wird. Kindern, Jugendlichen und ihren Eltern die Angst nehmen, einen positiven Blick auf die Therapie vermitteln, sodass sie den Aufenthalt im KEH als Auszeit begreifen und keinesfalls als Strafe dafür, nicht mehr zu funktionieren, das gehörte zu den Leitideen. Die Kids sollen sich geborgen fühlen, Sicherheit und Förderung erfahren in Strukturen, die ihnen Halt geben. „Wir haben es geschafft, die inhaltlichen Konzepte mit der räumlichen Situation in Einklang zu bringen“, so Körner-Köbele. Ein Raum- und Kommunikationskonzept, das Austausch- und Rückzugsmöglichkeiten bietet – und sich durch den Einsatz von Farben, Formen und Materialien an die Bedürfnisse der unterschiedlichen Altersgruppen anpasst. „Für die 3- bis 7-Jährigen haben wir eine Dünenlandschaft mit viel flauschigen Oberflächen kreiert. Die 8- bis 13-Jährigen schießen in die Höhe, wollen klettern, darum die Palmhütte, in die sie sich oben hineinsetzen können. Und die 14- bis 18-Jsährigen haben den Hafen als Bild, denn die wollen auch mal mit dem Schiff verreisen“, beschreibt der Kreative Lee die verschiedenen Stationen auf der Insel. Die Farbwelt Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge: Architekten schufen gemeinsam mit den Therapeuten „Elises Insel“. © diephotodesigner.de Das Maskottchen „Elise“ schuf Illustrator Gregor Hinz. HIER LESEN SIE … ... wo interdisziplinäre Raumkonzepte entstehen. ... warum Praxisdesign Persönlichkeit haben soll. ... wie viel Helligkeit gegen das Unbehagen hilft. deckt Sand- und Orangetöne, Grünund Brauntöne und auch Blautöne ab. „Auf krasse Kontraste haben wir auf Anraten der Psychologen verzichtet“, so Prime Lee. Dr. Philip G. Petry, Facharzt für radiologische Diagnostik in Heidelberg, setzt dagegen auf die Leitfarbe Pink – und auf Kunst, um Ängste bei den Patienten zu lösen. „Wer zum ersten Mal in die Praxis kommt und die großformatigen Ölgemälde von Dietmar Brixy sieht, stoppt kurz und fragt: Bin ich hier richtig? Doch dann reagieren die Patienten begeistert, weil ihnen Atmosphäre zusagt“, berichtet der Radiologe. Petry setzte auf ein sehr persönliches Gestaltungskonzept, um die 750 Quadratmeter große Praxis in eine stress- und angstfreie Umgebung zu verwandeln: „Meine Frau hat mich beraten. Sie hat neben Psychologie auch Kunst studiert und ein sehr gutes Empfinden für Farbe und Formen. Ich plante zunächst eine sehr klassische Praxis. Doch sie sagte: Da würde ich mich unwohl fühlen!“ Und entwarf das Gestaltungskonzept so, wie sie als Patient empfangen werden Ein Raum- und Kommunikationskonzept, das in der Kinder- und Jugenpsychiatrie für Geborg AUSGABE 2 T I T E LT H E M A DONNERSTAG, 29. JULI 2010 7 KURZ GEFRAGT „Helles Licht lässt Ängste verschwinden“ Der Leiter der wahrnehmungspsychologischen Abteilung des Bartenbach Lichtlabors rät, Patienten mit 2500 Lux zu umgeben. Er sagt aber auch: Helligkeit sollte man mit Informationen, etwa Designelementen, kombinieren. men. Während der Untersuchung in der Praxis Dr. Petry illuminiert ein Farbwechsler den MRT-Raum und lenkt die Patienten ab. © Dr. P. Petry wollte. „Wir haben viel Leidenschaft ins Design gesteckt und ein Jahr geplant“, so Petry. Dass der persönliche Geschmack des Arztes durchaus in das Praxisdesign einfließen sollte, rät auch Johannes Kottjé, Architekt und Buchautor: „Ich habe mit ihm als Persönlichkeit zu tun. Anderenfalls könnte der Patient das Gefühl haben, der innenarchitektonische Entwurf habe mit dem Arzt gar nichts zu tun.“ Der Experte empfiehlt, ein Wartezimmer etwas wohnlicher zu gestalten als üblich: Statt der typischen Freischwinger, ringsum an der Wand aufgereiht, etwa ein Sofa mit hineinzustellen. „Und es kann die Spannung des Ambientes erhöhen, bei Farben und Formen mit Kontrasten und Brüchen, zu arbeiten. Zugleich soll aber eine Homogenität erkennbar sein.“ So könne man das Wartezimmer in einem Farbton gestalten und die Brüche durch variierende Formen herbeiführen – oder umgekehrt. Leichte Brüche im Design sorgen für Ablenkung „Der Patient soll nicht eingelullt werden, die leichten Brüche machen neugierig und bringen Abwechslung – und Ablenkung“, erklärt Kottjé. Ein Grundgedanke des Facharztes für Radiologie war: „Warum den Stress nicht nehmen? Vor allem sollten die Leute nicht anfangen zu grübeln.