Ästhetische Medizin - Park

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Ästhetische Medizin - Park
Ästhetische Medizin
eBook
ARTIKELSAMMLUNG
zum Thema
„Faltenbehandlung im Gesicht“
o n l i n e
eBook
w w w. z w p - o n l i n e . i n f o
1. InjektionsTherapien
_Botulinumtoxin
_Botulinumtoxin/Filler
_Filler
Fachbeitrag _ Botox
15 Jahre Erfahrungen
mit Botulinumtoxin
A-Behandlungen
Autorin _ Dr. Doris Grablowitz, Wien
_Die Wirkung von Botulinumtoxin A (BT A), um Falten zu unterspritzen, ist heute unumstritten. Trotzdem haben Befürchtungen um Antikörperbildung
und systemische Nebenwirkungen, schlecht ausgebildete Anwender sowie reißerische Artikel der
Regenbogenpresse der BT-Faltenbehandlung einen
schlechten Beigeschmack vermittelt. Ein Überblick
über 15 Jahre BT-Behandlungen und alle BT A-Produkte soll über einen objektiven Status quo Aufschluss geben.
_Einführung
Als ich vor 15 Jahren mit den ersten BT A-Behandlungen in Österreich begann, stürzte sich die gesamte Laienpresse auf das „Gift gegen Falten“ und
versuchte die Leserzahl durch unseriöse Artikel, wie
„Faltentod durch Mascarpone verseuchtes Tiramisu“ oder „Faltenglättung mit Schlangengift“, anzuheben. Nicht selten warnten unwissende Kollegen vor tödlichen Komplikationen, wenn BT A während des Injizierens in die Blutbahn gebracht wird.
Als die ersten „Botoxpartys“ in London mit Champagner, Lachsbrötchen und Glabella-Injektionen
die restlich verbliebene Seriosität der Substanz infrage stellten, verglich die Boulevardpresse das medizinische Präparat mit dem biologischen Kampfgift im Kriegseinsatz. Bei dieser Reputation war es
kein Wunder, dass sich negative Pressegerüchte
und schlechte Mundpropaganda so lange hartnäckig halten konnten.
Medizinisch-wissenschaftlich gesehen wird BT seit
1984 zur Behandlung von Dystonien, anderen Muskel-Überaktivitätssyndromen, lokaler Hyperhidrose
sowie speziellen Schmerzsyndromen eingesetzt.
1982 entdeckte das Ehepaar Carruthers, dass beim
Einsatz von BT A gegen Schielen die Falten im lateralen Augenbereich reduziert wurden. Fünf Jahre später konnten beide schon auf mehr als 10.000 Eingriffe zurückblicken, bei denen weder systemische
Reaktionen noch irreversible Nebenwirkungen aufgetreten sind.
Diese Eigenschaft sowie der Umstand, endlich ein
kostengünstiges Mittel zu besitzen, das kaum
schmerzt, rasch einsetzenden Erfolg zeigt und dessen
spärliche Nebenwirkungen in zwei bis 21 Tagen wieder gänzlich abgeklungen sind, ließ BT A sehr rasch einen wichtigen Platz in der Behandlung von Gesichtsfalten erobern (Tab. 1).
_BT A-Effekte
Ein sinnvoll ästhetischer Einsatz von BT A sollte sich
auf übermäßige Schweißbeseitigung axillär, palmar
und plantar sowie auf die Faltenreduktion
im Gesicht, am Hals und Dekolleté beschränken. Im
Besonderen sollten nur jene Muskeln miteinbezogen
werden, deren einzelne Anteile nicht unterschiedliche Funktionen abdecken. Versuche, zum Beispiel an
den Muskeln der Nasolabialfalte, wurden rasch wieder aufgegeben, weil sich die Muskeltätigkeiten in
diesem Areal sehr vielfältig gestalten und deren teilweises Ausschalten zu einem unnatürlichen mimischen Bild führte.
Andere Versuche, wie zum Beispiel Heben der Brust
durch Injizieren des M. pectoralis m., scheiterten an
der Wirkungslosigkeit und an den dadurch
zu recht verärgerten Patienten.
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Fachbeitrag _ Botox
Tab.1_Anwendung von BT A in der
klinischen Praxis, Nebenwirkungen
bei 753 Eingriffen (Grablowitz D.,
Studie 1996–1998).1
Tabelle 1
European Academy of Cosmetic Surgery, Austrian Division
Application of Botulinumtoxin in clinical office, side effects with 753 applications
Number of patients
Male
Female
Average age
Oldest patient
Youngest patient
Number of treatments
Average single dose
Highest single dose
Non responders
Side effects
Hematoma 4,91%
Headache 1,32%
Pressure forhead, upper eyelids 1,32%
Ptosis 0,28%
„diabolical eyebrows“ 0,53%
_Botox® – Vistabel® –
Dysport® – Xeomin®
Für welches BT A-Produkt sich ein neuer Anwender
entscheiden soll, hängt sicherlich nicht nur von der
Qualität der einzelnen Präparate ab. Sowohl
Botox® (Fa. Allergan) als auch Dysport® (Fa. Ipsen)
eignen sich hervorragend für ästhetische Zwecke. In
Kanada, USA und Brasilien wurde Botox unter dem
Namen Botox Cosmetic®, bei uns unter dem Namen
Vistabel® zugelassen. Vistabel® unterscheidet sich
von Botox® nur in der Menge der BT-Einheiten
pro Verpackungseinheit. Statt mit 100 IU, sind die
Vistabel® Fläschchen nur mit der Hälfte, also mit
50 IU ausgestattet.
Auch das letzte am Markt erschienene BT A-Produkt
Xeomin® (Fa. Merz) steht den anderen BT A-Produkten in keiner Weise nach. Meine im August 2007
begonnene Vergleichsstudie lässt jetzt schon
erkennen, dass die Erfolgsrate von Xeomin® den Ergebnissen der Konkurrenzpräparate mindest ebenbürtig ist. Die Herstellerfirma von Xeomin® weist vor
allem auf die unkomplizierte Aufbewahrung bei
Raumtemperatur, die hohe spezifische Aktivität und
den minimalen bakteriellen Proteingehalt des gereinigten BT-Neurotoxins bei Entfernung seiner
Komplexproteine hin.
Im Gegensatz zu Vistabel®, Botox® und Xeomin® besitzt Dysport® ein anderes Zählsystem der BT-Einheiten, das nicht selten zu Verwechslungen führt. So besitzt das Fläschchen Dysport 500 IU, das Fläschchen
Botox nur 100 IU, was aber nicht bedeutet, das
340
6
334
47,6
87
17
753
0,45 ml
1 ml
1
63
37
10
10
2
4
Dysport 5x so stark wie Botox wirkt. Die Herstellerfirma beteuert trotzdem, dass ein Fläschchen
Dysport dem Fläschchen Botox an Kraft und Erfolg
überlegen ist (Tab. 2).
_Herstellen der Lösungen
Eine gewisse Unsicherheit haben auch die verschiedenen Lösungsvorschläge mit sich gebracht. Während die Carruthers (Kanada) 100 IU Botox® Trockenpulver in nur 1ml NaCl auflösen (sehr konzentriert,
teuer für den Patienten), verwendet Keen
(New York) für 100 IU BT 20ml NaCl (weniger Erfolg,
große NaCl-Beulen nach der Unterspritzung). Ich
ziehe die Menge von 2,5ml NaCl pro Flasche vor, da
diese Lösung ausgezeichnete Resultate aufweist.
Außerdem entspricht bei Verwendung von 1 ml Insulinspritzen mit 40 Teilstrichen eine Einheit Insulin
genau einer Einheit BT. Dies hat sich besonders für
Anfänger bewährt, die ohne komplizierte Umrechnungen die gespritzten Einheiten direkt an der Skala
ablesen können.
Eine sehr interessante Studie meiner amerikanischen
Arbeitsgruppe aus dem Jahre 1992 hat gezeigt, dass
Lösungen bis zu 5 IU/ml NaCl sinnvoll sind, bei weniger IU/ml NaCl die Erfolgskurve jedoch steil abfällt
(Tab. 3).
_Aufregungen mit BT
Aufregungen über die Behandlungen mit BT werden
vor allem immer durch die Regenbogenpresse aus-
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Fachbeitrag _ Botox
Tab.2_Vergleich aller sich derzeit am
Markt befindlichen BT A-Präparate.
Tabelle 2
BTA A – Comparison
Pro Vial
Botox ®
100 U, ca. 5 ng
Komplex
Vistabel ®
50 U, ca. 2,5 ng
Komplex
Dysport ®
500 U, ca. 5 ng
Komplex
Xeomin ®
100 U, ca. 0,6 ng
Neurotoxin
Rekonstitutionsprep
0,9% NaClsolution, steril
0,9% NaClsolution, steril
0,9% NaClsolution, steril
0,9% NaClsolution, steril
additionals
substances
NaCl
HSA
NaCl
HSA
Lactose
HSA
Saccharose
HSA
pH-value
5–7
5–7
5–7
5–7
storage
2–8°C or
freezing
2–8°C
2–8°C
roomtemperature
(25°C)
duration
36 months
24 months
24 months
36 months
after opening
24h, 2–8°C
24h, 2–8°C
24h, 2–8°C
24h, 2–8°C
gelöst. Im April 2008 beschrieb ein Journalist eine
Studie mit Ratten, die durch BT elendiglich dahindarben. Die Tatsache, dass bei dieser Studie nicht ein
Standard BT verwendet wurde, sondern eine „LaborVariante“, in einer, auf den Menschen umgerechneten 87.500-fachen Dosis und diese außerdem noch
direkt in das Hirn gespritzt wurde, hat die Leser nicht
wirklich interessiert.
Der neueste Schock: Laut Septemberausgabe einer
bekannten Zeitschrift wurden der EMEA (Europäische
Arzneimittelbehörde) 600 Nebenwirkungen sowie 28
Todesfälle gemeldet.
Dass dieser EMEA-Bericht wahrscheinlich gar nicht
existiert (bis jetzt gab es noch keine offizielle Bestätigung der EMEA), und manche Zahlen aus dem
Buch: „Gute Pillen, Schlechte Pillen“ eines deutschen Pharmakritikers kommen, geht in der Aufregung unter. Auch, dass die Todesfälle überhaupt
nichts mit Faltenunterspritzungen zu tun haben,
sondern zum Beispiel mit schweren Erkrankungen,
bei denen man nach der Todesursache forscht und
in deren Krankengeschichte unter anderem auch BT
gegen Krämpfe eingesetzt wurde. Die Schuld von
BT ist übrigens in keinem der Fälle bewiesen.
Tab.3_Die Auswirkung verschiedener Mischungsverhältnisse auf
die BT A-Erfolgsrate. Während
Mischungen bis zu 10IU/ml noch
in der Erfolgsgruppe konkurrieren
können, fallen Mischungen ab
5 IU/ml deutlich nach unten ab.
Tabelle 3
European Academy of Cosmetic Surgery, Austrian Division
Concentration
100
% Denervation
80
60
40
20
0
4
2
6
8
10
12
Time (weeks)
g
100 units/ml
g
20 units/ml
g
10 units/ml
g
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
5 units/ml
14
Fachbeitrag _ Botox
Tatsächlich nahm die Rate an unerwünschten Ereignissen in späteren Behandlungszyklen ab.
_Konklusion
Abb. 1a
Abb. 1a–b_Erstmalige Behandlung:
Injektion von zwei Einheiten, verteilt
auf sieben Punkt, a before, b after.
Abb. 1b
_Unsicherheitsfaktor Arzt
Da es keine übergeordnete Prüfungsinstanz und Qualitätskontrolle auf dem Gebiet der Ästhetischen Medizin gibt, schlüpfen mehr denn je unwissende Kollegen nach kurzen halbtäglichen Workshops als angeblich professionelle Behandler durch. Da bekannterweise auch die schlimmsten Nebenwirkungen
nach ein paar Wochen verschwunden sind, der zeitliche Aufwand gering und das Honorar befriedigend
erscheint, ist das rasche Eingliedern von BTBehandlungen in den täglich angebotenen Praxisplan sehr verlockend. Mit einer neuen ästhetischen
Behandlung sollte aber erst dann begonnen werden,
wenn der Arzt über alle möglichen Nebenwirkungen
Bescheid weiß, sie erkennt und schnell beseitigen
kann. Dies setzt nicht nur gründliche theoretische
Kenntnisse der Anatomie und Wirkungsweise von
BT voraus, sondern auch eine seriöse praktische
Grundausbildung, die mit einmaligen Wochenendkursen wenig zu tun hat.
Bei professioneller Anwendung werden die BT-Injektionspunkte individuell auf das Muskelmuster des
Patienten abgestimmt und nicht nach einem vorgefertigten Punkteschema eines Schnellworkshops
eingespritzt (Abb.1).
Entsprechend positiv schaut die letzte große 2007
mit 4.103 Behandlungen abgeschlossene deutschösterreichische Studie von Rzany et al. aus, bei der
sich viele erfahrene Ärzte beteiligt haben. Durch sie
sollte die Wirksamkeit und Sicherheit von wiederholten Injektionen (mindest drei aufeinanderfolgende,
dokumentierte Behandlungszyklen) mit BT A im oberen Gesichtsbereich zur Reduzierung von Falten beurteilt werden. In den meisten Fällen (93,9 %) wurde
die Glabella behandelt, wobei die Mehrzahl der Patienten (81,5%) eine Behandlung in mehr als einem
Gesichtsbereich erhielt. Die Behandlung mit BT A
wurde in 57,5% der Fälle mit anderen ästhetischen
Eingriffen kombiniert, meist mit Füllsubstanzen
(31,7%). Es gab keine Hinweise auf eine Tachyphylaxie: Die verabreichte Dosis, der Zeitraum zwischen
den Behandlungen und die Zufriedenheit mit den Ergebnissen blieben über den Behandlungsverlauf stabil. Unerwünschte Ereignisse waren solche, die unter
einer Behandlung mit BT A zu erwarten sind. Am häufigsten lokale Blutergüsse und eine Ptose, in allen Fällen nur leicht bis mittelschwer ausgeprägt. Es gab
keine Hinweise auf kumulative Nebenwirkungen.
Langfristige wiederholte BT A-Injektionen zur Faltenreduktion im Gesichtsbereich liefern im realen Klinikalltag eine dauerhaft hohe Zufriedenheit und
Wirksamkeit.2 In der Hand des Erfahrenen eröffnet
die Faltenbehandlung mit BT eine für den Patienten
sichere, erschwingliche, schmerzfreie, effektive und
nebenwirkungsarme Therapieform in der ambulanten ästhetischen Medizin. _
Literaturliste
[1] Doris Grablowitz „Plastisch ästhetische Indikationen im Gesichtsbereich“, Kap. aus „Botulinumtoxin-Therapie im KopfHals-Bereich“, Rainer Laskawi, Peter Roggenkämper, 2. Auflage 2004, Urban&Vogel
[2] Berthold Rzany, MD, ScM, Dorothee Dil-Müller, MD, Doris
Grablowitz. MD et al. „Wiederholte Injektionen von Botulinum Toxin A zur Behandlung von Falten im oberen Gesichtsbereich: Eine retrospektive Studie an 4.103 Behandlungen bei
945 Patienten.“ Dermatologic Surgery, Volume 33, Nummer 1,
Januar 2007
_Kontakt
face
Dr. Doris Grablowitz
Facharzt für Dermatologie und Venerologie
Präsidentin der European Academy of Cosmetic
Surgery
Medizinisch Ästhetisches Zentrum Wien
Seilerstätte 7, III. Etage, 1010 Wien
E-Mail: [email protected]
www.grablowitz.at
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Fachbeitrag _ Studie
Faltentherapie mit neuem
komplexproteinfreien
Botulinumtoxin A
Autor_Dr. med. Ramin Khorram, Stuttgart
_Einleitung
Die Therapie von mimischen Falten mit Botulinumtoxin A ist ein etabliertes Verfahren. Seit dem
1. Juli 2005 gibt es neben den beiden bereits etablierten Botulinumtoxinen vom Typ A Botox® (Vistabel®
stellt die identische Präparationen dar) und Dysport®
mit Xeomin® ein weiteres Botulinumtoxin A-Präparat. Botulinumtoxin A-Präparate weisen alle den
gleichen Wirkmechanismus auf. Die Wirkung geht
ausschließlich vom 150 Kilo Dalton Toxinmolekül aus
und sie ist bei dem Allergan Produkt (Botox®) und
dem Merz Produkt identisch, wie im Übrigen auch klinische Studien gezeigt haben. Aufgrund dieser Tatsache sollte auch der erzielbare Effekt und die Wirkdauer bei diesen Präparaten bei gleicher Dosierung
vergleichbar sein.
Das Ziel der im folgenden beschriebenen Untersuchung war es, zu klären, inwieweit mit dem neusten
Botulinumtoxin A vergleichbare Ergebnisse in der
Faltenbehandlung zu den bisher erhältlich Botulinumtoxin-Präparaten erreicht werden können. Es
werden die Erfahrungen mit dem neuen Komplexproteinfreien Botulinumtoxin A (Xeomin®) bei 40
Patienten vorgestellt. Xeomin® enthält als einziges
Botulinumtoxin-Präparat nur das wirksame Neurotoxin und somit wird neben der guten Verträglichkeit
ein geringes Risiko der Antikörperbildung als Vorteil
postuliert. Ein weiterer positiver Aspekt ist, dass
dieses Präparat bei Raumtemperatur gelagert und
transportiert werden kann.
_Methode
40 Patienten (37 Frauen, 3 Männer) im Alter von
40,8±8,6 Jahren wurden nach der Injektion über acht
Monate beobachtet. Von diesen Patienten wurden
bereits 29 schon früher mit Botox® behandelt. Wir
wenden eine relativ hohe Verdünnung und eine Vielpunktetechnik der Botulinumtoxin-Injektion an. 100
E (Einheiten) des bei Raumtemperatur gelagerten
Xeomin® wurden mit 5 ml NaCl 0,9 Prozent aufgelöst.
Für die Behandlung der Glabellafalten wurden 10 Injektionspunkte gewählt. Die Stirnquerfalten wurden
mittels 8–10 Injektionspunkten, die seitlichen Orbitafalten je an 3–5 Injektionspunkten, die seitlichen
Nasenwurzelfalten (Bunny Lines) an 2 Injektionspunkten und Oberlippenfalten mit 3 Injektionspunkten behandelt.
Die Injektionen wurden immer durch den gleichen
Behandler (Facharzt für Plastische und Ästhetische
Chirurgie) durchgeführt. Wir injizierten an relativ
vielen Injektionspunkten. So gingen wir sicher, dass
wir das Medikament an die gewünschten Stellen eingebracht hatten und spekulierten auf keine Diffusion. Nach der Injektion mussten die Patienten die Injektionsstellen 10–15 Minuten lang komprimieren
und durften nicht massieren. Sportliche Betätigun-
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Injektionsschema von Xeomin®
nach Khorram
Standarddosis: Glabella 20 E,
Quere Stirnfalten 10–20 E,
Krähenfüße 6–10 E je Seite.
_Männer höhere Dosis.
_Injektion intramuskulär.
_Injektion Lachfalten am
Orbitarand subcutan.
_Besser mehr Injektionspunkte.
_ Immer 1 cm vom Orbitarand
entfernt bleiben.
Fachbeitrag _ Studie
gen und Saunabesuche waren drei Tage nach der
Behandlung untersagt. So wollten wir sichergehen,
dass sich möglichst wenig Substanz unkontrolliert
verteilt.
Die Behandlungsdaten wurden in der Patientenakte
dokumentiert. Bei der Wiedervorstellung zur nächsten Behandlung wurden die Patienten mittels Fragebogen bezüglich der Wirkung der Behandlung befragt. Die Zufriedenheit bezogen auf den Behand-
lungseffekt (d.h. Mimik und Faltenwirkung) beurteilten die Patienten nach dem Schulnotensystem. Es
wurde der Behandlungseffekt für die verschiedenen
Regionen und auch der Gesamteffekt beurteilt.
Außerdem wurde nach Komplikationen gefragt. Zusätzlich sollten die Patienten Wünsche bezüglich einer Behandlungsoptimierung angeben. Hier sollten
die Wirkdauer, der Schmerz und die Behandlungskosten beurteilt werden.
_Ergebnisse
Botulinumtoxin A-Präparate
®
®
®
Xeomin
Botox
Dysport
Hersteller
Merz
Allergan
Ipsen
Dosis pro Ampulle (MU Einheiten)
100
100
500
Äquivalentdosis
1
1
3-4
Komplexproteine
nein
ja
ja
Bakt. Proteingehalt
0,6 ng
4,8 ng
5 ng
H-Albumin/Amp
1 mg
0,5 mg
0,25 mg
Lagerung (°C)
Raumtemp.
2–8
2–8
Lösung haltbar
24 h
4h
8h
Ergebnisse Xeomin® bei 40 Patienten
Glabella
Stirn
quer
Orbita
Nase
seitlich
Oberlippe
Anzahl
Behandlungen
37
31
28
5
1
Dosis (E)
20,9 ± 2,6
14,6 ± 2,6
8,9 ± 2,2
5,2 ± 1,8
8
Patientenzufriedenheit
1,36 ± 0,48
1,38 ± 0,49 1,96 ± 0,69 1,8 ± 0,44
Range 1–2
Range 1–2
Range 1–3
1
Range 1–2
Nebenwirkungen/Komplikationen
Schmerz nach der Therapie
0
Schwellung > 6 Stunden
0
Kleines Hämatom
2 (Orbita)
Rötung > 6 Stunden
0
passagerer Kopfschmerz
2
passagere störende Lähmungen (z.B. Ptosis)
0
Allergie
0
Übelkeit
0
Infekt
0
Resistenz
0
andere
0
Alle Patienten zeigten sich mit der Behandlung
mittels Xeomin® sehr zufrieden und stellten sich wieder aus eigener Initiative im Mittel nach 136,5±49,4
Tagen zur nächsten Behandlung vor. Bei keinem Patienten war eine frühe Nachinjektion zur Verbesserung des Ergebnisses erforderlich. Die schon früher
mit Botox® behandelten Patienten (n=29) konnten
keinen Unterschied zu ihren früheren Behandlungen
feststellen.
Die mittlere verabreichte Gesamtdosis von
Xeomin® betrug 43±15 E pro Patient. Die häufigste
Behandlungsregion (n=37) war die Glabella. Hier
wurde im Mittel 20,9 E injiziert. Am zweithäufigsten
behandelten wir Stirnquerfalten mit im Mittel 14,6 E.
Bei 28 Patienten wurden Orbitafalten mit im Mittel
8,9 E pro Seite behandelt. Seltener war die Behandlung von Falten an der Nasenseite und der Oberlippe
(siehe Tabelle).
Die höchste Zufriedenheit zeigte sich bei der Behandlung der Glabellafalten mit der mittleren Benotung von 1,36, gefolgt von den Stirnquerfalten mit
1,38. Bei den Orbitafalten gab es als schlechteste Einzelbeurteilung auch die Note 3, im Mittel aber ergab
sich eine 1,96.
Es traten keine Komplikationen ein. Lediglich zwei
Patienten berichteten über ein sehr kleines Hämatom
an einem Orbitarand. Zwei Patienten berichteten
über kurze Kopfschmerzen in der anfänglichen Wirkphase. Als positive Nebenwirkung berichteten dagegen fünf Patienten über die Besserung ihrer chronischen Kopfschmerzen. Bei vier Patienten wurde nach
ausreichender Schwächung der Muskelaktion eine
Faltenunterspritzung mit Hyaluronsäure (Belotero®)
durchgeführt. Drei der Patienten gehörten zu der
Gruppe der erwähnten fünf Kopfschmerzpatienten.
35 Prozent der Patienten wünschten sich eine noch
weniger invasive Behandlung und gaben an, unter
den Injektionsnadelstichen zu leiden. 87,5 Prozent
wünschten eine längere Wirkdauer der Faltenbehandlung. Unterschiede zu früheren Behandlungen
konnten sie aber nicht feststellen. 95 Prozent der Patienten erhofften für die Zukunft geringere Behandlungskosten. Trotzdem waren alle Patienten sehr zufrieden und führten die Behandlung weiter, da sie
keine Behandlungsalternativen für ihre ästhetischen
Wunschvorstellungen sahen.
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Fachbeitrag _ Studie
_Diskussion
Unterschiedliche Ergebnisse nach der Anwendung
von Botulinumtoxin-Präparaten können sowohl mit
der Injektionstechnik, der injizierten Menge des Toxins
sowie dem Verdünnungsgrad zusammenhängen.
Auch können Antikörper gegen das Botulinumtoxin,
die auch nach ästhetischer Anwendung gebildet werden können, für ein schlechtes Ergebnis verantwortlich sein. Für ein erfolgreiches Behandlungskonzept
sind ebenfalls die ausreichende Patientenaufklärung
und das Versprechen eines realistischen Behandlungsergebnisses entscheidend.
Bei der Behandlung mit Botulinumtoxin kann laut Literatur grundsätzlich nicht von einer 100-prozentigen
Responderrate ausgegangen werden. Ebenso kann die
Dauer der Wirkung variieren. Beschrieben ist dieser
Sachverhalt zum Beispiel auch in der Fachinformation
von Vistabel®. Dort werden die erhobenen klinischen
Daten u.a. folgendermaßen beschrieben: „30 Tage
nach der Injektion hatten nach Auffassung der Prüfärzte 80 Prozent (325 von 405) der mit Vistabel® behandelten Patienten auf die Behandlung reagiert.“ 20
Prozent der Patienten waren also nach Auffassung der
Ärzte auch in dieser Studie Nonresponder. Die Ursache
hierfür ist nicht genau bekannt, möglicherweise begründet sich die Nonresponse durch die Injektionstechnik oder auch durch eine Antikörperbildung.
Im eigenen Patientengut haben wir noch keinen Therapieversager erlebt. Dies gilt für die Anwendung von den
beiden bereits lang etablierten Botulinumtoxinen vom
Typ A Botox® und Dysport® sowie ebenfalls für die Anwendung des neuen Botulinumtoxin A-Präparates Xeomin®. Nach unserer Meinung ist die Verteilung einer
ausreichenden Menge der Substanz auf viele Injektionspunkte für eine erfolgreiche Therapie entscheidend. Die Verteilung der Substanz ist hiermit genauer
möglich, da durch die aktive Verteilung auf viele Injektionspunkte der unkalkulierbare Faktor der Diffusion als
Zufallsfaktor begrenzt wird. Eine relativ hohe Verdünnung vereinfacht hierbei die präzise Injektion.
Die Therapie mit Xeomin® kann erfolgreich analog unserem Behandlungskonzept mit Botox® durchgeführt
werden. Die Faltenbehandlung mit Xeomin® zeigt sich
mit unserem Therapieschema als sicher und zuverlässig. Die Lagerung und der Transport bei normalen
Raumtemperaturen vereinfacht das Handling mit dem
Präparat. Dass die gelöste Substanz laut den offi-
Therapie der Stirnfalten mit
16 E Xeomin®
Abb. 1_Vorher, maximale
Anspannung.
Abb. 2_Vorher, Entspannung.
Abb. 3_Nach vier Wochen.
Abb. 1
Abb. 2
Abb. 3
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Fachbeitrag _ Studie
Faltentherapie Glabella mit
Xeomin® und Filler (Belotero®)
Abb. 1–3_Vorher.
Abb. 4–6_Nach 8 Wochen 26 E
Xeomin®/4 Wochen 0,5ml Belotero®.
Abb. 1
Abb. 2
Abb. 3
Abb. 4
Abb. 5
Abb. 6
ziellen Herstellerangaben bei einer Kühlung zwischen
2–8 Grad Celsius über 24 Stunden anwendbar ist, hat
sich ebenfalls als Vorteil herausgestellt. Vom 1. Juli
2005 bis 31. März 2007 führten wir in unserer Klinik
über 350 Behandlungen mit Xeomin® durch. Bis heute
konnten wir noch keine negativen Nebenwirkungen,
Resistenzen oder Therapieversager beobachten. Ob
langfristig die Tendenz zur Antikörperbildung verringert ist, muss in Langzeitstudien evaluiert werden._
Literaturliste
[1] Jost WH, Kohl A, Brinkmann S, Commes G (2005) Efficacy and
tolerabiltiy of a botulinum toxin type A free of complexing proteins (NT 201) compared with commercially available botulinum toxin type A (Botox®) in healthy volunteers. J Neural
Transm 112: 905–913
[2] Dressler D (2006) Pharmakologische Aspekte therapeutischer
Botulinumtoxin-Präparationen. Nervenarzt 77: 912–921
[3] Truong DD, Jost WH (2006) Botulinum toxin: Clinical use. Parkinson Disorders 12: 331 and Related – 355
_Kontakt
Dr. med. Ramin Khorram
Leitender Facharzt für
Plastische und Ästhetische Chirurgie
c/o Apollo Klinik Stuttgart GmbH
Hohenzollernstr. 7– 9, 70178 Stuttgart
E-Mail: [email protected]
www.apollo-klinik.de
Faltenbehandlung der Stirn
mit Xeomin®
Abb. 1a–b_Vorher, maximale
Anspannung.
Abb. 1c_Vorher, Entspannung.
Abb. 2a_Nach vier Wochen, maximale Anspannung.
Abb. 2b_Nach vier Wochen, Entspannung.
Abb. 1a
Abb. 2a
Abb. 1b
Abb. 1c
Abb. 2b
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
face
Spezial _ Dentalfiller
Entwicklung auf dem
Dermalfillermarkt in den
letzten 20 Jahren
Autorin_Dr. med. Marianne Wolters, Frankfurt am Main
_Schon seit weit über 100 Jahren versuchte man,
Gesichtsfalten zu kaschieren und mit Füllmaterialien
verschiedenster Art aufzufüllen. Neben menschlichem Fett wurde vor allem Paraffin Anfang des
20. Jahrhunderts sehr populär. Mitte des Jahrhunderts wurde dann Silikonöl der häufigste Faltenfüller, aber extreme Nebenwirkungen führten 1965 zu
einem Verbot des Silikonöls „medical grade“ der
Firma Dow Corning durch die FDA. In den frühen
70ern begannen die Forschungsarbeiten mit einem
injizierbaren Implantat aus Rinderkollagen in
Stanford/Kalifornien. Diese führten letztlich zur
Entwicklung und Zulassung des ersten resorbierbaren Dermalfillers Zyderm® durch die FDA 1977. Die
Kollageninjektion wurde laut Angaben der ASAPS
1997 die häufigste minimalinvasive Prozedur weltweit. Seit 1981 wurden Kollagenfiller in Europa zugelassen und vertrieben und waren auch hier Goldstandard der Faltenbehandlung. Nachteil der Produkte war zum einen die erforderliche Vortestung
wegen einer möglichen immunogenen Reaktion
und zum anderen die relativ kurze Wirkdauer. Verschiedenste Präparate aus humanem Kollagen sollten die Allergenität der Dermalfiller reduzieren und
machten eine Vortestung überflüssig, konnten sich
aber dauerhaft nicht auf dem Dermalfillermarkt
durchsetzen.1 Injizierbare Kollagenprodukte hatten
mit der Entwicklung und Vermarktung der porcinen
Kollagenfiller Evolence® und Evolence Breeze® von
2004 bis 2009 noch einmal ein kurzes Comeback auf
dem Fillermarkt. Aber trotz Zulassung durch die FDA
in den USA 2007 und guter ästhetischer Ergebnisse
ohne nennenswerte Komplikationen wurde dieses
Produkt vom Markt genommen. Steigende Nachfrage nach Alternativprodukten, zunehmendes
Interesse an minimalinvasiver Gesichtsverjüngung
und letztendlich die BSE-Krise in den frühen 90ern
haben dann letztendlich dazu geführt, dass Hyaluronsäurefiller den Markt eroberten.
Hyaluronsäure (HA) ist neben dem Kollagen eine
wesentliche Komponente des Bindewebes und im
Gegensatz zu diesem kein Eiweiß, sondern ein Zuckerderivat und deshalb nicht immunogen. Bereits
1934 wurde HA aus dem Glaskörper des Rinderauges isoliert, medizinische Anwendungen erfolgten
zunächst in der Ophthalmochirurgie, später in verschiedenen Bereichen sowie vor allem in der Orthopädie zur intraartikulären Injektion bei Arthrosen
(Synvisc®). Eine Pilotstudie zur Anwendung eines
hyaluronsäurebasierten Produktes zur Behandlung
altersbedingter Hautveränderungen mit einer Modifikation von Synvisc® wurde bereits 1990 von der
Firma Biomatrix/Schweden durchgeführt und 1996
kam unter dem Handelsnamen Hylaform® das erste
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Spezial _ Dentalfiller
Hyaluronsäureprodukt auf Basis des Hylan B auf
den Markt.2
Nachdem sich die wesentlich geringere Allergenität
des hyaluronsäurebasierten Dermalfillers gegenüber der kollagenbasierten Produkte bestätigte und
dazu noch eine deutlich bessere Haltbarkeit zeigte,
erfolgte eine rasche Entwicklung weiterer Produkte
auf HA-Basis. Neben dem aviären Ursprung aus
dem Hahnenkamm, wie bei Hylaform®, wurde für
die folgenden Produkte die HA aus bakterieller
Quelle (Streptococcus equi) gewonnen und der
Begriff NASHA (non animal stabilized hyaluronic
acid) für die Produkte der schwedischen Firma Qmed wurde geprägt. Außerdem wurde der chemische Quervernetzer Divinylsulfon (DVS), der bei
Hylaform® verwendet wurde, ersetzt durch 1,4Butanediol-Diglycidylether (BDDE) und es resultierte ein injizierbares Hydrogel mit viskoelastischen Eigenschaften, das 1996 unter dem Handelsnamen Restylane® als Produkt der zweiten Generation auf den europäischen Markt kam.2 Erst im
Dezember 2003 wurde Restylane® als erster HA-Filler in den USA von der FDA zugelassen. Spätestens
seit diesem Zeitpunkt wurden HA-Filler weltweit
marktbeherrschend bei der minimalinvasiven Gesichts- und Körperbehandlung.
