leitungswasser - SHK
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leitungswasser - SHK
1 | 2011 Zeitschrift für Schadenverhütung und Schadenforschung der öffentlichen Versicherer np www.schade risma.de Leitungswasser Leitungswasserschäden – verursacht durch Waschmaschinen Leitungswasser 3. IFS-Video zur Schadenverhütung Im Fokus: Leitungswasserschäden Nachruf Wir nehmen Abschied von unserem langjährigen Redaktionskollegen und Freund Dipl.-Ing. Wolfgang Raab, der am 09. Dezember 2010 im Alter von 53 Jahren verstorben ist. Wolfgang Raab kam 1997 in unsere Redaktion und prägte durch sein Engagement sowie durch sein persönliches Naturell entscheidend die neuen Entwicklungen im schadenprisma. Ideenreichtum, Überzeugungskraft bzw. seine verbindliche Art und Weise machten ihn zu einem unersetzlichen Redaktionskollegen. Wir trauern um einen lieben Kollegen, den wir in guter Erinnerung behalten werden. Berlin, im Dezember 2010 Die Redaktion 4 1 2011 INHALT 6 | Leitungswasser Automatische Absperreinrichtungen in Trinkwasserleitungen öffentlicher Gebäude Stephan Wolff 10 | Leitungswasser Leitungswasserschäden – verursacht durch Waschmaschinen Martin Lütke Lanfer 14 | Leitungswasser 3. IFS-Video zur Schadenverhütung Dr. Rolf Voigtländer 16 | Aktuelles Schadengeschehen Flüssiggas – eine unterschätzte Gefahr Alfons Moors 19 | Information Unersetzbare Kunst und Kulturgüter angemessen schützen Lena Maßmeyer, Ralf Tornau 21 | Information IF Star 2010: Schadensarmer Einsatz bei einem Wohnungsbrand Georg Würth 26 | IFS Schadenbeispiel Tauwetter bringt Schaden zum Vorschein IFS Kiel EDITORIAL 1 2011 Leitungswasserschäden – Thema Nr. 1 Das Thema der Leitungswasserschäden und einer sinnvoll vorgeschalteten Prävention beschäftigt die Versicherungswirtschaft sowie alle Betreiber und Nutzer von Immobilien der unterschiedlichsten Eigentumsverhältnisse. Privatpersonen, öffentliche Einrichtungen, Wohnungsunternehmen, Gewerbe bis hin zur Industrie: Sie alle stehen immer wieder vor der Entscheidung, das Leitungswasserschadenrisiko wirtschaftlich vertretbar abzusichern und in den Griff zu bekommen. Über die Jahre hat sich dabei folgende Mentalität entwickelt: Die Betroffenen haben sich aus der Eigenverantwortung zurückgezogen und das Risiko allein dem Versicherer überlassen. Getreu dem Motto: „Ich habe ja eine Leitungswasserversicherung.“ Ganz so einfach ist es aber nun doch nicht. Ob es die normgerechte Errichtung einer Wasserinstallation oder die sachgerechte Nutzung derselben ist, die Verantwortung dafür bleibt bei der Hartmut Heyde betroffenen Person. Genau vor diesem Hintergrund gibt es mitt- Redaktionsleiter lerweile ein verantwortliches Umdenken und gemeinsam mit der Versicherungswirtschaft werden Lösungen gesucht bzw. auch gefunden. So finden Sie im vorliegenden Heft wieder einen Beitrag über automatische Absperrventile und deren wirkungsvollen Einsatz – dieses Mal in öffentlichen Gebäuden. Das Thema wird durch einen Untersuchungsbericht von gehäuft auftretenden Leitungswasserschäden, verursacht durch Waschmaschinen, ergänzt. In einem dritten Artikel stellen wir den aktuellen IFS-Videoclip vor. Er behandelt die Prävention der Leitungswasserschäden mit noch nie gesehenen Aufnahmen von der Entstehung bis zu den Auswirkungen von Leitungswasserschäden. 5 6 LEITUNGSWASSER 1 2011 ›› Automatische Absperreinrichtungen in Trinkwasserleitungen öffentlicher Gebäude Automatische Absperreinrichtungen verringern bei Leitungswasserschäden die Schadenfolgen und die Wahrscheinlichkeit von Großschäden. Dieser Beitrag schildert die Umsetzung von automatischen Absperreinrichtungen in Trinkwasserleitungen öffentlicher Gebäude. Absperrarmaturen und die notwendigen planerischen Überlegungen werden anhand von Praxisbeispielen beschrieben. Einbau einer Absperreinrichtung spielsweise bewusst überlaufende Wasch- Der Einbau einer Absperreinrichtung ist Für den Einbau von automatischen Ab- becken nach Einbrüchen in öffentliche jedoch keine Maßnahme gegen die eigent- sperreinrichtungen Gebäude verursachen. liche Schadenursache. Durch die Ab- gibt es zahlreiche sperreinrichtung werden die Schaden- Gründe. Schäden an Trinkwasserleitungen folgen nach Eintritt eines Schadens ver- Allgemeinen immer noch die häufigste Funktionsweise einer automatischen Absperreinrichtung Schadenursache in der Leitungswasser- Eine oder die Schadenhäufigkeit. versicherung. schließt die Kaltwasserzufuhr in Gebäu- (Kalt- und Warmwasserleitungen) sind im automatische Absperreinrichtung ringert, nicht jedoch die Schadenursache Großschäden treten häufig bei Abwesen- zentralen Absperreinrichtung im Haus- Überlegungen bei schadenauffälligen Objekten heit der Gebäudenutzer auf. Lange Zeit anschluss kann bei einem Schaden an Um die Leitungswasser-Schadenhäufigkeit strömt unbemerkt immer wieder nach- den Trinkwasserleitungen (Kaltwasser und bei einem schadenauffälligen Objekt zu laufendes Frischwasser aus der Schaden- Warmwasser) nur das Wasser austreten, verbessern, ist zunächst die dafür über- stelle. Über das Wochenende oder die be- das sich in den Leitungen bzw. den Kom- wiegend verantwortliche Schadenursache triebsfreie Zeit können so Kellerbereiche ponenten der jeweiligen Installation be- zu ermitteln. Die Installationen und die überflutet oder aus oberen Etagen darunter findet. Frischwasser strömt nicht nach. Asservate werden begutachtet und darauf den bei Abwesenheit der Nutzer. Mit einer liegende Gebäudeteile durchnässt werden. aufbauend Absperreinrichtungen Eine automatische bieten Maßnahmen zur Schaden- zahlreiche verhütung und Schadenminderung aus- Absperreinrichtung Hersteller an. Zu einer automatischen Ab- gesprochen. Eine sinnvolle Maßnahme schaltet die Frischwasserzufuhr ab und sperreinrichtung gehört ein Absperrventil, zur Schadenminderung kann der Einbau verringert dadurch die Schadenfolgen und das durch eine Steuerungseinheit ausge- einer automatischen Absperreinrichtung in die Wahrscheinlichkeit für Großschäden. löst wird. Die Steuerungseinheit wird häu- die Kaltwasserleitungen sein. Aus versicherungstechnischer Sicht ergibt fig durch einen Wasserfühler, einen Strö- sich ein positiver Einfluss auf den Scha- mungsmesser, eine Zeitschaltuhr, eine Ein- denverlauf und den zukünftigen Versiche- bruchmeldeanlage, ein Zutrittskontrollsys- Projektierung einer Absperreinrichtung rungsbeitrag. Außerdem verringert eine tem oder manuell in Betrieb gesetzt. Einen Der Einbau einer automatischen Absperr- Absperreinrichtung den Aufwand, den je- Überblick über automatische Absperrein- einrichtung in öffentliche Gebäude ist sorg- der Gebäudebetreiber nach einem Scha- richtungen liefert der Beitrag „Ein neuer fältig zu planen. Hier sind neben der Aus- den durch Leitungswasser hat. Ansatz zur Schadenverhütung bei Lei- wahl einer geeigneten Absperreinrichtung tungswasserschäden“ (siehe auch scha- auch das Nutzerverhalten und gebäude- denprisma 2 / 2010, Seite 4 ff.). technische Anforderungen an das Trink- Absperreinrichtungen können auch schadenunabhängig zum gesicherten Schutz wasser zu berücksichtigen. von Archivalien oder von zu schützender Typenähnliche Absperreinrichtungen kön- Gebäudesubstanz gegen Schäden