EndlichschnellesInternet
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Lescheder Esch 5 48488 Emsbüren Telefon 0 59 03-93 55 40 www.teepen-metall.de DIEWIRTSCHAFT.NOZ.DE SCHIEDSGERICHTE SPAREN ZEIT SEITE 19 DIE WICHTIGSTEN TERMINE SEITE 32 DONNERSTAG, 30. JUNI 2016 AUSGABE 03/16 EINZELPREIS 1,90 € DIE REGION PACKT ES AN: Endlich schnelles Internet In dieser Ausgabe: STANDORTPORTRÄT GEMEINDE WALLENHORST Seit Jahren leiden Unternehmen im Emsland und Osnabrücker Land unter langsamen Datenverbindungen. Jetzt machen Kommunen und Firmen Tempo: Sie investieren selbst ins Breitbandnetz. MACHER & MÄRKTE Start-ups jagen Versicherungsmaklern die Kunden ab. Seite 8 SPEZIAL SPIEL & PROFIT Geht der Boom der Glücksspielwirtschaft zu Ende? Seiten 9 bis 16 GELD & GESCHÄFT Das Bundeskartellamt knöpft sich den Mittelstand vor. Seiten 20 und 21 LEBEN & LEIDENSCHAFT Moesta BBQ erfindet pfiffiges Zubehör für den Kugelgrill. Fotos: Jörn Martens,Montage: Matthias Michel Kaffee-Größen zurück im Geschäft Die Unternehmer Andreas Ost und Michael Koch kaufen die insolvente Hotfilter-Rösterei VON DIRK FISSER OSNABRÜCK. Kaffee können wir, sagt Andreas Ost über sich und Michael Koch. Einst mit „Kaffee Partner“ senkrecht gestartet, war es zuletzt still geworden um die Unternehmer. Doch sie sind wieder da. Das Duo hat die insolvente Kaffeerösterei Hotfilter aus Nordhorn mit sieben Filialen übernommen. Und nun? So ganz genau wisse man das noch nicht, sagt Andreas Ost. „Im Großen und Ganzen wollen wir alles so lassen, wie es ist.“ Hotfilter ist Tradition, bis 1926 reichen die Wurzeln. 2014 lag der Umsatz bei 1,6 Millionen Euro, respektabel. Andreas Ost Foto: Jörn Martens Aber im Vergleich zum Rad, das Ost und Koch davor mit „Kaffee Partner“ und „Coffee Perfect“ drehten, doch eher überschaubar. Umso mehr wird gemunkelt, was Sinn dieses Investments ist. Steckt mehr dahinter als die Liebe zum Kaffee, die Ost nach eigenem Bekunden im Blut hat? Schließlich war zuletzt vom Osnabrücker Kaffeekrieg die Rede, eine juristische Auseinandersetzung, die sich „Kaffee Partner“ und „Coffee Perfect“ nach dem offiziellen Rückzug von Ost und Koch lieferten. Nach außen hin ist Ruhe eingekehrt an der Römereschstraße, wo beide Firmen unter einem Dach residieren. Ost legt Wert darauf, nicht persönlich involviert zu sein in den Streit. Hotfilter ist jetzt Teil der Ost&Koch-Gruppe. Interims-Geschäftsführer wird Oliver PapoliBarawati aus der „O&K“-Gruppe. Hotfilter betreibt neben der Rösterei, in der mehrfach in der Woche geröstet wird, sieben Filialen: in Osnabrück, Nordhorn, Lingen, Emden, Rheine, Ibbenbüren und Leer. Ein hippen Laden wolle er nicht daraus machen, vielmehr solle die treue aber eher ältere Stammkundschaft gehalten und vermehrt eine jüngere angesprochen werden, sagt Ost. „Das muss kein Widerspruch sein, denn der Trend bei jungen Menschen geht ganz klar zur feinen Kaffeemanufaktur.“ Dafür stehe Hotfilter. Etwa 40 Mitarbeiter hat der Röster derzeit, die Zahl könnte laut Ost auf 50 steigen. Ein oder zwei neue Filialen seien denkbar, der Fokus aber liege auf den vorhandenen Standorten. Es ist noch vieles in der Schwebe, einstweilen steht vor allem fest: Ost und Koch sind zurück im Kaffeegeschäft. Ganz offiziell. Seite 25 Die Nummer 1 in Sachen Sicherheit Ihr professioneller Partner für: • Werkschutz / Werkfeuerwehr • Pförtner- und Revierdienste • Interventionsdienste • Objektbewachung • Sanitätsdienste • Brandschutzhelfer-Seminare 24 STUNDEN NOTRUFTELEFON Carl-Benz-Straße 2-4 • 26871 Papenburg Tel. 0 49 61 / 66 42-222 • [email protected] www.hanrath-gruppe.de DONNERSTAG, 30. JUNI 2016 MACHER & MÄRKTE 2 SPEZIAL MACHER & MÄRKTE GELD & GESCHÄFT SPIEL & PROFIT E D I TO R I A L LEBEN & LEIDENSCHAFT GLÜCKSSPIEL Fluch und Segen 1 | Hotfilter 9 | Paul Gauselmann 17 | Bürgerwindparks 25 | Moesta BBQ „Kaffee Partner“-Gründer Ost und Koch übernehmen die insolvente Kaffeerösterei. Der „Automaten-König“ aus Espelkamp mit dem eigenwilligen Lebensstil. Das erneuerte EEG droht der Energiewende des kleinen Mannes zu schaden. Mit originellem Zubehör für Kugelgrills reitet das Start-up aus Löhne auf der Barbecue-Welle. 2 | Editorial 10 | Zocker-Dampfer 18 | Suchtkrank im Job 26 | Katrin Lazaruk Fluch und Segen – Berthold Hamelmann über den Wirtschaftsfaktor Glücksspiel. Für den asiatischen Markt baut die Meyer Werft Kreuzfahrtschiffe mit Casinos. Warum es sich rentiert, wenn Arbeitgeber Betroffenen zur Seite stehen. Die junge Osnabrückerin macht ausgediente AudioKassettenbänder zu Kunstwerken. 3 | Rolf Krebs 11 | German Poker Days 19 | Schiedsgerichte 27 | Wasser marsch Der Bissendorfer richtet Luxushotels wie Kempinski und Pullman ein. Zwei Osnabrücker Unternehmer machen Pokern zum Event. Wie Unternehmen langwierige Gerichtsprozesse vermeiden können. Feuerwehrmann Christian Hagedorn löscht Brände in den Vereinigten Arabischen Emiraten. 4/5 | Schnelles Internet 12/13 | Spielhallen in Not 20/21 | Kartellstrafen 28/29 | Firmenjubiläen 2016 Kommunen und Unternehmen bringen den Ausbau des Breitbandnetzes voran. Der Glücksspielstaatsvertrag zwingt die Branche zur Schrumpfkur. Auch bei Mittelständlern kennen die Wettbewerbshüter kein Pardon. Jubiläen regionaler Unternehmen und Institutionen. 6 | Wilhelms 14 | Spielsucht 22 | 2G Energy 30 | Engagement Start-up aus Cloppenburg will die Landwirtschaft revolutionieren – mit Pilzen. Biografien auf der Schattenseite der Glücksspielwirtschaft. Kraft-Wärme-Kopplung liegt im Trend, davon profitiert der Maschinenbauer im Münsterland. Sponsoren und Ehrenamtliche aus der Wirtschaft machen sich um die Region verdient. 7 | Christian Berentzen 15 | Artländer Renntag 22 | Börse regional 31 | Duesenberg J209 Mit seiner Limuh GmbH produziert der Berentzen-Erbe gesunde Getränke. Bei dem Reitsport-Event in Quakenbrück wird gewettet, was das Zeug hält. Envitec federt den Abwärtstrend bei Biogas ab, während die OLB unter strengeren Regularien ächzt. Conrad Engel hat den legendären Oldtimer aus dem „Scheunenschlaf“ geweckt. 8 | Fintechs und Insurtechs 16 | Glücksspielabgabe 23 | Crowdinvesting 32 | Gesichter der Wirtschaft Digitale Versicherungsmakler mischen den Markt auf. Wie das Lottofieber in Niedersachsen der Gesellschaft zugutekommt. Immer mehr Mittelständler lassen sich von privaten Kleininvestoren unter die Arme greifen. Remmers Hasetal-Marathon, New Deal Forum, Blind Date mit Kreativen (IHK). VON BERTHOLD HAMELMANN D er einarmige Bandit scheint unsterblich zu sein. Glücksspielautomaten – früher einmal mit dem namensgebenden Hebelarm zu starten – entführen Menschen in eine Scheinwelt. Fluch und Segen liegen wie bei der Glücksspielbranche insgesamt eng beieinander. Der Hoffnung auf einen lukrativen Gewinn steht der dramatische Absturz ins soziale Aus gegenüber, wenn das Vergnügen zur Sucht wird. Glücksspiel ist ein begehrter Markt. Wenn Milliarden umgesetzt werden, wird mit harten Bandagen gekämpft. Und sei es in der Illegalität. Glücksspiel ist ein enormer Wirtschaftsfaktor. Dafür steht beispielsweise die Gauselmann-Gruppe aus dem westfälischen Espelkamp, die seit Jahrzehnten versucht, den Ruf der Branche zu verbessern, und auf moderne Spielotheken setzt. 267 000 Geldspielgeräte sind nach Verbandsangaben in Deutschland in Betrieb. Die Branche spricht von 70 000 Arbeitskräften. Mit typisch deutscher Reglementierungswut begegnet der Gesetzgeber dem mancherorts boomenden Spielhallengeschäft. Eine Reduzierung der Konzessionen und die Abstandsregelung von 100 Metern zwischen Spielhallen sind hier die schärfsten Waffen. Glücksspiel führt in Spezialbranchen wie dem Markt für Kreuzfahrtschiffe zu ungewöhnlichen Entwicklungen. Schwimmende Casinos sind inzwischen der Renner im asiatischen Raum. Dem trägt auch der Papenburger Schiffsbauer Meyer Rechnung. Legales Glücksspiel fördert der Staat, der sich über entsprechende Steuereinnahmen freut. Ein wunderbares Abfallprodukt: Die vielen Millionen aus der Glücksspielabgabe ermöglichen auch in Niedersachsen Sponsoring für viele Projekte, die sonst nicht finanzierbar wären. Ein schönes Feigenblatt. nAnzeige ite e Sonders Unternehmens- und Personenindex UNTERNEHMEN 2G Energy .............................................22 AM-Log....................................................4 Assmann ..............................................32 Aurelius................................................... 7 Barre Privatbrauerei........................... 21 Berentzen................................................ 7 Bröring ....................................................6 Capiton..................................................23 Claas.......................................................23 Coffee Perfect ......................................... 1 Der Grillwagen ....................................25 Deutsche Post ...................................... 21 Deutsche Glasfaser ...............................5 Deutsche Vermögensberatung ...........8 Dream Cruises .....................................10 ECE Projektmanagement..................32 Edeka ..................................................... 21 Elmer ..................................................... 21 EnBW..................................................... 17 Enercon ................................................. 17 Envitec...................................................22 Eon ......................................................... 17 EWE Netz........................................ 17, 32 EWEtel.....................................................5 Exporo.de..............................................23 Facebook ............................................... 21 Felix Schoeller Holding ..................... 21 Franz Wiltmann .................................. 21 Freshfields Bruckhaus Deringer..... 20 Garbers Partner...................................23 Gauselmann .....................................9, 13 German Poker Days............................ 11 GetSafe ....................................................8 Glunz...................................................... 21 H. & E. Reinert Holding .................... 21 H. Kemper ............................................ 21 Hamm Reno Group ............................23 Hansen & Rosenthal .......................... 21 Haribo.................................................... 21 Harting ....................................................9 Heinrich Nölke .................................... 21 Heitz Furnierkantenwerk..................23 Hellmann Logistics Worldwide .......18 Heristo................................................... 21 Hotfilter................................................... 1 Ibis............................................................3 Ikea.........................................................23 Indus Holding .....................................23 Kaffee Partner........................................ 1 Kempinski...............................................3 KME ....................................................... 21 Krebs........................................................3 Krombacher .........................................22 Kruse Medien.......................................32 KWS .........................................................6 L+T........................................................ 26 Limuh ...................................................... 7 LVM..........................................................8 madeinosnabrueck ............................ 26 Mars ....................................................... 21 MBW ........................................................8 Merkur.....................................................9 Meyer Werft .................................. 10, 23 Moesta BBQ..........................................25 Nestlé..................................................... 21 Norwegian Cruise Line......................10 Oetker .................................................... 21 OLB ........................................................22 Oldtimer Center Osnabrück ............. 31 Pullman...................................................3 Radeberger .......................................... 21 Reggeborgh ............................................5 Ritter Sport...........................................21 Röchling Plastics Engineering.........32 Sanders-Gruppe ..................................23 Schlingmann ........................................21 Schwitzke..............................................32 Sickendiek Fleischwarenfabrik............................. 21 VfL Osnabrück.....................................23 Villeroy & Boch................................... 20 Westfälische Fleischwarenfabrik............................. 21 Wilhelms.................................................6 Zoo Osnabrück ................................... 30 PERSONEN Abbas, Jim ............................................. 10 Abromeit, Jürgen .................................23 Arend, Sonja............................................ 4 Arenhövel, Wolfgang........................... 19 INSTITUT FÜR DUALE STUDIENGÄNGE Aumann, Bernhard................................ 6 Baake, Rainer.........................................17 Bachmann, Jürgen................................11 Becker, Maja..........................................32 Berentzen, Christian ............................. 7 Bröring, Jan............................................. 6 Brose, Sabine.........................................32 Brückmann, Matthias ..........................17 Busemann, Andreas ............................30 Diepenbrock, Robert............................. 3 Eichler, Matthias .................................. 16 Engel, Conrad ....................................... 31 Erdhaus, Michael ................................... 6 Feldkamp, Kerstin ...............................23 Frauendorf, Karen ...............................23 Gabriel, Sigmar......................................17 Gauselmann, Armin .............................. 9 Gauselmann, Paul ............................9, 13 Gausling, Ludger..................................22 Gräßler, Markus ...................................32 Grotholt, Christian ..............................22 Grundmann, Martin.............................17 Haase, Artur...........................................11 Hagedorn, Christian............................ 27 Harting, Dietmar ................................... 9 Harting, Margit ...................................... 9 Hartmann, Kai.......................................11 Helming, Gerd ......................................23 Herkenhoff, Janina ................................ 3 Heyers, Marion.....................................23 Hoffmeister, Mario .............................. 13 Illes, Thomas P. ................................... 10 Jakobs, Beate.........................................23 Jänen, Ansgar ......................................... 8 Kaiser, Andreas....................................... 5 Karrenbrock, Gerd................................15 Kestel, Heike .........................................23 Kettwig, Hans-Dieter ...........................17 Kleuker, Nathias..................................... 8 Klusmann, Ira.......................................23 Klusmann, Martin .........................20, 21 Koch, Michael ..........................................1 Koch, Peter ............................................23 Krebs, Rolf ............................................... 3 Kreienbrink, Joachim .........................30 Kuper, Ralf.............................................32 Lach, Helge.............................................. 8 Lage, Hermann zur...............................15 Lazaruk, Katrin ....................................26 Ledor, Helmut....................................... 18 Lex, Thomas..........................................32 Machheit, Jörn......................................32 Maßmann, Guido.................................23 McGuire, Steve......................................26 Menke, Hubertus ................................. 31 Mestemacher, Helga............................23 Meyer, Bernhard ............................10, 23 Middelücke, Andreas ............................ 4 Möhle, Alexander................................. 25 Mortler, Marlene .................................. 13 Mundt, Andreas..............................20, 21 Oertzen, Julian .....................................23 Oettinger, Günther .............................. 13 Optiz, Christina ....................................32 DUALE AUSBILDUNGS- UND PRAXISINTEGRIERENDE BACHELORSTUDIENGÄNGE ▲ BETRIEBSWIRTSCHAFT Ost, Andreas.............................................1 Ostermöller, Sara .................................32 Pahlmann, Heiner................................32 Papoli-Barawati, Oliver..........................1 Rabes, Manfred .................................... 12 Rabes, Manfred .................................... 18 Rauf, Astrid ........................................... 18 Riese, Melanie....................................... 18 Rüther, Sebastian.................................23 Sanders, Hans-Christian ....................23 Sandhaus, Klaus...................................32 Schimpf, Wibke .................................... 16 Schlichter, Karl.....................................23 Schmees, Stephan ................................ 10 Schnabel, David.................................... 13 Schoebe, Andre.....................................30 Schüßler, Artur....................................... 6 Schwitzke, Karl.....................................32 Seeger, Thomas..................................... 21 Sievert, Horst ........................................32 Simon, Jan-Felix...................................30 Stabenow, Marcel................................. 25 Stuart, Andy .......................................... 10 Syllow, Alice ..........................................32 Thiele, Klaus .........................................23 Tiede, Antje ........................................... 16 Wehlend, Jürgen ..................................23 Weiß, Markus........................................ 14 Werde, Luder van................................... 8 Wiehemeyer, Henning ....................... 25 Wiens, Christian..................................... 8 Wulf, Heiko.............................................11 D DUALE BERUFSINTEGRIERENDE BACHELORSTUDIENGÄNGE B ▲ (BACHELOR OF ARTS) ▲ ▲ WIRTSCHAFTSINGENIEURWESEN ▲ WIRTSCHAFTSINGENIEURWESEN ▲ IHR PARTNER FÜR DUALE STUDIENGÄNGE THEORIE UND PRAXIS VERKNÜPFEN (BACHELOR OF ENGINEERING) ENGINEERING TECHNISCHER SYSTEME (BACHELOR OF ENGINEERING) STUDIENRICHTUNGEN: ▲ MASCHINENBAU ▲ MECHATRONIK ▲ ELEKTROTECHNIK ▲ CHEMISCHE PROZESSTECHNIK / VERFAHRENSTECHNIK BETRIEBSWIRTSCHAFT (BACHELOR OF ARTS) PFLEGE (BACHELOR OF SCIENCE) ▲ STUDIENRICHTUNGEN: ▲ (BACHELOR OF ENGINEERING) ▲ MANAGEMENT BETRIEBLICHER SYSTEME BERUFSINTEGRIERENDE B MASTERSTUDIENGÄNGE M ▲ FÜHRUNG UND ORGANISATION (MASTER OF ARTS) ▲ TECHNOLOGIEANALYSE, -ENGINEERING UND -MANAGEMENT (MASTER OF ENGINEERING) Weitere Informationen unter 05 91 - 800 98 700 oder [email protected] Hochschule Osnabrück · Institut für Duale Studiengänge · Kaiserstraße 10 b · 49809 Lingen (Ems) 3 DONNERSTAG, 30. JUNI 2016 MACHER & MÄRKTE Rolf Krebs macht Nobelherbergen noch edler Der Textil-Innenausstatter aus Bissendorf richtet Luxushotels wie Kempinski, Pullman und Mandarin Oriental ein VON AXEL ROTHKEHL BISSENDORF. Rolf Krebs ist der Mann für scheinbar unlösbare Aufgaben. Zum Beispiel die Konstruktion einer Gardinenaufhängung für karge Mönchszellen mit Rund- und Spitzbogenfenstern. Der Bissendorfer Textil-Innenausstatter hat die Prager Dependance der Luxushotelkette „Mandarin Oriental“ ausgestattet. Das FünfSterne-Haus residiert in einem 600 Jahre alten Benediktinerkloster direkt neben der Prager Karlsbrücke. Insgesamt 99 Zimmer und Suiten haben die Bissendorfer eingerichtet. Sie lieferten die sogenannten dekorativen Textilien. Dazu gehören Bettüberwürfe, Gardinen und Bezugsstoffe für Sitzmöbel. Nur wenige Hundert Meter weiter stattete Krebs eine nicht minder hochwertige Herberge des britischen Hotelsammlers Rocco Forte aus. Geschäftsführer Carsten Krebs sieht die beiden Anbieter im Höchstpreissegment als „Nachfolger des klassischen Grand Hotels mit farblicher Zurückhaltung“. Da müsse er nicht mit rotem Plüsch, Messingarmaturen oder goldenen Troddeln kommen. „Heute ist Coolness sehr wichtig“, meint Krebs. Er bezeichnet sein Unternehmen als größten Hotel-Innenausstatter Deutschlands. Eine Tochterfirma in Süddeutschland bedruckt die Ware mit neuen Designs. Im Stammhaus schneiden 55 Mitarbeiter alles zu. Hier steht auch eine echte Innovation. „Wir können Verdunkelungsstoffe so vernähen, dass keine Stiche sichtbar sind, auch wenn ich am Tag den Vorhang zuziehe“, sagt Krebs. Der Schlaf bleibt also im Hotel das höchste Gut – trotz allen möglichen Luxus. Zum Portfolio gehören bei Krebs auch Häuser der Top-Marken Kempinski, Pullman und Le Royal Méridien. Demgegenüber stehen 48 Ibis-Hotels, in denen werktags müde Monteure und am Wochenende die Kegelclubs ein- ziehen. Diese standardisierten Komfortzimmer werden einmal entworfen und tausendfach kopiert. Ist so ein Massenprodukt schnell verdientes Geld? „Dort kostet die Fensterdekoration we- „Coolness ist heute sehr wichtig.“ Rolf Krebs, Textil-Innenausstatter niger als 150 Euro. Da bleibt nicht viel übrig. Ibis ist für uns ein Auslastungsgeschäft“, rechnet Carsten Krebs vor, „bei Mercedes klingelt ja auch erst mit den SModellen so richtig die Kasse.“ Das Hotelgeschäft sorgt bei Krebs für 70 Prozent des Umsatzes. 2015 waren das „gut fünf Millionen Euro“. Die Steigerung um 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr führt der Unternehmer auf mehrere Großprojekte zurück. Kontakt zu Prestigeanlagen wie in Prag verschaffte ihm Robert Diepenbrock, der für eine deutsche Hotelplanungsgesellschaft arbeitete. „Die Firma Krebs liefert nicht nur, sondern entwickelt Konzeptlösungen“, sagt Diepenbrock, „und sie steht auch kurzfristig zur Verfügung. Das ist die große Stärke.“ Intelligente Gebäude-Elektronisierung ist der letzte Schrei in der Branche. Dazu gehören wärmere- Die Designs der dekorativen Textilien druckt eine KrebsTochterfirma in Süddeutschland.Zugeschnitten wird im Stammhaus.Im Bild:Rolf Krebs und Mitarbeiterin Janina Herkenhoff Foto: Axel Rothkehl Von Krebs gestaltet: Zimmer mit Rundbogenfenster im Prager Luxushotel Mandarin Oriental . Foto: Mandarin Oriental Hotel Group flektierende Vorhänge oder Gardinen, die sich automatisch schließen, wenn die Sonne scheint. „In der Realität findet das nicht statt“, ordnet Krebs ein, „mit Ausnahme des Hotels in der Hamburger Elbphilharmonie“. Ähnlich wie Fluggesellschaften locken Hotelketten mit Bonuskarten. Viele Punkte hat sich Krebs noch nicht erschlafen. „Die meisten Projekte kenne ich im fertigen Zustand gar nicht“, lacht er, „aber eine Übernachtung in Prag könnte ich mir mal gönnen.“ Das ideale Umfeld. Unternehmer im ecopark wissen: Wo Mitarbeiter sich wohlfühlen, da leisten sie gute Arbeit. Investieren auch Sie in ein gutes Umfeld – für Ihre Mitarbeiter und für Ihr Unternehmen. Im ecopark an der Hansalinie A1. ecopark – der Qualitätsstandort. 5 DONNERSTAG, 30. JUNI 2016 MACHER & MÄRKTE MACHER & MÄRKTE Funkwellen überholen Glasfaser Große Flächen unterversorgt Internet-Verfügbarkeit1) via Kabel und Übertragungsgeschwindigkeiten im Emsland Gemeinde Stadt Papenburg Rhede Internet via Richtfunk entwickelt sich im Emsland zur dauerhaften Alternative zum Erdkabel SG Nordhümmling 50 Mbit/s und mehr unter 50 Mbit/s keine bis fast keine Verfügbarkeit SG Dörpen VON CHRISTIAN SCHAUDWET MEPPEN/GEORGSMARIENHÜTTE. Wo 1) Darstellung basiert auf freiwilligen Angaben der Internet- und Telefonie-Provider SG Werlte Quelle: Breitband Kompetenz Zentrum Niedersachsen Grafik: Matthias Michel SG Sögel SG Lathen Stadt Haren SG Herzlake Stadt Meppen Stadt Haselünne Gemeinde Twist Gemeind Gemeinde Geest ste SG Lengerich Stadt Lingen Hohe Übertragungsraten für Geschäftsdaten gewährleisten Glasfaserkabel wie diese.Viele Betriebe in ländlichen Regionen sind im Wettbewerbsnachteil,weil sie noch nicht ans Glasfasernetz angeschlossen wurden. Gemeinde Emsbüren Foto: obs/Vodafone D2 GmbH Aufbruch im Tal der Breitbandlosen SG Freren SG Spelle Gemeinde Salzbergen Nach Jahren des Schneckentempos kommt Schwung in den Ausbau des schnellen Internets in ländlichen Gebieten Noch halten unterversorgte Firmen der Region die Treue. Breitband-Pakt zwischen Gemeinden und Kreis Osnabrück. Schnelles Internet soll die Standorte zukunftsfähig machen. VON SVEN LAMPE UND CHRISTIAN SCHAUDWET FREREN/OSNABRÜCK. Kommunen und Unternehmen in der Fläche geben Gas. Damit Betriebe an ländlichen Standorten im zunehmend datenintensiven Wettbewerb nicht endgültig abgehängt werden, sollen auch sie ans Breitbandnetz angebunden werden. Die politischen Weichen auf Kreisebene sind gestellt. Andreas Middelücke ist es völlig egal, wie er ins Internet kommt. Hauptsache, die Leitung ist schnell und stabil. Und natürlich dürfen auch die Kosten nicht aus dem Ruder laufen. Vor einiger Zeit hat der Chef des Logistikunternehmens AM-Log in Andervenne seinen Weg gefunden. Und der führt über Richtfunk. Eine großartige Auswahl an Möglichkeiten hatte er in dem etwas abseits gelegenen Teil der emsländischen Samtgemeinde Freren dicht am Landkreis Osnabrück nicht – jetzt ist er von der Technik überzeugt. Nun ist ein Logistikdienstleister nicht gerade ein Hightech-Unternehmen. Aber ohne Netzzugang geht längst auch in dieser Branche nichts mehr. „80 Prozent unserer Aufträge bekommen wir über Internet oder Telefon“, macht Middelücke die Bedeutung deutlich. Über das Netz kennt der Unternehmer außerdem ständig den aktuellen Standort seiner Lkw und kann somit schnell neue Aufträge delegieren. Vor der Richtfunk-Zeit hatte Middelücke notgedrungen über LTEMobilfunk kommuniziert. In den Augen des Unternehmers ein ebenso teures wie instabiles Vergnügen. „Meistens hatten wir schon am 15. eines Monats unser dickstes Paket verschossen und mussten Datenvolumen nachkaufen.“ 100 Euro und mehr seien da schnell zusammengekommen. Technisch sei der Anschluss zwar gut gewesen, aber „Meist mussten wir am 15. Datenvolumen nachkaufen.“ Andreas Middelücke, AM-Log nicht stabil. Diese Erfahrungen gehören nun der Vergangenheit an: „Jetzt ist es wie eine Standleitung, und die Kosten sind so wie vorher.“ Richtig ärgern über sein Leben in der Breitband-Peripherie kann sich der Chef des 2012 gegründeten Unternehmens nicht. Selbst wenn es Richtfunk nicht gäbe, hätte er der Gemeinde nicht den Rücken gekehrt“, sagt er. „Da gäbe es wichtigere Gründe, zum Beispiel schleppende Bürokratie.“ Bisher halten die Unternehmen ihrem Standort offenbar die Treue. „Wir haben noch keinen Fall gehabt, in dem ein Unternehmer wegen fehlenden Breitbandes gedroht hat, Freren zu verlassen“, sagt die Erste Samtgemeinderätin Sonja Ahrend. Damit das so bleibt und auch weitere Unternehmen kommen, verschreibt sich Freren dem Richtfunk. Ähnlich ausbaufähig stellt sich die Situation in Salzbergen dar. Statt auf Richtfunk setzt Salzbergen zumindest aber im Kernbereich auf Glasfaser. Zusätzlich zum bereits vollverkabelten interkommunalen Gewerbegebiet Holsterfeld an der A 30, das sich Salzbergen mit Rheine teilt, entsteht jetzt auch im eigentlichen Stadtgebiet ein hochmodernes Glasfasernetz. Auch auf den „weißen Flecken“ des Osnabrücker Lands keimt Hoffnung, spätestens seit dem 13. Juni. Der Kreistag rang sich an diesem Tag zu einem Kompromiss durch, der die Lasten des von vielen mittelständischen Unternehmen ersehnten Breitbandausbaus auf Landkreis, Städte und Gemeinden verteilen soll. Bis zum Jahr 2018 werden 15,4 Millionen Euro in die Breitbandförderung unterversorgter Gebiete investiert, um dort schnelles Internet mit mindestens 50 Megabit pro Sekunde verfügbar zu machen. Der Landkreis übernimmt von dieser Summe 8,7 Millionen Euro. Die Städte und Gemeinden, die alle einen Solidarbeitrag von einem Euro pro Einwohner aufbringen sollen, tragen 6,7 Millionen Euro bei. Mit Investitionen aus diesen Geldern sollen unter anderem 35 unterversorgte Gewerbegebiete mit Glasfaserdirektanschlüssen ausgestattet werden. Der CDU-Kreistagsfraktionsvorsitzende Martin Bäumer bezeichnete es als „guten Tag“, dass der Landkreis durch den Beschluss jetzt „digital richtig vorangebracht wird“. Neben dem SPD-Kreistagsfraktionsvorsitzenden Thomas Rehme lobte in ungewohnter Harmonie auch Linke-Vertreter Andreas Maurer den Kompromiss: „Das ist ein gutes Projekt. Ich kann beiden Vorred- nern nur zustimmen, was sonst selten passiert.“ Bei Ausschöpfung aller Fördermöglichkeiten könnte das Budget für den Breitband-Ausbau im Osnabrücker Land sogar ein Volumen von bis zu 39 Millionen Euro erreichen. Dann, wenn die potenzielle Fördersumme des Bundes von 15 Millionen und Landesmittel in Höhe von fünf Millionen Euro dazukommen. Die ersten Gemeinden haben schnell auf den Kompromiss reagiert: Am 15. Juni stimmte der Fürstenauer Stadtrat dem vorgesehenen Deal mit dem Landkreis zu und verpflichtete sich, 89 000 Euro in den Topf zu werfen. Dafür wird zunächst der letzte noch nicht aufgerüstete Verteilerkasten mit Glasfaser ausgestattet – mit dem Ziel, eine Übertragungsrate von 50 MBit pro Sekunde zu gewährleisten. Im Endlich Breitband, wenn auch ohne Kabel: Logistik-Unternehmer Andreas Middelücke in Andervenne nutzt eine Richtfunkverbindung. Foto: Sven Lampe zweiten Schritt will die Stadt möglichst viele Haushalte an die Verteilerkästen anschließen. Einen Tag später machte auch der Stadtrat von Melle den Weg frei: Hier werden nach dem Ja zur Vereinbarung mit dem Landkreis 1,3 Million Euro fällig. Für Melles Bürgermeister Reinhard Scholz hängt die wirtschaftliche Zukunft der Stadt am schnellen Internet: „Ohne Breitband keine Firmenansiedlung aus dem Hightech-Bereich“, sagt Scholz. Sechs Gewerbegebiete gälten noch als unterversorgt. Aber auch für Privatleute werde Breitbandanbindung unverzichtbar. „Die Ansprüche auch dort steigen, insbesondere bei jüngeren Menschen.