PM Abschluss Heimspiel erweitert

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PM Abschluss Heimspiel erweitert
Pressemitteilung
www.gju.hu
Das Kulturforum wird gefördert vom Beauftragten der
Bundesregierung für Kultur und Medien aufgrund eines
Beschlusses des Deutschen Bundestages
„Zu sehen, wer ich wirklich bin und wie ich bin!“
Erfolgreicher Abschluss der Theaterwerkstatt „Heimspiel in zwei Welten“
Eine Aufführung vor restlos ausverkauftem Haus, Berichte bei Duna TV und „Unser Bildschirm“
sowie im Pester Lloyd und in der Neuen Zeitung: dies sind nur die Schlaglichter der faktischen
Bilanz der zwölftägigen Theaterwerkstatt „Heimspiel in zwei Welten“, deren Ergebnis am 17.
April im Művészetek és Irodalom Háza in Pécs uraufgeführt wurde.
Viel interessanter ist jedoch die persönliche Bilanz der jugendlichen Teilnehmer aus
Deutschland und Budapest. Diese zogen sie bereits auf der Bühne. Sätze, wie: „Ich habe zwei
Herzen. Eines ist in Barglekö am Schwarzen Meer und eines hier in Gladbeck.“ (Zühre aus
Gladbeck, 17 J.) oder: „Wenn ich Bağlama spiele, [...] dann können die Menschen hören, wer
ich bin.“ (Deniz aus Duisburg, 20 J.) verdeutlichen, dass sich die Jugendlichen des Reichtums,
den das Leben in zwei Kulturen mit sich bringt, bewusst sind.
Der Ursprungsgedanke, im Rahmen der Theaterarbeit einen Erfahrungsaustausch zwischen je
fünf ungarndeutschen und deutschtürkischen Jugendlichen über ihre Erfahrungen und
Gemeinsamkeiten bezüglich ihrer kulturellen Wurzeln zu fördern, konnte auf Grund der
fehlenden ungarndeutschen Teilnehmer nicht wie geplant verwirklicht werden. Aber die
Jugendlichen aus Deutschland haben schnell beschlossen, dennoch so viel, wie nur irgendwie
möglich über die ungarndeutsche Kultur zu erfahren und in die Theaterarbeit mit einfließen zu
lassen.
Dabei sind sie in Interviews mit Menschen aus Mecseknádasd und Pécs auf viele
Gemeinsamkeiten in beiden Minderheitenkulturen gestoßen. Zur Bedeutung von kulturellen
Praktiken, wie Tanzen, Singen oder Sprache äußert die 18-jährige Deutschtürkin Aylin aus
Essen bereits auf der Bühne das Fazit: „Wie bei uns!“.
Die Inszenierung „Heimspiel in zwei Welten“ lebt von den Persönlichkeiten der Teilnehmer und
von dem, was der Regisseur und Dramaturg Boris Friedewald und die Theater- und
Tanzpädagogin Sermin Kayik mit ihnen gemeinsam erarbeitet haben. Das Format der
Performance, das durch die Sprach- und Körperarbeit die Persönlichkeiten der Teilnehmer
bühnengerecht herausarbeitet und deren Biografien nicht ausstellt, sondern behutsam in den
Fokus der Aufmerksamkeit rückt, war eines der Hauptausgangspunkte für die
Herangehensweise an die Arbeit mit den Jugendlichen. Sie und alle anderen Darsteller des
Stückes treten als sie selbst auf und stehen für das, was sie auf der Bühne sagen.
Da ist z.B. Andrea, eine Budapester Germanistikstudentin mit einer Leidenschaft für klassische
und zeitgenössische (ungarn-)deutsche Literatur. Sie repräsentiert das verbindende Element
aller Teilnehmer: die deutsche Sprache und Kultur, die für alle Jugendlichen wie eine zweite
Welt fungiert, in der sie sich sicher bewegen können, wo aber ebenso Reibungspotentiale
entstehen. Sie ist auch die Figur, die die Jugendlichen aus dem Ruhrgebiet an die Kultur der
Ungarndeutschen heranführt.
Die einzelnen Szenen bauen auf der Grundlage eines dramaturgischen Bogens – „Die Suche
nach den Ungarndeutschen“ – aufeinander auf, für den der Regisseur Boris Friedwald
verantwortlich zeichnet.