durch nen zudem außerhalb von Trinkwasser- Beim Einbau einer automatischen Absperr- Leitungswasser beitragen. leitungen, z. B. in automatische Nachfüll- einrichtung in die zentrale Kaltwasserlei- vorrichtungen von Heizungskreisläufen, in- tung sollten u. a. folgende gebäudetechni- stalliert werden. sche Anforderungen abgestimmt werden: Ein anderer Einbaugrund wäre der Schutz vor Vandalismusschäden, www.schadenprisma.de welche bei- LEITUNGSWASSER 1 2011 • Welche Einrichtungen werden von der Wasserzufuhr versorgt? • Lässt sich zentral oder in Teilbereichen die Wasserzufuhr absperren? • Wann ist eine Wasserzufuhr für Teilbereiche der Installation notwendig? • Existieren in dem Gebäude brandschutztechnische Einrichtungen wie etwa Wandhydranten oder Sprinkleranlagen, die von der Wasserversorgung versorgt werden? • Erfolgt aus hygienischen oder betrieblichen Gründen in gewissen Abständen eine automatische Spülung der Wasserleitungen, z. B. bei Schwimmbecken? Neben diesen gebäudetechnischen Anforderungen ist das Nutzerverhalten zu betrachten. Es wäre äußerst unangenehm, wenn die Duschen z. B. bei einer außerschulischen Sportveranstaltung kein Trinkwasser mehr liefern würden. Daher ist das Nutzerverhalten über sämtliche Wochentage und Sonderveranstaltungen bei der Planung einer Absperreinrichtung genauestens aufzunehmen. Als letzter Schritt ist dann festzulegen, welche automatische Absperreinrichtung in die Kaltwasserinstallation eingebracht werden soll. Für den Massenmarkt (den privaten Bereich) entwickelt, sind viele Absperrventile zurzeit auf Nennweiten bis DN 32 bzw. 1 ½ Zoll begrenzt. In öffentlichen Gebäuden sind die Kaltwasserleitungen im Hausanschluss teilweise erheblich größer. Nennweiten von DN 50 oder mehr sind für größere Schulen üblich. Dadurch sind einzelne Absperrventile auf schmalere Kaltwasserleitungen hinter der Kaltwasserverteilung einzubauen oder Industriearmaturen in den zentralen Hausanschluss zu installieren. www.schadenprisma.de 7 8 LEITUNGSWASSER 1 2011 ›› P r o je k t 1 ›› P r o je k t 2 Verbandsgemeindeverwaltung Kirn-Land / Rheinland-Pfalz Rathaus Stadt Kirn / Rheinland-Pfalz Das Gebäude der Verbandsgemeindeverwaltung beinhaltet sowohl öffent- Das barocke Rathaus ist der Sitz der liche Bereiche wie das Bürgerbüro als auch die Räumlichkeiten der jeweiligen Verwaltung. Das Gebäude wird von zwei Fachbereiche. Die Wohnung des Hausmeisters ist ebenfalls über den zen- Hausanschlüssen versorgt. Außerhalb tralen Hausanschluss versorgt. Abends sind teilweise Vereine im Objekt an- der Öffnungszeiten nutzen Vereine das wesend. Frischwasser wird infolgedessen in einigen Bereichen des Objektes Objekt selten. Brandschutztechnische ständig und in anderen Bereichen in eingeschränkten Zeitfenstern genutzt. oder gebäudetechnische Einrichtungen, Daher ist hier eine zentrale Absperrung nicht zweckmäßig. die unabhängig Frischwasser erfordern, befinden sich nicht hinter den zentralen Die Kaltwasserverteilung befindet sich im Hausanschlussraum. In drei Leitun- Hausanschlussleitungen. Im Innenhof ist gen hinter der Kaltwasserverteilung wurden Absperrventile der Firma Kemper ein öffentliches Sanitärhäuschen, für das eingebaut. Dadurch besteht die Möglichkeit, diese Bereiche des Verwal- ständig Frischwasserbedarf besteht. Mit tungsgebäudes separat abzusperren. Die Leitung der Hausmeisterwohnung Ausnahme des Sanitärhäuschens exis- wurde dagegen nicht mit einem Absperrventil versehen. tieren somit Zeitfenster, an denen kein Frischwasser benötigt wird. Die Steuerung der Absperrventile erfolgt momentan über Handtaster im jeweiligen Bereich. Organisatorisch ist abgestimmt, wer und wann die Hand- Beide Hausanschlussräume sind öffent- taster bei Betreten und Verlassen des Gebäudebereiches betätigt. Ein Ta- lich nicht zugänglich. In beide Kaltwas- bleau im jeweiligen Bereich zeigt die Stellung des Absperrventils an. serleitungen wurde im Hausanschluss ein Absperrventil der Firma Kemper eingebaut. Das Absperrventil ist über eine Zeitschaltuhr gesteuert. Zudem ist in jedem Hausanschlussraum ein Wasserfühler über dem Kellerboden eingebaut worden. Bei dessen Auslösung schaltet das Absperrventil ebenfalls ab. Neben der Zeitschaltuhr ist ein Handtaster eingerichtet, über den die Wasserzufuhr vorrangig zu schalten ist. Dadurch können Berechtigte jederzeit eine manuelle Bedienung vornehmen. Durch einen baulichen Abzweig am Anfang der Kaltwasserverteilung ließ sich die Kaltwasserleitung des öffentlichen Sanitärhäuschens von der Kaltwasserverteilung trennen. Dadurch konnte das öffentliche Sanitärhäuschen ständig mit Kaltwasser versorgt und nur ein zentrales Absperrventil zum Absperren der Kaltwasserverteilung eingebaut werden. Drei Absperrventile der Firma Kemper wurden in einzelne Leitungen der Kaltwasserverteilung eingebracht. Dadurch können diese Bereiche separat abgesperrt werden. www.schadenprisma.de LEITUNGSWASSER 1 2011 Einbau eines Absperrventils in die zentrale Kaltwasserleitung DN 20. Weiterhin ist die Zeitschaltuhr, der Handauslöser und der Wasserfühler im Bodenbereich zu erkennen. Fazit Einsatzmöglichkeiten von automatischen Absperreinrichtungen in öffentlichen Gebäuden sind hier vorgestellt. Für nahezu jedes Objekt ist die Anwendung von Absperreinrichtungen möglich. Damit es nicht zu unerwünschten Wasserabsperrungen kommt, sind das Nutzerverhalten und die vorliegenden gebäudetechnischen Anforderungen an Frischwasser genauestens aufzunehmen und auszuwerten. Anschließend kann die Auswahl der abzusperrenden Bereiche und einer geeigneten Absperreinrichtung erfolgen. Der Einbau von automatischen Absperreinrichtungen ist ein sinnvoller Schutz zur Verringerung von Gebäude- und Inhaltsschäden durch Leitungswasser. Stephan Wolff Abteilung Schadenverhütung / Risikoberatung Provinzial Rheinland Versicherung AG Einbau eines Absperrventils in die zentrale Kaltwasserleitung DN 32. Durch die bauliche Veränderung der ersten Kaltwasserleitung in der Verteilung wird diese Leitung nicht vom Absperrventil abgesperrt. www.schadenprisma.de 9 10 1 2011 LEITUNGSWASSER Leitungswasserschäden – verursacht durch Waschmaschinen Die IFS-Schadendatenbank lässt eine Schaden 1 Der Wassereinlass mit dem Magnetventil Häufung von Leitungswasserschäden Durch eine Undichtigkeit innerhalb einer und der oberen Bruchfläche ließ sich frei durch Toplader-Waschmaschinen bau- Waschmaschine war es in einem Einfami- und mit ausreichend Spiel an seine ur- ähnlicher Typen erkennen. lienhaus in Norddeutschland zu einem sprüngliche Position bewegen. Eine Bewe- erheblichen Leitungswasserschaden ge- gung des äußeren flexiblen Anschluss- Immer wieder kommt es beim Betrieb von kommen. Die Waschmaschine wurde dem schlauchs führte zu keiner Bewegung an Waschmaschinen zu Leitungswasserschä- IFS in Kiel zugesandt. Im Rahmen einer der Bruchfläche des Flansches im Inneren den. Sind Waschmaschinen mit einer so- technischen Laboruntersuchung wurde die der Maschine. genannten Wasserstopp-Funktion ausge- Schadenursache für den Wasseraustritt stattet, wiegen sich die Verbraucher meist ermittelt. Zur weiteren Untersuchung wurden die Bruchflächen freigelegt. Es handelte sich in Sicherheit vor einem Leitungswasserschaden. Ein