“ In der einwohnerreichsten Stadt im Landkreis mit wichtigen Arbeitgebern wie Melos (Gummigranulate, Gummi-Mischungen), Westland (Walzen-Gummierung), Spartherm (Kamine und Brennzellen), Tetra (Fischfutter) und Assmann (Büromöbel) soll der Ausbau ab dem Spätsommer beginnen. Die 43 grauen Verteilerkästen im Stadtgebiet werden dann nach und nach umgerüstet, in drei Stadtteilen kommen neue Kästen hinzu. In Melle liegt die Versorgung mit mindestens 30 MBit/s derzeit bei 72 Prozent. 2018 sollen 88 Prozent mindestens 50 MBit/s erhalten. Der Landkreis Emsland hat sich unterdessen Bundesmittel gesichert: Ende Mai übergab Bundesminister Alexander Dobrindt in Berlin dem Kreisdezernenten Michael Steffens Förderbescheide über 100 000 Euro – zusätzlich zu den 50 000 Euro, die das Emsland bereits im Januar erhalten hatte. Bis 2018 sollen alle emsländischen „Ohne Breitband keine Firmen aus dem HightechBereich.“ Reinhard Scholz, Bürgermeister von Melle Haushalte mit 50 MBit pro Sekunde im Internet unterwegs sein können. „Derzeit erhalten kreisweit von insgesamt mehr als 100 000 Adressen etwa 23 000 Haushalte nicht einmal eine Breitbandgeschwindigkeit von 30 MBit pro Sekunde“, sagt Landrat Reinhard Winter. Vor allem diesen Haushalten sollen die Bundesgelder nützen. Weitere Förderanträge seien in Arbeit. Der Landkreis selbst hat in seinem aktuellen Haushalt sechs Millionen Euro bereitgestellt. 52 Millionen Euro stehen für 2017 und 2018 in Aussicht. Dann soll das Emsland endlich nicht mehr digitales Randgebiet sein: „Weiße Flecken soll es damit künftig nicht mehr geben“, sagt Winter. Die Unternehmersorgen in den Tälern der Breitbandlosen ist begründet: Die Datenmenge, die sie national und international künftig durch die Leitungen werden schi- cken müssen, wächst ständig. IW Consult, eine Tochter des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, sagt in einer Studie bis 2019 eine Verdreifachung des weltweit umgeschlagenen Datenvolumens voraus. Deutschland liegt demnach bei der Entwicklung der meisten Schlüsseltechnologien im internationalen Vergleich zwar in der Spitzengruppe. Bei der Netzabdeckung und der Geschwindigkeit der Datenleitungen aber erreicht das Land nur das Mittelfeld. Ende 2015 verfügten demnach in Deutschland nur 60 Prozent der Unternehmen über Breitbandanschlüsse mit mindestens 50 Megabit pro Sekunde. Besorgniserregend findet das der Auftraggeber der im Juni sicher nicht uneigennützig veröffentlichten Studie, Vodafone-DeutschlandChef Hannes Ametsreiter. InternetGeschwindigkeit könne schon in absehbarer Zeit ein erheblicher Standortfaktor werden. „Europäische Nachbarn und Asien setzen bereits voll auf Glasfaser – und Deutschland diskutiert noch über Kupfer“, sagt Ametsreiter. Allerdings ist vielerorts noch gar nicht klar, wo genau Breitband- Unterversorgung besteht und wo Unternehmen diese behoben sehen möchten. In Niedersachsen haben deshalb die Industrie- und Handelskammern unter Beteiligung der IHK Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim Mitte Mai mit einer Umfrage begonnen, die die genaue Bedarfslage ermitteln soll. Die Umfragedaten, die beim BZN in Osterholz-Scharmbeck zusammenlaufen, werden zu einem „Breitbandatlas“ werden, der als Grundlage für die weitere Ausbauplanung dienen soll. (Mit dpa) Betrieben der Ausbau des Glasfaserkabelnetzes nicht schnell genug geht, kommt eine Technologie ins Spiel, die ohne aufwendige Kabelverlegung auskommt: Richtfunk. Immer mehr Unternehmen und Privathaushalte im Emsland gehen über die „Glasfaser der Luft“ online. BRichtfunk entwickelt sich in ländlichen Gebieten des Nordwestens zum Renner. Dabei ist er eine alte Technologie – die erste Richtfunkstrecke überbrückte 1931 den Ärmelkanal zwischen Calais und Dover, und Richtfunksysteme sind seit Jahrzehnten Teil des deutschen Telekommunikationsnetzes. Doch angesichts des schleppenden Glasfasernetz-Ausbaus in ländlichen Regionen erfährt die „Glasfaser der Luft“, wie sie im Emsland teils genannt wird, eine neue Blüte. Mittendrin im Boom: Emslandtel. Das Meppener Unternehmen baut seit drei Jahren Richtfunkstrecken für Geschäftskunden auf, die nicht auf eine Glasfaser-Anbindung warten wollen. Rund 400 Unternehmensadressen und mehr als 2000 Haushalte hat es bisher angebunden. Seit Emslandtel im Gewerbegebiet von Messingen, das zur Samtgemeinde Freren östlich von Lingen gehört, einen Richtfunkmast aufgestellt hat, ist die Angst vor dem digitalen Abseits dort der Zuversicht gewichen. Zuvor war eine Übertragungsgeschwindigkeit von mageren 0,8 Mbit pro Sekunde durchs alte Kupferkabel trauriger Standard. Thomas Dreising vom Fassadentechnik-Ingenieurbüro iff Dreising fuhr manchmal mit einem USBStick in seine mit VDSL-Technik angeschlossene Wohnung, um Geschäftsdaten von dort aus abzuschicken. Damit ist es nun vorbei. Erleichtert ist auch Karl-Heinz Rumpke, Chef des gleichnamigen Holzbearbeitungsun- Schnelles Internet in Eigenregie: Vertreter der Stadt Meppen beobachten den Aufbau eines Richtfunk-Mastes. Foto: Gerd Mecklenborg ternehmens in Messingen. Die Fernwartung seiner CNC-Werkzeugmaschinen durch den Maschinenhersteller klappt seit der Richtfunk-Anbindung ohne lästige Verzögerungen. Emslandtel-Chef Andreas Schröder sieht in Richtfunk weit mehr als eine Brückentechnologie. Schon ab einer Leitungslänge von etwa einem Kilometer im Punkt-zu-Punkt-Betrieb und bei beliebiger Leitungslänge im Punkt-zuMultipunkt-Betrieb stehe Richtfunk bei der Kostenbetrachtung besser da: „Glasfaser ist schlicht zu teuer, um auf absehbare Zeit jeden Haushalt in der Fläche ökonomisch sinnvoll zu versor- gen“, sagt Schröder. Der von Emslandtel betriebene Ausbau habe die politische Diskussion über die Breitbandversorgung im Landkreis angeheizt und den Breitbandausbau in der Region insgesamt beschleunigt. Richtfunk setzen aber nicht nur lokale Provider wie Emslandtel zur Anbindung von Betrieben und Haushalten ein. Viele Unternehmen lassen sich eigene Richtfunkstrecken einrichten, um den Datenverkehr zwischen benachbarten Standorten zu beschleunigen und billiger zu machen. Dem Verpackungsmaschinenbauer Windmöller & Hölscher im westfäli- schen Lengerich reichte die vorhandene 2-MBit-Standleitung zu seiner wenige Hundert Meter entfernten Tochtergesellschaft Klaus Reinhold Maschinen- und Gerätebau nicht, deshalb ließ er eine Mikrowellen-Richtfunkstrecke errichten. Seitdem strömen die Geschäftsdaten zwischen zwei runden, etwa straßenschildgroßen Antennen auf den Gebäudedächern hin und her. Die Richtfunkstrecke hat sich nach Einschätzung des Managements im Vergleich zu einer 34-MBit-Standleitung nach elfeinhalb Monaten amortisiert. Der Georgsmarienhütter Datentechnik-Dienstleister und RichtfunkAusrüster ETe zählt neben Windmöller & Hölscher in Lengerich auch die Niels-Stensen-Kliniken, Ahlstrom Osnabrück, den Tapetenhersteller Rasch in Bramsche und den Küchenbauer Nolte in Löhne zu seinen Kunden. Natürlich hätten Unternehmen auch die Möglichkeit, Glasfaserleitungen zwischen ihren Produktionsstätten legen zu lassen, sagt ETe-Datentechnik-Geschäftsführer Jörg Thiemann, „doch bei den Preisen legen Sie die Ohren an. Selbst wenn Sie mit der Leitung nur unter einer Straße durch müssen, wird es schnell sehr teuer.“ Richtfunk mache zehn bis 15 Prozent des Umsatzes von ETe aus, aber: „Das Geschäftsfeld hat in dieser Region Potenzial.“ So funktioniert Richtfunk Richtfunkversorgung von Betrieben und Haushalten durch einen lokalen Provider Betriebe und Haushalte Lizenzierter Richtfunk (bis zu 1 Gigabit/Sek.) Richtfunk, WLAN-Richtfunk oder WLAN GlasfaserNetz lokaler Provider Quelle: Eigene Recherchen · Grafik: Matthias Michel Ein Neuling prescht vor Deutsche Glasfaser will Marktführer werden VON SVEN LAMPE SALZBERGEN/SPELLE. Im Streben, Deutschland möglichst flächendeckend mit schnellem Breitband-Internet zu versorgen, tummelt sich neben den Platzhirschen wie der Telekom und Vodafone auch ein Neuling: die Deutsche Glasfaser. Anders als die meisten Internetanbieter verlegt das Unternehmen ausschließlich Glasfaserkabel. Und zwar bis ins Haus. Der oft gefürchtete „letzte Meter“ aus leistungsminderndem Kupferkabel entfällt. Die Deutsche Glasfaser (DG) mit Sitz im westfälischen Borken ist erst seit 2012 in Deutschland aktiv. Hinter dem Unternehmen steht die Investmentgesellschaft Reggeborgh, die bereits in den Niederlanden Glasfasernetze verlegt hat. Glasfaser gilt als zukunftsträchtigste Technologie, da sie die höchste Bandbreite bietet. Weit fortgeschritten ist der Glasfasernetz-Ausbau bereits in Japan und Südkorea, in Europa liegen Schweden und Estland weit vorn. Deutschland gilt in diesem Bereich noch als Entwicklungsland. Hierzulande erschließen viele Anbieter nur einen Teil ihrer Netze mit Glasfaser und greifen auf dem übrigen Teil der Strecke auf bereits im Boden liegende Kupferkabel zurück. Die Deutsche Glasfaser hat einen Weg gefunden, die hohen Kosten für die Verlegung auf ein offensichtlich wirtschaftliches Maß zu reduzieren. Beim sogenannten Micro-Trenching wird für das Kabel nur ein dünner Schlitz gegraben, der noch dazu weniger tief in den Boden geht als üblich. Das senkt Zeitaufwand und Kosten. Nach eigenen Angaben hat das Unternehmen in Deutschland bereits 200 Millionen Euro in den Netzausbau investiert und nennt 375 000 Kilometer Glasfaser sein Eigen. Zeitnah wollen die Borkener 450 weitere Millionen Euro investieren. Das Ziel ist engagiert: Marktführer beim Glasfaser-Ausbau in Deutschland. Bislang hat sich die Deutsche Glasfaser auf das Geschäft mit Privatkunden konzentriert, jetzt soll auch der Geschäftskundenbereich ausgebaut werden. Einen Fuß am Boden hat die Deutsche Glasfaser bereits im Emsland. Dort griffen die Gemeinden Salzbergen und Spelle beim Angebot des Unternehmens zu, das da lautet: Wenn 40 Prozent der potenziell anschließbaren Haushalte in einem bestimmten Bereich der Gemeinde einen Zwei-Jahres-Vertrag mit der Deutschen Glasfaser abschließen, baut das Unternehmen auf eigene Kosten ein Glasfasernetz mit einer Übertragungsrate von 100 Megabit pro Sekunde, an das sich auch Geschäftskunden anschließen lassen können. Fokus auf ländliche Gebiete: Der Provider Deutsche Glasfaser expandiert in Schleswig-Holstein (Bild) und Niedersachsen. Foto: Deutsche Glasfaser In Salzbergen lässt sich das Unternehmen den Netzausbau drei Millionen Euro kosten. Kosten für die Kommune: null. Fast drei Monate lang rührte das Unternehmen die Werbetrommel, Ende Mai war es so weit: Die 40-Prozent-Marke wurde gerissen. Noch im Sommer soll mit den Bauarbeiten begonnen werden, Anfang kommenden Jahres will die DG ihre Neukunden am Netz haben. „Das ist ein engagiertes Ziel“, sagt Salzbergens Bürgermeister Andreas Kaiser: „Aber die haben gesagt, sie schaffen das.“ Profitieren vom Glasfasernetz werden in erster Linie Kunden in den effektiv zu erschließenden Kerngebieten der Kommunen. Die Außenbezirke bleiben außen vor. Eine Erschließung abgelegener Gebiete oder einzelner Höfe sei nicht wirtschaftlich zu realisieren, ließ DG-Manager Jan van Veldhuizen im Februar bei der Unterzeichnung des Kooperationsvertrages mit Salzbergen durchblicken. Kleiner Nebeneffekt: Seit die Deutsche Glasfaser in Salzbergen aktiv ist, haben auch traditionelle Anbieter wie EWEtel und die Telekom ihr Herz für die knapp 8000 Einwohner zählende Gemeinde im Süden des Emslandes neu entdeckt, rüsten technisch auf und werben um Kunden. Auch anderswo in der Region schalten die Etablierten nun einen Gang höher: EWEtel will in Neuenkirchen-Vörden unabhängig vom jüngst beschlossenen Förderprogramm des Kreises Vechta in Breitband investieren. 600 Haushalte sollen dort bald mit höherer Geschwindigkeit im Web unterwegs sein können. 6 DONNERSTAG, 30. JUNI 2016 MACHER & MÄRKTE Wilhelms macht ausgelaugte Böden wieder fit Ein preisgekröntes Start-up aus Cloppenburg züchtet Pilze mit erstaunlichen Fähigkeiten und großem Marktpotenzial VON KLAUS-PETER JORDAN CLOPPENBURG. In alten Raketen- hangars bei Cloppenburg züchtet die Firma Wilhelms Mykorrhizapilze. Sie geben ausgelaugten Böden ihre Kraft zurück. Die Folge: Pflanzen gelangen besser an Wasser und Nährstoffe. Sie sind gesünder und brauchen weniger Dünger. Wer Arthur Schüßler besuchen will, braucht Spürsinn. Man findet ihn in einer Halle auf dem ehemaligen Militärflugplatz Varrelbusch nördlich von Cloppenburg. Hier standen bis 2002 Patriot-Flugabwehrraketen der Bundeswehr zur Bekämpfung von Flugkörpern in luftiger Höhe. Schüßlers Blick geht allerdings eher nach unten: in den Boden. Er züchtet Pilze. Doch es sind weder Champignons noch schmackhafte Austernpilze, die den habilitierten Pflanzenbiologen beschäftigen, sondern Mykorrhiza. Diese Pilzwurzelgeflechte kann man zwar nicht essen, nahrhaft sind sie aber trotzdem – jedenfalls für Böden und Pflanzen. Die Pilze geben ausgelaugten Äckern ihre Fruchtbarkeit zurück. Damit sorgt Schüßlers Firma, die Wilhelms GmbH, seit 2013 bundesweit für Aufmerksamkeit. Mehrere Innovationspreise hat sie abgeräumt. Das Magazin „Wirtschaftswoche“ glaubt, dass ihre Geschäftsidee „die Landwirtschaft revolutionieren“ könnte. Der ungewöhnliche Firmenname nimmt Bezug auf die von Kaiser Wilhelm Anfang des 20. Jahrhunderts ins Leben gerufene staatliche Förderung der Biologie. Neben Schüßler ist der Futtermittelhersteller Bröring aus Dinklage Mitgesellschafter der Wilhelms GmbH. Die Dinklager stellen mit Jan Bröring auch den Geschäftsführer. Mitgründer Bernhard Aumann schied inzwischen aus dem Unternehmen aus. Schüßlers Idee klingt einleuchtend. Die moderne Landwirtschaft hat viele Äcker durch intensive Bewirtschaftung stark geschädigt. Dem versuchten die Landwirte mit Mineraldünger und organischer Düngung in Form von Gülle entgegenzuwirken. Seit den 60erJahren läuft das unter dem Begriff „Grüne Revolution“. Forscher schätzen aber, dass vom Nährstoff Phosphor im Dünger inzwischen weniger als 20 Prozent bei den Pflanzen ankommt. Der Rest versickert und belastet das Grundwasser. Grund dafür sind das häufige und immer tiefere Pflügen der Böden und der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Dadurch werden die Mykorrhiza zerstört. Die Pilz- Die Mykorrhizapilze werden in Flaschen vermehrt. Foto: Anja Suding-Turi/Bröring Eine zweite „Grüne Revolution“ wollen Arthur Schüßler (links) und Bernhard Aumann mit ihrer Firma Wilhelms einleiten.Aus gesundheitlichen Gründen zog Aumann sich inzwischen zurück. welt in den Böden verarmt. Die sogenannte „Mykorrhiza-Symbiose“ kann nicht mehr stattfinden. Diese Symbiose beschreibt der 47-jährige Schüßler so: „Die Mykorrhizapilze siedeln sich an Wurzeln oder Samen von Pflanzen an. Sie bilden im Boden ein sehr feines Netzwerk. Dadurch vergrößern sie die Oberfläche und Ausbreitung der Wurzeln um ein Tausendfaches. Damit können die Pflanzen Nährstoffe wie Phosphor und Stickstoff deutlich besser aufnehmen.“ Der gebürtige Darmstädter hat an der Ludwig-Maximilian-Universität München zur Mykorrhiza-Symbiose geforscht. In natürlichen Ökosystemen nehmen Pflanzen geschätzt bis zu 90 Prozent ihres Phosphors und 80 Prozent ihres Stickstoffs über ein pflanzliches Netzwerk auf. Oder nicht, wenn dieses zerstört ist. „Über das Mykorrhiza-Pilzwerkgeflecht gelangt die Pflanze an Wasser und Nährstoffe, die sie mit ihren eigenen Wurzeln nicht erreichen würde“, fasst Schüßler zusammen. In den ehemaligen Cloppenburger Raketenhangars spricht man deswegen schon von der „zweiten Grünen Revolution“. Auch Michael Erdhaus, kaufmännischer Leiter beim Mehrheitsgesellschafter Bröring, glaubt an den Erfolg von Wilhelms. Seine Zuversicht scheint begründet. Denn Mykorrhiza-Pilzgeflechte haben viele Vorteile: Sie lockern den Boden, die Standfestigkeit der Pflanzen bei Sturm und Starkregen wird gestärkt. Durch die effektivere Wasserversorgung sind die Wenige Gramm reichen aus, um einen Hektar zu behandeln. Pflanzen besser für Trockenperioden gerüstet. Die Verfügbarkeit der Nährstoffe ist höher, wodurch die Zufuhr chemischer Dünger reduziert werden kann. In Feldversuchen hat Schüßler zudem höhere Hektarerträge bei Kartoffeln, Getreide, Mais, Soja und Gemüse nachgewiesen. Doch die Züchtung der Pilzgeflechte ist aufwendig und teuer. Derzeit sind in der Start-up-Firma knapp zehn Mitarbeiter damit beschäftigt, die Pilze in Flaschen in Reifekammern zu ziehen. Das dauert etwa ein halbes Jahr. Das Endprodukt ist ein Pulver, mit dem die Landwirte ihr Saatgut beizen können. Unter dem Namen „WillBest“ wollen die Existenzgründer es als Marke etablieren. Nur wenige Gramm des Pulvers reichen aus, um einen Hektar zu behandeln. Wenn das Saatgut keimt, wird die Pflanze mit den Pilzen versorgt. WillBest verfügt über eine Zulassung für den biologischen Anbau. Allerdings steht das nicht auf dem Etikett und wird nicht beworben. Die meisten Bauern würden Produkte mit Bio-Kennzeichnung von vornherein ablehnen, glaubt man bei Wilhelms. Dennoch verweist Schüßler gern auf den Beitrag von WillBest zum Umweltschutz: „Wir stellen mit unseren Pilzen wieder ein natürliches System im Boden her.“ Noch steckt die Firma in den Kinderschuhen. Die Pilzproduktion – das Verfahren ist patentiert – soll in diesem Jahr für Saatgut für etwa 6000 bis 7000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche reichen. „In zwei Jahren wollen wir aber auf 40 000 Hektar kommen“, gibt Bröring-Mann Erdhaus als Ziel aus. Sein Unternehmen übernimmt den Vertrieb von WillBest. Mit dem Einbecker Saatgutriesen KWS wurde bereits ein größerer Auftrag abgewickelt. Kleinere Mengen gehen direkt an Landwirte, die ihr Saatgut selbst beizen. „Viele Landwirte wollen derzeit aber keine Experimente machen“, hat Erdhaus festgestellt: „Die haben andere Sorgen.“ Zu Demonstrationszwecken wurden daher mit der Landwirtschaftskammer Niedersachsen Versuchsfelder angelegt. Mit Bröring im Rücken soll ein internationaler Vertrieb aufge- Foto: Gerald Lampe baut werden, eventuell mit Partnern. „Wir denken dabei zunächst an den asiatischen Raum“, kündigt Erdhaus an. In Südafrika habe man schon „einen Volltreffer gelandet“. Dort kalkuliert ein Maisanbauer mit Kosten von etwa 1200 Dollar pro Hektar für Wasser. „Mit unseren Pilzen braucht er jetzt 30 Prozent weniger Wasser“, berichtet Schüßler. Einen Rückschlag erlebte Wilhelms hingegen in Russland. Zwar gab es „tolle Ergebnisse bei Feldversuchen“, und ein Vertrag zur Pilzlieferung für 10 000 Hektar war bereits fertig. Doch dann kam die Sanktionspolitik der EU – und nichts mehr war es mit dem schönen Auftrag. Dafür sammelt man Auszeich- nungen. Zum Beispiel die im Unternehmenswettbewerb „Klimainnovationen“ vom Netzwerk Innovation & Gründung im Klimawandel (NIK) im Juni 2014. Die Cloppenburger wurden mit ihrem Projekt „Mykorrhizapilze statt chemischem Dünger“ als beste Innovation zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels in der Metropolregion Nordwest ausgezeichnet. Oder die des Deutschen Innovationspreises für Klima und Umwelt, die die Mykorrhiza-Symbiose von Wilhelms als „Innovation des Jahres 2015“ auszeichnete. „Das hat uns noch einmal richtig viel Bekanntheit gebracht“, schwärmt Erdhaus. Jetzt müssen nur noch die Landwirte überzeugt werden. Viel hilft nicht mehr viel Ausgaben für Düngemittel in Deutschland in Mrd. Euro Düngekalk Kali Phosphat 2,57 2,19 Stickstoff 2,38 2,41 2,33 2011/12 2012/13 2013/14 2,55 1,96 2008/09 2009/10 2010/11 2014/15 Quelle: Statista · Grafik: Matthias Michel 7 DONNERSTAG, 30. JUNI 2016 MACHER & MÄRKTE Neustart mit Superfoods und Tee im Tetrapak Getränke-Produzent Christian Berentzen will es ohne Zucker im Produkt schaffen VON HENDRIK STEINKUHL HASELÜNNE. Der Berentzen-Un- ternehmenserbe Christian Berentzen geht neue Wege: Mit seiner Limuh GmbH will er gesunde Getränke produzieren – am liebsten kalorienfrei und nur mit natürlichen Süßungsmitteln. Warum ihm zuckerfreie Limonaden und Tees ein so großes Anliegen sind, was ihm dabei im Weg steht und welches „Superfood“ er jetzt groß vermarktet: Die Wahrheit tut oft weh – sie ist unangenehm oder einfach banal. Sie wird gerade dann umschifft, wenn Menschen den Grund für ihr Handeln benennen sollen. Christian Berentzen bildet da eine Ausnahme. „Weil ich als Kind immer fett gewesen bin“, antwortet er auf die Frage, warum er seine Getränke unbedingt zuckerfrei produzieren will. 2009 verabschiedete sich Christian Berentzen auf eigenen Wunsch aus dem Haselünner Getränkekonzern, der seinen Namen trägt. Im Jahr zuvor war Berentzen nach 250 Jahren in Familienhand mehrheitlich vom Finanzinvestor Aurelius AG übernommen worden. Christian Berentzen, Sohn des langjährigen Firmenchefs Friedrich Berentzen, hatte acht Jahre lang die alkoholfreie Sparte des Hauses geleitet. Ein Jahr nach seinem Ausscheiden aus dem vormaligen Familienunternehmen gründete er in Haselünne die Limuh GmbH und vertreibt seitdem erneut alkoholfreie Getränke – jetzt allerdings so kalorienarm wie möglich. „Als ich vor einigen Jahren Vater wurde, ist mir aufgefallen, dass die Kinder heute mit denselben extrem zuckerhaltigen Getränken aufwachsen wie ich damals“, sagt Berentzen. Dass sich die Gesellschaft viel zu zuckerhaltig ernährt, ist mittlerweile eine Binsenweisheit. Wenn Christian Berentzen diesen Zustand beklagt, klingt es allerdings nicht so. Er spricht aus Überzeugung, oder er ist ein guter Schauspieler, in jedem Fall klingt keiner seiner Sätze nach auswendig gelerntem Business-Sprech. „Jeder von uns nimmt im Schnitt 100 Gramm Zucker täglich zu sich, das ist deutlich zu viel.“ Laut WHO sollten es nicht mehr als 25 Gramm pro Tag sein, Christian Berentzen hält 50 Gramm für ein vernünftiges Ziel. Süßstoffe wie Aspartam einzusetzen findet er falsch. „Ich glaube einfach mehr an die Natur.“ Berentzens ökologisches Bewusstsein geht weit über die Getränkeherstellung hinaus. In einem kleinen Vortrag handelt er mal eben alle großen Themen ab: Klimawandel, Ressourcenverbrauch, Fehlernährung, explodierende Gesundheitskosten. Man könnte das für Gutmenschengerede halten, doch Christian Berentzen findet immer wieder zum Konkreten zurück. „Ein Apfel hat heute nur noch ein Drittel des Nährwerts eines Apfels vor 50 Jahren. Um dieselbe Menge Vitamine aufzunehmen, müsste man drei Äpfel essen – hat dann aber auch die dreifache Menge Zucker.“ Der Mann, dessen Vater vor genau 40 Jahren die aus unternehmerischer Sicht geniale Idee hatte, Apfelsaft mit Korn zu kreuzen, interessiert sich also vor allem für den Nährstoffgehalt von Obst. „Vom Saulus zum Paulus“, sagt er den Leuten gerne, wenn sie ihn auf den Widerspruch zwischen dem Image der Getränke-Gruppe Berentzen und den von ihm selbst vertriebenen Produkten ansprechen. Seit Gründung der Limuh stellt Christian Berentzen Getränke her, die entweder wenig oder gar keinen Zucker enthalten. Mit dem „Tyrannos Power Energy“ brachte der 50-jährige Unternehmer eine echte Neuheit auf den Markt, den ersten Stevia-Energy-Drink aus Deutschland. Dazu vertreibt Limuh in Zusammenarbeit mit der WDR Mediagroup die zuckerfreien und nur mit Fruchtzucker und Agavendicksaft gesüßten Getränke „Die Maus“ und „Shaun das Schaf“. Nun soll das Angebot um ein neues Getränk in zwei Geschmacksrichtungen erweitert werden. „Yoringa“ heißt der im 500-Milliliter-Tetrapak abgefüllte Tee, erhältlich als Früchtetee und als Grüntee-Matcha mit Bio-Siegel. Beide Tees sind direkt gebrüht und frisch abgefüllt, und beide enthalten die namensgebende Zutat Moringablätter. Produkte aus der MoringaPflanze werden zu den „Superfoods“ gerechnet. Das sind Lebensmittel, denen aufgrund der in ihnen enthaltenen Vitalstoffe ein besonderer gesundheitlicher Nutzen zugesprochen wird. Unter all diesen Superfoods wie Açai, Goji, „100 Gramm Zucker pro Tag sind deutlich zu viel.“ Christian Berentzen Berentzen-Erbe Christian Berentzen: Der 50-Jährige geht seit 2009 eigene Wege.Mit seiner Firma Limuh entwickelt er zuckerarme Limonaden und Tees Chia und Co. ist Moringa so etwas wie der Shootingstar. „Die Pflanze gilt als die nährstoffreichste überhaupt“, sagt Christian Berentzen. Durch die schonende Zubereitung sei es möglich, viele ihrer positiven Eigenschaften in die YoringaGetränke zu transferieren. Um die neuen Kreationen noch gesünder zu machen, wollte Christian Berentzen Yoringa ursprünglich ausschließlich mit kalorienfreien und natürlichen Süßungsmitteln herstellen. Daraus allerdings wurde nichts. Denn der mit vielen hervorragenden Eigenschaften versehene Zuckerersatzstoff Erythrit – unter dem Markennamen „Sukrin“ wird er seit Jahren in Reformhäusern verkauft – darf zwar mittlerweile in Lebensmitteln verwendet werden. „Leider dürfen wir für unseren gesunden, frisch gebrühten Tee kein Erythrit einsetzen. Das ist nur für minderwertigere, aromatisierte Erfrischungsgetränke erlaubt“, sagt Berentzen. Ähnlich wie Stevia, das in Deutschland jahrelang nur als Kosmetik-Zusatz verwendet werden durfte, wird mit Erythrit nun ein weiteres natürliches Süßungsmittel auf dem Lebensmittelmarkt stark reglementiert. Das nervt Christian Berentzen. Er hatte nicht mit solchen Auflagen gerechnet. „Aber gut, statt Erythrit nehme ich jetzt eben ein bisschen Agavendicksaft.“ Von seinem eingeschlagenen Weg werde ihn dieses Hindernis nicht abbringen. „Ich plane, mit einem Brunnenbetrieb eine kalorienfreie Limonade ohne künstliche Süßstoffe zu entwickeln.“ Neben „Yoringa“ will Christian Berentzen weitere Moringa-Produkte an den Start bringen. Dazu gehört ein Kakaopulver, das er mit Kokosblütenzucker süßt, eine Mischung aus Moringa-Pulver und anderen Superfoods, die zusammen mit Wasser oder Milch zu einem Drink gemixt werden können, aber auch pures Moringa-Pulver. All das will Berentzen in seinem eigenen Web-Shop anbieten. „Der Trend geht immer stärker in die Richtung, besondere Produkte über das Internet zu bestellen.“ Um „Yoringa“ und die anderen Produkte bekannt zu machen und zusätzlich die Produktion mitzufinanzieren, nutzt Berentzen außerdem die Crowdfunding-Plattform Startnext, auf der er einen Betrag von 20 000 Euro einwerben will. Wer einen höheren Betrag spendet, soll als Gegenleistung eine Nacht in einem Lingener Hotel verbringen dürfen, das Christian Berentzen derzeit mit seinem Bruder baut. „In dem Hotel wird es einen Yoringa-Raum geben, da übernachten die Spender dann kostenlos und bekommen noch eine Yoga-Stunde dazu.“ Das ist – wenig verwunderlich – noch nicht alles, was Christian Be- rentzen zu bieten hat. Der Unternehmer verspricht, durch den Einsatz von Wasserkraft und Holzpellets seinen Yoringa-Tee CO2-neutral zu produzieren. Außerdem baut er gemeinsam mit der emsländischen Belu-Ugandahilfe eine Moringa-Farm im ostafrikanischen Uganda und unterstützt da- Fotos: Hendrik Steinhkuhl,Limuh mit und mit vielen weiteren Hilfen ein ganzes Dorf. „Ich glaube, wenn man heute mit einem neuen Produkt erfolgreich sein will, muss man dazu eine Geschichte erzählen können“, sagt Christian Berentzen. Wenn das stimmt, dann dürfte Yoringa ein großer Erfolg werden. Volle Ladung Leistung: die Qualitätsversprechen für Junge Sterne Transporter. Junge Sterne Transporter. So Mercedes wie am ersten Tag. 24 Monate Fahrzeuggarantie* HU-Siegel jünger als 3 Monate 12 Monate Mobilitätsgarantie* Wartungsfreiheit für 6 Monate (bis 7.500 km) Garantierte Kilometerlaufleistung 10 Tage Umtauschrecht Attraktive Finanzierungs-, Leasing- und Versicherungsangebote Probefahrt meist innerhalb von 24 Stunden möglich Inzahlungnahme Ihres Fahrzeugs möglich *Die Garantiebedingungen finden Sie unter www.junge-sterne-transporter.de 8 DONNERSTAG, 30. JUNI 2016 MACHER & MÄRKTE GetSafe & Co. machen Versicherungsmaklern Konkurrenz Die neuen „Insurtechs“ sorgen für Unruhe in der Versicherungswelt – Makler in der Region setzen auf eigene Beratungsstärke VON CHRISTIAN SCHAUDWET PAPENBURG/MÜNSTER. Die Versicherungsbranche ist verunsichert: Angreifer aus dem Web machen den etablierten Vermittlern den Markt streitig. Auch Makler in der Region spüren den Druck der sogenannten Insurtechs oder Fintechs. Während viele Versicherungskonzerne sich mit den Neuen arrangieren, lässt LVM in Münster Start-ups wie GetSafe, Knip und Haftpflicht Helden abblitzen. Ansgar Jänen sieht nicht tatenlos zu: „Für die Etablierten bedeuten die Fintechs, dass wir die digitalen Medien selbst stärker nutzen müssen“, sagt der Papenburger Versicherungsmakler. Obwohl es mühsam ist, arbeite sich der 44-Jährige, der seit 16 Jahren im Geschäft ist, hinein in Facebook & Co. Er will den Trend zur digitalen Schnittstelle mit dem Kunden nicht verpassen. Auf seiner noch etwas hausbacken wirkenden Homepage hat er bereits einen Nettolohn-Rechner, einen RürupRechner und andere interaktive Angebote freigeschaltet. Die Trendsetter, das sind junge Makler-Start-ups, wie es sie noch nie gab: Sie schließen Verträge mit Versicherungskunden ausschließlich digital ab. Für die ist das be- quem. Sie können es jederzeit und an jedem Ort per App auf dem Smartphone tun, ohne Papierkram und umständliche Beratungstermine. Die Herausforderer sind sich des Erfolges gewiss: „Allein im Emsland konnten wir innerhalb der letzten Monate die Anzahl der Kunden um den Faktor 50 ausweiten“, sagt Christian Wiens, der Chef und Mitgründer des Heidelberger Anbieters GetSafe. Dieser Zuwachs zeige „den hohen Stellenwert, den digitale Versicherungsmanager derzeit einnehmen“. Rund ein Jahr nach dem Start seiner App habe GetSafe mehr als 60 000 Versicherungsverträge in Betreuung, so Wiens. GetSafe ist in Deutschland das größte Insurtech, aber es gibt Dutzende. Sie ringen miteinander und mit den bestehenden Vermittlern um Kundschaft. Die Etablierten sind nicht erfreut. Manche wie Helge Lach, Vorstandsmitglied der Deutschen Vermögensberatung (DVAG), stellen die Seriosität der Neulinge infrage: „Wer sich darauf einlässt, setzt sich dem Risiko aus, durch die Maklervollmacht bei der Versicherung elementarer Lebensrisiken im digitalen Blindflug unterwegs zu sein“, schreibt Lach in einem DVAG-Blog. Er bezweifelt, dass Kunden immer bewusst ist, dass sie einem Insurtech eine Immer weniger Vertreter Anzahl1) der registrierten Versicherungsvermittler in Deutschland 247 136 257250 2009 2010 259955 2011 1) Stand zur Jahresmitte Maklervollmacht und damit große Handlungsfreiheit erteilten, wenn sie sich bei ihm registrierten. Ansgar Jänen in Papenburg sagt, er habe zwei Klienten erlebt, die durch das Akzeptieren der allge- www.pwc.de/mittelstand Wie Industrie 4.0 sind Sie? Die Digitalisierung hat weitreichende Auswirkungen auf nahezu alle Branchen. Von strategischen Entscheidungen rund um die Digitale Transformation, Data & Analytics oder Industrie 4.0 bis hin zu Fragen zur IT-Sicherheit. Der erste Schritt hin zu Industrie 4.0 ist die Bestimmung des Reifegrades des eigenen Unternehmens. Unter https://i40-self-assessment.pwc.de finden Sie das PwC Industrie 4.0 Self Assessment, mit dem Sie entlang unseres Maturitätsmodells bestimmen können, wie digital Ihr Unternehmen heute schon ist. Probieren Sie es aus! Oder diskutieren Sie mit uns drüber! Georg Stegemann, Tel.: +49 541 3304-558, [email protected] meinen Geschäftsbedingungen in der App einen bestehenden Vertrag mit ihm verlassen hätten, ohne sich dessen bewusst zu sein. Sie kamen zu Jänen zurück. „Aber für die Versicherungsgesellschaften bedeutet das jeweils Mehraufwand und Kosten“, sagt Jänen Insurtechs schneiden ihre Apps vor allem auf Privatkunden zu. Ludger van Werde bleibt deshalb gelassen. 