Weitere Entwicklungen galten der Verbesserung der
Verträglichkeit und der Verlängerung der Wirksamkeit der HA-Filler. Dazu wurden sowohl neue Quervernetzer als auch neue Vernetzungstechniken als
auch steigende Hyaluronsäurekonzentrationen
eingesetzt. Bei der dritten Generation der HA-Filler
wurde z.B. wurde mit dem Quervernetzer 1,2,7,8
Diepoxyoktan (DEO) die Stabilität erneut gesteigert durch zwei unterschiedliche chemische Brücken zwischen den HA-Ketten; diese Technik wird
als doppelte Quervernetzung bezeichnet und
kommt z.B. bei dem Produkt Puragen® zum Einsatz,
das 2001 zugelassen wurde. Eine wesentliche Neuerung war dann zuletzt die Entwicklung eines
monophasischen Gels, nachdem alle vorherigen aus
HA-Partikeln in einer Lösung bestanden, also biphasisch waren. 2004 wurde diese vierte Generation der
HA-Filler in der Schweiz entwickelt von der Firma
Anteis S.A. Das monophasische Gel, BDDE-vernetzt, bildet durch eine spezielle Technik Zonen festerer und weniger fester Konsistenz, die sog. kohäsive polydense Matrix (CPM), die es auch im Gewebe beibehält. Vorteil dabei ist, dass das Gel deutlich geringere viskoelastische Eigenschaften hat als
die Vorgänger und deshalb durch enge Kanülen injiziert werden kann, ohne vorher zerkleinert zu werden. In Deutschland und Europa wurde dieser erste
monophasische Filler 2005 unter dem Handelsnamen Belotero® eingeführt.2 In den USA erhielt 2006
Juvederm® als erster monophasischer Filler die Zulassung durch die FDA.
Mittlerweile ist eine unüberschaubare Palette an
Produkten auf HA-Basis auf dem europäischen
Markt erhältlich und jährlich kommen etliche neue
Produkte dazu. Im Wesentlichen handelt es sich um
Modifikationen der vier Generationen, die Unter-
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Spezial _ Dentalfiller
schiede aufweisen in Vernetzungsmittel, Vernetzungstechnik, Hyaluronsäurekonzentration und
Viskoelastizität.3 Eine Studie, die einen Vergleich anstellte zwischen den gängigsten quervernetzten Hyaluronsärefillern in den USA, zeigte, dass die klinische Effektivität, also die Fillerpersistenz, eng korrelierte mit der Konzentration der Hyaluronsäure und
etwas weniger mit der prozentualen Elastizität. D.h.,
dass bei der Entwicklung zukünftiger effektiverer,
sprich langanhaltenderer HA-Filler die Steigerung
der Konzentration und der Elastizität erfolgen
muss. Das Produkt mit der höchsten HA-Konzentration ist zurzeit Vario Fill® Bodycontour mit 33 mg/ml
der Firma Adoderm GmbH, das im Juli 2010 auf den
Markt kam. Höhere HA-Konzentrationen sind zurzeit problematisch, ebenso wie die Erhöhung der
Konzentration der gängigen Quervernetzer, da sie
toxisch werden. Es müssen deshalb neue Techniken
der Quervernetzung oder neue Vernetzungsmittel
gefunden werden, um die Haltbarkeit der Produkte
zu verlängern, ohne die Nebenwirkungen zu erhöhen.
Zur Reduktion der Schmerzhaftigkeit beim Injizieren setzte die Firma Allergan 2008 seinen Juvederm® ultra-Produkten 0,3 % Lidocain zu. Dadurch
wurde eine wesentlich komfortablere Behandlung
vor allem sensibler Gesichtsareale möglich ohne
vorherige Anästhesie und viele Patienten bevorzugen natürlich diese schmerzlosere Variante.Eine Beeinträchtigung der Wirksamkeit und Dauerhaftigkeit der Präparate durch den Lidocainzusatz konnte
nicht festgestellt werden,10 sodass etliche andere
Produkte zwischenzeitlich ebenso mit Lidocain versetzt wurden.
Lange Jahre wurden unterschiedliche HA-Filler zur
einfachen Faltenunterspritzung eingesetzt. Seit
drei Jahren aber ist das ganzheitliche Behandlungskonzept mit Volumenrestaurierung und flächenhafter Hautverbesserung als minimalinvasive Behandlungsmethode des alternden Gesichtes auf
dem Vormarsch. Die verbesserten Injektionstechniken mit abgerundeten Kanülen können großflächigen Ersatz des geschwundenen subkutanen Fettgewebes sowohl in der tiefen als auch in der oberflächlichen Weichteilschicht mit verschieden viskösen HA-Fillern schaffen und erstaunliche Erfolge
erzielen.11 Die Firma Q-med hat mit der Entwicklung
der stumpfen, flexiblen Pix’LTM Kanüle gezeigt, dass
sie sich nicht nur um die Produkte, sondern auch
um neue Techniken und Konzepte kümmert. Das
Nachziehen aller anderen Anbieter mit dieser
Behandlungsmethode zeigt, dass dies der richtige Weg in die Zukunft ist.
Jahrtausends kamen auch etliche nichtresorbierbare Fillersubstanzen auf den Markt, die durch Versprechungen über Unbedenklichkeit und Langlebigkeit vor allem um die Jahrtausendwende viele
Behandler zu ihrer Anwendung verleiteten. Es handelte sich um nichtresorbierbare Grundsubstanzen
oder aber um permanente Partikel, gelöst in Hyaluronsäure oder Kollagen, die vorwiegend im Gesicht
angewendet wurden und z.T. verheerende Komplikationen auch noch nach Jahren hervorriefen.
Zahlreiche Veröffentlichungen über Komplikationen mit permanenten Dermalfillern und der extrem
schwierigen Behandlung der mit schwersten Entzündungen, Verhärtungen, Fistelbildungen und
Materialverschiebung einhergehenden Entstellungen haben mittlerweile sämtliche ästhetischen
Fachgesellschaften dazu veranlasst, sich gegen die
Verwendung nichtresorbierbarer Dermalfiller auszusprechen.4, 5 Aufgrund der anhaltenden Komplikationen nach permanenten Dermalfillern wurden
Anfang des Jahrtausends Zentralregister für Fillerkomplikationen eingerichtet, bei denen die Substanz, die die Komplikation auslöste, genau bestimmt werden konnte und die dadurch vor allem
auch bei forensischen Fragestellungen wichtig
wurden. Aber auch die resorbierbaren Filler verursachten in unterschiedlicher Häufigkeit Komplikationen, die durch diese Zentralregister allen zugänglich gemacht werden konnten und die Behandlung der Komplikationen wurde standardisiert.
Vor allem C. Lenzen, der als erster ein Zentralregister aufbaute, gab frühzeitig einen breiten Überblick
über die Möglichkeiten der Diagnostik, Behandlung und vor allem der Vermeidung solcher unerwünschter Nebenwirkungen6 und machte auf die
Existenz des BfArM und die Meldepflicht solcher
Komplikationen aufmerksam. Mittlerweile können
alle Anwender und Patienten sich an drei Stellen
über Komplikationen und Therapiemöglichkeiten
informieren und registrieren lassen:
_Nichtresorbierbare Substanzen
Mit dem steigenden Interesse nach nichtoperativen
Prozeduren Ende des letzten und Anfang dieses
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Spezial _ Dentalfiller
_ www.zentralregister-filler.de (Leiter Dr. Dr. med.
C. Lenzen)
_ www.derma-filler.de (Register für Füllmaterialnebenwirkungen, Charité-Universitätsmedizin
Berlin, Leiter Prof. Dr. med. B. Rzany)
_ www.fillerwelt.de (Portal der GÄCD)
_Andere, nicht permanente
Fillersubstanzen
Obwohl HA-Filler mit Abstand am häufigsten weltweit zum Einsatz kommen, sollen einige wichtige
Substanzen hier genannt werden, ohne dass eine
weitere Aufzählung aller Produkte, wie in vielen Veröffentlichungen, erfolgen soll.
Es handelt sich um synthetische Kollagenstimulanzien wie die Produkte Sculptra® und Radiesse®,
die in den letzten Jahren sehr an Bedeutung gewonnen haben und vermehrt eingesetzt werden.
Sculptra® ist ein synthetisches Poly-L-MilchsäureProdukt, das bereits seit 1999 in Europa auf dem
Markt ist, damals unter dem Namen Newfill®. Es
wurde zunächt zur Behandlung der fazialen Lipoatrophie bei HIV-Patienten eingesetzt und in mehreren Studien wurde die Neokollagenese des Produktes nachgewiesen.7 Es handelt sich um ein Pulver,
das rekonstituiert werden muss, und dessen
Anwendung sowohl in der Vorbereitung als auch in
der Verabreichung komplett anders erfolgen muss als
bei den sogenannten Dermalfillern. 2004 erhielt das
Produkt, nun unter dem Handelsnamen Sculptra®,
die FDA Anerkennung in den USA und durch die Erkenntnis, dass Volumenverlust einen Hauptfaktor
der Gesichtsalterung darstellt, gewann das Produkt
nach sorgfältiger Überarbeitung der Anwendungsempfehlungen zunehmend an Bedeutung und Beliebtheit.8 Heute hat es seinen festen Platz in der
Behandlung des alternden Gesichtes und wurde als
erstes Produkt für das sog. „Liquid Lifting“ eingesetzt.
Radiesse® ist ebenso ein synthetisches Kollagenstimulanz, das seit 2004 auf dem europäischen Markt
ist und 2010 von der Firma Merz Aesthetics übernommen wurde. Das Produkt wurde 2006 von der
FDA zur Behandlung von Gesichtsfalten zugelassen
und der Vorbesitzer, die amerikanische Firma Bioform Medical, hatte in mehreren Studien die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Radiesse nachgewiesen.9 Es handelt sich um synthetische Calciumhydroxylapatit-Mikrosphären in einem wässrigen
Gelträger. Das Produkt gibt nach Injektion sofortiges Volumen, aber stimuliert zusätzlich die Kollagenneogenese und sorgt dadurch für einen länger
anhaltenden Effekt. Ungeeignet ist Radiesse® für
die Injektion ins Lippenrot und in die oberflächlichen Hautschichten.
Zum Schluss einige Überlegungen: Die Situation
auf dem Markt der dermalen Filler ist nach wie vor
heiß umkämpft. Obwohl
in den letzten zehn
Jahren enorme Entwicklungen stattfanden, ist
der ideale Filler noch nicht
gefunden und vielleicht soll
er auch gar nicht gefunden werden. Der immerwährende Wunsch
nach weiterer Verbesserung, längerer Haltbarkeit
und weniger Kosten wird immer neue Filler auf den
Markt bringen. Dabei sind vor allem Versprechungen die Drahtzieher, die die Patienten und Anwender dazu bringen, neue Produkte zu testen. Es dauert mindestens ein Jahr, um einen Filler als Anwender ausreichend beurteilen zu können und ob ein
Wechsel von einem guten vertrauten Produkt auf
ein innovativeres gerechtfertigt ist. In der Vergangenheit wurden bekannte Substanzen oft in neuer
Form und Funktion und unter neuem Namen präsentiert, ohne dass nur die geringste Änderung am
Produkt selbst stattgefunden hatte. Ebenso tauchten neue Namen für alte Substanzen auf, die sehr
komplikationsbelastet waren und erst nach längeren Recherchen konnte demonstriert werden, dass
es sich um ein und dasselbe Produkt handelte. Durch
Firmenaufkäufe und Fusionen wurden letzt-endlich etliche Namen miteinander vermischt und der
Dschungel der Präparate wurde undurchschaubar.
Es ist deshalb immer wieder verwunderlich, dass
man als Behandler auf einem Kongress plötzlich mit
neuen Produkten konfrontiert wird, die anhand von
teuren Broschüren mit makellosen Gesichtern kostengünstige Faltenfreiheit und lange Haltbarkeit
versprechen, aber keinerlei Angaben zu HA-Konzentration, Vernetzungsmittel oder -technik machen und die vor allem keinerlei klinische Studien
nachweisen können. Kosten werden aber immer
verursacht durch die Qualität und Konzentration
der Inhaltsstoffe, sei es die Hyaluronsäure oder das
Vernetzungsmittel und durch ein mögliches neues
Vernetzungsverfahren, das entwickelt wurde. Und
vor allem werden Kosten auch durch klinische Studien verursacht, die nur wenige Anbieter vorweisen
können. Zu viele sogenannte „Trittbrettfahrer“ versuchen mit vielversprechenden Formulierungen
und abgekupferten Phrasen solche Studien zu umgehen, um ihre Kunden durch kostengünstige Pro-
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Spezial _ Dentalfiller
dukte zu gewinnen. Seriöse Hersteller bieten ihren
Anwendern „Hands-on“-Workshops mit ihren
Produkten an, wo neben theoretischem Wissen von
einem erfahrenen Anwender die produkteigene Injektionstechnik erlernt und erprobt werden kann. In
den letzten Jahren nehmen auf allen ästhetischen
Kongressen solche Workshops mit hoher Qualität
einen beträchtlichen Teil des Programmes ein und
neben der Fortbildungsmöglichkeit ist die Bezahlbarkeit der Kongresse durch den Einsatz der Industrie dadurch gewährleistet.
Die Suche nach dem idealen Filler wird weitergehen. Es wird neue Substanzen geben, die erprobt
werden und alte Substanzen werden modifiziert.
Wie schwierig es ist, ein neues Produkt zu entwickeln und zu etablieren, zeigte die kurze „Karriere“
des Novabel®, das von der Firma Merz Aesthetics im
Januar 2010 auf den Markt gebracht wurde. Der
vielversprechende Alginatfiller war seit 11/2007 in
einer klinischen Studie getestet worden. In sieben
Ländern Europas wurde der neue Filler nur in Hände
von vorher geschulten Anwendern abgegeben. Aber
bereits am 1. Juli 2010 wurden Verkauf und Marketing gestoppt, da Komplikationen vor allem im infraorbitalen Bereich aufgetreten waren. Es handelte
sich zwar „nur“ um 70 Fälle bei 24.000 verkauften
Ampullen, entsprechend 0,3 %, aber wirksame Behandlungsoptionen konnten nicht angeboten werden. Dieses schnelle Handeln ist der Firma Merz
hoch anzurechnen. Es zeigt, dass der Umgang mit
Komplikationen nicht mehr allein auf dem Rücken
der Patienten ausgetragen wird wie bei den frühen
Fällen vor allem mit Dermalife®, die heute noch in
langwierigen Prozessen zu ihrem Recht kommen
wollen, sondern dass auch die Hersteller Verantwortlichkeit zeigen.
Die Behandlung mit Dermalfillern ist nicht mehr
wegzudenken aus der ästhetischen Gesichtsbehandlung. Genau wie zum Erlernen einer operativen
Maßnahme sind spezielle Voraussetzungen wie
anatomische Kenntnisse, Kentnisse über die unterschiedlichen Füllmaterialien und die richtige Handhabung sowie Indikation erforderlich und ausreichend Kenntnisse beim Management unerwünschter Reaktionen. Die Gruppe um B. Rzany hat durch
ihre Forschung in der Division of Evidence Based
Medicine in der Klinik für Dermatologie, CharitéUniversitätsmedizin Berlin, Richtlinien zur Fehlervermeidung bei der Anwendung von injizierbaren
Füllmaterialien aufgestellt.11 Darin wird allen Anwendern empfohlen, Füllmaterialien zu verwenden,
deren Wirksamkeit und Sicherheit in guten klinischen Studien nachgewiesen wurde. Das sind bei
den resorbierbaren Materialien Sculptra® und Radiesse® und bei den HA-Fillern Belotero®Basic,
Emervel® Classic und Emervel® Deep, Restylane®,
Restylane® Perlane und Teosyal® Deep Lines. Außerdem wird wenig erfahrenen Behandlern der Einstieg
mit HA-Fillern empfohlen, weil im Falle einer Überkorrektur oder eines unerwünschten Ergebnisses
mit Hyaluronidase ein „Gegenmittel“ zur Verfügung steht,11 was bei den anderen Materialien nicht
der Fall ist.
_Fazit
Hyaluronsäurebasierte Dermalfiller sind marktbeherrschend. In den letzten 20 Jahren hat sich die
Qualität der Produkte enorm gebessert, die Einsatzmöglichkeiten vervielfältigt und die Komplikationsrate bei fachgerechter Anwendung minimiert. Vor
allem in der Kombination mit BTX-A Behandlungen
hat sich die breite Palette sicherer und effektiver
Produkte zu einer optimalen minimalinvasiven Behandlungsmethode des alternden Gesichts entwickelt, die immer häufiger von unseren Patienten gewünscht wird. Die subdermale Platzierung der Produkte zum großflächigen Volumenaufbau muss
sich noch in ihrer Langzeitwirkung bewähren, da
hohe Sicherheitsstandards bisher vorwiegend
durch intradermale Applikation festgestellt wurden. Bei dem unüberschaubaren Angebot der verschiedenen HA-Filler gibt es erhebliche Unterschiede in Konzentration, Vernetzungsart, Vernetzungsgrad, Kohäsivität, Viskoelastizität, Partikelgröße, Injektionstiefe, Injektionsdruck, Haltbarkeit
und Verträglichkeit. Es wird empfohlen, Präparate
mit klinischen Studien einzusetzen und sich ein umfassendes Wissen über die Techniken und Produkte
anzueignen, um die Qualität und Sicherheit der Behandlungen zu gewährleisten._
Literaturliste
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[11] Hartmann, V., Bachmann, F., Erdmann, R., Rzany, B. Fehlervermeidung bei der Anwendung von injizierbaren Füllmaterialien, Kosmetische Medizin 2.11, 52–58, 2011
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
_Kontakt
face
Dr. med.
Marianne Wolters
Plastische Chirurgin
Privatarztpraxis
Liebigstraße 8
60323 Frankfurt am Main
Fachbeitrag _ Minimalinvasive Therapien
Botox, Filler, Chirurgie –
wo sind die „Schnittstellen“
Autor_Prof. Dr. Hans Behrbohm, Berlin
Abb. 1_ Sagging of the face: Schematische Darstellung der Vektoren,
die bei der Alterung des Gesichtes
wirken und zu den typischen
Veränderungen führen: Brauenptose,
Blepharochalasis,Tränensäcke,
Hängewangen, tiefe Nasolabialfalten, Marionetten- und Plissaefalten,
Elastose, Platysmabanding.
Abb. 1
Abb. 2_ Hände einer 70-jährigen Patientin mit typischen Veränderungen
einzelner Gewebetypen.
Abb. 2
Kräfte des
Alterungsvorganges
_Was hat die Zeit mit uns gemacht, was ist denn
bloß aus uns geworden. Ein eisiger Wind treibt uns
nach Norden … ich will da nicht hin …, so beschreibt
es Udo L. in einer seiner Balladen von der letzten LP
„Stark Wie Zwei“.
Die sichtbaren Spuren des Alterns sind individuell
sehr unterschiedlich und werden zugleich auch sehr
verschieden wahrgenommen, bewertet und erlebt.
Durch Selbstwahrnehmung und Selbstwertgefühl
vieler junger Menschen, aber nicht nur dieser, werden
retuschierte Bilder von phänotypisch idealisierten
Personen beeinflusst. Nicht selten werden diese Bilder als Leitbild oder Maßstab angenommen. Daraus
entstehen Zerrbilder von ewiger Jugend und Schön-
heit, denen immer mehr Menschen entsprechen
möchten. Der Widerspruch zwischen jugendlichem
Lebensgefühl und sichtbaren Zeichen des Alters bzw.
des Alterns erzeugt eine Nachfrage an Maßnahmen,
die die Zeichen des Alterungsprozesses aufhalten
bzw. die „Zeit anhalten“. Neben den sichtbaren „morphologischen“ Veränderungen führen z.B. Behandlungen mit Botulinumtoxin darüber hinaus bei neun
von zehn Frauen nach aktuellen Studien zu einer signifikanten Verbesserung der Stimmungslage.1 Dennoch sollte jedes Gesicht, ganz besonders im Alter,
seine Fähigkeit bewahren, Stimmungen, Reaktionen
und Gefühle auszudrücken. Als Spiegel der Seele ist
Mimik zentraler Bestandteil von Gebärdenspiel und
Körpersprache.
Alter, Erlebnisse und Krankheiten verändern das Gesicht und den Gesichtsausdruck. Früher konnten
Ärzte anhand autochthoner Zeichen im Gesichtsausdruck von Kranken, allein durch eine Analyse des Gesichtsausdrucks, zu konkreten Diagnosen kommen.2
Nicht zuletzt spiegelt sich ein Leben in einem Gesicht
wider und hinterlässt in diesem Sinne „Spuren“ oder,
wenn gar nicht, wird es Stoff von Romanen, wie im
„Bildnis des Dorian Gray“ von Oscar Wilde.
Der Alterungsprozess betrifft das gesamte Gesicht
mit allen verschiedenen Gewebetypen und erfordert
immer ein sehr individuelles Konzept auf der Grundlage einer Analyse, die neben dem Haut- und Bindegewebstyp auch die Mimik und Motorik, den Typ und
das Naturell des Patienten berücksichtigt. Typische
Veränderungen während des Alterungsprozesses im
Gesicht sind gekennzeichnet von einem Elastizitätsverlust der Haut, einer Umverteilung von subkutanem Fett und einem Dynamitätsverlust der Haut. Es
resultiert das sog. „Sagging of the face“ (Abb. 1).
Die Haut reagiert in Abhängigkeit vom Typ mit Texturveränderungen, Verlust von Turgor, Dehydratation und z.B. Elastose. Das Bindegewebe verliert an
Elastizität, Knorpel ossifizieren und werden rigide,
die Knochen demineralisieren und werden spröde,
Gefäße sklerosieren (Abb. 2).
Neben den Veränderungen der einzelnen Gewebe
kommt es im Laufe des Alterungsprozesses zu deutlichen Gewebeverlagerungen und Proportionsveränderungen.
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Fachbeitrag _ Minimalinvasive Therapien
Trichion
Nasion
Rhinion
Porion
Pronasale
Subnasale
Pogonium
Abb. 3
In den letzten Jahren ist die Nachfrage nach minimalinvasiven Verfahren der Anti-Aging-Medizin stark
angestiegen.
Anforderungen an minimalinvasive Verfahren
der Anti-Aging-Medizin
Eine kurze Downtime
Ein geringes Komplikationsrisiko
Eine ambulante Durchführbarkeit
Ein optimales und lang andauerndes Ergebnis
Voraussetzung für jede gesichtskonturierende und
rejuvenative Behandlung ist eine genaue Analyse des
Gesichts als Gesamtheit. Es schließt sich ein Behandlungsplan an, der mit der/dem Patientin/en erörtert
wird und alle individuellen morphologischen und
psychologischen Gegebenheiten berücksichtigt. In
der Regel stehen Behandlungen mit Botulinumtoxin
und resorbierbaren Fillern verschiedener Vernetzungsgrade am Anfang der Behandlung. Sie haben
bei sachgerechter Anwendung und Kenntnis der Eigenschaften der Filler und der Injektionstechniken
ein sehr geringes Risiko. Während noch vor Jahren
das Prinzip Relax, Refill und Redrape als chronologischer Fahrplan der Rejuvenation proklamiert wurde,
stehen heute auch nach Empfehlung der Facial Aesthetic Consensus Group Faculty mehrdimensionale
Konzepte mit dosierter muskulärer Entspannung,
Volumenauffüllung und Rekonturierung des Gesichtes im Vordergrund.3 Positive synergistische Effekte
zwischen Botulinumtoxin und Fillern bestehen sowohl in der Beseitigung oder Verminderung von Falten durch Schwächung muskulärer Aktivität als auch
in der Verlängerung der Wirkung der Filler an Orten
verminderter Mobilität und Resorption.
Der Wunsch nach Veränderung begegnet uns bereits
bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen.
Abb. 3_ Für die Lippengröße gilt die
im Profil messbare Formel: Abstand
Lippenrot – Subnasale = Abstand
Subnasale – LobulusColumella-Übergang. Grafik aus
Behrbohm: Ästhetische Gesichtschirurgie – ein Ratgeber für Patienten, Endopress, Tuttlingen 2008.
Abb. 4_ Augmentation des Volumens
der Oberlippe und Aufrichten der
Mundwinkel a) vor und b) unmittelbar
nach Injektion der Hyaluronsäure,
Belotero intense.
Abb. 4a
Abb. 4b
Abb. 4c
Abb. 4d
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Fachbeitrag _Minimalinvasive Therapien
Hier stehen Nasen-, Kinn- oder komplexe Profilkorrekturen des Gesichtes an der Spitze. Über die Zeitpunkte der frühestmöglichen Operationen und die
Voraussetzungen informieren die aktuellen
AWMF-Leitlinien.4
_Minimalinvasive Verfahren
Exemplarisch sollen einige minimalinvasive Verfahren dargestellt werden:
Abb. 5a
Abb. 5b
Abb. 6a
Abb. 6b
Abb. 7a
Abb. 7b
Abb. 5_ Volumenvergrößerung der
Oberlippe a) vor und b) nach Injektion
mit Belotero basic.
Abb. 6_ Diskrete periorale Volumensubstitution a) vor und b) nach Injektion
von Hyaluronsäure.
Abb. 7_ Aufrichten der Lippenrotkante
der Oberlippe, Augmentation des Philtrums und Unterspritzen der Nasolabialfalte bds. a) vor und b) drei Wochen
nach der Augmentation.
Abb. 8a–d_ Behandlung von typischen
Platysmabandings a) und c) vor und b)
und d) zwei Wochen nach Behandlung
mit Xeomin. Einzeldosis 2 IE in die
Stränge, Gesamtdosis 14 IE je Seite.
• Lippenkorrekturen
Auch jüngere Frauen wünschen immer häufiger
Veränderungen von Lippenform und -volumen.
Volle, schön geschwungene Lippen gehören zu den
wichtigen Attributen des Gesichtes einer Frau.
Absolute geometrische Regeln gibt es nur für die
Größe der Lippen im Profil. Es muss im Kontext mit
den benachbarten ästhetischen Einheiten bzw. des
ganzen Gesichtes entschieden werden, ob und welche Veränderung der Lippe einen Gewinn darstellt
(Abb. 3).
Bevor andere Maßnahmen empfohlen werden,
sollte die Augmentation der Lippen je nach Ausgangsbefund zunächst mit einem resorbierbaren
Filler erfolgen. Es hat sich hier Hyaluronsäure Belotero intense als multiquervernetzte, monophasische Hyaluronsäure bzw. Belotero basic als multivernetzte Hyaluronsäure in Abhängigkeit vom Ausgangsbefund bewährt. In linearer Technik kann das
Volumen selbst augmentiert und die obere Lippenrotkante gezielt aufgestellt werden (Abb. 4–6).
Die Lippenaugmentation mit autologem Fettgewebe
birgt die Chance eines dauerhaften Resultates, wenn
ein Großteil der transplantierten Fellzellen wirklich
integriert werden und „anwachsen“. Es ist durchaus
mit einer teilweisen Resorption zu rechnen. Dann
können Irregularitäten z.B. an der Lippenrotkante
verbleiben.
Tiefe Plissaefalten und Marionettenfalten in Kombination sind nicht selten. Auch hier kann die Ober-
Abb. 8a
Abb. 8c
Abb. 8b
Abb. 8d
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Fachbeitrag _ Minimalinvasive Therapien
Abb. 9_ Kombinationsbehandlung
der Stirn und Glabellaregion mit Xeomin und Augmentation
mit Belotero basic und soft zum
Ausgleich von Falten, Plateaus und
einer OP-Narbe.
Abb. 9a
Abb. 9b
lippe augmentiert und die Lippenrotkante aufgestellt werden. Es empfiehlt sich immer, das Philtrum
durch intradermale Injektionen zu modellieren und
die Nasolabialfalte zu heben. Besonders wichtig ist
das nasolabiale Dreieck. Es geht in dieser Region oft
tur zart. Schlupflider sind daher die ersten nur chirurgisch behandelbaren Zeichen des Alterungsprozesses und entstehen durch Elastizitätsverlust der
Haut und Tonusverlust der Muskulatur. Je nach Befund verfolgt die Operation drei Ziele: Entfernen
Abb. 10_ Kombinationsbehandlung
Glabella mit Xeomin und der
Nasolabialregion mit Belotero basic.
Abb. 10c
Abb. 10a
Abb. 10b
Abb. 10d
nicht um das Glätten von Falten, sondern um den
Ausgleich von „Plateau“-Bildungen mit NiveauUnterschieden.
• Platysmabanding
Ein typisches Problem der Halsveränderung stellt das
Platysmabanding dar. Gezielte Injektionen von jeweils 2 IU Xeomin in die Stränge in ca. 2 cm Abständen führen zu deutlichen Effekten (Abb. 8).
• Kombinationsbehandlung mit Botulinumtoxin
und Hyaluronsäure
Zunächst erfolgt die Behandlung der Zornes- und
Sorgenfalten mit Botulinumtoxin. Im Intervall von
7–10 Tagen erfolgt dann die Augmentation kleiner
Falten der Stirn z.B. mit Belotero soft und die Augmentation der Nasolabialfalten mit Belotero basic
(Abb. 9 und 10).
Sind die minimalinvasiven Techniken der Rejuvenation „ausgereizt“, sind folgende wenig invasiven
Operationen die ersten, die nach eigenen Erfahrungen in Betracht kommen:
Oberlid-, je nach Befund mit Unterlidkorrektur,
Mittelgesichtslifting, Stirn-Brauenlifting. Sehr häufig sind Kombinationsoperationen, in unserer
Sprechstunde mit Nasenkorrekturen.
• Oberlidkorrektur /Kombinationsoperationen
Die Haut der Lider ist besonders dünn, die Muskula-
überschüssiger Haut, „Straffen“ des Lidmuskels und
das Abtragen von prolabiertem Fett (Abb. 11).
• Midfacelift
Das Absinken der Gesichtsweichteile der Wange
kann zu typischen Hängewangen, Nasolabialfalten,
hängenden Mundwinkeln und einer deutlichen KonAbb. 11_ Planung einer Blepharoplastik der Oberlider mit dem
Planungszirkel n. Behrbohm, Storz.
Abb. 11
Abb. 12_ Prinzip und Zugänge zum
minimalinvasiven Mittelgesichtslifting MGL. Grafik aus Behrbohm:
Ästhetische Gesichtschirurgie,
Endopress, 2007.
Abb. 12
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Fachbeitrag _Minimalinvasive Therapien
Abb. 13a
Abb. 13b
Abb. 13c
Abb. 13d
Abb. 15
Abb. 14b
Abb. 14a
Abb. 13a–d_ 50-jährige Patientin
mit Blepharochalasis beidseits und
Höckernase a) und b) und ein Jahr
c) und d) nach Blepharoplastik,
Rhinoplastik und MGL ein Jahr nach
dem Kombinationseingriff.
Abb. 14_ Patientin vor a) und
b) ein Jahr nach endoskopischem
Brauen-Lifting.
Abb. 15_ Prinzip der GesichtsRekonturierung durch Trimmen
des SMAS, „dynamic SMAS“ und
Konturierung des Fettgewebes.
Abb. 16a–c_ a) Patientin präoperativ, b) ein Jahr postoperativ und
c) zehn Jahre postoperativ.
turveränderung und Erschlaffung des Mittelgesichts
führen (Abb. 12).
Über die gezeigten Zugänge erfolgt eine Präparation
entlang der Fascie des M. temporalis bis zum Arcus
zygomaticus. Danach erfolgt entweder eine oberflächliche oder tiefe, endoskopische Präparation in
Bezug zur Fascia temporoparietalis mit letztlich einem subperiostalen Zugang zum Wangenfettkörper.
Unterstützt wird die Präparation, das Heben und
Anschlingen duch je eine bukkale Inzision (Abb. 13).