“ Ins Grübeln geraten die Patienten nun, wenn sie die abstrakten Großformate des Malers Brixy betrachten oder die transluzente Skulptur im Eingangs- genheit und Halt sorgt. aber nur die Horizontalkomponente ab, sprich: Der Arbeitstisch soll gut ausgeleuchtet sein. Die biologische Lichtwirkung aber nimmt auch die Vertikalkomponente in den Fokus, wie das Licht ins Auge trifft. Es sollte also nicht allein von der Decke kommen, sondern auch von der Seite. bereich, die ebenso wie der Palisanderholz-Tresen mit pinkfarbenen Elementen durchsetzt ist. „Pink symbolisiert Fröhlichkeit und nimmt die Angst vor dem Kernspin“, so Petry. Blau bedeutet nicht gleich Ruhe: Farbempfinden ist subjektiv „Patienten wissen das authentische Design zu schätzen und öffnen sich ihrem Arzt gegenüber.“ Mathias Reuter, Innenarchitekt Doch: Farben sind der Mode unterworfen, und die ultimative Farbe gegen Angst existiert nicht. Auf die Patientenpsyche muss also vielschichtiger eingegangen werden. Mathias Reuter hat die radiologische Praxis als Innenarchitekt mitgestaltet. Er erklärt: „Das Einrichtungs- und Farbkonzept passt zu Dr. Petry, das goutieren auch seine Patienten und sagen: ‚Sie geben viel von sich preis, also kann auch ich mich öffnen!‘“ Reuter empfiehlt, sich auf wenige Farben zu konzentrieren: „Zwei bis drei, die sich ganz individuell wiederholen lassen – das vermittelt eine gewisse Ruhe, aber keine Beliebigkeit.“ Häufig werden Farben in Form von buntem Licht auch in KernspinUntersuchungsräumen eingesetzt. Markus Canazei, spezialisiert auf Wahrnehmungspsychologie, erklärt: „Besonders ein Farbwechsler kann hier gut die Aufmerksamkeit auf sich ziehen.“ Würde aber dauerhaft nur eine Farbe leuchten, müsse man vorher genau die Präferenzen abklären. „Man weiß mittlerweile, dass rötliches Licht eher aktiviert, blaues Licht eher beruhigt. Jedoch ist die intrasubjektive Variabilität so groß, dass viele Menschen es genau umgekehrt empfinden.“ ArztRaum: Genügt es, angstbesetzte Behandlungszimmer in 2500 Lux zu tauchen? Markus Canazei, Master of Science Psychotherapie, Bartenbach Lichtlabor, Aldrans bei Innsbruck © privat ArztRaum: Kann man über die Praxisbeleuchtung die PatientenPsyche beeinflussen? Markus Canazei: Studien belegen: Helles Licht, wie es auch für die Lichttherapie eingesetzt wird, zeigt anxiolytische Wirkung, lässt Ängste verschwinden. ArztRaum: Mit welcher Helligkeit sollte man arbeiten? Canazei: Eine Beleuchtungsstärke von 2500 Lux ist notwendig, um eine Wirkung zu erzielen – hierfür reichen schon große Fenster aus. Die Beleuchtungsstärke ist maßgeblich, zur Lichtfarbe dagegen, etwa blaues oder rötliches Licht, gibt es wenige Daten. In normalen Räumen sind 500 Lux die Norm, im Arbeitsbereich 1000 Lux. Diese Normen decken Canazei: Wären da nur weiße Wände, würde die Helligkeit als unangenehm empfunden. Man muss sie mit Informationsgehalt kombinieren, Designelementen etwa. Sieht man aus einem Fenster, empfindet man die Helligkeit als angenehm, weil man die Natur sieht und Eindrücke aufnimmt. ArztRaum: Welche Maßnahmen wirken darüber hinaus angsthemmend? Canazei: Eine natürliche Umgebung ist maßgebend, Pflanzen, die die klinische Anmutung aufheben, einen Bezug nach draußen darstellen. Auch ein Fenster löst die Angst. In Räumen ohne Tageslicht, häufig in der Radiologie anzutreffen, ist entscheidend, wie die Lichtverteilung wirkt. Lichtquellen mit großer Streuung, die ein diffuses Licht werfen, werden als weniger angenehm empfunden, denn die Konturen verwischen, die Plastizität wird reduziert. Besser ist gerichtetes Licht, das auch hellere und dunklere Bereiche im Raum schafft. ZWISCHENRUF Kunstfehler im Wartezimmer © diephotodesigner.de Sorgenbrecher: Naturmotive an bespielbaren Decken- und Wandisplays. © Siemens Er habe seine innere Hölle auf Leinwand gebannt – so hat es der Künstler in seinem Tagebuch notiert. Und tatsächlich: Das Bild strahlt Angst und Apokalypse aus, lässt den Betrachter wie eh und je