80 Prozent ihres Umsatzes macht die Lingener Maklergruppe MBW nämlich mit Geschäftskunden, aber sie verzeichnet auch bei Privatkunden Zuwachs. „Wirklich bange machen diese Anbieter mich nicht“, kommentiert van Werde, MBWs geschäftsführender Gesellschafter, den Aufstieg der Insurtechs. Denn was diese nicht annähernd so gut könnten wie klassische Makler, sei die Kundenberatung: „Da fängt unsere eigentliche Dienstleistung an.“ Man sei eben auch Ansprechpartner im Schadenfall bis hin zur Regulierung. Die Beratungsschwäche des rein internetbasierten Vermittlungsmodells, sagt van Werde, sei auch den Versicherungsgesellschaften bewusst. Insurtechs brauchen Partner in der alten Assekuranzwelt. Ohne kooperationsbereite Versicherer wäre ihre Dienstleistung gegenstandslos. Die LVM-Versicherungsgruppe in Münster lässt sich bisher nicht mit den Start-ups ein. Sie arbeitet allerdings auch nicht mit traditionellen freien Maklern zusammen, sondern vertreibt ihre Produkte nur über fest an sie gebundene Versicherungsvertreter, die sie „Vertrauensleute“ nennt. Nein, die neuen Online-Wettbewerber schlügen den LVM-Ver- 255486 2012 248704 2013 242778 2014 235477 2015 Quelle: DIHK · Foto: imago/Emil Umdorf · Grafik: Matthias Michel trauensleuten nicht aufs Gemüt, und der Umsatz der Gruppe wachse, sagt eine LVM-Sprecherin. Tatsächlich sind die Beitragseinnahmen der Münsteraner im vergangenen Jahr um 3,3 Prozent gestiegen, während die Branche insgesamt stagnierte. Den Insurtechs die kalte Schulter zu zeigen hat LVM offenbar nicht geschadet. Mathias Kleuker, Vorstandschef ab 1. Juli, ist von ihnen nur mäßig beeindruckt. Zugegeben, die neuen Apps seien handwerklich gut gemacht und vor allem bedienerfreundlich. Da, so Kleuker, könnten viele Versicherer von den Jungen lernen. Aber: „Als Makler finanzieren sich diese Start-ups – genau wie andere Makler – über „Es ist keine wirklich neue Dienstleistung, erst recht kein neues Produkt.“ Mathias Kleuker, LVM Versicherung Courtagezahlungen.“ Die Apps seien also „nur eine neue Schnittstelle zum Kunden über sein Smartphone“. Und diese Schnittstelle besetze man bereits selbst. Nach Kleukers Verständnis wären die Insurtechs nur dann bedrohlich, wenn sie eine echte Innovation in den Markt brächten, die das Bedürfnis nach Versicherungsschutz auf eine völlig neue und bessere Art abdecke – etwa so wie die Anbieter von Digitalkameras in der Fotografie. „Ein vergleichbares Gefährdungspotenzial erkenne ich aber bisher in keinem der bekannten Insurtechs“, bilanziert Kleuker. Doch die digitalen Makler draußen zu halten ist nicht bei allen Versicherern Hauspolitik. GetSafe erhält nach eigener Darstellung Besuch von Branchengrößen wie Allianz und Ergo. Man pflege partnerschaftliche Kontakte, sagt Gründer Wiens: „Die Versicherungsgesellschaften sehen uns als stark wachsenden Vertriebskanal der Zukunft. Sie wissen, dass die Digitalisierung der Versicherungsbranche nicht aufzuhalten ist.“ LVM-Chef Kleukert will immerhin nicht ausschließen, künftig mit „externen Dienstleistern und Start-ups“ zusammenzuarbeiten. Die Berührungsängste nehmen ab: In den USA investieren Konzerne wie Axa und Mass Mutal bereits kräftig in branchennahe Technologieunternehmen, darunter auch Insurtechs und Versicherungsvergleichsportale. Von 55 solcher Investments im Jahr 2015 berichtet das New Yorker Marktforschungsunternehmen CB Insights. Im Jahr zuvor gab es 24 Deals, 2013 nur drei. © 2016 PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Alle Rechte vorbehalten. „PwC“ bezieht sich auf die PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die eine Mitgliedsgesellschaft der PricewaterhouseCoopers International Limited (PwCIL) ist. Jede der Mitgliedsgesellschaften der PwCIL ist eine rechtlich selbstständige Gesellschaft. Lässt sich mit den neuen digitalen Maklern nicht ein: Der Versicherer LVM – hier die Kon- 60 000 Versicherungsverträge: GetSafe- zernzentrale in Münster – setzt auf ein eigenes Vertriebsnetz. Gründer Christian Wiens. Foto: LVM Foto: GetSafe DONNERSTAG, 30. JUNI 2016 SPEZIAL SPIEL & PROFIT 9 Zocker mit Zukunftsvision Der Espelkamper „Automaten-König“ Paul Gauselmann ist auch mit 81 noch der beste Verkäufer seines Firmenimperiums Fernmeldetechniker gelernt, die Spielhalle neu erfunden. Gauselmann selbst ist Spieler durch und durch. Er frönt dem Lobbyismus und macht daraus kein Geheimnis. VON HENDRIK STEINKUHL ESPELKAMP. 81 und noch kein bisschen arbeitsmüde: Paul Gauselmann setzt mit seinen Merkur-Automaten, seinen Spielotheken und mittlerweile zahlreichen Subunternehmen Milliarden um. Porträt eines großen Wirtschaftskapitäns und leidenschaftlichen Zockers. BMan muss Paul Gauselmann gar nicht danach fragen, wie sein Privatleben aussieht. Das erzählt er von sich aus. „Ich gucke jeden Abend spät Fernsehen, gerne Markus Lanz. Und dabei schlafe ich dann auch öfter ein.“ Ach ja und neulich war er mit seiner Doppelkopfrunde am Timmendorfer Strand, natürlich von dem Geld, das man über das Jahr erspielt hat. Gauselmann führt nach Feierabend also ein ganz normales Rentnerleben. Warum auch nicht, er wird bald 82. Nebenbei leitet er allerdings noch immer ein Unternehmen, das weltweit 9500 Mitarbeiter beschäftigt und einen Jahresumsatz von knapp 2,2 Milliarden Euro erwirtschaftet. Ist ungewöhnlich noch das richtige Wort, um Gauselmann zu beschreiben? Der Patriarch, den die Presse vorzugsweise „Automaten-König“ oder „Spielhallen-König“ nennt, wuchs in Münster auf und lernte nach dem Krieg den Beruf des Fernmeldetechnikers. Mitte der 50er-Jahre begann er, für den General-Importeur amerikanischer Wurlitzer-Musikboxen in Coesfeld zu arbeiten, zusätzlich stellte er mit eigenem Gewerbeschein Musikautomaten auf. Als Gauselmann dann eine Fernbedienung für Musikboxen erfand, holte ihn das Espelkamper Technologie-Unternehmen Harting, das unter anderem Automaten herstellte. 1964 machte sich Gauselmann endgültig selbstständig, 1974 eröffnete er in Delmenhorst seine erste Spielothek, 1977 brachte er mit dem „Merkur B“ seinen ersten Geldspielautomaten auf den Markt. Es gab auch einen Merkur A, laut seinem Entwickler taugte der allerdings nicht viel; sein Name aber steht bis heute für die Spielautomaten und Spielhallen der Gauselmann AG. „1976 war das Merkur-Jahr, unser damaliger Künstler Werner Ganteföhr hat den Namen vorgeschlagen und das Logo gezeichnet“, sagt Gauselmann. Er freundete sich schnell mit Merkur an, der Markenerfolg dürfte ihm das auch nicht besonders schwer gemacht haben. Heute residiert die Gauselmann AG in Espelkamp in der Merkur-Allee, an deren Anfang der Patriarch auch noch eine große Merkur-Skulptur hat setzen lassen, über deren Kunstgehalt sich streiten lässt. Fototapete und Kakteen: Paul Gauselmanns Büro in Espelkamp hat das Flair der 70er.Es darf geraucht werden. „Ich mag Merkur“, sagt Gauselmann. Und schiebt augenzwinkernd nach, der sei ja auch der Gott der Räuber und Banditen gewesen. Mit solchen Sätzen macht sich Gauselmann auch 50 Jahre nach Gründung des Unternehmens zu dessen bestem Verkäufer. Er hat akzeptiert, dass seiner Branche das Halbseidene anheftet, und wenn ihm danach ist, spielt er damit auf virtuos-selbstironische Art. Dass er den Eindruck des Halbseidenen durch sein Auftreten noch verstärkt, ist Gauselmann vermutlich gar nicht bewusst. Mit seinem Henriquatre-Bart, dem ewigen Dreiteiler in machmal sehr gewagten Farben und der goldenen Krawattennadel ähnelt Gauselmann manchem Autohaus-Besitzer im Jahr 1978. Es gibt auch Aufnahmen, die ihn mit gelb-brauner Lederjacke und weißem Rollkragenpulli zeigen. Und wenn man ihn dann in seinem Büro erlebt, wo er vor einer Fototapete, in einem alten Sessel sitzend, eine Zigarre mit Zigarrenspitze raucht, während in der Ecke das Wasser eines Brunnens über einen Amethysten plätschert, muss man sich entscheiden: Ist das alles hier eine schräge Inszenierung, oder lebt dieser Mann völlig unverstellt einen Stil, den es eigentlich seit 40 Jahren nicht mehr gibt? Viel, wenn nicht alles, spricht für Letzteres. Gauselmann war es, der Ende der 70er aus verquarz- Nach Feierabend führt er ein ganz normales Rentnerleben. ten, dreckigen Spielhöllen für damalige Verhältnisse moderne und aufgeräumte Spielotheken machte. „Mit Hydrokulturen und Teppichboden“, sagt er. Es ist schon faszinierend: Dieser gelernte Fernmeldetechniker verdankt seinen Erfolg zu einem erheblichen Teil der Tatsache, dass er Ende der 70er seine Spielhallen für die damalige Zeit modern und geschmackvoll einrichtete. Seitdem haben sich die Merkur-Spielotheken zwar optisch weiterentwickelt – Gauselmann aber nicht. Was brachte Gauselmann den Erfolg? „Meine Idee war von Anfang an, möglichst viele Geldspielgeräte aufzustellen, denn nur die sind wirklich dauerhaft interessant.“ Ein Flipper verliere nach spätestens vier Wochen seinen Reiz, für einen Tischkicker brauche man Mitspieler – der Geldspielautomat hingegen besitze eine permanente Faszination. Die Technik des Gerätes ist dabei nachrangig. Das Spiel müsse Spaß machen, sagt Gauselmann; und wenn dann noch der Automat und Fotos: David Ebener die Umgebung schön seien, funktioniere alles wie von selbst. Fragt man den 81-Jährigen, welche Eigenschaften seine Erfolgsgeschichte begünstigt haben, muss er nicht lange nachdenken. „Ich kenne mich mit der Technik aus, ich kann sehr gut mit Zahlen umgehen – und ich kann Entscheidungen treffen.“ Und: Gauselmann ist selbst durch und durch Spieler. Vor dem Einschlafen spielt er an einer Konsole immer eine Runde Backgammon, und er könne das jedem nur empfehlen! Gauselmann macht auch kein Geheimnis daraus, dass er dem Lobbyismus frönt. Er erzählt ganz offen davon, wie gut man in der Bonner Republik noch Bundespolitiker dazu bringen konnte, die eigenen Interessen zu vertreten; jetzt sei das alles schwieriger, viel zu viele Lehrer und Beamte säßen an den entscheidenden Stellen, der „Automaten-König“ vermisst wirtschaftliches Grundverständnis – und ganz bestimmt auch das „Man kennt sich, man hilft sich“, das er sicher mit christdemokrati- Die Unternehmen1) der Gauselmann-Holding Gauselmann AG Merkur-Säule Spielothek-Säule Neue Medien Entwicklung, Produktion und Vertrieb von Unterhaltungsspielgeräten und Geldmanagementsystemen Betrieb von Spielstätten und Spielhallen Internetbasiertes Spiel, Financial Services, Sportwetten Wichtige Unternehmen: • Gauselmann Großhandel • MEGA Spielgeräte u. Kaiser Spiele • HESS Cash Systems Wichtige Unternehmen: • Casino Merkur-Spielothek • Merkur-Spielbanken Sachsen-Anhalt • Praesepe Group Wichtige Unternehmen: • edict eGaming GmbH • Maxcat Xtip • Merkur Interactive GmbH 1) Auswahl Quelle: Gauselmann AG · Grafik: Matthias Michel Der Patriarch: Paul Gauselmann hat die Weichen für die Zukunft des Unternehmens gestellt. schen und liberalen Politikern intensiv gepflegt hat. Regional macht er das Gleiche, wetteifert mit der Harting-Gruppe um den Ruf und Einfluss des größten Gönners: Dietmar und Margit Harting haben ihr Steckenpferd in der Kultur, Gauselmann fördert primär den Sport. Beide aber auch Dutzende andere Projekte. An vier Tagen die Woche ist Gauselmann noch immer im Büro, und wenn er nicht dort ist, reist er im Audi A8, goldmetallic, durch die Lande. Schließlich ist er ja seit 1981 auch Vorsitzender des Verbandes der Deutschen Automatenindustrie – auch ein Erfolgsfaktor für sein eigenes Unternehmen natürlich. Ans Aufhören denkt er noch nicht, obwohl er den Führungsstab mittlerweile an seinen Sohn Armin weitergeben würde. Doch der ist selbst schon 62, das Thema hat sich also erledigt. „Vor 20 Jahren hätte er wohl gewollt“, sagt Gauselmann, „aber da war ich noch nicht bereit.“ Der Patriarch hat es trotzdem geschafft, seine Unternehmensgruppe in der Familie zu halten, und seit Beginn dieses Jahres agiert die Gruppe unter dem Dach einer Familienstiftung. Gauselmann, seine Frau und die drei Söhne, die gemeinsam hundert Prozent der Unternehmensgruppe halten, haben ihre jeweiligen Anteile in die Stiftung eingebracht. „Uns bewegt dabei“, sagt Gauselmann, „den Bestand unseres Unternehmens nicht nur für die nächsten Jahre zu sichern, sondern der gesamten Gruppe tatsächlich eine Perspektive über Generationen hinweg zu geben.“ Obwohl Gauselmann wie ein Angehöriger einer längst vergangenen Zeit auftritt, hat er seine Unternehmensgruppe vollständig auf die Zukunft ausgerichtet. Mit 81. Das muss ihm erst mal jemand nachmachen. 10 DONNERSTAG, 30. JUNI 2016 SPEZIAL SPIEL & PROFIT Deutliche Unterschiede gibt es auf Kreuzfahrtschiffen,die für den asiatischen Markt konzipiert werden.Das im Bau befindliche Schwesterschiff der „Norwegian Escape“ (Foto) bekommt ein deutlich größeres Casino. Fotos: dpa (2) Schwimmendes Las Vegas für asiatische Passagiere Die Meyer Werft erfüllt beim Bau der neuesten Kreuzfahrtschiffe spezielle Vorlieben – Drei Casinos für unterschiedlich solvente Gäste VON CHRISTOPH ASSIES PAPENBURG. Ein Ende des Kreuz- fahrt-Booms ist nicht in Sicht. 1,81 Millionen deutsche Gäste reisten 2015 mit einem Kreuzfahrtschiff. Das sind 2,3 Prozent mehr als im Jahr davor. Deutschland ist der zweitgrößte Kreuzfahrtmarkt nach den USA. Doch die Asiaten sind im Kommen, und viele wollen an Bord vor allem eines: spielen. Reedereien und Werften reagieren: Große Casinos an Bord werden zum Muss. Die Papenburger Meyer Werft hat derzeit gleich zwei Ozeanriesen für Asien im Bau. Dream Cruises ist angetreten, um das erste Premiumprodukt für Urlaub auf dem Wasser in Asien zu werden. Ihr erstes Schiff, die „Genting Dream“, verlässt Papenburg im August. Die US-Reederei Norwegian Cruise Line (NCL), mittlerweile ein Stammkunde der Schiffbauer aus dem Emsland, legt ihren neuesten Liner komplett auf den asiatischen Markt aus. „Bis 2020 sollen es rund 4,5 Millionen Chinesen sein, die ihren Urlaub auf dem Wasser verbringen. Das ist ein riesiges Potenzial. Darum haben wir dieses Schiff komplett auf den chinesischen Markt ausgelegt“, sagte NCL-Präsident Andy Stuart bei der Kiellegung der „Norwegian Joy“ im April. Konzeption und Einrichtung der asiatischen Schiffe unterscheiden sich unter anderem in einem Aspekt sehr stark von Schiffen für die traditionellen westlichen Märkte: Das Casino ist ein wichtiger Teil, wenn nicht der wichtigste Teil der Unterhaltungsangebote an Bord. „Die Asiaten sind total verrückt nach Glücksspiel und teuren, bekannten Marken, darum haben das Casino und Shops mit hochwertigen Marken einen hohen Stellenwert an Bord asiatischer Schiffe“, sagt der Schifffahrtsanalyst und Kreuzfahrtexperte Thomas P. Illes in der Schweiz. Für die Reedereien sei umgekehrt der Umsatz durch Retail und Glücksspiel an Bord eine wichtige Einnahmequelle. Grund genug für die Reederei, sich intensiv mit den Spiel-Gewohnheiten der Asiaten auseinanderzusetzen. An Bord der „Norwegian Joy gibt es insgesamt drei Ca- Die Auswahl ist wichtig: Die Reedereien reagieren auf die Bedürfnisse der asiatischen Zielgruppe. Roulette-Tische (Foto von der „Celebrity Equinox“) gehören eigentlich zur Standardausstattung in den Casinos.Die Asiaten bevorzugen aber andere Spiele. Foto: Ingrid Fiebak-Kremer sinos. Ein gemeinsames Casino, wie auch auf anderen Schiffen, für die Mehrheit der Passagiere, ein VIP-Casino für wohlhabendere Gäste mit separatem Essbereich und ein Casino nur für Suitengäste. „Die Spiele auf der ,Norwegian Joy‘ , wie Baccarat und Sic Bo, werden von den asiatischen Gästen bevorzugt, im Gegensatz zu Passagieren auf unseren im Westen stationierten Schiffen. Dort wird mehr Blackjack, Craps oder Roulette gespielt“, erklärt Jim Abbas, Senior Vice President für den Bereich „Casino“ von Norwegian Cruise Line. Die Mitarbeiter an Bord seien deshalb auch speziell für das asiatische Flottenmitglied ausgewählt. „Sie kennen die Kultur, Gewohnheiten und Bedürfnisse und sprechen fließend Mandarin“, so Abbas. Auf der Meyer Werft ist Stephan Schmees Projektleiter für die Neubauten. Er stellt sich regelmäßig den Bedürfnissen und speziellen Wünschen der Kreuzfahrtreedereien. Mit der Einrichtung der Casinos an Bord hat Schmees aber eher weniger zu tun. „Die Konzeption dieses Bereiches liegt bei der Reederei, die mit speziellen Architekten zusammenarbeitet. Dort wird entschieden, wie großzügig die Casinos ausfallen, wie die Farbgebung ist und wie sie eingerichtet werden“, erklärt Schmees. Auf der „Norwegian Joy“ werde dem Casino deutlich mehr Raum gegeben als beispielsweise auf dem Schwesterschiff „Norwegian Escape“. „Einen veränderten Trend können wir aber nicht erkennen, vielmehr wird hier einfach den Wünschen der speziellen Zielgruppe Rechnung getragen“, so Schmees weiter. Den asiatischen Markt im Blick: Die Kiellegung der „Norwegian Joy“ feierten Vertreter der Reederei NCLund Bernard Meyer (Mitte),Chef der Papenburger Meyer Werft . Die Idee hinter dem „Zocken“ auf dem Wasser ist an sich auch in Asien nicht besonders neu. Die Reederei Star Cruises, für die die Meyer Werft 1998 und 1999 die „Superstar Leo“ und die „Superstar Virgo“ baute, trat Mitte der 1990er-Jahre mit zu Kreuzfahrtschiffen umgebauten Ostsee-Fährschiffen, wie beispielsweise der „Star Pisces“, an, um „Cruises to nowhere“, wie Kreuzfahrtexperte Thomas P. Illes sie heute nennt, anzubieten. „Man kennt das Phä- „Die Asiaten sind total verrückt nach Glücksspiel und teuren, bekannten Marken.“ Thomas P. Illes, Kreuzfahrtexperte nomen auch aus Macau. Die Sonderverwaltungszone Chinas gilt als das Las Vegas des Ostens. Das haben Anbieter wie Star Cruises damals sozusagen an Bord verlegt und mit eher weniger luxuriösen, aber dafür mit großen Casinos ausgestatteten Schiffen Touren ab Hongkong oder Singapur angeboten“, erklärt Illes. Es sei damals nicht darum gegangen, einen anderen Hafen anzulaufen. „Sobald man internationale Gewässer erreichte, war man raus aus den restriktiven nationalen Regularien, und es wurde gespielt, bis sich die Balken beziehungsweise Schiffsplanken bogen“, so der Experte. Im Sommer 2017 wird die Norwegian Joy mit 3900 Gästen ihr Debüt feiern. Europäer werden vorerst nicht in den Genuss der asiatischen Kreuzfahrt-Variante kommen. Neben dem großen Casino gibt es unter anderem, auch speziell für die Asiaten, eine Grünanlage mit Lounge-Möbeln am Pool für Tai Chi und Yoga. Kulinarische Angebote gibt es mit koreanischem Barbecue, japanischem Shabu Shabu und mit formellen asiatischen Teezeremonien. Die „Norwegian Joy“ wird bei ihrer Ablieferung das zehnte Schiff sein, dass die Meyer Werft für die Norwegian Cruise Line gebaut hat. Zwei Schwesterschiffe werden 2018 und 2019 abgeliefert. 11 DONNERSTAG, 30. JUNI 2016 SPEZIAL SPIEL & PROFIT German Poker Days: Ums Geld oder um die Ehre? Wie sich zwei Osnabrücker Unternehmer mit Poker-Events einen Namen machen VON THOMAS WÜBKER OSNABRÜCK. Bei dem Osnabrü- cker Veranstalter German Poker Days dreht sich alles um das amerikanische Spiel mit den 52 Karten. 200 kommerzielle Poker-Turniere organisiert die Firma pro Jahr. Außerdem PokerReisen und Events. Der Deutsche Poker Sportbund sieht das Spiel eher als Denksport. Die kommerziellen Kollegen will man aber nicht missen. Hollywood-Filme wie „Cincinnati Kid“ oder „Rounders“ haben das Image des Pokerns geprägt. Die Wirklichkeit sieht anders aus – zum Beispiel in einer kleinen Wohnung im Osnabrücker Stadtteil Schinkel, unweit des Stadions des VfL Osnabrück. Dort hat die Firma German Poker Days ihren Sitz. Laut eigener Aussage veranstaltet sie etwa 200 kommerzielle Poker-Turniere pro Jahr in ganz Deutschland. Vor zehn Jahren wurde die Firma German Poker Days in Osnabrück von Heiko Wulf gegründet. 2013 stieß sein Kompagnon Kai Hartmann dazu. Heute ernährt das Pokern vier Mitarbeiter und einen Auszubildenden, der den Beruf des Veranstaltungskaufmanns erlernt. In der Dreizimmer-Woh- nung im Schinkel herrscht kreatives Chaos. Auf den Schreibtischen liegen neben Telefonen und Computern Poster von Veranstaltungen, Sachpreise wie DVD-Player oder Kartenspiele. Artur Haase ist seit elf Monaten als Projekt-Manager bei den German Poker Days. Er hat sein Hobby zum Gelderwerb und dann zum Beruf gemacht. Er habe lange Zeit neben seinem Studium „rigoros gelebt“ und online Poker gespielt, erzählt er. Als er zufällig auf Heiko Wulf traf, entschied er sich, für die German Poker Days zu arbeiten. Das Kerngeschäft der Firma ist es, Pokerturniere zu veranstalten. Ein Blick auf die Terminliste der Turniere zeigt, wie eng getaktet der Zeitplan der Mitarbeiter der German Poker Days ist. Von Mitte Juni bis Mitte November finden hauptsächlich in Nordwestdeutschland fast täglich Veranstaltungen statt, wo sich Pokerspieler treffen und für eine Startgebühr von 15 Euro auf einen Royal Flash hoffen. Die Anzahl derer, die mit Sonnenbrille und Hut am Tisch sitzen, sei verschwindend gering, sagt Haase. Auch dem Klischee des verrauchten Hinterzimmers können die Poker-Turniere nicht entsprechen. Es herrscht Rauchverbot. Am 13. August findet übrigens an der frischen Luft ein Hat sein Hobby zum Beruf gemacht: Seit elf Monaten ist Artur Haase Projektmanager bei den German Poker Days in Osnabrück. Open-Air-Turnier am Osnabrücker Rubbenbruchsee statt. Jeder Spieler startet bei den Turnieren der German Poker Days mit der gleichen Anzahl von Chips. Es wird so lange gespielt, bis ein Spieler alle Chips hat oder die letzten Spieler einen Deal ausmachen und sich den Gewinn teilen. Neben dem Hauptturnier, dem sogenannten „Main Event“, gibt es noch „Side Events“ für ausgeschiedene Spieler oder ein „Sit and go“-Turnier für Spieler, die nach dem Ende des Haupt-Tur- Mit dem Weltmeister am Tisch: Jan-Peter Jachtmann (Bildmitte mit Lederjacke) pokert in der Osnabrücker Hochschul-Aula bei den „German Poker Days" für den guten Zweck.Bei großen Pokerturnieren gewann der Hamburger mehr als 1,6 Millionen Dollar . Foto: Egmont Seiler niers noch weiterspielen wollen. Dafür werden weitere Gebühren in Höhe von zwölf Euro fällig. Bei allen Turnieren bekommen zehn Prozent der Teilnehmer einen Gewinn. „Das ist ein ungeschriebenes Gesetz“, sagt Haase. 30 Prozent des Umsatzes werden ausgeschüttet. Die Differenz ist der Gewinn der German Poker Days. Die Osnabrücker Poker-Firma verdient ihr Geld aber auch mit sogenannten „Casino Events“, also Poker-Turnieren zum Beispiel bei Firmenfeiern. Außerdem veranstaltet sie Poker-Reisen nach Las Vegas oder ins tschechische Rozvadov, wo am 1. September eines der größten Poker-Turniere Europas ausgetragen wird. Keine Turniere, aber nationale Einzel-Wettbewerbe und die erste Poker-Bundesliga hierzulande organisiert der Deutsche Poker Sportbund (DPSB) mit Sitz in Regensburg. Der Verband will Pokern als Denksport etablieren. Echter und nachhaltiger Erfolg im Poker erfordere Wissen, Ausdauer und ständiges „am Ball bleiben“, so Vizepräsident Jürgen Bachmann: „Man kann sagen, dass Poker mit zunehmender Dauer immer mehr Geschick erfordert. Das macht es auch so schwer, erfolgreich zu sein.“ Der DPSB propagiert gezielt und ausschließlich Pokern ohne Geld. „Unsere beiden Meisterschaften, die HeadsUp Live Liga und die Deutsche Einzelmeisterschaft, kommen ohne Startgebühren der Spieler aus“, erklärt Bachmann. Gespielt werde um die Ehre und um zu gewinnen. „Dieser Grundsatz ist dem DPSB sehr wichtig und unterscheidet uns von anderen. Als Verband sind wir nicht auf wirtschaftlichen Erfolg ausgerichtet.“ Der DPSB finanziert sich aus Beiträgen der Mitgliedsvereine und den Lizenzgebühren der Liga. „Neben dem Studium habe ich rigoros gelebt und online Poker gespielt.“ Artur Haase, German Poker Days Foto: Thomas Wübker Darüber hinaus finden sich immer wieder Partner und Sponsoren, die dem Verband helfen. Aktuell sind im DPSB etwa 50 Vereine organisiert, der Verband vertritt die Interessen von 3000 Hobby- und Vereinsspielern. Die Zahl der Pokerspieler in Deutschland dürfte sich zwischen 250 000 und 500 000 bewegen, schätzt Bachmann. Wenn diese sich nicht den Vereinen, sondern kommerziellen Anbietern wie den German Poker Days zuwenden, sei das nicht zu verteufeln, sagt er. „Alles was Poker voranbringt, ist gut.“ Der Wunsch, in Deutschland unter vernünftigen Rahmenbedingungen Poker spielen zu können, sei nach wie vor ungebrochen. Daher sei es nur natürlich und gut, dass es neben der Vereinslandschaft auch andere Angebote gebe, so der Vizepräsident des DPSB. Dass jemand sein Hab und Gut bei den Meisterschaften des DPSB verspielt, ist ausgeschlossen. Durch die relativ geringe Teilnahmegebühr ist diese Gefahr auch bei den Turnieren der German Poker Days nicht gegeben. Anders ist es bei Spielsucht. „Wenn wir merken, dass jemand gefährdet ist, handeln wir“, sagt Haase. Er versichert jedoch, die meisten Hobbyspieler seien gestandene Persönlichkeiten. AUTOKRANE-ARBEITSBÜHNEN-SCHWERTRANSPORTE www.autokrane-gertzen.de 26892 Kluse-Ahlen · Tel. 0 49 63/9 11 80 49811 Lingen-Ems · Tel. 05 91/71 00 99-0 SCC Arbeitssicherheit SCC Wir sind zertifiziert Regelmäßige freiwillige Überwachung PETERS Maschinenbau GmbH & Co. KG Max-Planck-Straße 13 · 49767 Twist · Telefon: 0 59 36 91 89 10 [email protected] · www.maschinenbau-peters.de 13 DONNERSTAG, 30. JUNI 2016 SPEZIAL SPIEL & PROFIT SPEZIAL SPIEL & PROFIT Über die Zukunft der Spielhallen entscheidet das Los Das Land will die besonders im Emsland dicht gesäten Spielotheken ausdünnen – Die Automatenwirtschaft bangt um ihr Geschäft „Face Check“: Das System erfasst die Gesichter Eintretender und vergleicht sie mit einer Datenbank. Landesweit ist die Hälfte aller Spielhallen betroffen. Meppen liegt bei der Spielautomatendichte auf Platz drei. Suchtexperten halten die Eingrenzung der Branche für überfällig. VON JOHANNA LÜGERMANN UND CHRISTIAN SCHAUDWET MEPPEN/OSNABRÜCK/DELMENHORST. Vielen Spielotheken in der Region droht das Aus. Der Glücksspielstaatsvertrag begrenzt die Vergabe von Spielhallen-Konzessionen rigoros. Meppen, Papenburg und Osnabrück zählen bei der Spielautomatendichte zu den Spitzenreitern in Niedersachsen. Hier gerät die Branche besonders stark unter Druck. Liegt es daran, dass das Freizeitangebot im Emsland spärlicher ist als in den Metropolen und Ballungsgebieten? Könnte schon sein, sagt die Mitarbeiterin einer Meppener Spielothek, während ein Gast zwei Handvoll frisch gewonnene Münzen in die Zählmaschine auf dem Tresen rasseln lässt. „Es gibt wirklich viele Spielhallen bei uns, das fällt schon auf.“ Gemessen an der Einwohnerzahl pro Spielhallengerät, liegt Meppen bei der Automatendichte in den größeren niedersächsischen Städten und Gemeinden auf dem dritten Platz. Papenburg belegt Rang 33, Lingen Rang 59, wie aus einer Studie des Arbeitskreises gegen Spielsucht (Stand 2014) hervorgeht. Doch das im Emsland rege genutzte Angebot könnte in naher Zukunft deutlich dünner werden. Auf die Meppener Spielhallen, ja auf die Spielhallen in ganz Deutschland kommen drastische Veränderungen zu: In einem Jahr, ab dem 1. Juli 2017, wird der geänderte Glücksspielstaatsvertrag vorschreiben, dass Spielothekenbetreiber pro Standort künftig nur noch eine Konzession für je zwölf Geräte innehaben und nicht wie bisher Mehrfachkomplexe auf einem Fleck betreiben dürfen. Die meisten Städte in der Region rechnen durch die neue Regelung geradezu mit einem Spielautomatenschwund. In Osnabrück werden 21 von 35 Standorten betroffen sein. Mehr als die Hälfte werden es in Meppen sein, wo sechs von elf Spielhallen in ihrer bisherigen Form gegen die neue Regel verstoßen. Die Stadt Delmenhorst rechnet damit, dass sieben von 23 Konzessionen entfallen. Weniger wird sich die Gesetzesänderung in Nordhorn auswirken, wo nur an zwei von zwölf Standorten mehr als eine Konzession beantragt wurde. Landesweit könnte nach Prognose des Wirtschaftsministeriums in Hannover rund die Hälfte der 1900 Spielhallen zur Schließung Schärfere Regeln: Spielhallen müssen weichen r. mst Stur Ros em ndBer ße eS tra Pu lve r tu Ma rm rie ns tra ße aue r-Ri n g Po sts tra ße rad -Ad en Am Ne u Am Wall-Süd Kon d eye r-St r. Standorte in der Innenstadt von Lingen 100 m Ka n . Kurze Str alg a ss e er-Str. es-Mey Johann Spielhallen mit einer Konzession. Wenn zwei von ihnen weniger als 100 Meter (Abstand gemäß §10 II NGlüSpG) voneinander entfernt liegen, muss eine Spielhalle schließen oder umziehen. Spielhallen ab zwei Konzessionen. Sie müssen ihre Konzessionen auf eine reduzieren und entsprechend die Zahl ihrer Automaten verringern. Zusätzlich gilt für sie auch die 100-MeterAbstandsregel. Das geplante Abstandsgebot führt in Lingen dazu, dass sechs von neun Spielhallenstandorten bestehen bleiben können. Wegen des Verbots von Mehrfachkonzessionen werden nach den Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrags aber 54 Prozent der Geldspielgeräte entfallen müssen. Quelle: Die Deutsche Automatenwirtschaft e.V. · Grafik: Matthias Michel oder zum Umzug in noch automatenfreie Gebiete gezwungen sein. Fraglich ist, ob sich der Betrieb in Spielhallen, die derzeit mit mehreren Konzessionen ausgestattet sind, ab Sommer 2017 mit dann höchstens noch zwölf Geräten überhaupt lohnt. Einige Häuser sind – für mehrere Dutzend Automaten konzipiert – erst in jüngster Zeit errichtet oder aufwendig modernisiert worden. Aber das ist noch nicht alles: Betroffen sind von der Staatsvertragsänderung auch kleine Betreiber mit Gauselmann rügt das „Gottesurteil von Delmenhorst“. Heimelig geht es zu in modernen Spielhallen.Unter anderem die Atmosphäre verleite dazu,mehr zu spielen,als man sich leisten könne, warnen Suchtexperten. Foto: dpa nur einer Konzession, wenn Spielautomaten eines anderen Inhabers im Umfeld von 100 Metern stehen. Dieser Mindestabstand zwischen Spielhallen muss künftig eingehalten werden. Allerdings sind Einzelfallregelungen möglich. Beschlossen werden kann bei „besonderen örtlichen Verhältnissen“ ein Abstand von mindestens 50 Metern. Doch der Mindestabstand kann laut Staatsvertragstext auch auf 500 Meter erhöht werden. Zielsetzung des Glücksspielstaatsvertrags ist es, „das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen“ – so steht es in seiner Präambel. Der Geschäftsführer der Niedersächsischen Landesstelle für Suchtfragen, Manfred Rabes, begrüßt die Verschärfung des Vertragswerks zulasten der Spielhallenbetreiber. Das Angebot zu reduzieren sei im Sinne des Spielerschutzes. Ein Argument der Betreiberseite, Spieler könnten dann auf kaum zu kontrollierende Online-Angebote ausweichen, hält Rabes für Spekulation: „Es ist die Atmosphäre, die das Spielen an den Automaten attraktiv macht. Diese Lücke kann das Internet nicht schließen.