• Stirnbrauenlift
Entscheidend ist oft bereits das Stellen der richtigen
Indikation, z.B. zu einer Hebung der Brauen bzw. zu einem Stirnlifting. Viele Patienten stellen sich mit der
festen Erwartung einer Lidkorrektur vor. Diese bringt
allein nichts, wenn es durch ein Nachlassen der Dynamik der Stirnmuskulatur zu einem Absinken der
Stirn-Brauen-Partie mit Pseudoblepharochalasis der
Oberlider gekommen ist. Ob ein subkutaner StirnBrauen-Schläfen-Lift oder eine endoskopische Operation im Einzelfall von Vorteil ist, hängt von dem aktuellen Befund und den Erfahrungen des Operateurs
mit der jeweiligen Technik ab. Eine weitere Indikation
zum Stirnlift sind Zustände nach Fazialisparesen oder
besondere anatomische Konstellationen (Abb. 14).
• Wangen-Hals-Lifting
Eine verstrichene Hals- und Unterkieferkontur mit
deutlichen Erschlaffungszeichen von Gesichts- und
Halsmuskulatur und Zeichen des „Sagging of the
face“ ist eine Indikation zu einem Wangen-Hals-Liftings evtl. auch im Rahmen eines Face-Liftings. Die
Methode der Wahl ist die Präparation des SMAS mit
dynamischer Straffung und kontrollierter Reduktion
und Formung des subkutanen Fettgewebes.5 Dadurch lässt sich ein deutlicher Verjüngungseffekt
erreichen mit allen psychologischen und psychosozialen Auswirkungen, die bei gelungener Operation
besonders von Patientinnen oft ganz treffend als
„geschenkte Jahre“ bezeichnet werden. Ab dem
Zeitpunkt der Operation setzt natürlich erneut ein
Alterungsprozess ein, jedoch um Jahre verschoben
(Abb. 15 und16)._
_Kontakt
Abb. 16a
Abb. 16b
Abb. 16c
Prof. Dr. Hans Behrbohm
Privatpraxis am Kurfürstendamm 61
10707 Berlin
www.ku61.de
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
face
Spezial _ Dermafiller
Hyaluronsäure mit
Langzeiteffekt
Autor _ Dr. Michael J. Weidmann, Augsburg
_Einleitung
Da die Patienten längere berufliche Ausfallszeiten
zunehmend ablehnen, erfolgte in den letzten Jahren ein stetiger Wandel im Bereich der ästhetischen Medizin hin zu minimalinvasiven Eingriffen.
Hierzu zählen: Die Anwendung von Augmentationsverfahren, Botulinumtoxin A, Peeling, Lasersysteme, Aptosfäden, kleine operative Korrekturen
und die Anwendung der entsprechend ergänzenden Externa. Durch die individuelle Kombination der Verfahren können hier für den Patienten optimale Konzepte über
Jahre erarbeitet werden, die in
der Summe ähnliche Ergebnisse
wie vormals große operative Eingriffe erbringen können. Dabei
werden im Laufe des Alterungsprozesses die jeweils in der
spezifischen Situation erforderlichen Therapieschritte angewandt, ohne dass für den Patienten z.B. durch einen invasiven
operativen Eingriff eine endgültige Situation geschaffen wird.
Der Patient kann dem Alterungsprozess mit sich ständig verbessernden Therapien begegnen.
Hierzu ist es erforderlich, dass
der betreuende Arzt alle Techniken beherrscht, um den Patienten optimal für die jeweilige Situation zu beraten. Aber auch
die minimalinvasiven Methoden
haben Nebenwirkungen und
Kontraindikationen, die im Einzelfall Berücksichtigung finden
und über die umfangreich aufgeklärt werden muss.
_Filler im Vergleich
Trotz jahrzehntelanger Anwendung
von Fillersubstanzen und vielen
Neuentwicklungen auf diesem Sektor scheint die ideale Substanz noch
nicht gefunden. Die Permanentfiller mit Polyacrylatbestandteilen
sind in den letzten Jahren aufgrund der Entwicklung von Granulomen zunehmend umstritten.
Bovines Kollagen und reine Hyaluronsäure sind in der Anwendung
sowie der Komplikationsrate weitgehend problemlos. Selbstverständlich ist bei der Anwendung
von bovinem Kollagen eine Allergietestung erforderlich.
Der Nachteil der Hyaluronsäuren liegt in einer kurzen bis
sehr kurzen Wirkdauer. In Anwendungsbeobachtungen mit profilometrischen Auswertungen konn-
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Spezial _ Dermafiller
ten wir bei Hyaluronsäuren der ersten und zweiten
Generation nur eine mittlere Wirkdauer von drei
bis vier Monaten feststellen. In den letzten Jahren kam
es daher zu einer nahezu unüberschaubaren Anzahl
von „neuen Hyaluronsäuren“. Einerseits ergab sich hier
aber häufig kein ersichtlicher Vorteil, andererseits
wurde das Risiko durch Zusätze erhöht. Bei den bisher
bekannten Hyaluronsäuren wurde ein mäßig bis
mittelgradig vernetzter Anteil in nicht vernetzter Hyaluronsäure suspendiert, um eine Injektionsfähigkeit
der Substanz zu erzielen. Die neuesten Entwicklungen
haben es ermöglicht, eine hochgradig kreuzvernetzte
Hyaluronsäure auch ohne Suspension zu injizieren.
_Hyaluronsäure mit Langzeiteffekt
Der Markt der Hyaluronsäuren ist mit über 60 Präparaten unübersichtlich und für den einzelnen Anwender nahezu nicht überschaubar. Insbesondere die Entscheidung, ob eine „neue“ Hyaluronsäure wirklich
durch eine innovative Herstellungstechnik entstanden ist oder ob nur der Name oder die Firma sich geändert hat, ist für den Arzt häufig schwierig zu erkennen. Da die Permanentfiller, und hier insbesondere die
Acrylate von den führenden Anwendern, aufgrund des
Granulomrisikos zunehmend kritisch beurteilt werden, ist die Entwicklung von neuen Hyaluronsäuren
mit Langzeiteffekt und gutem Sicherheitsprofil ein
wichtiger Baustein im Bereich der Filler. Knötchen und
Verhärtungen sind hier in der Regel durch fehlerhafte
Injektionstechniken bedingt und histologisch keine
Granulome. Eine Therapie kann hier mit der intranodalen Injektion von Hyaluronidase erfolgen. Der Einsatz von Steroiden mit einem entsprechenden Atrophierisiko ist nicht erforderlich. Insgesamt konnte mit
Varioderm® (Fa. Adoderm) eine neuartige Hyaluronsäure mit gutem Volumeneffekt, guter Adaption an
das Gewebe und lang anhaltender Augmentation und
gutem Sicherheitsprofil getestet werden. Zur objektiveren Beurteilung sollten hier multizentrische Anwendungsbeobachtungen unter standardisierten Bedingungen stattfinden, wie sie von der Herstellungsfirma bereits eingeleitet wurden.
_Klinische Anwendung
Ab April 2006 bis Juni 2007 erfolgte die Anwendung des
neuen Fillers Varioderm®. Insgesamt wurden 34 Patienten mit unterschiedlichsten Indikationsstellungen behandelt. Die Injektionstiefen waren Subkutis
und tiefe Dermis. Als Injektionskanüle verwendeten
wir eine 26G Nadel. Die Injektion von Varioderm® subkutan wurde hauptsächlich zur Behandlung von tiefen Nasolabial- und Marionettenfalten verwendet.
Der Spritzendruck war angenehm und Akutreaktionen
wie Schwellungen, Rötungen oder Schmerzen waren
nur minimal oder gar nicht vorhanden. Auffällig waren der ausgeprägte Volumeneffekt und die gute An-
passung an das Gewebe, sodass auch sehr scharf konturierte Falten augmentiert werden konnten. Komplikationen traten weder kurzfristig noch bei den Kontrollen nach drei, sechs oder neun Monaten auf. Der
Behandlungseffekt lag in der Regel bei neun Monaten.
Im Bereich der mittleren Dermis sowie für die Lippenbehandlung erfolgte die Injektion (Varioderm®) mit einer 30G Nadel. Die Injektion war ebenfalls technisch
einfach, auffällig war eine geringgradig verstärkte lokale Entzündungsreaktion, die in Einzelfällen insbesondere bei der Lippenaugmentation stärker ausgeprägt sein konnte. Mittelfristige Komplikationen traten
nur bei einer einzigen Patientin auf, hier kam es bei der
Behandlung der Nasolabialfalten nach vier Wochen zu
entzündlichen nodösen Hautveränderungen, die sich
nach der Injektion von Hyaluronidase in zwei Sitzungen zurückbildeten. Insgesamt war bei dieser Patientin
auffällig, dass multiple Vorbehandlungen erfolgt sind.
Die Anwendung von Permanentfillern wurde jedoch
verneint. Ansonsten zeigte sich bei der Anwendung ein
hohes Sicherheitsprofil. Der Augmentationseffekt war
kürzer als bei Varioderm® subkutan, bei den behandelten Patienten war jedoch nach sechs Monaten noch
eine deutliche Augmentation nachweisbar.
Varioderm® Fineline wurde oberflächlich (obere Dermis) mit einer 30G Nadel injiziert, bei verstärkter Lokalreaktion wurde Varioderm® Fineline auch zur Lippenaugmentation verwendet. Auffällig war hier, ein
im Vergleich zu anderen Finelinpräparaten, ein deutlich erhöhter Spritzendruck, der bei späteren Chargen
verbessert wurde. Initial zeigte sich bei einigen Patienten eine verstärkte Entzündungsreaktion, die sich jedoch innerhalb von ein bis zwei Stunden komplett zurückbildete. Die Anpassung an das Gewebe war sehr
gut und sowohl im perioralen wie auch im periokulären Bereich war eine suffiziente Faltenbehandlung
möglich. Der Behandlungseffekt hielt ca. vier bis fünf
Monate an.
_Fazit
Die ersten Erfahrungen mit dem neuen Produkt sind
vielversprechend, zur objektiveren Beurteilung sollten
hier multizentrische Anwendungsbeobachtungen
unter standardisierten Bedingungen stattfinden, wie
sie von der Herstellungsfirma bereits eingeleitet wurden._
_Kontakt
Dr. med. Michael J. Weidmann
Praxisgemeinschaft /Ärztliche Leitung
Klinik am Forsterpark in Partnerschaft
Willy-Brandt-Platz 3
86153 Augsburg
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
face
Spezial _ Dermafiller
Monophasischer Hyaluronsäurefiller zur Faltenaugmentation
Autorin_Dr. med. Sabine Zenker, München
_ Der Trend zu minimalinvasiven Eingriffen ist auch in
der Ästhetischen Dermatologie ungebrochen: Hyaluronsäurepräparate zur Faltenbehandlung sind aufgrund ihrer hohen Biokompatibilität zur Injektionsbehandlung besonders geeignet. Jetzt steht eine neue
Generation von Fillern auf Hyaluronsäurebasis zur
Verfügung, mittels derer eine Augmentation mit weichen Übergängen zwischen behandeltem und nicht
behandeltem Areal erzielt werden kann: Dank eines innovativen Herstellungsprozesses (CPM-Technologie®) wird ein monophasisches Gel gewonnen, welches sich aufgrund der durch diese Herstellung erreichbaren Konsistenz besonders gut an das zu augmentierende Gewebe anpasst und somit ein sehr
natürliches kosmetisches Ergebnis gewährt.
_Der Hyaluronsäureanteil in der Haut
Hyaluronsäure (HA) ist bei Mensch und Tier identisch.
Beim Menschen kommt sie in der höchsten Konzentration in der Haut vor. Hierbei handelt es sich um ein
lineares Kettenmolekül mit repetitiven DisaccharidEinheiten (N-Acetylglucosamin-Glucuronsäure). Im
Laufe des Lebens nimmt der Hyaluronsäureanteil in der
Haut ab, folglich nehmen Elastizität und Hautturgor ab.
Der Wunsch nach Faltenaugmentation zur Unterstützung und/oder Wiederherstellung eines natürlichen
Aussehens ist ungebrochen. Hierzu stehen uns vielfältige Materialien zur Verfügung: Die Vorreiter waren
noch aviär hergestellte Hyaluronsäurepräparate, sehr
langkettige Hyaluronsäuremoleküle aus dem Hahnenkamm, die durch Quervernetzung mit Vinylsulfon haltbarer gemacht wurden als die native, nicht vernetzte
Hyaluronsäure. Diese langkettigen Moleküle mussten
dann, um sie mit einer feinen Nadel in die Haut injizieren zu können, in Mikropartikel zerkleinert und in ein
Lubricans von unvernetzter Hyaluronsäure eingebracht werden. So entstanden sogenannte biphasische
Produkte wie zum Beispiel Hylaform®.4
Im Folgenden wurde Hyaluronsäure bakteriell-fermentativ gewonnen (Streptokokken) und mittels
BDDE (1,4 Butandiol-Diglycidylether) quervernetzt
und damit stabiler gemacht. Auch diese Hyaluronsäure musste, um injizierbar zu werden, fragmentiert
und mit unvernetzter, nur kurz haltbarer Hyaluron-
säure gemischt werden. Ein so entstandenenes Partikel-Produkt in unvernetzter Hyaluronsäure ist zum
Beispiel Restylane®. Die Entwicklung schritt weiter
voran und biphasische Hyaluronsäurepräparate wurden mithilfe der Doppelquervernetzung versucht
haltbarer zu machen. Hier ist Puragen® zu nennen.
Die Hyaluronsäurefiller der nun vierten Generation,
dessen Vertreter Belotero® ist, stehen seit Kurzem zur
Verfügung. Hierbei handelt es sich sowohl in der Herstellung als auch der Art des Fillers um eine komplett
neue Technologie: Belotero® ist ein monophasischer
Filler, das heißt nicht ein Partikel-Filler, sondern ein kohärentes Gel, welches sich aufgrund seiner besonderen Eigenschaften besonders gut an das natürliche
Gewebe anpasst. Die CPM®-Technologie (CPM®: Cohesive Polydensified Matrix), mit der dieser neue Filler
hergestellt wird, ermöglicht die Herstellung eines kohäsiven Gels. Im Unterschied zu den Partikelfillern
wird dieses Hyaluronsäuregel in zwei Schritten mittels
BDDE (1,4 Butandiol-Diglycidylether) quervernetzt.
Hierdurch erhält man eine zusammenhängende Matrix mit Zonen unterschiedlicher Vernetzungsdichte,2
das heißt Anteile mit stärkerer und solche mit weniger
starker Vernetzung. Das Resultat ist ein hoch elastisches Gel mit unterschiedlichen viskoelastischen
Eigenschaften, das insbesondere durch die üblichen
engen Kanülen leicht intradermal applizierbar ist.
_Der Petrischalen-Test
Den Unterschied zwischen mono- und biphasischen
Hyaluronsäuregelen kann man in einem Petrischalen-
Abb. 1
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Abb. 2
Abb. 1_Biphasische Filler. Ergebnis
nach Schütteln mit einer Farbstofflösung: die unzusammenhängende
Matrix zerfällt in Partikel.
Abb. 2_Monophasisch dank CPM®.
Ergebnis nach Schütteln mit einer
Farbstofflösung: Belotero® bleibt in
zusammenhängender Matrix stabil.
Spezial _ Dermafiller
Abb. 3_Herkömmlicher Filler: Großschollige Verteilung eines herkömmlichen Implantates in der Dermis.
Abb. 4_Belotero®: Komplette Füllung
der intradermalen Spalträume durch
Belotero®.
Abb. 5_Herkömmlicher Filler: Die
Ausbreitung biplastischer Gele ist
durch Größe und Unförmigkeit der
Partikel limitiert.
Abb. 6_Belotero®: Die niedrig viskösen Anteile von Belotero® füllen auch
sehr enge Spalträume, höher visköse
verbleiben in größeren Spalträumen.
Abb. 3
Abb. 4
Test sichtbar machen: Gibt man jeweils 1ml der unterschiedlichen Präparate mit 10ml Wasser in eine Petrischale, so zerfallen biphasische Hyaluronsäurepräparate in multiple Teile, wohingegen monophasische
Präparate wie Belotero® in ihrer Konsistenz intakt und
in sich konsistent bleiben (Abb. 1 und 2).
Somit verhält sich ein monophasischer Filler wie Belotero® dann auch in vivo anders als ein Partikelfiller.
Durch seine hohe Viskoelastizität passt sich der Filler
ideal den Gewebsspalten an, da die niedrig viskösen,
gering quervernetzten Anteile auch die kleineren
Spalträume füllen können, die höher viskösen die entsprechend größeren Spalträumen. Das Ergebnis ist
eine gleichmäßige Verteilung des monophasischen
Präparates im Gewebe. Das zusammenhängende Gel
schafft weiche und natürliche Übergänge zwischen
behandelten und nicht behandelten Arealen.
Diese Kompetenz des monophasischen Fillers, sich optimal im Gewebe zu verteilen, konnte auch in histologischen Befunden menschlicher Haut durch Reinmüller nachgewiesen werden.1 Während sich der Partikelfüller grobschollig ablagert, füllt der monophasische
Füller die intradermalen Spalträume im Injektionsbereich gleichmäßig aus (Abb. 3 und 4).
und die begrenzte Flexibilität der unregelmäßig
geformten Partikel limitiert. Biphasische Filler
kommen aufgrund dieser Eigenschaften typischerweise im Stichkanal zu liegen und heben somit die Hautoberfläche des behandelten Areals
punktuell oder im kürzeren Verlauf an. Hingegen
glätten monophasische Filler wie zum Beispiel Belotero® Oberflächen. Weiter kann ein monophasischer Filler mit wesentlich leichterem Stempeldruck intradermal platziert werden, da die Fließeigenschaften dieser Filler optimiert sind, das Material sich besser auch in kleinste Spalträume unter
der Falte verteilt. Zudem muss bei Partikelfillern
das Material im Stichkanal platziert werden. Diesen erhält man durch Tunnellieren mit der Kanüle;
durch den anschließend erheblich höheren hydrostatischen Druck „knackt“ man mithilfe der injizierten Partikel sozusagen die interfibrillären
Strukturen des Bindegewebes auf, was zudem
schmerzhafter ist, als bei einem Material, das sich
besser in die anatomischen Strukturen einpasst.
Ein mittels CPM-Technologie® hergestellter Filler
verteilt sich geschmeidiger wie ein „Hof“ im
Gewebe (Abb. 5 und 6).
_Die Injektionseigenschaften
_Zusammenfassung
Weiter zeigen sich deutliche Unterschiede in den
Injektionseigenschaften. Auch ein biphasischer
Filler verteilt sich natürlich in den Spalträumen des
Bindegewebes der Dermis. Allerdings ist die Verteilung im Gewebe letztlich durch die Partikelgröße
Neueste Markterhebungen, wie die aktuelle GfKHealthCare-Studie aus dem Herbst 2006, bestätigten,
dass sich Belotero® als innovativer Hyaluron-Filler der
neuen Generation etabliert hat.3 Sowohl in Bezug auf
das kosmetische Ergebnis, das Handling als auch in Be-
Abb. 5
Abb. 6
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Spezial _ Dermafiller
Abb. 7
Abb. 8
zug auf die Verträglichkeit schafft es mit seinem Nutzen- und Sicherheitsprofil Vertrauen.5 Die befragten
Dermatologen und plastischen Chirurgen bewerteten
das Behandlungsergebnis nach Belotero® in 86,8%
als kosmetisch sehr gut und gut. Gleich nach seiner Implantation war die Verträglichkeit bei 97% aller
bewerteten Areale sehr gut und gut, nach drei Monaten war diese Verträglichkeit noch bei 92%.
Es lässt sich feststellen, dass die alternde Haut mit den
sich immer mehr einprägenden Gesichtszügen mit
monophasischen Produkten wie Belotero® ideal auf
natürliche Weise behandelt werden kann. Übergänge
erscheinen nach der Behandlung weicher und natürlicher, Falten-Areale werden geglättet, Granulombildung ist nach dem momentanen Stand für Belotero®
nicht beschrieben. Der Dermalfiller ist indessen sehr
leicht zu applizieren und gut zu handhaben. Belotero®
gibt es in zwei Varianten: erstens für mittlere bis tiefe
Falten wie zum Beispiel Nasolabial-, Marionettenoder Glabellafalten sowie zur Volumen- beziehungsweise Lippenaugmentation und zweitens zur periorbitalen und perioralen Anwendung. Grundsätzlich lässt
sich konkludieren, dass monophasische Filler biphasische Präparate nicht komplett ersetzen werden. Gerade zur Augmentation tieferer Falten, wo eine strangförmige Gewebeanhebung erwünscht ist, haben biphasische Präparate ihre Indikation. Im Rahmen des
Kongresses der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft in Dresden (DDG) im April 2007 wurden die aktuellsten Studiendaten vorgestellt. Auf deren Veröffentlichung dürfen wir – auch insbesondere was die
Haltbarkeit von Belotero® angeht – gespannt sein._
face
_Autorin
Dr. med. Sabine Zenker
Dermatologische
Privatpraxis
Maximilianstr. 32
80539 München
Tel.: 089 552769-0
Fax: 089 552769-11
E-Mail: [email protected], www.dr-zenker.de
Studium: Ludwig-Maximilians-Uni München.
Staatsexamen: Okt. ’95. Promotion: Aug. ’97.
Approbation als Ärztin in Bayern. Werdegang: Innere Medizin University College London Medical
School; Medizinische Klinik LMU München; Gynäkologie: Groupe Hospitaliér Pitié – Salpêtrière
Paris; Chirurgie: Memorial Sloan-Kettering Cancer Center New York und Chirurgische Klinik
Nußbaumstraße LMU, München; Anästhesie
und Rettungsdienst: Institut für Anästhesiologie
LMU München; Unternehmensberatung: Ernst +
Young München. Facharztausbildung: Klinik und
Poliklinik für Dermatologie LMU München. April
2003: Fachärztin Dermatologie. Ästhetische
Dermatologie bei Dr. med. Luitgard Wiest, München. Januar 2004: Gründung Dermatologische Privatpraxis mit Schwerpunkt Ästhetische
Dermatologie. Seit 2006: „Beratende Dermatologin L'Oréal Paris“.
Literaturliste beim Verlag erhältlich.
Abb. 9
Abb. 7_Krähenfüße vor
Belotero®-Implantation.
Abb. 8_Krähenfüße nach
Belotero®-Implantation.
Abb. 10
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Abb. 9_Nasolabialfalte vor
Belotero®-Implantation.
Abb. 10_Nasolabialfalte nach
Belotero®-Implantation.
Spezial _ Extraorale Ästhetik
Extraorale Ästhetik –
Ergänzung zur prothetischen Versorgung
Autor_ Dr. Peter K. Filzmayer, Neu-Isenburg
_Fallbeispiel
Abb. 1
Abb. 2
Abb. 4
Abb. 3
Abb. 1_ Aspekt vor prothetischer
Versorgung.
Abb. 2_ Intraoraler Status.
Abb. 3_ Aspekt nach prothetischer
Versorgung.
Abb. 4_ Frontalansicht nach extraoraler ästhetischer Therapie.
Abb. 5_ Seitliche Ansicht vor
extraoraler ästhetischer Therapie.
Abb. 6_ Seitliche Ansicht nach
extraoraler ästhetischer Therapie.
_Die extraorale Ästhetik gewinnt
immer mehr an Bedeutung. Die Behandlung von perioralen Falten und
atrophischen Lippen mit sog. „Dermafillern“ ist für den ästhetisch orientierten Zahnarzt ein zusätzliches Instrument zur kosmetischen Vervollständigung seiner prothetischen Arbeit.
Wie eindrucksvoll die Ergebnisse einer
Faltenunterspritzung und eines dezenten Lippenaufbaus sein können
zeigen die Abbildungen. Eine erst 44jährige Patientin blieb nach vollständi-
Abb. 5
Abb. 6
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
gem Zahnverlust über mehrere
Jahre unbehandelt (Abb. 1), bevor
sie sich, mit mittlerweile stark atrophiertem Kiefer, zu einer prothetischen Versorgung (Abb. 2) entschließen konnte.
Das gute Ergebnis (Abb. 3), man muss
es „Zwischenergebnis“ nennen,
konnte durch die anschließende Behandlung der perioralen Falten und
der Oberlippe mit Hyaluronsäure
noch ganz entscheidend verbessert
werden. Das Auffüllen der Nasolabialfalten und das Anheben der
Mundwinkel mit einer speziellen
Technik vervollständigte hier eine
umfangreiche Arbeit zu einem für
Patient und Behandler sehr zufriedenstellendem Ergebnis (Abb. 4
bis 6).
Auch ohne Zahnverlust tritt eine
natürliche Alterung der Haut mit
entsprechender Faltenbildung ein.
Die Leistungen der Faltenunterspritzung werden gerade in Zahnarztpraxen vermehrt nachgefragt,
das Vertrauen der Patienten in die
manuelle Geschicklichkeit und die
anatomischen Kenntnisse des Arztes besteht ja bereits.
Der Autor ist niedergelassener
Chirurg in Neu-Isenburg und leitet
Seminare mit Workshops zur extraoralen Ästhetik. Kontakt per Fax:
0 61 02/2 69 03 oder im Internet
unter www.peridental.de_
Spezial _ Extraorale Ästhetik
Ästhetikvision für
erfolgreiche Praxen
Autor_ Dr. med. dent. Martin Jörgens, Düsseldorf
_Das ästhetische Empfindendes Menschen hat sich
in den letzten Jahren stark verändert. Während die
geschmackliche Einordnung von Kunstwerken nach
wie vor eher von universellen und zeitlosen Kriterien
abhängig ist, steht die moderne Ästhetik in unserem
täglichen Leben dagegen mehr und mehr unter dem
Einfluss von gesellschaftlichen und kulturellen Faktoren. Das ästhetische Empfinden hat dementsprechend auch einen neuen Stellenwert im Zusammenhang von Schönheit und Gesundheit eingenommen.
Das Bewusstsein für einen gesunden, schönen Körper wird zunehmend größer und steht daher unmittelbar im Zusammenhang mit den verbesserten
medizinischen Voraussetzungen.
Unter diesem Gesichtspunkt sollte die Ästhetik des
Patienten auch bei zahnmedizinischen Behandlungen zentral mit einbezogen werden. Insbesondere bei
der Planung von prothetischen Rekonstruktionen, im
Bereich der Parodontologie, der konservierenden
Zahnheilkunde und der Implantologie ist die Berücksichtigung ästhetischer Faktoren unabdingbar.
Ein Patient, der heute in die Praxis kommt, setzt nicht
mehr allein auf die zahnärztliche Kompetenz seines
Zahnarztes, sondern er sucht vielmehr einen vertrauensvollen Partner, der ihn fachübergreifend berät
und neben der rein medizinischen Therapie auch ästhetische Vorschläge zur Verbesserungen und Optimierungen anbieten kann.
Leider sind viele Kollegen mit diesem neu orientierten
Patientenanspruch in der täglichen Praxis verständlicherweise überfordert, was nicht zuletzt damit zu
tun hat, dass die eng gefassten Kassenrichtlinien zunächst einmal nur eine rein wirtschaftliche und
zweckmäßige Behandlungsplanung zulassen.
Die Frage ist nur, welcher mündige und selbstbewusste Patient möchte sich unter diesen Umständen
heute überhaupt noch behandeln lassen und wie
können wir diese überholten Strukturen aufbrechen,
um die hervorragenden zahnmedizinischen Fortschritte endlich auch in vollem Umfang nutzen zu
können.
Der Patient hat auf jeden Fall ein Recht auf eine Komplettleistung, die auch seine ästhetische Erscheinung
und Ausstrahlung um ein Vielfaches potenzieren
kann. Insofern sollte der Patient mit seinen persönlichen und individuellen Wünschen im Mittelpunkt
der Behandlung stehen.
Erst wenn die Zielsetzung für seine ästhetische Gesamtrekonstruktion steht, geht man daran, entsprechend der individuellen Versicherungssituation Sanierungspläne zu schreiben,welche die medizinisch
notwendigen Leistungen enthalten. Darüber hinausgehende, rein ästhetische Therapien sind natürlich
als Verlangensleistungen nach § 2, Abs. 3 GOZ aufzuführen.
Wer als Arzt oder Zahnarzt in Zukunft diese Bereiche
der Ästhetik lapidar übergeht, wird übrigens auch
mit erheblichen forensischen Problemen zu rechnen
haben.
Deshalb ist es zwingend notwendig, dass die Aufklärung über ästhetische Versorgungen und Behandlungsalternativen heute zur forensisch gesicherten
Behandlungsplattform unbedingt dazu gehören.
Bestes Beispiel hierfür sind die zahlreichen Urteile in
jüngster Zeit gegen Kollegen, die Patienten nur nach
gesetzlichen Kassenrichtlinien behandelt haben.
Diesen Kollegen ist es wohl entgangen, dass jeder
Arzt und Zahnarzt die Verpflichtung hat, seine Patienten umfassend und gänzlich über mögliche
Alternativbehandlungen aufzuklären.
Nach einer ausführlichen Information durch den jeweiligen Arzt kann der Patient dann selbst entscheiden, was ihm die Behandlung wert ist und ob er bereit ist, für eventuelle Sonderleistungen etwas tiefer
in die eigene Tasche zu greifen oder nicht. Es kann
aber nicht sein, dass der Patient aus Unwissenheit um
diese Entscheidungsmöglichkeit gebracht wird.
In einem solchen Fall macht sich der Arzt oder Zahnarzt schadensersatzpflichtig wegen nicht ausreichender Aufklärung über Behandlungsalternativen.
Erwähnt sei hier das Urteil des Landgerichts Stuttgart, das einen Zahnarztkollegen zu Schmerzensgeld
und Erstattung der Behandlungskosten verurteilte,
da er es unterließ, einem gesetzlich versicherten Patienten bei der Fertigung von Zahnersatz funktionsanalytische Leistungen anzubieten.
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Spezial _ Extraorale Ästhetik
Abb. 1 _ Ästhetische Ausgangssituation nach prothetischer Versorgung
mit Coverdenture-Teleskopprothese
im Unterkiefer nach zweimonatiger
Tragezeit und einer Bisshebung von
10 mm.
Abb. 2 _ Individueller Aufbau der
Vestibulumaußenkonturen zur Anprobe in Wachs.
Abb. 3 _ Berücksichtigung der ausgeprägten muskulären Situation im
direkten Seitenvergleich.
Abb. 4 _ Individuelles Therapiekonzept für Eigenfettentnahme und
-unterspritzung durch ästhetischen
Chirurgen.
Abb. 5 _ Präoperativer Situs mit
deutlicher Restfaltenpersistenz.
Abb. 6 _ Eigenfettentnahme aus der
Innenknieregion beidseitig.
Der gefertigte Zahnersatz entsprach nicht den funktionellen Vorstellungen des Patienten.
Es kam zu zahlreichen Nachbesserungen in Form von
Einschleifmaßnahmen.
Aufgrund der persistierenden Beschwerden sah man
sich letztendlich vor Gericht wieder.
Der beauftragte Gutachter stellte fest, dass es bei
entsprechenden funktionsanalytischen Leistungen
im Vorfeld nicht zu diesem Beschwerdebild gekommen wäre.
Der Zahnarzt führte aus, er hätte den Patienten nach
den gültigen gesetzlichen Bestimmungen für gesetzlich Versicherte versorgt und es sei ihm kein Vorwurf zu machen.
Dies sah das Gericht aber gänzlich anders. Es verurteilte den Kollegen rechtskräftig, da er auch als Kassenarzt die Pflicht hat, seine Patienten über Behandlungsalternativen und Therapien zur Vermeidung,
beziehungsweise Linderung von Beschwerden aufzuklären.
In einem anderen Fall erging das Urteil gegen eine
Privatklinik, die dem Begehren eines männlichen Patienten stattgegeben hatte, das Lächeln von Tom
Cruise nachzurekonstruieren. Die durchgeführte Arbeit entsprach letztendlich nicht den Vorstellungen
des Patienten, und die Forderung sollte auf gerichtlichem Wege durchgesetzt werden.
Der Gutachter musste feststellen, dass die Arbeit
zwar perfekt gefertigt war, aber leider nicht viel mit
Tom Cruise zu tun hatte. Daraufhin wurde trotz
funktioneller Perfektion und auch ästhetischer Ausstrahlung die Forderung für nichtig erklärt.
Ein weiteres aktuelles Beispiel aus der Praxis für die
sich ändernden Voraussetzungen hinsichtlich Planung und Fertigung von prothetischen Rekonstruktionen. Abgesehen von der rein zahnärztlichen, ästhetischen Planung kann es in Zukunft nur durch die
interdisziplinäre Kooperation im Spezialistenteam
zu Topergebnissen kommen. Die Erwartungen der
Patienten an eine Verbesserung der Gesamtästhetik
_Fallbeispiel
Abb. 4
Abb. 1
Abb. 2
Abb. 3
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Abb. 5
Abb. 6
Spezial _ Extraorale Ästhetik
werden durch die gezielte Medienlancierung im Bereich der ästhetischen und plastischen Chirurgie zunehmend forciert. Diese Entwicklung ist durchweg als
Chance auch für die Zahnmedizin zu sehen und daher
sollte ihr jeder Arzt mit Professionalität begegnen.
