t e l e g r a m m 8 / 9 1 - Arznei

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t e l e g r a m m 8 / 9 1 - Arznei
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arznei-telegramm 8/91
MITTEL GEGEN ANGST UND PANIK –
THERAPIEKOSTEN IM VERGLEICH
Wirkstoff
Tagesdosis
Diazepam
2-30 mg
Alprazolam
0,5 - 6 mg
Handelsform
DURADIAZEPAM 5 20 Tbl
Durachemie
zu 5 mg
VALIUM 5
20 Tbl
Roche
zu 5 mg
ADUMBRAN
20 Tbl
Thomae
zu 10 mg
OXA 10 VON CT
20 Tbl
CT Arzneimittel
zu 10 mg
TAFIL
20 Tbl
Upjohn
zu 0,5 mg
Buspiron
15 - 60 mg
BESPAR 5
Bristol
30 Tbl
zu 5 mg
45,35
4,54 - 18,14
Propranolol
40 - 120 mg
DOCITON 40
Rhein-Pharma
BETA-TABLINEN
40/Sanorania
30 Tbl
zu 40 mg
25 Tbl
zu 40 mg
12,45
0,42 - 1,25
8,70
0,35 - 1,04
Oxazepam
10-60 mg
Handelsname
Kosten in DM
pro OP pro Tag
1,80
0,04*- 0,54
6,85
0,14*- 2,06
5,08
0,25 - 1,52
2,95
0,15 - 0,89
11,73
0,59 - 7,04
Niedrigdosierte Benzodiazepine wie Diazepam
(DURADIAZEPAM 5) oder Oxazepam (OXA VON CT)
kosten heute nur ein paar Pfennige pro Tag, während
Alprazolam (TAFIL), von dem keine preiswerten Nachfolgepräparate erhältlich sind, mit täglich 0,59 - 7,04 DM
unverhältnismäßig teuer ist. Die hohen Kosten von
Buspiron (BESPAR; 4,54 - 18,14 DM/Tag) stehen einer
breiten Verwendung dieser Benzodiazepin-Alternative
entgegen. Die Dämpfung adrenerger Symptome durch
den Betarezeptorenblocker Propranolol (DOCITON 40,
BETA-TABLINEN 40) bleibt mit täglich 0,30 - 1,04 DM
im Bereich von rund einer DM kostengünstig.
Einen ausführlichen Kostenvergleich finden Sie im
transparenz-telegramm '90/91, S. 1157 - 1161.
* Rechnerischer Wert
Verhütung derartiger Erregungszustände zugelassen
wurde. Panikattacken sprechen innerhalb einer Woche auf
2 - 3 mg Alprazolam/Tag an. Bei „Platzangst” können bis
6 mg täglich erforderlich sein. Die Tagesdosis ist auf mehrere Einzelgaben zu verteilen. Um Krampfanfälle bei
abruptem Absetzen zu vermeiden, sollte das Benzodiazepin täglich um 0,25 mg reduziert ausgeschlichen werden.1
Daß andere Benzodiazepine bei Panikattacken
ebenfalls wirksam sind, ist zwar plausibel, jedoch nicht
hinreichend untersucht. Wie alle Benzodiazepine führt
auch Alprazolam zur körperlichen Abhängigkeit. Patienten,
die unter Panik leiden, benötigen jedoch oftmals eine
Langzeitbehandlung. Hierbei rät das britische Committee
on Safety of Medicines, Benzodiazepine zur Behandlung
von Depressionen oder Phobien zu meiden. Verhaltenstherapien verzeichnen bei Panikattacken und Phobien
Erfolge, die Jahre nach Abschluß der Behandlung anhalten können.
Wer sich in Gesellschaft nicht wohlfühlt, also
soziale Phobien entwickelt, wenn er z.B. einen Vortrag
halten muß oder an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen hat, die mit Essen und Trinken einhergehen,
vermag im Einzelfall dieses leichter zu tun, wenn er zuvor
ein Benzodiazepin oder einen Monoaminooxidasehemmer
nimmt. Die routinemäßige Medikation ist aber gefährlich
und abzulehnen.
Mit dem Begriff „Lampenfieber” werden andere
Empfindungen umschrieben, die ebenfalls mit körperlichen
Symptomen der Angst wie z.B. mit Tremor einhergehen.