erschaudern. Das hat jedoch einen Hamburger Arzt nicht davon abhalten können, Edvard Munchs Gemälde „Der Schrei“ in seinem Wartezimmer aufzuhängen. Zwar nur im Postkartenformat und nicht die Radierung in düsterem Grau, sondern die Version mit orange-rotem Himmel. Kurz vor Weltuntergang also – genau die richtige Einstimmung auf das Arzt-Patienten-Gespräch. Es sind selten die richtig großen Kunstfehler im Wortsinn, die in Praxisund Klinikeinrichtungen begangen werden. Doch wer vertraut schon den Fähigkeiten eines Orthopäden, wenn der auf abgewetzte Lederstühle der Achtzigerjahre (türkis!) bittet? Beherrscht der Arzt wirklich die allerneuesten Operationstechniken, wenn der Patient in seinen Behandlungsräumen dem zweifelhaften Real-Retro-Charme erliegen soll? Es muss ja nicht immer gleich die einrichtungspsychologische Musterpraxis sein. Doch warum müssen eigentlich die Umkleideräume kurz vor dem MRT-Schafott immer klein, dunkel und farblos sein? Sollen sie vorbereitend und mahnend wirken, nach der Devise: Gleich wird es noch kleiner, noch dunkler und ganz gewiss nicht farbenfroher? Manch grundlose Angst vor ungutem Ergebnis im MRT könnte schon durch eine entkrampfende Auskleidesituation vermieden werden. Farbe und Licht würden einstweilen genügen. Axel Limberg 8 ERGONOMIE UND EFFIZIENZ AUSGABE 2 Ihren CO2-Ausstoß binnen fünf Jahren um 25 Prozent zu senken, schafften bereits 29 deutsche Kliniken © NearlyG-Fotolia.com DONNERSTAG, 29. JULI 2010 B E R AT U N G I S T G E F R A G T „Steigen die Kosten, wächst der Druck“ Klaus Rataj berät Kliniken und Kommunen in Fragen der Energie-Effizienz. Er will die Techniker vor Ort einbinden: „Sie kennen ihre Anlagen gut und wissen, wo es brennt!“ Energieaufwand werden analysiert. Wie steht es um die Gebäudeleittechnik: Sind Daten gespeichert? Falls diese fehlen, führen wir eigene Messungen durch. Nach etwa sechs Wochen folgt Phase zwei, die Auswertung und Präsentation der Ergebnisse. Phase drei sieht vor, Schwerpunkte zu definieren und festzulegen, wie es weitergeht. Auf dem Weg zur EnergieSpar-Klinik Dass im Energiemanagement gewaltige Einsparpotenziale liegen, erkennen immer mehr Häuser. Für ihr Engagement erhielten 29 bereits das Gütesiegel „Energie sparendes Krankenhaus“ – vor zehn Jahren von einer Klinik mitinitiiert. Von Sabine Henßen D ass im Klinikbereich Energie eingespart werden muss, war schon vor zehn Jahren auf den Berliner Energietagen ein großes Thema. Damals entstand auch die Idee für das BUND-Gütesiegel ‚Energie sparendes Krankenhaus‘“, sagt Annegret Dickhoff, Projektleiterin beim BUND. „Initiatoren waren neben der Berliner Energieagentur und dem BUND Berlin auch das Evangelische Hubertus Krankenhaus.“ Wer es schafft, Energie einzusparen und so klimaschädliche Kohlendioxid-Emission zu reduzieren, der sollte für sein Engagement belohnt werden. Ausgezeichnet wird, wer mehr als 25 Prozent Energie einspart Am „Vorreiter-Krankenhaus“ Hubertus in Berlin – 2001 als Erstes mit dem Siegel ausgezeichnet – leitet Michael Die Abwärme eines Blockheizkraftwerks dient im Klinikum Konstanz der Warmwassergewinnung. © BUND Berlin „Bei jährlichen Energiekosten von 500 000 Euro ist eine Ersparnis von 150 000 möglich.“ Jens Kothe, Hochtief Energy, Berlin ArztRaum: Und wie geht es weiter? Schröder die Technik: „Energiekosten und Verbrauch wuchsen uns über den Kopf, die Anlagen waren teils aus den Achtzigern, schlecht zu regeln und energetisch veraltet.“ Doch nicht allein der Kostendruck war entscheidend, „auch das Bewusstsein, ökologisch handeln zu wollen“, sagt Schröder. Einfach ist es nicht, die Kriterien für das Siegel zu erfüllen: „So muss nachgewiesen werden, dass der CO2Ausstoß in den letzten fünf Jahren um mehr als 25 Prozent reduziert wurde“, sagt Dickhoff. Nach fünf Jahren kann eine Verlängerung beantragt werden: Das Siegel wird nur zuerkannt, wenn auch weiter Energie eingespart wurde. Das ist bisher 23 Häusern gelungen. Im Hubertus Krankenhaus war damals für den Umbau zu einem energieeffizienteren Betrieb eine Investitionssumme von einer Million Mark notwendig. „Das konnten wir nicht allein tragen. Wir