Der gut ausgebildete Zahnarzt kann sich dementsprechend in diesem Marktsegment in Zukunft als Spezialist für orale und periorale Ästhetik positionieren.
Unter Berücksichtigung seiner erlernten Tätigkeitsfelder wie etwa Parodontologie, Prothetik, konservierender Zahnheilkunde, sollte er in Zukunft die Kollegen der Fachdisziplinen Kieferorthopädie, Implantologie und der Ästhetischen Chirurgie in seinen Planungsbestrebungen verstärkt mit einbeziehen.
Erst diese interdisziplinäre Sicht- und Arbeitsweise
kann etwas verändern und die Weichen für die Zukunft stellen. Teamkooperation unter Fachspezialisten ist das Stichwort für optimale medizinische und
ästhetische Lösungen. Auch für den ästhetischen
Chirurgen kann ein dementsprechendes Umdenken
neue Möglichkeiten hin zu besseren Endergebnissen
bieten: Berücksichtigt dieser etwa bei Teil- oder Totalprothesenträgern in interdisziplinärer Beratung und
Zusammenarbeit die möglichen Änderungen der
Bisslage und deren Auswirkungen auf die Längenverhältnisse des Gesichts, kann er beim Facelift zu deutlich besseren Ergebnissen kommen. Ebenso spielen
diese Faktoren eine Rolle bei Lippenkorrekturen,
Spaltoperationen und allen chirurgischen Veränderungen an Nasolabialfalte und Nase.
Gleiches gilt für die sinnvolle Kooperation des Zahnarztes mit einem Kieferorthopäden. Wie häufig treten
beispielsweise Fälle überdicker Keramikveneers im
Frontzahnbereich oder übergangener, möglicher
Profiländerungen durch eine Verschiebung der Vertikalebene auf?
Erst wenn der Behandlungsplan von beiden Seiten
gemeinsam erarbeitet wird, können
solche Probleme ausgeschlossen
werden und ein optimales Ergebnis
für den Patienten dabei herauskommen.
Bei interdisziplinären Kooperationen ist es
ratsam, die zeitliche Reihenfolge der einzelnen
Behandlungsschritte festzulegen. Folgende
Auflistung zeigt klar die möglichen Abfolgen:
1. Zahnmedizinische Grobsanierung kariöser Defekte und Herdbeseitigung
2. Parodontologische Therapie und Sicherung
3. Änderungen der Zahnfarbe durch Bleaching
4. Versorgung mit Langzeitprovisorien
5. Bisslageänderungen
6. Endodontisches Behandlungsintervall
7. Ästhetisch-chirurgisches Behandlungsintervall
8. Logopädisches Behandlungsintervall
9. Kieferorthopädisches Behandlungsintervall
10. Implantologisches Behandlungsintervall
11. Eingliederung definitiver Rekonstruktionen.
Erst nach Abschluss der gesamten oralen und perioralen Therapien und einer ausreichenden, sicheren
Beurteilungsphase sollten die definitiven Rekonstruktionen und mögliche ästhetisch-chirurgische
Abschlusskorrekturen vorgenommen werden.
Das Endergebnis einer solchen Teamarbeit spricht in
den meisten Fällen für sich:
Das optimierte, ästhetische Gesamtbild führt in den
meisten Fällen zu einer verblüffenden, positiven
Veränderung des Patienten. Ein gestärktes Selbstbewusstsein, sicheres Auftreten und größere Kommunikationsbereitschaft sind die angenehmen
und nicht zu unterschätzenden
Randerscheinungen solcher
interdisziplinären Behandlungen. Ein Ergebnis, das letztendlich unbezahlbar und in keinem
Verhältnis zum Aufwand steht.
Gerade in den letzten
Jahren ist immer wieder
festzustellen, dass der Patient durchaus die Komplexität einer solchen interdisziplinären Kooperation zu schätzen
weiß und somit auch bereit ist, diese
Sonderleistungen entsprechend
aufzubringen. Erfahrungs-
Abb. 7_ Fettwaschung und Fetttrennung innerhalb der Entnahmespritze.
Abb. 8 _ Begutachtung des
Resultats.
Abb. 9 _ Umfüllen auf kleinere
Injektionsspritzen.
Abb. 10 _ Injektion des Eigenfetts zur
Faltenreduktion.
Abb. 11 _ Injektion des Eigenfetts in
die Lippen.
Abb. 12 _ Patientin nach der Lippenunterspritzung mit Eigenfett.
Abb. 8
Abb. 7
Abb. 9
Abb. 10
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Abb. 11
Abb. 12
Spezial _ Extraorale Ästhetik
cosmetic
dentistry
_Autor
Dr. med. dent.
Martin Jörgens
Abb. 13
Abb. 13 _ Behandlungsteam mit Patientin. ZTM Guido Wolters,
Krefeld, die Patientin, ästhetischer Chirurg Dr. Afschin Fatemi,
Kaiserswerth, Dr. Martin Jörgens, Kaiserswerth.
werte zeigen deutlich, dass Patienten bei einer umfassenden Betreuung immer häufiger die Kosten für
das bestmögliche Ziel auf sich nehmen, da die ästhetische Bedeutung heute immer mehr an Wert gewinnt.
Mit konsequenter Integration dieser teamgesteuerten Maßnahmen ergeben sich für die Zukunft erstklassige Voraussetzungen für zufriedenere, schönere
Patienten und zufriedenere Behandler.
Der gezeigte Fall dokumentiert die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Zahnarzt, Zahntechniker
und ästhetischem Chirurgen._
1989 Abschluss des Zahnmedizinstudiums an der
WWU zu Münster, 1990 Promotion zum Dr. med. dent.
an der WWU Münster, 1992
Eröffnung einer eigenen
Zahnarztpraxis in Düsseldorf-Kaiserswerth, 1995
Referententätigkeiten in den Bereichen Lasermedizin, Bleaching, Esthetic Dentistry,Patientenkommunikation, Marketing, Abrechnung, 1997 Begleitarzttätigkeit für alle internationalen Landrover-Events,
1999 Gastdozent für Aesthetic Laser Medicine der
Universität Greifswald, 1999 Ausbildungspartner der
Universität Greifswald für den postgraduierten Studiengang. Aesthetic Laser Medicine mit zahlreichen
Laserkursen in der Praxis, 2002 Zahnmedizinische
Konsiliartätigkeit für den WDR, 2003 Marketingpreis
IBE 2003 für „Moderne Patientenkommunikation
und hochspezialisierte Behandlungsmethoden in der
Praxis“.
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22,– €
„Marketing in der Zahnarztpraxis“
Teil 1
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„Nasenkorrekturen – Mikrochirurgie
zwischen Ästhetik und Funktion“
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„Sinuslift“
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„Knochenregeneration und
Weichgewebsmanagement“
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„Der Zahnarzt als Unternehmer“
Teil 1
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„Faltenbehandlung im Gesicht“
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Antwort per Fax an 03 41/4 84 74-2 90
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2. Alternative
Therapien
_Radiofrequenztherapie
_Lasertherapie
_Mesotherapie
_Nahrungsergänzungsmittel
_Hormontherapie
Fachbeitrag _ Periorale Faltentherapie
Periorale Falten –
die Herausforderung eines
jeden Plastischen Chirurgen
Autor _ Dr. med. Jürgen Hermann Reus, Karlsruhe
_Wenn man die periorale Zone inklusive der Lippen betrachtet, stehen volle, feuchte, wohlgeformte, weiche Lippen im Vordergrund, die durch
ihre feine Randkonturierung sinnlich und weiblich
wirken. Oft werden bereits kleine Abweichungen
vom Schönheitsideal in Farbe, Form und Proportion als unschön und störend empfunden. Insbesondere ist eine vorgealterte Erscheinung des perioralen Hautgebietes Grund für die Konsultation
beim Plastischen Chirurgen. Die Ästhetisch-Plastische Chirurgie kann mit gutem Erfolg durch moderne Techniken helfen dieses Erscheinungsbild zu
verbessern. Grundlage einer jeden ästhetischen
Maßnahme ist das klare Verständnis zwischen Arzt
und Patient, welches durch ein ausführliches Beratungs- und Aufklärungsgespräch hergestellt werden sollte. Bestandteil dieses Gespräches muss
auch die Abwägung unterschiedlicher Techniken
und deren Risiken und Komplikationen sein.
In der perioralen Region wirkt die vorgealterte
Haut ergraut und volumenarm. Durch Rauchen
und Mimik zeichnen sich unterschiedlich starke
radiäre Fältchen ab. Das Volumen der Oberlippe
nimmt ab. Ziel ist es, die typischen Lippenkonturen
zu akzentuieren und Auffälligkeiten zu minimieren.
Die ästhetische Korrektur der Haut von Gesichtsfalten, Altersflecken oder Sonnenschäden ist
heute mehr als je zuvor gefragt. Außer Kosmetik,
Botox, Laser, Facelift oder Hyaluronsäure stehen
uns heute wirksame und nebenwirkungsarme
technische Behandlungsverfahren zur Verfügung.
Die fachkundige Auswahl des geeigneten Verfahrens und dessen routinierte Anwendung stellen
die Kunst in der Plastischen Chirurgie dar. Eine
sanfte Faltenbehandlung nach Stufenplan erspart
in der Hand des Facharztes für Plastische Chirurgie und Ästhetische Chirurgie oftmals eine invasivere Maßnahme oder kann dieser ergänzend zugutekommen.
Falten entstehen mit dem Alterungsprozess. Unsere Veranlagung und unser Lebensstil entscheiden über deren Ausprägung.
Aktinische Falten sind Witterungsschäden, die
hauptsächlich durch Licht bzw. Strahlung entstehen. Wir finden sie an lichtexponierten Stellen des
Körpers: Gesicht, Hals, Dekolleté, Hände.
Mimische Falten entstehen durch die Gesichtsmimik: Lachfalten, Krähenfüße, Zornesfalten,
Stirnfalten, Nasolabialfalten, periorale Falten,
Kinnfalten
Schwerkraftinduzierte (orthostatische) Falten
durch die nachlassende Festigkeit von Haut und
Bindegewebe folgen diese Strukturen der Schwerkraft. Diese Falten erkennt man vor allem als „Hängebäckchen“, hängende Mundwinkel oder an Kinn
und Hals.
Die perioralen Falten stellen eine Mischform zwischen aktinischen Falten, mimischen Falten und
der allgemeinen Altershaut dar. Die verantwortliche Mimik ist das Rauchen und das Küssen – deshalb werden sie auch Kussfalten oder Raucherfalten genannt. Ein weiterer Begriff beschreibt bildlich, wie die direkt unter der Haut liegende Muskulatur (M. periorbicularis) die Haut wie einen
Tabaksbeutel zusammenzieht und dabei die entsprechenden Plisseefalten hinterlässt. Die bei die-
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Fachbeitrag _ Periorale Faltentherapie
sen Bewegungen entstehenden Falten, die sich als
radiäre Fältchen sternförmig rund um die Oberund Unterlippe abbilden, werden dann problematisch, wenn man sie immer noch sieht, auch, wenn
die dazugehörige Mimik nicht mehr ausgeübt
wird.
Diese Problematik kommt dann verstärkt zum Tragen, wenn auch noch die Haut durch Sonne, Solarium, Wind und Wetter vorgeschädigt ist, Nikotin
zuverlässig über Jahre das Seine getan hat und das
Alter sich durch den Verlust von Glukosaminoglykanen in der dermalen Matrix abzeichnet. Letztendlich kommt nicht selten noch ein
Volumenverlust im Bereich der subkutanen Fettschicht als ungünstiger Faktor erschwerend hinzu. Handelt es sich um postmenopausale Frauen
mit Östrogenmangelfolgeerscheinungen, so ist
das Szenario für die Entstehung von perioralen
Falten perfekt.
Was ist machbar –
Welche Behandlungsoptionen gibt es?
Die Patienten wünschen sich eine glatte, elastische voluminöse und jugendliche Haut. Jeder Faltentyp erfordert eine individuelle Behandlung. Zu
den Möglichkeiten zählen: Kosmetik, Unterspritzung, Botox, Peeling, Microdermabrasion, Dermabrasion, Laser-Therapie, Radiofrequenz-Resurfacing, Straffungsoperationen.
_Herkömmliche Techniken
Kosmetische Techniken: Im Rahmen der Darstellung des schönen Mundes hat die Kosmetik vor allen anderen Techniken ihren Stellenwert. Vom Lipliner zum Lippenstift, über Gloss zum Volume-Maximizer ist jede dieser Alternativen weniger invasiv als eine Injektion oder Operation. Permanent
Make-up und Tätowiertechniken in Verbindung
mit der richtigen Kosmetik können optisch große
Erfolge landen.
Techniken zur Lippenkorrektur und Perioralkorrektur: Eine Variante der Lippenkorrektur ist
das Aufpolstern der Lippen und der Perioralregion
durch Stoffe, die entweder körpereigen, biologische Substanzen oder Kunststoffe sind. Den biologischen Füllstoffen gemeinsam ist, dass sie über
kurz oder lang vom Körper abgebaut werden.
Dies hat allerdings den Vorteil, dass diese Präparate keine Langzeitfolgen nach sich ziehen. Die
Füllmaterialien sind mit einer großen Produktpalette am Schönheitsmarkt vertreten. Je nach Art
des unterspritzten Materials hält das Ergebnis ein
halbes bis fünf Jahre lang. Ein Hyaluronsäurenimplantat hält etwa fünf bis sechs Monate, da der
Körper das Material abbaut. Mit Eigenfett kann
man länger anhaltende Ergebnisse erzielen.
Philtrum
Oberlippe
Cupidusbogen
Lippenrot
Unterlippe
Lichtreflex
Operative Verfahren: Die meisten Lippenkorrekturen und Korrekturen der Perioralregion können
ambulant vorgenommen werden. Sie dauern selten länger als eine Stunde. Lokalanästhesie ggf.
in Kombination mit Dämmerschlaf sorgen für
Schmerzfreiheit. Eine operative Korrektur der Lippen ist zwar dauerhaft und ein relativ ungefährlicher Eingriff, hinterlässt aber kleine Narben. Das
ist in dieser Region des Gesichtes unerwünscht, da
kleinste Unebenheiten bereits sehr auffällig sein
können. Beispiele operativer Techniken sind der
Lip Lift (Hochziehen der Oberlippe), Oberlippenverkürzung („Bullhornexzision“ plus VY-Plastik),
Mundwinkelanhebung, Dermabrasion.
Radiofrequenz-Resurfacing zur Behandlung
des perioralen Faltenproblems
Operative und auch Injektionstechniken erzielen
akzeptable Ergebnisse, erreichen aber nicht oder
nur teilweise die Perioralregion. Diese Zone im Gesicht ist nur der Dermabrasion oder dem Laser oder
der Radiofrequenzablation zugängig. Die Radiofrequenzablation im Einsatz beim Resurfacing
bietet eine neue Methode zur flächigen Korrektur.
Material und Methoden
Bei der Radiofrequenzchirurgie (RF-Chirurgie)
handelt es sich um eine gewebeschonende Methode des Schneidens und Koagulierens von weichem Gewebe durch Radiowellen – der kalte
Schnitt. Der Gewebewiderstand gegen die Ausbreitung von Radiowellen erzeugt Hitze im Zellinneren, was eine Verdampfung der Zelle zur Folge
hat. Im Gegensatz zu elektrochirurgischen Systemen, die eine niedrigere Frequenz entwickeln, ist
die laterale Erhitzung minimal. Dadurch wird benachbartes Gewebe thermisch nicht geschädigt.
Die Elektrode aus Wolframdraht selbst bleibt stets
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Fachbeitrag _ Periorale Faltentherapie
Haake/Wehrheim). Diese Energie ist an der Elektrodenspitze konzentriert. Sobald Kontakt mit dem
Gewebe hergestellt wird, verdampft die Zelle. Dies
geschieht dadurch, dass sich die Zellflüssigkeit
ausdehnt, die Zelle explodiert und verdampft. Der
Schneid- oder Koagulationseffekt setzt bei Geräten, die im Megahertzbereich arbeiten, sehr
schnell ein, das umgebende Gebiet wird deshalb
thermisch nicht geschädigt. Die Elektrode selbst
ist nur der Leiter für den Hochfrequenzstrom und
erhitzt sich selbst nicht. Es stehen drei Energiequalitäten zur Verfügung:
Schneiden: Mit diesem Strom arbeitet man alternativ zum Skalpell, um feine Schnitte zu erzielen.
Schneiden und Koagulieren: Diese Energie
schneidet und koaguliert zugleich, ohne nekrotische Veränderungen hervorzurufen. Da bei dieser
Stromart etwas mehr laterale Hitze erzeugt wird,
verdampfen etwas mehr Zellschichten als beim
Schneidstrom.
Koagulieren – monopolar und bipolar: Diese
Energie ist zur Blutstillung geeignet und hat nur
eine geringe Schneidfähigkeit. Eine weitere Option ist das Resurfacing bzw. das Abtragen sehr
dünner Hautschichten, wie beispielsweise Altersflecken oder Hautfältchen.
_Technik
kalt, daher spricht man vom „cold knife“. Außer den
Schneideigenschaften der RF ist es möglich, flächige Areale zu behandeln, indem durch plane
Anwendung der Energie Oberflächen abgetragen
werden.
Radiofrequenz ist eine Energie, die im angewandten Fall mit einer Frequenz von 2,2 MHz
erzeugt wird (radioSURG® 2200, Firma Meyer-
Im Modus „Mono Coagulation“ ist es möglich, mit
sanfter Einstellung Oberflächen zu planieren.
Hierzu muss die Oberfläche stets feucht gehalten
werden. An der monopolaren Elektrode treten die
Wellen aus und dringen in das Gewebe ein. Die Ableitung der Wellen erfolgt über die Neutralelektrode. Die Einstellungen sind individuell unterschiedlich zu wählen. Die Vorgehensweise ist präzise und gleichmäßig. Die Prozedur erfolgt grundsätzlich in Leitungsanästhesie. Der Eingriff selbst
erfolgt unter Applikation von Hautschutzgel, um
Verbrennungen zu vermeiden.
Vor der Resurfacingprozedur erfolgt die Vorbereitung im Sinne einer optimalen Hautfeuchteregeneration und Aufsättigung durch die Kosmetikerin. Nach der Prozedur erfolgt zunächst die
Behandlung mit einem Hautantibiotikum (Fucidinesalbe) für fünf Tage. Anschließend setzt die
Kosmetik wie zur Vorbereitung erneut ein.
_Vorteile von RF gegenüber Laser
Der Laserstrahl entwickelt gewebeschädigende
Hitze, die umliegendes Gewebe weiträumig zerstört. Dieser Vorgang wird Karbonisation genannt.
Verbrennungen und erhöhte Vernarbungstendenz
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
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sind die Folge. Die bei der RF-Chirurgie erreichten Temperaturen liegen bei guten
Geräten um die 60 °C.
ISSN 1612-7390 Entgelt bezahlt: 63398
Preis: € 10,00 zzgl. MwSt.
9. Jahrgang • Februar • 1/2011
cosmetic
dentistry
_ beauty & science
_Ergebnisse
1
2011
Wir haben in den letzten 24 Monaten zwölf Patienten auf diese Art behandelt. Alle
Patienten waren weiblich. Davon unterzogen sich fünf Patienten ein zweites Mal
der Prozedur zur Ergebnisoptimierung. Eine Wiederholung des Verfahrens bis zu
drei Sitzungen wird mit allen Patienten im Bezug auf das Erreichen des gewünschten Endergebnisses vorab besprochen.
Es handelt sich um schwer messbare Endergebnisse. Eher ist die Ergebnisqualität
aus Sicht der Patienten zu beurteilen. Alle Patienten berichteten über eine Veränderung. Neun von zwölf berichteten über eine Verbesserung. Darunter befanden
sich auch die fünf Patienten, bei denen die Prozedur ein zweites Mal durchgeführt
wurde. Unter diesen fünf Patienten befanden sich drei, die das Ergebnis als sehr
gut bewerteten, und die übrigen zwei bewerteten sechs Monate nach der Behandlung das Ergebnis als gut. Bei einer Patientin mit extremem Faltenrelief kam
es zu einem ungleichmäßigen Ergebnis mit Korrekturbedarf. Die sichtbaren Effekte beschreiben eine Reduzierung der Faltentiefe, eine Tiefengewebsstraffung
mit Volumengewinn und eine Verbesserung des Hauterscheinungsbildes in Farbe
und insgesamt ist die Patientenzufriedenheit als hoch zu bezeichnen.
_Fachbeitrag
Keramische Veneers – Empfehlungen
zur indikationsgerechten Präparation
_Spezial
Der interessante Patient – Teil V:
Körperdysmorphophobie –
Schönheitsfehler, die keiner sieht
_Lifestyle
Südgeorgien – zauberhafte Inselund Tierwelt im Südpolarmeer
_Ausblick
Die Radiofrequenz-Technologie eignet sich nach unseren Erfahrungen auch hervorragend zur Tiefengewebsstraffung an Hals und Dekolleté. So bietet sie eine
interessante Alternative oder Ergänzungstechnik zum Facelift und ähnlichen
Straffungsoperationen.
Bestellung auch online möglich unter:
www.oemus.com/abo
_Zusammenfassung
Bei der Behandlung des perioralen Faltenproblems unter Anwendung von Radiofrequenz-Chirurgie handelt es sich um ein gut dosierbares sicheres Verfahren, welches aufgrund seiner Wiederholbarkeit auch für kompliziertere Situationen anwendbar ist. Die Positiveffekte bieten in ihrer Summe eine attraktive Methode zur
Problemlösung zum akzeptablen Preis. Eine solche Anwendung kostet zwischen
650 und 900 Euro zzgl. MwSt.
Der gut ausgebildete Facharzt für plastische Chirurgie sollte außer exzellenten
anatomischen Kenntnissen auch weitreichende technisch-physikalische Kenntnisse haben und sich wissenschaftlich stets auf der Höhe des „State of the Art“
halten. Manuelles Geschick und klare Zielvorstellungen in der Anwendung lassen
beste Ergebnisse mit minimaler Schädigung des Gewebes zu. Dies entspricht dem
ersten Grundsatz der Chirurgie „nihil nocere“ – auf keinen Fall zu schaden. Diesem
Grundsatz entspricht die Radiofrequenzablationstechnik. _
Ja, ich möchte das Probeabo beziehen. Bitte liefern Sie
mir die nächste Ausgabe frei Haus.
Soweit Sie bis 14 Tage nach Erhalt der kostenfreien Ausgabe
keine schriftliche Abbestellung von mir erhalten, möchte ich
die cosmetic dentistry im Jahresabonnement zum Preis von
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Das Abonnement verlängert sich automatisch um ein weiteres
Jahr, wenn es nicht sechs Wochen vor Ablauf des Bezugszeitraumes schriftlich gekündigt wird (Poststempel genügt).
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_Kontakt
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Dr. med. Jürgen Hermann Reus
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Plastische Chirurgie Reus
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76227 Karlsruhe-Durlach
Sekretariat: 0721 4091-7050
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von 14 Tagen ab Bestellung bei der OEMUS MEDIA AG, Holbeinstr. 29,
04229 Leipzig, schriftlich widerrufen. Rechtzeitige Absendung genügt.
eBook Faltenbehandlung 2011
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OEMUS MEDIA AG
Holbeinstraße 29, 04229 Leipzig
Tel.: 03 41/4 84 74-0
Fax: 03 41/4 84 74-2 90
E-Mail: [email protected]
Spezial _ Radiofrequenztherapie
Radiage™ – Eine revolutionäre
Radiofrequenztherapie zur
nichtinvasiven Hautstraffung
Autor _ Dr. med. Kai Rezai, Münster
_Der Wunsch, so jung auszusehen wie man sich
fühlt, ist so alt wie die Menschheit selbst. Schon im
alten Ägypten gab es ausgedehnte ästhetische Anwendungen, um dieses zu erreichen.1 Die heutige Generation ist bezüglich Gesundheit und des äußeren
Erscheinungsbildes schon in frühen Jahren sehr sensibel. Hierbei stören häufig beginnende kleinere Fältchen im Gesicht und Halsbereich. Die meisten Patienten wünschen sich nichtinvasive und nichtoperative
Behandlungsformen mit sehr geringen, oder besser
keinen Ausfallzeiten und sichtbaren Nebenwirkungen. Das Ergebnis der Behandlung soll trotzdem eine
eindeutige Verbesserung zeigen.
Zu den wichtigsten Kriterien bei der Auswahl von ästhetischen Eingriffen, neben dem Erfolg selber, zählt
heute immer häufiger die Zeitspanne, bis man wieder
am sozialen Leben teilnehmen kann.4 Seit einigen Jahren versucht die medizinische Laserindustrie Verfahren zu entwickeln, welche den Patienten diesen
Wunsch erfüllen, ohne sichtbare Behandlungsspuren
zu hinterlassen. Trotz verbesserter Systeme und Behandlungsformen wird ein ansprechendes Ergebnis
trotzdem nur mit einigen Tagen Abheilungsphase erreicht. Auf diesem Gebiet hat die Radiofrequenzthe-
rapie in jüngster Zeit deutliche Fortschritte gemacht
und stellt somit eine echte Alternative dar.3
_Behandlung
Um ein gewünschtes Shrinking und somit die Straffung der Haut zu erreichen, muss die Schicht der tiefen
Dermis (Abb. 1) auf mindestens 48°C erhitzt werden.
Ultrakurze Erhitzungen auf 60°C verbessern nochmals das Ergebnis. Dabei werden zwei Prozesse der
Verjüngung angestoßen: 1. Es kommt durch die Hitze
zu einem Zusammenziehen (Shrinking) des Kollagens
in dieser Schicht. Der Effekt ist sofort sichtbar. 2. Des
Weiteren werden kontrolliert Mikronarben in der
Fibroblastenschicht gesetzt, welche diese dann anregen neues Kollagen zu bilden. Dieser Effekt kann
dann bis mehrere Monate nach der Therapie Verbesserungen zeigen. Beides führt zur Straffung und
Verjüngung der Haut.2 Idealerweise sollte hierbei die
Epidermis von Hitze nahezu verschont bleiben, um
keinen Schaden zu nehmen.
Laser benutzen für diese Prozedur energiereiches
Licht, welches durch selektive Photothermolyse Energie an die Haut abgibt. Die Eindringtiefe wird durch
Abb. 1_Hautmodell.
Abb. 2_Surgitron 4,0 Dual RF
der Firma Ellman.*
Abb. 1
Abb. 2
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Spezial _ Radiofrequenztherapie
Abb. 3_Schematische Darstellung
der Radiage™-Methode.*
Abb. 3
die Stärke der Energie des Lichtes, der Wellenlänge
und der Einwirkzeit gesteuert.
Bislang gibt es allerdings kein System, welches die
Dermis erreicht, ohne einen großen Teil der Energie an
die Epidermis abzugeben. Hierauf beruhen die meisten sichtbaren Nebenwirkungen der Lasertherapie.
Die Radiofrequenztherapie basiert auf einem gänzlich anderen Behandlungsprinzip als die Lasertherapie.11 Sie nutzt die physikalische Eigenschaft von Radiowellen, die Energie und somit Hitze am Ort des
höchsten Widerstandes freizusetzen.7, 8
Der höchste Widerstand ist an der Haut optimaler
Weise die tiefe Dermis mit Grenze zur subkutanen
Fettschicht. Also genau die Schicht, welche man selektiv auch zur Hautstraffung behandeln möchte.
Zusätzlich kann die Eindringtiefe der Energie durch
die Frequenz der Radiowellen und Größe der
Elektrode gesteuert werden. Je höher die Frequenz
und größer die Elektrode, desto tiefer ist die Eindringtiefe der Energie. Das Gerät Surgitron 4,0 Dual
RF (Abb. 2) der Firma Ellman, mit der die RadiageTM
durchgeführt wird, arbeitet mit der patentgeschützten optimalen Frequenz von 4 MHz. Diese Frequenz ist auf die Hitzeausbreitung an der unteren
Dermis optimiert. In Abbildung 3 ist die Behandlung
schematisch dargestellt. Konventionelle Elektrochirurgiegeräte arbeiten mit Frequenzen zwischen
360 kHz und 1,7 MHz (Abb. 4). Sie sind durch ihre
hohe Wärmeentwicklung direkt an der Elektrode bis
hin zur Karbonisierung für eine optimale Wirkung
nur an der Dermis ungeeignet.
Der thermale Effekt der Behandlungen am Gewebe
kann durch die Formeln in Abbildung 5 dargestellt
werden.14, 10
Die Radiage™-Behandlung wird ambulant durchgeführt und erfordert praktisch keine Abheilungsphase.
Radiage™ sollte ohne jegliche Anästhesie angewendet
werden und wird von den Patienten sehr gut toleriert.
Die Behandlung erfolgt mit speziellen Handstücken
(Domes) (Abb. 6). Man fährt die zu behandelnden Areale in mehreren Pases langsam ab, wobei die Stärke der
Energie und die Größe der Domes (Abb. 6) je nach Areal
individuell gewählt werden. Bei der Behandlung fühlen die Patienten eine kurze moderate Erwärmung des
behandelten Areals, welche durch ein patentiertes
Kühlgel (Abb. 7) gleichzeitig gemildert wird und die
Epidermis vor Überhitzung schützt.
Nach der Behandlung sieht man einen sofortigen Effekt, welcher für etwa 36–72 Stunden anhält.12 Nach
etwa sieben bis zehn Tagen beginnt die Kontraktion des
Elastins und die Neubildung von Kollagen9 und somit
eine weitere Straffung des Gewebes.
Die Abbildung 8 zeigt ein typisches Anwendungsbeispiel. Hervorragende Ergebnisse werden im Gesicht und
am Hals erzielt. Kleine Fältchen am Unterlid und Falten am Hals sind eine Domäne der Radiage™,5, 13 da
Abb. 4_Frequenztabelle.*
Abb. 4
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Spezial _ Radiofrequenztherapie
Abb. 5_Formeln für thermale Effekte
bei Anwendung von Elektrochirurgie.
Abb. 6_Verschiedene DomeHandstücke.*
Abb. 7_Radiage™-Gel.
Abb. 8_Radiage™-Anwendungsbeispiel.
Abgegebene Energie (J) = I x R x T
(I = Wärmestrom (Watt), R = Widerstand der Dermis,
T = Zeit der Applikation)
Laterale Hitze LH =
Abb. 7
TxIxWxS
F
(LH = laterale Hitze, T = Zeit, I = Intensität (Watt),
W = Wellenform, S = Auflagefläche, F = Frequenz)
Abb. 5
Abb. 9_Patientin mit Wangenfalten vor der Behandlung.
Abb. 10_Gleiche Patientin nach
drei Radiage™-Behandlungen.
Abb. 11_Patientin mit Falten
im Halsbereich.
Abb. 12_Gleiche Patientin nach
einer Radiage™-Behandlung
Abb. 13_Schnittkanten in
Abhängigkeit von der verwendeten
Radiofrequenz.*
Abb. 6
diese mit anderen Therapien meist nur ungenügend
erfolgreich behandelt werden können. Die Behandlung eignet sich auch hervorragend, um hängende
Wangen zu straffen. Die Therapie kann aber auch an
anderen Bereichen des Körpers, wie zum Beispiel am
Bauch oder den Beinen eingesetzt werden.
Nach der Behandlung ist praktisch keine Abheilung,
wie es nach invasiven kosmetischen Operationen notwendig ist, erforderlich. Alle Aktivitäten können sofort
wieder aufgenommen werden. Auch Sonnenlicht
muss zum Beispiel nach der Therapie nicht gemieden
werden. Leichte Rötungen sind meistens kürzer als
eine Stunde, nie länger als ein bis zwei Tage, sichtbar.
Es sollten zwei bis drei Behandlungen im Abstand von
drei bis vier Wochen9 erfolgen. Der volle Effekt der Behandlung entwickelt sich noch über einige Monate
nach der Behandlung und hält ein bis drei Jahre an.
Dieses variiert von Patient zu Patient. Wie bei allen ästhetischen Anwendungen schwindet der Effekt langsam über die Zeit. Weitere Behandlungen können nach
Abb. 8
Belieben zu jeder Zeit wiederholt werden. Die Abbildungen 9–12 zeigen einige Behandlungsbeispiele.
_Fazit
Radiage™ ist eine neue und sehr vielversprechende
Alternative zur nichtinvasiven Hautstraffung. Die Ergebnisse sind teilweise mit chirurgischen Eingriffen
vergleichbar. Das Procedere ist sowohl für den Arzt als
auch für die Patienten sehr angenehm. Die meisten
Patienten sind mit dem Ergebnis hochzufrieden. In der
Hand eines geübten Anwenders ist es eine sehr sichere und effektive Methode zu Hautverjüngung und
eingeschränkt zur Cellulite- und Striae-Behandlung.