Nachdem das Stück zunächst mit der Ankunft der Jugendlichen und dem Warten auf die
Ungarndeutschen beginnt, erhalten sie alsbald Audio-Botschaften, die von der Fremdenführerin
übermittelt werden. Eine der Botschaften, ein Interview mit dem Leiter des Lenau-Hauses in
Pécs, stellt die Zukunftsfähigkeit der Minderheitenkultur in Frage. Daraufhin meldet sich eine
junge Ungarndeutsche aus dem Publikum und verweist auf die Möglichkeiten, die sie für die
Zukunft der Minderheit sieht. Ein lebendiger Kulturaustausch mit Deutschland und die Pflege
der deutschen Sprache sieht sie nicht nur als wichtigen Aspekt für eine vorwärtsgewandte
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Entwicklung der Minderheit, sondern ebenso als große Chance, die die Angehörigen der
Minderheit im Hinblick auf ein stärker zusammenwachsendes Europa anderen Bürgern voraus
haben.
Eine weitere Person, ein junger Journalist von Radio Fünfkirchen, tritt auf. Er wird von den
Jugendlichen „live“ auf der Bühne interviewt und verspricht, eine ungarndeutsche Tanzgruppe
auf die Bühne zu holen. Den Abschluss des Stückes bildet dann der Auftritt zweier
ungarndeutscher Tanzpaare und eines Akkordeospielers, die den Jugendlichen ihre
traditionellen Tänze zeigen.
Tanzen ist denn auch ein wichtiges Element in der Inszenierung. Dort wo die Sprache versagt,
arbeitete die deutschtürkische Tanzpädagogin Sermin Kayik aus Bochum mit den
Jugendlichen. Es gibt immmer wieder Tanzszenen, in denen u.a. traditionelle türkische
Tanzschritte verarbeitet werden. Insbesondere die Schuhchoreografie verdeutlicht die
Schwierigkeiten aber auch die Chancen, die das Leben zwischen den Kulturen mit sich bringt:
Für jeden Darsteller stehen zwei verschiedene paar Schuhe auf der Bühne. Zunächst probieren
sie eines an, mit dem jedoch ihre Bewegungen unkontrollierbar werden. Beim zweiten Paar
ergeben sich dann hamonische Bewegungen, die die Choreografin, typgerecht und auf die
jeweilige Persönlichkeit zugeschnitten, mit den Jugendlichen gemeinsam erarbeitet hat. Am
Ende der Szene verwundert es daher nicht, dass der 20-jährige Deniz zwei verschiedene
Schuhe trägt. Er ist als Türke in Deutschland geboren, aber fühlt sich auf der ganzen Welt
zuhause.
Das Material für die inhaltliche Arbeit am Stück bietete die tatsächliche Neugierde auf die
ungarndeutsche Kultur. In Mecseknádasd, nahe Pécs trafen und interviewten die Teilnehmer
der Werkstatt eine ungarndeutsche Tanzgruppe, den Dorfkantor und einen jungen Journalisten.
Sie arbeiteten mit einem alteingesessenen Handwerker, dem Töpfer Zsolt Gradwohl,
zusammen und besichtigten das ungarndeutsche Heimatmuseum. Hier erfuhren sie etwas über
die Geschichte der Donauschwaben, was direkt in die inhaltliche Arbeit am Stück einfloss.
So erzählt der 18-jährige Metin aus Gladbeck die Geschichte seines Großvaters, der in
den 50er Jahren seine Familie in der Türkei zurückließ und ins Ruhrgebiet kam, um dort in den
Zechen zu arbeiten. Er kam aus wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland und aus
demselben Grund ist er dort auch geblieben. Diese Szene schließt inhaltlich an die sog.
Schwabenzüge im 18. Jahrhundert an. Durch Steuererlass und weitere wirtschaftliche Vorteile
wurde den Deutschen damals die Entscheidung zur Migration in das, durch das Ende der
osmanischen Besatzung verlassene Gebiet u.a. des heutigen Südungarns erleichtert.