“ Dass die Bundesländer Handlungsbedarf sehen, hat mit einer anderen Regulierung zu tun, genau genommen mit einer Deregulie- rung: Nach der Liberalisierung der für die gesamte Bundesrepublik geltenden Spielverordnung im Jahr 2006 stieg die Zahl der Spielangebote stark, was heftige Kritik unter anderem des Deutschen Städtetages hervorrief. Deutschlandweit gibt es nach einer Untersuchung des Arbeitskreises gegen Spielsucht 14 950 Spielhallenkonzessionen an 9206 Stand- Sich verkleinern oder umziehen müssen vielen Spielhallen gemäß Glücksspielstaatsvertrag.Auch dieser Betrieb in Meppen könnte von der Neuregelung betroffen sein. Foto: Daniel Gonzalez-Tepper orten. Niedersachsen ist im Vergleich zu bevölkerungsreicheren Flächenländern stärker mit Spielhallen und Automaten besetzt: 325 Einwohner kamen Anfang 2014 auf ein Spielhallengerät, während es in Nordrhein-Westfalen 381 und in Baden-Württemberg 366 waren. Die Niedersachsen stecken in einem Jahr mit 90 Euro pro Einwohner mehr Geld in die Spielhallen- Automaten. In Baden-Württemberg sind es 80, in NRW 76 Euro. Anders als Suchtexperte Rabes kann der Dachverband der Branche, die Deutsche Automatenwirtschaft (DAW) mit Sitz in Berlin, der Vertragsnovelle wenig Gutes abgewinnen. Er warnt vor dem Verlust vieler Arbeitsplätze und sagt den Städten ein Wegbrechen von Steuereinnahmen voraus. Allein in Berlin würden ab dem kommenden Jahr 40 Millionen Euro Vergnügungssteuer-Einnahmen fehlen. Die Kommunen im Nordwesten wollen noch keine Angaben zu möglichen Steuereinbußen machen, da die genaue Zahl der verbleibenden Spielhallen noch offen ist. In Meppen etwa geht es um viel Geld. Dort wurde die Vergnügungssteuer 2014 auf 20 Prozent des Umsatzes erhöht, die Erlöse haben 2015 die Millionengrenze überschritten. Nach einem DAW-Gutachten waren in Deutschland im vergangenen Jahr 267 000 Geldspielgeräte in Betrieb. Diese Zahl könnte nach Einschätzung des Spielautomatenherstellers und -betreibers Gauselmann um ein knappes Drittel zurückgehen, wenn der Staatsvertrag wie vorgesehen umgesetzt werde. Die Gruppe mit Sitz im westfälischen Espelkamp erwartet, dass von den 70 000 Arbeitsplätzen in der Branche dann mindestens ein Drittel zur Disposition stehen. Der größte Teil davon sei das Servicepersonal in den Spielotheken. „Ich mache mir schon Gedanken, was wird“, sagt die Meppener Spielotheken-Mitarbeiterin. Für viele Frauen, zumal ältere oder auf Teilzeit angewiesene, sei die Arbeit in einer Spielhalle eine gute Verdienstmöglichkeit. „Es geht um viele Jobs in dieser Gegend – mit Technik- und Reinigungsdienstleistern kommt da einiges zusammen.“ Die ersten Medienberichte über die geplanten Konzessionseinschränkungen haben in mindestens einem Haus im Emsland Mitarbeiter so verunsichert, dass sie sich vorsorglich schon mal andere Jobs gesucht haben. Der Staatsvertrag lässt den Bundesländern Spielraum. Die Lobby der Branche versucht nun, auf die Ausgestaltung Einfluss zu neh- Im Emsland haben bereits verunsicherte Mitarbeiter gekündigt. men. „Es gibt politische Gespräche. Außerdem laufen Klagen auf allen Ebenen“, sagt Mario Hoffmeister, der Sprecher der Gauselmann-Gruppe. Beim Pflegen politischer Kontakte ist Gauselmann kein Anfänger. Einem Bericht der Süddeutschen Zeitung im Jahr 2011 zufolge soll der Marktführer binnen zweier Jahrzehnte mehr als eine Million Euro an Bundestagsabgeordnete verteilt haben. Gauselmann bestätigte die Spenden, betonte damals aber, sie seien offen und transparent geflossen. Zurück in die Gegenwart: Die niedersächsische Landesregierung hat den Kommunen empfohlen, das Los über die Vergabe der weniger werdenden Konzessionen entscheiden zu lassen. Delmenhorst und Hannover haben es bereits getan, in Delmenhorst werden sieben Spielhallen schließen müssen. Gauselmann hält das Verfahren für unfair und hat Klage für den Fall angekündigt, dass das Unternehmen seine Konzession verliert. Firmenintern wird die Verlosung bereits als „Gottesurteil von Delmenhorst“ bezeichnet. Aus Protest sind die Vertreter von Gauselmanns Merkur-Spielhallen dem Verfahren ferngeblieben. Auch Hannover hat sich für das Los entschieden. Welche Methode die Kommunen im Raum Osnabrück-Emsland wählen, ist noch offen. Das Land zwingt sie nicht zum Losverfahren. Fest steht aber, dass alle den Staatsvertrag spätestens im nächsten Jahr umgesetzt haben müssen. Das Schicksal der AutomatenGlücksspielbranche und der Süchtigen beschäftigt auch Politiker auf Bundes- und EU-Ebene: Rund eine halbe Million Menschen in Deutschland sind nach Angaben der Bundesdrogenbeauftragten Marlene Mortler vom Glücksspiel abhängig. „Diese Menschen haben ein pathologisches oder problematisches Glücksspielverhalten.“ Vor allem Spielautomaten in Spielhallen oder Kneipen seien mit erhöhtem Abhängigkeitsrisiko verbunden. EU-Kommissar Günther Oettinger schlug sich kürzlich auf die Seite der Branche. Auf dem Kongress der deutschen Automatenwirtschaft im Juni warnte er vor einer gesetzlichen Erdrosselung der Anbieter, die zunehmend durch Konkurrenz aus dem Internet unter Druck gerieten. Der Meppener Spielhallengast, der mit seinen Münzen gerade die Zählmaschine gefüttert hat und im Tausch nun Scheine kassiert, macht sich überhaupt keine Sorgen um sein dudelndes, blinkendes Freizeitparadies unter gedimmtem Kunstlicht. „Der Staat verdient hier so gut mit – er wird die schon nicht zum Schließen zwingen.“ Sagt’ s und wendet sich wieder den Spielautomaten zu. Fotos: Elvira Parton Prüfender Blick am Eingang Hightech-Gesichtserkennung soll Spielsüchtigen den Zutritt verwehren VON CHRISTIAN SCHAUDWET OSNABRÜCK/ESPELKAMP. Gesetzge- ber, Datenschützer und Spielhallenbetreiber ringen darum, wie Spielsüchtige und Jugendliche sich am besten von Spielautomaten fernhalten lassen. Marktführer Gauselmann setzt auf biometrische Gesichtserkennung. Kameras wie jene, die Reisenden am Flughafen Frankfurt prüfend ins Gesicht blicken, könnten bald auch an den Eingängen der rund 230 Merkur-Spielhallen in Deutschland stehen. „Face Check“, so nennt die Spielhallen-Tochter des Glücksspielriesen Gauselmann ihr elektronisches Gesichtserkennungssystem. Es basiert auf einer Technologie des Dresdner Biometrie-Spezialisten Cognitec, der auch die automatischen Pass- und Personenkontrollschleusen an Deutschlands größtem Airport entwickelt hat. „Face Check“, das Gauselmann nicht nur für seine eigenen MerkurSpielotheken entwickelt hat, sondern auch an andere Spielhallenketten vermarkten will, erfasst die Gesichtszüge einer eintretenden Person und gleicht sie mit gespeicherten Personendaten ab. Decken sich die neuen Informationen mit denen eines als gesperrt registrierten Spielers, warnt das System das Personal, sodass es den Besucher abweisen kann. Eineinhalb Jahre hat Gauselmann gemeinsam mit Cognitec an dem System gearbeitet. Wie viel Geld die Gruppe dafür investiert hat, verrät David Schnabel nicht. Er ist der Präventionsbeauftragte des Unternehmens mit Sitz im westfälischen Espelkamp, das einen Jahresumsatz von 2,2 Milliarden Euro erwirtschaftet. Aber er lässt keinen Zweifel daran, dass es bei der Neuentwicklung nicht vorrangig darum ging, dem Gauselmann-Portfolio ein weiteres vermarktbares Produkt hinzuzufügen. Das Unternehmen steht seit Jahren in der Kritik. Gauselmann verdiene an Spielsüchtigen, für die der Spaß am Spiel um Geld zur Abwärtsspirale Richtung Offenbarungseid werde, lautet ein Vorwurf. Und das Unternehmen tue zu wenig, um Gefährdete davon abzuhalten, sich ins Unglück zu zocken. „Mit dem Zugangssystem wollen wir dazu beitragen, dass diese Diskussion abflacht“, sagt David Schnabel. Und ärgert sich darüber, dass auch der „Face-Check“-Vorstoß von Kritikern wieder gegen das Unternehmen gedreht werde: „Man wirft uns vor, das sei ein Feigenblatt – das ist ungerecht.“ Wie sehr Gauselmann sich dem Wohl der Spieler verpflichtet fühle, sei schon daran erkennbar, dass pro Jahr 11 000 Mitarbeiter in Jugendund Spielerschutz geschult würden. „Man wirft uns vor, das sei ein Feigenblatt – das ist ungerecht.“ David Schnabel, Gauselmann-Gruppe David Schnabel ist Präventionsbeauftragter des Automatenspielkonzerns Gauselmann. Dort lernen sie unter anderem, Symptome zu erkennen, die verraten, dass ein Spieler in die Spielsucht abzurutschen droht. Die Kamera in der silbermetallenen Stele in Gauselmann-typischem Design soll nun auch bei der Prävention helfen. Sie schickt das Bild des Eintretenden an einen Rechner mit Daten jener Spielsüchtigen, die sich freiwillig haben registrieren und vom Zugang ausschließen lassen. Die „Selbstsperrung“ sei am häufigsten, sagt Schnabel. Aber auch Angehörige und Behörden könnten eine Spielersperrung beantragen. Lediglich in Baden-Württemberg ist die Gesichtserkennungstechnik bereits in allen Merkur-Spielhallen im Einsatz. In Niedersachsen fehlt bisher eine Rechtsgrundlage, Klärungsbedarf besteht vor allem beim Datenschutz. Gauselmann-Gründer Paul Gauselmann drängt als Cheflobbyist an der Spitze des Verbands der Deutschen Automatenindustrie auf Klärung auf eine bundesweite Datei für gesperrte Spieler. In Nordrhein-Westfalen führen Gauselmann-Vertreter derzeit Gespräche mit dem Landesdatenschutzbeauftragen. Das Bundesland Hessen geht nach Empfinden der Gauselmänner zu weit: Dort muss sich jeder Besucher einer Spielhalle beim Betreten registrieren, woraufhin seine persönlichen Daten mit der Sperrdatei des Landes verglichen werden, die derzeit rund 10 000 Spieler enthält. Fehleranfällig und zu umständlich findet Schnabel die hessische Methode. Automatische Gesichtserkennung sei praktikabler und verlange auch nicht von jedem Spieler, persönliche Daten preiszugeben. Gauselmanns strategisches Ziel: eine bundesweit einheitliche Zugangskontrolle auf Grundlage biometrischer Gesichtserkennung. Die Algorithmen von „Face Check“ befähigen das System auch noch zu etwas anderem als der Identifizierung gesperrter Spieler: Es kann junge Gesichter von älteren unterscheiden. Befindet der Computer einen Eintretenden für jünger als 21 Jahre, alarmiert er die Mitarbeiter der Spielhalle, die dann den Ausweis des Besuchers kontrollieren können. Voraussetzung ist allerdings, dass dieser bei der Ankunft in die etwa auf Kopfhöhe installierte Kamera blickt. Das dürfte Menschen schwerfallen, die sogar im Gehen nur ungern den Blick vom Smartphone lösen. Um sie dennoch zum Aufschauen zu bewegen, haben die Gauselmann-Ingenieure neben dem elektronischen Auge einen Bildschirm installiert, dessen Bilder die Aufmerksamkeit der Eintretenden erregen sollen. 14 DONNERSTAG, 30. JUNI 2016 SPEZIAL SPIEL & PROFIT Das eigene Glück verspielt Glücksspielsüchtige kosten die Gesellschaft jährlich viele Millionen Euro – Zwei Betroffene berichten von ihrem Absturz in die Sucht VON ALMUT HÜLSMEYER HASELÜNNE. Sie leben auf der Schattenseite der Glücksspielwirtschaft: die Spielsüchtigen. Allein in Niedersachsen haben mehr als 75 000 Menschen ein problematisches oder krankhaftes Spielverhalten. Viele von ihnen verlieren ihren Besitz, den Job, Freunde und Familie. Angefangen hat es in einer Imbissbude. Als Thomas Hofmann* auf seine Bestellung wartete, steckte der 15-Jährige seine ersten Münzen in einen Spielautomaten. „Da habe ich das Spielen für mich entdeckt, dieses Kitzeln, dieses Kribbeln. Ich fand es fantastisch“, sagt der heute 45-Jährige. Seit seinem Besuch in der Imbissbude hat er nicht mehr aufgehört zu spielen. 30 Jahre lang. Zunächst verspielte er sein Taschengeld, später sein Ausbildungsgehalt und sein Einkommen. „Immer wenn ich Geld hatte, sind davon 60 bis 70 Prozent in die Automaten gewandert. Erst wenn kein Geld mehr da war, war auch der Druck weg zu spielen“, erzählt der Niedersachse. „Das Hauptproblem stellen bei den meisten Spielsüchtigen die Automatenspiele dar“, sagt Markus Weiß, Facharzt für Psychiatrie und Suchtmedizin am St.-Vinzenz-Hospital Haselünne. Allein in niedersächsischen Spielhallen gab es im Jahr 2012 16 870 Geldspielautomaten. Damit gehört Niedersachsen nach Angaben der Niedersächsischen Landesstelle für Suchtfragen zu den bestversorgten Gebieten mit Spielhallengeräten in ganz Deutschland. Auf ein Spielhallengerät kamen in Niedersachsen 2012 336 Einwohner. Dieser Wert wird nur noch von Bayern, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz übertroffen. 2012 wurden mehr als 400 Millionen Euro allein an Geldspielautomaten in Niedersachsen verzockt. Fast jeden Tag hat Hofmann in den vergangenen Jahren gespielt. Nach der Arbeit führte sein Weg meist direkt in die Spielhalle. Stundenlang saß er vor den Automaten. Erst mitten in der Nacht kehrte er nach Hause zurück. Manchmal spielte Hofmann auch zwei Tage am Stück. In den Spielhallen mit den abgedunkelten Scheiben, dem Kunstlicht und den blinkenden Automaten verlor er regelmäßig das Zeitgefühl. „In den Spielhallen gibt es nirgendwo eine Fast wie ein zweites Zuhause: Spielhallen werden zunehmend wohnlich und hochwertig eingerichtet.Spieler sprechen von geradezu familiärer Atmosphäre. Uhr. Auch die Handys haben meistens keinen Empfang. Es gibt keine Berührung mit dem realen Leben draußen“, erzählt Hofmann. Dass viele Spielhallen ähnlich aussehen, ist für den Mediziner Weiß kein Zufall. „Die Spielhallen sind viel schicker als früher. Es gibt Kaffee umsonst, und man kann rauchen. Die Spieler beschreiben auch, dass dort eine fast familiäre Atmosphäre herrscht, häufig sind die gleichen Aufsichten da.“ Außerdem seien die Spielhallen strategisch gut platziert, beispielsweise neben Fast-Food-Restaurants, sodass man die parkenden Autos nicht automatisch den Besuchern der Spielhalle zuordnen könne. Den größten Anreiz zu spielen bietet nach Ansicht des Arztes die Funktionsweise der Spielgeräte. Regelmäßig schütte der Automat Kleingewinne aus. „Das hält den Spieler bei Laune. Wenn er über längere Zeit nichts gewinnen würde, wäre er frustriert.“ Schon kleine Gewinnsummen würden bei einem Spielsüchtigen die großen Verluste in den Hintergrund treten lassen. „Das Belohnungssystem eines Abhängigen reagiert anders als bei einem Nicht-Ab- Markus Weiß, Facharzt für Psychiatrie und Suchtmedizin. Foto: S.Schöning GEZIELT WERBEN IN „DIE WIRTSCHAFT“! Profitieren Sie vom Umfeld unserer speziell zugeschnittenen und ansprechend aufbereiteten Sonderthemen in der nächsten Ausgabe von DIE WIRTSCHAFT am 25. August 2016. Geplante Sonderthemen: Standortporträt Gemeinde Hasbergen Metall-und Maschinenbau Osnabrücker Land Anzeigenschluss: Freitag, 5. August 2016 www.mso-medien.de Stefan Grote Monika Hackmann Emsland Tel. 05 91/8 00 09-92 [email protected] Verkaufsleiterin Koordination Standortporträts Tel. 05 41/310-798 [email protected] Carlfritz Meyran Tim Kramer Stadt und Land Osnabrück Tel. 05 41/310-771 [email protected] Telefonischer Medienverkauf Tel. 05 41/310-925 [email protected] Ein Unternehmen der hängigen. Bereits kleine Gewinne führen zu starken psychischen Reaktionen beim Glücksspielsüchtigen. Er möchte das Gewinnerlebnis unbedingt wiederhaben.“ Außerdem würden die Automaten suggerieren, dass der Spieler durch das Drücken von Tasten in den Spielverlauf eingreifen und seine Gewinnchancen dadurch beeinflussen könne. Doch die Automaten arbeiteten alle mit Zufallsgeneratoren, sagt Weiß. Auch wenn die meisten Abhängigen immer noch an Automaten spielen, gibt es andere Glückspielformen, die immer beliebter werden. Gerade bei jüngeren Spielern sehe man eine zunehmende Beteiligung an Sportwetten, sagt Weiß. Viele versuchten ihr Fachwissen zu nutzen, um damit Gewinne zu erzielen. Außerdem erleichtere das Internet den Zugang zu solchen Spielformen. „Die Spieler müssen nicht mehr in Wettbüros gehen, sondern können das elegant vom heimischen PC aus machen.“ Auch für Oliver Groß* waren Sportwetten sein Einstieg ins Glücksspiel. Außerdem pokerte der Niedersachse – und das mit Erfolg. Für Siege kassierte er Prämien von mehreren Tausend Euro. Später stieg er von Poker auf Casinobesuche um. Statt Geld zu gewinnen, verlor er es nun. Als seine Rücklagen aufgebraucht waren, musste er sich eine neue Geldquelle erschließen. „Ich habe angefangen, Frauen abzuziehen. Ich habe ihnen etwas vorgespielt und dann ihr Konto plattgemacht“, erzählt der 28Jährige. Bei der Antwort auf die Frage, wie viele Frauen er ausgenommen hat, zögert er. „So über 30“, schätzt er. Auch Hofmann wurde kriminell. Als sein Einkommen für das Glücksspiel nicht mehr ausreichte, begann er das Geld seines Arbeitgebers zu veruntreuen. Private Rechnungen zahlte er schon lange nicht mehr. Aus seiner ers- Foto: dpa ten Wohnung flog er raus, in seiner zweiten wurde schließlich der Strom abgestellt. Verspielt hat Hofmann mehrere Hunderttausend Euro. Zurückgeblieben sind nur Schulden. Etwa 40 000 Euro. „Ich kann schlecht einschlafen. Die Gedanken an meine Schulden verfolgen mich“, sagt er. Auch die Gesellschaft kosten die Spielsüchtigen jedes Jahr viel Geld. Eine Studie der Universität Hohenheim schätzte für das Jahr 2008 die Folgekosten der Glücksspielsucht in Deutschland auf 326 Millionen Euro. Der Autor der Studie, Professor Tilman Becker, geht davon aus, dass sich diese Zahl bis heute nicht entscheidend verändert hat. In seiner Untersuchung unterschied er zwischen den direkten „Die Gedanken an meine Schulden verfolgen mich.“ Kosten von 152 Millionen Euro und den indirekten Kosten von 174 Millionen Euro. Zu den direkten Kosten rechnete er unter anderem die Behandlungen der pathologischen Glücksspieler, die Beschaffungskriminalität und die Kosten für den Spielerschutz sowie für Gerichte und Strafverfolgung, zu den indirekten Kosten den Verlust des Arbeitsplatzes, die krankheitsbedingten Fehlzeiten und die verringerte Arbeitsproduktivität. Das Spielen an Geldspielautomaten verursachte nach Schätzungen von Becker die höchsten sozialen Folgekosten für die Gesellschaft mit 225 Millionen Euro im Jahr. Hilfe in Anspruch genommen haben Hofmann und Groß erst, als sie vollkommen verzweifelt waren. „Es war Weihnachten. Ich wusste einfach nicht mehr, wo ich noch Geld herbekommen sollte. Außerdem hatte ich Angst, dass die Sache mit dem veruntreuten Geld bei meinem Arbeitgeber auffliegt“, sagt Hofmann. Er beichtete seinem Arbeitgeber alles, erzählte seinen Freunden und seiner Familie von seiner Spielsucht, ging zur Suchtberatung. Groß hatte niemanden, dem er sich anvertrauen konnte. Sämtliche Freunde hatte er verloren, der Kontakt zu seiner Familie war abgerissen. Er lebte auf der Straße. „Irgendwann habe ich das alles nicht mehr ausgehalten“, sagt er. Der Weg zurück in ein geregeltes, spielfreies Leben ist für Hofmann und Groß kein einfacher. Dass sie ihre Familien, Freunde und Arbeitskollegen über Jahre belogen und betrogen haben, können beide heute selbst kaum begreifen. „Wir sind doch eigentlich ehrliche Menschen“, sagt Groß. Rund 1,5 Prozent der Bevölkerung weisen in Deutschland ein problematisches oder krankhaftes Spielverhalten auf. Nach einer Hochrechnung der Niedersächsischen Landesstelle für Suchtfragen sind das allein in Niedersachsen mehr als 75 000 Menschen. Um die Zahl der Spielsüchtigen zu senken, sei möglichst frühe Prävention nötig, sagt Weiß. Auch der Dachverband der Deutschen Automatenwirtschaft betont, dass seinen Mitgliedern die Prävention pathologischen Spielverhaltens und die Frühintervention ein wichtiges Anliegen sei. So müssten Unternehmer, die Geldspielgeräte aufstellen, ein Sozialkonzept mit vorbeugenden Maßnahmen gegen die „sozialschädlichen Auswirkungen des Glücksspiels“ vorlegen. Von Präventionsmaßnahmen der Spielstättenbetreiber haben Hofmann und Groß nie etwas bemerkt. Auflagen, wie etwa Gewinn- und Verlustlimits pro Zeiteinheit und Spielautomat sowie Mindestabstände zwischen Spielautomaten, würden faktisch unterlaufen. „Ich habe an bis zu zwölf Automaten gleichzeitig gespielt“, erzählt Groß. Nie habe ihn jemand daran gehindert. Auch Sperrzeiten würden nicht eingehalten. Er und Hofmann sind sich einig, dass bestehende Reglements konsequenter umgesetzt werden müssten, um Spieler vor einem Abdriften in die Sucht zu schützen. Beide Männer hoffen, ihre Sucht und die Schulden endgültig hinter sich lassen zu können. Auch einen konkreten Wunsch für die Zukunft hat Groß: „Meine eigene heile Familie.“ * Name von der Redaktion geändert 15 DONNERSTAG, 30. JUNI 2016 SPEZIAL SPIEL & PROFIT Wo Pferdewetten Vergnügen bleiben sollen Der Artländer Renntag ist ein Sport- und Zock-Ereignis mit Lokalkolorit VON MARCUS ALWES QUAKENBRÜCK. Trab-, Galopp- oder Jagdrennen? Das ist nahezu egal. Wenn der Artländer Rennverein in Quakenbrück zum alljährlichen Renntag bittet, dann wagt auch Otto Normalbürger eine Wette. „Die Besucher hier setzen an so einem Tag insgesamt rund 100 000 Euro“, verrät Hermann zur Lage. „Und von außen werden noch einmal Wettgelder in Höhe von 40 000 Euro platziert“, fügt der Renntag-Routinier hinzu. Der ehemalige Lehrer ist inzwischen 76 Jahre alt. Seit 1992 ist er dabei, wenn es gilt, jeweils am ersten Sonntag im September Pferde und Jockeys zu betreuen und auf die Bahn im Quakenbrücker Hasepark zu bringen. „Wir haben die Tradition des Rennvereins damals wiederaufleben lassen“, erinnert er sich, „zusammen mit Gerd Karrenbrock haben wir wieder etwas aufgebaut.“ Mehr als 200 Mitglieder ist der Artländer Rennverein momentan stark. Und im Jahr 2017 wird der Renntag in seiner heutigen Form zum 25. Mal ausgetragen. Rund 400 000 Euro Umsatz werde an jenem Sonntag entlang der idyllischen, naturbelassenen Pferdebahn im Nordkreis gemacht, schätzt zur Lage. Zu sei- ner großen Überraschung seien es „immer so um die 10 000 Zuschauer, die den Weg zu uns finden“. Dazu gesellen sich die Sponsoren. Die meisten geben zwischen 500 und 1 000 Euro jährlich und kommen aus dem direkten Umfeld im Artland. Vierzig treue Förderer, die wirklich immer mitmachen, seien darunter, verrät der Mann aus dem Organisationsteam. Und wer sogar hochoffiziell Namenspate eines einzelnen Rennens werden möchte, der müsse „schon zwei Drittel bis drei Viertel des jeweiligen Preisgeldes stiften“, sagt zur Lage. An Prämien werden insgesamt etwa 50 000 bis 60 000 Euro ausgeschüttet. „Die Stärke des Artländer Renntages, so wie wir ihn Jahr für Jahr weiterentwickelt haben, ist seine Vielseitigkeit. Es gibt keinen Rennveranstalter in Deutschland, der zusammen an einem Renntag Trab-, Galopp- und Jagdrennen präsentieren kann“, hat der Vereinsvorsitzende Gerd Karrenbrock bereits vor einiger Zeit betont. „Wir haben mit dem Renntag auch deshalb eine besondere Stellung in Norddeutschland, weil wir uns durch unsere sportlich hochwertigen Jagdrennen und besonders durch das in dieser Form einmalige Seejagdrennen von anderen Renntagen abheben“, verriet Karrenbrock. Das meiste Geld wird in Quakenbrück direkt an den Schaltern gesetzt. Dazu kommen von außen platzierte Wetten. Rasant geht es auf der Rennbahn im Quakenbrücker Hasepark zu. Zwölf Hektar ist das Haseparkgelände groß. Rund um jenes Zelt, in dem die Wettschalter aufgebaut sind, ist es dabei immer voll. Der eine oder andere Zuschauer schaut oder staunt nur vorsichtig. Aber, es gibt auch jene, die im nördlichsten Zipfel des Osnabrücker Landes sogar den Geldbeutel zücken. Mal wagen sie größere Einsätze, des Öfteren sind es aber Klein- oder Kleinstbeträge, die gesetzt werden. Die Wettschalter, an denen sie bieten, sowie die Totalisatoren und die entsprechende Technik kommen aus Hamburg. Die Fachleute und Buchmacher, die sich ansonsten um das Wettgeschehen beim traditionsreichen Derby-Meeting in der Hansestadt kümmern, sind dann auch am Renntag zur professionellen Abwicklung im Artland vor Ort. „Die Wetten von außen kommen aus dem deutschsprachigen Raum oder aus Holland“, ergänzt zur Lage. Bei Anbietern wie German Tote beispielsweise informieren sich die Zocker im Detail auch über das Geschehen und die Wettbewerbe in Quakenbrück. Das Internet spielt dabei als Quelle und Ort der Wettabgabe eine immer größere Rolle. „Aber auch um jeden einzelnen Reitstall in Deutschland herum ist immer Fotos: Rolf Kamper noch viel Leben“, sagt zur Lage und drückt damit aus – man kenne fachlich die Hauptdarsteller in der Pferdesport-Szene. Das mache das Wetten attraktiv. „Das Seejagdrennen ist zum Beispiel das höchstdotierte Rennen dieser Art in Deutschland“, sagt Vorsitzender Karrenbrock, „die spezielle Ausschreibung der Rennen und die attraktiven Dotierungen der Rennpreise sind erforderlich, um das sportlich hohe Niveau der Rennen zu erhalten.“ Die offiziellen Wettbewerbe und deren Besetzung mit Pferden und Jockeys werden dabei über die Verbände abgewickelt. Den der Traber mit Hauptsitz in Berlin. Und den der Galopper, die in Köln ihre Anlaufstelle haben. „Die Trainer sorgen dabei jeweils für die Jockeys und melden diese samt Pferd im Rahmen der üblichen Ausschreibungen“, schildert Hermann zur Lage die genauen Abläufe. Die Jockeys seien dabei häufig bei ihren Trainern angestellt. Prämien oder Preisgelder aus Rennerfolgen seien dann Zusatzeinkünfte zu einem Festgehalt. Aber auch direkte Kontakte der Quakenbrücker Organisatoren zu einzelnen Rennställen, Trainern, Jockeys oder Pferdebesitzern hätten sich im Laufe der PEARLs vergangenen 25 Jahre entwickelt. „Vor allem im Hindernis-Bereich kennen und bekommen wir hier die besten Jockeys“, ist zur Lage stolz. Um die Zukunft des Renntages in der 13 000-Einwohner-Gemeinde ist dem Senior-Organisator unterdessen nicht bange. „Die Menschen lieben das hier als Treffen“, stellt er heraus. Auch die Möglichkeit, einmal im Jahr ein bisschen wetten zu können. Als Vergnügen. Chronische Zo- Die Besucher des Renntages setzen rund 100 000 Euro. cker oder gar spielsüchtige Menschen kämen eigentlich nicht persönlich zum Artländer Renntag, stellt zur Lage fest: „Die haben wir noch nicht gesehen oder bewusst erlebt.“ Doch auch er weiß, dass das Geschäft mit den Pferdewetten sich seit jenen Jahren, als der Artländer Rennverein 1902 gegründet wurde, grundlegend verändert hat. Die online platzierte Wette hat sich international Raum und Bedeutung verschafft. Zocker können inzwischen sogar schon per Livestream bei großen Rennen wie in Louisville/Kentucky (USA) oder Ascot (England) sowie auf den asiatischen Rennbahnen dabei sein. Im beschaulichen Quakenbrück ist das noch nicht der Fall – und wird es auch wohl nicht werden. Zur Lage und Karrenbrock bleiben vielmehr bescheiden. Über kleine Veränderungen und Verbesserungen im Rahmenprogramm denken sie als Veranstalter zwar alljährlich nach, um für die Zuschauer attraktiv zu bleiben. „Das Sportliche hingegen bleibt weitgehend gleich. Der Wettbewerb und die Disziplinen sind stets dieselben. Es geht immer um ein schnelles Rennen“, sagt zur Lage. Kompetenzen stärken: ... ��� S�ha�� ��� Mit����i���... „ Persönlichkeiten Methoden Interaktionen „ Si����� S�� I���� Un��������n�- �rf�l� ��r�� �����l�� P�rs�n���n��i����n� �n� �u���e���� Mit����i���! Dynamik und Verhalten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auf dem Arbeitsmarkt verändern sich spürbar. Somit ist Mitarbeiterzufriedenheit ein zentraler Faktor für den Erfolg eines Unternehmens. © PEARLs - Unternehmensberatung für Personalentwicklung Dr. Astrid Lodde · Hauswörmannsweg 154 · 49080 Osnabrück · Telefon 0541 20066713 · www.pearls-coaching.de 16 DONNERSTAG, 30. JUNI 2016 SPEZIAL SPIEL & PROFIT Der einen Hoffnung, der anderen Hauptgewinn Millionen aus der Glücksspielabgabe beleben in Niedersachsen Naturschutz, Sport, Musik und Wohlfahrtseinrichtungen VON CHRISTOPH LÜTZENKIRCHEN OSNABRÜCK/HANNOVER. Die Hoffnung auf das große Glück hat magische Anziehungskraft. Sie bewegt Menschen, sich an Glücksspielen zu beteiligen. Die Folge: Das Land Niedersachsen verteilt jedes Jahr viele Millionen Euro Fördermittel aus der Glücksspielabgabe. Sie kommen Projekten in Wohlfahrt, Sport, Medien, Musikkultur und Umwelt zugute. Was haben das European Media Art Festival Osnabrück (EMAF), das Naturkundehaus Lähden und die Schützenkapelle Spahnharrenstätte miteinander gemein? Die drei so unterschiedlichen Institutionen profitieren von Fördermitteln aus der niedersächsischen Glücksspielabgabe. Im Jahr 2015 verbuchte das Land Niedersachsen in diesem Bereich insgesamt 155,8 Millionen Euro Einnahmen. Das ist der höchste Wert innerhalb der letzten zehn Jahre. Die Einnahmen schwankten in diesem Zeitraum um fast 20 Millionen Euro. Am geringsten waren sie im Jahr 2009, als lediglich 136,9 Millionen Euro anfielen. „Die Höhe der Abgabe bestimmt sich aus dem Niedersächsischen Glücksspielgesetz (NGlüSpG)“, sagt Antje Tiede, Sprecherin des Niedersächsischen Finanzministeriums. Laut § 13 des Gesetzes beträgt die Glücksspielabgabe beim Zahlenlotto 24 Prozent, bei Wetten mit festen Gewinnquoten sind es 15 Prozent und bei Lotterien und Ausspielungen 25 Prozent. Per Verordnung dürfen das Innen- und das Finanzministerium sogar noch höhere Sätze festlegen. Das sei derzeit aber nicht der Fall, erklärt Matthias Eichler, der Sprecher des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport: „Die Daten geben die aktuelle Situation wieder. Eine Verordnung gibt es nicht.