Propranolol (DOCITON u.a.) und andere Betarezeptorenblocker können in niedrigen Dosen zur Linderung solcher
Symptome genommen werden (vgl. a-t 1 [1977], 90). Sie
beeinflussen allerdings die eher emotionalen Beschwerden allenfalls geringgradig.
Selbstverständlich muß der Verordnung von Psychopharmaka für solche Ausnahmezustände eine NutzenRisiko-Abwägung vorausgehen. Eine zu intensive Sedierung durch Benzodiazepine kann besonders ältere Menschen behindern – etwa durch Koordinationsstörungen.
Eine anterograde Amnesie – es wird nicht mehr erinnert,
was sich nach der Einnahme des Arzneimittels ereignete
(sogenannter Filmriß) –, ist eine nicht seltene und bei
gleichzeitigem Alkoholgenuß häufige Komplikation der
Benzodiazepin-Einnahme. Paradoxe Reaktionen wie
aggressives Verhalten bzw. Depression kommen ebenfalls
vor. Nachdem sowohl in den Niederlanden als auch in
Deutschland Berichte über persönlichkeitsfremde Handlungen unter Benzodiazepin-Einfluß, z.B. Raubtaten nach
Flunitrazepam (ROHYPNOL) bekanntgeworden sind
(NETZWERK-Fall 4850, vgl. Seite 71), will Hoffmann-La
Roche Hinweise für alle Altersgruppen in den Beipackzettel aufnehmen.6
Während früher Benzodiazepine hinsichtlich bleibender Folgen auch in Überdosis als unbedenklich galten,
wird heute anerkannt, daß Benzodiazepin-Überdosen
lebensgefährliche Folgen haben können, insbesondere
dann, wenn sie zusammen mit Alkohol, Barbituraten,
Opiaten und anderen zentral wirksamen Pharmaka eingenommen werden. Patienten mit Störungen der Atemfunktion müssen generell auf Mittel verzichten, die das Zentralnervensystem dämpfen.
Daß Benzodiazepine zu Abhängigkeit und Mißbrauch führen können, wenn sie längerfristig ungezielt
verwendet werden, ist zu beachten. Der plötzliche Entzug
solcher Mittel kann Schlaflosigkeit, Übelkeit, Erbrechen,
Krämpfe, Schwitzen, erhöhte Reizbarkeit, Parästhesien
und andere körperliche Störungen verursachen. Der Entzug gestaltet sich mit den lang wirkenden Benzodiazepinen leichter als mit kurzwirkenden Derivaten wie z.B.
Lorazepam (TAVOR). Daß auch ein ultrakurz wirkendes
Benzodiazepin wie Triazolam (HALCION) in der Abklingphase seiner Wirkung extreme Angst, eventuell mit Suizidtendenz, Aggression oder das Bild einer psychotischen
Reaktion hervorrufen kann (sog. VAN-DER-KROEF-Syndrom), berichteten wir mehrfach (zuletzt in Ausgabe 2
[1989], 24).
FAZIT: Bei der Behandlung von Angst- und
Spannungszuständen steht der Therapeut oft unter
Situationsdruck, so daß die akute Dämpfung der Erregung mit Benzodiazepinen oder Antidepressiva im
Vordergrund steht. Erst nachfolgend kann die Verhaltens- und psychotherapeutische Beeinflussung sowie
die Suche nach dem „Angstfokus” in Angriff genommen werden. Zur Angstabwehr und Angstminderung
kann der Patient Verhaltenstechniken erlernen. Durch
die zu frühe oder kritiklose Verwendung von Psychopharmaka werden dem Patienten psychotherapeutische Möglichkeiten vorenthalten, die spezifischer wirken und einen länger dauernden Erfolg bieten können.
Im Eil- und Notfall ist die kurzfristige Medikamentengabe unverzichtbar und gerechtfertigt, wohingegen die Langzeitbehandlung mit abhängigkeitserzeugenden Stoffen der intensiven Nutzen-RisikoAbwägung bedarf.
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BROWN, C. S. et al.: Arch. Intern. Med. 151 (1991), 873
Med. Letter 33 (1991), 43
Facts and Comparisons Drug Newsletter 10 (1991), 9
ANDREWS, G.: Austr. Prescriber 14 (1991), 17
WEISSMANN, M. M. et al.: N. Engl. J. Med. 321 (1989), 1209
Stellungnahme Dr. KAPP/Hoffmann-La Roche (Grenzach) vom 15.
April 1991
Editorial: Lancet 1 (1988), 804