Ein Pluspunkt ist, dass das Gerät Surgitron 4,0 Dual RF
auch zusätzlich ein vollwertiges Radiofrequenz
Elektrochirurgie Gerät darstellt. Man kann sowohl per
Radiofrequenz atraumatisch schneiden (Abb. 13) und
Abtragungen vornehmen sowie monopolar als auch
bipolar kauterisieren oder Blutstillungen vornehmen.
360 KHz
Abb. 9
1,7 MHz
4,0 MHz
Abb. 10
50 100
Hz Hz
250 500 600
KHz KHz KHz
1,0 4,0 5,0 50
MHz MHz MHz MHz
2500 1 Photon
MHz GHz Energy
RANGE OF FREQUENCIES
Lateral Heat =
Abb. 11
Abb. 12
Abb. 13
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
TxIxWxE
Frequency
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Somit kann das Gerät von chirurgisch tätigen Kollegen auch für zahlreiche andere Einsatzgebiete verwendet werden.6 _
Fußnote
* Mit Dank an die Firma Ellman für die Bereitstellung der Illustrationen.
Literaturliste
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Munksgaard 1937
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of monopolar radiofrequency treatment over soft tissue fillers in an animal model. Lasers. Surg. Med. Part
1 37: 356–365
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Heating J. of. Drugs in Dermatol. Vol. 6 Issue 12 Dez.: 1238–1242
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Radiofrequency Cartilage Reshaping Efficacy, Biophysical Measurements, and Tissue Viability Arch.
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Lasers Surg Med 14 Suppl: 318
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ISSN 1617-5
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eBook Faltenbehandlung 2011
Fachbeitrag _ Lichtbasiertes Verfahren
Hautverjüngung in 3-D
Autorin_Dr. Dr. Christiane Gutsche, Düsseldorf
_Immer mehr Patienten kommen mit dem Wunsch,
durch minimalinvasive Behandlungsmethoden jünger und frischer auszusehen – ohne lange Ausfallzeiten.
Mit zunehmendem Alter stellen die Imperfektionen
des Hautbildes im wahrsten Sinne des Wortes ein
vielschichtiges Problem dar. Diese „MehrschichtenHerausforderung“ bedeutet die Therapie multipler
Indikationen: Probleme der Hautoberfläche, der papillaren Dermis und der tiefen Dermis. Hautton,
Hauttextur und Hautspannkraft, diese drei Indikatoren bestimmen, wie jugendlich die Haut aussieht.
3-D heißt das Konzept, das sich der vielschichtigen
Haut annimmt. Es vereint drei lichtbasierte Verfah-
ren und führt so zu einer umfassenden Besserung
verschiedenster Hautprobleme. Diese 3-D-SkinRejuvenation ist ein nichtablatives, schmerzfreies
Verfahren, um eine sichtbare Verbesserung des
Hauttonus, der Textur und der Hautstraffung zu
erreichen.
_Technologie und Anwendung
Der 3-D-Effekt wird durch die Kombination von drei
separaten, sich gegenseitig ergänzenden lichtbasierten Verfahren erzielt: Intelligent gepulstes Licht,
Laser und Infrarot in einem Gerät. Jedes Handstück
ist mit Echtzeitkalibrierung – jeder Puls wird in sei-
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Fachbeitrag _ Lichtbasiertes Verfahren
Abb. 1_Nichtinvasive und
schmerzarme Behandlung zur
Hautverjüngung.
Abb. 1
ner Ausgangsleistung genau überwacht – sowie einer integrierten Hautkühlung für konsistente und
reproduzierbare Behandlungsergebnisse ausgestattet.
Das Verfahren kann an Hals und Gesicht angewendet werden, aber auch an Händen, Armen, Bauch und
anderen Körperstellen.
_Fallbeschreibung
Die fotografische Gegenüberstellung zeigt eine
56-jährige Patientin vor und nach einer 3-D-Behandlung. Die Patientin wollte eine merkbare Hautauffrischung im Gesicht, insbesondere die Nasolabialfalten, Fältchen um den Mund sowie Rötungen sollten behandelt werden. Da sich die Patientin
aus beruflichen Gründen keine lange Auszeit leisten kann, kommt für sie ein chirurgisches Lifting
nicht infrage. Daher die Entscheidung für 3-D-Rejuvenation.
Im ersten Behandlungsschritt wurden 15 Pulse mit
dem IPL 560 (13 J/cm 2) appliziert und epidermale
rote sowie braune Chromophore behandelt, wodurch eine Verbesserung des Hauttonus angestrebt wurde und vaskuläre und pigmentierte
Hautveränderungen entfernt wurden. Die Patien-
Fallbeispiel 1
Abb. 1a–b_Patientin vor und nach
3-D-Behandlung in drei Schritten.
Abb. 1c_Ergebnis bei der Nachkontrolle nach acht Monaten.
_Fallbeispiel 1
Abb. 1a
Abb. 1b
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Abb. 1c
Fachbeitrag _ Lichtbasiertes Verfahren
Fallbeispiel 2
_Fallbeispiel 2
Abb. 2a_Vorher.
Abb. 2b_Nachher: Patientin direkt
nach der ersten Therapie.
Abb. 2a
Abb. 2b
tin spürte ein kurzes, leichtes Prickeln auf der Haut,
wenn der Lichtpuls auf die Haut auftrifft, welches
durch die Kühlung als angenehm empfunden
wurde.
Beim nächsten Schritt, der Laser Rejuvenation, findet ein Mikrosekunden gepulster 1.064nm Laser Anwendung, der 1,5cm oberhalb der Hautoberfläche
geführt wird. Ziele sind Hämoglobin und Wasser in
der papillaren Dermis. Die Absorption des Lichts im
oberen vaskulären Plexus und die Wasserabsorption
in der oberen Dermis stimulieren die Kollagenneogenese. Es kommt zur Verringerung der Porengröße, einer Reduktion diffuser Hautrötungen und einer Verbesserung der Hauttextur.
Es wurde Energie von 13 J/cm 2 bei einer Pulsdauer
von 0,3 ms und einer Spotgröße von 5mm verwendet. Die Frequenz beträgt 5 bis 10Hz. Diese Behandlung war sanft und wohltuend für die Patientin. Sie
spürte während der Sitzung eine Reihe warmer Pulse
auf der Haut.
Im dritten Schritt wurde das Titan-Handstück eingesetzt. Es besitzt ein Infrarot-Spektrum mit Wellenlängen zwischen 1.100 und 1.800nm zur BehandFallbeispiel 3
lung erschlaffter Haut. Durch eine kontinuierliche
Kühlung während des Behandlungszyklus wird die
Hautoberfläche geschont. Auf einen kühlen Puls
spürte die Patientin eine kurze Erwärmung, gefolgt
von einer angenehmen Kühlung.
Das Infrarot-Spektrum erzeugt eine gezielte Erhitzung in der Dermis (1–3mm Tiefe) aufgrund der Absorption des Lichts im Wasser. Hierdurch kommt es
zu einer sofortigen Kollagenkontraktion und zu einer
langzeitigen Kollagenstimulation (4–6 Monate). Die
verwendete Energie beträgt in diesem Fall im Gesicht
32 J/cm2, an anderen Körperarealen können 37–
47 J/cm2 eingesetzt werden.
Nach der Behandlung hatte die Patientin eine leichte
Hautrötung, die sofort abgedeckt werden kann und
innerhalb weniger Stunden wieder vergeht. Sie berichtete von dem Gefühl eines leichten Sonnenbrandes. Hinsichtlich besonderer Verhaltensregeln nach
der Therapie wird lediglich der Verzicht auf direkte
Sonnenbestrahlung für zwei Wochen ausgesprochen.
Bei dieser Patientin sind die Ergebnisse vier Wochen
nach der Behandlung sehr gut sichtbar. Besonders
_Fallbeispiel 3
Abb. 3a_Vorher.
Abb. 3b_Nachher: Patientin direkt
nach der ersten Therapie.
Abb. 3a
Abb. 3b
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Fachbeitrag _ Lichtbasiertes Verfahren
_Fallbeispiel 4
Fallbeispiel 4
Abb. 4a_Patientin vor und …
Abb. 4b_… drei Wochen nach
einer 3-D-Behandlung.
(Fotos: Mary Boaglio, RN.)
Abb. 4a
Abb. 4b
erfreulich sind weitere Verbesserungen, die sich
auch noch im Laufe mehrerer darauffolgender Monate „wie von Zauberhand“ eingestellt haben und
das Rad der Hautalterung zurückdrehen.
_Autorin
_Zusammenfassung
Gräulinger Straße 120
40625 Düsseldorf
Tel.: 0211 28003104
E-Mail: ch.gutsche@
kliniken-duesseldorf.de
www.face-and-harmonie.de
1985 Medizinstudium. 1991
Promotion Humanmedizin. 1997 Promotion Zahnmedizin. Praktisches Jahr und AIP im Krankenhaus Gerresheim sowie in Klinik in Johannesburg (Südafrika). Vor
ihrer Rückkehr als leitende Ärztin der Abteilung für
MKG-Chirurgie/Plastische und Ästhetische Operationen nach Gerresheim 2006 Oberärztin in Abt. MKGChirurgie/Plastische Operationen im St. Josefshospital
Krefeld-Uerdingen. 2005: Anerkennung der Zusatzbezeichnungen „Plastische und ästhetische Operationen“
und als Fachärztin für Oralchirurgie.
Durch die multimodale Anwendung von drei lichtbasierten Verfahren können alle Hautschichten erreicht werden. Die synergistischen Effekte führen,
gleichzeitig in einer Sitzung für den Patienten
schmerzfrei und nichtablativ einsetzbar, zu einer
Verbesserung des Hauttonus und der Hauttextur bei
gleichzeitiger Reduktion rötlicher und pigmentierter
Hautoberfläche.
Das 3-D-Verfahren stellt keine Alternative zur chirurgischen Faltenbehandlung dar. Es nimmt eine Position zwischen einer Behandlung mit Fillern und
dem chirurgischen Facelifting ein. Die 3-D-Skinrejuvenation (Cutera-Technologie) ist meines Erachtens
eine sehr effektive und innovative Behandlungsmethode, die durch keinerlei Ausfallzeiten nach der Behandlung überzeugt._
face
Dr. Dr. Christiane Gutsche
_Fallbeispiel 5
Fallbeispiel 5
Abb. 5a_Patientin vor und …
Abb. 5b_… vier Wochen nach einer
3-D-Behandlung.
Abb. 5a
Abb. 5b
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
News _ Produktinformation
Schönheit und Gesundheit
durch ein nichtinvasives
Verfahren
Autorin _ Frau Dr. med. K. Komender-Spira, Darmstadt
_Diese alternative und unterstützende Maßnahme
der ästhetischen Medizin und Chirurgie basiert auf
einem multiplen Verfahren zur Verschönerung der
Haut und des Körpers. Frauen wollen sich in erster Linie selbst gefallen und ihrem Alter entsprechend gut
aussehen, anstatt künstlich sexy zu wirken. Um diese
Natürlichkeit zu erreichen, ziehen sie immer öfter
nichtinvasive, sanfte Methoden einem operativen
Eingriff vor. Denn entscheidend ist das Ergebnis: typgerecht, dezent und natürlich soll es in jedem Fall
sein.
Auf der Suche nach sanften Methoden und alternativen Techniken für Gesichts- und Körperbehandlungen hat Frau Dr. med. K. Komender-Spira mit dem SKIN
JET MESOLASTIC®-Verfahren eine nichtinvasive, alternative und überzeugende Behandlungsmethode
entwickelt. Dieses neue und hochtechnologische,
pro- und postoperative Verfahren ist umfangreich
und vielseitig anwendbar. Das multifunktionale Gesamtkonzept kann in folgenden Bereichen angewendet werden:
Naturlifting, Mesotherapie, Anti-Falten-Behandlungen, Face- & Body-Treatment, spezielles EyeTreatment, Problemhaut, Anti-Aging, Energy-Fit,
Anti-Schmerz, pre- und postoperativ.
Die nichtinvasive Methode ermöglicht eine intensive
Skin-Rejuvenation mit dem Ergebnis glatter und
straffender Effekte. Darüber hinaus kann es für die
Fettreduktion sowie Körpermodellage und als AntiSchmerz- und Anti-Stress-Methode angewendet
werden.
Das intelligente, kompatible präparative und apparative System basiert auf einem synergetischen Gesamtkonzept der SKIN JET-Gerätesysteme, die auf
den Prinzipien des Sphäro-Meso-Transfers und der
Micropulsation aufgebaut sind. Dem Behandlungserfolg zugrunde liegt die wissenschaftlich korrekte
Handhabung der Gerätesysteme in Kombination mit
SKIN JET-Cosmeceuticals. Dieses kombinierte Verfahren ist in der Kinesiotherapie, Osteopathie, Chiropraktik, QI der Chinesischen Medizin und Akupunktur verankert.
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
News _ Produktinformation
_Vorbereitung
Eine Indikationsgruppe für MESOLASTIC®-Behandlungen sind nicht krankhafte Erscheinungen, die jedoch für die Betroffenen oftmals belastend sind und
daher einer Therapie bedürfen. Mit der Mesotherapie
lassen sich Cellulite, Haarausfall, Bindegewebsschwäche und Falten behandeln. Bei der Therapie wird durch
intensivierte Blut- und Lymphzirkulation, Gewebeentschlackung und Geweberegeneration ein verbessertes Erscheinungsbild ohne operative Eingriffe erreicht.
Vor jedem therapeutischen Behandlungsbeginn ist es
notwendig, die körperliche und seelische Verfassung
des Patienten zu berücksichtigen. Das SKIN JET-Verfahren wird mit der Vorbereitung des Körpers und der
Haut auf die optimierte Aufnahme von Wirkstoffen
und der Tiefenreaktion durch eine Leberdetoxikation
und Nierenaktivierung nach der Methode von Dr.
med. K. Komender-Spira eingeleitet. Eine Maßnahme
übrigens, die grundsätzlich vor jeder Behandlung
stattfinden sollte, insbesondere auch bei Anti-Aging,
um das Gewebe aufzulockern und weitere Behandlungsschritte positiv zu aktivieren.
Diese Methode verläuft parallel zu den Behandlungen am Gesicht oder Körper. Gleichzeitig werden individuelle körperliche Leiden, viele Schmerzarten,
Muskelverspannungen, auch Kopfschmerzen etc.
der jeweiligen Person berücksichtig und optimal behandelt. Ganz nach dem Motto „Nur ein lockerer und
vom Schmerz befreiter Körper kann positive Impulse
aufnehmen“ werden die physikalischen Prozesse, die
Chakrazentren und Energiefelder positiv beeinflusst
und in der Reaktion verstärkt.
Um die Aufnahme und den Transfer von Molekülen
vorzubereiten, sollte jede Haut anschließend mit dem
Microdermabrasio-System vorbereitet werden, um
abgestorbene Hautzellen gleichmäßig und unblutig
abzutragen.
_Funktionsweise
Aufgebaut auf die SKIN JET Sphäro-Meso-TransferTechnologie mit der Unterstützung der Micro-
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Dermaceuticals. Dabei werden aufgrund mehrerer systemisch abgestimmten Behandlungsschritte die Zellen gleichzeitig aktiviert, beeinflusst und in eine sogenannte
„Schockphase“ versetzt.
_Behandlung mit Micropulsen
Bestellung auch online möglich unter:
www.oemus.com/abo
Ja, ich möchte das Probeabo beziehen. Bitte liefern Sie mir
die nächste Ausgabe frei Haus.
Soweit Sie bis 14 Tage nach Erhalt der kostenfreien Ausgabe keine schriftliche Abbestellung von mir erhalten,
möchte ich im Jahresabonnement zum Preis von
44 EUR/Jahr inkl. gesetzl. MwSt. und Versandkosten
innerhalb Deutschlands bzw. 46 EUR/Jahr inkl. gesetzl.
MwSt. und Versandkosten außerhalb Deutschlands beziehen. Das Abonnement verlängert sich automatisch um
ein weiteres Jahr, wenn es nicht sechs Wochen vor
Ablauf des Bezugszeitraumes schriftlich gekündigt wird
(Poststempel genügt).
Antwort per Fax +49-(0)3 41/4 84 74-2 90 an
OEMUS MEDIA AG oder per
E-Mail an [email protected]
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Während der kurzen Behandlungszeit mit MESOLASTIC®-Micropuls lockert sich das
Gewebe im Bruchteil von Sekunden, was zur Verbesserung und Aktivierung der biochemischen und physiologischen Prozesse führt. Die dadurch erreichte intensive Stimulation der Lymphzirkulation sowie die Aktivierung der Mikrozirkulation in Arterien und
Venen, der sofortige Schadstoffabtransport und die bessere Sauerstoffzufuhr bei
gleichzeitiger Aktivierung der Angiogenese führen zur harmonischen Wiederherstellung der Bindegewebsstruktur und fördern das Gleichgewicht der Zellen.
Aufgrund der Kraft der transdermalen Schwingungsreaktionen und der Wirkung der
horizontalen und diagonalen Impulse wird die Hautbarriere durchlässiger. Da die Transportkanäle geöffnet werden, entsteht ein sogenannter Porototionsprozess, wodurch
das Feuchtigkeitspotenzial bei gleichzeitiger Muskelstimulation des Tonus intensiviert
wird.
_Ultraschall im Magnetfeld
Der Quarz-Ultraschall im Magnetfeld mit Rot- und Blaulicht bietet parallel verlaufende
und gegenseitig unterstützende multiplizierende Nieder- und Hochfrequenzen, was zur
Verstärkung einer transdermalen Reaktion und dem Transfer der mikromolekularen
Struktur mit speziellen Wirkstoffen führt. Dahinter verbergen sich gleichzeitig oberflächlich und tief wirksame multiplizierte Frequenzen, die lokal bzw. großflächig die gewünschten Reaktionen erzielen. Die Kombination aus Nieder- und Hochfrequenz kann
aufgrund der Ionen-Verschiebung im menschlichen Organismus und der Aktivierung
der Natrium-Kalium-Pumpe optimale Reaktionen bei unterschiedlichen Therapieformen aufweisen. Auch die sofortige und gleichzeitige Reaktion von Magnetfeldern und
Quarz-US auf die Physiologie der Zellen weist schneller als bisher positive Ergebnisse auf.
_Wirkstoffcocktail
Ein dem Problem angepasster Derma-Wirkstoffcocktail unterstützt das apparative System und damit den Behandlungserfolg. Aufgrund von energetischen Schwingungen
können die biologischen Informationen und die Wirkung der Botenstoffe auf Nerven
und Immunsystem weitervermittelt werden.
_Resümee
Die Wirksamkeit dieses Verfahrens, basierend auf der Aktivierung der Lymphbahnen, des
Schadstoffabtransports, der Öffnung der Kanäle, der sofortigen Entspannung des Gewebes und schließlich dem optimalen Transport von Molekülen ermöglicht die Behandlung auch schwieriger Gewebeareale wie Augenzone, Mimikfalten oder Lippenbereich.
Darüber hinaus ist die SKIN JET-Wundheilungsmethode nicht nur im postoperativen Verfahren anwendbar._
_Kontakt
E-Mail
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Widerrufsbelehrung: Den Auftrag kann ich ohne Begründung
innerhalb von 14 Tagen ab Bestellung bei der OEMUS MEDIA AG,
Holbeinstr. 29, 04229 Leipzig, schriftlich widerrufen. Rechtzeitige
Absendung genügt.
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Holbeinstraße 29, 04229 Leipzig
Tel.: +49 341 48474-0
Fax: +49 341 48474-290
E-Mail: [email protected]
Frau Dr. med. K. Komender-Spira
Präsidentin, SKIN JET GmbH
Holzhofallee 1, 64283 Darmstadt
Tel.: 06151 39118-0
Fax: 06151 39118-20
E-Mail: [email protected], www.skin-jet.com
face
Spezial _ Haut und Ernährung
Möglichkeiten und
Grenzen für Nahrungsergänzungsmittel
Autor_ Dr. Jürgen Reimann, München
_ Nahrungsergänzungsmittel werden gemäß
Nahrungsergänzungsmittel-Verordnung vom
24.05.2004 wie folgt definiert: „Nahrungsergänzungsmittel“ sind Lebensmittel, die dazu bestimmt sind, die normale Ernährung zu ergänzen
und Konzentrat von Nährstoffen oder sonstigen
Stoffen mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung allein oder in Zusammensetzung darstellen und in dosierter Form in den Verkehr gebracht werden, d. h. in Form von z. B. Kapseln, Pastillen, Tabletten, Pillen und anderen ähnlichen Darreichungsformen.
Betrachten wir zunächst noch einmal die Wirkstoffgruppen, die für Nahrungsergänzungsmittel
ganz allgemein geeignet sind:
– Mikronährstoffe (Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente)
– Öle (Fisch-, Pflanzenöle sowie die ungesättigten
Fettsäuren)
– Pro- und Präbiotika (diese sind im Augenblick von
besonderem Interesse)
– Aminosäuren
– Pflanzenextrakte
– Sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe (Polyphenole
allgemein, speziell Anthocyane und Procyanidine, sog. OPCs [z.B. aus Beeren, Wein und grünem Tee], Flavonole, Flavane, Catechine, Phytoöstrogene)
– Algen (Jod).
Folgende Funktionen stehen dabei im Vordergrund:
_ Schutzschild des Körpers gegen die Umwelt
_ Schutzschild vor Hitze und Kälte
_ Schutzhülle gegen Krankheitserreger und Strahlung
_ Speicher für Nährstoffe und Wasser
_ Ausscheidungsorgan für Abbauprodukte des
Stoffwechsels
_ Sinnesorgan.
Die Haut ist daher für den Menschen von besonderer
Bedeutung für Gesundheit und Wohlbefinden und sie
wird daher nicht zu Unrecht häufig als der Spiegel der
Seele bezeichnet. Redensarten wie: „das geht einem
unter die Haut“, „vor Scham errötet“ oder „aus der Haut
fahren“ zeigen, wie sehr Haut und Seele miteinander
verbunden sind. Deshalb ist eine gesunde Haut für
den Menschen von besonderer Bedeutung.
Was kann oder muss man tun, um die Haut frisch und
jugendlich zu erhalten, außer der täglichen Reinigung
und Pflege? Lange Zeit glaubte man, dass weitere
Maßnahmen nicht nötig und auch nicht möglich sind.
Durch die Fortschritte in der Ernährungsmedizin
_Die Haut: Spiegel der Seele
Die Haut ist unser größtes und sicherlich mit
das wichtigste Organ für den Menschen.
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Spezial _ Haut und Ernährung
Antioxidantien
_ Vitamin E, Vitamin C, Carotinoide mit Beta-Carotin, Lutein, Lycopen Zeaxanthin und Astaxanthin, Selen, Coenzym Q10
_ Zink: Dieses Spurenelement nimmt eine
Sonderstellung für die Haut ein (insbesondere
bei Akne).
_ B Vitamine: Biotin, Folsäure, Nikotinamid und
Dexpanthenol
_ Vitamin A
_ Silizium, Eisen, Mangan, Molybdän, Kupfer.
Die ungesättigten Fettsäuren
_ Omega-6-Fettsäuren wie z.B. in Borretschöl,
Nachtkerzenöl
_ Omega-3-Fettsäuren wie z.B. in Fischöl, Leinöl,
Perillaöl.
haben wir jedoch erfahren, wie wichtig eine gesunde
ausgewogene Ernährung auch für eine gesunde,
junge und frische Haut ist. Da aber eine ausgewogene Ernährung häufig nicht realisiert wird oder
nicht möglich ist, spielen heute sinnvolle Nahrungsergänzungsmittel immer mehr eine Rolle. Neben der Ernährung kommen die zusätzlichen Belastungen der Haut durch:
_ zu intensives und häufiges Reinigen mit Agentien, die die Haut schädigen können
_ Umweltbelastungen durch Rauchen, Smog und
Ozonbelastung
_ erhöhte UV-Belastungen und vorzeitiges PhotoAgeing.
Insbesondere mit dem Thema Photo-Ageing beschäftigen sich die Dermatologen und Ernährungswissenschaftler seit geraumer Zeit intensiv.
Wir wissen heute, welche Auswirkungen eine erhöhte UV-Belastung auf unsere Haut haben kann.
Neben der Tatsache, dass UV-Belastung zu Veränderungen der Lipidstruktur, Nukleoproteine, bestimmter Eiweißkörper und zu Veränderungen der
Aminosäure-Strukturen führen können, sind eine
Reihe weiterer schädigender Eigenschaften bekannt.
_Die Bedeutung der Mikronährstoffe
Zahlreiche Arbeitskreise (Packer, Thiele, Weber,
Azzi, Biesalski, Gollnick, Gehrig und Sies) haben
gezeigt, dass die Mikronährstoffe, wie Vitamine,
Mineralstoffe und Spurenelemente, für gesunde
Hautfunktionen von essenzieller Bedeutung sind
und zudem ausgeprägte Schutzfunktionen ausüben können. Im Blickpunkt der Wissenschaft stehen dabei folgende Wirkstoffe:
Sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe
Polyphenole, z. B. aus grünem Tee, Weintrauben
(Kerne und Schalen), Kiefernrinde, Blaubeeren und
die wichtigen Phytoöstrogene – Algen (Jodgehalt).
_Welche Produktkonzepte
gibt es bereits?
Auf dem Markt gibt es bereits zahlreiche Produkte,
die zum Teil durchaus sinnvoll zusammengesetzt
sind. Entscheidend ist jedoch, ob dazu entsprechende Literatur oder wissenschaftliche Studien
vorliegen, die die Wirksamkeit zum Beispiel bei vorzeitiger Hautalterung durch Photo-Ageing bestätigen. Leider ist dies häufig nicht der Fall.
Ganz allgemein kann jedoch für die nachfolgend
aufgeführten Nährstoffe eine positive Wirkung
auf verschiedene Hautfunktionen und vorzeitige
Hautalterung als gesichert angesehen werden:
Vitamin A
Vitamin reguliert Wachstum und Differenzierung verschiedenster Zellen und Gewebe. Besteht ein Vitamin A-Mangel über längere Zeit, so
resultiert eine Plattenepithelmetablasie. Die
wiederum als Präkanzerose angesehen wird. Für
die Haut ist sicherlich der Einfluss von Vitamin A
auf die Zelldifferenzierung von größter Bedeutung. Die typische Mangelerscheinung im fortgeschrittenen Vitamin A-Stadium ist die Xerophtalmie, bei der es zu Hornhauttrübungen, Nekrosen der Hornhaut und unbehandelt zur Erblindung kommt. Daneben können Veränderungen
von Haut und Schleimhäuten auftreten, die sich
in erhöhter Infektanfälligkeit äußern können.
Weitere Anzeichen können trockene, schuppende Haut sein. Die tägliche Zufuhr an Vitamin
A sollte bei etwa 3.000 Einheiten liegen, entsprechend 1 mg Retinoläquivalent (1 i. E. = 0,3 µg
Retinol).
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Spezial _ Haut und Ernährung
Vitamin B2
Auch hier ist ein isolierter Mangel relativ selten.
Trotzdem gibt es, insbesondere bei älteren Menschen, Hinweise auf das sogenannte Oro-OculoGenital-Syndrom sowie
_ eine Neigung zur Zungenatrophie,
_ Mundwinkelrhagaden,
_ Entzündungen der Mundschleimhaut und der
Zunge und
_ einem Bild, das dem seborrhoischen Ekzem sehr
ähnlich ist.
Riboflavin
Riboflavin ist ein Baustein der Coenzyme Flavin,
Adenin, Binucleotid (FAD) und Flavinmononucloitid (FMN = Riboflavinphosphat), die als Bestandteile von Dehydrogenasen und Oxigenasen eine
zentrale Rolle im oxidativen Stoffwechsel spielen.
Mit der Nahrung werden freies Riboflavin sowie
FAD und FMN aufgenommen. Die beiden Coenzyme werden im proximalen Dünndarm aufgespalten. Absorbiert wird freies Riboflavin in niedriger Konzentration aktiv mit einer Sättigungskinetik und in höheren Konzentrationen durch
passive Diffusion. Die Deutsche Gesellschaft für
Ernährung empfiehlt eine Zufuhr von täglich
1,3 mg Riboflavin.
B6 an über 50 enzymatischen Umsetzungen, vorwiegend im Stoffwechsel der Aminosäuren, beteiligt. Besonders erwähnenswert ist hier seine
Rolle als Coenzym im Homocysteinstoffwechsel.
Ein schwerer Vitamin B6-Mangel äußert sich
in Form einer seborrhoischen Dermatitis im Nasen-, Augen-, Mundbereich, einer eisenresistenten Anämie sowie in neurologischen Störungen.
Die Zufuhrempfehlung für Vitamin B6 liegt bei
1,5 mg pro Tag.
Vitamin B12
Als Vitamin B12 (Cobalamine) werden verschiedene Verbindungen zusammengefasst, die ein
Kobaltatom im Zentrum eines porphyrinähnlichen Ringsystems enthalten. Die in der Nahrung vorkommenden oder als Medikamente zugeführten Cobalamine werden vom Organismus
in die aktiven Coenzyme Adenosyl- und Methylcobalamin umgebaut, die für die intramolekulare Umlagerung von Acrylresten beim Abbau
ungeradzahliger und verzweigt-kettiger Fettsäuren (Adenosylcobalamin) sowie für die (zum
Teil folatabhängige) Übertragung von Methylgruppen verantwortlich sind. Dadurch spielt Vitamin B12 eine wesentliche Rolle bei der Überführung der Speicher- und Transportformen der
Folsäure in ihre Wirkform. Beim älteren Menschen sind Vitamin B12-Mangelzustände als
Folge von Schleimhautatrophien des Magens
häufiger als bei jungen Menschen. Der ergiebigste Vitamin B12-Lieferant ist die Leber. Die
Zufuhrempfehlung für Vitamin B12 beträgt 3 µg
pro Tag.
Nicotinamid (Niacin)
Niacin ist als Bestandteil der Coenzyme NAD (Nicotinamid–Adenindinucleotid) und NADP (Nicotinamid-Adenindinucleotid-Phosphat) am Hydridionentransfer zahlreicher Hydrogenasen beteiligt. In diesen biologischen Redox, Reaktionen,
die in allen Zellen des Organismus ablaufen, wirken NAD und NADP als Wasserstoff-Donatoren
oder Akzeptoren. Niacin ist auf diese Weise am
Auf- und Abbau von Kohlenhydraten, Fettsäuren
und Aminosäuren beteiligt. Darüber hinaus wird
NAD in Nichtredoxreaktionen bei der DNA Replikation und Reparatur sowie der Kalziummobilisation benötigt. Die Deckung des Niacinbedarfs erfolgt nicht nur durch die Niacinaufnahme, sondern auch durch eine körpereigene Biosynthese
aus der essenziellen Aminosäure Tryptophan in
der Leber und der Niere. Dies ist bei den Empfehlungen und Zufuhrberechnungen zu berücksichtigen. Nicht benötigtes Tryptophan wird dabei
im Organismus des Körpers zur Synthese von
Nikotinsäureamid verwendet. Aus 60 mg Tryptophan wird etwa 1 mg Niacin gebildet.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt
eine tägliche Zufuhr von 15 mg Niacinäquivalent
(1mg Niacinäquivalent entspricht 60mg Tryptophan).
Biotin
Biotinabhängige Enzyme (Carboxylasen) haben
Schlüsselfunktionen in der Glukomyogenese, im
Abbau von vier essenziellen Aminosäuren (Methionin, Isoleucin, Threonin, Valin) und in der
Fettsäurebiosynthese. Als typische Biotin-Mangelerscheinungen gelten eine seborrhoische Dermatitis, Konjunktivitis, Schwäche, Anorexie und
Übelkeit. Da Biotin zu einem gewissen Prozentsatz auch intestinal gebildet werden
kann, kann der alimentäre
Biotinbedarf nach wie
vor nicht zuverlässig
angeben werden. Die
Schätzwerte für
eine angemessene
Zufuhr liegen daher bei 30–60µg
Biotin pro Tag.
Vitamin B6
In seinen Coenzymformen Pyridoxalphosphat
(PLP) und Pyridoxaminphosphat (PNP) ist Vitamin
Pantothensäure
Anzeichen eines
Pantothensäure-
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Spezial _ Haut und Ernährung
mangels können Taubheit und Brennen in den
Unterschenkeln und Fußgelenkschmerzen sein,
aber auch ein Ausbleichen der Haarfarbe.
Pantothensäure wird im Körper sofort in eine aktive Form verwandelt, das sogenannte Coenzym A.
Pantothensäure spielt als Teil von Coenzym A eine
zentrale Rolle im Energiemetabolismus der Zelle,
da es an über 100 Reaktionen beteiligt ist, die den
Abbau von Kohlehydraten und Fetten, und damit
die Entstehung der Zellenergie bewirken. Die Zufuhr von Pantothensäure soll nach der Deutschen
Gesellschaft für Ernährung bei 6 mg pro Tag liegen.