mussten uns einen Partner suchen“, berichtet Schröder. Die Berliner Energieagentur half und initiierte eine Ausschreibung. Den Zuschlag bekam der Energie-Contractor Hochtief Energy, mit dem ein Vertrag bis 2013 geschlossen wurde. „Garantiert haben wir ein Einsparpotenzial von 30 Prozent. Bei jährlichen Energiekosten von 500 000 Euro bedeutet das eine Ersparnis von rund 150 000“, rechnet Jens Kothe von Hochtief Energy vor, der die Klinik bis heute betreut. Tatsächlich liegt die Ersparnis sogar bei 230 000 Euro jährlich. So profitiert die Klinik doppelt: Sie erhält neue Anlagen vom Contractor und behält einen Teil – nahezu 20 Prozent – der eingesparten Energiekosten. 80 Prozent erhält Hochtief für sein Investment, wie beispielsweise das Blockheizkraftwerk. Klaus Rataj, Elektrotechnik-Ingenieur Eta Energieberatung, Pfaffenhofen. © privat ArztRaum: Wann entsteht in Krankenhäusern Beratungsbedarf? Dipl.-Ing. Klaus Rataj: Mit strukturellen Veränderungen oder mit der nächsten Jahresabrechnung, wenn neue Verträge mit Versorgern ausgehandelt werden. Wenn die Kosten steigen, dann wächst der Druck auf die Chefs und technischen Leiter. ArztRaum: Wie gestaltet sich der Beratungsprozess? Rataj: Der Starttermin bedeutet, Unterlagen sichten, eine erste Begehung, Erwartungen, Ziele und Schwerpunkte klären. Daraus wird der Auftrag generiert. Wichtig ist, die Leute vor Ort ins Boot zu holen, denn sie kennen ihre Anlagen am besten. Wir müssen dorthin geführt werden, wo es brennt! Es soll geklärt werden: „Wie hoch sind unsere Potenziale?“ und „Was sparen wir denn?“ ArztRaum: Und weitere Stationen? Rataj: In Phase eins wird der Ist-Zustand ermittelt: Verträge, Betriebstagebücher, Bestandsanlagen, Betriebsstunden, Geräte mit hohem ArztRaum: Welche Maßnahmen erfordern die höchste Investition? Rataj: Ein Blockheizkraftwerk aufgrund der Umbaumaßnahmen. Die komplette Wärmeerzeugung wird umgestellt, das bedeutet Kesselumoder -rückbau, die Regelungstechnik muss angepasst werden, ebenso das Rohrleitungssystem. ArztRaum: Wo liegen die größten Einsparpotenziale? Rataj: Bei der Wärme- und auch bei der Dampferzeugung, beim Warmwasser und der Raumlufttechnik. Auch die Erzeugung von Kälte für die Gerätekühlung birgt Potenzial. Es muss geklärt werden: Kann Umgebungsluft im Winter das Kälteaggregat ersetzen. Und eine Raumlufttechnikanlage sollte unbedingt mit einer Wärmerückgewinnung gekoppelt sein, sonst ist das hinsichtlich der Energieeffizienz katastrophal! INFOS, ADRESSEN UND AKTEURE Intelligente Regelungstechnik kontrolliert mehr als 500 Daten „Unser Blockheizkraftwerk liefert eine Leistung von 325 kW. Nachts, wenn wir weniger Energie verbrauchen, fährt es auf 80 Prozent herunter“, sagt Techniker Schröder. Dies wäre undenkbar ohne Energiemanagement mittels einer intelligenten Regelungstechnik. „Das Kernstück ist die Direct-DigitalControl-Anlage, im Leitrechner laufen etwa 500 Informationen zusammen“, sos Berater Kothe. Es fließen Daten zu Temperatur, Druck und Feuchte ein sowie Meldungen von Pumpen und Ventilatoren. Neben der Steuerungsfunktion erfasst die Anlage auch alle Verbrauchsdaten für die Auswertung. Und auch die Natur profitiert: Lag die Klinik 2001 noch bei etwa 30 Prozent, waren es 2006 schon 45 Prozent Energieersparnis, gemessen an der Situation vor 1999 – was der BUND mit einer Siegel-Verlängerung belohnte. Rataj: Wir zeigen Lösungen auf, auch organisatorische, geringinvestive, wie das Ändern von Nutzer-Fehlverhalten. Ein Beispiel: Die Regelungstechnik ist faktisch außer Gefecht gesetzt, weil auf manuell umgestellt wurde. Bei Lösungen, die Investitionen erfordern, klären wir, wie hoch diese ausfallen werden und wann sie sich amortisieren. • Der Bund für Umwelt- und Naturschutz vergibt das einzige Siegel, das nur auf den Kliniksektor angewendet wird. Alles über Projekte und Kriterien unter: www.energiesparendeskrankenhaus.de • Informationskampagne Klinergie 2020 www.klinergie.de • Fraunhofer Studie: Analyse des Energieverbrauchs und Bestpractice-Lösungen in Krankenhäusern www.umsicht.fraunhofer. de/publikationen/#studien • Forschungsprojekt „Krankenhaus plus“ www.bine.info/ hauptnavigation/publikationen/ news/news/forschungsprojektkrankenhaus-plus/ • Energie-Contractoren: www.ergon-online.com www.gweenergie.de www.hochtief-energy management.de www.niewels-energie.de www.imtech.de www.buildingtechnologies. siemens.com/BT/DE • Energieberatungsunternehmen mit Bund- und Länderbeteiligung: Neben der Berliner Energieagentur und der Energieagentur NRW listet der Bundesverband der Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschlands 23 weitere Energieagenturen auf unter: www.energieagenturen.de • Auswahl privater Energieberatungsunternehmen mit Klinikkunden: www.greeninghealthcare.de www.zukunft-haus.info www.eta-energieberatung.de www.ges-energy.de www.megawatt.de www.ergon-online.com AUSGABE 2 ERGONOMIE UND EFFIZIENZ DONNERSTAG, 29. JULI 2010 Pioniere des neuen Lichts Leuchtdioden erobern den Lichtmarkt. Kein Wunder: Die LED-Lampen sind energieeffizient und halten Jahrzehnte. Doch sehen sie auch gut aus? Ein Orthopäde aus Aachen bestätigt: „Auf jeden Fall!“ Auftrag erhalten, ein Beleuchtungskonzept für die 250 Quadratmeter große Praxis des Orthopäden zu erstellen. Eine Herausforderung, denn der Arzt hatte genaue Vorstellungen: „Ich wollte eine Beleuchtung, die meinen Ansprüchen genügt – auch den ästhetischen“, sagt Fischert. Schnell war dem Planer klar: In diese Umgebung passt keine durchschnittliche Beleuchtung. Deswegen schlug Schleip LED des Stuttgarter Herstellers Nimbus vor, die den Facharzt überzeugten: „Ich bin mit der Leuchtleistung sehr zufrieden. Wer über eine neue Beleuchtung nachdenkt und einen Sinn für Ästhetik hat, der wird diese Lampen nehmen.“ LED-Lampen sind ein modernes und ästhetisches Leuchtmittel Von Benedikt Baikousis Über der Theke aufgehängt: die Nimbus-Leuchten „Q 400“. S o etwas hatte Dr. Hans Georg Fischer noch nicht gesehen. Fasziniert blickte der Orthopäde aus Aachen auf die ein Quadratmeter große, leuchtende Platte, aus deren Unterseite „ein Regen aus Licht“ fiel. Zudem war er überrascht, wie hell diese Beleuchtung ist. Bislang kannte er LED – die Abkürzung für Light Emitting Diodes – nur als Effektbeleuchtung. Nach der Vorstellung war sich Fischer sicher: Dieses Licht sollte die Praxis nach dem Umzug beleuchten. „Die Faszination ist bis heute geblieben“, berichtet er. „Neue Licht-Technologien brauchen Bauherren, die sich für deren offensichtliche Vorteile begeistern können“, sagt der Aachener Lichtplaner Kurt Schleip von der Firma Möbelund Lichtplan. Vor zwei Jahren hatte der Diplomingenieur von Fischer den 9 „Es ist wie ein Regen aus Licht, der vom Himmel heruntertropft.“ Dr. Hans Georg Fischer, Orthopäde Über der Anmeldung hängen jetzt an feinen Stahlseilen die großen, nur acht Millimeter dicken Deckenleuchten des Modells „Q 400“ – die 400 steht für die Zahl der Leuchtdioden, aus denen die Leuchte zusammengesetzt ist. Auch die anderen Modelle wie die Wandleuchten oder die eingebauten Deckenleuchten erlangen ihre Leuchtkraft durch die vielen aneinandergereihte Leuchtdioden. Der Orthopäde war vom Ergebnis begeistert, berichtet Lichtplaner Schleip: „Die Kombination in den Räumen ist toll, die teilweise futuristischen, farbigen Bilder, die weißen Wände und dazu die kaum sichtbaren Beleuchtungskörper, deren Licht einfach nur aus der Decke oder Wand zu leuchten scheint.“ Doch Dr. Fischer interessiert sich nicht nur für Ästhetik. Die Lampen sollten auch sparsam im Energieverbrauch und langlebig sein. Und energieeffizient sind LED. Das verdeutlicht ein Vergleich. Während die Leistungsaufnahme einer „Zen On“-Wandleuchte bei 2 Watt liegt, benötigt eine Halogenlampe mit gleicher Leuchtleistung 20 Watt. „Sehr überzeugend fand ich zudem die lange Haltbarkeit von LED. In meiner alten Praxis bin ich fast jede Woche auf die Leiter gestiegen und www.nimbus-group.com habe Leuchtmittel ausgetauscht“, sagt der Arzt. Nach Angaben der Fördergemeinschaft Gutes Licht kann die Lebensdauer von LED-Leuchten bis zu 50 000 Stunden erreichen. Der Nachteil: Sie sind teuer in der Anschaffung. Das mag sich ändern. Doch noch kostet etwa die „Q 144“Leuchte 619 Euro. Wie viel Fischer für alle