Trugschluss, wie die Scha- Bei der Waschmaschine handelte es sich um einen weißen Polymerwerkstoff aus denerfahrungen des IFS zeigen. Für den um einen sogenannten Toplader des Typs Polyoxymethylen (POM). Der Bruch verlief sicheren Betrieb von Waschmaschinen ist 342 S mit dem Markennamen „Privileg“ im letzten Gewindegang. Bis auf den es daher erforderlich, diese nur bei Anwe- (Handelsmarke der Quelle GmbH). Herge- Bruchbereich durch einen Gewindegrat senheit zu betreiben und nach dem Wa- stellt wurde die Waschmaschine im Jahr zeigte der Bruch eine relativ ebene Fläche schen die Wasserzufuhr abzusperren. Das 2002. ohne weitere Versätze. Am frühen Morgen des Schadentages Bei der rasterelektronenmikroskopischen wurde die Waschmaschine in Betrieb ge- Untersuchung der Bruchstruktur traten die Hat das IFS schadenursächliche Ge- nommen. Bei einer späteren Kontrolle typischen Merkmale eines Gewaltbruches räte zu untersuchen, wird routinemäßig in wurde eine Überflutung des Kellers fest- zutage (Bild 3). der IFS-Schadendatenbank recherchiert, gestellt. Das Wasser mit einem Höchst- ob bereits ähnliche Fälle geprüft wurden. wasserstand von etwa 20 cm musste von Der Bruch war im letzten Gewindegang Die inzwischen mehr als 12.000 Schaden- der Feuerwehr ausgepumpt werden. Ins- entstanden (Bild 4). Hier war ein Rissfort- fälle enthaltende Datenbank ermöglicht besondere wurde ein ungefähr 50 m gro- schritt von innen nach außen erkennbar. es, Schadenhäufungen und Serienschäden ßer, voll ausgebauter Arbeits- und Hobby- aufzuzeigen. keller durch die Feuchtigkeit beschädigt. wird auch in den Bedienungsanleitungen gefordert. 2 Der weitere Bruchfortschritt bis zum Abriss erfolgte als duktiler Gewaltbruch mit So wurden Mitarbeiter des IFS auch auf Für die Untersuchung wurde die linke Sei- den entsprechenden Merkmalen von Zip- eine Schadenhäufung von Leitungswas- tenverkleidung des Geräts entfernt (Bild 1). felbildungen serschäden aufmerksam, die bestimmte Im unteren Bereich an der Rückwand be- Bruchfläche. Waschmaschinen verursachten. fand sich ein Winkelflansch aus Kunststoff. auf einer relativ ebenen Dieser Winkelflansch war durch die Rück- Dadurch kam es zum Abriss der Flansch- Vorgestellt werden im Folgenden insge- wand hindurchgeführt. Außen war der Zu- verbindung zwischen dem äußeren Zulauf- samt fünf Schadenfälle, die eine iden- laufschlauch mittels einer Überwurfmutter schlauch und dem Wassereinlass am Mag- tische Schadenursache aufweisen. Die befestigt. Am inneren Teil des Flansches netventil im Inneren der Waschmaschine. schadenursächlichen Toplader-Waschma- war das Wassereinlass-Magnetventil an- Das wird auch aus Bild 5 deutlich. Die schinen wurden in den Jahren 2001 bis gebracht. Der Winkelflansch war über den Bruchfläche lag in dem Bereich, in dem der 2003 vom Hersteller „Electrolux“ produ- vollen Umfang gebrochen (Bild 2). Werkstoff bei der Verschraubung den maximalen Belastungen ausgesetzt war. ziert und unter den Markennamen „Privileg“ und „AEG“ verkauft. www.schadenprisma.de Im Bereich der Schadenstelle waren weder außen an der rückwärtigen Gehäusewand, Eine starke Zugbeanspruchung des scha- am unteren tragenden Kunststoffrahmen, denursächlichen Bauteils durch umge- noch am Zulaufschlauch Merkmale einer bende Komponenten war aus der Einbau- äußeren Beeinträchtigung festzustellen. position nicht abzuleiten. LEITUNGSWASSER Über die Wasserseite sind Druckstöße des Magnetventils bei Öffnungs- und Schließvorgängen zu erwarten. Diese Be- 1 2011 Bild 1 | Schadenursächliche, geöffnete Waschmaschine. lastungen, die während der normalen Betriebsbedingungen entstehen, müsste das Bauteil aber schadlos aushalten. Das war hier nicht der Fall. Schadenauslösend war hierbei die relativ stramm festgezogene Verbindung, die das Dichtelement stellenweise scharf einschnürte. Somit konnten Spannungen auf die Überwurfverschraubung des Flan- sches einwirken. Möglicherweise begünstigt durch Druckstöße seitens des angrenzenden Magnetventils führten sie erst nach längerer Zeit während des be- Bild 2 | Die Winkelflanschverbindung zwischen dem äußeren Zulaufschlauch und dem Wassereinlass am Magnetventil ist gebrochen (Pfeil). stimmungsgemäßen Betriebes der Maschine zu einem Versagen des Polymerwerkstoffes. Äußere Einwirkungen auf das schadenursächliche Bauteil waren aufgrund fehlender Merkmale und der Position im Inneren der Maschine auszuschließen. Der Schaden war also auf die Bedingungen an der Verschraubung der Verbindung zurückzuführen. Diese Verschraubung wird bei der Fertigung des Produktes durch den Her- Bild 3 | Die Bruchfläche weist die typischen Strukturen eines Gewaltbruches auf. steller erstellt. Daher war von einem Produktmangel auszugehen. Bild 4 | Oben links ist die Struktur eines anfänglichen Gewaltbruches zu sehen, der sich von innen nach außen entwickelt hat. www.schadenprisma.de 11 12 1 2011 LEITUNGSWASSER 2. 1. Bild 5 | Das schadenursächliche Bauteil in zusammengesteckter Form: Rechts oben ist das Gewinde für den Wasserschlauch erkennbar. Pfeil 1 zeigt auf die Bruchstelle, Pfeil 2 auf das Magnetventil. Schaden 2 sich im Badezimmer der Wohnung und nummer ergab, dass das Gerät in der Der zweite Schaden ereignete sich im wurde von der Bewohnerin am Schaden- 15. KW 2002 hergestellt wurde. Rheinland. In einem Mehrfamilienhaus kam tag gegen 14.00 Uhr eingeschaltet. Kurz es im Sommer 2008 zu einem Leitungs- vor 15.30 Uhr ging die Bewohnerin mit Schaden 4 wasserschaden durch eine Waschmaschi- ihrem Hund spazieren und stellte in der Der vierte Schaden spielte sich in Bay- ne. Wohnung Wasseraustritt ern ab. Eine Undichtigkeit innerhalb einer fest. Der Eigentümer eines Büros im Erd- Waschmaschine hatte in einem Wohn- Im IFS wurde die vor Ort asservierte geschoss bemerkte dann gegen 16.00 Uhr objekt zu einem erheblichen Leitungswas- Waschmaschine des Typs „Privileg Pro aus der Decke bzw. entlang eines Ab- serschaden geführt. Die Waschmaschine Comfort 853 S“ untersucht. Nach der De- wasserrohres austretendes Wasser. Er ver- wurde dem IFS zugesandt. Im Rahmen ei- montage der linken Seitenwand wurde im ständigte die darüber wohnenden Mieter. ner Laboruntersuchung sollte die Scha- noch keinen unteren Bereich zur Rückwand erneut ein denursache für den Wasseraustritt ermit- gebrochener Winkelflansch vorgefunden. Das IFS in Düsseldorf wurde beauftragt, Nach Auskunft des Quelle-Kundendienstes die Waschmaschine des Typs „Privileg wurde der vorliegende Gerätetyp seit dem Sensation 75“ abzuholen und zu untersu- Bei Jahr 2001 hergestellt. chen. Waschmaschine des Typs „AEG Lavamat telt werden. der Untersuchung der Toplader- 41280“ im Labor des IFS war die Schaden- Schaden 3 Im Labor des IFS wurden die Seitenwände ursache sehr schnell und eindeutig zu Ebenfalls im Rheinland trat im Frühjahr der Waschmaschine demontiert. In der ge- ermitteln. Nach Öffnung der Seitenwand 2009 in einer Wohnung in einem Mehrfa- öffneten Maschine zeigte sich das gleiche offenbarte sich erneut ein gebrochener milienhaus ein weiterer Leitungswasser- Schadenbild wie im Schaden 1. Der Win- Winkelflansch des Wassereinlassventils. schaden durch eine Waschmaschine auf. kelflansch, der die Verbindung