Antioxidantien
Die Zufuhr der Antioxidantien sollte mindestens
in der Höhe von 10–30 mg Vitamin E, 100 mg Vitamin C, 2 mg Beta-Carotin (aus rechtlichen Gründen nicht höher), 3–5 mg Lycopen, Zeaxanthin
und Astaxanthin und 30–50 µg Coenzym Q10
liegen.
Zink
Zink ist an über 100 zinkabhängigen enzymatischen Reaktionen beteiligt und ist damit unentbehrlich für den Nukleinsäure- und Proteinmetabolismus und damit für die normale Zellproliferation und ganz allgemein für Entwicklungs-,
Wachstums- und Regenerationsprozesse. Zusätzlich zu den enzymkatalytischen und proteinstrukturellen Funktionen besitzt Zink antioxidative Eigenschaften. Für Haut, Haare und Nägel ist
es essenziell.
Zink ist für die dermalen Umwandlungsprozesse
vom Stratum germinativum zum Stratum corneum erforderlich. Dazu gehört auch seine Be-
teiligung an der Dehydrierung von Linol zu Linolensäure, die für eine geregelte Verhornung der
Haut von Bedeutung ist. Zink spielt eine wesentliche Rolle im Stoffwechsel des Cysteins, der
wichtigsten Aminosäure für den Aufbau des
Haarkeratins. Bei Zinkmangel ist das Haar häufig
dünn, farblos und brüchig. An den Nägeln zeigen
sich meist weiße Flecken. Eine ausreichende Proteinsynthese ist Voraussetzung für alle Zellteilungs- und Wachstumsvorgänge. Von einem
Zinkmangel sind daher vor allem Zellsysteme mit
hoher Zellteilungsrate wie Hautzellen, Haarwurzelzellen und immunkompetente Zellen betroffen.
Einige Studien belegen die positive Wirkung einer
oralen Zinktherapie bei der Behandlung von Akne.
Zink und Vitamin A sind für eine normale Epithelisierung essenziell. Zudem ist Zink für den Vitamin A-Stoffwechsel unentbehrlich; es hemmt die
Talksekretion und das Wachstum vom Propionibakterium Acnes und Staphylococcus aureus. Die
5-Alpha-Reduktase in der Haut wird gehindert
und damit die Umwandlung von Testosteron in das talgdrüsenstimulierende Hormon
5-Dehydrotestosteron. Bei Neurodermitis und
Psoriasis gilt der Einfluss von Zink als gesichert.
Bei beiden Erkrankungen liegt eine Störung des
Prostaglandinstoffwechsels vor. Die tägliche
Zufuhr von Zink nach den Empfehlungen der
Deutschen Gesellschaft für Ernährung sollte
10 mg betragen.
Silizium
Silizium ist ein notwendiger Bestandteil der Mukopolisaccharide in Epithelien und Bindegewebe.
Orale Siliziumgaben verbessern die Dicke und den
Turgor der Haut sowie die Beschaffenheit brüchiger Nägel und Haare.
Im Tierversuch treten bei einem Siliziummangel
Störungen an Knochen, Knorpel, Haut, Haaren,
Nägeln und Bindegewebe auf. Da Silizium nicht
als essenziell gilt, gibt es auch keine Schätzwerte
für eine wünschenswerte Zufuhr. Berechnungen
gehen jedoch davon aus, dass die tägliche Aufnahme zwischen 20 und 50 mg liegt. Die tatsächlich resorbierte Menge wird auf ca. 9 mg pro Tag
geschätzt.
Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren
Die Wirkungsweise dieser Fettsäuren liegt sicherlich auch in der Beeinflussung des Prostaglandinstoffwechsels.
Polyphenole
Für die Polyphenole gibt es keine Zufuhrempfehlungen; 100mg zum Beispiel eines Grünteeextraktes
standardisiert auf Polyphenole erscheint jedoch
durchaus sinnvoll.
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Spezial _ Haut und Ernährung
Phytoöstrogene
Unter Phytoöstrogenen werden in erster Linie
die Isoflavone aus Soja und Rotklee verstanden.
Bei den Phytoöstrogenen handelt es sich um
schwach wirkende Östrogene, deren Wirkung
deutlich weniger stark ausgeprägt ist als die der
körpereigenen Östrogene. Sie besetzen jedoch die
gleichen Hormonrezeptoren.
Bei einem Östrogenmangel wirken sie daher vergleichbar mit schwachen Hormonersatzpräparaten, die an den Rezeptoren ihre östrogenartige
Wirkung entfalten. Bei übermäßig hohen Östrogenspiegeln wirken Phytoöstrogene dagegen wie
Hormonblocker, die die Östrogenrezeptoren besetzt halten, sodass die wesentlich stärkeren körpereigenen Östrogene ihre Wirkung nicht entfalten können. Die positiven Wirkungen der Phytoöstrogene speziell auf die vorzeitig gealterte Haut
bei Frauen sind durch zahlreiche Studien
belegt. Die Zufuhr dieser Phytoöstrogene sollte
jedoch nicht über 80 mg pro Tag liegen.
_Allgemeine Nährstoffzufuhrempfehlungen für Hautprobleme
Trockene Haut
Erhöhung der Zufuhr an Vitamin E und an Gamma
Linolensäure (Omega-6 Fettsäuren): z.B. Nachtkerzenöl, Borretschöl.
Akne
Vitamin E, Zink, Gamma Linolensäure und Selen.
Ekzeme
Vitamin C, Zink, Gamma Linolensäure und Omega-3Fettsäuren.
Nägel
Vitamin C, Calcium, Zink, Biotin und die Aminosäure
L-Cystein.
Haare
Vitamin E, Vitamin C, Gamma Linolensäure, Biotin,
Cystein, Bockshornsamen.
Vorzeitige Hautalterung
Antioxidantien wie die Cartinoide: Beta-Carotin, Lycopen, Astaxanthin und Zeaxanthin, Vitamin C, Vitamin E, die Spurenelemente Zink und Selen, die B Vitamine Biotin, Pantothensäure, Niacin, Vitamin B2 und
speziell für Frauen die Phytoöstrogene auf der Basis
von Soja- oder Rotklee-Konzentraten._
Literatur (Auswahl)
[1] Anne-Katrin Greul et al.; Photoprotection of UV-Iirridiated Human
Skin: An Antioxidative Combination of Vitamins E and C, Carotenoids, Selenium and Proanthocyanidins; Skin Pharmacol Appl.
Skin Physiol 2002, Karger AG Basel.
[2] Wolf Nürnberg et al.; Einfluss von Vitalstoffen auf den Alterungsprozess der Haut; Ernährung & Medizin 2002.
[3] Roberta Riccialrelli et al.; Age-Dependent Increase Of Collagenase Expression Can Be Reduced By ␣-Tocopherol Via Protein Kinase C Inhibition; Free Radical Biology & Medicine, Vol.27, Nos.
7/8 pp. 729–737, 1999.
[4] Mauricio Podda et al.; UV-Irradiation Depletes Antioxidants and
Causes Oxidative Damage In A Model Of Human Skin; Free Radical Biology & Medicine, Vol.24, No. 1, pp. 55–65, 1998.
[5] Jens J. Thiele et al.; Depletion of Human Stratum Corneum Vitamin E: An Early and Sensitive In Vivo Marker of UV Induced PhotoOxidation; Society for Investigative Dermatology, Inc. 1998.
[6] Hans Konrad Biesalski et.al. ; Effects on Controlled Exposure of
Sunlight on Plasma and Skin Levels of ß-carotene; Free Rad. Res.,
Vol 24, No. 3 pp. 215–224.
[7] Alois Kretz et al.; Vitamins; Copyright 2001 Marcel Dekker Inc.
_Autor
face
Dr. Jürgen Reimann
Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Abgrenzung Arzneimittel/Lebensmittel,
Nahrungsergänzungsmittel und diätetische
Lebensmittel.
Fachapotheker für Arzneimittelinformationen und
pharmazeutische Analytik. Lehrbeauftragter an den
Universitäten München und Regensburg.
Pöckingerstr.12a
81475 München
Tel.: 089 7556662
Fax: 089 74575456
E-Mail: [email protected]
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Spezial _ Endokrinologie
Ästhetische
Endokrinologie
Der topische Einsatz von Steroidhormonen zur
Erzielung kosmetischer Effekte
Autor _ Dr. med. Bernd Kleine-Gunk, Fürth
Die positive Wirkung weiblicher Geschlechtshormone auf Haut, Schleimhäute und Haare ist seit Langem bekannt. Über viele
Jahre hinweg waren diese Wirkungen jedoch allenfalls ein zwar erwünschter, jedoch keinesfalls primär intendierter Nebeneffekt einer systemischen Hormontherapie. Mit dem Aufkommen der Anti-Aging-Medizin und einer immer stärkeren Betonung ästhetischer Aspekte erlangt jedoch auch die topische Applikation von Steroidhormonen zur Erzielung kosmetischer
Effekte (Hormonkosmetik) eine zunehmende Bedeutung.
_Es gibt nicht wenige Kritiker, die in der allgegenwärtigen Propagierung kaum erreichbarer Schönheitsideale eine bedenkliche Entwicklung des Zeitgeistes sehen („Beauty-Terrorismus“). Auch Ärzte
werden kritisiert, wenn sie ihre Kunst statt in die Behandlung von Erkrankungen in die Optimierung von
Schönheit investieren. Bei allen sicherlich zu Recht
angeprangerten Auswüchsen des gegenwärtigen
Schönheitswahnes bleibt jedoch festzuhalten: Das
Verlangen, insbesondere des weiblichen Teils der
Menschheit, sich mithilfe externer Wirkstoffe (Kosmetika) zu verschönern, ist wahrscheinlich so alt wie
die zivilisierte Menschheit selbst. So findet sich z.B.
bereits im alten Ägypten ein geradezu exzessiver Gebrauch von Kosmetika. Und auch Ärzte haben sich
schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt auf ästhetischem Gebiet engagiert. So findet sich bereits im
4. Jahrhundert v. Chr. in den Abhandlungen des Hippokrates über Frauenkrankheiten ein umfangreiches
Kapitel mit kosmetischen Rezepturen, u.a. „zur Glättung von Runzeln“ oder auch „um dem Gesicht ein
schöneres Aussehen zu verleihen“. Auch der zweite
Stammvater der antiken Medizin, Galenus von Pergamon (129–199 n.Chr.) beschäftigte sich intensiv
mit kosmetischen Zubereitungen. Die berühmte
„Kaltcreme“ (Unguentum refrigerans) des Begrün-
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Als wichtigster Pathomechanismus des PhotoAgings gilt die Bildung von freien Radikalen in der
Haut mit nachfolgender oxidativer Schädigung diverser Zellstrukturen.3 Dies wirkt sich vor allem im
Bereich der Dermis (Lederhaut) aus. Hier führt die
oxidative Belastung zu einer Degeneration und Desintegration von dermalen, extrazellulären Fasern.
Über die Induktion von Matrix-Metalloproteinasen
(MMPs) kommt es zu einem übermäßigen Abbau
hauptsächlich von Typ 1-Kollagen, aber auch zu einer Akkumulation und Ablagerung von pathologischem, „elastotischem“ Material.4 Das typische klinische Bild einer extrinsischen Voralterung ist daher
die „lederartige gegerbte Haut“ mit ihren tiefen Falten und Furchen. Das histologische Korrelat ist das
einer Elastose.
_Intrinsische Hautalterung
ders der Galenik war wohl der erste kosmetische Verkaufserfolg der Antike.1 Wir sehen: Lifestylemedizin
und ästhetisches Anti-Aging sind durchaus keine
Erfindung des ausgehenden 20. Jahrhunderts.
Der Kampf gegen Falten, Fältchen und eine dünner
werdende Haut ist letztlich ein Kampf gegen Alterungsprozesse, die an unserem größten Organ, der
Haut, in besonderer Weise sichtbar werden. Fundierte Kenntnisse über den Alterungsprozess im Allgemeinen und den der Haut im Besonderen sind daher Voraussetzung für wirksame Therapieansätze.
_Extrinsische Hautalterung
Die Haut altert doppelt. Im Allgemeinen wird zwischen einer extrinsischen und einer intrinsischen
Hautalterung unterschieden. Zu den äußeren Faktoren, die für die extrinsische Alterung verantwortlich
sind, gehören UV-Strahlung, Rauchen, Umweltnoxen sowie Ernährungs- und Lebensstilfaktoren. Der
bei Weitem wichtigste Faktor ist die UV-Strahlung,
die für nahezu 80 Prozent der extrinsischen Hautalterungsprozesse verantwortlich gemacht wird.2 Aus
diesem Grund hat sich für die extrinsische Hautalterung auch der Begriff „Photo-Aging“ eingebürgert.
Ganz anders verläuft der Mechanismus bei der intrinsischen Hautalterung. Sie wird bestimmt durch die genetische Veranlagung sowie durch diverse innere Einflüsse, wobei Veränderungen des Hormonhaushaltes
die entscheidende Rolle spielen. Charakteristisch für
die intrinsische Hautalterung ist eine Atrophisierung
der Haut in allen drei Schichten (Epidermis, Dermis,
Sucutis) einschließlich ihrer Hautanhangsgebilde
(Haarfollikel, Talgdrüsen etc.)5 (Abb. 1). Sowohl die
Anzahl der Keratozyten der Epidermis als auch der
Fibroblasten in der Dermis nehmen mit dem Alter ab.
Die Tatsache, dass beide Zellarten sowohl Östrogenals auch Androgenrezeptoren aufweisen, deutet auf
die Hormonabhängigkeit dieses Prozesses hin.6
Mehr noch als die Abnahme der zellulären Bestandteile sind jedoch Veränderungen der extrazellulären
Matrix für das Erscheinungsbild der intrinsischen
Hautalterung verantwortlich. So kommt es bereits in
den ersten fünf Jahren nach der Menopause zu einer
Abnahme der dermalen Kollagenfasern um etwa 30
Prozent.7 Auch andere Bestandteile der dermalen
Grundsubstanz, wie z. B. die für die Wasserbindung
entscheidende Hyaluronsäure, finden sich in
einer Hormonmangelsituation deutlich vermindert
(Tab. 1).8 Die Folge ist das klinische Bild einer dünnen,
eher trockenen Haut mit Ausbildung sehr viel feinerer Fältchen als sie bei der extrinsischen Hautalterung zu beobachten sind.9
Tabelle 1
Folgen des Östrogenmangels für die Haut
– Verdünnung der Haut
– Feuchtigkeitsverlust
– Verminderte Elastizität
– Verminderte Vaskularisation
– Verminderte Kollagenneosynthese
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Spezial _ Endokrinologie
Wenn es um den Einsatz von Hormonen geht, ist jedoch nicht nur der Nachweis einer entsprechenden
Wirkung von Bedeutung, sondern ebenso der Ausschluss unerwünschter Nebenwirkungen. So wissen
wir aus der systemischen Hormonersatztherapie seit
Langem, dass die Haut nicht nur Zielorgan von Östrogenen ist, sondern auch ein geeignetes Medium,
diese zu inkorporieren – eine Tatsache, die man sich
im Rahmen der transdermalen Hormonsubstitution
seit Langem zunutze macht.
Abb. 1a
Abb. 1b
Abb. 1a_Prämenopausale Haut.
Abb. 1b_Peri- und
postmenopausale Haut.
Abb. 1c_Senile Haut.
Abb. 1c
Die kosmetische Industrie hat in den letzten Jahren
hohe Summen in die Erforschung der Hautalterung
sowie in die Entwicklung neuer Hautpflegeprodukte
und „Anti-Aging-Substanzen“ gesteckt. Das gilt für
den Bereich von Feuchthaltesubstanzen (Moisturizern) ebenso wie für verbesserte topische Lichtschutzfaktoren und Antioxidantien. Für all diese Produkte gilt jedoch: Sie beeinflussen ausschließlich die
extrinsische Hautalterung, das Photo-Aging. Die Tatsache, dass es so gut wie keine Präparate zur Behandlung der intrinsischen Hautalterung gibt, hat
einen relativ einfachen Grund. Die intrinsische Hautalterung ist im Wesentlichen hormonmangelbedingt
und lässt sich effektiv auch nur durch die Zufuhr der
fehlenden Hormone behandeln. Hormone sind jedoch als medizinische Inhaltsstoffe klassifiziert und
somit für die kosmetische Industrie nicht zugänglich.
Ihre Verschreibung – auch in topischer Form – bleibt
in der Hand des Arztes, die Zubereitung in der des
Apothekers.
_Wirkung von Östrogenen auf der Haut
Der Beleg, dass die intrinsische Hautalterung durch
den Einsatz von Steroidhormonen weitgehend reversibel ist, wurde inzwischen im Rahmen einer ganzen
Reihe von Untersuchungen erbracht. So weisen postmenopausale Frauen unter einer systemischen Hormonersatztherapie gegenüber einer unbehandelten
Vergleichsgruppe eine höhere Hautdicke undfeuchtigkeit sowie einen signifikant höheren Kollagen- und Elastingehalt der Haut auf.10 Diese Veränderungen lassen sich nicht nur histologisch nachweisen, sondern haben einen sicht- und messbaren
Effekt auf die Häufigkeit und Tiefe von Falten
(Abb. 2).11
Ganz ähnliche Effekte lassen sich an der Haut aber
auch im Rahmen einer topischen Behandlung mit
den entsprechenden Hormonen erzielen. Auch hier
konnte in mehreren Studien ein positiver Effekt auf
die entscheidenden Faktoren der Hautalterung
wie Kollagengehalt, Hyaluronsäurekonzentration,
Hautdicke und Hornschichtfeuchtigkeit belegt werden.12
_Auswahl der richtigen
Östrogene entscheidend
Von außerordentlicher Wichtigkeit ist daher bei
hormonkosmetischen Rezepturen die Auswahl des
richtigen Östrogens. Die Verwendung von 17-␤Östradiol, wie sie noch immer in älteren Rezepturen
für Hormonkosmetika empfohlen wird, muss heute
als obsolet betrachtet werden. 17-␤-Östradiol wird
nach topischer Applikation in hohem Maße resorbiert und entfaltet systemische Wirkungen, vor allem auf das Endometrium. Die Auslösung irregulärer uteriner Blutungen kann aber nicht das Ziel einer hormonkosmetischen Behandlung sein. Die
Substanz der Wahl im Rahmen der Hormonkosmetik ist daher das Östriol, das insgesamt gegenüber
dem 17-␤-Östradiol zwar eine deutlich geringere
Wirkung aufweist, dessen Effekt auf die Haut jedoch nahezu gleichwertig ist. Allenfalls das 17-␣Östradiol, das ebenfalls keine proliferierende Wirkung auf das Endometrium ausübt, kann neben dem
Östriol in topischen Präparaten zum Einsatz kommen. Um es noch einmal in aller Deutlichkeit zu sagen: Wer 17-␤-Östradiol topisch appliziert, betreibt
keine Hormonkosmetik, sondern eine transdermale
Hormonsubstitution. Das Ziel einer lokalen Therapie ist es aber gerade, keine systemischen Wirkungen hervorzurufen.
_Wirkung der Gestagene
Neben den Östrogenen weisen aber auch die Gestagene dermatotrope Effekte auf. Allerdings ist hier
die Studienlage deutlich dünner. Die wohl interessanteste Wirkung der Gestagene ist ihre Beeinflussung der internen Regulation der Kollagenasen, die
vor allem für das körpereigene Progesteron nachgewiesen werden konnte.13
Kollagenasen gehören zur Gruppe der MatrixMetalloproteinasen (MMPs) einer Gruppe von proteolytischen Enzymen, die Kollagen, Elastin und
weitere Bindegewebsproteine abbauen können und
die somit essenziell für das Remodelling des dermalen Bindegewebes sind.14 Dieses Remodelling ist ein
physiologischer und notwendiger Prozess. Eine vermehrte Aktivität der MMPs, wie sie im Alter, aber
auch induziert durch exogene Faktoren wie UV-Be-
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Spezial _ Endokrinologie
strahlung und Nikotinabusus gesehen wird, führt
allerdings zu einem unphysiologischen Kollagenund Bindegewebsabbau. Als effektiver MMP-Hemmer ist das Progesteron somit ein wichtiger Bestandteil hormonkosmetischer Rezepturen.15
Unter den synthetischen Gestagenen sind vor allen
jene mit antiandrogener Wirkung von Interesse. Der
Einsatz im Rahmen von antiandrogenen Ovulationshemmern (Belara®, Diane 35®, Valette®) ist ein
überaus wirksamer Behandlungsansatz der Akne
vulgaris. Allerdings verbietet sich dieser Therapieansatz bei Frauen mit Kinderwunsch und natürlich
bei Männern, die in ihrer Jugend ja häufig besonders
intensiv von Akne betroffen sind. Antiandrogene
Gestagene, wie z. B. das Cyproteronacetat, sind jedoch ebenfalls topisch wirksam, sodass ihre Anwendung in Form von Gelen auch in diesen Fällen
möglich ist.16 Als additive Maßnahme können sie
darüber hinaus die Wirkung einer entsprechenden
Ovulationshemmerbehandlung wirksam unterstützen.
_Wirkung der Androgene
Die Wirkung von Androgenen auf die weibliche
Haut wird zumeist mit eher unerwünschten Effekten wie Seborrhoe, Akne oder Hypertrichose in Verbindung gebracht. Allerdings zeigen Androgene im
dermalen Bereich durchaus auch erwünschte Wirkungen. So führen sie zu einer vermehrten Vernetzung des dermalen Bindegewebes und einer Beeinflussung der Mikroarchitektur des subkutanen Fettgewebes. Diesen Effekt macht man sich vor allem in
der Behandlung der Cellulite zunutze.
Die Cellulite (Dermopanniculosis deformans) ist
eine typische geschlechtsspezifische Veränderung
des subkutanen Fettgewebes. Die Tatsache, dass
diese Veränderung ausschließlich Frauen (und eunuchoide Männer) betrifft, ist bedingt durch Unterschiede im Aufbau der bindegewebigen Septen der
Subcutis. Während bei Männern die bindegewebigen Septen reichlich Quervernetzungen aufweisen,
sind sie bei Frauen säulenartig angeordnet.
Füllen sich die Kammern dieser Septen mit Fettzellen und kommt erschwerend noch ein Lipödem
hinzu, so resultiert daraus das bekannte Phänomen
einer Orangen- oder Matratzenhaut, hauptsächlich
im Bereich der gluteofemoralen Region (Abb. 3).
Medizinisch ist das zwar ohne jede Bedeutung, kosmetisch wird es jedoch von vielen Frauen als Makel
empfunden.
_Topisch wirksame Androgene
Eine wirksame Behandlung besteht in der lokalen
Anwendung von Androgenen, die zu einer Modifikation des subkuten Fettgewebes im Sinne einer
vermehrten Quervernetzung führen und somit ei-
Abb. 2a
Abb. 2b
nen kausalen Therapieansatz darstellen. Aber auch
hier ist die Auswahl des richtigen Androgens von
entscheidender Bedeutung. Ähnlich wie das 17-␤Östradiol wird auch das Testosteron perkutan resorbiert und entfaltet dann systemische Wirkungen. Da die meisten Frauen mit Cellulite keine Zeichen eines allgemeinen Androgenmangels aufweisen, ist dieser Effekt eher unerwünscht. Ein
weiterer Aspekt kommt hinzu: Die Androgene sollen vor allem im Bereich der Subcutis wirken. Subkutanes Fettgewebe enthält jedoch große Mengen
an Fettgewebsaromatase, also jenem Enzym, das
durch Aromatisierung Androgene in Östrogene
weitermetabolisiert. Die topische Applikation von
Testosteron führt so letztlich nur zu einer Erhöhung der Östrogenspiegel im behandelten Bereich,
also dem genauen Gegenteil der intendierten Wirkung. Daraus folgt, dass die zur Therapie des männlichen Androgenmangels erhältlichen Testosterongele zur Behandlung der weiblichen Cellulite
nicht geeignet sind. Das Androgen der Wahl ist vielmehr das Androstanolon, dessen systemische Wirkung minimal ist und das zu den nicht aromatisierbaren Androgenen gehört.17 Begleitende Maßnahmen wie eine allgemeine Fettgewebsreduktion und
die gezielte Behandlung des Lipödems können den
Erfolg einer hormonkosmetischen Therapie der
Cellulite wirksam unterstützen.
Wie bereits erwähnt dürfen Hormone in freiverkäuflichen Kosmetika nicht verwendet werden,
da diese dadurch zu Arzneimitteln würden. Umgekehrt ist es allerdings durchaus möglich, Hormonkosmetika mit zusätzlichen Pflegestoffen anzureichern. Durch die Einarbeitung von topischen Antioxidanzien und Moisturizern ist somit auch eine
Beeinflussung der extrinsischen Hautalterung
möglich. Zu den topisch wirksamen Antioxidanzien
gehören z. B. die Vitamine C und E sowie Vitamin ADerivate (Retinol). Insbesondere die Wirkung der
Vitamin A-Säure (Tretinoin, Retinsäure) ist wissenschaftlich gut untersucht und belegt. So gehört die
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Abb. 2a–b_Cellulite – Geschlechtsspezifische Unterschiede in
der Mikroarchitektur des subkutanen Fettgewebes (a: weiblich,
b: männlich).
Spezial _ Endokrinologie
Abb. 3a
Abb. 3a–b_Klinischer Effekt durch
0,3% Östriolsalbe (a: Vor Therapie,
b: Nach zwölf Wochen Behandlung).
Abb. 3b
Retinsäure zu den wenigen Substanzen, die einen
tatsächlichen Einfluss auf die Kollagenneosynthese haben. Bezüglich weiterer dermatokosmetischer Wirkstoffe sei auf die einschlägige Fachliteratur verwiesen.18
_Galenik entscheidet
Für einen erfolgreichen Einsatz von Hormonkosmetika ist nicht zuletzt aber auch die Galenik von entscheidender Bedeutung. Natürliche Steroidhormone lösen sich am besten in Alkohol, Äther und
Aceton oder auch in fetten Ölen. Beides ist unter
hautpflegerischen Gesichtspunkten wenig ideal.
Alkohol und Aceton trocknen die Haut aus, fettende
Salben schmieren und verleihen der Haut ein unangenehmes Glänzen.
Tabelle 2
Beispiel einer hormonkosmetischen Rezeptur
– Progesteron . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3,00
– Androstanolon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,10
– Estriol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,50
– 17-␣-Estradiol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,10
– RonaCare® VTA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1,00
– Emblica . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,05
– Allantoin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1,00
– Nachtkerzenöl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5,00
– Propylenglycol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3,00
– Jojobaöl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5,00
– Span 80 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,50
– Tween 20 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,50
– ␣ Tocopherolacetat . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,25
– Hydrocotyl Extrakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2,00
– Ol. Carot. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,10
– Aromaöl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . q.s.
– Carbomer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,28
– Hyaluronsäure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,03
– D-Panthenol 50P . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2,84
– NaOH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,85
– Phenoxyethanol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,21
– Aqua purificata . . . . . . . . . . . . . . . . . ad 50,00
M.f. Fluid
Eine Möglichkeit, dieses zu vermeiden, bietet die
Vorlösung der Hormone in dem für sie am besten geeigneten Öl. Für Östriol ist das Nachtkerzenöl gut
geeignet, das Progesteron löst sich gut in Jojobaöl.
Die optimale Grundlage für das Androstanolon sind
Centella asiatica-Extrakte unter Zugabe von Protylenglycol. Die genannten Vorlösungen der Hormone
passieren ohne Wärmezufuhr, also bei Raumtemperatur. Auf diese Weise wird eine Auskristallisation
der Hormone beim Abkühlen verhindert und die
chemische Stabilität der Hormonstrukturen bleibt
erhalten. Die so vorgelösten natürlichen Steroidhormone werden dann sukzessive in die eigens für
die Hormonkosmetik hergestellten Grundlagen eingearbeitet (Tab. 2).
Schon aus diesen wenigen Ausführungen wird ersichtlich, wie anspruchsvoll die Galenik guter Hormonkosmetika ist. Aus diesem Grunde empfiehlt
sich für den auf diesem Gebiet tätigen Arzt unbedingt die Zusammenarbeit mit einer entsprechend
spezialisierten Apotheke. Das einfache Einrühren der
entsprechenden Hormone in eine wie auch immer
geartete „Basiscreme“ führt nicht zu Produkten, die
Frauen auf Dauer als Pflegemittel akzeptieren.
_Zukunftsmarkt Hormonkosmetik
Der Bereich des ästhetischen Anti-Aging wird auch
in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen. Da ein
gesundes und jugendliches Aussehen vor allen über
den Hautzustand kommuniziert wird, steigt die
Nachfrage nach effektiven Maßnahmen zur Verbesserung des Hautzustandes. Im Gegensatz zur
kosmetischen Industrie haben Ärzte dabei die Möglichkeit, mit wesentlich wirksameren Inhaltsstoffen
zu arbeiten und somit an der Haut Effekte zu erzielen, die mit klassischen Kosmetika niemals erreichbar sind. _
Literaturliste beim Verlag erhältlich.
_Kontakt
Dr. med. Bernd Kleine-Gunk
Europaallee 1
90763 Fürth
www.kleine-gunk.de
Weitere Informationen und Rezepturen:
Apotheke Breitscheidstraße
Rudolf-Breitscheid-Straße 41
90762 Fürth
www.a-b-f.de
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
face
3. Recht
Beiträge geordnet nach
Erscheinungstermin
(aktuelle Artikel vor älteren Beiträgen)
Information _ Recht
Umsatzsteuerpflicht von
Schönheitsoperationen
Autorin _ RA Nadja Döscher, LL.M., Marlies Schreiber-Aderhold, Dipl.-Oec., Steuerberaterin, Chemnitz
_Recht
_Kontakt face I 2_ 2008
Nadja Döscher
LL.M. Rechtsanwältin
An der Markthalle 6
09111 Chemnitz
Tel.: 0371 66607-233
Fax: 0371 66607-266
E-Mail:
[email protected]
www.kanzlei-doescher.de
Dipl.-Oec. Marlies
Schreiber-Aderhold
Steuerberaterin
Activ Treuhand Chemnitz
Steuerberatungsgesellschaft mbH
An der Markthalle 6
09111 Chemnitz
_Grundsätzlich sind ärztliche Leistungen von der
Umsatzsteuer befreit. Bekannt ist aber: Kein Grundsatz ohne Ausnahme. Als zweiter Schritt ist daher zu
prüfen, ob tatsächlich alle Umsätze unter die Steuerbefreiung fallen.
Unter Beachtung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sind Heilbehandlungen
im Sinne des Artikels 132 Abs. 1 Buchstabe c der
Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie Tätigkeiten, die zum
Zweck der Vorbeugung, Diagnose, Behandlung und,
soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder
Gesundheitsstörungen bei Menschen vorgenommen
werden. Die befreiten Leistungen müssen dem Schutz
der Gesundheit des Betroffenen dienen (Urteile des
EuGH vom 20. 11. 2003, Rechtssache C-212/01 sowie
vom 20. 11. 2003, Rechtssache C-307/01).
Auch das deutsche Umsatzsteuerrecht, dass „ärztliche
Heilbehandlungen” bzw. „Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin” von der Umsatzsteuer
befreit, ist im Sinne der EuGH-Rechtsprechung auszulegen.
Dies gilt unabhängig davon, um welche konkrete heilberufliche Leistung es sich handelt (Untersuchung,
Attest, Gutachten etc), für wen sie erbracht wird (Patient, Gericht, Sozialversicherung etc.) und wer sie erbringt (freiberuflicher oder angestellter Arzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Unternehmer, der ähnliche
heilberufliche Tätigkeiten nach § 4 Nr. 14 Umsatzsteuergesetz ausübt sowie Krankenhäuser, Kliniken etc).
Heilberufliche Leistungen sind daher nur steuerfrei,
wenn bei der Tätigkeit ein therapeutisches Ziel im
Vordergrund steht, wobei auch die Leistungen der vorbeugenden Gesundheitspflege zur Ausübung der
Heilkunde gehören. Bei Schönheitsoperationen stellt
sich daher die Frage, ob die Leistungen zur „Heilung
oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden beim Menschen“ dienen. Ist diese Frage zu bejahen, handelt es sich um umsatzsteuerfreie Leistungen.
Dient dieselbe Maßnahme lediglich ästhetischen oder
kosmetischen Aspekten und ein therapeutisches Ziel
steht nicht im Vordergrund, muss die Leistung mit
Umsatzsteuer berechnet werden. Ein Indiz hierfür
kann sein, dass die Kosten regelmäßig nicht durch
Krankenversicherungen übernommen werden (Urteil
des Bundesfinanzhofs vom 15.07. 2004, V R 27/03). Es
ist jedoch immer nach den Umständen des Einzelfalls
zu prüfen, ob eine medizinische Indikation vorliegt.