In ihren Begegnungen mit den Menschen in Mecseknádasd und Pécs fanden die Jugendlichen
Antworten auf die Fragen, die sie selbst in Deutschland mit ihrer Lebenssituation in zwei
Kulturen haben. Welches Verhältnis haben die Ungarndeutschen zu ihren deutschen Wurzeln
und ihrer Heimat Ungarn? Welches ist ihre Muttersprache und in welcher Sprache träumen sie?
Wie tanzen und wie musizieren sie?
Die Erfahrungen ihrer Reise nach Südungarn setzen sie in Bezug zu ihrer eigenen Lebenswelt.
Was bedeutet es, sich als Türke in Deutschland zu fühlen oder als Deutscher in Ungarn? Sie
fragen sich, wie deutsch sie selbst geworden sind und wie viel Türkisches sie durch Tänze,
Musik und die Traditionen ihrer Eltern und Großeltern bewahrt haben.
Durch die Suche der Jugendlichen werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen
beiden Minderheitenkulturen deutlich und eröffnen so neue Perspektiven für die Zukunft
multiethnischer Gesellschaften, wie sie in einem vereinten Europa Lebensrealität geworden
sind. Die Inhalte des Stückes spiegeln daher auf spielerische Art und Weise auch die Chancen
und Herausforderungen eines Lebens in zwei Kulturen wider.
Das Projekt hat offenbart, dass das Interesse an den jahrhundertealten Erfahrungen der
Deutschen in Ungarn und ihrer Kulturpflege bei anderen Minderheitengruppierungen in
Deutschland, wie den türkischen Migranten der zweiten und dritten Generation, sehr groß ist.
Und vor diesem Hintergrund sind Äußerungen, wie diejenige der 17-jährigen Deutschtürkin
Zühre aus Gladbeck möglich: „Für mich persönlich war es die größte Erfahrung noch mal zu
sehen, wer ich wirklich bin und wie ich bin.“.
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Der Regisseur
Boris Friedewald (Berlin) arbeitete in künstlerisch-leitenden Positionen am Schauspiel
Leipzig, für das Achim Freyer Ensemble sowie als Dramaturg für zahlreiche freie
Theater-, Tanz- und Musiktheaterproduktionen. Er kuratierte und leitete mehrere
Bauhaus-Bühnenwerkstätten der Stiftung Bauhaus Dessau.
Die Choreografin
Sermin Kayik (Bochum) ist seit mehreren Jahren als Schauspielerin im Ruhrgebiet tätig
und absolviert derzeit eine Ausbilung zur Tanzpädagogin.
Sie leitete zahlreiche theaterpädagogische Projekte mit Jugendlichen unterschiedlicher
Altersgruppen, u.a. ein bilinguales Tanzprojekt mit Jugendlichen mit
Migrationshintergrund.
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Projektkonzeption, -leitung und Organisation:
Sarolta Fogarasi, Gemeinschaft Junger Ungarndeutscher, Budapest
Juliane Jung, ifa-Kulturmanagerin an der DBU in Szekszárd
Anne Südmeyer, ifa-Kulturmanagerin am Haus der Ungarndeutschen in Budapest
Die Theaterwerkstatt „Heimspiel in zwei Welten“ fand im Rahmen des Off-Programms der
Europäischen Kulturhauptstadt Pécs 2010 vom 5. bis zum 17. April 2010 in Mecseknádasd und in
Pécs statt.
Das Projekt wurde von der Gemeinschaft Junger Ungarndeutscher in Kooperation mit den ifa-Kulturmanagerinnen in Ungarn und
dem Deutschen Kulturforum östliches Europa organisiert.
Förderer sind das Institut für Auslandsbeziehungen, die Donauschwäbische Kulturstiftung, die Robert Bosch Stiftung, die
Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen, das Lenau Haus Pécs, das Valeria-Koch-Schulbildungszentrum Pécs sowie die
Minderheitenselbstverwaltung Sekszárd. Partner sind OFF-Pécs und das Művészetek és Irodalom Háza Pécs.
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Kontakt:
Sarolta Fogarasi, GJU – Gemeinschaft Junger Ungarndeutscher, Lendvay u. 22, 1062 Budapest, Tel.: +36 1 269 1084, Email:
[email protected]
Links:
www.gju.hu
www.ifa.de
www.hdu.hu
www.kulturforum.info
http://www.dunatv.hu/musor/videotar?vid=625430&pid=886076
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