“ Wo viel Geld zu verteilen ist, da ist Streit vorprogrammiert. Das seit 2008 gültige Glücksspielgesetz beugt dem vor und legt detailliert fest, wie die Mittel aus der Glücksspielabgabe zu verwenden sind. In § 14 führt das Gesetz insgesamt sieben Empfänger auf, die Finanzhilfen aus der Glücksspielabgabe erhalten: die Nordmedia Fonds GmbH, den Landesverband niedersächsischer Musikschulen, den Landesmusikrat, die Stiftung Niedersachsen, die Niedersächsische Bingostiftung für Umwelt und Entwicklungszusammenarbeit, die Stiftung „Kinder von Tschernobyl“ und die Verbraucherzentrale Niedersachsen. Für jeden einzelnen Empfänger sind im Gesetz konkrete Fördersummen festgelegt, so erhält der Landesmusikrat 116 250 Euro, Nordmedia Fonds 1,78 Millionen Euro und die Verbraucherzentrale Niedersachsen 1,50 Millionen Euro. In Summe regelt das Glücksspielgesetz die zweckgebundene Verwendung von rund 22 Millionen Euro. Der im Verhältnis zur gesamten Glückspielabgabe relativ niedrige Betrag hänge mit der Umstellung der Lotto, Glücksspirale, Eurojackpot, das Glücksspiel ist Jahr für Jahr Quelle eines warmen Geldregens. Zu den Empfängern zählen die Schützenkapelle Spahnharrenstätte (links),das Naturkundehaus Lähden (Mitte) und das European Media Art Festival Osnabrück (EMAF). Fotos: David Ebener, Tim Gallandi, Schützenverein Spahnharrenstätte,dpa Förderung in den vergangenen Jahren zusammen, erklärt Antje Tiede. „Durch das Niedersächsische Sportfördergesetz (NSportFG) und das Niedersächsische Gesetz zur Förderung der Freien Wohlfahrtspflege (NWohlfFöG) wurden insgesamt 47 Millionen Euro ausgegliedert“, so Tiede. Ziel der Umstrukturierung sei es gewesen, den Verbänden Planungssicherheit bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu Niedersachsen nahm 2015 155,8 Millionen Euro ein. gewähren. Für die Freie Wohlfahrtspflege stellt das Land derzeit jährlich 21,25 Millionen Euro zur Verfügung, in die Sportförderung fließen 31,5 Millionen Euro. Formal wurde damit die Bindung der Förderung zugunsten von Sport und Wohlfahrt an die Einnahmen des Landes aus der Glücksspielabgabe aufgehoben. Letztlich handele es sich aber um Mittel, die zuvor aus der Glücksspielabgabe zur Verfügung gestellt wurden, so die Sprecherin des Landesfinanzministeriums. Die Empfänger der Finanzhilfe entscheiden selbstständig über die Verteilung. „Einen Nachweis verlangen wir nicht“, so Tiede. Eine Besonderheit des Glücksspielgesetzes regelt § 14 Absatz 3. Hier ist festgelegt, dass weitere acht Millionen Euro für Jugendarbeit, Kinder- und Jugendschutz, Familien und Frauen, Schulsport, Wohlfahrtspflege sowie Kunst oder Kultur zu verwenden sind. Im Detail entscheiden darüber die jeweils zuständi- gen Ministerien. Änderungen im Glücksspielgesetz verfügt der Niedersächsische Landtag. Zum 1. Januar 2013 wurde die Verbraucherzentrale Niedersachsen als zusätzlicher Empfänger der Finanzhilfe aufgenommen. Zwar verlangt das Finanzministerium – es verwaltet die Mittel aus der Glücksspielabgabe – keinen Nachweis über die Verteilung der Mittel; kontrolliert wird aber doch. Jeder Empfänger von Finanzhilfe ist einem Landesministerium zugeordnet, das per Verordnung regelt, wie die Mittel zu verwenden sind. Außerdem hat der Landesrechnungshof das Recht zu prüfen. Für jeden Empfänger gibt es Förderrichtlinien. So muss die Bingostiftung die Finanzhilfe „zur Förderung von Projekten zugunsten der Natur, der Umwelt, der Entwicklungshilfe oder des Denkmalschutzes“ verwenden. Bei Entwicklungshilfeprojekten dürfen nur Träger mit Sitz in Niedersachsen unterstützt werden. Das Naturkundehaus in Lähden im Emsland darf als exemplarisch für die Arbeit der Bingostiftung gelten. In dem 2013 initiierten Umweltbildungszentrum wird Kindern und Jugendlichen die heimische Natur nähergebracht. Die Bingostiftung beteiligte sich mit 30 000 Euro an den Kosten für die Ausrüstung des Zentrums. Sehr viel geringere Beträge vergibt der Landesmusikrat. Er Ministerien kontrollieren die Verwendung der Mittel. ist laut Glücksspielgesetz dazu verpflichtet, die Finanzhilfe für die „Förderung der Träger von Ensembles der instrumentalen oder vokalen Laienmusik zu verwenden“. Eigenen Angaben zufolge wurden 2015 insgesamt 517 Förderanträge an den Landesmusikrat gestellt. Die maximale Finanzhilfe pro Übungsleiter betrug 242,50 Euro. Im Einzelfall ist das also nicht mehr als eine kleine Anerkennung für die umfangreiche, ehrenamtliche Arbeit der Laienmusiker. Passend dazu spricht man beim Landesmusikrat denn auch von „Anreizfinanzierung“. Die Förderung geht an Musikgruppen unterschiedlichster Ausrichtung, darunter die Schützenkapelle Spahnharrenstätte. Die zugehörige Verordnung des niedersächsischen Kultusministeriums legt fest, dass geförderte Gruppen mindestens 16 Mitglieder haben müssen und mindestens 50 Zeitstunden pro Jahr gemeinsam üben. Das Osnabrücker European Media Art Festival wird aus Mitteln der Nordmedia – Film- und Mediengesellschaft Niedersachsen/Bremen mbH gefördert. 2015 belief sich die Unterstützung auf 193 000 Euro. Mit ihren zwei Standbeinen im Stadtstaat Bremen und im Land Niedersachsen ist Nordmedia ein Sonderfall unter den Empfängern der Finanzhilfe aus der Glücksspielabgabe. „Wir fördern verschiedene Phasen der Herstellung von Film-, TVund interaktiven Medienprojekten“, sagt Unternehmenssprecherin Wibke Schimpf: „Zum Förderspektrum zählen aber auch Investitionen, Qualifizierungs- und Beratungsangebote sowie Festivals.“ Neben Leuchtturmprojekten wie dem EMAF oder dem Unabhängigen Filmfest Osnabrück (UFO) engagiert sich Nordmedia unter anderem auch für die SchulKinoWochen Niedersachsen und vergibt Kinoprogrammpreise. Die Mittel aus der Glücksspielabgabe tragen zu etwa 20 Prozent zum Förderetat bei, der sich laut Schimpf auf durchschnittlich zehn Millionen Euro beläuft. Die drei Beispiele zeigen, wie breit die gemeinnützige Verwendung der Mittel aus der Glücksspielabgabe angelegt ist. Die Hoffnung auf den einen großen Treffer, die Millionen Menschen im Land umtreibt, trägt so vielfache reiche Früchte. Wenn man nun noch die volumenmäßig größten Bereiche Wohlfahrt und Sport hinzurechnet – formal werden sie ja nicht mehr direkt aus Glücksspielmitteln gefördert –, wird die gesamtwirtschaftliche Bedeutung des Sektors deutlich. Das zeigt auch die Altenheimstiftung Lotto Niedersachsen: Mehr als 40 Jahre lang erhielt sie Zuwendungen in Millionenhöhe aus den Konzessionsabgaben unterschiedlichster Lotterien. Seit der Gründung im Jahr 1956 investierte die Stiftung über 74 Millionen Euro in den Bau von Alten- und Pflegeheimen. Die Altenheimstiftung bezieht seit 1995 keine Finanzhilfe mehr. Ihre Kosten bestreitet sie aus den Erträgen der Einrichtungen und ihres Kapitalstocks. DONNERSTAG, 30. JUNI 2016 GELD & GESCHÄFT 17 Gegenwind für Bürgerwindparks War’ s das mit der Energiewende in Bürgerhand? Noch nicht: Das geänderte EEG sieht Ausnahmen für Kleinprojekte vor An Bürgerwindparks beteiligen sich Einwohner der umliegenden Kommunen als Investoren.Das Modell fördert nach Einschätzung seiner Befürworter die Akzeptanz der Energiewende in der Bevölkerung. Ziel des EEG: Mehr Markt in der Erzeugung von Ökostrom. Bürgerwindparks könnten das Nachsehen haben. Kritiker fordern: Kleinprojekte ohne Ausschreibungspflicht. VON HELMUT MONKENBUSCH OLDENBURG Laut dem neu gefass- ten Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) soll der Preis für Ökostrom ab 2017 über Ausschreibungen ermittelt werden. Der weitere Ausbau wird an die Verbesserung der Netzinfrastruktur gekoppelt. Für neue Projekte sind Sicherheiten zu hinterlegen. Kritiker befürchten: Das ist das Ende der Energiewende mit Bürgerbeteiligung. Aber EU-Umweltrichtlinien sehen stärkere Förderung von Kleinprojekten vor. Nicht jeder hat das Glück, an der Küste ein Stück Land zu besitzen. Nicht jeder ist in der Lage, sich eine Windkraftanlage auf den Acker zu stellen und Strom zu produzieren, der ihm über einen Zeitraum von 20 Jahren zum Festpreis abgenommen wird – selbst wenn die erzeugte Leistung wegen fehlender Netze gar nicht eingespeist wird oder der Strompreis an der Börse abstürzt. Die meisten Bürger sind eben Stromverbraucher, keine -produzenten. Und genau deswegen muss das Großprojekt Energiewende immer wieder um Akzep- tanz kämpfen. Denn während die Erzeuger erneuerbarer Energien satte Renditen einfahren, zahlen die Verbraucher immer mehr für ihren Strom – nicht zuletzt wegen der kontinuierlich steigenden Öko-Stromumlage. Und das, obwohl es durch den Ausbau von Windkraft und Solarenergie eigentlich Strom im Überfluss gibt und der Preis für Endverbraucher folglich sinken sollte. Aus dieser Perspektive klingt die jüngste Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) nach einem Vorhaben, das der Energiewende verlorene Akzeptanz zurückbringen könnte: Die Ökostromerzeugung soll sich künftig am Markt orientieren, damit unsere Gesellschaft „nicht am Strompreis zerbricht“, wie es aus dem Bundeswirtschaftsministerium heißt. Konkret bedeutet das: Ab 2017 wird der Preis für Strom aus Windkraft- und Fotovoltaikanlagen nicht mehr staatlich geregelt, sondern über Ausschreibungen ermittelt. Mehrmals im Jahr wird die Bundesnetzagentur Auktionen durchführen und festgelegte Strommengen versteigern. Den Zuschlag erhält, wer die geringste Förderung benötigt, um zu liefern. Außerdem wird der Zubau grüner Energien begrenzt, solange die Netze nicht ausreichend ausgebaut sind. Die Windkraft an Land wird auf zusätzliche 2800 Megawatt pro Jahr gedeckelt. „Die Zeit des Welpenschutzes Sturm lässt wieder nach Neu installierte Windkraftkapazität an Land in Deutschland in Megawatt 3731 4000 3000 2000 1000 0 2000 2005 2010 2015 Quelle: Bundesverband der Windenergie · Grafik: Matthias Michel für Erneuerbare ist vorbei“, sagt Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Die Welpen seien „zu schnellen Jagdhunden herangereift, die wir laufen lassen – aber miteinander im Wettbewerb“. Beifall aus der breiten Energiebürgerschaft? Von wegen. Die Windenergiebranche trommelt seit Monaten gegen die Novelle. Die Drosselung des Zubaus in sogenannten Netzengpassregionen sei „nicht zielführend“, kritisiert Matthias Brückmann, Chef des Oldenburger Energiekonzerns EWE. Es mache keinen Sinn, den Ausbau gerade dort zu beschränken, wo die Bedingungen nachweislich am besten sind. Der Nordwesten werde gegenüber anderen Regionen massiv benachteiligt. Berlin vollziehe eine „Vollbremsung“, schimpft auch HansDieter Kettwig, Geschäftsführer des größten deutschen Windanlagenbauers Enercon. Er befürchtet vor allem negative Auswirkungen auf Arbeitsplätze bei Herstellern und Zulieferern. Heftige Kritik kommt auch von Bürgerbündnissen und Genossenschaftsverbänden aus der Onshore-Windkraft, wo die Bürgerbeteiligung mit knapp 50 Prozent sehr hoch ist. Im Bieterwettbewerb mit kapitalstarken Investoren seien Landwirte und Dorfbewohner chancenlos, meinen sie – und stellen das Ende der Bürgerbeteiligung in Aussicht. „Wir befürchten, dass die Bürgerbeteiligung in Zukunft nicht mehr möglich ist“, sagt Martin Grundmann, Geschäftsführer der Arge Netz. Mit 300 Gesellschaftern in Niedersachsen und Schleswig-Holstein ist sie einer der größten Zusammenschlüsse von Erzeugern erneuerbarer Energien. „Wer als Bürgerenergiegesellschaft an einer Auktion teilnimmt, muss eine hohe Sicherheit pro Megawatt hinterlegen. Dazu kommen die Entwicklungskosten eines Projekts, die im sechsstelligen Bereich liegen. Vermutlich werden die Bürger so hohe Summen nicht vorstrecken, ohne zu wissen, ob sie den Zuschlag bekommen.“ Grundmann schlägt vor, kleinere Projekte bis 18 Megawatt Leistung von der Ausschreibung auszunehmen. Statt direkt in den Bieterwettbewerb zu treten, sollte man „den mittleren Preis aus einer vorangegangenen Ausschreibungsrunde auf Bürgerwindprojekte übertragen – das fänden wir fair und praktikabel“. Offenbar blieben die Proteste nicht ungehört. Bei Bürgerprojekten mit höchstens sechs Die Sorge: Im Wettstreit der Investoren sind Landwirte und Dorfbewohner chancenlos. Foto: dpa Windrädern und 18 Megawatt Leistung gelten nun Sonderregelungen. Demnach brauchen Bürgergesellschaften keine immissionsschutzrechtliche Genehmigung vorzulegen, um an einer Auktion teilzunehmen. Sie müssen lediglich die Zustimmung des Grundeigentümers zur Flächennutzung und – spätestens zwei Jahre nach dem Zuschlag – ein Windgutachten einholen. Damit sinkt die hinterlegte Sicherheit um die Hälfte auf 15 000 Euro pro Megawatt. Rainer Baake, Energie-Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, hält das für einen „vernünftigen Kompromiss“, mit dem auch die Bürgergesellschaften „gut leben können“. Das sehen die Kritiker des Ausschreibungsmodells freilich anders. „Die EU hat in ihren Umweltrichtlinien vorgeschlagen, Kleinprojekte unter 18 Megawatt von der Ausschreibungspflicht zu befreien“, sagt Grundmann. Dies sei von allen Staaten befürwortet worden. Warum soll das in Deutschland nicht möglich sein?“ Weil es dem Missbrauch Tür und Tor öffnen würde, meinen Gabriel und Baake. „Fängt man erst damit an, dann bauen bald auch Großinvestoren Bürgerwindparks – in kleinen Portionen zu je sechs Windrädern“, so Gabriel. In der Fotovoltaik gab es 2015 testweise Ausschreibungen. Tatsächlich sank das Preisniveau von Runde zu Runde. Zum Zuge kamen anfangs allerdings nur große Bieter wie Eon oder EnBW. Erst später erhielten auch zwei Genossenschaften den Zuschlag. Baake kommentierte zufrieden: „Wenn einige Genossenschaften das schaffen, dann können das auch andere.“ 18 DONNERSTAG, 30. JUNI 2016 GELD & GESCHÄFT Alkohol, Kokain, Tabletten: Wenn Mitarbeiter suchtkrank werden,haben nicht nur sie ein Problem.Auch ihrem Arbeitgeber entstehen Schäden. Fotos: Colourbox.de,Montage: Matthias Michel Mit Promille im Büro, und die Kollegen schauen weg Viele Unternehmen lassen suchtkranke Mitarbeiter allein – Aber es geht auch anders, und das rechnet sich VON CHRISTOPH LÜTZENKIRCHEN OSNABRÜCK. Suchtkranke Mitarbeiter belasten das Betriebsklima. Ihre Leistung nimmt ab. Unter Umständen gefährden sie die Arbeitssicherheit. Für viele Unternehmen sind sie ein Makel. Man spricht nicht darüber. Kollegen der Betroffenen fühlen sich hilflos und ohnmächtig. Der Logistiker Hellmann in Osnabrück geht das Problem aktiv an. Im Ernstfall greift ein klar strukturierter Hilfeplan. Sind unsere Erfahrungen denn interessant genug? Die beiden Männer aus dem Osnabrücker Land schauen mich fragend an. Sie haben sich bereit erklärt, von ihrer Alkoholsucht zu erzählen. Von den Problemen am Arbeitsplatz, den Rückfällen, dem mühsamen Weg aus der Abhängigkeit. Hans Lüssenheide* fasst sich ein Herz und erzählt: Seit fast 30 Jahren arbeitet er im Einzelhandel. Ein alter Hase, und doch reagierte Lüssenheide als Leiter der Filiale einer großen Einzelhandelskette auf den ständig wachsenden Erfolgsdruck am Arbeitsplatz mit der Flucht in den Alkohol. Er hatte bereits eine Therapie hinter sich und war wieder im Betrieb eingestiegen, als er sich hilfesuchend an seinen direkten Vorgesetzten wandte. Der fertigte ihn mit der Bemerkung ab, dass er schon weiter durchhalten werde. „In diesem Moment hätte Lüssenheide einen Ansprechpartner im Betrieb gebraucht, der ihm zuhört und ihn unterstützt“, sagt Astrid Rauf. Die Sozialpädagogin und Suchttherapeutin betreut bei der Osnabrücker Caritas ein Programm zur Ausbildung von betrieblichen Suchtkrankenhelfern. Inzwischen arbeitet Hans Lüssenheide in einer anderen Filiale seines Arbeitgebers. Dort hat er keine Führungsaufgaben. „Ich brauchte eine Situation, in der ich mich nicht ständig verantwortlich fühle“, so Lüssenheide. Auch Bernhard Stuhlmann* hat immer versucht, alles richtig zu machen. Als Maler in einem typischen, mittelständischen Handwerksbetrieb geriet er dabei regelrecht zwischen die Fronten. „Die Kunden erwarteten Qualität von mir, der Chef drückte permanent aufs Tempo“, erzählt der drahtige Mann mit dem sanften Händedruck. Er erinnert sich, dass es mit dem Bier am Feierabend begann. Irgendwann half das nicht mehr, und er griff zu härteren Alkoholika. Im Rahmen der ersten Therapie lernte er, Probleme anzusprechen, doch sein Chef ließ nicht mit sich reden. Weitere Alkoholexzesse folgten. Seit Kurzem hat Stuhlmann einen neuen Arbeitsplatz, er hofft auf eine Zukunft ohne den Alkohol. „Wenn es um das frühe Erkennen einer möglichen Suchtkrankheit geht oder darum, einem Menschen den Weg aus der Abhängigkeit zu zeigen, nimmt der Arbeitsplatz eine wichtige Rolle ein“, sagt Astrid Rauf. Das Problem ist bekannt. Bekannt ist auch, dass „Suchtkranke Mitarbeiter sind noch immer ein Makel für Betriebe." Manfred Rabes, Niedersächsische Landesstelle für Suchtfragen suchtkranke Mitarbeiter das Betriebsklima belasten. Unter Umständen gefährden sie die Arbeitssicherheit, ihre Produktivität nimmt ab. Und doch wird häufig nicht über die Suchtprobleme gesprochen. Stattdessen werden sie ignoriert und verschwiegen. Kollegen fühlen sich im Umgang mit dem Betroffenen hilflos und ohnmächtig. Irgendwie passend zu dieser weitverbreiteten Sprachlosigkeit gibt es zum Ausmaß der Schwierigkeiten mit Suchtkranken in Betrieben auch keine belastbare, offizielle Statistik. „Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass es dazu keine validen Zahlen gibt“, erklärt Melanie Riese aus der Geschäftsstelle der Drogenbeauftragten der Bundesregierung. Auch Manfred Rabes, Geschäftsführer der Niedersächsischen Landesstelle für Suchtfragen, muss passen. „Laut Schätzungen sind circa fünf Prozent der Belegschaften von Suchterkrankungen betroffen“, sagt er: „Belastbare Zahlen gibt es dazu aber nicht, denn für die Betriebe sind suchtkranke Mitarbeiter noch immer ein Makel.“ Ein Unternehmen, das sich der Problematik stellt und aktiv auf suchtkranke Mitarbeiter zugeht, ist der Osnabrücker Logistikdienstleister Hellmann. Helmut Ledor ist Gesamtbetriebsratsvorsitzender von Hellmann Deutschland und seit 34 Jahren für das Unternehmen tätig. Er hat die zweijährige Ausbildung der Caritas Osnabrück für betriebliche Suchtkrankenhelfer absolviert und ist begeistert. „Das hat mir bei der Arbeit im Unternehmen sehr geholfen“, sagt Ledor. Im Rahmen der Ausbildung nahm er an diversen Seminaren und Schulungen teil. Es gab Rollenspiele und Diskussionsrunden. Unter anderem tarbeitern erkennen i Mi Alkoholabhängigkeit be kräfte Checkliste für Führungs e gefordert. rungskräft Mitarbeitern sind die Füh Bei Suchtproblemen von sorgen. Sie sollen tät ört es, für Produktivi zu Zu ihren Kernaufgaben geh t. Über Suchtprobleme , bei Schwierigkeiten diskre aber auch fürsorglich sein herkennung. Frü n. Umso wichtiger ist die wird nicht gern gesproche platz“ eits Arb am e ent ol und Medikam In ihrer Broschüre „Alkoh : me pto Sym e end folg nennt die Krankenkasse DAK : menhang mit Fehlzeiten Auffälligkeiten im Zusam ere and ch dur ng igu e, Entschuld Häufung einzelner Fehltag ng von Fehltagen hnu rec Auf e ich ägl htr nac (zum Beispiel Ehepartner), eitsplatz, ete Abwesenheit vom Arb gegen Urlaub, unbegründ während der Arbeitszeit h), Leistungsminderung: Arbeitsleistung stark nac ungen (ab 11 Uhr lässt die , keit hig starke Leistungsschwank sfä ion trat aft, mangelnde Konzen abnehmende Lernbereitsch keit sig rläs auffallende Unzuve en: Verhaltensveränderung vös/reizbar, kungen, unangemessen ner starke Stimmungsschwan urig/aggressiv ßsp gro ig, sell /ge hig t/gespräc unangemessen aufgekratz epasst oder unterwürfig/überang /Auftreten: Äußeres Erscheinungsbild ittern, pflege/Kleidung, Händez Vernachlässigen der Körper such, Ver n, eite lationsschwierigk Schweißausbrüche, Artiku asser u.Ä.) ndw Mu z, min ffer Pfe (z. B. mit Alkoholgeruch zu tarnen Trinkverhalten: imliches“ Trinken, enden Gelegenheiten, „he Alkoholkonsum zu unpass „Softdrinks“ von Alkohol/Tarnung mit demonstrative Vermeidung Quelle: DAK gehörte auch der Umgang mit Suchtkranken in Einrichtungen vor Ort zum Programm. Ausbildungsort ist die Fachklinik HaseEms in Haselünne. „Unsere Erfahrungen mit den Kranken konnten wir jeweils am Folgetag besprechen“, erzählt Ledor: „In Summe haben wir etwa anderthalb Monate für die Qualifizierung investiert. Der Betrieb hat uns dafür freigestellt.“ Die Initiative für die Ausbildung sei aus der Personalabteilung gekommen, berichtet der Betriebsratschef. Er selbst hat die Mitar- beiter angesprochen, denen er die Aufgabe des Suchtkrankenhelfers zutraute. Das könnten nur Kollegen übernehmen, die in der Belegschaft gut verankert sind und Vertrauen genießen, so Ledor. Die praktische Arbeit beschreibt er so: Die Suchtkrankenhelfer werden von Mitarbeitern angesprochen, die sich Sorgen um einen Kollegen machen. „Das ist genau der Punkt, an dem sonst meist weggeguckt wird“, betont der Betriebsrat: „Uns kann man ansprechen. Wir machen uns dann selbst ein Bild und suchen das persönliche Gespräch mit dem Kollegen.“ Noch nie sei ein Betroffener aus eigenem Antrieb auf ihn zugekommen, sagt Ledor, meist müsse man den Menschen erst die Augen öffnen. Ganz wichtig ist ihm: Mit der Geschäftsführung wurde schriftlich vereinbart, dass über die Gespräche der Vertrauensleute mit suchtkranken Kollegen nicht informiert werden muss. Auf der anderen Seite fordern die Helfer Verbindlichkeit ein. „Wir haben eine Betriebsvereinbarung über einen klar strukturierten Hilfeplan“, sagt Ledor: „Abhängig von der Situation des betroffenen Kollegen gibt es einen gestuften Ablauf. Daran kann sich auch die Geschäftsführung orientieren.“ Astrid Rauf vom Caritasverband ist überzeugt davon, dass Firmen von der Arbeit betrieblicher Suchtkrankenhelfer profitieren. Durch die Helfer sei es möglich, frühzeitig, effektiv und kostensparend einzugreifen. Damit würden langandauernde und selbstzerstörerische Suchtprozesse vermieden, in diesem Zusammenhang auch teure und lange Ausfallzeiten der Mitarbeiter. „Im Idealfall lautet das Ziel ja, präventiv handeln zu können und nicht erst, wenn jemand bereits in eine Abhängigkeit gerutscht ist“, so Rauf. Die langjährigen Alkoholkarrieren von Hans Lüssenheide und Bernhard Stuhlmann bestätigen die Einschätzung der Expertin. Ein geschulter Vertrauensmann im Betrieb hätte beiden womöglich einen langen Leidensweg erspart – und ihren Arbeitgebern erhebliche Kosten und Komplikationen. Das nächste Ausbildungsprogramm der Osnabrücker Caritas zum betrieblichen Suchtkrankenhelfer beginnt im August 2016. Ähnliche Angebote gibt es beispielsweise vonseiten der Diakonie. * Namen von der Redaktion geändert 19 DONNERSTAG, 30. JUNI 2016 GELD & GESCHÄFT Recht ohne Richter Schiedsgerichte, Schiedsgutachten und Wirtschaftsmediationen bieten Möglichkeiten, den Rechtsweg abzukürzen VON WOLFGANG ARENHÖVEL WESTERSTEDE. Gerichtsprozesse können langwierig und teuer sein. Konzerne kürzen den Rechtsweg daher oft über Schiedsgerichte ab – eine Chance, die Mittelständler noch zu selten nutzen. Große Unternehmen sind häufiger in Prozesse verwickelt – mal als Kläger, mal als Beklagter. Oft führt daran kein Weg vorbei, gerade wenn grundsätzliche Fragen auf dem Spiel stehen, die für ganze Branchen von Bedeutung sein können. Solche Fälle sollten durch ordentliche Gerichte geklärt werden, auch um den Preis eines langen Verfahrens. Für viele andere Streitigkeiten haben sich Wege etabliert, die Unternehmen nicht nur Geld, sondern auch Zeit sparen. Ordentliche Gerichte können schnelle Entscheidungen oft nicht garantieren, weil sie überlastet sind. Häufig verzögert zudem der Prozessgegner die endgültige Entscheidung durch Rechtsmittel – manchmal um Jahre. Für Unternehmen kann das existenzgefährdend sein. Gerade für Unternehmen gibt es aber Möglichkeiten, den Rechtsweg abzukürzen. Lösungen bieten die Schiedsgerichtsbarkeit, in beson- deren Fällen Schiedsgutachten und zunehmend auch die Wirtschaftsmediation. Internationale Konzerne machen von diesen Möglichkeiten von jeher Gebrauch. Vermehrt interessieren sich aber auch Mittelständler für diese sinnvollen Alternativen. Foto: imago/Michael Weber Ein Schiedsgerichtsverfahren kommt in Betracht, wenn eine außergerichtliche Lösung in weite Ferne gerückt ist. Dieser Weg setzt allerdings voraus, dass die Parteien sich zuvor vertraglich auf ein Schiedsgerichtsverfahren geeinigt haben. Kommt es zwischen den Vertragsparteien zum Streit, tritt an die Stelle eines ordentlichen Gerichts ein Schiedsgericht. Anders als bei staatlichen Gerichten können die Parteien bei einem aus drei Schiedsrichtern bestehenden Gremium je einen der Schiedsrichter selbst bestimmen. Der Vorteil ist offensichtlich: Die Parteien können Richter mit branchenspezifischen Kenntnissen auswählen. Das geht bei staatlichen Gerichten nicht. Zwar werden meist Juristen benötigt, aber vielfach auch Wirtschaftsprüfer oder Personen mit speziellen Sach- oder Branchenkenntnissen. Das ist aber nicht der einzige Vorteil. In der Regel arbeiten Schiedsgerichte schneller als staatliche Gerichte, denn die Schiedsrichter stehen als private Dienstleister sofort zur Verfügung. Die Verfahrensgestaltung ist freier. Außerdem ist das Verfahren auf eine Instanz beschränkt. Schiedsverfahren sind nicht öffentlich, Schiedssprüche dürfen nur mit Zustimmung der Parteien veröffentlicht werden. Gerade diese Vertraulichkeit ist oft der entscheidende Faktor. Denn vielfach geht es um heikle Interna wie gesellschaftsrechtliche Beziehungen, die Finanzausstattung oder Produktionsverfahren. Häufig enden Schiedsverfahren mit einem sogenannten vereinbarten Schiedsspruch. Das entspricht in etwa einem gerichtlichen Vergleich. Kommt es nicht dazu, entscheidet das Schiedsgericht bindend und endgültig. Zur Berechnung der Kosten stehen verschiedene Kostenordnungen zur Verfügung. Anwälte und Schiedsrichter sind zu bezahlen. In der Regel wird das Schiedsgericht zu Beginn des Verfahrens einen Kostenvorschuss in Höhe der prognostizierten Gesamtkosten anfordern. Bei Streitwerten deutlich unter 100 000 Euro sollte ein Schiedsverfahren nur dann angestrebt werden, wenn der Kostengesichtspunkt von eher untergeordneter Bedeutung ist. Aber es muss nicht immer ein Schiedsverfahren sein. Wenn es nicht um eine abschließende Streitentscheidung geht, sondern etwa Bewertungsfragen im Vordergrund stehen, kann auch ein Schiedsgutachten Meinungsverschiedenheiten entschärfen. Streiten die Parteien zum Beispiel darüber, ob gelieferte Waren von der vereinbarten Qualität abweichen, kann die Entscheidung einem Schiedsgutachter übertragen werden. Der kann für die Parteien bindend die notwendige Entscheidung treffen. Dieses Verfahren ist in der Regel unkompliziert, kostengünstig und schnell – vorausgesetzt, die Parteien können sich auf einen Gutachter einigen und sind am Ende auch bereit, das Ergebnis zu akzeptieren. Das wird immer dann schwierig, wenn dem Gutachter vorgeworfen werden kann, dass er ZUR PERSON Wolfgang Arenhövel Insgesamt 17 Jahre hat Wolfgang Arenhövel am Landgericht Osnabrück Recht gesprochen: Zu Beginn seiner Laufbahn als Richter (1978 bis 1989), später als Präsident (1999 bis 2005). Aktuell bearbeitet er Schiedsgerichtsverfahren, ist aber auch als Mediator und Ombudsmann im Bereich Finanzdienstleistungen tätig. nicht sachgerecht gearbeitet hat, weil er etwa technische oder wissenschaftliche Regeln nicht beachtet hat. Seit einigen Jahren vertrauen Unternehmen immer häufiger auf die Mediation. Dabei geht es nicht um eine Streitentscheidung. Mithilfe eines strukturierten Verfahrens unter Leitung eines Mediators suchen die Parteien nach einer eigenständigen und einverständlichen Lösung des Konfliktes. Auf dem Prüfstand steht etwa die Frage, ob und wie die Verfahrensbeteiligten auch weiterhin miteinander gute Geschäftsbeziehungen unterhalten können. Am Ende einer erfolgreichen Mediation steht in der Regel eine vertraglich festgelegte Vereinbarung, die die Beteiligten selbst ausgehandelt haben. Der Mediator hat keine Entscheidungsgewalt. Vorteil der Wirtschaftsmediation: Sie ist vertraulich, die Öffentlichkeit ist ausgeschlossen. Die Kosten sind überschaubar. Der Mediator wird meist nach einem verhandelbaren Stundensatz bezahlt. Da die Beteiligten die Vereinbarung selbst ausgehandelt haben, ist der Konflikt fast immer wirklich gelöst. Die Einsatzfelder der Mediation sind nahezu unbeschränkt – aber manchmal hilft eben doch noch der Gang zum Gericht. 21 DONNERSTAG, 30. JUNI 2016 GELD & GESCHÄFT GELD & GESCHÄFT Kungeleien, die teuer werden Auch gegenüber mittelständischen Unternehmen kennt das Bundeskartellamt kein Pardon – Gezielte Mitarbeiterschulungen helfen Selbst kleine Firmen greifen zum Mittel der Preisabsprache. Mehr Fälle durch Kronzeugen und anonyme Hinweisgeber. Kartellstrafen können bis zu zehn Prozent des Umsatzes kosten. VON KATRIN TERPITZ UND VOLKER VOTSMEIER DÜSSELDORF. Viele Mittelständler stehen wirtschaftlich stark unter Druck. Oftverkennen sie, wie gravierend sich vermeintlich harmlose Absprachen mit Wettbewerbern auswirken. Gleichzeitig ist es für sie schwierig, die immer strengeren Regeln des Kartellrechts einzuhalten. Betroffene raten: Sind Ermittlungen im Gang, sollten Firmen umfassend kooperieren. Das wirkt sich strafmildernd aus und kann die Bußgelder drücken oder verhindern. „Um zehn Uhr morgens standen plötzlich zehn Beamte vom Kartellamt und der Kripo in meinem Büro. Es war wie in einem schlechten Film“, erinnert sich der Manager eines mittelständischen Zulieferers an den Tag, seit dem er offiziell als Kartellsünder gilt. Die Beamten filzten die ganze Firma, ein IT-Experte durchsuchte die Server nach verdächtigen Schlüsselwörtern in allen Terminkalendern und Mails. „Gegen fünf Uhr verabschiedeten sich die Ermittler höflich. Ich war geschockt und wie in Trance“, sagt der Manager, der nur unter Wahrung der Anonymität sprechen will. Immerhin, andere Kartellsünder aus dem Mittelstand verweigern zu dem heiklen Thema jeden Kommentar. Um dem häufig „erpresserischen Druck der mächtigen Kunden“ zu begegnen, hätte seine Firma versucht, mit Konkurrenten Informationen über Preise und Ausschrei- bungen auszutauschen, rechtfertigt sich der Manager. Denn die Kunden drückten mit ihrer überragenden Marktmacht brutal und unfair die Preise. „Mit der uns verbleibenden Umsatzrendite kommen wir nur mit Mühe über die Runden.