Diese Sichtweise war nicht immer so. Auch die Finanzverwaltung hatte bundesweit keine einheitliche
Rechtsauffassung. Noch in einer Verfügung der Oberfinanzdirektion Karlsruhe und Stuttgart von 2002
wurden die Leistungen der Schönheitschirurgen generell als steuerbefreit behandelt, weil sie nur durch
einen Arzt durchgeführt werden konnten; ohne
Rücksicht auf ihre medizinische Indikation, also dem
therapeutischem Ziel der ästhetisch-plastischen
Leistung.
Gegenwärtig muss jedoch zwingend davon ausgegangen werden, dass für eine steuerfreie Leistung
das therapeutische Ziel der Schönheitsoperation im
Vordergrund stehen muss. Macht aber eine psychische
Erkrankung (Depression oder Angst, sich vor Leuten zu
zeigen) eine ästhetische Operation erforderlich, ist
keine Umsatzsteuer fällig. Zu denken ist etwa an Hautprobleme, wie Akne oder Schwangerschaftsstreifen
sowie unästhetisch aussehendes Narbengewebe, die
schwere psychische Belastungen nach sich ziehen
können. Auch die Entfernung von Krampfadern gehört zu Eingriffen, die neben dem ästhetischen Aspekt
auch eine medizinische Indikation aufweisen. Die
Grenze zwischen therapeutischen Leistungen und
(reinen) Schönheitsoperationen bleibt dabei fraglich.
Die Entscheidung, ob eine Schönheitsoperation oder
-behandlung therapeutischen Zwecken dient oder
nicht, muss letztlich aber der Arzt treffen. In der Finanzverwaltung gibt es hierzu keine klaren Aussagen,
nach welchen Kriterien die Abgrenzung zwischen
steuerfreien therapeutischen Leistungen und steuerpflichtigen Schönheitsoperationen gezogen werden
kann. Aus diesem Grund wird empfohlen in der Patientenkartei genau zu dokumentieren, dass es sich im
entsprechenden Fall um eine therapeutische Maßnahme gehandelt hat._
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Information _ Recht
Faltenunterspritzung:
Bundeszahnärztekammer versus
europäisches Recht
Autor_Dr. Thomas Ratajczak, Sindelfingen
_Mit der Frage, was ein Zahnarzt kosmetisch tun
darf, befassen sich zahlreiche Fortbildungsveranstaltungen. Großer Beliebtheit erfreuen sich Kurse
zur Lippen- und Faltenunterspritzung. Dabei werden
– auch gezielt für Zahnärzte – Unterspritzungstechniken für den gesamten Gesichts- und Halsbereich
gelehrt.
Das Verwaltungsgericht (VG) Münster hat nun in einem wohl noch nicht rechtskräftigen Urteil vom
19.04.2011 – 7 K 338/09 – das Unterspritzen von Falten oder zu anderen kosmetischen Maßnahmen im
Gesicht außerhalb der Lippen als nicht durch die
zahnärztliche Approbation gedeckt bezeichnet. Das
Urteil hat zu einer Abmahnwelle seitens einer für
diesen Bereich in Deutschland nicht bekannten
Schweizer Firma über eine – für diesen Bereich auch
nicht weiter bekannte – Freiburger Anwaltskanzlei
geführt. Trat man dieser Abmahnung allerdings dezidiert entgegen, hörte man nichts mehr. Dabei hätte
uns schon als Kanzlei gar zu sehr interessiert, was
denn die Schweizer Abmahnfirma mit ihren deutschen Vertragspartnern für Verträge hat, wenn sie
glaubt, daraus eigene Schadensersatzansprüche ableiten zu können.
Der Ausgangspunkt des Urteils ist zweifellos richtig,
wenn es feststellt, dass sich bei jeglichem zahnärztlichen Handeln die Frage stellt, ob es von der Approbation gedeckt ist. Das Urteil ist aber falsch, soweit
es die Zahnheilkunde extraoral nur auf den Bereich
der Lippen, also das Lippenrot erstrecken will.
Die Zahnheilkunde wird durch europäisches Recht
näher bestimmt. Nr. 22 Satz 2 der Erwägungen zur
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Information _ Recht
Richtlinie 2005/36/EG vom 07.09.2005 erklärt (in
leichter Abweichung von der deutschen Fassung
der aufgehobenen Richtlinie 78/687/EWG vom
25.07.1978 – dort verwendet Art. 5 Satz 1 den Begriff Gewebe im Singular):
„Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass dem
Zahnarzt in seiner Ausbildung die erforderlichen Fähigkeiten zur Ausübung aller Tätigkeiten der Verhütung, Diagnose und Behandlung von Anomalien und
Krankheiten von Zähnen, Mund und Kiefer sowie der
dazugehörigen Gewebe vermittelt werden.“
In der englisch- sowie der französischsprachigen
Fassung der Richtlinie ist – übereinstimmend mit
den entsprechenden Textfassungen der Richtlinie
78/687/EWG – von „associated tissues“ bzw. „tissus
attenants“, also von den „umgebenden Geweben“
die Rede. Dieses umgebende Gewebe definiert sich
also nach Zähnen, Mund und Ober- und Unterkiefer
und meint damit den Gesichts- und nicht den Kauschädel. Umgebende Gewebe sind nicht nur „innen“,
sondern auch „außen“.
1950 gründete sich der „Facharztverband für Zahn,
Mund- und Kieferkrankheiten“ wieder. Dieser Facharztverband beinhaltete die damaligen Mund- und
Kieferchirurgen. In einem Aufsatz von HoffmannAxthelm, Die geschichtliche Entwicklung der Mund,
Kiefer- und Gesichtschirurgie, veröffentlicht in dem
von Karl Schuchhardt herausgegebenen Jahrbuch
Fortschritte der Kiefer- und Gesichts-Chirurgie,
Band 21, 1976, S. 1 [7] heißt es dazu:
„Bereits auf der Tagung am 25. und 26. November
1950 dieses Verbandes schlug daher ... Wassmund
in einem ausführlichen Grundsatzreferat den Titel
Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtskrankheiten vor.“ –„Die Nennung von Gesichtskrankheiten im
Fachtitel“, so argumentierte er damals „ist berechtigt
und notwendig, da die Mundhöhle und Kieferknochen sich nicht trennen lassen von den deckenden
Weichteilen.“ Dies belegte er an den unspezifischen
und spezifischen Entzündungen, bei Frakturen, Tumoren und Spaltbildungen. Letztere leiteten über
zum Thema Gesichtsplastik. Diese „wird immer mehr
zu einer unbestrittenen Domäne unseres Faches,
schon deswegen, weil der Allgemeinchirurg und
auch der Hals-, Nasen- und Ohrenarzt die zahnärztlich-orthopädischen Verbandsmittel und Stützapparaturen nicht beherrscht, ohne die man die Gesichtsplastik erfolgreich nicht ausführen kann“. Ausdrücklich stelle Prof. Dr. Dr. Wassmund fest, dass dieser Fachchirurg „aus der Zahnheilkunde gewachsen
ist und auch weiterhin auf dem Mutterboden der
Zahnheilkunde wachsen muss“.
Die Bezeichnung Zahnheilkunde ist eine nicht ganz
korrekte Verkürzung der zahnärztlichen Disziplinen
auf den Mund(innen)bereich. Der Begriff der Zahnheilkunde umfasst die Krankheiten der Zähne, des
Mundes und der Kiefer einschließlich der sich umgebenden bzw. der dazugehörenden Gewebe ohne Be-
schränkung auf die „unmittelbare“ Umgebung wie
z.B. die Lippen.
Zähne, Mund und Kiefer bilden den sog. Gesichtsschädel. Dieser umfasst jedenfalls die beiden Kieferbereiche Mandibula und Maxilla. Inwieweit die Orbita dazugehört, ist vor allem für die Frage von Bedeutung, welche Le-Fort-Operationen zur Zahnheilkunde gehören. M.E. wird man die Grenze mit dem
Maxillaknochen ziehen müssen, sodass Faltenunterspritzungen der Naso-Labialfalte zur Zahnheilkunde gehören, Faltenunterspritzungen im Augenliderbereich aber nicht mehr, im Halsbereich nur
sehr bedingt.
Die Bundeszahnärztekammer vertritt allerdings in
einem Beschluss vom 13.04.2011 eine restriktivere
Ansicht:
„Bei der Augmentation der Lippen und/oder perioraler Falten handelt es sich um kosmetische Eingriffe,
die ärztliches, diagnostisches Fachwissen erfordern,
um einer Gesundheitsgefährdung durch den Eingriff vorzubeugen. Die Eingriffe sind daher als Heilkunde anzusehen. Ausübung der Zahnheilkunde ist
die berufsmäßige auf zahnärztlich-wissenschaftliche Erkenntnisse gegründete Feststellung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten.
Der von der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde umfass-te Bereich erfasst das zum Mund gehörende
Gewebe, d.h. den Mundinnenraum, begrenzt durch
das Lippenrot. Die Lippenunterspritzung ist deshalb
vom Begriff der Zahnheilkunde umfasst und darf
von Zahnärzten ausgeführt werden. Die Behandlung der Gesichtsoberfläche, insbesondere der perioralen Falten oder der Naso-Labial-Falten gehört
dagegen grundsätzlich nicht zu den der Zahnheilkunde zugewiesenen Körperbereichen.“
Der Beschluss verkennt, dass das Lippenrot nicht die
Zahnheilkunde begrenzt. Es bleibt abzuwarten, wie
die Gerichte die Frage schlussendlich entscheiden
werden._
_Kontakt
cosmetic
dentistry
Dr. Thomas Ratajczak
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht,
Fachanwalt für Sozialrecht, Justitiar des BDIZ EDI
Kanzlei RATAJCZAK & PARTNER Rechtsanwälte
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Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Information _ Recht
Botox – ein echtes
Wettbewerbsgift?
Autoren_Rechtsanwalt Dr. Sebastian Berg, Rechtsanwalt Dennis Hampe, LL.M., Friederike Stiller, Bielefeld
_Im Bereich des Gesichtes wird es besonders deutlich: die Grenzen zwischen verschiedenen medizinischen Bereichen verschwimmen immer mehr und
eine interdisziplinäre Arbeit wird für einen erfolgreichen Behandlungsverlauf zunehmend wichtig.
Wo es früher eine klare Trennung zwischen dem
ärztlichen Behandlungsspielraum und der zahnärztlichen Tätigkeit gab, sind solche Grenzen im
Zeitalter von Plastischer Chirurgie, Implantologie
und Oralchirurgie zunehmend verschwommen. Ein
neues Urteil des Verwaltungsgerichts Münster hat
dem versucht entgegenzuwirken und Behandlungsspielräume zwischen den verschiedenen Berufen klarer und damit im Einklang mit der zahnärztlichen und ärztlichen Berufsordnung zu definieren. Besonders für das Werberecht ist diese
Unterscheidung zwischen den verschiedenen Fachbereichen von entscheidender Bedeutung. Im Folgenden soll daher die Relevanz des neuen Urteils für
die tägliche Praxis sowohl von Zahnmedizinern als
auch Plastischen Chirurgen aufgezeigt und mit weiteren praxisrelevanten Beispielen verdeutlicht wer-
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Information _ Recht
den. Insbesondere soll hierbei auf unerlaubte, irreführende Werbung im Bereich von kosmetischen
Behandlungen hingewiesen werden.
Die Musterberufsordnung für Zahnärzte sowie
auch das Zahnheilkundegesetz (ZHG) schreiben vor,
dass der Beruf des Zahnarztes kein Gewerbe ist und
somit auch die Möglichkeiten für Werbung dementsprechend ausgerichtet sein müssen. Ähnliches
gilt für die Musterberufsordnung der Ärzte. Zwar
dürfen sowohl Ärzte als auch Zahnärzte prinzipiell
alle Werbemedien nutzen, wie zum Beispiel Praxisschilder, Briefbögen, Rezeptaufdrucke oder Internetauftritte, es gelten hierfür jedoch strenge Regeln. So darf sowohl zahnärztliche als auch ärztliche Werbung nicht anpreisend, irreführend, herabsetzend oder vergleichend sein. Genaueres ist im
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
sowie im Heilmittelwerbegesetz (HWG) geregelt.
Im Zeitalter des Internets, welches Ärzten und
Zahnärzten die Möglichkeiten einer grafischen Darstellung ihrer Behandlungsräume- und -leistungen
bietet, ist eine klare Trennung zwischen erlaubter
und nicht erlaubter Werbung jedoch trotz der bestehenden Rechtsgrundlagen zunehmend problematisch geworden. Insbesondere das Verbot einer
irreführenden Werbung hat bereits vermehrt zu
langwierigen Rechtsstreitigkeiten geführt und ist
daher in der Praxis unbedingt zu beachten. Als irreführende Werbung gilt solche, die Angaben enthält,
die bei einem Patienten Fehlvorstellungen über die
Person des Arztes, über die Praxis oder deren Behandlungsmethoden hervorrufen könnte. Dies geht
sowohl aus der Berufsordnung der Zahnärzte und
Ärzte als auch dem UWG hervor. Beispiele für irreführende Werbung reichen von der Darstellung einer Einzelpraxis als „Klinik“ bis zur Aufzählung von
Therapiemöglichkeiten auf der Internetseite eines
Arztes, die nicht dem tatsächlichen Therapiespektrum oder zugelassenen Leistungsangebot der Praxis entspricht. Solche Fälle
können durchaus auch wettbewerbsrechtliche Konsequenzen haben, wie eine uns bekannte Abmahnwelle von in Deutschland tätigen, approbierten Zahnärzten durch eine
Schweizer Firma zeigt. Der Abmahnwelle
liegt ein Fall des Verwaltungsgerichts Münster zugrunde, in dem es sich mit der Frage,
ob Zahnärzte kosmetische Behandlungen
durchführen dürfen, beschäftigte. Der Fall
gibt wichtige Aufschlüsse über die Grenzen
zwischen der ärztlichen und zahnärztlichen
Tätigkeit, sowohl im Werberecht als auch in
der ärztlichen Praxis.
Der am 19.04.2011 am Verwaltungsgericht
Münster verhandelte Fall beschäftigte sich
vor allem mit der Frage, inwiefern Zahnärzte
im Rahmen ihrer Approbation kosmetische
Behandlungen im Bereich des Gesichtes
durchführen dürfen. Konkret hatte die behandelnde
Zahnärztin bei einer Patientin im Mund- und NasoLabialbereich Falten unterspritzt und dies mit ihrer
Berechtigung, im Rahmen ihrer zahnärztlichen Zulassung Behandlungen im Bereich der Zähne, des
Mundes und des Kiefers durchzuführen, begründet.
Nach Ansicht der Zahnärztin sei der Behandlungsraum eines Zahnarztes nicht auf den intraoralen Bereich beschränkt, sondern lasse auch extraorale,
kosmetische Behandlungen zu. Dem widersprach
das Gericht und bestätigte damit die vom ZHG und
der Musterberufsordnung der Zahnärzte auferlegten Grenzen der zahnärztlichen Behandlungstätigkeit. Zahnärzten ist zwar eine kosmetische Behandlung mit Botox oder ähnlichen Mitteln im Bereich
der Zähne erlaubt, nicht aber eine weitergehende
kosmetische Behandlung des Gesichtes, z.B. wie hier
im Rahmen einer kosmetischen Faltenbehandlung.
Diese erfordere eine gesonderte Qualifikation und
Zulassung als Arzt oder Heilpraktiker.
Das Urteil bestätigte damit unter anderem ein
Urteil des Oberlandesgericht Zweibrücken vom
21.08.1998, in dem das Gericht bereits auf die Grenzen zwischen der Heilpraktiker- und Zahnarzttätigkeit im Rahmen des ZHG hinwies. Das Gericht betonte hier, dass Zahnärzte allgemein zur Aufnahme
und Ausübung der Tätigkeiten der Verhütung, Diagnose und Behandlung von Anomalien und Krankheiten der Zähne, des Mundes und des Kiefers sowie
des dazugehörigen Gewebes berechtigt seien, nicht
aber zur Versorgung von Gesichtswunden nach Unfällen, soweit diese nicht im Rahmen der Behandlung von Kieferbrüchen erfolgt. Einen ähnlichen
Ansatz vertrat auch das Bundesverwaltungsgericht
in einem Beschluss vom 25.06.2007, in welchem es
darauf hinwies, dass die Einordnung der Faltenunterspritzung als Ausübung der Heilkunde im
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Information _ Recht
Wesentlichen von der Einschätzung der mit dieser
Tätigkeit verbundenen Risiken abhängt. Das Gericht
stellte hier fest, dass das durch die Klägerin durchgeführte Faltenunterspritzen weit über das im Rahmen der zahnärztlichen Approbation zugelassene
Aufspritzen der Lippen hinausging.
Das neue Urteil des Verwaltungsgerichts Münster
bestätigt diese Herangehensweise und betont, dass
Zahnärzte eine kosmetische Behandlung, die über
den unmittelbaren Bereich der Lippen hinausgeht,
nur mit einer zusätzlich erworbenen Heilkundeausbildung durchführen dürfen. Es stehe jedem Zahnarzt frei, eine solche Zusatzqualifikation zu erwerben und im Rahmen dieser Qualifikation tätig zu
werden. Anderes gilt für Mund,- Kiefer- und Gesichtschirurgen, die mit ihrer Doppelapprobation
weiterhin sowohl ärztlich als auch zahnärztlich im
Bereich des Gesichtes tätig sein dürfen. Indem das
Urteil eine klare Trennung der zahnärztlichen und
ärztlichen Tätigkeit zieht und dem Verschwimmen
der verschiedenen Fachbereiche entgegenwirkt,
leistet es somit einen wichtigen Beitrag zum rechtlichen Verständnis der medizinischen Praxis.
Hervorzuheben sind besonders die werberechtlichen Konsequenzen dieses Urteils. Insbesondere
geht aus dem Urteil deutlich hervor, dass Werbung
von Zahnärzten für kosmetische Behandlungen, die
über den unmittelbaren Bereich des Mundes, des
Kiefers und der Zähne hinausgehen, nicht ZHGkonform ist und auch als solches geahndet wird. Es
wirft somit ein neues Licht auf bisherige Werbepraktiken von Zahnärzten, wie insbesondere eine
Reihe von auf dieses Urteil folgenden Fällen bezüglich der Werbeauftritte von verschiedenen deutschen Zahnärzten durch eine Schweizer Firma zeigt.
Seit Urteilsverkündung im April 2011 gingen
wiederholt Abmahnungen von einer Schweizer
Firma bei einer Reihe von deutschen Zahnärzten ein,
auf deren Internetseiten sich Hinweise auf Botoxbehandlungen finden lassen. Die Zahnärzte hatten in
ihrem Internetauftritt einen Lexikoneintrag verwendet, der, so die Schweizer Firma, dem Patienten
irreführend suggerierte, die Zahnärzte würden kosmetische Behandlungen wie das Unterspritzen von
Falten im Gesicht durchführen und somit nicht im
Sinne der zahnärztlichen Approbation handeln. Sich
auf das Urteil vom Verwaltungsgericht stützend
mahnte die Firma an, die Zahnärzte hätten sich nicht
ZHG- und wettbewerbsrechtlich konform verhalten. Die Firma stellt infolgedessen Schadensersatzansprüche in nicht unerheblicher Höhe. Da die
Sach- und Rechtslage bei solchen Abmahnungen
stets von den Details im Einzelfall abhängt, ist betroffenen Zahnärzten zu raten, anwaltliche Hilfe zur
Prüfung der Rechtslage herbeizuziehen und in jedem Fall von einer sofortigen Zahlung des geforderten Schadensersatzbetrages abzusehen.
Sowohl das im April diesen Jahres erlassene Urteil
des Verwaltungsgerichts Münster als auch die seit
dem bei Zahnärzten eingegangene Abmahnwelle
zeigen, dass der werberechtliche Rahmen der zahnärztlichen und kosmetischen ärztlichen Tätigkeit
durchaus nicht immer klar für juristische Laien
nachvollziehbar ist. Insbesondere im Bereich der
kosmetischen Behandlung im Gesicht gibt es Überschneidungen zwischen den verschiedenen Fachbereichen, die aus den zuständigen Berufsordnungen und Gesetzestexten (ZHG, HWG) nicht immer
eindeutig hervorgehen. Das Verwaltungsgericht
Münster hat hier mit seinem Urteil zwar die Grenzen
zwischen der zahnärztlichen und ärztlichen/heilkundlichen Tätigkeit bestätigt und vertieft, die Berührungspunkte werden jedoch im Zuge der zunehmenden Verschmelzung der Fachbereiche nicht abnehmen. Zahnärzten ist daher von Tätigkeiten abzuraten, die sich möglicherweise zu sehr in der
Grauzone zur kosmetischen Medizin befinden. Es ist
zu beachten, dass die Approbation Zahnärzte nur zu
kosmetischen Behandlungen im unmittelbaren Bereich des Mundes, der Zähne und des Kiefers, einschließlich der Lippen, berechtigt. Dies sollte auch in
der Werbung reflektiert werden. Neben dem weiterhin geltenden Verbot gegen anpreisende, vergleichende und irreführende Werbung ist deshalb darauf zu achten, dass Werbeprofile keinerlei Hinweise
auf nicht zulassungskonforme Behandlungsmethoden beinhalten. Wie die beschriebene Abmahnwelle zeigt, sollten sowohl Ärzte als auch Zahnärzte
werberechtlichen Grauzonen aus dem Weg gehen
um unnötige und langwierige Rechtstreitigkeiten
zu vermeiden. Auch eine vorherige Prüfung des
Werbeauftrittes durch einen qualifizierten Anwalt
ist durchaus ratsam._
face
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Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Information _ Recht
Werbung für „Faltenbehandlung mit Botox“
zulässig?
Autor_ Christian Schuler, Hamburg
_Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Urteil
vom 31.08.2006, Az: 6 U 118/05) hatte eine Werbeanzeige eines Arztes für „Faltenbehandlung mit Botox“ für unzulässig, da wettbewerbswidrig, erachtet.
Die Entscheidung dürfte den beklagten Arzt überrascht haben, so das Bundesverfassungsgericht
(BVerfG) noch im Jahre 2004 (Az: 1 BvR 2334/03) entschieden hatte, dass im Regelfall eine Werbung mit
dieser Faltenbehandlung zulässig ist.
_Die Unterschiede der
Entscheidungen sind fein
Der Entscheidung des BVerfG lag der Fall zugrunde,
dass ein Arzt auf seiner Homepage das von ihm
durchgeführte „biologische Facelifting“ mit dem Präparat Botox vorstellte. Nach dem Heilmittelwerbegesetz (HWG) ist es jedoch verboten, mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln außerhalb der Fachkreise zu werben. Dieses grundsätzliche Werbeverbot
ist jedoch mit dem gesetzlich geschützten Recht der
Ärzte auf Selbstdarstellung durch Werbung in Einklang zu bringen. Dies ist zu erreichen, indem dem
HWG, das eine Verleitung zur Selbstbehandlung bestimmter Krankheiten und Leiden entgegenwirken
soll, im Bereich des Selbstdarstellungsrechts der Ärzte
keine eigenständige Bedeutung beigemessen wird.
Deswegen ist es zweifelhaft, ob dieses Werbeverbot
auf die Selbstdarstellung eines Arztes, der über die Behandlung mit einem bestimmten Medikament informiert, Anwendung finden kann, solange der Arzt
nicht den Erwerb bestimmter Mittel empfiehlt. Nur
bei einem Einfluss auf das Kaufverhalten der Patienten durch eine Werbung ist diese als unzulässig einzustufen. Hierauf soll aber das Werbeverbot mit Arzneimitteln dann keine Anwendung finden, wenn
sachangemessene Informationen, die den möglichen
Patienten nicht verunsichern, die Darstellung einer
Faltenbehandlung mit Botox prägen. Ein Arzt kann
grundsätzlich seine Behandlung bewerben. Die Behandlung mit dem Wirkstoff Botulinumtoxin wird
entschieden durch die Wahl des Wirkstoffes, nicht
durch Besonderheiten einer Behandlungsmethode,
geprägt. Verbietet man dem Arzt die Werbung mit
dem Wirkstoff, wird ihm eine sinnvolle Darstellung
der von ihm angebotenen Behandlung unmöglich gemacht. Außerdem hatte der Arzt im Internet geworben, also auf einer Plattform, die in der Regel nur von
interessierten Personen auf der Suche nach ganz bestimmten Informationen aufgesucht wird. Die Wer-
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Information _ Recht
bung des Arztes hat sich daher nicht der
breiten Öffentlichkeit unvorbereitet aufgedrängt. Letztendlich soll auch nicht die
Gefahr einer Selbstmedikation bestehen, da
es sich bei Botox um ein Präparat handelt,
das ins Gesicht gespritzt wird.
_Recht des Arztes zur Selbstdarstellung dadurch nicht eingeschränkt
Das Bundesverfassungsgericht hat sich zu der
Frage der Zulässigkeit der Werbung für eine
Faltenbehandlung unter Nennung des Arzneimittels Botox nicht abschließend festgelegt
und den Gerichten aufgegeben, anhand der genannten Grundsätze zu prüfen, in welcher Fallkonstellation nicht das Recht auf Selbstdarstellung gegenüber dem Zweck des Werbeverbots
nach dem HWG überwiegt. Dieser Prüfungskompetenz ist das Oberlandesgericht Frankfurt am
Main in dem von ihm zu entscheidenden Fall nachgekommen. In diesem Fall hatte der Arzt eine Werbeanzeige in einer Zeitschrift aufgegeben, in der er
neben anderen Behandlungsmethoden eine „Faltenbehandlung mit Botox“ aufführte. Diese Art der
Werbung ist nach Ansicht des Gerichtes unzulässig.
Die Werbung ist darauf angelegt, die Aufmerksamkeit potenzieller Kunden zu erregen, deren Interesse zu wecken und damit den Absatz von Waren
und Leistung zu fördern. Zwar ist Bezugspunkt der
Werbung des Arztes nicht der Absatz des verschreibungspflichtigen Arzneimittels, da er eine Dienstleistung anbietet. Dennoch fördert er damit den
Verbrauch und den Verkauf des Arzneimittels Botox, weil die angebotene Faltenbehandlung den
Einsatz von Botox notwendig macht. Allein eine
Maßnahme, die den Verbrauch und den Verkauf von
Arzneimitteln fördert, fällt unter das Werbeverbot
des § 10 Abs. 1 HWG.
Gegen seine Entscheidung spricht nach Ansicht des
Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auch nicht
die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
aus dem Jahre 2004, da das Recht des Arztes auf
Selbstdarstellung hierdurch nicht unverhältnismäßig eingeschränkt ist. Denn der Arzt hat sich in dieser Anzeige darauf beschränkt, plakativ einige Behandlungsmethoden mit unterschiedlichster Zielsetzung zu bewerben. Er hat es dabei unterlassen,
seine Befähigung zur Durchführung dieser Behandlungen im Einzelnen darzulegen oder sachlich über
die einzelnen Behandlungsmethoden zu informieren. Die Anzeige des Arztes enthielt abgesehen von
der reinen Aufzählung verschiedenster Behandlungsformen keine Selbstdarstellung seiner Person.
Deswegen überwiegt das Recht auf Selbstdarstellung nicht dem Zweck des Werbeverbots für Arzneimittel, das nicht nur darauf gerichtet ist, der Gefahr
einer Selbstmedikation zu begegnen, sondern auch
erreichen will, dass im Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient ein Konflikt wegen von der
Werbung getragene Patientenwünsche vermieden
wird.
Der Arzt hat anders als in dem der Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts zugrunde liegenden
Fall die Faltenbehandlung mit Botox offensiv in einer Zeitungsanzeige beworben und ist damit an die
breite Öffentlichkeit getreten und nicht nur auf zu
diesem Thema Informationssuchende.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichtes wird im
Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht die letzte zu dieser Frage sein.
Sicherlich kann der gleiche Fall auch vollständig anders entschieden werden, sodass es wünschenswert
wäre, wenn der Bundesgerichtshof alsbald zu dieser
Frage Stellung beziehen kann. Bis dahin gilt es, bei
Werbung für eine Faltenbehandlung unter Nennung des Arzneimittels Botox Vorsicht walten zu
lassen._
_Kontakt
face I 2_ 2007
Christian Schuler
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht
Kanzlei Roggelin/Witt/Wurm/Dieckert
Hamburg, Schwerin, Berlin, Dresden,
Frankfurt am Main
Alte Rabenstraße 32
20148 Hamburg
E-Mail: [email protected]
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Information _ Recht
Urteil des
Bundesgerichtshofs
Die Gebührenordnung für Ärzte
gilt für kosmetische Eingriffe
Autor_Dr. Maike Erbsen, Sindelfingen
_Bislang war es im Bereich medizinisch nicht indizierter kosmetischer Eingriffe üblich, Pauschalhonorare zu verlangen. Dieser Praxis hat der III. Zivilsenat
des Bundesgerichtshofs (BGH) in einem kürzlich verkündeten Urteil vom 23.03.2006 – III ZR 223/05 –
einen Riegel vorgeschoben: Ein Arzt ist auch bei der
Abrechnung rein kosmetischer Eingriffe an die Regelungen und das Gebührenverzeichnis der GOÄ
gebunden.
Der beklagte Facharzt für Chirurgie/plastische Chirurgie, der eine Privatklinik für kosmetische Operationen betreibt, hatte für eine Brustverkleinerung
oder Bruststraffung einen Pauschalpreis von knapp
9.500 € verlangt. Die Patientin, die – was in diesen
Fällen die seltene Ausnahme ist – über eine Kostenzusage ihrer privaten Krankenversicherung verfügte,
hatte den Betrag gezahlt und forderte im Nachhinein
einen erheblichen Teil der Summe zurück, weil eine
Berechnung nach den Regeln der GOÄ zu einem
deutlich niedrigeren Rechnungsbetrag geführt
hätte.
Der BGH entschied, dass die GOÄ auch in Fällen medizinisch nicht notwendiger kosmetischer Operationen zwingend anzuwenden ist. Er begründet dies mit
der Regelung in § 1 GOÄ, wonach sich die Vergütungen für „die beruflichen Leistungen der Ärzte“ nach
dieser Verordnung bestimmen. Abweichungen hiervon seien nur in den engen Grenzen der GOÄ auf
Grund einer Honorarvereinbarung nach § 2 GOÄ
möglich. Der Begriff der „beruflichen Leistungen der
Ärzte“ im Sinne von § 1 GOÄ sei weit zu verstehen und
gehe inhaltlich über den Bereich der medizinisch indizierten Heilbehandlung hinaus. Er erfasse auch
Maßnahmen „am gesunden Menschen“, wenn
„diese“, so der BGH, „ihrer Methode nach der ärztlichen Krankenbehandlung gleichkommen und ärztliche Fachkenntnisse voraussetzen sowie gesundheitliche Schädigungen verursachen können“. Der
BGH sieht die medizinische Notwendigkeit einer Behandlung nicht als zwingendes Erfordernis für den
Anwendungsbereich der GOÄ an. Zur Begründung
verweist er auf die Regelungen in § 1 Abs. 2 Satz 2 und
§ 12 Abs. 3 Satz 5 GOÄ, die die Möglichkeit zur Berechnung von Leistungen, die über das Maß einer
medizinisch notwendigen Versorgung hinausgehen,
voraussetzten und diese lediglich von einem Verlangen des Patienten abhängig machten. Eine Unterscheidung zwischen medizinisch notwendigen und
nur kosmetisch veranlassten Eingriffen zur Klärung
der Abrechnungsmodalitäten würde, so der BGH,
„vermeidbare Unsicherheiten in das Behandlungsverhältnis hineintragen, da die Übergänge unter Be-
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
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orofacial esthetics
rücksichtigung auch der psychischen Befindlichkeit der Patienten fließend sind.“ Aus
diesem Grund soll für alle beruflichen Leistungen der Ärzte, gleich ob sie medizinisch
indiziert oder nicht indiziert sind, die gesetzliche Gebührenordnung gelten.
Unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten – die durch das Grundgesetz geschützte Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG schützt auch die Freiheit, das Entgelt für
berufliche Leistungen selbst festzusetzen oder mit dem Vertragspartner auszuhandeln
– verteidigt der BGH die Einschränkung der freien Honorarvereinbarung mit Gesichtspunkten des Verbraucherschutzes. Die Abrechnung nach der GOÄ erhöhe im Interesse
der zahlungspflichtigen Patienten die Transparenz privatärztlicher Liquidationen und
ziele auf eine angemessene, leistungsgerechte Vergütung. Eine unverhältnismäßige
Belastung des Arztes sei damit nicht verbunden. Dem Arzt stehe es frei, im Rahmen des
§ 2 GOÄ eine abweichende Honorarvereinbarung zu treffen. Das erlaube zwar keinen
Pauschalpreis, lasse aber Raum für eine Vervielfachung des Gebührensatzes.
