Brasilien - Landmark Global
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Brasilien - Landmark Global
Country factsheet - April 2014 Brasilien Country factsheet I Brasilien Brasilien kennt man in erster Linie wegen des Karnevals, des Sambas und der fußballerischen Leistungen, doch hat das Land auch im Bereich E-Commerce einiges zu bieten, und es gehört zu den Schwellenländern, die es zu beobachten gilt. Brasilien allein nimmt bereits die Hälfte des südamerikanischen Kontinents ein und teilt mit Ausnahme von Chile und Ecuador die Grenzen mit allen anderen südamerikanischen Ländern. Dies macht es zu einem attraktiven Markt sowie zu einem wichtigen Akteur auf dem amerikanischen Subkontinent. Mit seinen 2013 erwirtschafteten Einnahmen in Höhe von 8,69 Milliarden Euro belegt der Onlinehandel in Brasilien den 10. Platz weltweit und stellt damit den wichtigsten Markt Lateinamerikas dar. Einigen Prognosen zufolge wird der Umsatz 2017 sogar 18,17 Milliarden Euro betragen. Die brasilianischen E-Shopper machen 36,4 % der Onlinekäufer Lateinamerikas aus. 1. Der brasilianische Verbraucher Aus historischer Sicht würde man den Grund für den Erfolg des E-Commerce in der Oberschicht oder der wachsenden Mittelschicht sehen. Doch auch Geringverdiener haben inzwischen damit begonnen, ganz selbstverständlich online einzukaufen. Übrigens haben lediglich 37 % der Internetkäufer eine höhere Schulbildung. Die Zahl der E-Shopper in Brasilien beträgt 32,9 Millionen, das entspricht 36,4 % aller Onlinekäufer in ganz Lateinamerika. Es gilt zu unterstreichen, dass 65 % der Onlinekäufe auf Kredit erfolgen. Die Geschlechterverteilung geht leicht zu Gunsten der Frauen mit 55 % zu 45 %. Das Durchschnittsalter liegt zwischen 30 und 39 Jahren. Heißhunger aufs Internet und Gelegenheiten für die Online-Werbung Die Investitionen für bezahlte Suchwerbung werden zwischen 2014 und 2017 um 57,3 % steigen. Im Vergleich zu ihren südamerikanischen Nachbarn verbringen die brasilianischen Internetsurfer unheimlich viel Zeit auf Informationsseiten (88,4 % von ihnen) und Blogs, auf denen sie größtenteils auf der Suche nach Sportnachrichten sind. In diesem Bereich steht Brasilien übrigens an erster Stelle der aufstrebenden BRICStaaten (Brasilien, Russland, Indien und China) und liegt deutlich vor dem weltweiten Durchschnitt von 76,1 %. Inserenten sind sich dieses riesigen Konsums ganz bewusst. Daher ist dort eine Verlagerung der Werbeausgaben hin zu „Paid search advertising“ (bezahlter Suchwerbung) auszumachen. Für 2014 werden in diesem Bereich Investitionen in Höhe von 850 Millionen Euro erwartet. Die Klickrate ist bei dieser Art von Werbung derzeit ganz besonders hoch (durchschnittlich liegt sie bei 2,4 % - im Vergleich jedoch übersteigt sie normalerweise nicht die 2 % -Marke der USA). Es ist daher verständlich, dass die Investitionen für bezahlte Suchwerbung bis 2017 um 57,3 % steigen müssten. Die Gewohnheit nach Informationen zu suchen wirkt sich auch auf die Besucherquote der E-Commerce-Seiten aus und betrifft 77,3 % der brasilianischen Internetsurfer; auch dieser Prozentsatz liegt über dem weltweiten Durchschnitt von 74,4 %. 01 Country factsheet I Brasilien 1. Einzelhandelsgeschäfte 2. Auktionsseiten 3. Websites für Sammeleinkäufe 4. Websites von Reiseanbietern / Tourismus 5. Preisvergleichsseiten Rangliste der am meisten besuchten E-Commerce-Seiten in Brasilien: Aber der Besuch einer Website muss nicht unbedingt mit einem Einkauf verbunden sein. Als Beispiel sei hier der Anteil der Online-Verkäufe im Reisebereich genannt, der bisher nur ein Viertel der Gesamtverkäufe in dieser Branche ausmacht. Dies bestätigt das versteckte Potenzial des E-Commerce in Brasilien. Diese Zurückhaltung hängt hauptsächlich mit Ängsten bezüglich der Vertrauenswürdigkeit und der Sicherheit zusammen. Die Zahlen dürften jedoch 2014 im Zuge der brasilianischen Fußballbegeisterung und angesichts der Tatsache, dass die Weltmeisterschaft weitläufig im Land verteilt in 12 verschiedenen Städten stattfindet, noch um 34,2 % ansteigen. Die Online-Kaufgewohnheiten Und wenn der brasilianische E-Shopper dann tatsächlich online einkauft, was kauft er dann? Wie bezahlt er und welches sind seine Liefererwartungen? Im Bereich der Inlandkäufe lagen bis 2012 Haushaltsgeräte ganz vorne bei den am meisten gekauften Produkten. 