LED-Leuchten bezahlt hat? „Eine fünfstellige Summe …“ WIE FUNKTIONIEREN EIGENTLICH ... … Light Emitting Diodes, kurz LED? Im 19. Jahrhundert waren Glühlampen Hightech, im 21. Jahrhundert sind es LED: Leuchtdioden sind sehr kleine Elektronik-Chips aus speziellen Halbleiterkristallen. Wenn durch diesen Festkörper Strom fließt, beginnt er zu leuchten. Experten nennen diesen Prozess Elektrolumineszenz. Da LED-Licht im Gegensatz zu Glühbirnen oder Halogenlampen keine Wärme abstrahlt, wird es auch als kaltes Licht bezeichnet. Und es stimmt: LED kann man anfassen, selbst wenn sie unter Strom stehen. WWW.ORGATEC.DE ›ERFOLGSFAKTOR BÜRO ORGATEC MODERN OFFICE & OBJECT 26 – 30 OKT. 2010 LIGHTING COMPETENCE CENTER Die ORGATEC zeigt Architekten und Planern Lichtlösungen ganzheitlich integriert. Wir sind dabei: Partner: 10 B E T R I E B U N D O R G A N I S AT I O N AUSGABE 2 DONNERSTAG, 29. JULI 2010 Hände weg von alten Meistern Der alte Sekretär von Tante Hilde, ein Perserteppich oder die antike Kommode aus dem Wohnzimmer: Privates Mobiliar kann Steuern sparen, wenn es als Betriebsvermögen in die Praxiseinrichtung übergeht. Doch Vorsicht bei Kunst. Von Tim Braun E in geerbtes Gemälde zur Erbauung von Patienten und Mitarbeitern in die Praxis zu hängen, ist aus Sicht von Steuerexperten keine gute Idee. Denn solch ein wertvoller Kunstgegenstand könnte dem Arzt einen fiskalischen Schaden bescheren. Anders stellt sich die Sache bei einem vererbten Sekretär, einer antiken Kommode oder einem Perserteppich für das Sprechzimmer dar. Wer überlegt, derartige Gegenstände kämen vielleicht in der Praxis besser zur Geltung als im Eigenheim, kann damit sogar Steuern sparen. Mobiliar verringert den zu versteuernden Gewinn Der Grund für diese Vergünstigung: Die Gegenstände gehen vom Privatbesitz in das Betriebsvermögen über, gelten somit als Betriebsausgabe und können über eine bestimmte Laufzeit abgeschrieben werden. „Angenommen, ein alter Sekretär hat einen Wert von 10 000 Euro und soll in das Betriebsvermögen übergehen, dann kann dieser Wert über die nächsten fünf Jahre abgeschrieben werden. Der zu versteuernde Gewinn verringert sich in diesem Fall jährlich um 2000 Euro“, erklärt Stefan Siewert, Steuerberater, Sachverständiger und Mitinhaber der Steuerberatungskanzlei Siewert und Witte in Hamburg. Handelt es sich bei dem Gegenstand dagegen um ein sogenanntes geringwertiges Wirtschaftsgut – also eines, dessen Wert nicht mehr als 410 Euro beträgt –, kann es in einem Jahr vollständig abgeschrieben werden. Der Einlagewert eines Möbels richtet sich nach dem sogenannten Teilwert, der ungefähr dem geschätzten Zeitwert entspricht. Dieser kann entweder selbst taxiert werden oder geht – bei sehr alten Gegenständen – aus einer Expertise hervor. „Man sollte dringend darauf achten, dass sich der Gegenstand auch wirklich in der Schöne Möbel aus Privatbesitz in die Praxis zu stellen kann steuerliche Vorteile bringen. In manchen Fällen aber auch Nachteile. © privat „Man sollte keine Kunstwerke in die Praxisräume stellen, die im Wert steigen!“ Stefan Siewert, Steuerberater aus Hamburg Praxis oder auch im häuslichen Arbeitszimmer befindet“, rät Siewert. Die Unterbringung an anderen Orten könnte als Steuerhinterziehung geahndet werden. Die Couchgarnitur im Wohnzimmer bietet sich also nicht als geeignete Steueroase an. Weiterhin ist auf folgende Rechtslage zu achten: Wenn ein Arzt seine Praxis aufgibt und den Gegenstand wieder in seine eigenen vier Wänden zurückholen möchte, muss er ihn zu dem dann gültigen Teilwert versteuern. „Im Normalfall tritt dieser Fall ein, wenn der Arzt seine Praxis aus Altersgründen oder krankheitsbedingt nicht mehr weiterführen kann. Wenn er älter als 55 Jahre ist oder als berufsunfähig eingestuft wurde, gilt für die Veräußerung ein ermäßigter Steuersatz, der meist zwischen 22 und 25 Prozent liegt“, so Siewert. Bei dem auf 10 000 Euro dotierten Beispiel-Sekretär wären also zwischen 2200 und 2500 Euro Steuern fällig – auch, wenn der Sekretär zwischenzeitlich steuerlich komplett abgeschrieben wurde. Grundsätzlich gilt: Der Wert des Gegenstands, der nach der