“ Viele Kartellsünden im Mittelstand seien „Kinder der Not“, beobachtet auch Kartellrechtsexperte Martin Klusmann, Partner der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer. Zulieferer würden von marktmächtigen Einkäufern zum Teil regelrecht „ausgequetscht“. Manche sprächen dann Angebote ab. Meist hätten sie noch nicht mal einen greifbaren finanziellen Vorteil davon. Klusmann: „Sie riskieren viel, um am Markt zu überleben.“ Denn die Gefahr, dass ein Kartell auffliegt, ist gerade auch für kleinere und mittelgroße Firmen gewachsen. Spätestens seitdem seit einigen Jahren mitverstrickte Kronzeugen weitgehend ungeschoren bleiben und zudem ein anonymes Hinweisgebersystem eingeführt wurde. Allein 2015 hat das Bundeskartellamt in elf Fällen rund 208 Millionen Euro Bußgelder verhängt. Diese verteilen sich auf insgesamt 45 Unterneh- 2014 wurde rund eine Milliarde Euro an Bußgeld verhängt. Harte Strafen 1117,0 V Bundeskartellamt Vom verhängte Bußgelder 1) v men und 24 Privatpersonen. 2014 wurden gegen 67 Unternehmen und 80 Privatpersonen rund eine Milliarde Euro Bußgelder verhängt – so viel wie nie zuvor. Ob Wurst, Bier, Matratzen, Fertiggaragen, Zucker oder Schienen – alle möglichen Branchen sind betroffen, die sich durch wettbewerbswidrige Absprachen Vorteile sichern wollten. „Auch wirtschaftliche Schwierigkeiten in einer Branche können keine Rechtfertigung dafür sein, dass der Verbraucher mehr für ein Produkt zahlen muss, als er es bei funktionierendem Wettbewerb getan hätte“,sagt Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts. Der Kartellsünder aus der Zulieferindustrie zeigt sich inzwischen reuig. Denn es drohte nicht nur eine Kartellstrafe, die bis zu zehn Prozent des Umsatzes ausmachen kann. Nun wird die Firma zusätzlich von Kunden im In- und Ausland mit Schadenersatzforderungen konfrontiert. Hohe Anwaltskosten und weitere Bußgelder drohen. „Das sind zum Teil deutlich überzogene Forderungen“, beobachtet Kartellexperte Klusmann in ähnlichen Fällen immer wieder. „Doch wer nicht zahlt, bekommt eben unter Umständen keine Aufträge mehr.“ „Ich bezweifele, dass unseren Kunden überhaupt Schaden entstanden ist“, meint der reuige Zulieferer. „Die Konzerne haben durch jahrelang systematisch aufgebautes Wissen über unsere Kostenstrukturen und mithilfe ihrer Marktmacht immer ihre geforderten Preise durchsetzen können.“ Sein dringender Rat an alle Mittelständler: „Risiken und Strafen für ein aufgeflogenes Kartell sind so hoch, dass sie in keinem Verhältnis zum Nutzen stehen. Lasst Abspracheversuche einfach sein!“ Zu unlauteren Absprachen hatten sich auch namhafte deutsche Wursthersteller über viele Jahre im „Atlantic-Kreis“ getroffen, benannt nach der ersten Zusammenkunft im Hamburger Nobelhotel „Atlantic“. Dort und durch telefonische Rundrufe hätten mehr als 20 Wursthersteller Preisspannen etwa für Brühwurst und Schinken abgestimmt, so trafen sich namhafte deutsche Wursthersteller zu Preisabsprachen Foto: dpa die Ermittlungen des Kartellamts. In der Milliarden-Branche existierte laut Kartellamt „ein tradiertes Grundverständnis“, sich regelmäßig über Forderungen von höheren Preisen auszutauschen. „Vielen Kartellsündern im Mittelstand sind die Folgen vermeintlich harmloser Gespräche mit Wettbewerbern gar nicht bewusst“, beobachtet Klusmann. Bei Mitarbeitern etlicher betroffener Firmen habe es schlicht an Unrechtsbewusstsein gefehlt. Jeglicher wettbewerbsrelevante Informationsaustausch mit Wettbewerbern sei verboten und werde genauso geahndet wie direkte Preisabsprachen, betont der Jurist. „Wer einen Vertriebler der Konkurrenz zufällig an der Hotelbar trifft und ein Bierchen mit ihm trinkt, bringt sich und das Unternehmen in Gefahr.“ Und auch auf Verbandstagungen kann es schnell rechtlich heikel werden. Etliche Branchenverbände spielten hier eine unrühmliche Rolle – sie wurden vom Kartellamt ebenfalls geahndet wie etwa der Verband Deutscher Mühlen oder der Brauereiverband NRW. Auch Mitarbeitern, die in Kartelle verstrickt sind, drohen neben persönlichen Bußgeldern hohe zivilrechtliche Forderungen nach Schadenersatz. Denn Vorstand und Aufsichtsrat können zum Wohl des Unternehmens verpflichtet sein, Schäden bei Verantwortlichen geltend zu machen, so Klusmann. Die Haftpflichtversicherung eines Managers zahlt oft nicht, weil Wettbewerbsabsprachen zumeist als Vorsatztaten gelten. In den USA drohten Managern zudem für Kartellrechtsverstöße bis zu zehn Jahre Haft – auch wenn die Tat in einem anderen Land begangen wurde, aber auf den US-Markt ausstrahlt, betont der Anwalt. Sobald die Kartellbehörden einmal ermitteln, ist es für Firmen vorteilhaft, umfassend zu kooperieren. Das wirkt sich strafmildernd aus und kann die Bußgelder drücken oder verhindern. Nicht alle Unternehmen lassen Kartellvorwürfe auf sich sitzen. 2010 etwa hatte die EUKommission gegen 17 europäische Sanitärausstatter Geldstrafen von insgesamt 622 Millionen Euro verhängt, unter anderem den Keramikhersteller Villeroy & Boch. Er soll 71,5 Millionen Euro zahlen – was et- wa zehn Prozent des Umsatzes entspricht. Der Vorwurf: Zwölf Jahre hätten die Firmen Preise für Badeinrichtung wie Spülkästen, Badewannen und Armaturen abgesprochen und künstlich hochgehalten. „Auch wir haben Revision beim EuGH im sogenannten Badezimmerkartell eingelegt“, so eine Sprecherin von Villeroy & Boch. Mit einer Entscheidung wird im Laufe des Jahres gerechnet. „Erstmals wurde im Badezimmerfall ein Kartell konstruiert zwischen Herstellern ganz verschiedener Produktgruppen vom Waschbecken bis zur Duschkabine, die zum Teil auch noch in ganz unterschiedlichen Ländern der EU aktiv waren“, meint Anwalt Klusmann, der Villeroy & Boch in dem Fall vor dem EuGH vertritt, und hält die Vorwürfe deshalb für größtenteils unschlüssig. Dennoch hat der Traditionshersteller aus Mettlach mit umfassenden Schulungen der Mitarbeiter reagiert: „Denn schon ein vermuteter Kartellverstoß kann ein Unternehmen wie das unsere empfindlich treffen. Es bindet erheblich finanzielle und personelle Mittel, bedeutet langwierige Gerichtsver- fahren und kann unseren guten Ruf schädigen.“ Bittere Erfahrungen mit dem deutschen Kartellamt machte der Hersteller der Schokolade Ritter Sport. Aus heiterem Himmel filzten die Ermittler 2008 die Firmenzentrale im schwäbischen Städtchen Waldenbuch. Sie verdächtigten die Firma Alfred Ritter, zusammen mit den Wettbewerbern Nestlé, Mars und Haribo „Wir sind überzeugt, nichts Unrechtes getan zu haben.“ Thomas Seeger, Leiter Recht bei Alfred Ritter Preise abgesprochen zu haben. Anfang 2013 zahlte der Schokoladenhersteller schließlich 7,5 Millionen Euro, um das Kapitel zu schließen. Doch schmerzhafter als das Bußgeld waren für Ritter die Erfahrungen mit dem Kartellamt. „Wir sind bis heute fest davon überzeugt, nichts Unrechtes getan und niemanden geschädigt zu haben“, sagt Thomas Seeger, Leiter Recht bei Alfred Ritter. „Allerdings war die Belastung für unsere Marke und die Verunsicherung bei unseren Mitarbeitern so groß, dass wir schließlich gezahlt haben.“ Man merkt Seeger noch immer an, wie tief der Frust über das Vorgehen des Bundeskartellamts sitzt. Viereinhalb Jahre lang habe die Behörde Druck gemacht und darauf gedrängt, dass Ritter ein Settlement akzeptiert und zahlt. Ritter sei in der gesamten Zeit nicht gehört worden, man habe nicht einmal die Akten einsehen dürfen. Das Kartellamt betont, Ritter die wesentlichen Beweismittel übersandt zu haben. Völlige Akteneinsicht sei in laufenden Ermittlungen oft nicht möglich. Für mittelständische und familiengeführte Unternehmen ist es oft Dieser Text und das Interview stammen aus dem Handelsblatt. Sie möchten mehr über die Wirtschaft wissen? Sichern Sie sich als unser Abonnent den Handelsblatt Digitalpass zum Vorzugspreis von mtl. 9,99 statt 30,99 Euro auf www.noz.de/handelsblatt. „Die Kronzeugenregelung hat unsere Arbeitt deutlich vereinfacht“ Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts: Das Kartellrecht begrenzt die Handlungsfreih iheit marktmächtiger Unternehmen Angaben in Mio. Euro A VON KATRIN TERPITZ UND VOLKER VOTSMEIER 717,0 BONN. Allein 2015 hat das Bundes- kartellamt unter seinem Präsidenten Andreas Mundt gegen 45 Unternehmen und 24 Privatpersonen, darunter viele Mittelständler, Geldstrafen verhängt: insgesamt rund 208 Millionen Euro. 434,8 313,7 297,5 316,0 266,7 240,0 189,8 163,9 21,3 Foyer des Hotels Atlantic. In diesem Hamburger Nobelhotel schwierig, die immer strengeren Regeln des Kartellrechts einzuhalten. Im Gegensatz zu Konzernen fehlen ihnen die Strukturen. Häufig haben sie keine eigenen Compliance-Beauftragten, wie die Regel-Wächter heute neudeutsch bezeichnet werden. Villeroy & Boch hat aus den Kartellvorwürfen Konsequenzen gezogen. „Wir haben eine konzernweite Compliance-Organisation aufgebaut, die die Gesetzmäßigkeit unseres Handelns kontrolliert und unsere Mitarbeiter schult“, heißt es. An Verbandstagungen etwa dürfen nur Mitarbeiter teilnehmen, die kartellrechtlich geschult sind. Unter anderem müssen sie ein 90-minütiges Online-Training durchlaufen, bei dem das Wissen am Ende abgeprüft wird. Dort werden in anschaulichen Beispielen Alltagssituationen durchgespielt – vom Besuch einer Tagung bis zum zufälligen Treffen mit einem Konkurrenten. „In Schulungen raten wir, Wettbewerbern systematisch aus dem Weg zu gehen“, betont Anwalt Klusmann. Wenn sich Treffen nicht vermeiden ließen – etwa auf einer Branchentagung –, sollten sich Mitarbeiter vorab von Juristen beraten oder begleiten lassen. Klusmann: „Sobald ein heikles Thema zur Sprache kommt, müssen Mitarbeiter offiziell protestieren, dies gegebenenfalls ins Protokoll aufnehmen lassen – und sofort den Raum verlassen.“ Für Ritter-Jurist Seeger führt das zu teilweise absurden Situationen. Auf Messen wie der Anuga hätten die Geschäftsführer an der Bar jeweils einen Anwalt hinter sich stehen. „Das ist kein normaler Umgang mehr“, meint er. Aber wohl immer noch besser, als in Verdacht unlauterer Absprachen zu geraten. 58,0 4,5 4,5 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 1) Gesamtsumme der addierten Einzelbußgelder Quelle: Bundeskartellamt · Foto: imago/H. J. Knippertz · Grafik: Matthias Michel Herr Mundt, viele Mittelständler klagen, sie müssten quasi die Straßenseite wechseln, wenn sie auf einen Wettbewerber treffen – um nur nicht in den Verdacht von Absprachen zu geraten. Dürfen Unternehmen einer Branche überhaupt noch miteinander sprechen? Natürlich dürfen und sollen sie das. Jeder gute Kaufmann kennt die Grenze zwischen dem sinnvollen Austausch und verbotenen Absprachen. Das Kartellamt hat es keineswegs besonders auf den Mittelstand abgesehen. Das ist eine Verzerrung der Wirklichkeit. Richtig ist: Wir verfolgen in den vergangenen Jahren Kartelle insgesamt intensiver, und damit trifft es zwangsläufig in einer mittelständisch geprägten Volkswirtschaft auch den einen oder anderen Mittelständler. Vor allem waren aber auch viele große Unternehmen betroffen. Denken Sie an das Zuckerkartell oder die Absprachen der Schienenhersteller. Fällt es dem Kartellamt heute leichter, Kartelle aufzuspüren? Andreas Mundt Foto: dpa Durchaus. Die erste richtige Kronzeugenregelung im Jahr 2006 hat unsere Arbeit deutlich vereinfacht. Wir haben seitdem einige Verbesserungen eingeführt, zuletzt etwa ein anonymes Hinweisgebersystem. Mittelständler sind oft Zulieferer für große Konzerne oder Handelsunternehmen, die einen großen Preisdruck ausüben. Muss das Kartellamt den Mittelstand vor dieser Marktmacht schützen? Marktmacht zu begrenzen und gegen den Missbrauch anzugehen ist neben der Kartellverfolgung der Inbegriff von wettbewerbsbehördlicher Arbeit. In jedem Fusionskontrollverfahren gehen wir dieser Frage nach. Missbrauchsverfahren wie gegen Facebook, die Deutsche Bahn, die Deutsche Post oder Edeka werden genau deshalb geführt. Das Kartellrecht setzt der Handlungsfreiheit marktmächtiger Unternehmen Grenzen im Sinne vieler Mittelständler. Die Bußgelder sind die eine Sache, oft folgen noch höhere Schadenersatzforderungen von Kartellgeschädigten. Ist das nicht eine Doppelbestrafung? Es ist doch nur gerechtfertigt, dass die Geschädigten Schadenersatz verlangen können. Ich vergleiche das mit einem Dieb, der ja für seine Tat büßen muss. Trotzdem will das Opfer seinen Schaden zu Recht ersetzt bekommen. Wer wollte das hinterfragen? Welche Rolle spielen die Branchenverbände bei Preisabsprachen? Verbände erfüllen eine sehr wichtige und zentrale Rolle in unserer Wirtschaft. Es gab allerdings einzelne Kartelle, die nachweislich unter den Deckmantel von Branchentreffs bei einem Verband organisiert wurden, etwa beim Süßwaren- oder auch beim Bierkartell. Mit normaler Verbandsarbeit hat das nichts zu tun, und das wissen die Beteiligten auch. Zum Teil büßen Kartellanten mit zweistelligen Millionenbeträgen. Warum sind die Beträge so hoch? Die Abschreckung spielt sicherlich eine Rolle. Wir sind aber keine Fiskalbehörde, die möglichst viel abkassieren will. Uns geht es darum, dass die Märkte gut funktionieren. Die Höhe der Bußgelder hängt zudem sehr stark von dem kartellbefangenen Umsatz so- wie der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Unternehmen ab. So ist in Verfahren für ein und dieselbe Absprache ein dreistelliger Millionenbetrag gegen einen Konzern und ein niedriger sechsstelliger Bußgeldbetrag gegen einen Mittelständler verhängt worden. Mittelständlern fehlen oft Mittel für professionelles Compliance. Informationen sind gut zugänglich. Neben uns informieren auch die IHK und Branchenverbände darüber, was erlaubt ist und was nicht. Und im Zweifel sind wir im Vorfeld im Rahmen des Leistbaren für eine Beratung ansprechbar. An Preisabsprachen bei Dekorpapieren in 2008 war unter anderem die Osnabrücker Felix Schoeller Holding beteiligt. Foto: Michael Gründel Wo die Kartellwächter in der Region zugeschlagen haben Millionenstrafen für Absprachen bei Preisen, Kalkulationen, Kapazitäten und Quoten VON CHRISTOPH LÜTZENKIRCHEN OSNABRÜCK. Bier, Wurst, Span- platten, sogar Feuerwehrautos: Die Bandbreite unerlaubter Preisabsprachen, in die Unternehmen aus der Region verstrickt waren, ist groß. Tochtergesellschaften großer Konzerne sind dem Kartellamt ins Netz gegangen, aber auch typische Mittelständler. Felix Schoeller Holding, Osnabrück (Spezialpapier): Im Februar 2008 verhängte das Bundeskartellamt 62 Millionen Euro Geldbuße gegen drei Hersteller von Dekorpapieren, darunter die Osnabrücker Felix Schoeller Holding. Den Unternehmen wurden Preis- und Kapazitätsstilllegungsabsprachen vorgeworfen. Elmer, Warendorf (Sanitärgroßhandel): Der Sanitärgroßhändler Elmer aus Warendorf zählte zu den neun Unternehmen, die im März 2016 zu einer Strafe von rund 21,3 Millionen Euro verurteilt wurden. Der Vorwurf der Kartellwächter: Die Kalkulation der Bruttopreislisten und Verkaufspreise war abgestimmt. Schlingmann, Dissen (Feuerwehrlöschfahrzeuge): Verbotene Preis- und Quotenabsprachen für Feuerwehrlöschfahrzeuge warf das Bundeskartellamt im Februar 2011 dem Dissener Hersteller Schlingmann vor. Zusammen mit zwei anderen Unternehmen der Branche musste Schlingmann 20,5 Millionen Euro Bußgeld zahlen. Hansen & Rosenthal, Salzbergen (Raffinerie): Ein Kartell um den Handel mit Paraffinwachs im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) belegte die Europäische Kommission im Oktober 2008 mit einer Geldbuße in Höhe von 676 Millionen Euro. An den Preisabsprachen hatte sich unter anderem H&R beteiligt, das eine Raffinerie in Salzbergen betreibt. H. Kemper, Nortrup (Fleisch); Heinrich Nölke, Versmold Gleich zwei Bußgelder musste die Osnabrücker KME-Gruppe zahlen. (Fleisch); H. & E. Reinert Holding, Versmold (Fleisch); Sickendiek Fleischwarenfabrik, Neuenkirchen-Vörden; Westfälische Fleischwarenfabrik Stockmeyer (Heristo AG), Bad Rothenfelde; Franz Wiltmann, Versmold (Fleisch): Weite Kreise zog ein Urteil des Bundeskartellamts gegen 21 Wursthersteller im Jahr 2014. Die Unternehmen hatten sich über Preiserhöhungen verständigt. Betroffen waren unter anderem die Wursthersteller Franz Wiltmann, H. & E. Reinert und Heinrich Nölke aus Versmold, H. Kemper aus Notrup, Sickendiek aus Neuenkirchen-Vörden sowie die Westfälische Fleischwarenfabrik Stockmeyer; sie gehört zur Heristo AG aus Bad Rothenfelde. Glunz AG, Meppen (Spanplatten): Insgesamt 42 Millionen Euro Bußgeld mussten im September 2011 vier Hersteller von Spanplatten, OSB-Platten und anderen Holzwerkstoffprodukten zahlen. An verbotenen Preisabsprachen war unter anderem die Meppener Glunz AG beteiligt. KME, Osnabrück (Kupfer): An einem Kartell um Kupfer-Industrieröhren hatte sich die Kupfer-Industrieröhren KM Europa Metal aus Osnabrück beteiligt. Ende 2003 wurde das Unternehmen von der EU-Kommission zu einer Geldbuße in Höhe von 39,8 Millionen Euro verurteilt. Die Meppener Glunz AG produziert Holzwerkstoffe. Foto: dpa Foto: Philipp Hülsmann Im September 2004 erging ein weiteres Urteil wegen eines Kartells bei Kupfer-Installationsrohren gegen die KME-Gruppe. Die Geldbuße wurde auf 67,08 Millionen Euro erhöht. Die betroffenen Unternehmen zogen vor den Gerichtshof der Europäischen Union, der das Bußgeld im Dezember 2011 bestätigte. Privat-Brauerei Ernst Barre, Lübbecke; Radeberger Gruppe (Oetker), Bielefeld (Bier); Edeka Minden-Hannover, Minden (Handel): Bußgelder wegen Preisabsprachen rund um das Bier verhängte das Bundeskartellamt gegen die Privat-Brauerei Ernst Barre aus Lübbecke, die zum Bielefelder Oetker-Konzern gehörige Radeberger Gruppe und gegen Edeka Minden-Hannover. Zusammen mit vier anderen Brauereien muss Barre laut einer Entscheidung vom Januar 2014 insgesamt rund 106 Millionen Euro zahlen. Im April desselben Jahres wurde die Radeberger Gruppe zusammen mit sechs weiteren Beklagten zur Zahlung von gut 231 Millionen Euro verurteilt. Um Preisabsprachen beim Vertrieb von Bierprodukten der Brauerei Anheuser Busch über den Lebensmitteleinzelhandel ging es in einer Entscheidung des Kartellamts im Mai 2016. Demnach muss die Edeka Handelsgesellschaft Minden-Hannover zusammen mit acht weiteren Unternehmen 94 Millionen Euro Bußgeld zahlen. Preisabsprachen bei Wurst: Kemper in Nortrup. Foto: dpa 22 DONNERSTAG, 30. JUNI 2016 GELD & GESCHÄFT Volle Bücher nach dem Übergangsjahr 2G Energy aus dem Münsterland profitiert vom Autarkie-Trend auf dem Energiemarkt VON STEFAN WOLFF HEEK. Den großen Energiekon- zernen ist der Trend ein Graus. Immer mehr Verbraucher erzeugen ihren eigenen Strom. Auch Unternehmen versorgen sich zunehmend selbst. Davon profitiert auch die 2G Energy AG aus Heek im westlichen Münsterland. Das Prinzip ist uralt und basiert auf der Dampfmaschine. Gas treibt einen Motor an, und der erzeugt Wärme und Strom. Kraft-WärmeKopplung (KWK) heißt dieses Prinzip, das sich zunehmender Beliebtheit erfreut. Aktuell wird über 16 Prozent des in Deutschland hergestellten Stroms per KWK gewonnen, Tendenz steigend. Denn der Gesetzgeber fördert KWK. Erst im Dezember vergangenen Jahres hat der Bundestag ein neues KWK-Gesetz verabschiedet. Der Preisnachlass bei selbst verbrauchtem Strom ist zwar gedrosselt worden, doch dafür steigen die Zuschläge für eingespeisten Strom. Generell soll KWK weiter gefördert werden. „Die KWK-Novelle bedeu- tet für uns Planungssicherheit“, heißt es im Geschäftsbericht der 2G Energy AG. In diesem wird das Jahr 2015 wegen der bestehenden Unsicherheiten als „Übergangsjahr“ bezeichnet. Dennoch konnten die selbst gesteckten Ziele erreicht werden. Der Umsatz sank auf 152,9 Millionen Euro (Vorjahr: 186,6 Millionen Euro). Der Gewinn lag ebenfalls mit 2,6 Millionen Euro deutlich unter dem Vorjahreswert (6,9 Millionen Euro). Der Konzern begründet diesen Rückgang mit „Vorzieheffekten“ vor der Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Sommer 2014. Entsprechend mild fiel auch das Urteil der Analysten aus, die zumeist ihre Kaufempfehlung für die Aktien nach Vorlage der Zahlen beibehielten. Ein Grund dafür ist der hohe Auftragsbestand. „Der Anteil noch nicht angearbeiteter Aufträge betrug 52 Millionen Euro“, heißt es. Im Jahr 2007 erfolgte der Börsengang der 2G Energy AG. Seitdem werden die Papiere im Entry Standard der Frankfurter Börse gehandelt. Der Entry Standard ist ein wenig reguliertes Marktsegment. Börse 2G Energy produziert Anlagen mit einer elektrischen Leistung zwischen 20 und 4000 kW für den Betrieb mit Erdgas, Biogas und anderen Schwachgasen sowie Biomethan. Foto: 2G Energy Die Transparenzanforderungen an die Unternehmen fallen deutlich geringer aus als im hoch regulierten Prime Standard. Insgesamt hat das Unternehmen 4,3 Millionen Aktien herausgegeben. 44 Prozent davon sind frei handelbar, also in Streubesitz. Im laufenden Jahr haben die Aktien 17 Prozent an Wert verloren. Sie kosten knapp unter 18 Euro. Die Unternehmensgeschichte ist relativ kurz. 1995 gründeten Christian Grotholt und Ludger Gausling die 2G Energietechnik GmbH in Heek. Die Namensgebung „2G“ wird abgeleitet aus den Anfangsbuchstaben der Familiennamen der beiden Gründer. Anfangs konzent- SICHERN SIE SICH IHRE FACHKRÄFTE Profitieren auch Sie von dem NOZ-Portal jobs.noz.de! 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Eine mit Erdgas betriebene Anlage versorgt Ver- waltung, Flutlicht und Rasenheizung des Fußball-Zweitligisten. Eine sehr viel größere Anlage steht in der Kombacher Brauerei. Sie liefert 2000 kW Strom und fast ebenso viel Wärme. Krombacher schafft es so, durch Eigenversorgung den zugekauften Strom um 25 Prozent zu reduzieren. Der Export wird für 2G immer wichtiger. Im Jahr 2012 eröffnete die Firma eine Produktionsstätte in den USA. Im vergangenen Jahr lag der Anteil des Auslandsgeschäfts bei 30 Prozent. Mittelfristig soll die Hälfte aller Geschäfte außerhalb Deutschlands abgewickelt werden. Insgesamt arbeiten 566 Menschen für das Unternehmen. l regiona Blockheizkraftwerke liefern einen Beitrag zur Energiewende. Sie sparen zwar keine Energie, doch das Gas, das eingesetzt wird, wird mit einer höheren Effizienz verbrannt. Ein Kohleoder Atomkraftwerk verliert etwa 60 Prozent der eingesetzten Energie, wenn es Strom erzeugt. Der sogenannte Wirkungsgrad liegt damit bei erschreckend niedrigen 40 Prozent. Eine KWK-Anlage kann, wenn sie richtig dimensioniert ist, gut läuft und gut betrieben wird, bis zu 95 Prozent Wirkungsgrad haben. Das heißt, es gehen nur fünf Prozent der eingesetzten Energie verloren. Envitec punktet mit Flexibilität Biogasunternehmen legt zu – OLB leidet unter Niedrigzinsen VON LOTHAR HAUSFELD LOHNE/OLDENBURG. Obwohl die Biogasbranche derzeit unter Druck steht, hat das niedersächsische Unternehmen Envitec mit seiner Flexibilitätsstrategie im vergangenen Geschäftsjahr bei Umsatz und Gewinn kräftig zugelegt. Die Oldenburgische Landesbank (OLB) leidet dagegen unter den dauerhaft niedrigen Zinsen sowie größeren regulatorischen Anforderungen als Kostentreiber. Die Zeiten, in denen die Biogasbranche über jährliche Zubauraten von bis zu 800 Megawatt pro Jahr jubeln konnte, sind lange vorbei. Heutzutage freut man sich über eine Anhebung des ZubauKorridors auf zunächst 150, später dann 200 Megawatt. Wie andere Unternehmen auch hat sich die Envitec Biogas AG auf die sogenannte Flexibilitätsprämie spezialisiert, die Betreibern von bestehenden Biogasanlagen die Möglichkeit einräumt, ihre Blockheizkraftwerksleistung zu steigern und die Erzeugung von grünem Strom am Bedarf auszurichten. Diese Flexibilität zahlt sich am Markt aus: 2015 hat Envitec auf Konzernebene den Umsatz um 22,4 Prozent auf 174,9 Millionen Euro gesteigert. Der operative Gewinn vor Abzug von Abschreibungen stieg von 19,8 auf 21,0 Millionen Euro. Nach Steuern wurde in 2015 ein Konzernjahresüberschuss in Höhe von 1,4 Millionen Euro erzielt. Analysten honorieren in einem schweren Marktumfeld, dass das Unternehmen insbesondere im Bereich des Anlagenbaus deutlich zulegen will. Die angestrebte leichte Umsatzsteigerung sowie eine Verbesserung des operativen Ergebnisses hängen allerdings stark Kursverlauf Envitec Biogas AG Angaben in Euro 8,6 8,2 7,8 7,4 7,0 6,6 6,2 5,8 April Mai Juni Kursverlauf Oldenburgische Landesbank AG Angaben in Euro 15,0 14,6 14,2 13,8 13,0 12,6 12,2 April an den Entwicklungen der Exportmärkte, insbesondere Großbritannien, ab. An der Börse legt das Papier seit Jahresbeginn stolze 39 Prozent zu. Die Oldenburgische Landesbank spürt dagegen Gegenwind: Höhere Kosten durch verschärfte Regularien bei gleichzeitig sinkenden Erträgen lassen den Börsenkurs fallen. Annähernd 20 Prozent hat das Papier in den letzten drei Monaten nachgegeben. Der Jahresauftakt mit einer weiter verschärften Geldpolitik der Europäischen Zentralbank hat den Druck auf die OLB nochmals er- Mai Juni höht: Einen wesentlichen BeitragB zum Ertrag liefert traditionell der Zinsüberschuss – dieser gerät immer mehr in Gefahr. Die Bank will sich noch mehr auf das Thema Beratung fokussieren und den Kunden die Auswirkungen der niedrigen Zinsen in vielfältiger Hinsicht darstellen – von der Baufinanzierung bis hin zur Altersvorsorge. „Schlanker werden und wachsen“ will das Unternehmen nach eigener Darstellung. Trotz eines soliden ersten Quartals schlagen sich die Anstrengungen noch nicht an der Börse nieder. 23 DONNERSTAG, 30. JUNI 2016 GELD & GESCHÄFT Der Charme des Schwarms Alternative Finanzierungsinstrumente: Immer mehr Mittelständler nutzen Geld aus den neuen „Crowds“ privater Anleger VON ANJA STEINBUCH hen, also Fremdkapital bereitstellen – wie beim VfL Osnabrück, der eine Mischform aus Crowdinvesting und Crowdlending wählte, bei der die Investoren keine Unternehmensanteile, sondern Zinsen erhalten. Sebastian Rüther von der VfLGeschäftsführung: „Für uns ist das ein perfektes Finanzierungsinstrument.“ Was im Fußball funktioniert, wird auch von mittelständischen Familienunternehmen in der freien Wirtschaft als Finanzierungsmethode eingesetzt – zum Beispiel für Immobilienprojekte. Ein Beispiel: Das Lüneburger Familienunternehmen Garbers Partner baut seit 45 Jahren Wohnungen. Finanziert hat die Firma ihre Projekte früher ausschließlich aus Eigenmitteln und mit Bankkrediten. Vor zwei Jahren hat Geschäftsführer Klaus Thiele sich erstmals Mezzanine-Kapital von einem Investoren-Schwarm besorgt. Zwei Dutzend private Anleger stellten ihm 1,8 Millionen Euro für ein Wohnprojekt in Hamburg („Bario E“, 51 Wohn- und zwei Gewerbeeinheiten) zur Verfügung. Die Eigenkapital ähnlichen Mittel verschafften Thiele Handlungsfreiheit: „Ich hätte die Summe zwar auch ohne die Anleger zusammenbekommen, dafür aber meine Liquidität fast komplett aufgeben müssen.“ Eingesammelt hat das Geld für den Mittelständler Exporo.de. Die auf Immobilienfinanzierung spezialisierte Plattform ist mit 19 Millionen Euro Crowd-Kapital für 19 Projekte in drei Jahren die Nummer eins in diesem Segment. Geschäftsführer Julian Oertzen: „Mittelständler erwarten von uns eine hohe Prüfungskompetenz und dass wir für ihr Projekt auch tatsächlich ausreichend viele Anleger gewinnen.“ Das könne man garantieren. Billig war das Kapital für Thiele nicht: Sechs bis acht Prozent Zinsen hat er den Anlegern für ihr eingesetztes Geld gezahlt. Vor wenigen Wochen hat er für eine geplante Wohnanlage in der Winsener Bahnhofstraße, die Mitte 2018 bezugsfertig sein soll, OSNABRÜCK/LÜNEBURG. Der Schwarm ist im Kommen. Spezialisten für die sogenannte Crowdfinanzierung sammeln Kapital bei privaten Geldgebern. Zunehmend nutzen auch Mittelständler dieses Instrument für ihr Geschäft. Der Preis ist Transparenz. Der Schwarm will wissen, wofür er Geld gibt. Die Geschäftsführung des VfL Osnabrück macht es vor: Liquiditätsengpässe können mit einer Finanzierung durch Anleger-Schwarm gelöst werden. Bereits für die Saison 2014/2015 sammelte der Fußball-Drittligist mehr als 500 000 Euro in Form vom Mini-Darlehen ab zehn Euro von Fans ein. Zinsversprechen: drei Prozent per anno. Den rettenden Geld-Puffer brauchte der Fußball-Club für die Lizenz des DFB. Zweimal bereits hat Geschäftsführer Jürgen Wehlend die VfL-Investoren seither gebeten, ihre Darlehen zu verlängern. Mit Erfolg: 90 Prozent der 1150 spendablen Unterstützer unterstützen die Lila-Weißen auch weiterhin. „Crowdinvesting“, „Crowdfunding“ und „Crowdlending“ werden fälschlicherweise oft als Synonyme verwendet. Doch die drei Formen der Schwarmfinanzierung unterscheiden sich: Beim Crowdinvesting stecken die Anleger Geld in ein Start-up, ein Projekt oder ein etabliertes Unternehmen und werden im Gegenzug zu Anteilseignern – allerdings ohne Stimmrecht. Entweder profitieren die Investoren von Gewinnen, oder ihr Geld wird als Nachrang-Darlehen verliehen, für das sie Zinsen bekommen. Beim Crowdfunding erhalten die Geldgeber keine Anteile, sondern nur eine symbolische Gegenleistung, eine CD von der Musikgruppe, die sie unterstützt haben, ein T-Shirt, ein Poster oder freien Eintritt ins Kino für den Film, der mit ihrem Kapital produziert wurde. Von Crowdlending spricht man, wenn Anleger klassisch Geld verlei- Was mit Crowdinvesting finanziert wird Investitionen nach Anlageklassen im Jahr 2015 (Angaben in Mio. Euro) 0,5 Filme 6,7 Grüne Projekte Start-ups 17,0 13,1 Immobilien Wie viel Geld Gründer eingesammelt haben Finanzierungsvolumen von Start-ups durch Crowdinvesting (Angaben in Mio. Euro) 17,0 15,0 14,7 6,3 4,2 3,1 3,1 4,3 0,5 2011 2012 2013 2014 I 2015 II 2015 III 2015 IV 2015 2015 Quelle: Für-Gründer.de · Grafik: Matthias Michel 1150 Menschen zählen zu dem Schwarm, der dem VfLOsnabrück 500 000 Euro geliehen hat.Die brauchte VfL-Geschäftsführer Jürgen Wehlend für die Lizenz des DFB. erneut Geld von Privatanlegern erhalten: Rund ein Dutzend Investoren haben ihm 500 000 Euro zur Verfügung gestellt. Der Vorteil: Thiele kann parallel mehrere Projekte finanzieren. Exporo.de bietet Unternehmen wie Garbers Partner neben der Kapitalbeschaffung auch die Übernahme der gesamten Kommunikation mit den Kleinanlegern. Der Mittelständler kann sich ganz auf sein eigentliches Geschäft konzentrieren. Thiele: „Das ist ein riesiger Pluspunkt.