2013 standen jedoch Mode und Accessoires ganz oben. Bei den grenzüberschreitenden Einkäufen ist der Trend in Brasilien genau umgekehrt wie bei vielen anderen Märkten, denn Informatikgeräte kommen vor Mode und Kosmetika. Die Brasilianer besorgen sich ihre Geräte hauptsächlich in den Vereinigten Staaten und in China. 1 1. Informatikgeräte 2 2. Kleidung 3 3. Kosmetika Die 3 in Brasilien am meisten auf ausländischen Seiten gekauften Produkte Kommen wir zurück auf den inländischen Markt: Dort gibt es einen starken Trend in Richtung kostenloser Lieferung; 2012 wurde die Hälfte der Bestellungen kostenlos ausgeliefert. Wie wir weiter oben gesehen haben, wird eine Großzahl der Waren auf redit gekauft. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Kreditkarte als Hauptzahlungsmittel gilt, gefolgt vom lokalen Zahlungssystem Boleto Bancario der brasilianischen Zentralbank. Dieses 1993 eingeführte Online-Zahlungssystem generiert heute 3 Milliarden Transaktionen pro Jahr und macht damit 30 % des Volumens aller Online-Zahlungen aus. 02 Country factsheet I Brasilien 2. Der Markt Die brasilianische Internetwirtschaft könnte man als gemischt bezeichnen. Im Gegensatz zu einigen anderen Schwellenländern ist hier kein klarer Trend zu erkennen. Weder gibt es eine überwältigende Mehrheit lokaler Akteure wie in China, noch gibt es eine Invasion ausländischer Anbieter wie in Spanien, weil vielleicht die nationale Wirtschaft hinterherhinkt. Die Explosion des Handy-Markts und die überwältigenden Zahlen Der Handy-Markt explodiert in Brasilien regelrecht, wie die nachfolgenden Zahlen beeindruckend zeigen können: • D ie Handyverbindungen sind in fünf Jahren um 80 % gestiegen. • Ende 2013 registrierte man 18 % weniger 2G-Verbindungen, dafür 75,9 % mehr 3G-Verbindungen, verglichen mit den Zahlen zu Jahresbeginn. • P repaid-Verbindungen werden weniger und sind zwischen 2012 und 2013 zu Gunsten von Postpaid-Verträgen auf einen Anteil von 22 % auf 19,5 % gesunken. • D ie Verkäufe herkömmlicher Handys gingen um 33 % zurück, während von 2012 bis 2013 147 % mehr Smartphones gekauft wurden. • Ende 2013 schätzte man, dass 53,5 % der Internetsurfer auch SmartphoneSurfer sind. Falls dieser Trend wie erwartet anhält, dann werden 2017 60 % der Bevölkerung das mobile Internet nutzen. Das untenstehende Schema zeigt, dass sich bei den zukünftigen Generationen, in deren Händen die Zukunft der brasilianischen Internetwirtschaft liegt, Smartphones sehr stark etablieren. Nutzung des Smartphone als Haupt-Internetzugang bei Smartphone-Besitzern (je nach Alter) 10-17 38% 18-24 33% 25-34 21% 34-49 50+ Total 15% 8% 25% Tablet-PCs stehen dem in nichts nach, denn sie stehen bei den Geräten mit Internet-zugang an 4. Stelle und erreichen eine Penetrationsrate von 39 %. 2013 wurden sage und schreibe 7,9 Millionen Tablet-PCs verkauft. Sie stellen ein Wachstum von 142 % im Vergleich zum Vorjahr dar. Es handelt sich hauptsächlich um Android-Tablets, die den Markt mit 95 % aller im Jahr 2013 verkauften Tablet-PCs regelrecht überrollen. Interessant ist auch, dass beim reinen Surfen die soziodemografischen Schranken beim Handy zu fallen scheinen, denn die Nutzung ist in sämtlichen sozialen Schichten ungefähr gleich. Beim M-Commerce dagegen scheint es den Konsumenten mit höheren Einkommen, die ja bereits zu den „Early Adopters“ des E-Commerce gehörten, leichter zu fallen, ihr Geld über das Smartphone auszugeben. 