zwischen Anhand der Seriennummer war erkennbar, dem außen befindlichen Zulaufschlauch dass das Gerät in der 36. KW 2001 herge- Der Schaden war im dritten Obergeschoss und dem innen liegenden Wassereinlass- stellt wurde. entstanden. Die Waschmaschine befand ventil herstellt, war gebrochen. Die Serien- www.schadenprisma.de LEITUNGSWASSER 1 2011 Schutz vor Leitungswasserschäden Moderne Waschmaschinen sind mit Systemen ausgestattet, die Leitungswasserschäden verhüten sollen. Grundprinzip: Bei Wasseraustritt sperrt ein Magnetventil den Wasserzufluss ab. Der Schutz vor Leitungswasserschäden umfasst aber in manchen Fällen nur den Zulaufschlauch, in anderen die gesamte Maschine. Zum Beispiel bietet eine mechanische Wasserstoppfunktion nur eingeschränkten Schutz. Diese funktioniert wie folgt: Erleidet der Wasserzulaufschlauch einen Defekt, etwa infolge Platzens oder einer Haarrissbildung, wird das dabei austretende Wasser durch den Umhüllungsschlauch aufgefangen. Erreicht das Wasser im Umhüllungsschlauch die an dem wasserhahnseitigen Ende des Schlauches befindliche Auslösemechanik, wird ein Sicherheitsventil geschlossen, welches die Wasserzufuhr unterbricht. Aufwändigere Systeme bieten erhöhte Sicherheit, weil nicht nur der Schlauch überwacht wird. Ein solches System besteht beispielsweise aus einem Magnetventil am Wasserzulauf, einem Doppelzulaufschlauch sowie einer geschlossenen Bodenwanne mit FeuchteSensor oder Schwimmerschalter. Schaden 5 Fazit Er war jedoch schon durch eigene Markt- In einem Haushaltsgeräte-Forum im Inter- Die Schilderung der Schadenfälle zeigt: beobachtungen auf diese Schadenursache net wurde ebenfalls ein Wasserschaden Defekte sind auch bei relativ neuen Wasch- aufmerksam geworden. Das schaden- durch eine Undichtigkeit innerhalb einer maschinen nicht auszuschließen. Daher ist trächtige Bauteil wird heute nicht mehr ver- Waschmaschine beschrieben. Auf dem ge- eine regelmäßige Überprüfung der ord- wendet. Von der Herstellung bis zum Ver- zeigten Bild im Internet war der Winkel- nungsgemäßen Funktion der Maschine sagen des Bauteils waren jeweils mehrere flansch an derselben Stelle gebrochen wie durch den Betreiber notwendig. Der Be- Jahre vergangen. Eine Materialermüdung bei den von den Gutachtern des IFS unter- trieb von Waschmaschinen sollte grund- spielt also auch eine Rolle. suchten Geräten. sätzlich nur bei Anwesenheit stattfinden. Nach Beendigung des Waschganges ist Die schadenträchtigen Teile werden heute Nach den Angaben des Eigentümers han- die Wasserzufuhr zu schließen, um als Nut- nicht mehr verbaut. Dennoch befinden delte es sich um eine Waschmaschine des zer keine unangenehmen Überraschungen sich sehr viele Waschmaschinen in den Typs „AEG Lavamat 412780“. Hergestellt zu erleben. Darauf weisen auch die Bedie- Haushalten, die einen solchen Schaden wurde der Toplader laut Fertigungsnum- nungsanleitungen der Geräte hin. Das IFS verursachen können. Ein Grund mehr, die mer des Typenschildes in der 27. KW 2002. empfiehlt darüber hinaus, bei Abwesenheit Schadenverhütungsregeln einzuhalten. die gesamte Wasserinstallation von Haus oder Wohnung abzusperren. Unterstützt durch die Recherchemöglichkeiten in der IFS-Schadendatenbank, hat das IFS bei diesem Waschmaschinentyp eine Schadenhäufung festgestellt. Der anschließend kontaktierte Hersteller wurde auf das Problem hingewiesen. Dipl.-Ing. (FH) Martin Lütke Lanfer Institut für Schadenverhütung und Schadenforschung der öffentlichen Versicherer e.V. Standort München www.schadenprisma.de 13 14 1 2011 LEITUNGSWASSER Leitungswasserschaden, Video auf www.ifs-ev.org 3. IFS-Video zur Scha Leitungswasserschäden im Bereits zum dritten Mal verwandelte sich das Brandversuchshaus des Instituts für Schadenverhütung und Schadenforschung der öffentlichen Versicherer in Kiel zu einer Filmkulisse. Bei den ersten beiden Videos ging es um Feuerschäden. Brände, verursacht durch einen Wäschetrockner bzw. durch überhitztes Fett, wurden nachgestellt. Aber nicht nur Brände und deren Verhütung bewegen die Gebäudeversicherer. Vielmehr bereiten Leitungswasserschäden immer mehr Probleme. Überalterte Installationen und der Trend, immer mehr wasserführende Leitungen in Häusern zu verlegen, führen zu einem ständig steigenden Schadenaufkommen. Die Ursachen für die eigentlichen Schäden sind vielfältig. Sie lassen sich in die Kategorien Planungsfehler, Installationsfehler, Produktmangel und falsche Betriebsbedingungen einordnen. Abhilfe durch steuerbare Ventile Die unmittelbaren Defekte an Bauteilen von Installationen sind bei den Leitungswasserschäden das kleinere Problem. Die Schadenhöhe wird ganz wesentlich durch die Menge des austretenden Wassers bestimmt. Hierdurch ergibt sich eine Reihe von Folgeschäden, die für die Gebäudeeigentümer höchst ärgerlich und für den Versicherer teuer sind. Man stelle sich beispielsweise folgende Situation vor: Ein Keller wurde voll ausgebaut. Ein Arbeitszimmer mit Akten und Bibliothek befindet sich darin. Wenn infolge des Schadens der Keller vollläuft, werden Bücher, Akten und Möbel unter Umständen unbrauchbar. Möbel lassen sich neu kaufen, das Familienfotoalbum ist jedoch unwiederbringlich verloren. Wegen der notwendigen Trocknungsarbeiten ist das Haus unter Umständen wochenlang nur eingeschränkt zu nutzen. Um solchen Situationen vorzubeugen, schlägt das IFS den Einbau von elektrisch steuerbaren Ventilen in die Hauswasserinstallationen vor, die bei Wasseraustritt automatisch schließen. Für den Einbau solcher Ventile wird in diesem neuen Video geworben. Verschiedene Beiträge im schadenprisma, Hefte 2 bis 4 / 2010, berichteten bereits über Funktion, Nutzen und Anwendung solcher Ventile. www.schadenprisma.de LEITUNGSWASSER 1 2011 denverhütung IFS-Brandversuchshaus Neuer Film Im Video wird eingangs ein von einem Leitungswasserschaden betroffenes Haus gezeigt, das über drei Etagen durchfeuchtet wurde. So wird ein Eindruck vermittelt, wie die Folgen eines solchen Schadens für die Bewohner aussehen. Weiter sind typische Schadenursachen von Leitungswasserschäden ins Bild gesetzt. Ein flexibler Anschlussschlauch platzt nach einer Vorschädigung. Eine sich lösende Quetschverbindung wird ebenfalls gezeigt. Das sind Aufnahmen, die man selten sieht. Natürlich wird auch das Thema Frost aufgegriffen. Denn durch Frost entstehen jährlich viele Tausend Leitungswasserschäden. Wie sich ein Kupferrohr durch den bei Frosteinwirkung entstehenden Druck aufbläht und schließlich platzt, geben eindrucksvolle Bilder wieder. Ein weiterer Schadenklassiker wird im Video dargestellt: falsch angeschlossene, drucklose Wasserspeicher. Häufig werden diese Speicher falsch installiert und stehen deshalb ständig unter Druck. Bei der Erwärmung steigt der Druck weiter. Nach relativ kurzer Betriebsdauer platzen diese Speicher dann zwangsläufig und führen zu einem größeren Wasseraustritt. Schließlich werden die empfohlenen elektrisch steuerbaren Ventile in speziellen Einbausituationen vorgeführt und deren Nutzung dargestellt. Ziel ist es, die Verbreitung solcher Ventile weiter zu fördern. Das IFS und seine Mitgliedsunternehmen, die öffentlichen Versicherer, haben eine Reihe von Aktivitäten geplant, die diesem