“ Oertzen weist darauf hin, dass Crowdfinanzierung nur für Mittelständler sinnvoll ist, die bereit sind, Details ihres Projekts transparent zu machen: „Der Schwarm will wissen, wofür er Geld gibt. Dadurch ist die Crowd aber auch ein guter Indikator, weil ihre Reaktion zeigt, ob das Vorhaben Erfolg versprechend ist.“ Diesen Vorteil sieht auch Gründungs- und Finanzierungsexpertin Karen Frauendorf von der IHK Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim. „Wir informieren regelmäßig über das Potenzial, das für den Mittelstand in der Crowd steckt. Konkrete Crowdinvesting-Projekte sind jedoch bisher noch Ausnahmen.“ Die Gründe für Crowdfinanzierungen sind unterschiedlich: Einige leihen sich von einem Schwarm kleiner Anleger Geld, weil sie eine größere Lieferantenrechnung mit Skontoabzug bezahlen möchten, andere, weil sie nicht vor ihrer Bank alle Ideen offenlegen wollen, und wieder andere, weil sie sich von der Mundpropaganda einer Investoren-Community im Internet Werbeeffekte erhoffen. Dafür stehen diverse Plattformen zur Verfügung: Companisto und Seedmatch sind die bekanntesten deutschen Vermittler von Crowdinvesting. Außerdem gibt es spezialisierte Plattformen. Dazu gehören Bankless 24, ein auf den Mittelstand fokussiertes Portal, CorwdEner.gy.de für Erneuerbare-Energien-Projekte sowie Exporo.de, Mezzany.de und Zinsland.de, die ausschließlich auf Immobilienfinanzierungen ausgerichtet sind. Kurz notiert Durchgewunken: Der Antrag des Landes Niedersachsen für eine steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) hat den Bundesrat passiert. Damit wird sich nun der Bundestag mit dem niedersächsischen Modell befassen, demzufolge KMU künftig zehn Prozent der Personalaufwendungen im Bereich Forschung und Entwicklung direkt mit der Steuer verrechnen können. Marktposition ausgebaut: Der Landmaschinenhersteller Claas mit Sitz in Harsewinkel baut mit einem neuartigen Vertrag seine Stellung auf dem russischen Markt aus. Als erste ausländische Firma unterzeichnete das Unternehmen den sogenannten Sonderinvestitionsvertrag, der Claas weitgehend gleiche Rechte wie russischen Konkurrenten einräumt. Kroaten lernen in Betrieben: 18 junge Männer aus dem kroatischen Vukovar beginnen in Osnabrück ab August eine Ausbildung als Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik sowie als Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik. Das Projekt von Handwerkskammer und serbisch-orthodoxer Gemeinde Osnabrück bekämpft den Fachkräftemangel in Osnabrücker Betrieben und die hohe Jugendarbeitslosigkeit in Kroatien. Ehrenamtlich: Zehn regionale Unternehmer und Führungskräfte wurden vom Niedersächsischen Finanzgericht zu ehrenamtlichen Finanzrichtern gewählt. Aus der Region wurden gewählt: Kerstin Feldkamp (Osnabrück), Gerd Helming (Meppen), Marion Heyers (Sögel), Beate Jakobs (Osnabrück), Heike Kestel (Haselünne), Ira Klusmann (Osnabrück), Peter Koch (Osnabrück), Guido Maßmann (Belm), Helga Mestemacher (Bad Essen) und Karl Schlichter (Fresenburg). Stiftung: Die Papenburger Meyer Werft will ihren langfristigen Fortbestand als Familienunternehmen künftig durch deutsche Familienstiftungen regeln. Die Stiftungen sollen die Eigentümerstruktur und Nachfolge sichern. Parallel übergibt Werftchef Bernard Meyer den Staffelstab weiter Stück für Stück an seine drei Söhne. Magere Bilanz: Die Versuche von Behörden, IHK und Unternehmen, junge Flüchtlinge in Ausbildung zu bringen, fruchten kaum: Nur zwölf Flüchtlinge haben in den ersten vier Monaten des Jahres bei Firmen im Bezirk der IHK Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim Ausbildungsverträge abgeschlossen. Zugekauft: Die vom Osnabrücker Jürgen Abromeit geführte Beteiligungsgesellschaft Indus Holding AG hat das H. Heitz Furnierkantenwerk aus Melle gekauft. Die Transaktion muss laut Holding aber noch vom Kartellamt genehmigt werden. Das Furnierkantenwerk Heitz beliefert primär den internationalen Markt. Zu den Kunden gehört auch das schwedische Möbelhaus Ikea. Wachstumskurs: Trotz eines Jahresfehlbetrages nach Steuern in 2015 sieht der Unternehmer Hans-Christian Sanders den Bramscher Bettwarenhersteller auf Wachstumskurs. Nach einer Umsatzsteigerung im vergangenen Jahr erwartet die Sanders-Gruppe auch für 2016 einen deutlichen Zuwachs, und zwar auf 58 Millionen Euro. Abgeschlossen: Der Verkauf der Osnabrücker Hamm Reno Group (HR Group), Muttergesellschaft der Schuhhandelskette Reno, ist nach Genehmigung durch die Kartellämter in Deutschland und Österreich abgeschlossen. Neuer Mehrheitsgesellschafter mit 45 Prozent ist jetzt der Finanzinvestor Capiton aus Berlin. Foto: Helmut Kemme 25. August vormerken Die nächste „Die Wirtschaft“ erscheint am Donnerstag, 25. August 2016. Anzeigenschluss für diese Ausgabe ist Freitag, 5. August 2016. Weitere Informationen im Internet unter der Adresse diewirtschaft.noz.de. App „noz Plus“ Diese Ausgabe von „Die Wirtschaft“ gibt es auch digital. Sie finden sie ab dem 2. Juli in der App „noz Plus“ von NOZ Medien. HERAUSGEBER: Prof. Dr. Dres. h.c. Werner F. Ebke und Verleger Jan Dirk Elstermann GESCHÄFTSFÜHRER: Joachim Liebler und Axel Gleie CHEFREDAKTION: Ralf Geisenhanslüke (Chefredakteur), Dr. Bert hold Hamelmann (Vertreter des Chefredakteurs), Burkhard Ewert (Stellvertretender Chefredakteur), Dr. Anne Krum (Mitglied der Chefredaktion) KOORDINATION: Christian Schaudwet AUTOREN DIESER AUSGABE: Marcus Alwes, Wolfgang Arenhövel, Christoph Assies, Sarah Engel, Dirk Fisser, Dr. Berthold Hamelmann, Lothar Hausfeld, Stefanie Hiekmann, Almut Hülsmeyer, KlausPeter Jordan, Svenja Kracht, Sven Lampe, Johanna Lügermann, Christoph Lützenkirchen, Helmut Monkenbusch, Harald Preuin, Axel Rotkehl, Christian Schaudwet, Anja Steinbuch, Hendrik Steinkuhl, Katrin Terpitz, Volker Votsmeier, Stefan Wolf, Thomas Wübker, Johannes Zenker REDAKTION V.i.S.d.P.: Ralf Geisenhanslüke FOTOGRAFEN: David Ebener, Ingrid Fiebak-Kremer, Philipp Hülsmann, Tim Gallandi, David GonzalesTepper, Michael Gründel, Stefanie Hiekmann, Rolf Kamper, Helmut Kemme, Gerald Lampe, Sven Lampe, Jörn Martens, Gerd Mecklenborg, Elvira Parton, Axel Rotkehl, Egmont Seiler, Hendrik Steinkuhl, Thomas Wübker GRAFIK: Matthias Michel VERLAG: Neue Osnabrücker Zeitung GmbH & Co. KG, Postfach 42 60, 49032 Osnabrück; Breiter Gang 10–16, Große Straße 17–19, 49074 Osnabrück, Telefon 05 41/310-330, Telefax 05 41/310266; Internet: www.diewirtschaft.noz.de; E-Mail: [email protected] ANZEIGEN-/WERBEVERKAUF: MSO Medien-Service GmbH & Co. KG, Große Straße 17–19, 49074 Osnabrück, Postfach 29 80, 49019 Osnabrück, Telefon 05 41/310-500, Geschäftsführer: Sven Balzer, Sebastian Kmoch (V.i.S.d.P.), Anzeigen-/Werbeverkauf: Sven Balzer, Hubert Bosse, Dirk Riedesel, Wilfried Tillmanns, Marvin Waldrich ANZEIGENANNAHME: Telefon 05 41/310-510, Telefax 05 41/310-790; EMail: [email protected] TECHNISCHE HERSTELLUNG: Druckzentrum Osnabrück, Weiße Breite 4 Ihre Partner in der Region § Rechtsanwälte, Steuerberater § Arbeitsrecht & Gutachter Anzeigensonderveröffentlichung Die monatliche Branchenseite Mietrecht / Wohnungseigentumsrecht Kanzlei Ansprechpartner Adresse/Homepage Telefon/Fax/Email Kanzlei Ansprechpartner Adresse/Homepage Telefon/Fax/Email Rechtsanwaltskanzlei Paul RA Wolfgang Paul Hasetorwall 18 49076 Osnabrück Tel. 0541/600150 Fax 0541/6001515 [email protected] Rechtsanwälte Kirschner und Kleine RA Birgit Kleine FA für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Herzog-Arenberg-Str. 58 49716 Meppen www.ra-kirschner.de Tel. 05931-86068 [email protected] Rechtsanwälte Kirschner und Kleine Rechtsanwalt Friedrich Kirschner FA für Arbeitsrecht Herzog-Arenberg-Str. 58 49716 Meppen www.ra-kirschner.de Tel. 05931-86068 [email protected] Roggenkamp-Nösekabel, RAin Martina Schwarz, Nahm und Schwarz, Notar, Fachanwältin für ArbeitsFachanwälte, Rechtsanwälte recht und Sozialrecht Hasemauer 17 49074 Osnabrück www.noesekabel-kollegen.de Tel. 0541/22 800 Fax 0541/27 426 [email protected] Dr. Stindt, Dr. Bowe und Kollegen Hauptstraße 33 49757 Werlte Tel. 05951/2855 [email protected] RA Dr. Stindt FA für Arbeitsrecht § Niederländisches Recht Kanzlei Ansprechpartner Adresse/Homepage Telefon/Fax/Email SBZ Juristen mr. J. Gepken Kruizemunt 5 NL-7892 AE Emmen-Klazienaveen www.sbzjuristen.eu Tel.: 0031-681978688 Mobil: 0049-17673292558 [email protected] Ansprechpartner Adresse/Homepage Telefon/Fax/Email § Notar Kanzlei § Roggenkamp-Nösekabel, Ingo Roggenkamp-Nösekabel Hasemauer 17 49074 Osnabrück Nahm und Schwarz, Notar, Rechtsanwalt und Notar www.noesekabel-kollegen.de Fachanwälte, Rechtsanwälte Bank- und Kapitalanlagerecht Kanzlei Ansprechpartner Adresse/Homepage Telefon/Fax/Email HEYERS Rechtsanwälte Rechtsanwalt Werner Dillerup Arndtstraße 19 49080 Osnabrück www.Bankrecht-Osnabrück.de Tel. 0541 / 20239382 Fax 0541 / 20239383 [email protected] § Bau- und Architektenrecht Kanzlei Ansprechpartner Adresse/Homepage Roggenkamp-Nösekabel, Ingo Roggenkamp-Nösekabel Hasemauer 17 49074 Osnabrück Nahm und Schwarz, Notar, Rechtsanwalt und Notar www.noesekabel-kollegen.de Fachanwälte, Rechtsanwälte Dr. Stindt, Dr. Bowe und Kollegen § RA Dr. Stindt RA P. Albers Hauptstraße 33 49757 Werlte Tel. 0541/22 800 Fax 0541/27 426 [email protected] Tel. 05951/2855 [email protected] Familien- und Erbrecht Ansprechpartner Adresse/Homepage Telefon/Fax/Email Rechtsanwaltskanzlei Anita Grotegeers Rechtsanwältin Anita Grotegeers Fachanwältin für Familienrecht Markt 4-6 (Im Hansehaus) 49740 Haselünne www.RA-grotegeers.de Tel. 05961/958670 Fax 05961/958671 [email protected] Rechtsanwältin Kerstin Suschowk Rechtsanwältin Kerstin Suschowk Schullendamm 4 49716 Meppen Tel. 05931/ 1025 [email protected] Dr. Stindt, Dr. Bowe und Kollegen § RA Dr. Bowe RA Dr. Stindt Hauptstraße 33 49757 Werlte Ansprechpartner Adresse/Homepage Telefon/Fax/Email Kanzlei Hecht RAin Sigrid Hecht FA für Familienrecht Deichstr. 1 B 49716 Meppen Tel. 05931-28 28 Fax 05931 -53 65 [email protected] Rechtsanwälte Kirschner und Kleine § RA Birgit Kleine FA für Familienrecht Herzog-Arenberg-Str. 58 49716 Meppen www.ra-kirschner.de Telefon/Fax/Email Rechtsanwälte Kirschner und Kleine Rechtsanwalt Friedrich Kirschner FA für Sozialrecht Herzog-Arenberg-Str. 58 49716 Meppen www.ra-kirschner.de Tel. 05931-86068 [email protected] Strafrecht / Ordnungswidrigkeiten Kanzlei Ansprechpartner Adresse/Homepage Telefon/Fax/Email Rechtsanwältin Kerstin Suschowk Rechtsanwältin Kerstin Suschowk Schullendamm 4 49716 Meppen Tel. 05931/ 1025 [email protected] Rechtsanwalt Peter Ahrens Rechtsanwalt Peter Ahrens Bahnhofstr. 13 49716 Meppen Tel. 05931/29690 [email protected] Unfall- und Verkehrsrecht Kanzlei Ansprechpartner Adresse/Homepage Telefon/Fax/Email Rechtsanwalt Peter Ahrens Rechtsanwalt Peter Ahrens Bahnhofstr. 13 49716 Meppen Tel. 05931/29690 [email protected] Dr. Stindt, Dr. Bowe und Kollegen RA Dr. Bowe RA P. Albers Hauptstraße 33 49757 Werlte Tel. 05951/2855 [email protected] Steuerberatung Kanzlei Ansprechpartner Adresse/Homepage Telefon/Fax/Email BBS Steuerberatungsgesellschaft von Bar und Schriever Sigismund von Bar Dipl. Betriebswirt Mühlenort 1 49565 Bramsche Tel. 05461 / 9372-0 Fax 05461 / 9372-19 bbs-steuerberatungsgesellschaft.de [email protected] BBS Steuerberatungsgesellschaft von Bar und Schriever Christian Schriever Dipl. Ing. (FH) Dieckmannstraße 31 49201 Dissen bbs-steuerberatungsgesellschaft.de Tel. 05421 / 613 Fax 05421 / 2575 [email protected] Adresse/Homepage Telefon/Fax/Email Tel. 05931-86068 [email protected] Gutachter Handels- und Gesellschaftsrecht Kanzlei Ansprechpartner Adresse/Homepage Telefon/Fax/Email HEYERS Rechtsanwälte Rechtsanwalt Werner Dillerup Arndtstraße 19 49080 Osnabrück www.Bankrecht-Osnabrück.de Tel. 0541 / 20239382 Fax 0541 / 20239383 [email protected] § Adresse/Homepage € Familienrecht Kanzlei Ansprechpartner § Tel. 05951/2855 [email protected] Sozialrecht / Sozialversicherungsrecht Kanzlei § Telefon/Fax/Email Kanzlei § Tel. 0541/22 800 Fax 0541/27 426 [email protected] Fachgebiet Ansprechpartner Baugutachten, Beratung, Feuchteschäden, Schimmelpilz, Injektionen Dipl.-Ing.HenningBrandstrup, Buschstr. 1 Sachverst.Baumängel,Be48480 Spelle tonschäden,Instandhaltung www.brandstrup.org ö.b.u.v.Sachverständiger Werner Gosejohann für das Installateur- und KfW-Förderung Heizungsbauer-Handwerk Barrierefreiheit Landwirtschaftsrecht Gutenbergstraße 19 49477 Ibbenbüren www.svb-gosejohann.de Mobil: 0170/6630283 Fax: 05977/928065 [email protected] Tel.: 05451/9953314 Fax: 05451/99533314 [email protected] Immobiliensachverständiger Kanzlei Ansprechpartner Adresse/Homepage Telefon/Fax/Email Fachgebiet Dr. Stindt, Dr. Bowe und Kollegen RA Dr. Bowe Hauptstraße 33 49757 Werlte Tel. 05951/2855 [email protected] EZH-+Fachmarktgutachten: LÜHRMANN Marktwert,Wertindikation, Deutschland Mietwert,Beleihungswert GmbH & Co. KG Buchen Sie jetzt Ihren Eintrag auf unserer Sonderseite Rechtsanwälte, Steuerberater & Gutachter – die monatliche Branchenseite! Alle Informationen zu finden unter mso-medien.de/zeitung/sonderseiten Ansprechpartner Adresse/Homepage Telefon/Fax/Email Valuation Neumarkt 9-10 49074 Osnabrück Tel. 0541/29 555-500 [email protected] www.luehrmann.de Tim Kramer Verkaufsberater Tel.: 05 41/310-925 Fax: 05 41/310-760 E-Mail: [email protected] Ein Unternehmen der DONNERSTAG, 30. JUNI 2016 LEBEN & LEIDENSCHAFT 25 Pizza gegrillt, nicht gebacken Mit originellem Zubehör für den Kugelgrill liegen Alexander Möhle und Marcel Stabenow aus Löhne voll im Trend Auf den Pizzaring soll ein selbst entwickelter Grill folgen. Online-Vermarktung im Fokus: Kooperation mit Food-Bloggern. Gewürzmischungen mit Kräutern aus biologischem Anbau. VON SVENJA KRACHT LÖHNE. Dass die Leidenschaft zum Beruf wird und man damit auch noch Erfolg hat, das klappt nur in seltenen Fällen. Alexander Möhle (42) und Marcel Stabenow (30) aus Löhne ist es gelungen. Seit vier Jahren produzieren sie mit ihrem Unternehmen Moesta BBQ Zubehör für Kugelgrills. „BBQ“ steht für Barbecue. Der Markt boomt. Angefangen haben die beiden Gründer – der Name Moesta besteht aus den Anfangssilben ihrer Nachnamen – mit einem Aufsatz, zum Grillen von Pizza. Mittlerweile gibt es mit etwa 150 Artikeln fast alles, was das experimentierfreudige Griller-Herz begehrt: Drehspieße, mit denen das Fleisch von allen Seiten gleichzeitig garen kann, eine Wok-Einrichtung, mit der auf dem Grill sogar Kartoffelpuffer oder eine Paella gelingen, und inzwischen auch Zubehör wie einen Pizzaschneider oder eine Grillbürste, die derzeit bei Amazon auf Platz eins der Verkaufsliste steht. Ihre neusten Kreationen sind Gewürze. Alles aus biologischem Anbau und mit Zutaten, die es so nicht im Supermarkt zu kaufen gibt. „Wenn du hochwertiges Fleisch kaufst, solltest du auch für die Marinade keine Geschmacksverstärker verwenden“, beschreibt Alexander Möhle die Botschaft der neuen Produkte. Entstanden ist das Unternehmen im Jahr 2012 quasi aus einer Bierlaune heraus. Alexander Möhle und Marcel Stabenow, die damals noch nebeneinander gewohnt haben, trafen sich regelmäßig zum Grillen. Beide spielten schon seit einiger Zeit mit dem Gedanken, selbstständig zu arbeiten. Beim gemeinsamen Grillen kamen ihnen dann viele Ideen, von denen sie einige noch am selben Abend verwarfen. Die eine Idee, über einem Kugelgrill eine Pizza zuzubereiten, verwarfen sie aber nicht. „Grillen ist ein großes Thema in Deutschland – in den USA aber noch viel mehr. Da ist ein Barbecue noch mal ein ganz anderes Event als hier das Grillen“, sagt Alexander Möhle. Die beiden recherchierten genau dort, um rauszufinden, was in der deutschen Grillkultur noch fehlt. Daraufhin hat sich Alexander Möhle an die Entwicklung für den Pizzaring gemacht. Marktanalysen wurden vorher nicht durchgeführt. „Ich habe eigentlich immer ein ziemlich gutes Gespür, was auf dem Markt so ankommt und was nicht“, sagt der 42-Jährige. Wie sie etwas an den deutschen Griller bringen, wissen die beiden genau – sie kommen beruflich nämlich aus der Marketingbranche und wissen auch, dass der Fehler vieler Start-ups darin liegt, beim Marketing zu sparen. „Wenn die Produkte aber billig präsentiert sind, will sie auch niemand kaufen“, sagt Marcel Stabenow. Die Löhner arbeiten auch noch immer in ihren ursprünglichen Berufen. Das bedeutet zwar lange Tage und viel Stress, aber „wir sind nicht auf unser Geschäft angewiesen. Wenn wir Gewinn machen, können wir das Geld sofort in neue Sachen investieren“, sagt Stabenow. Mittlerweile arbeiten acht Teilzeitkräfte für das Team Moesta BBQ, die sich unter anderem um die Buchhaltung, das Controlling oder die Logistik kümmern. Ihre größeren Produkte werden ausschließlich „Wir hatten nie den Druck, das große Geld zu machen.“ Alexander Möhle, Moesta BBQ Haben ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht: Alexander Möhle (links) und Marcel Stabenow.Seit vier Jahren betreiben die Löhner das Unternehmen Moesta BBQ. von einem deutschen Dienstleister produziert. Dass sie heute so erfolgreich sind, hänge auch damit zusammen, dass ihr Unternehmen gesund gewachsen ist. „Wir sind klein und betreiben das Geschäft neben unserem Hauptberuf. Deshalb hatten wir nie den Druck, das große Geld zu machen und davon zu leben. Wir sind jetzt immerhin schon vier Jahre auf dem Markt“, sagt Alexander Möhle. Und Marcel Stabenow ergänzt: „Anfangs haben wir uns total gefreut, wenn wir zwei Bestellungen in der Woche bekommen haben, mittlerweile sind es rund 1500 pro Monat.“ Der Pizzaring wird in den USA durch ein Patent geschützt. Die Unternehmer aus Löhne haben den Ring erweitert und sich dieses Produkt in Deutschland schützen lassen. Im zweiten Jahr kam ihnen dann die Idee mit dem Drehspieß, darauf folgte die Halterung für die Paella-Pfanne. Als sie sich fragten, welches Zubehör zu den Geräten passt, sind Pizzaschneider und Grillbürste entstanden. „Wir sind an die Sache rangegangen, indem wir uns die Frage gestellt haben, was der Kunde an seinem jetzigen Pizzaschneider vermisst“, erklärt Alexander Möhle. Die beiden wissen nicht nur, wie wichtig Marketing ist, sie wissen Pizza auf dem Grill: „Wir können es mit jedem Italiener aufnehmen“, sagen Möhle und Stabenow über ihren patentgeschützten Pizzaring. auch um die wachsende Bedeutung der Online-Vermarktung. Moesta BBQ platziert online Anzeigen bei Grillmagazinen und arbeitet mit verschiedenen Food-Bloggern zusammen. Die Blogger testen die Produkte von Moesta BBQ und bewerten sie in ihren Videos. Aber würden die wirklich etwas Schlechtes über geschenkte Produkte sagen? „Bei den großen Youtubern kann man schon sicher sein, dass sie da ihre ehrliche Meinung präsentieren. Das würden ihre Fans ihnen viel zu übel nehmen, wenn sie ein schlechtes Produkt empfehlen würden“, sagt Alexander Möhle. Auch in den sozialen Netzwerken Fotos: Moesta BBQ Ständig auf der Suche nach neuen Ideen: Im zweiten Jahr von Moesta entwickelten die Jungunternehmer den Drehspieß. sind die beiden aktiv und haben neben einer Facebookseite auch eine Facebookgruppe für den direkten Austausch mit und zwischen den Kunden. Für die Zukunft sind Alexander Möhle und Marcel Stabenow schon am nächsten großen Produkt dran: Sie entwickeln momentan ihren eigenen Grill. Außerdem soll demnächst ein elektronisches Einstechthermometer auf den Markt kommen und eine BBQSpritze, um das Fleisch von innen zu marinieren. Für Existenzgründer haben die beiden ein paar einfache Tipps. „Man sollte von Anfang an Wert darauf legen, wie man sich und seine Produkte präsentiert“, sagt Marcel Stabenow. Alexander Möhle rät, immer mal wieder in fremden Märkten zu gucken, was es in Deutschland noch nicht gibt. „Ich habe schon wieder einige Ideen zum Beispiel aus den Niederlanden“, so Möhle: „Da frage ich mich, warum hier noch keiner darauf gekommen ist.“ Generell komme es immer darauf an, wie groß das Risiko ist und ob die eigene Existenz davon abhänge, sagen die Jungunternehmer. Am wichtigsten sei am Ende der Spaß an der Sache – da sind sich beiden Löhner einig. Mit dem Smoker auf Achse Der Osnabrücker Henning Wiehemeyer setzt auf den Streetfood-Trend VON STEFANIE HIEKMANN OSNABRÜCK. Alte Trucks, Busse und Bullis, die zu rollenden Gourmet-Garküchen umfunktioniert werden, sind der letzte Schrei. In Osnabrück ist Henning Wiehemeyer mit seinem Foodtruck „Der Grillwagen“ unterwegs. Auf Streetfood-Festivals reicht er frisch zubereitete Spezialitäten über den mobilen Tresen. Man kann ihn und seinen „Smoker“ aber auch zur Hochzeit oder zum Geburtstag einladen. Schon immer hat Henning Wiehemeyer leidenschaftlich gern gekocht. Während des BWL-Studiums an der Hochschule Osnabrück arbeitete er immer wieder in der Gastronomie. Als Schüler hatte er ein Praktikum im Steigenberger-Hotel Remarque absolviert. Ausschlaggebend für die Selbstständigkeit war aber seine Arbeit beim Osnabrücker Startup Coffee-Bike, das er während des Studiums kennenlernte. „Da war mir klar, das will ich auch!“, erinnert sich Wiehemeyer. Die Motivation, die man bei einem Start-up erlebe, verbunden mit der Gestaltungsfreiheit, hatten ihn beeindruckt. Aus einem ehemaligen Feuerwehrauto wurde „Der Grillwagen“. Wiehemeyer nennt den MercedesBenz-Bus LF 407, Baujahr 1964, liebevoll „Karl“. Der soll auf privaten Geburtstagen, bei Hochzeiten und Unternehmensfeiern sowie auf öffentlichen Festen oder Streetfood-Festivals für leckeres Essen sorgen. Wichtigstes Utensil dabei: Wiehemeyers mobiler Smoker, in dem er langsam gegartes Pulled Immer an Bord: Mit seinem mobilen Smoker bereitet Henning Wiehemeyer seine Fleischspezialitäten zu.Für Vegetarier und Veganer ist auch gesorgt. Foto: Stefanie Hiekmann Pork aus Schweinefleisch, Spare Ribs oder auch gesmoktes Hähnchenbrustfilet in heißem Rauch zubereitet. Für Vegetarier und Veganer werden Kartoffelecken, Gemüse, Ananas oder andere Zutaten gesmokt und mit haus- gemachten Soßen und Dips serviert. Wiehemeyer stellt alle Komponenten für sein Menü selbst her. Dafür nutzt er eine speziell ausgestattete Vorbereitungsküche. In die Kunst des Smokens hat der Os- nabrücker sich aus eigenem Interesse nach und nach erarbeitet. Welches Holz zu welchem Fleisch, welche Temperaturen für Fisch oder Gemüse – all diese Fragen wurden geklärt, bevor „Karl“ erstmals in Gang gesetzt wurde. Der Fokus des Jungunternehmers liegt auf Veranstaltungen und Events in und um Osnabrück. Auch bei den Produkten wird die Regionalität großgeschrieben: Wiehemeyer arbeitet mit regionalen Schlachtereien zusammen und bezieht sein Brot von örtlichen Bäckereien. 26 DONNERSTAG, 30. JUNI 2016 LEBEN & LEIDENSCHAFT Fantasie vom Band Die Osnabrücker Künstlerin Katrin Lazaruk gestaltet Porträts aus alten Kassettenbändern VON SARAH ENGEL OSNABRÜCK. Die Kassette hat in deutschen Haushalten ausgedient. Doch eine Osnabrücker Künstlerin verhilft dem nostalgischen Tonträger zu einem hippen Revival. Mit ihrem Label „madeinosnabrueck“ fertigt Katrin Lazaruk Porträts aus Kassettenbändern. Lange Flure, große Räume, viele Bilder. Die meisten Kinder langweilen sich im Museum. Katrin Lazaruk nicht. In ihrer Kindheit musste der Spielplatz nicht das Ziel aller Ausflüge sein. Viel lieber verbrachte sie ihre Zeit in Ausstellungen, bestaunte die Werke von Künstlern und griff zu Hause selbst zu Stift, Farben, Papier oder Pappe und Schere. Heute gleicht ihr Arbeitsplatz einer Ausstellung. Einen Unterschied zu den alten Meistern im Museum gibt es allerdings. Katrin Lazaruk fertig ihre Porträts weder mit dem Pinsel noch mit Ölfarbe. Kassettenband und ein Cuttermesser sind ihre Werkzeuge. Auf den Regalen in ihrem Wohnatelier reihen sich verschiedenste Kassettenbilder aneinander. Im untersten steht ein Porträt des Regisseurs Woody Allen, direkt über ihm rekelt sich eine nackte Frau. Gegenüber warten Darth Vader und Elvis in Folie verpackt auf ihren Versand. Tape Art nennt sich die Kunst, die auch aus Klebebändern gefertigt wird. Bunte Streifen lassen auf Außenfassaden, Leinwänden oder Holz abstrakte und farbenfrohe Bilder entstehen. Vor acht Jahren kam Lazaruk die Idee, mit ihrer Kunst der Kassette zu einem Revival zu verhelfen. Kleben, zeichnen, schneiden, abziehen und polieren: Lange probierte sich die gebürtige Weißrussin, die seit mehr als 18 Jahren in Osnabrück lebt, mit Klebstoffen und Schneidetechniken aus, ehe sie mit ihren Werken wirklich zufrieden war. „Meine ersten Bilder sahen alles andere als gut aus“, sagt die 28-Jährige. „Heute arbeite ich viel detaillierter.“ Während sie anfangs vor allem Musiker darstellte, schafft sie heute aus dem Kassettenband auch Filmund Videospielfiguren, Kinder- und Alltagsmotive oder individuelle Porträts ihrer Kunden. Zu ihrem beliebtesten Bild gehört ein schaukelndes Kind. „Aber bärtige Männer laufen aktuell auch sehr gut, und ich weiß nicht warum“, sagt sie und lacht. Mit ihrem Label „madeinosnabrueck“ hat sie sich in den vergangenen Jahren auf Märkten und Messen in ganz Deutschland als selbstständige Künstlerin einen Namen gemacht. Dabei dachte Katrin Lazaruk zuvor nie darüber nach, sich selbstständig zu verwirklichen. In ihrer Dem nostalgischen Tonträger verhilft Künstlerin Katrin Lazaruk in ihrem Atelier zu einem Revival. Jugend träumte sie davon, Abitur zu machen und Kunst zu studieren. Doch nach der Schule ging es für sie zum Modehaus Lengermann und Trieschmann. Dort absolvierte Transit Custom Deymann-Edition Edition Deymann Würth Ausbau, Doppelsitzbank, Audio System, Ganzjahresreifen, Trennwand/Durchlade, weiß ** TAGESZULASSUNG * 3 JAHRE GARANTIE sie eine Ausbildung zur Schaufensterdekorateurin. Hier lernte sie in ihrem letzten Lehrjahr ihren Lebensgefährten Steve McGuire kennen, der für L+T die Markthalle gestaltete. Das freie Arbeiten des Osnabrücker Künstlers ließ in Lazaruk den Wunsch reifen, sich auszuprobieren. So verzichtete die damals 19-Jährige auf Sicherheit und Einfachheit durch eine Übernahme bei dem Modehaus und wagte sich in die Selbstständigkeit. Bereut hat Katrin Lazaruk diesen Schritt nicht. Bis zum Jahr 2014 verkaufte sie ihre Tape Art und weitere Kunststücke gemeinsam mit McGuire in einem eigenen Laden in der Redlingerstraße, der genau wie ihr Label den Namen „Made in Osnabrück“ trug. Heute wird in dem Shop Kaffee verkauft, das Künstlerpaar arbeitet von zu Hause aus. Mit der Aufgabe des Ladens veränderte sich auch ihr Alltag. Inzwischen fokussiert sich Lazaruks Schaffen vollkommen auf die Kassettenkunst. In ihrem Atelier produziert sie an manchen Tagen wie am Fließband. „Wenn ich gut gelaunt bin, schaffe ich zwischen dreißig und vierzig Bilder am Tag“, sagt die Künstlerin. Meist arbeitet sie an verschiedenen Bildern parallel. Bis zu zehn Kunstwerke gestaltet sie parallel: Band befestigen, Motiv aufzeichnen, Form ausschneiden, Folie abziehen und polieren. Fotos: Jörn Martens Katrin Lazaruk liebt ihren Job. So sehr, dass sie an manchen Abenden bis tief in die Nacht über ihren Werken sitzt. Von der freien Zeiteinteilung ihrer Arbeit profitiert nicht nur die junge Frau, sondern auch Hund Charly. Bei gutem Wetter wird die Pause von Frauchen einfach verlängert, und der MopsSpitz-Mischling freut sich über lange Spaziergänge. Die Zeit, die sie durch das Gassigehen verliert, hängt die Unternehmerin einfach an ihre Arbeitszeit dran. Auch das Wochenende findet für Lazaruk anders statt. Während sie unter der Woche an ihren Bil- „Als Künstlerin gebe ich mit meinen Bildern Persönliches preis.“ Kathrin Lazaruk dern arbeitet und Bestellungen verschickt, verbringt sie ihre Samstage und Sonntage auf Messen und Märkten. Denn ihr Stand in Hamburg, Köln oder Berlin sichert ihr feste Einnahmen. Hier gewinnt sie neue Kunden und kann für ihren Onlineshop werben. An die Rolle der Verkäuferin gewöhnt sich Katrin Lazaruk immer noch. Anfangs sei es für sie schwierig gewesen, mit ihrer Kunst nach außen zu treten. „Als Künstlerin gebe ich mit meinen Bildern Persönliches preis.“ Ein Schritt, der sich gelohnt hat. Heute erhält Lazaruk über ihren Onlineshop Bestellungen aus ganz Deutschland, mehr als tausend Kunstwerke verkauft sie pro Jahr. Für ein Bild verbraucht Lazaruk eine Kassette. Sorge, dass ihr die Bänder einmal ausgehen könnten, hat sie nicht. Wie von selbst füllt sich ihre Box regelmäßig mit alten Kassetten. Freunde und Kunden schicken ihr die Tonträger oder die Künstlerin holt sie bei den Spendern ab. Einen Stopmodus wie im Kassettenrekorder wird es somit nicht geben. Die Bänder von Katrin Lazaruk spielen zwar keine Musik mehr ab, dafür jedoch an der Wand der Menschen mit deren Fantasie. Ein Video aus dem Atelier von Katrin Lazaruk finden Sie auf www.noz.de/video Abbildung zeigt Wunschausstattung gegen Mehrpreis. FORD TRANSIT CUSTOM KASTENWAGEN DEYMANN-EDITION Würth Ausbau (Boden und deckenhohe Verkleidung), Ganzjahresreifen, Audio System, Freisprecheinrichtung, Doppelflügelhecktür, Trennwand zum Laderaum mit Durchlademöglichkeit, Beifahrer-Doppelsitzbank, 2,2 TDCI74KW (100PS) Bei uns für Bei uns für 16.490,netto .490,-zzgl.)MwSt. (16 19.623,10 € 1 netto 1 € brutto Transporter Basis es . es Es * 3 Jahre Transporter BasisGarantie Garantiebis bismax max150.000 150.000km kmab abtag Tagder derersten erstenZulassung, Zulassung, gelten die gelten die Garantiebedingungen Garantiebedingungenund undKonditionen Konditionender derCar CarGarantie. Garantie. ** Tageszulassung, Tageszulassung, Sie ** Siesparen sparen10.175,10.175,-€€ Autohaus Deymann GmbH & Co. KG Belmfort 1 - 3 49733 Haren (Ems) Tel.: 05932/7230-0 Fax: 05932/7230-30 E-Mail: [email protected] www.auto-deymann.de 1 Angebot gilt für einen Ford Transit Custom Kastenwagen LKW City Light 270 L1 2,2 l TDCi 74 kW (100 PS). Von bärtigen Männern können Lazaruks Kunden aktuell nicht genug bekommen. Wenn Farbe auf Kassettenband trifft, entstehen kunterbunte Kunstwerke, die wie große Gemälde wirken. 