Veräußerung der Praxis wieder in Privatbesitz übergeht, wird auf den Veräußerungsgewinn draufgeschlagen – und verringert möglicherweise den Freibetrag von 45 000 Euro, der in diesem Fall gilt. Der Steuerexperte rechnet vor: Wenn der Verkaufserlös der Praxis beispielsweise bei 136 000 Euro liegt, müssen die 10 000 Euro des Möbels aufgeschlagen werden. Somit beträgt die zu versteuernde Summe 146 000 Euro. Und jetzt kommt wieder das geerbte Kunstwerk ins Spiel. Unangenehm kann es werden, wenn der Wert der Möbel oder Kunstwerke in den Jahren, die sie in der Praxis untergebracht waren, gestiegen ist. Denn auch dieser Wertgewinn muss nun versteuert werden. Darum rät Siewert: „Bloß keine Kunstwerke in die Praxis stellen, die möglicherweise im Wert steigen!“ M I T M O B I L I A R S T E U E R N S PA R E N • Ausgabe: Möbel, die vom Privatbesitz in die Praxis übernommen werden und somit ins Betriebsvermögen übergehen, gelten als Betriebsausgabe. • Abschreibung: Stellt man beispielsweise seinen alten Sekretär mit einem Teilwert in Höhe von 10 000 Euro in den Praxisräumen auf, so kann man ihn über fünf Jahre abschreiben. Während dieser Zeit verringert sich der zu versteuernde Gewinn um jährlich um 2000 Euro. Möbel bis zu einem Wert von 410 Euro können binnen eines Jahres vollständig abgeschrieben werden. • Aufgabe: Wird die Praxis aufgegeben und sollen die Möbel wieder zurück ins Eigenheim, so muss der aktuelle Teilwert versteuert werden. Vorsicht bei neuen sowie alten Meistern: Kunstwerke können im Wert steigen und damit auch der zu versteuernde Betrag! Der geerbte Sekretär in der Praxis gilt als Teil des Betriebsvermögens. © privat AUSGABE 2 A R C H I T E K T E N P O RT R Ä T DONNERSTAG, 29. JULI 2010 11 S T E FA N L U D E S Die Umgebung soll motivieren Das Büro des Architekten ist seit 50 Jahren auf Bauten für Krankenhäuser spezialisiert. D as Büro Stefan Ludes Architekten mit Hauptsitz in Berlin und Niederlassungen in München und Halle blickt in zweiter Generation auf eine 50-jährige Geschichte zurück. Mit mittlerweile mehr als 80 Mitarbeitern hat es sich zu einem der führenden Büros für Bauten im Gesundheitswesen in Deutschland entwickelt. Das Aufgabenspektrum umfasst von Pflegeeinrichtungen für behinderte und alte Menschen bis zum universitären Hochschulbau alle Facetten des Themas. Inhaber Stefan Ludes studierte neben Architektur auch Bildhauerei und setzt auf eine nachhaltige Ästhetik, auf Bauten, die im konzeptionellen Anspruch kaum mit den funktionalen Zweckbauten vergangener Jahre zu vergleichen sind. Diesen Anspruch transportieren das Neurozentrum Kiel, die Kinder- und Jugendpsychiatrie Rostock, das Helios-Klinikum Bad Saarow und auch das Ärztehaus mit MVZ in Ingolstadt (siehe Interview). Der Diplom-Ingenieur will Orte schaffen, an denen Menschen arbeiten, leben und genesen, und eine Architektur, die sie hierin unterstützt. Die Architektur soll den Patienten die Angst nehmen „Die Qualität von Architektur und Gestaltung bemisst sich im Gesundheitswesen auch daran, ob es ihr gelingt, eine Umgebung zu schaffen, die für den Patienten Angst, Hilflosigkeit und Verunsicherung lindert. Und für Ärzte und Pfleger eine motivierende Umgebung schafft“, sagt der Architekt aus dem nordrhein-westfälischen Dorsten mit Wahlheimat Berlin. Und wie setzt er diesen Anspruch um? „Im Mittelpunkt steht für unser Büro die Harmonisierung von ästhetischen Ansprüchen, prozessoptimalen Strukturen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen“, so Ludes. Das Ärztehaus mit MVZ am Klinikum Ingolstadt: viel Licht durch hohe Fenster, ein markantes, frisches Grün als Leitfarbe und warmes, helles Holz. „Die Psyche steht im Mittelpunkt“ In Ingolstadt haben Stefan Ludes Architekten 2009 für das dortige Klinikum einen Anbau realisiert: ein Medizinisches Versorgungszentrum, das wie eine Arztpraxis wirken soll. TIPPS FÜR BAUHERREN • Damit die Kommunikation klappt, kann man mit dem Architekten zu Beginn einer Maßnahme einen Workshop durchführen: Was hat man für Vorstellungen? Welche Kriterien sollen erfüllt werden? Auch mal einen Schritt zurücktreten und versuchen, mit