Ziel dienen. Dr. Rolf Voigtländer Geschäftsführer des Instituts für Schadenverhütung und Schadenforschung der öffentlichen Versicherer e. V., Kiel Wichtige Hinweise Auf der IFS-Internetseite www.ifs-ev.org kann man sich das Video anschauen. Videos mit höherer Auflösung können Interessierte unter der Postadresse des IFS kostenfrei bestellen. Nur für größere Mengen der zum Versand bereitstehenden DVDs wird ein Kostenbeitrag erhoben. Das Video ist auch bei www.youtube.com eingestellt. www.schadenprisma.de 15 16 1 2011 AKTUELLES SCHADENGESCHEHEN Flüssiggas – eine unterschätzte Gefahr Der hier besprochene Schadenfall verdeutlicht, dass im Umgang mit dem fossilen Energieträger Flüssiggas aufgrund dessen Gefahrenpotenzials alle vorgegebenen Sicherheitsvorkehrungen unbedingt einzuhalten sind. Wegen seines hohen Heizwertes und der Betroffen war eine Speisegaststätte mit vergleichsweise sauberen Verbrennung gilt angeschlossenem Hotel. Die Küche des Flüssiggas als hochwertiger und umwelt- Hauses lag im Keller. Während der Win- freundlicher Brennstoff. Leicht zu transpor- termonate ruhte der Betrieb und die mit tieren, lässt es sich auch abseits eines Flüssiggas betriebenen Küchengeräte wa- Gasversorgungsnetzes nutzen. Doch der ren „eingemottet“. Einsatz von Flüssiggas birgt Gefahren. Strömt Flüssiggas aus, sammelt es sich Schadenfall am Boden und kann mit der Luft ein explosionsfähiges Gemisch bilden. Die dabei Der Schaden ereignete sich an einem Tag zum Teil auch von erfahrenen Installateu- im Frühjahr. An diesem sollte ein Installa- ren unterschätzte Gefahr zeigt das nachfol- teur im Auftrag des Eigentümers die Gas- gende Schadenbeispiel: Küchengeräte für die kommende Saison wieder in Betrieb nehmen. Das Lager mit Bild 1 | Gasflaschenlager abseits der Küche. www.schadenprisma.de Bild 2 | Gas-Küchengeräte, die der Installateur in Betrieb nehmen sollte. 1 2011 260 Schema 1 | Volumenverhältnis flüssiges / gasförmiges Propan (Quelle: BGI 645). 1 flüssig gasförmig den Flüssiggasflaschen befand sich oberir- Schadenursachenermittlung gert sein Volumen auf etwa ein 260stel. Somit genügen schon kleinste Mengen disch etwa 30 m von der Küche entfernt. Bei der Inbetriebnahme öffnete der Instal- Mit der Ermittlung der Schadenursache flüssig ausströmenden Gases, um bei lateur die Absperrhähne im Flaschenlager wurde das Institut für Schadenverhütung dem sich ergebenden rund 260-fachen (Bild 1). Das Gas floss über fest installierte und Schadenforschung (IFS) beauftragt. Volumen der Gaswolke in Verbindung mit Leitungen zur Küche im Keller (Bild 2). Um Hinweise auf eine Leckage gasführender Luft ein zündfähiges Gemisch zu erzeugen die Gasleitungen und Gasgeräte zu ent- Anlagenteile ergaben sich bei der Untersu- (Schema 1). lüften sowie weitere Einstellarbeiten vorzu- chung des Schadenfalles nicht. Sowohl die nehmen, ließ der Installateur das Gas in die Vorratsflaschen als auch die Leitungen so- Ein Propan-Luft-Gemisch mit nur 2,1 Vol.-% Küche entweichen, ohne es in einer Nutz- wie die Gas-Küchengeräte waren dicht. Propan ist bereits explosionsfähig. Ein Liter flamme zu verbrennen. Dieser Vorgang Das Gas konnte somit nur beim Entlüften flüssiges Propan verdampft zu 260 Liter dauerte nach seinen Angaben etwa zwei der Leitungen und den nachfolgenden Ein- Propangas, welches demnach in Mischung bis drei Minuten. Kurze Zeit später gab es stellarbeiten in den Raum ausgetreten sein. mit Luft 12.400 Liter explosionsfähige At- eine massive Explosion. Die Druckwelle mosphäre ergeben kann. Bereits zehn Liter der Explosion entlastete sich durch das Flüssiggas besteht im Wesentlichen aus einer explosionsfähigen Atmosphäre sind Zerbersten von Fensterscheiben (Bild 3). Propan oder Butan beziehungsweise aus laut BGI 645 als gefährlich anzusehen. Auch die Tür zur Küche wurde aus der einem Gemisch dieser Gase. Als Begleit- Verankerung gerissen und stark deformiert gas bei der Förderung von Erdöl und Erd- Extrem riskant ist es, wenn Flüssiggas im (Bild 4). Der Installateur erlitt schwere Ver- gas oder bei der Erdölraffination fällt es flüssigen Aggregatzustand frei wird. Dem letzungen. Er wurde mit einem Rettungs- als Nebenprodukt an. Es wird unter Druck IFS sind weitere Fälle bekannt, bei denen hubschrauber ins Krankenhaus eingeliefert transportiert und gelagert. Ab einem Druck es auf diese Weise zu Schäden gekommen und überlebte glücklicherweise. von etwa 8 bar wird es flüssig und verrin- ist. So löste beispielsweise ein in Betrieb befindlicher, umgekippter Campingkocher einen großflächigen Brand in einem Carport aus. Das Gas war bei der liegenden Flüssiggaskartusche in flüssiger Form ausgetreten und hatte sich sogleich an der Nutzflamme entzündet. Bild 3 | Zerborstene Fensterscheiben. Bild 4 | Durch die Druckwelle der Explosion deformierte Tür. www.schadenprisma.de 17 18 AKTUELLES SCHADENGESCHEHEN 1 2011 20 m2 großer Raum 11-kg-Flasche 30 cm Schema 2 | Austretendes Flüssiggas verteilt sich zunächst überwiegend bodennah (Quelle: BGI 645). Vorschriftswidriges Verhalten Von besonderer Bedeutung für die Arbeits- drängt es und breitet sich fließend wie sicherheit sind die relativ hohen spezifi- Wasser aus. Dabei werden alle vertieften schen Dichten von Flüssiggasen im gasför- Stellen ohne Abflussmöglichkeiten völlig Das Entlüften der Leitungen in den Raum migen Aggregatzustand. Vergleicht man ausgefüllt und verbleiben so über längere widersprach den berufsgenossenschaft- die spezifische Dichte von Luft, Propan Zeiträume. Genau das wurde dem In- lichen Vorschriften. Zur Verwendung von und Butan bei 0 °C und Atmosphärendruck, stallateur im geschilderten Schadenfall Flüssiggas heißt es hierzu in der BGV D34: ergeben sich gemäß BGI 645 folgende zum Verhängnis. Die Küche im Keller war „Das beim Entlüften von Rohrleitungen Werte: unter Erdgleiche angelegt und das Gas austretende Gas-Luft-Gemisch oder Gas konnte nicht abfließen. Es sammelte sich ist gefahrlos abzuführen.“ • Luft 1,29 kg / m3 am Boden wie in einer Wanne an. Mit dem • Propangas 1,97 kg / m3 Luftsauerstoff bildete sich ein explosions- Konkretisiert wird diese Vorschrift in der • Butangas 2,59 kg / m3 fähiges Gemisch. Als Zündfunke kann z. B. zugehörigen Durchführungsanweisung. Hier der Schaltfunke eines Kühlschrankes ge- heißt es: „Gefahrlos bedeutet, dass das wirkt haben. Gas-Luft-Gemisch bzw. Gas mit einer Ausströmendes Flüssiggas ist schwerer Schlauchleitung ins Freie abgeleitet wird.