27 DONNERSTAG, 30. JUNI 2016 LEBEN & LEIDENSCHAFT Brände löschen im Ramadan Christian Hagedorn ist nicht nur Profi-Feuerwehrmann in den Emiraten, sondern hilft auch der Feuerwehr in Kenia auf die Beine VON JOHANNES ZENKER OSNABRÜCK. Klingt kurios, ist aber wahr – und auch erfolgreich: Christian Hagedorn aus Hasbergen wohnt seit fast vier Jahren in den Vereinigten Arabischen Emiraten und kümmert sich von dort aus um den Aufbau des Feuerwehrwesens im kenianischen Baringo County. Christian Hagedorn ist ein echter Pionier: Er hat nicht nur die erste Freiwillige Feuerwehr Kenias mitgegründet, sondern auch den Aufbau der ersten Rettungsleitstelle in dem ostafrikanischen Land organisiert. Unter einer Telefonnummer können dort künftig Feuerwehr und Rettungsdienst alarmiert werden – in Deutschland eine Selbstverständlichkeit, in Nordund Ost-Afrika laut Hagedorn ein Novum. Aber wie ist es überhaupt zu diesem Engagement gekommen? Für die Feuerwehr hat Hagedorn schon immer gebrannt. „Ich habe in der Jugendfeuerwehr und Freiwilligen Feuerwehr Hasbergen angefangen und bin dann nicht mehr davon losgekommen“, sagt der 25-Jährige. Vor etwa vier Jahren ist der ausgebildete Feuerwehrmann in die Vereinigten Arabischen Emirate ausgewandert. Dort ist er bei der Emirates Fire and Rescue Company im Emirat Ajman, das rund 20 Minuten von Dubai entfernt liegt, als Zugführer auf der Hauptfeuerwache angestellt. „Von dem Jobangebot habe ich über Bekannte erfahren. Das Abenteuer hat mich sofort gereizt“, erinnert sich Hagedorn. Der größte Unterschied zu Deutschland sei das Wetter: „Es ist oftmals anstrengend, bei bis zu 50 Grad zu arbeiten.“ Die Arbeit als Feuerwehrmann in den Emiraten würde sich in mehreren Punkten von der in Deutschland unterscheiden: „Hier ist alles ein bisschen größer: die Häuser, die Brände und auch die Fahrzeuge.“ Letzteres hat einen besonderen Grund: Da die Emirate kein ausgebautes Hydrantennetz haben, verfügen die meisten Löschfahrzeuge über einen mehrere Tausend Liter fassenden Wassertank. Zwar seien die Strategien auf die begrenzte Wassermenge ausgelegt, dennoch könne es passieren, dass das Wasser plötzlich ausgehe. „Dann müssen wir auf Nachschub warten“, sagt Hagedorn. Im täglichen Leben spiele in den Emiraten der Islam eine große Rolle. „Die Gläubigen beten fünfmal am Tag. Die Aufrufe der Muezzins sind überall zu hören“, schildert Hagedorn. Auch seine Kollegen würden mehrmals am Tag jeweils rund 10 bis 15 Minuten beten gehen. „Ein Einsatz geht aber selbstverständlich vor“, stellt er klar. Die Gebete könnten nachgeholt werden. Während des Fastenmonats Ramadan waren bis vor einigen Jahren alle Imbisse geschlossen. Mittlerweile habe sich das Land aber den Bedürfnissen der vielen Touristen und Christen angepasst. „In den großen Shopping-Malls gibt es geöffnete Restaurants. Allerdings sind diese Bereiche von Sichtwänden umgeben“, sagt Hagedorn. Und auf der Straße sei es am Tag nach wie vor verboten zu essen und zu trinken: „Sonst riskiert man eine Geldstrafe.“ In den Emiraten hat er auch seine Frau Florence, eine Kenianerin, kennengelernt, mit der er inzwischen einen einjährigen Sohn hat. Ein Besuch in der Heimat seiner Gattin hat ihm den Bedarf an einem funktionierenden Feuerwehrwesen in Kenia vor Augen geführt: „Es gibt in der Hauptstadt Nairobi nur eine Feuerwache, und die befindet sich in einem desolaten Zustand.“ Auf dem Land sehe es noch schlimmer aus: „Dort gibt es gar kein organisiertes Feuerwehrwesen. Angesichts dieser Zustände war mir sofort klar: Ich möchte helfen.“ Hagedorn entschied sich dazu, neben seinem Vollzeitjob ein Projekt zum Aufbau des Feuerwehrwesens in West-Kenia in Angriff zu nehmen – genauer gesagt im Baringo County, einem Verwaltungsbezirk mit rund 11 000 Quadratmeter Fläche und rund 555 000 Einwohnern. Christian Hagedorn in seiner Dienstuniform der Emirates Fire and Rescue Company. Foto: Emirates Fire and Rescue Company „Angesichts dieser Zustände war mir sofort klar: Ich möchte helfen.“ Christian Hagedorn Ein Hotel- und Wohngebäude in Dubai brannte an Silvester. Hagedorn nahm am Löscheinsatz teil. Foto: dpa Zunächst trat er mit der Hilfsorganisation ProKapsogo in Kontakt, die sich in West-Kenia vor allem um den Bau von Schulen bemüht und ihm sofort Unterstützung zusagte. So profitierte Hagedorn von deren Kontakten nach Kenia und vom Lager der Hilfsorganisation in Augsburg. Dort werden zum Beispiel Feuerwehrautos und Ausrüstung zwischengelagert, die Unternehmen oder deutsche Feuerwehren gespendet haben. Seine Ansprechpartner im Baringo County sind die dortige Regierung und der Chef-Ranger, die Hagedorn von der Notwendigkeit einer effektiven und schnellen Feuerwehr überzeugen konnte. Die Regierung habe dieses Jahr sogar erstmals den Posten Feuerwehr/Brandschutz in ihrem Haushaltsplan berücksichtigt. Gestartet ist er allein, inzwischen kümmern sich zehn Personen um administrative Dinge: sechs von Deutschland und vier von den Emiraten aus. In Kenia selbst ist Hagedorn nur einmal im Jahr, wenn er Urlaub hat. Die Kommunikation finde folglich weitgehend über E-Mail oder Telefon statt; rund 15 bis 20 Stunden investiere Hagedorn pro Woche in sein Projekt. Und die ersten Ergebnisse lassen sich sehen: Seit Kurzem ver- fügt Kabarnet, die Hauptstadt vom Baringo County, über eine eigene Berufsfeuerwehr mit vier Mann, die rund um die Uhr das Löschfahrzeug auf der Feuerwache besetzen. Im vergangenen Dezember wurde zudem die Freiwillige Feuerwehr mit 15 Mitgliedern gegründet. Diese werden von den hauptberuflichen Kräften nach deutschen Dienstvorschriften geschult. Darüber hinaus werde die bisher einzige Feuerwache gerade wiederaufgebaut, und die Arbeiten an der Rettungsleitstelle sollen im Juli abgeschlossen sein. Als nächstes Etappenziel hat Hagedorn den Bau eines Gerätehauses für die Freiwillige Feuerwehr ins Auge gefasst, wofür jedoch finanzielle Hilfe benötigt werde. Aus diesem Grund sucht er in Deutschland nach Unterstützern und verweist auf die Webseite der Feuerwehr: www.fd-baringo.com. Dort können sich Interessierte informieren. Daneben wird momentan in Zusammenarbeit mit der DLRG Hasbergen eine Rettungsschwimmerstaffel aufgebaut. „Das Land wird häufig von Überschwemmungen heimgesucht. Zudem sterben im Baringosee immer wieder Menschen, die nicht schwimmen können“, sagt Hagedorn. Daher seien Rettungsboote und -schwimmer dringend erforderlich, um Menschen zu retten, die festsitzen. Optimal seien die Zustände im Baringo County auch mit Berufsfeuerwehr und Freiwilliger Feuerwehr noch nicht, da die Anfahrt in abgelegene Gebiete teilweise mehrere Stunden in Anspruch nehme. „Aber eine Basis ist geschaffen“, freut sich Hagedorn. Auch Regierungen anderer Countys seien längst an einer Zusammenarbeit interessiert. So möchte Hagedorn versuchen, auch in anderen Gebieten am Aufbau des Feuerwehrwesens mitzuwirken. Denn der 25-Jährige ist mit seinem Projekt noch lange nicht am Ende: „Wir wollen den Menschen einfach helfen. Wenn jemand Feuerwehr und Rettungswagen ruft, sollen die auch kommen.“ electro niemann ist Siemens Solution Partner Automation Drives Niederlangen, den 7. April 2016 Nun ist es offiziell! Seit Februar 2016 zählt electro niemann zum Solution-Partner-Netzwerk Automation Drives der Siemens AG. Eine 50-jährige Geschäftspartnerschaft mündet in eine qualifizierte Solution-Partnerschaft. Mit dem Besuch der Siemens AG und der damit verbundenen Übergabe einer Urkunde, wurde die Aufnahme in das exklusive Partner-Netzwerk offiziell besiegelt. Siemens Solution Partner: Erste Wahl für erstklassige Lösungen Unter dem Namen » Siemens Solution Partner « treten ausgewählte Partnerunternehmen als Lösungsanbieter für das Siemens Portfolio auf. Diese zeichnen sich durch detaillierte technische Produktkenntnisse aus und sind Experten auf ihrem Gebiet. Sie tragen maßgeblich dazu bei, das komplexe Portfolio der Siemens AG in den Bereichen Automatisierungsund Antriebstechnik optional an die Bedürfnisse von Kunden anzupassen. Dies trägt entscheidend zur nachhaltigen Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Kunden bei. v. l.: Michael Gövert, (Vertriebsleiter, Siemens), Johannes Schnelte (stellv. Geschäftsführer, electro niemann), Siegbert Niemann (Geschäftsführer, electro niemann), Andreas Gronau (Betreuer Solution Partner, Siemens), Werner Hartelt (Leiter Automatisierung, electro niemann), Ludger Völler (Vertriebsbeauftragter, Siemens) Gründung 1913 ZUKUNFT BRAUCHT HERKUNFT – FIRMENJUBILÄEN 2016 2 1 3 – ANZEIGE – 4 Bei uns sind Sie in guten Händen. Seit 70 Jahren! IHK-JUBILÄUM 2016 WIR UN UNTERNEHMEN GEMEINSAM Unsere IHK wird in diesem Jahr 150 Jahre alt. Am 5. Juni 1866 legte der König von Hannover, Georg V., die Einrichtung von Handelskammern fest. Dieser hoheitliche Akt erwies sich als Geburtsstunde der wirtschaftlichen Selbstverwaltung in unserer Region. Von Anfang an sollte die Handelskammer neben der Beratung der Politik auch ihre Mitgliedsunternehmen unterstützen. Insofern war uns der Service-Gedanke bereits in die Wiege gelegt. Die Geschichte unserer IHK ist daher Gebäudetechnik | Anlagenbau | Haustechnik | Ser vice | Bad | neue Energien | Heizung | Klima | Sanitär untrennbar mit der Geschichte unserer Mitgliedsunternehmen verknüpft. Damals waren es 1.457, heute sind es knapp 60.000 Betriebe. Dafür steht die »Idee IHK« noch heute: WIR UNTERNEHMEN GEMEINSAM. 1946 als Schlosserei in Haselünne gegründet, ist VOSS heute ein bundesweit agierendes Unternehmen in der technischen Gebäudeausrüstung. Zum Unternehmen gehören heute fünf Fachbereiche: Anlagenbau, Haustechnik, Service, Badgestaltung und regenerative Energien. Damit deckt VOSS den gesamten Bereich der Gebäudetechnik ab. Über 130 Mitarbeiter, davon 15 Auszubildende, kümmern sich bei VOSS um die Zufriedenheit jedes einzelnen Kunden - egal, ob Privatpersonen, Industrie-, Gewerbekunde oder... Innovative Gesamtlösungen in allen Bereichen der Gebäudetechnik. Martin Schlichter | Präsident Hammer-Tannen-Str. 38, 49740 Haselünne,Tel. 0 59 61-9 40 40, www.voss-gebaeudetechnik.de 2 3 5 6 Zentrale Lingen Zeitleiste Vor 100 Jahren entdecken die zwei Brüder Fritz und Hermann Pfleumer, dass Holz durch Komprimieren seine Materialeigenschaften verändert. Die Erfindung von Lignostone® war die Geburtsstunde der Kunststoffaktivitäten der heutigen Röchling-Gruppe. Erwin Müller GmbH Breslauer Str. 34-38 49808 Lingen (Ems) [email protected] www.emco-group.de Fritz und Hermann Pfleumer Gründung 1916 1860 1870 1880 1890 1900 1910 Gründung 1946 1920 1930 Gründung 1866 1 1940 8 www.kath-fabi-os.de 1960 1970 Verkehrsgemeinschaftt Osnabrück Osn (VOS) 2008 Akquisition des ersten medizintechnischen Unternehmens Alte Poststraße 9, 49074 Osn snabrück 2012 Aufbau eines Produktionsstandorts in Brasilien Gründung 19 1996 1980 1990 2000 2002 2003 2004 2005 Gründung 1991 Kath. Familien-Bildungsstätte e.V. · Große Rosenstr. 18 · 49074 Osnabrück · 0541 / 35868-0 4 2006 Indien 2007 2007 2008 Der erste Elektrobus 2011 2009 2010 2011 2012 2013 Übergabe 2009 2014 2015 · 67 Hauptamtliche, 312 Honorarkräfte und 68 Ehrenamtliche · 798 Veranstaltungen in der FABI zzgl. Gastveranstaltungen und Projektaktivitäten in den Einrichtungen Der Generationswechsel ist vollzogen, Andreas Lake (v. l.) und Christian Voss treten die Nachfolge von Hubert und Peter Voss an. 7 8 Knebusch Rollen GmbH Wenn Sie etwas bewegen wollen . . . JUBILÄUMSFEST 10-14 UHR 18-23UHR AUF DEM DOMVORPLATZ ▪ Räder ▪ Dreh- und Frästeile ▪ Sonderanfertigungen ▪ Bandagen ▪ Ersatzteile ▪ Transportmittel Am Schöpfwerk 16 49610 Quakenbrück 05431/907730 [email protected] www.knebusch-rollen.de Wir sind, wo Sie sind. Seit mehr als 20 Jahren! www.vos.info 2016 Übergabe 2015 · Leitungswechsel in der FABI: Maria Aepkers wird neue Leiterin 6 gramm enthält über 770 Kurs- und Begegnungsangebote. In unseren externen Einrichtungen (Stadtteiltreff Haste, Mehrgenerationenhaus Haste, Familientreff West, Hort an der Bernhard-Overberg-Schule, an den Projektstandorten „Gut ankommen in Niedersachsen“ in Bersenbrück u. Gm-Hütte) wurden weitere Veranstaltungsangebote mit 39.000 Besuchern durchgeführt. Mit über 100 Kooperationspartnern sind wir in Sachen „Familienbildung“ ganzheitlich unterwegs. Wir begleiten Familien, damit sie die Herausforderungen des gesellschaftlichen Wandels, der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und Umbrüche in Lebenszyklen positiv gestalten. Eine Vernetzung unserer Familienbildung mit der Wirtschaft ist im Ehrenamtsengagement, in der sozialen und kulturellen Teilhabe, für die LIFE-BALANCE von Familien und in der Gesundheitsförderung ein ausbaufähiges Segment. Zeitleiste Mit dem ersten Elektrobus im Jahr 2011 wurden neue Maßstäbe für den Nahverkehr gesetzt. Osnabrück war hierbei erneut Vorreiter: sie war die erste Stadt, die einen Elektrobus im normalen Linienbetrieb einsetzte, der zweite Elektrobus wurde bereits im ersten Quartal 2013 eingeführt. 7 [email protected] www.osnabrueck.ihk24.de Seit 60 Jahren engagiert sich die FABI mit Fachkompetenz und Engagement für Familien in der Osnabrücker Region. Aktuell sind 67 Hauptamtliche, 312 Honorarkräfte und über 70 Ehrenamtliche aktiv. Unser Engagement gilt Menschen aller Generationen, Nationen, Konfessionen, Familien sowie Singles. In Kursangeboten, offenen Treffs, projekt- und zielgruppenorientierter Arbeit, berufsqualifizierenden Maßnahmen können Menschen miteinander und voneinander lernen und Leben gestalten. Ziele unserer innovativen Familienbildung sind die Stärkung der eigenen und sozialen Kompetenzen, der Bildungsfähigkeit, der Alltagsbewältigung, der Entwicklung von Selbstbestimmung und Partizipation. Im Jahr 2015 haben wir 1890 Veranstaltungen in der FABI und vor Ort in Kitas und Familienzentren durchgeführt. 31.755 TeilnehmerInnen waren zu Gast. Unser neues Pro- 2001 01 Produktionsstart in Knebusch Rollen GmbH ist seit 25 Jahren ein leistungsstarkes und erfolgreiches Unternehmen in der Produktion und im Handel von hochwertigen Rädern, Rollen und Ersatzteilen für Flurförderfahrzeuge. Die Produkte finden u.a. ihren Einsatz in der Instandhaltung der allgemeinen Industrie, im Maschinen- und Anlagenbau und in der Lebensmittelindustrie. 5 8 Elektrobus – die Fortführung des Umweltgedankens Gründung 1956 1950 2 2007 Produktionsstart in Indien Gründung 1946 4 Neuer Graben 38 49074 Osnabrück VOSS GEBÄUDETECHNIK Marco Graf | Hauptgeschäftsführer 5 6 30 DONNERSTAG, 30. JUNI 2016 LEBEN & LEIDENSCHAFT Ohne Moos nix los: Sponsoren helfen der Region Unterstützung wird angesichts leerer öffentlicher Kassen unverzichtbar – Ehrenamtliches Engagement ist unbezahlbar VON BERTHOLD HAMELMANN OSNABRÜCK/MELLE. Ein Hoch auf Sponsoren! Boomende Regionen mit wirtschaftlich gesunden Unternehmen bedeuten nicht nur Arbeitsplätze und Einkommen für Menschen. Sie ermöglichen auch ein Sponsoring, ohne das vieles nicht (mehr) funktionieren würde. Ohne Moos nix los! Sponsoren springen in (Finanz-) Lücken, die Städte und Gemeinden angesichts oft desaströser Haushalte nicht mehr füllen können, wie drei zufällig gewählte Beispiele belegen. Unternehmen aus allen Branchen haben Sponsoring längst auch als Kommunikationsinstrument entdeckt. Anders als ein Mäzen, der seine Unterstützung nicht an eine direkte Gegenleistung knüpft, will ein Sponsor in der Regel Wirkung erzielen. „Und das geht völlig in Ordnung“, findet Andreas Busemann (55). Seit 18 Jahren führt er die Geschäfte des Zoos Osnabrück. In einem langen Prozess verwandelten 35 Millionen Euro einen maroden Tiergarten in einen „Vorzeigezoo, der in vier, fünf Jahren am Ziel angekommen ist“. Ohne die 16 Millionen Euro Sponsorengelder wäre der Modernisierungsprozess nicht zu stemmen gewesen. Busemann ist schlichtweg verliebt in den Osnabrücker Zoo, der sich als Wirtschaftsunternehmen im Wettbewerb der zoologischen Gärten erfolgreich behauptet. Und das bei schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen. Die Stadt Münster unterstützt beispielsweise ihren Allwetterzoo mit 3,8 Millionen. „Wenn wir diese Summe bekämen, könnten wir Eintrittspreise zwischen einem und drei Euro für Kinder bzw. Erwachsene anbieten.“ Denn der städtische Osnabrücker Zuschuss beläuft sich lediglich auf 750 000 Euro. Derzeit sieht der Businessplan des Osnabrücker Zoos jährlich etwa die Sponsorensumme von einer Million Euro vor. Ein sehr hoher Betrag, den fast 200 große und kleinere Sponsoren aus der Das Drachenfest in Melle bleibt ein Familienevent. Foto: Archiv/Michael Hehmann Region aufbringen. Die Zoo-Partner nutzen ihr Engagement zur Image- und Kundenpflege, zur Mitarbeiter-Motivation und zum Networking. „Ohne Sponsoren könnten wir den Zoo nicht betreiben. Eine Insolvenz wäre vermutlich unausweichlich“, so Busemann. So aber könne man sich weiterentwickeln und für die Besucher einen attraktiven, absolut tiergerechten Zoo mit Perspektive anbieten. „Die wunderschöne, naturnahe Lage am Schölerberg bringt uns einen natürlichen Standortvorteil im Vergleich mit anderen Einrichtungen.“ Und da gibt es noch die große Vision eines Zoos, in dem die Besucher über Baumkronenpfaden, ohne Gitter, aus der Vogelperspektive und behindertengerecht, die Tiere beobachten können. In diesen Überlegungen spielen die neue Löwenanlage und Nashörner eine entscheidende Rolle. Busemann, sein hoch motiviertes Zooteam und der Vorstand setzen auf „Alleinstellungsmerkmale“. Und natürlich auf Sponsoren, die mit ihrem Engagement nicht nur für das eigene Unternehmen werben, sondern auch „bewusst ein Bekenntnis zur Region ablegen“. Spaß am Drachenfliegen: Ein „Team Verrückter im positiven Sinn“, so Joachim Kreienbrink, zweiter Vorsitzender des Osnabrücker Drachenclubs „Bleib bloß oben“, hat seit der Gründung im Jahr 1992 im Osnabrücker Land etwas Einmaliges auf die Beine gestellt. Das alle zwei Jahre stattfindende Drachenfest in Melle hat sich als kostenloses Familienevent für Jung und Alt mit Ausstrahlung weit über das Osnabrücker Land etabliert. In diesem Jahr mussten die Organisatoren allerdings passen. Personelle Ausfälle waren nicht mehr zu verkraften. „Unsere Mitglieder nehmen sich oft für das Drachenfest zwei Wochen Sommerurlaub. Dann noch die sechs, sieben Wochenenden davor. Das ist schon gewaltig. Wenn es aber zu eng wird, geht das einfach nicht mehr“, fasst der 60-jährige Orgelbauer mit bedauerndem Unterton zusammen. Ehrenamtliches Engagement hat Grenzen. „Muskelkraft“ und langjähriges Knowhow sind nur bedingt ersetzbar. Schnell war für den ersten Vorsitzenden Andre Schoebe und seinen Vize Kreienbrink klar, dass in diesem Jahr selbst bei einer teilweisen Fremdvergabe von Aufgabenpakten das Drachenfest nicht finanzierbar sei. Etwa 300 000 Euro, so überschlägige Schätzungen, koste ein Drachenfest bei Vergabe aller Arbeiten nach außen. „Für uns wäre damit das Ding trotz Sponsorings tot.“ Dank der jahrelang gepflegten Kontakte sei es bislang immer noch gelungen, die Finanzierung „irgendwie hinzukriegen“. Auch wenn es immer wieder ein „echtes Klinkenputzen“ bei alten und neuen Sponsoren bedeute. Seit Beginn sei das Gelände auf dem Flugplatz Melle-Grönegau mit ausreichend Parkflächen, guter Verkehrsanbindung und dem Engagement des Segelflugclubs Melle-Grönegau „ein echter Glücksfall“. Auch das Engagement der Stadt Melle sei stets bemerkenswert gewesen. Aber: Ohne gesicherte Finanzierung läuft nichts. Zwei Drittel der Kosten eines Drachenfestes muss stets über Sponsoring gedeckt werden. Die Spanne reiche bei den Einzelbeiträgen von 1000 bis 25 000 Euro. Ansonsten blieben an Einnahmen nur die Standgelder der Buden und Getränkestände. „Eintritt werden wir niemals neh- Wenn Visionen Wirklichkeit werden: Auf Baumkronenpfaden erleben Besucher des Osnabrücker Zoos die Tierwelten schon jetzt teilweise aus der Vogelperspektive. Foto: David Ebener men.“ Abgesehen vom nicht darstellbaren Aufwand, das riesige Gelände einzuzäunen, sei ansonsten der Charakter eines Familienfestes hinfällig. Also wird telefoniert, Überzeugungsarbeit geleistet. „Oft helfen aber auch Sachspenden bzw. Leihgaben wie Wechselbrücken oder Container von Baufirmen der Region, dass es weitergeht. Der Termin für das 13. Internationale Drachenfest steht aber: Am 26. und 27. August 2017 steigen Drachen aller Art wieder auf. Zu den Höhepunkten der Drachenfestgeschichte gehörte der 2008 aufgestellte Rekord, als 967 Drachen gleichzeitig flogen und diese Bestmarke im Guinness-Buch der Rekorde eingetragen wurde. Sponsoring oder Fundraising sind für das Osnabrücker Hospiz nicht das beherrschende Thema, Zoo-Sponsoren sorgen für Spielräume in Millionenhöhe. wie der ehrenamtliche Geschäftsführer Jan-Felix Simon (41) erklärt: „Ohne unsere etwa 6000 Einzelspenden hätten wir ein strukturelles Defizit von fast 500 000 Euro pro Jahr und könnten unsere Arbeit nicht leisten.“ Zur Hospizarbeit zählen neben den Vereinsangeboten der Ambulante Hospizdienst für Kinder und Erwachsene, das Stationäre Hospiz, die Hospiz-Pflegeberatung/SAPV und Trauerbegleitung. „Die beste Außendarstellung bekommen wir über unsere 50 Hauptamtlichen und über die weit über 100 ehrenamtlichen Mitarbeiter.“ Seit über 20 Jahren ist der Hospizverein in Osnabrück verwurzelt. „Deshalb funktionieren auch die anlassbezogenen Spenden.“ Ob Jubiläum, Geburtstag oder Beerdigung, viele bedenken das Hospiz finanziell. Tendenz: „Eher abnehmend.“ Das habe mit Großthemen wie gegenwärtig der Flüchtlingssituation zu tun. „Da ändert sich das Spendenverhalten schon einmal.“ Finanzielle Grundlage seien die Beiträge der über 2000 Mitglieder und die Vergütungsvereinbarungen mit den Krankenkassen, die aber nicht annähernd kostendeckend seien. „Spenden bleiben daher für uns und unsere Arbeit nach wie vor unverzichtbar.“ Beim Sponsoring im lokalen Bereich gibt es aber auch so etwas wie den „Fluch der guten Tat“, findet ein Vorstandsvorsitzender, der namentlich lieber nicht zitiert werden will. „Wir engagieren uns gerne.“ Nach außen hänge man es aber nicht an die große Glocke: „Wir können uns vor Anfragen schon jetzt nicht mehr retten.“ Sponsoren – heiß begehrt! 31 DONNERSTAG, 30. JUNI 2016 LEBEN & LEIDENSCHAFT Cruisen wie Al Capone und Marlene Dietrich Nach 50 Jahren „Scheunenschlaf“ hat Conrad Engel einen Duesenberg J209 wiedererweckt – Firmengründer kamen aus Lemgo VON HARALD PREUIN OSNABRÜCK. 400 PS, 205 Stundenkilometer Spitze, der 80 Jahre alte Duesenberg J209 macht was her. Drei Jahre hat der Osnabrücker Conrad Engel investiert, um aus dem Scheunenfund wieder einen Prachtwagen zu machen. In seinen Glanzzeiten war der schnelle ,Duesi‘ bei Filmgrößen und Gangstern gefragt. „Da sind alte Mäusenester hinten rausgeflogen“, erinnert sich Conrad Engel an den Tag im Frühsommer 2013. Gerade war die rostige Karosse aus dem Überseecontainer gerollt, da wurde nach dem Ölcheck die Starterbatterie angeschlossen. Nach zwei Versuchen hustete die Achtzylindermaschine den Schmutz aus 50 Jahren Standzeit aus ihren Auspuffrohren. Alte Autos wieder zum Leben zu erwecken, das war Engels Metier über Jahrzehnte. Schon in den 50er-Jahren, während der Lehre in der ehemaligen DDR, reparierte er Oldtimer. „Es gab ja nur alte Autos. Ich habe immer an den Horchs rumgeschraubt“, schmunzelt Engel. Als ihm die Kfz-Meisterprüfung verwehrt wurde, weil er nicht in die SED eintreten wollte, entschied er sich für den Westen. Er kam mit einer D-Mark in der Tasche und begann sich hochzuarbeiten. In Abendkursen lernte er für die Meisterprüfung. Mit 25 Jahren übernahm er eine Tankstelle in Osnabrück, 1971 wurde er RenaultVertragspartner. Die Leidenschaft für alte Autos blieb. Sogar aus der DDR kaufte Engel Oldtimer auf. Doch diesmal war es etwas Besonderes. Engel wollte einen amerikanischen Duesenberg J 209 zum Leben erwecken. 50 Jahre hatte die Karosse bei einem US-Farmer gestanden und dabei ihre Schönheit eingebüßt. Engel hatte unter blindem Lack und Rost, unter Staub und brüchigem Leder, unter Altersflecken und Scheunengammel die Perle erkannt. Da fühlte sich der damals 75-Jährige noch einmal richtig herausgefordert. Er wollte aus dem hässlichen Entlein wieder einen stolzen Schwan machen. Dabei konnte er auch auf die Hilfe seines Schwiegersohns Hubertus Menke und dessen Crew des Oldtimer Centers Osnabrück (OTC) zurückgreifen. Zeitsprung: Im März 2016 lud Conrad Engel zum Stapellauf seines „Duesi“ ein. Mitarbeiter, Freunde und Lieferanten, Motor-, Fotos: Jörn Martens Der 78-jährige Conrad Engel mit seinem zwei Jahre älteren Duesenberg J 209.Der gebürtige Brandenburger kam 1958 mittellos in den Westen und wurde ein erfolgreicher Unternehmer. Chrom-, Glasspezialisten, Blechschneider, Polsterer und Verdeckbauer feierten mit dem inzwischen 78-Jährigen den Abschluss der Restauration des Duesenberg. Damit sei sein Vorruhestand eingeläutet, verkündete der Oldtimer-Spezialist, in zwei Jahren werde er dann seine Rente einreichen. Jedes Auto hat seine Geschichte, so auch dieser Roadster von 1936, der noch in Handarbeit entstanden ist. Die Karosse stammt von der mit Duesenberg verbandelten Firma Auburn. Die Maße sind gewaltig: rund sechs Meter von der vorderen zur hinteren Stoßstange. Der Wagen hat ein Klappverdeck. Die elegante Kühlerfigur ist vermutlich eine Einzelanfertigung für den Erstbesitzer des Autos. „Nein, kein Cabriodach“, sagt Engel, „eher so ein Kinderwagenverdeck.“ Unter der Flügel-Motorhaube sitzt der monströse Antrieb: ein Acht-Zylinder-Reihenmotor, 24Ventiler. Laut Tacho hat der Wagen nur 35 000 km auf dem Buckel, gefahren wurde er bis 1960. Trotz des tief tönenden Blubberns sendet der Acht-Liter-Motor im Standgas kaum Vibrationen aus, doch wenn die 400-PS-Maschine aufheult, ist die unbändige Kraft spürbar. Engels Modell J entstand 1936, ein Jahr, bevor der Name Duesenberg unter neuen Besitzern langsam von der Bildfläche verschwand. Vielleicht lag es auch daran, dass den „Duesi J“ nicht nur Filmgrößen wie Clark Gable, Marlene Dietrich und Gary Cooper fuhren, sondern auch Gangstergrößen wie Al Capone und John Dillinger. „Vielleicht hat das auch am Ruhm der Duesenbergs gekratzt“, mutmaßt Engel. Von den in den 30er-Jahren gebauten 470 Duesenbergs sind übrigens nur 30 Stück nach Europa exportiert worden. Die Brüder Friedrich und August Düsenberg gründeten den Autobauer 1913. Die jungen Einwanderer stammten aus Lemgo. Das Armaturenbrett vermittelt mit seinen Instru- Wenn die 400PS-Maschine aufheult, ist die unbändige Kraft spürbar. www.ekelhoff.de Pools Lassen Sie sich inspirieren von unserem neu angelegten Poolgarten und besuchen Sie unsere Werksausstellung „pools. info“. Mehr als 2000 m2 Ideen, schicke Whirlpools & Schwimmbecken. Rufen Sie uns an und kommen Sie zum Testbaden! 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Das reicht für eins der wichtigsten Accessoires der Reichen und Schönen – den Golfsack. Küchenhaus Ekelhoff | Hauptstraße 14 -16 | 48529 Nordhorn | Tel.: +49 05921 80480 | [email protected] Küchenland Ekelhoff | Bentheimer Str. 259 | 48531 Nordhorn | Tel.: +49 05921 80210 | [email protected] Klöcknerstraße 2 • D-49744 Geeste-Dalum • Telefon: 05937-660 • E-Mail: [email protected] 32 DONNERSTAG, 30. JUNI 2016 LEBEN & LEIDENSCHAFT DIE TERMINE DER WIRTSCHAFT Bewerben Sie hier 7. 7. 2016 | 14.00 UHR Wirtschafts-Senioren beraten Existenzgründer CENTRUM FÜR UMWELT UND TECHNOLOGIE, OSNABRÜCK 13. 7. 2016 | 10.00 UHR Ideen-Kurzcheck für neue Geschäftsmodelle GRÜNDERHAUS IM ICO OSNABRÜCK Remmers-Hasetal-Marathon in Löningen.Teilnehmer kurz vor dem Start rt. t Foto: Remmers Karl Schwitzke, Schwitzke GmbH, Markus Gräßler und Maja Becker, beide ECE Projektmanagement GmbH, 3. New Deal Forum, Münster. Foto: Busch/New Deal Forum 26. 7. 2016 | 14.00 UHR Seminar „Zahlungsausfälle vermeiden“ (Anm. erf.) DIE GESICHTER DER WIRTSCHAFT ✔ Ihre Veranstaltung KREISHAUS AM SCHÖLERBERG OSNABRÜCK 18. 8. 2016 | 19.30 UHR Parlamentarischer Abend der Ems-Achse RESTAURANT GARTENSAAL IM NEUEN RATHAUS, HANNOVER 23. 8. 2016 | 18.00 UHR BGM 4.0 – Digitales Gesundheitsmanagem. (Anm.) NINO KOMPETENZZENTRUM NORDHORN 31. 8. 2016 | 18.00 UHR Ländersommerabend China der IHK, Osnabrück. Foto: Robert Schäfer ✔ Ihr Jubiläum Gesundes Wachstum im Mittelstand – Impulsvortrag Ortsbürgermeister Horst Sievert, Thomas Lex, Sara Ostermöller, Bürgermeister Heiner Pahlmann und Wirtschaftsförderer Klaus Sandhaus, Spatenstich für die neue Tankstelle an der B 68, Bramsche-Hesepe. Foto: Marcus Alwes KREISHAUS MEPPEN 9. 9. 2016 | 14.00 UHR Das deutsche Institut für Lebensmitteltechnik wird 30 DIL QUAKENBRÜCK Reinhild Haskamp (Allianz, l.), Tatjana und Nils Pötter (Pötter Klima), BVMW Golfcup, Golfclub Dütetal. 10. & 11. 9. 2016 | 10.00 UHR Foto: BVMW 13. Jobmesse Osnabrück Christina Opitz, Assmann Büromöbel Melle (vorne, l.) und Alice Syllow, Kruse Medien Verden (vorne, r.) beim Blind Date mit Kreativschaffenden auf Einladung der IHK und der Wirtschaftsförderung, Osnabrück. Foto: IHK AUTOHAUS WALKENHORST OSNABRÜCK ✔ Ihre Feier 22. 9. 2016 | 17.00 UHR Die nächste Ausgabe von DIE WIRTSCHAFT erscheint am 25. August 2016. Betriebsstrukturen optimieren – aber wie? (Anm.) AUTOHAUS HEITER OSNABRÜCK 22. 9. 2016 | 9.00 UHR Anzeigenschluss: 5. August 2016 Leadership Development Congress Jörn Machheit, Geschäftsführer EWE Netz und Ralf Kuper, 4. Zoo-Lauf, Zoo Osnabrück, Stiftung Stahlwerk Georgsmarienhütte, Sportler 4 a childrens world. Foto: Zoo Osnabrück Leiter Netzregion Cloppenburg/Emsland EWE Netz, spielen gegen Tischfußball-Weltmeisterin Sabine Brose beim Tag der offenen Tür bei EWE Netz, Löningen. Foto: EWE SOLARLUX MELLE Puttgarden SCHLESWIGHOLSTEIN LÜBECK Wangerooge BREMERHAVEN HAMBURG OLDENBU G BREMEN Eine starke Kombination für einen starken Wirtschaftsraum Mit der Wirtschaftskombi auf direktem Weg zu Ihrer Zielgruppe in Nordwestdeutschland Ohne Streuverluste · Überregional · Vorteilhafte Konditionen Pa apenburg Delmenhorst Verden NIEDERSACHSEN Meppen Lingen WOLFSBURG Rheine OSNABRÜCK Minden HANNOVER BRAUNSCHWEIG Tecklenburg MÜNSTER Coesfeld Bocholt Hameln BIELEFELD NORDRHEINWESTFALEN Einbeck GÖTTINGEN DÜSSELDORF KÖLN plare 179.000 Exemge Gesamtaufla