03 4 Country factsheet I Brasilien Mobiles Surfen in Brasilien erfolgt mehrheitlich von zu Hause oder vom Büro aus. Um dieses lange diskutierte Kapitel abzuschließen muss unterstrichen werden, dass in Brasilien Smartphone-Surfen nicht unbedingt bedeutet, dass man dies von „unterwegs“ aus tut. Denn 95,6 % der Smartphone-Besitzer nutzen ihren Internetanschluss von zu Hause aus und 87,2 % bei der Arbeit. Die Marktakteure Internet Retailer fasst die Gemeinsamkeiten bei den brasilianischen Erfolgsstories wie folgt zusammen: Die Fähigkeit, neue Kunden anzuziehen und diese mit guten Angeboten, großen Lagerbeständen und einem effizienten und gezielten Marketing zu Stammkunden zu machen. Wenn wir uns das untenstehende Ranking der Online-Händler ansehen werden wir sehen, dass dies tatsächlich der Fall ist. Top 5 der 2012 am meisten besuchten Websites in Brasilien (bezüglich der Einzelbesucher): Mercadolivre.com.br 14,3 Millionen Americanas.com Walmart.com.br Netshoes.com.br Casasbahia.com.br 8,1 Millionen 5,7 Millionen 5,3 Millionen 5,1 Millionen Die größte brasilianische E-Tailer-Gruppe B2W Inc. gibt es seit 1999. Zwei der größten Websites für Massenware, Americanas.com und Submarino.com (steht auf dem 6. Platz auf der oben aufgeführten Rangliste), gehören ebenfalls zu der Gruppe. Wie Amazon funktioniert auch B2W nach einem Hybrid-Modell, denn es werden die eigenen Produkte verkauft und gleichzeitig haben auch andere Händler die Möglichkeit, dort ihre Waren zu verkaufen. Wettbewerber von B2W sind Mercado Libre, der größte Marktplatz Lateinamerikas und Wal Mart. Letzterer hat Wal-Mart Latin America als eigenes Geschäft und separates E-Commerce-Unternehmen gegründet, um aus dem steigenden brasilianischen E-Commerce-Markt Kapital zu schlagen. Eine Maßnahme, die sich als klug erwies und sich bezahlt macht, denn das Unternehmen gehört zu den Top 5. Die Hauptinvestitionspunkte der Gruppe waren die Technologie, die Logistik und der Kundenservice. Um der harten Konkurrenz internationaler Akteure Paroli zu bieten, hat B2W seine Serviceleistungen diversifiziert und bietet Fulfillment-Leistungen sowie Direktlieferungen auf Bestellung an. Außerdem wurde der Datenaustausch zwischen dem Marktplatz und den Buchungssystemen der Verkäufer vereinfacht. B2W hat zusätzlich vier neue Händlermarken für Gesundheits- und Schönheitsprodukte, Haustiere, Papierwaren und Möbel eingeführt. Parallel zu diesen neuen Serviceleistungen hat der brasilianische Branchenriese auch ein Unternehmen zur Entwicklung von Systemen für E-Commerce-Plattformen, der erweiterten Suche und dem Einsatz von Produktempfehlungen sowie für Logistik und Fulfillment erworben. Ein Beweis dafür, dass das E-Commerce-Wachstum nicht nur einer kleinen Gruppe Auserwählter vorbehalten ist, ist der Rekord-Aufschwung von Kanui (25. im Ranking des E-Commerce in Lateinamerika), einem Pure-Player dessen Website.com.br für Kleidung und Sportartikel ein Wachstum von 9000% erfuhr! 04 5 Country factsheet I Brasilien 3. Die Trends Erfolgreiches Targeting dank der Beliebtheit der sozialen Medien 69 % kaufen ein Produkt aufgrund einer Werbeanzeige, die sie im sozialen Netzwerk gesehen hatten Bei unserer Marktanalyse haben wir die Bedeutung des gezielten Marketings aufgezeigt. Die sozialen Medien sind genau das passende Tool dazu. Soziale Netzwerke funktionieren hier bereits recht erfolgreich, denn im April 2013 zeigte eine Studie, dass 69 % der brasilianischen Internetsurfer ein Produkt oder eine Dienstleistung aufgrund einer im sozialen Netzwerk erschienenen Werbeanzeige gekauft hatten. Der Erfolg der sozialen Medien in Brasilien ist beispiellos, denn bereits 2012 berichtete Comscore, dass 97 % der brasilianischen Internetsurfer die sozialen Netzwerke nutzen. Und sie geben zu, dass sie bei der Produktwahl den Postings von Freunden und/oder der Familie mehr vertrauen, als den Berichten von Fachleuten. 