Die rechtliche Beurteilung des BGH ist angreifbar. Die GOÄ ist nach ihrem Wortlaut nur
auf die Abrechnung medizinisch notwendiger (§ 1 Abs. 2 Satz 1) oder mehr als medizinisch notwendiger (§ 1 Abs. 2 Satz 2), nicht aber medizinisch nicht notwendiger Leistungen ausgerichtet. Kosmetische Leistungen sind gerade keine medizinisch notwendigen Leistungen und damit erst recht nicht „mehr als medizinisch notwendig“. Außerdem ist das Argument des Verbraucherschutzes nicht überzeugend. Warum besteht
bei einem rein kosmetischen Eingriff das Bedürfnis nach einer transparenten und angemessenen Vergütung? Solche Eingriffe werden frei nach dem Wunsch des Patienten, der hier besser Kunde genannt werden sollte, ausgeführt. Dieser kauft sich eine
Dienstleistung ein, die ihm wichtig erscheint, ohne dass irgendeine Notwendigkeit
etwa in Form eines Leidensdrucks dazu bestünde.
Man kann nur hoffen, dass der vom BGH zur Rückzahlung verurteilte Arzt gegen die
Entscheidung Verfassungsbeschwerde einlegen wird. Ansonsten wird man mit dieser
Entscheidung – bis zu einem anders lautenden BGH-Urteil – leben müssen und diese
im Ergebnis sehr weitgehende Entscheidung des BGH auch auf das zahnärztliche Gebührenrecht übertragen müssen. Die Entscheidung führt dazu, dass die bisher im Bereich der kosmetischen Eingriffe üblichen Pauschalhonorarvereinbarungen unwirksam sind. Das kann innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfrist von drei Jahren (ab
Kenntnis der Patienten von der fehlerhaften Abrechnung!) eine Flut von Rückforderungsansprüchen der Patienten nach sich ziehen. Die (Zahn)Ärzte, die bisher (in gutem
Glauben) Pauschalhonorare in Ansatz gebracht haben, sollten sich daher rasch überlegen, welche analogen Gebührenpositionen stattdessen zur Anwendung kommen
können – und im Übrigen rigoros Honorarvereinbarungen abschließen. Der Weg,
nachträglich über eine Faktorerhöhung über den 3,5-fachen Steigerungsfaktor hinaus zu einer angemessenen Vergütung zu kommen, ist versperrt, da die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 GOÄ/GOZ (Vereinbarung vor Erbringung der [zahn]ärztlichen
Leistung) im Nachhinein nicht mehr geschaffen werden können.
Die Bindung an die GOÄ gilt allerdings nur für den Fall, dass die (Zahn)Ärzte selbst abgerechnet haben. Wird die Behandlung als Leistung einer Privatklinik abgerechnet und
ist der Behandlungsvertrag ausschließlich mit der Klinik abgeschlossen worden, gilt
die GOÄ nicht, da die Klinik kein (Zahn)Arzt im Sinne des Gebührenrechts ist. In diesem
Fall können nach wie vor Pauschalhonorare vereinbart und eine Behandlung von Vorauszahlungen (Vorkasse) abhängig gemacht werden. Das könnte zu einer Renaissance des Klinikgedankens führen._
ISSN 1864-4279
Entgelt bezahlt: 74677
Preis: € 10,00 zzgl. MwSt.
5. Jahrgang • März • 1/2011
face
international magazine of
orofacial esthetics
1
2011
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Botox, Filler, Chirurgie –
wo sind die „Schnittstellen“
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Körperbildforschung im Rahmen
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Umsatzsteuerpflicht für
Schönheitsoperationen
Autoren_ Dr. Thomas Ratajczak, Birgitta Radermacher, Köln
_Recht
_Für die Umsatzsteuerfreiheit von Schönheitsoperationen nach § 4 Nr.14 UstG 1993 reicht es nicht
mehr aus, dass die Operationen nur von einem Arzt
ausgeführt werden können, vielmehr müssen sie der
medizinischen Behandlung einer Krankheit oder einer anderen Gesundheitsstörung und damit dem
Schutz der menschlichen Gesundheit dienen, also
medizinisch indiziert sein. Dies hat nach dem Europäischen Gerichtshof nun auch der Bundesfinanzhof
(BFH) am 15.07.2004 – V R 27/03 – entschieden. Bis
zu der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs
(EuGH) ging man in Deutschland davon aus, dass es
für die Umsatzsteuerfreiheit ausreicht, dass die Behandlung durch einen Arzt durchgeführt wird.
Geklagt hatte ein Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurg. Im Rahmen von Privatliquidationen führt er
medizinisch nicht indizierte Schönheitsoperationen
durch. Weder berechnete er den Patienten die Mehrwertsteuer noch führte er Umsatzsteuer an das Finanzamt ab. Er ist nunmehr vom Finanzamt für drei
volle Kalenderjahre nachversteuert worden. Der BFH
bestätigte den Standpunkt des Finanzamtes.
Grundsätzlich sind nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG die
Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt etc. umsatzsteuerfrei. Diese Vorschrift wird mittlerweile restriktiv ausgelegt, sodass nur medizinisch indizierte
Tätigkeiten der Diagnose, Behandlung und Heilung
von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen umsatzsteuerfrei sind.
Demnach fallen z.B. nicht unter die Steuerbefreiung:
_ Untersuchungen in Vaterschaftsprozessen,
_ Ausstellen von ärztlichen Bescheinigungen für
Kriegsrentenansprüche,
_ Erstellung von Gutachten für Haftungsfragen, bei
ärztlichen Behandlungsfehlern etc.
Dasselbe gilt nun auch für medizinisch nichtindizierte,
sondern rein kosmetisch indizierte Schönheitsoperationen, deren Zweck also nicht zumindest auch der
Schutz oder die Verbesserung der Gesundheit des Patienten ist. Dabei ist der Arzt in einem Dilemma. Rechnet er die Operation ohne weiteres nach GOÄ ab, bejaht
er die medizinische Notwendigkeit und muss dafür
keine Umsatzsteuer ansetzen. Will er lieber – wie dies
bei Schönheitsoperationen üblich und nach unserer
Auffassung zulässig ist – Honorarpauschalen abrechnen, muss er dafür Umsatzsteuer ansetzen.
Die auf der neueren Rechtsprechung des EuGH basierende Rechtsauffassung der Finanzverwaltung ist
nunmehr auch vom BFH bestätigt worden. Ästhetisch-plastische Leistungen eines Chirurgen sind
steuerpflichtig, wenn nicht nach den Umständen des
Einzelfalles eine medizinische Indikation vorliegt.
Der Arzt muss gegenüber dem Finanzamt im Zweifel
nachweisen, dass eine medizinisch indizierte Ausübung der Heilkunde vorliegt. Im zu entscheidenden
Fall waren die Operationen nach Ansicht der Finanzverwaltung nicht medizinisch indiziert, was die Verwaltung schon daraus entnommen hatte, dass die
Sozialversicherungsträger die Kosten nicht getragen
haben.
Letztlich findet durch dieses neue Urteil eine Umkehr
der Beweislast statt, denn nun muss der Arzt die medizinische Indikation feststellen und dokumentieren
und ggf. auch dem Patienten bei der Geltendmachung der Ersatzansprüche gegenüber der Krankenkasse oder privaten Krankenversicherung beistehen,
um seine eigene Umsatzsteuerfreiheit zu erhalten
oder es muss die die derzeit noch 16 % Umsatzsteuer
dem Patienten in Rechnung stellen.
Es gibt vielleicht einen Ausweg für die Vergangenheit: Wer vom Finanzamt für die Vergangenheit mit
solchen Umsatzsteuernachforderungen konfrontiert wird, sollte nach § 163 AO (Abgabenordnung) einen Antrag auf Festsetzung der Umsatzsteuerschuld
aus Billigkeitsgründen auf 0,– € (null Euro!) stellen.
Nachdem die sog. herrschende Meinung lange Zeit
davon ausging, dass diese Behandlungen umsatzsteuerfrei sind, trifft den Arzt die Nachversteuerung
als unbillige Härte.
Für die Zukunft gilt dagegen: Im Zweifel muss die
Mehrwertsteuer aufgeschlagen werden._
_Kontakt
cosmetic
dentistry 1_ 2008
Birgitta Radermacher
Rechtsanwältin,
Lehrbeauftragte an der Fachhochschule Köln
Wiener Platz 4
51065 Köln
Tel.: 0221 962160
Kanzlei Ratajczak Wellmann & Partner
Berlin – Sindelfingen – Köln
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Information _ Recht
Augmentation der Lippen
und perioraler Falten
für Zahnärzte zulässig
Autor_ Dr. Stefan Stelzl, Sindelfingen
_Eine Lippenaugmentation durch Zahnärzte ist
zulässig. Gleiches gilt für die Unterspritzung von
perioralen Falten, solange eine enge örtliche
Grenzziehung vorgenommen wird.
Die ergibt sich aus den folgenden Erwägungen: Es
stellt sich zunächst die Frage, ob die oben genannten Maßnahmen „Heilkunde“ am Menschen darstellen oder rein kosmetischer Art sind. Liegt eine
heilkundliche Behandlung vor, darf diese nur
durch einen approbierten Arzt oder durch einen
Heilpraktiker durchgeführt werden (§ 1 Abs. 1
Heilpraktikergesetz, HPG). Handelt es sich dagegen um eine kosmetische Behandlung, darf diese
grundsätzlich von jedermann durchgeführt werden.
Liegt eine heilkundliche Tätigkeit vor, so stellt sich
die Frage, ob die oben genannten Maßnahmen
auch der „Zahnheilkunde“ gem. § 1 Abs. 3 Zahnheilkundegesetz (ZHG) zugerechnet werden können. Nur dann dürfen sie auch von Zahnärzten erbracht werden.
1. Abgrenzung Heilkunde/kosmetischer Eingriff
1.1. Der Heilkundebegriff ist (nur) in § 1 Abs. 2 HPG
definiert:
„Ausübung der Heilkunde im Sinne dieses Gesetzes ist jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder
Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste
von anderen ausgeübt wird.“
Zahnärzte sind nicht berechtigt, in den Bereich der
Heilkunde überzugreifen und Patienten etwa
wegen angenommener Auswirkungen von Amalgam auf andere Körperbereiche auch insoweit
diagnostisch oder therapeutisch zu behandeln.
1.2. Das Gebiet der Kosmetik fällt grundsätzlich
nicht unter die Legaldefinition der Heilkunde. Die
aus rein kosmetischen Zwecken beseitigten „Anomalien“ stellen weder eine Krankheit noch ein Leiden oder einen Körperschaden dar.
1.2.1. Das Bundesverwaltungsgericht hat allerdings entschieden, dass § 1 Abs. 2 HPG auf kosmetische Behandlungen,
_ die in die körperliche Integrität eingreifen,
_ die ihrer Methode nach der ärztlichen Krankenbehandlung gleichkommen und ärztliche Fachkenntnisse voraussetzen,
_ die gesundheitliche Schädigungen verursachen
können,
analog anzuwenden ist.
Das Gericht hat deshalb „Schönheitsoperationen“
wie Nasenkorrekturen und Brustplastiken als Heilkunde eingestuft.
Wenig später hat das BVerwG den Anwendungsbereich des § 1 Abs. 2 HPG noch weiter ausgedehnt,
und zwar auch auf kosmetische Eingriffe, bei denen
die Behandlung selbst zwar keine medizinischen
Kenntnisse voraussetzt, jedoch die Frage, ob sie im
einzelnen Fall begonnen werden darf, ärztliches diagnostisches Fachwissen erfordert, um einer Gesundheitsgefährdung durch den Eingriff vorzubeugen.
1.2.2. Man könnte nun der Auffassung sein, dass die
Unterspritzung von Falten im Mundbereich oder die
Lippenaugmentation weder so schwierig sind wie
eine chirurgische Nasenkorrektur, noch eine besondere Differenzialdiagnostik erfordert und deshalb
als kosmetische Behandlung ohne die Erlaubnis
nach § 1 Abs. 2 HPG möglich sei.
1.2.2.1. Betrachtet man allerdings, was in der Rechtsprechung ansonsten noch unter den Heilkundebegriff gefasst wird, so wird man wohl kaum umhinkommen, die Faltenunterspritzung und Lippenaugmentation als Heilkunde am Menschen bezeichnen
zu müssen. Wegen mehr oder weniger großer Gefahrenmomente wurde die eigenverantwortlichselbstständige Anwendung folgender Verfahren als
Ausübung der Heilkunde angesehen:
_ die Chiropraktik
_ Manuelle Therapie
_ die Fuß-Reflexzonen-Massage
_ Shiatsu/Akkupressur
_ Psychotherapeutische Behandlungen
_ „Wunderheilung“ durch Handauflegen oder Be-
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Information _ Recht
streichen eines kranken Körperteils. Der Grund liegt
darin, dass ein derartiges Tun bei den Behandelten
den Eindruck erweckt, es ziele darauf ab, sie zu heilen oder ihnen Erleichterung zu verschaffen. Gerade
der Glaube an angebliche übernatürliche Gewalt mit
vermeintlichen oder vorgetäuschten übersinnlichen Kräften sei besonders gefährlich im Hinblick
auf die Heilung tatsächlicher Krankheiten. Eine „Differenzialdiagnostik“ erfolgt nicht.
_ Geistheilung, Heilbehandlung mit dem Pendel,
Heilmagnetismus
_ Ausübung des USUI-Systems des Reki „Rekispende“
_ Piercing
1.2.2.2. Über die Auslegung des Begriffs Heilkunde
entscheiden im Endeffekt die Gerichte, nicht etwa
die berufsständischen Kammern. Wegen des erforderlichenen Patientenschutzes dürfte es aber sehr
schwer werden, die Faltenunterspritzung und die
Lippenaugmentation als rein kosmetische Behandlung anerkannt zu erhalten, die keiner Approbation
oder keiner Heilpraktikererlaubnis bedarf.
2. Abgrenzung Heilkunde/Zahnheilkunde
Mit den obigen Ausführungen ist geklärt, dass Kosmetikerinnen grundsätzlich die Faltenunterspritzung
etc. verboten ist, soweit sie keine Heilpraktikererlaubnis besitzen. Es ist damit aber nicht die Frage
beantwortet, ob die Unterspritzung der Lippen, perioraler Falten oder der Naso-Labial-Falten von Zahnärzten erbracht werden darf oder nicht.
2.1. Maßgebende Definitionsvorschrift ist § 1
Abs. 3 ZHG:
„Ausübung der Zahnheilkunde ist die berufsmäßige
auf zahnärztlich-wissenschaftliche Erkenntnisse
gegründete Feststellung und Behandlung von
Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten. Als Krankheit
ist jede von der Norm abweichende Erscheinung im
Bereich der Zähne, des Mundes und der Kiefer anzusehen, einschließlich der Anomalien der Zahnstellung und des Fehlens von Zähnen.“
2.2. Im Gegensatz zu § 1 Abs. 2 HPG stellt § 1 Abs. 3
ZHG auf die berufsmäßige auf zahnärztlich wissenschaftliche Erkenntnisse gegründete Feststellung
oder Behandlung ab. Wie oben dargestellt, unterscheidet sich aber der Anwendungsbereich des § 1
Abs. 2 HPG durch die extensive Auslegung in der
Rechtsprechung inhaltlich nicht mehr von der Formulierung in § 1 Abs. 3 ZHG. Auch im humanmedizinischen Bereich ist für die Ausübung der Heilkunde maßgebend, ob ärztliche Fachkunde erforderlich ist oder nicht.
2.3. Genauso wenig wie eine rein kosmetische Nasenkorrektur als Heilung oder Linderung von Krank-
heiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen
angesehen werden kann, kann die Unterspritzung
der Lippe oder perioraler Falten als Behandlung von
Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten angesehen
werden.
Als Krankheit ist in § 1 Abs. 3 Satz 2 ZHG jede von
der Norm abweichende Erscheinung im Bereich der
Zähne, des Mundes und der Kiefer definiert, einschließlich der Anomalien der Zahnstellung und
des Fehlens von Zähnen. Genauso wie die Rechtsprechung beispielsweise die Entfernung von Warzen und Leberflecken in den Geltungsbereich des
§ 1 Abs. 2 HPG „hineininterpretiert“, muss dies auch
bei § 1 Abs. 3 ZHG der Fall sein. Der Krankheitsbegriff muss dahingehend erweitert werden, dass
alles umfasst ist, was zahnärztliche Fachkunde
erfordert.
2.4. Fraglich ist, ob die Unterspritzung der Lippe als
Zahn-, Mund- und Kieferkrankheit in diesem Sinne
angesehen werden kann. Die Lippe ist in § 1 Abs. 3
ZHG nicht ausdrücklich genannt. Diesbezüglich
hat allerdings das OLG Zweibrücken unter Berufung auf die EWG-Richtlinie Nr. 78/687 entschieden, dass bspw. die chirurgische Behandlung von
Naevi der Lippen zur Zahnheilkunde zu zählen sei.
Nach Auffassung des Gerichts zählen auch die Lippen zum Bereich des Mundes und des dazu gehörigen Gewebes im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen.
Berücksichtigt man die oben genannte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach
der Behandler insbesondere zu einer umfassenden
Differenzialdiagnostik in der Lage sein muss, so
dürfte unstreitig sein, dass diese Differenzialdiagnostik bei der Behandlung von Naevi durchaus eine
entscheidende Rolle spielen kann, während dies bei
der Unterspritzung der Lippen aus rein kosmetischen Gründen nicht der Fall ist.
Hier ist nur die Kenntnis der anatomischen Strukturen, eventueller Nervenverläufe und der Handhabung einer Spritze erforderlich. Die Lippenunterspritzung ist aus Sicht des Patientenschutzes
wesentlich unkritischer als die Naevi-Behandlung.
Die Lippenunterspritzung ist deshalb vom Begriff
der Zahnheilkunde umfasst und darf von Zahnärzten ausgeführt werden.
2.5. Etwas kritischer, aber auch noch vom Zahnheilkundebegriff umfasst, ist die Unterspritzung
von perioralen Falten und von Naso-Labial-Falten.
Diese Körperregionen befinden sich im Bereich des
Mundes, der schon nach § 1 Abs. 3 ZHG ausdrücklich von der Zahnheilkunde mit umfasst ist. Dass
der Zahnarzt nicht ausschließlich intraoral, sondern auch extraoral tätig sein darf, ergibt sich bspw.
aus Nr. 41 b BEMA bzw. der Nr. 011 GOZ, wonach
auch eine extraorale Leitungsanästhesie selbstver-
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Information _ Recht
ständlich zum zahnärztlichen Tätigkeitsbereich
gehört.
Stellt man – wie oben ausgeführt – in erster Linie
auf den Patientenschutz ab, so ist dieser durch eine
Unterspritzung perioraler Falten in keiner Weise
mehr gefährdet als durch eine extraorale Leitungsanästhesie. In beiden Fällen ist die (zahn-)medizinische Kenntnis von anatomischen Strukturen, der
Nervenverläufe etc. erforderlich.
Es dürfte sogar die subkutane Unterspritzung
deutlich weniger Risiken bieten als die extraorale
Leitungsanästhesie, die perineural gesetzt werden
muss. Es kann insoweit auch nochmals auf das OLG
Zweibrücken verwiesen werden. Das Gericht hält
unter anderem die extraorale Eröffnung von Abszessen und Phlegmonen als „Übergriffe in den unmittelbar angrenzenden Bereich“ für zulässig.
Damit ist die Unterspritzung von perioralen Falten
einschließlich der Naso-Labial-Falten (die den Bezug zur Lippe schon im Namen tragen) zulässig,
nicht aber die Unterspritzung von weiter entfernt
liegenden Falten, bspw. im Wangen- oder Augenbereich. _
cosmetic
dentistry 4_ 2004
_Autor
Dr. Stefan Stelzl
Rechtsanwalt & Fachanwalt
für Sozialrecht
Rechtsanwalt seit 1992.
Kanzlei Ratajczak Wellmann
& Partner, Sindelfingen,
Berlin, Köln
Tätigkeitsschwerpunkte:
Kassen(zahn)arztrecht, Berufsrecht der Zahnärzte und Ärzte, (zahn)ärztliches Vertragsrecht
Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Kassenarztrecht e.V., der Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht e.V., der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im Deutschen Anwaltverein
e.V. und der ARGE Sozialrecht im Deutschen Anwaltverein
Tel.: 07031 9505-22
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Information _ Recht
Welche rechtlichen
Besonderheiten muss der
Zahnarzt bei Schönheitsbehandlungen beachten?
Autor_ RA Dr. Thomas Ratajczak, Sindelfingen
_Recht
Zum Thema Schönheitsbehandlungen in der Zahnarztpraxis nehmen unsere Autoren, Rechtsanwalt
Dr. Thomas Ratajczak und Rechtsanwältin Susanna Zentai, Stellung.
_Schönheitsbehandlungen sind in der Regel medizinisch nicht indizierte Maßnahmen. Eingriffe ohne
medizinische Indikation nehmen rechtlich eine Ausnahmerolle mit besonderen Voraussetzungen ein,
liegen aber im Trend der Zeit. Der medizinische Fortschritt und das steigende Anspruchsdenken der Gesellschaft lassen reine Schönheitseingriffe im Alltag
des Zahnarztes immer mehr Platz greifen. Das führt
dazu, dass sich der Zahnarzt zunehmend mit diesem
Thema auseinander setzen und die rechtliche
Sonderstellung von reinen Schönheitsbehandlungen kennen sollte.
muss ein Psychologe in die Behandlungsplanung
einbezogen werden; denn Schönheitsoperationen
ersetzen nicht eine notwendige psychiatrisch/
psychotherapeutische Behandlung. Im Regelfall
wird man in einem solchen Fall sogar von einer
Kontraindikation ausgehen müssen. Diese Weichenstellung hat daher in einem ausführlichen Aufklärungsgespräch im Vorfeld der Behandlung zu erfolgen. Bereits hierdurch erhalten Anamnese und
Aufklärungsgespräch bei einer Schönheitsbehandlung entscheidende Bedeutung.
_Fehlende zahnmedizinische Indikation
_Besonders gründliche
Aufklärung vor der Behandlung
Der Bereich der „reinen“ Schönheitsbehandlung beginnt da, wo absolut keine zahnmedizinische Indikation für die zahnärztliche Maßnahme gegeben ist
und endet dort, wo eine Kontraindikation vorliegt.
Somit ist eine Unterscheidung zwischen medizinisch indizierten und medizinisch nicht indizierten
Zahnbehandlungen erforderlich. Es gibt dabei
durchaus Mischformen, bei denen die medizinische
Notwendigkeit von leicht bis dringlich reichen kann.
Daneben kommen Extremfälle vor, die wegen einer
stark ausgeprägten psychischen Komponente des
Patienten medizinisch indiziert erscheinen. In einem
so gelagerten Fall sollte der behandelnde oder um
Rat gefragte Zahnarzt aber aus Selbstschutz sehr
skeptisch werden und die genauen Hintergründe
des Patientenwunsches erfragen. Gegebenenfalls
Die Rechtsprechung stellt bei medizinisch nicht indizierten Schönheitseingriffen die höchsten Anforderungen an die Aufklärung überhaupt. Dies ist
nachvollziehbar. Mit jedem Eingriff in die körperliche Unversehrtheit sind Risiken für den Patienten
verbunden. Diese nimmt der Patient immer aus einem bestimmten Grund in Kauf. Wenn seine Behandlung dringend notwendig ist, um eine Verschlimmerung seiner Erkrankung zu verhindern und
weiteren Schäden vorzubeugen, wird ihm die Entscheidung für den Eingriff leichter fallen. Auch werden Risiken bei bestehender objektiver medizinischer Notwendigkeit eher in Kauf genommen. Anders hingegen bei einer geringeren oder gar keiner
Indikation. Vor diesem Hintergrund haben die Gerichte den Grundsatz geprägt: Je weniger dringend
Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Information _ Recht
die Indikation, desto schwerer wiegt die Aufklärungspflicht! Neben dem Aspekt der rein sachlichen
Dringlichkeit des Eingriffs ist auch die zeitliche
Dringlichkeit für das Maß der erforderlichen Aufklärung zu berücksichtigen. Auch hier gilt: je mehr Zeit
dem Patienten bleibt, sich für oder gegen einen Eingriff zu entscheiden, desto strengere Anforderungen sind an die Aufklärung zu stellen.
Bei reinen Schönheitseingriffen muss dem Patienten folglich am meisten Zeit gelassen werden, sich
mit den Vor- und Nachteilen auseinanderzusetzen.
Dies hat der Bundesgerichtshof in einer Strafsache
bereits im Jahre 1959 herausgestellt (Urteil vom
10.02.1959 – 5 StR 533/58 –).
Die gesamte Aufklärung muss besonders gründlich
dokumentiert werden und möglichst jeden individuellen Aspekt der Vorstellung und Motivation des
Patienten erfassen. Dies schützt den Zahnarzt bei einem möglichen Regress vor der Behauptung des Patienten, so habe er sich das Ergebnis nicht vorgestellt, obwohl er zuvor genau dies als Ziel des Eingriffs beschrieben hat.
_Schwierigkeiten bei der
Bewertung des Ergebnisses
Kommt es nach einem Schönheitseingriff zum Behandlungsfehlervorwurf, kann es für den Zahnarzt
schnell problematisch werden. Die Rechtsprechung
betrachtet die Behandlungen mit einem gewissen
Unverständnis, um nicht zu sagen Argwohn und ist
schnell geneigt, optisch nicht zufrieden stellende
Behandlungsergebnisse als Haftungsfall einzustufen. Das Ergebnis einer Schönheitsbehandlung ist
bei überwiegend subjektiv motivierten Entschei-
dungen für eine optische Veränderung nur beschränkt objektivierbar. Jeder Mensch hat ein anderes Schönheitsideal und seine individuelle Vorstellung darüber, ob und wann er/sie selbst schön ist. Für
Dritte, auch für Gutachter, sind die so unterschiedlich aufgestellten Kriterien im konkreten Fall oft
nicht nachvollziehbar.
Es gibt aber fraglos objektive Befunde, die einer Bewertung nach Ziel erreicht/nicht erreicht, Behandlungsfehler ja oder nein zugänglich sind. Eine objektiv nicht gerade Zahnreihe kann subjektiv nicht für
„gerade“ befunden werden und eine nicht beseitigte
Verfärbung eines Zahnes wird auch nicht im subjektiv geprägten Auge des jeweiligen Betrachters unabhängig von jeder Farbskala auf einmal „weiß“. Je weiter sich das Fachgebiet der kosmetischen Zahnheilkunde entwickelt, umso mehr objektivierbare Befunde werden sich ergeben, an denen dann die
Erfüllung der Behandlungserwartungen rechtlich
überprüft werden kann.
Ein Eingriff darf aber unabhängig von allen ästhetischen Empfindungen dann nicht vorgenommen
werden, wenn das von dem Patienten gewünschte
Ziel mit ihm gar nicht erreicht werden kann (OLG
Köln, Urteil vom 03.02.1999 – 5 U 118/98 –). Dann
liegt in der Behandlung ein klarer Haftungsfall.
_Autor
cosmetic
dentistry 4_ 2004
Dr. jur. Thomas
Ratajczak
_Fazit
Bei der Durchführung von Behandlungsmaßnahmen zu reinen Schönheitszwecken sollte der Zahnarzt auf eine sehr intensive Aufklärung achten und
diese akribisch dokumentieren, um hinterher die
Wunschvorstellungen des Patienten genau belegen
zu können._
Rechtsanwalt, Fachanwalt
für Sozialrecht, Lehrbeauftragter an der FH NeuUlm, Seniorpartner einer
auf Medizinrecht spezialisierten Anwaltskanzlei.
Verlags- und Urheberrecht:
ÄSTHETISCHE MEDIZIN
Impressum
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Stand: 16. März 2011
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Artikelreihe zum Thema „Faltenbehandlung im Gesicht“
Information _ Recht
Lippenunterspritzung –
wer darf was?
Autor_ RA Dr. Thomas Ratajczak, Sindelfingen
_Recht
Zum Thema Lippenunterspritzung
in der Zahnarztpraxis nimmt
unser Autor, Rechtsanwalt
Dr. Thomas Ratajczak, Stellung.
_Autor
cosmetic
dentistry 4_ 2004
Dr. jur. Thomas
Ratajczak
Rechtsanwalt, Fachanwalt
für Sozialrecht, Lehrbeauftragter an der FH NeuUlm, Seniorpartner einer
auf Medizinrecht spezialisierten Anwaltskanzlei.
_Bei der Lippenunterspritzung stellt sich wie bei vielen neu entwickelten Verfahren der ästhetisch/kosmetischen Behandlung primär die Frage, ob es sich dabei
um Ausübung der Heilkunde handelt. Bejaht man
dies, darf sie nur von Heilkundigen durchgeführt werden. Heilkunde ist nach der gesetzlichen Definition in
§ 1 Abs. 2 Heilpraktikergesetz „jede Berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden
oder Körperschäden bei Menschen“.
_Wer darf Lippen unterspritzen?
Das Bundesministerium für Gesundheit hatte in einer
Stellungnahme vom 21.01.1998 an den Bundesverband Deutscher Kosmetikerinnen e.V. die Auffassung
vertreten, es neige dazu, „die Behandlung altersbedingter Faltenbildungen, sofern sie lediglich kosmetischen Zwecken dient, dem Begriff der Ausübung der
Heilkunde nicht zuzuordnen. Das Gleiche dürfte für
das subkutane und intrakutane Spritzen gelten, wobei allerdings keine Arzneimittel Verwendung finden
dürfen.“
Dieser Auffassung ist das Verwaltungsgericht Trier in
einer noch nicht rechtskräftigen Entscheidung vom
23.01.2003 – 6 K 867/02 – entgegengetreten. Es hält
die Faltenunterspritzung für eine erlaubnispflichtige
Ausübung der Heilkunde, weil „neben dem Wissen um
die bei der Verabreichung von Injektionen regelmäßig
zu beachtenden Anforderungen an Desinfektion und
Hygiene auch anatomische Kenntnisse über den Aufbau der Haut und den Verlauf der Nerven, Muskeln
und Blutgefäße im Gesicht sowie die Durchführung
einer Anamnese zur Vermeidung von Allergierisiken“
erforderlich seien. „In praktischer Hinsicht muss die
Befähigung zum sicheren Ansetzen und Führen der
Spritzen bestehen, da eine subkutane Injektion angesichts der gerade im Gesichtsbereich sehr dünnen
Haut eine ruhige Hand voraussetzt. Die Vornahme
von Faltenunterspritzungen durch Unbefugte ist
auch mit nicht unbeträchtlichen Gesundheitsgefährdungen für die Behandelten verbunden.“
Das VG Trier hätte seine Entscheidung überzeugender
mit Hinweis auf § 4 Abs. 1 und 3 des Lebensmittel- und
Bedarfsgegenständegesetzes (LBMG) stützen können. Dieses Gesetz enthält auch die Definition kosmetischer Mittel. Es enthält zugleich die zentralen
Normen zur Abgrenzung Arzneimittel – Medizinprodukte – Kosmetika – Lebensmittel – Nahrungsergänzungsmittel. Kosmetische Mittel sind danach dazu
bestimmt, „äußerlich am Menschen oder in seiner
Mundhöhle zur Reinigung, Pflege oder zur Beeinflussung des Aussehens oder des Körpergeruchs oder zur
Vermittlung von Geruchseindrücken angewendet zu
werden“. Stoffe, die zur Beeinflussung von Körperformen bestimmt sind, gelten nicht als Kosmetika.
Stoffe, die intra- oder subkutan gespritzt werden, sind
m.E. auch dann nicht als Kosmetika anzusehen, wenn
sie zu kosmetischen Zwecken eingesetzt werden. Was
für die Faltenunterspritzung gilt, gilt erst recht für die
Lippenunterspritzung. Sie ist Heilkundigen vorbehalten. Das sind nach dem Heilpraktikergesetz Ärzte und
Heilpraktiker. Die Ausübung der Zahnheilkunde wird
vom Heilpraktikergesetz nicht erfasst.
_Dürfen Zahnärzte Lippen unterspritzen?
Zahnärzte können alle Tätigkeiten durchführen, die
Ausübung der Zahnheilkunde i.S. des Zahnheilkundegesetzes sind. Sie können aber nicht darüber hinaus
alle Tätigkeiten durchführen, die Ausübung der Heilkunde i.S. des Heilpraktikergesetzes darstellen. Das
wird leider ab und zu übersehen. Die Frage nach dem
Tätigkeitsgebiet der Zahnärzte hatte in einem denkwürdigen Verfahren das Oberlandesgericht Zweibrücken mehrfach beschäftigt. In seiner abschließenden Entscheidung vom 21.08.1998 – 2 U 29/97 –
schloss es sich der Auffassung an, dass Zahnheilkunde nicht auf den dento-alveolären Bereich beschränkt ist, sondern die Verhütung, Diagnose und
Behandlung von Anomalien und Krankheiten der
Zähne, des Mundes und der Kiefer und des dazugehörigen Gewebes erfasst. Letzteres ist entscheidend. Die
Lippen sind dem Mund zuzurechnen, weshalb auch
die Entfernung von Naevi der Lippen jedenfalls auch
Ausübung der Zahnheilkunde ist.
Die Lippenunterspritzung durch Zahnärzte ist damit
durch das Zahnheilkundegesetz gedeckt. _
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