“ als Luft und sinkt demnach zu Boden (Schema 2). Die dort vorhandene Luft ver- Einschätzung Literatur Berufsgenossenschaftliche Vorschriften: BGV D34 „Verwendung von Flüssiggas“ und zugehörige Durchführungsanweisung Berufsgenossenschaftliche Informationen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit: BGI 645 „Sichere Verwendung von Flüssiggas in Metallbetrieben“ www.schadenprisma.de Den geschilderten Schadenfall verursachte letztendlich der Leichtsinn des Installateurs. Bei Beachtung der entsprechenden Vorschriften hätte sich der Schaden verhindern lassen. Alfons Moors Institut für Schadenverhütung und Schadenforschung der öffentlichen Versicherer (IFS), Düsseldorf INFORMATION 1 2011 er Unersetzbare Kunst und Kulturgüt angemessen schützen Bei einer Veranstaltung der Westfälischen Provinzial Versicherung drehte sich alles um die Sicherung von Museen, Ausstellungen und Archiven. Anhand der im Kloster Bentlage im westfälischen Rheine angesprochenen Sicherheitsaspekte zeigten Experten Lösungswege auf. Blick für Gefahren schärfen Die Sicherung und Versicherung von Kunst- sowie Kulturgütern steht immer wieder im Mittelpunkt des Interesses. Spektakuläre Kunstdiebstähle, verheerende Brände oder unfassbare Katastrophen sind es, die für einige Tage oder Wochen die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich ziehen. An den Einsturz des Kölner Stadtarchivs am 3. März 2009 sei hier beispielhaft erinnert. Schnell werden Fragen laut, wie sich diese Ereignisse hätten verhindern lassen und ob die präventiven Maßnahmen im Vorfeld wirklich ausreichend waren. Für Annette Bockhorst, Hauptabteilung Schadenverhütung Firmenkunden der Westfälischen Provinzial, gehören die Beratung zu Bild 1 | Ein kleiner Beitrag zum Umweltschutz: Im Rahmen des Symposiums überreichte Annette Bockhorst dem Museumsamt des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) eine Wärmebildkamera. „Unser Ziel ist es, die Museen so ressourcenschonend wie möglich zu betreiben. Wir freuen uns, dass uns die Provinzial hierbei und somit beim Umweltschutz durch die Wärmebildkamera unterstützt“, betonte Stephan Brunnert, LWL-Museumsamt, der die Kamera entgegennahm. Mit dieser Kamera lassen sich beispielsweise Aussagen zum energetischen Zustand des Gebäudes direkt ablesen. technischen Präventionsmaßnahmen und durchgespielte Schadenszenarien zu ihrem täglichen Aufgabenfeld (Bild 1). Hand in Hand arbeitet sie mit ihren Kollegen aus dem Bereich Technische Versicherungen, um Risiken zu minimieren und eine Tarifierung sowie Versicherbarkeit zu ermöglichen. Gemeinsam mit dem Fachbereich hatte sie auch die Idee, ein Symposium auszurichten. Die Wahl des Veranstaltungsortes fiel auf das Kloster Bentlage. Das Kloster ist ein Paradebeispiel für ein umgesetztes Sicherungskonzept. Hier verdeutlichen eingebaute technische Präventionsmaßnahmen zum Einbruchdiebstahl- und Brandschutz, dass Klostermauern und moderne Technik sich nicht ausschließen müssen (Bild 2 und 3). Große inhaltliche Bandbreite Bild 2 | Das 1437 gegründete ehemalige Kreuzherrenkloster Bentlage hat sich als ein wichtiges Zentrum für zeitgenössische Kunst im Münsterland etabliert. Das Provinzial-Symposium widmete sich u. a. folgenden Fragen: • Wie sind Museen, Ausstellungen und Archive vor Brand, Einbruch, Raub und Naturgewalten zu sichern? Bild 3 | Klostermauern und moderne Sicherheitstechnik müssen sich nicht ausschließen. Architektonisch gut gelöst sind beispielsweise spezielle Nischen für Feuerlöscher, die das Gesamterscheinungsbild des ursprünglichen Schlafsaales nicht beeinträchtigen. • Wie sollte ein optimal zugeschnittener Versicherungsschutz aussehen und • warum macht der Aufbau eines ArchivNotfallverbundes Sinn? Als größter Kommunalversicherer der Region unterstützt die Westfälische Provinzial die bei ihr versicherten Kommunen bei der Beantwortung dieser Fragen. www.schadenprisma.de 19 20 1 2011 INFORMATION Kommunalarchive im Blick Bild 4 | Zusammen mit dem LWL- Archivamt für Westfalen hat die Westfälische Provinzial Versicherung eine Broschüre entwickelt, die die wirksame Vorbeugung gegen Schäden an Archivalien thematisiert. Viele kommunale Archive bewahren das historische und kulturelle Gedächtnis von Städten und Gemeinden. Oft werden Unikate verwahrt, die bei Verlust oder Zerstörung unersetzbar sind. Dies trifft auf Museen in kommunaler Trägerschaft sowie private Sammlungen ebenso zu. Prävention benötigt daher ein klares Konzept, das Christian Buschkotte, Leiter der Abteilung Technische Versiche- in den drei Grundelementen aus baulichen und organisatorischen rungen / Transport, stellte Versicherungskonzepte für Kunst- und Maßnahmen sowie elektronischen Sicherungen besteht. Eine vor- Kulturgüter vor. Einen Schwerpunkt seines Vortrages legte er ab durchgeführte Risikoanalyse, eine permanente Überprüfung auf die Absicherung von Kommunalarchiven. Denn die hier übli- und ggf. Anpassung des individuellen Sicherungskonzeptes gehö- che Inventarversicherung reicht zum Schutz wertvoller Unikate ren selbstverständlich dazu, damit sich Schadenverhütung auch nicht aus. Das Konzept der Provinzial zielt darauf ab, die mögli- langfristig auszahlt (Bild 4). chen Wiederherstellungskosten zu versichern (Bild 5). Kunstgenuss und Versicherbarkeit Dr. Mechthild Beilmann-Schöner, Leiterin der städtischen Museen Rheine, ging in ihrem Grußwort auf das Sicherheitskonzept des Klosters ein. Letzteres wurde in enger Zusammenarbeit mit der Provinzial erstellt. Ralf Mertens, Schadenverhütungsexperte bei der Provinzial, betonte, dass die kontinuierliche Beratung der Museen von hoher Priorität sei. Aus Sicht eines Sachversicherers wies er zudem auf das Spannungsfeld zwischen einem Höchstmaß an Sicherheit und akzeptablen Kosten hin. „Mit den richtigen Konzepten ist eine Symbiose zwischen Kunstgenuss und notwendiger, exzellenter Sicherung möglich“, unterstrich der Referent. Sicherungen ließen sich installieren, ohne den Betrachter der Kunst zu stören. Die Vorträge erläuterten, dass Kunst- und Kulturgüter vielfältigen Risiken ausgesetzt sind. Neben Naturgewalten, Feuer und Ein- Bild 5 | Durch einen Brand stark beschädigte Archivalien sind ein Horrorszenario für jeden Archivar. bruch ist Vandalismus eine große Gefahr, die es im Sicherungskonzept zu berücksichtigen gilt. Ein Highlight setzte Michael John, Technischer Leiter der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Teilnehmer waren begeistert der anschaulich erklärte, wie Risikomanagement in Museen aus- Bei einem abschließenden Rundgang durch die Klosteranlagen sieht. „Es muss nicht immer ein Jahrhunderthochwasser sein oder konnten sich die Gäste ein Bild von dem Sicherheitskonzept des ein großer Brand. Auch kleine Schäden können Sie im Alltag im Klosters machen. Nebenbei blieb viel Raum für einen intensiven Museum überraschen“, hob John hervor und machte deutlich, wie Erfahrungsaustausch: „Die sehr positive Resonanz und die an- solchen Überraschungen vorgebeugt werden kann: Neben einer regenden Diskussionen zeigen uns, dass wir unseren Gästen die angemessenen Risikoanalyse seien detaillierte Checklisten und unterschiedlichen Facetten der Schadenverhütung nahe bringen Handlungsempfehlungen zu erarbeiten. Bei der gesamten Notfall- konnten“, freute sich Annette Bockhorst, Initiatorin des Symposi- planung sei es zudem unerlässlich, sich kontinuierlich von Spezia- ums. listen, wie der örtlichen Feuerwehr, beraten zu lassen. Das in den Fachvorträgen dargebotene Themenspektrum begeisDr. Marcus Stumpf, Leiter des Archivamts vom Landschaftsver- terte mehr als 100 Mitarbeiter von Museen und Archiven, dem band Westfalen-Lippe, stellte die Überlegungen zum Aufbau eines kommunalen Gebäudemanagement sowie private Sammler. Notfallverbundes von Archiven und Bibliotheken am Beispiel Münster dar. Die Mitglieder solch eines Verbundes bündeln im Notfall ihre personellen sowie sachlichen Ressourcen und unterstützen sich beim Schutz