31 % geben außerdem an, dass die sozialen Medien eine gute Quelle sind, um Erfahrungsberichte über Marken zu finden. Positive Energie rund um die Logistikkette Es ist noch nicht lange her, da hätte man Interessenten für den brasilianischen E-Commerce-Markt vor dem Mangel an Regulierung und der schleppenden Lieferung der Pakete gewarnt. Brasilien steht übrigens nur an 65. Stelle im Ranking des „Logistics Performance Index“ (Weltbank), mit dem die Effizienz von Transport, Frachtkosten und dem Warentransfer in der Logistikkette von 160 Ländern gemessen wird. Außerdem macht der berühmte „Custo Brasil“ auch nicht vor der Logistik halt; dieser Spitzname wurde den erhöhten Kosten zuteil, die die Produktion des Landes beeinträchtigen und dessen Wachstum und Entwicklung ausbremsen. Doch die Logistik wird nicht mehr sehr lange die Achillesferse des brasilianischen E-Commerce sein und man weiß, dass das hohe Tourismusaufkommen aufgrund der Weltmeisterschaft das Land dazu zwingt, den Flugverkehr und die Infrastruktur der Transporte auf dem Landweg zu verbessern. Was unvermeidbare und positive Auswirkungen auch auf den E-Commerce haben wird, denn die Lieferung von Paketen wird aufgrund einer verbesserten Infrastruktur einfacher und schneller werden. Ein weiteres Zeichen für die positive Energie rund um die Lieferung ist, dass Ende 2013 der nationale Postanbieter, der 93 % aller Produkte brasilianischer Webshops ausliefert, die Einführung seines neuen Umweltmanagementsystems angekündigt hat. Dies gehört zur neuen nationalen Strategie für die nachhaltige Entwicklung der brasilianischen Post, die das Abfallmanagement, die Reduzierung von CO2Emissionen und den Schutz nationaler Ressourcen beinhaltet. Des Weiteren werden zunehmend „Frachtportale“ geschaffen, die es den Onlinehändlern ermöglichen, ihre Serviceleistungen für Endkunden zu verbessern und zwar bis hin zur kostenlosen Lieferung. Somit wird die Lücke zwischen den Webshops, den Marktplätzen und den Spediteuren geschlossen, die im E-Commerce-Bereich agieren. Wie bei einem Zahlungsportal beinhaltet ein „Frachtportal“ sämtliche Daten der Logistikkette, und der Webshop kann somit verschiedene Optionen für den Transport und die Lieferung zur Verfügung stellen, einschließlich der Lieferung an eine Poststelle. Die Internethändler, die dieses Tool nutzen, können eine erhöhte Konversionsrate ihres Onlineshops durch Kundensicherheit feststellen. 05 6 Und angesichts der Bandbreite der Internetwirtschaft hat auch die brasilianische Regierung die Notwendigkeit erkannt, die gesetzlichen Vorschriften zu aktualisieren, obwohl die Verzollung noch lange nicht als E-Commerce-freundlich bezeichnet werden kann. Die Maßnahmen sind recht instabil und beinhalten sehr hohe Importgebühren (zum Beispiel kostet eine Jeans, die für 157 € eingekauft wurde, dann 284 €). Da macht es Mut, wenn wir feststellen dürfen, dass die Angabe einer Handelsregisternummer und der kompletten Adressdaten von nun an verpflichtend ist – zum Wohle des Kunden. 06 7 Quellen: V.H.: Dave Mays, Muntcentrum, 1000 Brüssel, Belgien • http://www.ipc.be • http://www.wikipedia.com • http://www.netspherestrategies.com/ • http://www.emarketer.com • http://www.internetretailer.com • http://www.prnewswire.com/ • E-Commerce in China und Brasilien – Präsentation Eritel bei der E-Commerce Paris 2013 • http://www.pagbrasil.com • http://latinlink.usmediaconsulting.com/2012/03/6-new-social-media-trends-in-brazil/ • http://www.amcham.com.br/ • http://www.icex.org.br/ • http://www.ecommercebrasil.com.br/ • http://ecommercenews.com.br/ www.landmarkglobal.com [email protected]