Distanz auf das Projekt zu schauen. • Die Startphase eines Projekts ist die intensivste Phase, dafür sollten Bauherren unbedingt genügend Zeit einplanen. • Pro-Listen erstellen: Was ist mir besonders wichtig, welche Aspekte können dahinter zurücktreten? • Für den Meinungsbildungspro- zess kann es sehr hilfreich sein, zu bereits realisierten Objekten zu reisen. Sich unterschiedliche Projekte anschauen und sich dadurch inspirieren lassen. Das können Architekten und Bauherrn auch gern gemeinsam unternehmen. ArztRaum: Ihr Ärztehaus grenzt direkt an das Klinikum Ingolstadt, ein Schwerpunktkrankenhaus, das auch Bauherr der Erweiterung war. Worin liegen die Vorzüge dieser räumlichen Nähe? wenn 90 Prozent feststehen, muss der Bau aus architektonischer Sicht doch äußerst flexibel bleiben. Ludes: Die räumliche Vernetzung ist bewusst so angelegt, dass das Ärztehaus das Krankenhaus „im Rücken“ hat. Im MVZ wird ambulant operiert, falls Komplikationen auftreten sollten, ist eine ebenengleiche Verbindung vorhanden. Das gibt den MVZ-Patienten das Gefühl von Sicherheit. Im vorderen Bereich gibt es die OP-Ebene, die Radiologie und die Diagnostik. Ein weiterer Vorteil sind die logistischen Synergien – die Versorgung mit Sterilgut und die wesentliche Energieversorgung erfolgt über die Klinik, die mit dem MVZ auch digital vernetzt ist. Ludes: Es ist eine Addition kleiner Einheiten. Wir denken an den einzelnen Arzt, wenn wir ein MVZ bauen! Zweitens: Der Wechsel ist Standard. Das ist eine unserer Maximen im Gesundheitsbau. Das Konzept muss stark sein für individuelle Wünsche und auch für eine gewisse Fluktuation. Kleine Bereiche für kleine Praxen, größere Einheiten, die Möglichkeit, Bereiche zusammenzulegen, das muss der Entwurf hergeben, diese Ausbauflexibilität muss das Gebäude in der Praxis leisten. Von Sabine Henßen ArztRaum: Wie viel Prozent der Fläche war schon fest verplant, als Sie mit dem Projekt starteten? ArztRaum: Warum haben Sie sich mit Ihrem Büro auf Bauten im Gesundheitswesen spezialisiert? Ludes: Etwa 60 Prozent der Fläche: für Fachärzte, die ambulanten OP und für das Dialysezentrum auf der dritten Ebene, dessen Betreiber zu den Bauherren gehörte. Doch selbst www.ludes-architekten.de © Werner Huthmacher ArztRaum: Wie haben Sie dem im Fall Ingolstadt Rechnung getragen? ArztRaum: Bleibt beim heutigen Kostendruck noch Raum für Ästhetik? Ludes: Ästhetik und ökonomische Bauweise sind kein Widerspruch: Wenn man die Technikkosten mittels intelligenter Entwürfe reduziert, bleibt mehr für die Ausbauqualität oder für Kunst. Das Kostenintensive liegt unter der Oberfläche. Schließlich sagt ja auch der Bauherr: Wir wollen Gestaltung! Stefan Ludes: Mich fasziniert das Thema Krankenhausbau, obwohl man Gefahr läuft, als Planer stigmatisiert zu werden, der Funktionsmaschinen entwirft, als reiner Technokrat. Dabei ist das Gegenteil der Fall: Die Psyche der Menschen steht im Mittelpunkt. Für uns Planer gilt es, besonders anspruchsvolle Aufgaben zu erfüllen, die Architektur ist nicht auf die Oberfläche reduziert, die Funktion ist von Bedeutung – und vor allem wie diese wahrgenommen wird. ArztRaum: Wie spiegelt sich das in dem Neubau in Ingolstadt wider? Ludes: Das Ärztehaus mit einem Medizinischem Versorgungszentrum hat 27 Nutzungseinheiten, erstreckt sich auf 14 000 Quadratmetern über fünf Ebenen. Da wir auch das innenarchitektonische Konzept verantworten, haben wir uns für ein markantes, frische Grün als Leitfarbe entschieden. Zudem wurde helles Holz verbaut, raumhohe Fensterflächen sorgen für viel Licht. Die Patienten haben den Eindruck: Ich gehe in die Arztpraxis im Ärztehaus. Und nehmen den angrenzenden Klinikkomplex mit Hochleistungsmedizin, auch der getrennten Eingangssituation wegen, kaum wahr. „Eine der Devisen im Gesundheitsbau lautet bei uns: Der Wechsel ist Standard.“ Stefan Ludes, Architekt Kreisalten- und Pflegeheim in Werneck: Das Zusammenspiel von Holzfassade, Farbe und Licht strahlt Wärme aus. © Barbara Staubach Kredite & Finanzierung Finanzieren mit Zinsschutzfaktor. Das apoZinscapDarlehen. 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