des Kulturgutes. www.schadenprisma.de Lena Maßmeyer Ralf Tornau Westfälische Provinzial Versicherung, Münster INFORMATION 1 2011 IF Star 2010: Schadensarmer Einsatz bei einem Wohnungsbrand Seit 2008 ist die „Schadensarme Einsatztaktik“ bekannt. Eine Arbeitsgruppe mit Vertretern der AGBF, des DFV, des GDV und des WFV-D hat gemeinsam die Vermeidung von Schäden bei Feuerwehreinsätzen vorangetrieben. Auch die Feuerwehr der Stadt Kierspe (Nordrhein-Westfalen) hat sich durch Aus- und Fortbildungen der Schadensminimierung verschrieben. Mit der besonderen Vorgehensweise bei einem Wohnungsbrand hat sie sich am letztjährigen IF Star beteiligt und gewann den zweiten Preis. Bild 1 | Aufgrund der Wetterlage (Schnee) wurde der nächstliegende Überflurhydrant für die Wasserversorgung in die Planung mit einbezogen. Entfernung zwischen Hydrant und Einsatzstellen-Pumpe ca. 560 m, der Hydrant musste nicht eingesetzt werden. Einsatzgeschehen Nach tagelangen, teils heftigen Schnee- Bei dem Objekt handelte es sich um ein leistet. Wegen der Schneefälle und Tem- fällen herrschte zum Zeitpunkt der Alar- 1977 errichtetes, massiv ausgeführtes Ein- peraturen mierung ein Ostwind in der Stärke 3 – 4 familienhaus mit ausgebautem Dachge- ortsnahen Hydranten allerdings nicht ver- mit Temperaturen von –12 °C. Im gesamten schoss. Durch die Hanglage wurde dort fügbar. Der nächste Überflurhydrant (DN Stadtgebiet waren die Straßen mit einer der Kellerbereich als Einliegerwohnung 300) befand sich 600 m entfernt im Zu- dichten Schneedecke überzogen. Die Ein- ohne eigenen Zugang genutzt. fahrtsbereich eines Einkaufszentrums (Bil- waren die entsprechenden der 1 und 2). satzstelle lag innerhalb eines Wohngebietes am Stadtrand und war nur über eine Die Wasserversorgung war im Normalfall Sackgasse erreichbar. durch eine DN-100-Stichleitung gewähr- www.schadenprisma.de 21 22 1 2011 INFORMATION Bild 2 | Wegen falscher Anschrift war der RTW an der Einsatzstelle im Lerchenweg (Sackgasse) vorbeigefahren. LF 16 / 12 und LF 20 / 20 wählten ihre Aufstellung so, dass für ein Hubrettungsfahrzeug genügend Platz vorhanden war. Der Bereitstellungsplatz war auf dem Gelände einer Firma direkt an der Durchgangsstraße im Bereich der Zufahrt zur Einsatzstelle. bAlarmierung ne massive Brandbeaufschlagung zu se- Die Betreuung der aus dem Einsatzobjekt Während die Notrufabfrage eines ersten hen, die sich innerhalb der Wohnung geretteten sechs Personen im Alter von Anrufers in der Kreisleitstelle des Märki- auszubreiten schien. Bei der weiteren zwei bis 46 Jahren erfolgte in den Mann- schen Kreises in Lüdenscheid ablief, mel- Erkundung innerhalb des Gebäudes traf schaftstransportwagen der Feuerwehr. Die dete sich auch der Eigentümer. Er wies der Einsatzleiter den Eigentümer und sei- anwesenden Notärzte behandelten zu- konkret auf einen Wohnungsbrand hin und nen 17-jährigen Sohn beim Verlassen der nächst Vater und Sohn, ehe das DRK sie teilte mit, dass sich noch sechs Personen Brandwohnung an. Nach dem Schlie- dem Klinikum Lüdenscheid zuführte. Nach im Gebäude befanden. ßen der Wohnungstür brachte er sie nach einem Tag der Beobachtung konnten sie draußen. dieses jedoch wieder verlassen. Die übri- Aufgrund der „Menschenleben in Gefahr“ gen Familienmitglieder verbrachten die alarmierte die Leitstelle daraufhin die bMenschenrettung Löschzüge I und II der Feuerwehr Kierspe. Die Einsatzkräfte des eingetroffenen LF Den bei einer Fortbildung weilenden B- 16/12 sollten die Menschenrettung im Ge- bBrandbekämpfung Dienst ersetzte der zuständige A-Dienst. bäude durchführen. Freie Kräfte hatten Den Einsatzauftrag für die Brandbekämp- Die Bereitstellung der Rettungsmittel über- mobile Rauchverschlüsse in der Tür zur fung durch ein gewaltsam zu öffnendes nahmen die Rettungswache Meinerzha- Brandwohnung sowie im oberen Bereich Fenster im Kellerwohnungsbereich erhielt gen, das DRK Kierspe sowie die Notärzte der Treppe zu setzen und einen Lüfterein- der Löschzug II mit dem C2-Dienst. Durch aus Kierspe und Lüdenscheid. satz vorzubereiten. Im Erd- und Ober- die in Kierspe mit einem Löschmittel- geschoss war die Evakuierung aufgrund behälter von 2.000 Liter vorgehaltenen von Rauchfreiheit ohne Atemschutz vorzu- Löschgruppenfahrzeuge stand ihm in der Der die Einsatzstelle erreichende A-Dienst nehmen. Zugleich sollte die zunehmende Anfangsphase eine ausreichende Lösch- führte eine erste Erkundung außerhalb Verrauchung des Kellerflur- und des Wohn- wassermenge zur Verfügung. des Gebäudes durch. Hinter einem ver- bereiches im Erdgeschoss unterbunden schlossenen Fenster war in einem Wohn- / werden. bErkundung Schlafraum der Kellereinliegerwohnung ei- www.schadenprisma.de Nacht bei Verwandten. Nach Öffnen des Fensters stieg ein erster verstärkter Angriffstrupp ( 1 : 2 ) – ausgerüs- INFORMATION 1 2011 Bild 3 | Grundriss des Untergeschosses. tet mit Hohlstrahlrohr und Wärmebildkamera – in die Wohnung ein. Bedingt durch die unzureichende Luftzufuhr war mittlerweile die Brandintensität deutlich einer verstärkten dunklen Rauchentwicklung gewichen. Dem Angriffstrupp war die Orientierung innerhalb der Wohnung erschwert bzw. fast unmöglich. Gleichzeitig wirkte ein Lüfter einem eventuellen Ausbreiten der Rauchgase durch Erzeugen eines leichten Überdruckes in Richtung Keller und Brandraum entgegen. Mithilfe der Wärmebildkamera konnte der Angriffstrupp gezielt die Glutnester im Brandraum ablöschen. Durch das Öffnen eines weiteren Fensters besserten sich die Sichtverhältnisse in kurzer Zeit. Noch brennende, auf die Terrasse beförderte Gegenstände ließen sich dort mit einem weiteren Hohlstrahlrohr ablöschen. Innerhalb der Brandwohnung blieb der Löschmitteleinsatz auf ein Minimum begrenzt (Bilder 3 und 4). Bild 4 | Der Standort des Lüfters befand sich am Eingang des Erdgeschosses. Das Gelände zur Einsatzstelle (in Rot dargestellt) hat einen Höhenunterschied von ca. 2,50 m. www.schadenprisma.de 23 24 INFORMATION 1 2011 Einsatztaktik Schadensminimierung • Trotz geringer Rauch- und Rußverun- die Mitwirkung des Sachverständigen als reinigungen im Kellerflur war solch ein fester Bestandteil des Ausbildungspro- Die Stadt Kierspe entwickelte im Jahr 2007 Schadenseintrag im Erd- oder Dach- gramms der Einsatzkräfte sowie der Füh- aufgrund eines entsprechenden Vortrages geschoss nicht festzustellen. rungskräfte. ein Aus- und Fortbildungskonzept zur Fazit Schadensminimierung. In den folgenden • Schäden durch Löschmaßnahmen oder Jahren wurde es eingeführt. Mit der Um- Löschmittel (Wasser, Schleifspuren von Eine langfristig erfolgreiche Änderung der setzung des Konzeptes sollten die Feuer- Schläuchen im Erdgeschoss, sonstige Einsatztaktik setzt eines voraus: wehrleute routiniert die geeignete Ein- Verunreinigungen) waren nicht vorhan- satztaktik abwägen können. Eine Reihe den. von Ausbildungsmaßnahmen trug dazu bei (z. B. Hohlstrahlrohre, Überdruckbelüftung und Mobiler Rauchverschluss). Außerdem bei der Laufbahnausbildung und zugleich • Die Wasserschäden innerhalb der Brandwohnung waren sehr gering. erfolgte die Ausstattung der Löschgruppenfahrzeuge mit Hohlstrahlrohren und in der Führungskräfteausbildung thematisiert sein. Ein Abweichen von der derzeitigen Ausbildung zur Einsatztaktik ist • Die Hauptwohnung war ohne Unterbrechung weiter zu nutzen. Rauchverschluss. Die Schadensminimierung muss bereits möglich. Der bauliche Zugang (Wohnungs- und Haustür) zum Einsatzort muss nämlich nicht der erste Angriffsweg sein. Für die Kräfte des C-, B- und A-Dienstes • Im Kellerbereich befindliche Elektroge- wurden zusätzliche Fortbildungsmaßnah- räte, wie beispielsweise Waschmaschi- men (u. a. Referate Brandschadenermitt- ne, Trockner usw., konnten weiter ver- lung) und Workshops zum Thema Scha- wendet werden. densminimierung anberaumt. Die hier Vielmehr sollte er nur als einer von eventuellen Angriffswegen gelehrt werden. Ferner ist es aus unserer Ausbildungs- und Einsatzerfahrung heraus notwendig, zu- erworbenen Kenntnisse sollten sie in der • Durch die angewandte Einsatztaktik ließ entsprechenden Funktion verwenden kön- sich der Gesamtschaden auf eine fünf- chenden nen. stellige Summe minimieren. Wärmebildkamera, Rauchverschluss) aus- mindest den Angriffstrupp mit entspreGerätschaften (Hohlstrahlrohr, zurüsten. Innerhalb der Trupps sollte eine Bestandene Bewährungsprobe • Bis auf das gewaltsam geöffnete Fenster genaue Aufgabenverteilung durch ent- In den Jahren 2007 / 2008 intensiviert, führ- verursachte die Feuerwehr keine weite- sprechende Übungen zur Routine werden. te die Ausbildung zur Schadensminimie- ren Folgeschäden (Bild 5). Die Akzeptanz bei den Einsatzkräften erhöhen zwei Maßnahmen: rung bei Zimmer- und Wohnungsbränden in dem genannten Brandfall zu einem Noch während der Abwicklung des Brand- ersten sichtbaren Resultat. Bereits am schadens nahm der Sachverständige Kon- Eine erläuterte Aufbereitung des Einsatz- Morgen nach der Wiederherstellung der takt zur Einsatzleitung auf. Für ihn war es ablaufes durch den Einsatzleiter gehört Stromversorgung konnte die Familie des wichtig, sich über die in seiner fast 20- ebenso dazu wie die Schilderung der ers- Hauseigentümers in ihr Haus zurück- jährigen Berufslaufbahn erstmalig ange- ten Einsatzlage durch den Angriffstrupp. kehren. In der darauffolgenden Woche be- troffene Einsatztaktik informieren zu las- gutachtete der durch die entsprechende sen. Anfängliche Gespräche drehten sich Versicherung eingeschaltete Sachverstän- um den Sinn und Zweck der vor Ort ge- dige das Brandobjekt mit folgendem Er- troffenen Einsatzmaßnahmen. gebnis: Im Hinblick auf eine fortlaufende Schulung zur Schadensverhütung hat sich zusätzlich Folgendes angeboten: www.schadenprisma.de Georg Würth Leiter der Feuerwehr, Stadt Kierspe INFORMATION 1 2011 Bild 5 | Rauchbeaufschlagung im hinteren Bereich des Balkons, vor dem Fenster der Brandschutt. Stadt und Feuerwehr Kierspe Mit ihren etwa 18.500 Einwohnern ge- Den Kernbereich decken die Löschzüge I richtet (C-Dienst: Führungskraft mit Zug- hört Kierspe zu den kleineren Städten im und II ab, während die beiden anderen führerqualifikation, B-Dienst: Führungs- Märkischen Kreis. In der Kernstadt leben Löschzüge kraft mit Verbandsführerqualifikation, A- mehr als 11.000 Menschen. Die übrigen Brandschutz in den Ortsteilen sicherstel- sind auf drei Ortsteile und eine Vielzahl len. Im Jahresverlauf hat die Feuerwehr von kleineren Dörfern verteilt. ein ungefähres Einsatzaufkommen von An Einsatzstellen agierend und Einsatz- 180 Einsätzen zu bewältigen. kräfte führend kann lageabhängig eine an drei Standorten den Dienst: Leitung der Feuerwehr). Erweiterung von Kleineinsätzen bis zu ei- Die in vier Löschzüge gegliederte Freiwillige Feuerwehr der Stadt besteht aus- Seit 2004 hat die Feuerwehr einen drei- schließlich aus ehrenamtlichen Kräften. stufigen Einsatzführungsdienst ner stabsmäßigen Führung erfolgen. einge- www.schadenprisma.de 25 26 1 2011 IFS SCHADENBEISPIEL Tauwetter bringt Schaden zum Vorschein Die geborstene Leitung an einem Gas- lag die Bruchstelle, aus der Wasser ge- te Frost in diesem Gebiet ein. Als die Au- Wärmetauscher hatte zu einem Lei- laufen war (Bild 2). Der Gutachter unter- ßentemperatur wieder stieg, wurde der tungswasserschaden geführt. Im IFS- suchte den Riss. Es gab an der Rohr- Wasserschaden bemerkt. Labor untersuchte ein Gutachter das innenwand keine Hinweise auf Korrosion. Gerät auf die Schadenursache. Er fand Doch in diesem Abschnitt war das Mate- zwei auffällige Verformungen: rial nach außen gewölbt. Die Wandstärke Die erste lag am Wasserschalter, der bei Dieser Verlauf ist typisch: betrug nur noch 0,1 mm anstelle des ur- Frost wirkt auf eine Leitung ein, Eis ent- sprünglichen Wertes von 1 mm. steht und lässt den Druck in Bereichen, in denen sich noch flüssiges Wasser befin- der Wasserentnahme die Gaszufuhr freigab. Die innen liegende Membran zwi- Die Verformungen mussten durch einen det, extrem ansteigen. Es kommt zu Ver- schen der gusseisernen Abdeckung und langsamen Druckanstieg in der Leitung formungen und schließlich zum Bruch. dem unteren Teil war herausgequollen. entstanden eine Eventuell tritt bereits etwas Wasser aus der Beschädigung von außen gab es nicht Bruchstelle. Doch erst, wenn das Wasser (Bild 3). in der Leitung wieder taut, fließen größere Die mit drei Schrauben fixierte Abdeckung sein. Anzeichen für Mengen heraus, und der Schaden wird be- zeigte eine leichte Verformung, sodass ein Spalt zwischen den beiden Teilen entstan- Frost hatte zu dem Schaden geführt. den war (Bild 1). Auch die Einbausituation unterstrich dies: Die zweite auffällige Stelle befand sich im Die Therme war in einer Ferienwohnung in- oberen Bereich des Wärmetauschers, wo stalliert gewesen, die zum Schadenzeit- das zu wärmende Wasser mehrfach durch punkt nicht genutzt wurde. Etwa zwei Kupferrohrleitungen geführt wurde. Hier Wochen vor der Schadenentdeckung setz- merkt. Eine ausreichende Beheizung hätte diesen www.schadenprisma.de Schaden verhindern können. IFS Kiel IFS SCHADENBEISPIEL 1 2011 27 Herausgeber: Verband öffentlicher Versicherer Hansaallee 177 40549 Düsseldorf Ansprechpartner: Michael Schmitz Tel.: 02 11/45 54 242 Fax: 02 11/45 54 45 242 www.voev.de [email protected] Zeitschrift für Schadenverhütung und Schadenforschung der öffentlichen Versicherer www.schadenprisma.de [email protected] Redaktionsleiter: Dipl.-Ing. Hartmut Heyde Am Karlsbad 4-5 10785 Berlin Tel.: 0 30/26 33 353 Fax: 0 30/26 33 14 353 Redaktion: Dipl.-Chem. Harald Herweg Dipl.-Päd. Irene Kölbl Dirk Rust Dipl.-Phys. Klaus Ross Dipl.-Ing. Arno Vetter Dr. Rolf Voigtländer Vom Verfasser namentlich gekennzeichnete Beiträge brauchen nicht mit der vom Herausgeber vertretenen Auffassung übereinzustimmen. Wird der Name einer Firma, eines Produkts oder eines Verfahrens erwähnt, gilt das nicht als Empfehlung. Mit dem Autorenhonorar sind auch die verlagsseitige Verwertung, Nutzung und Vervielfältigung des Beitrags und der Fotomaterialien, z. B. im Internet, und eine Aufnahme in Datenbanken abgegolten. Fotonachweis: Provinzial Rheinland Versicherung AG (7– 9) IFS (11, 12, 14, 15, 26, 27) A. Moors (16 –18) Westfälische Provinzial (19, 20) Feuerwehr Kierspe (21– 25) Titelfoto: © Howard Sandler – Fotolia.com Gestaltung und Layout: Saga Werbeagentur GmbH Albrecht-Thaer-Straße 10 48147 Münster Tel.: 02 51/23 00 10 Fax: 02 51/23 00 111 Internet: www.saga-werbeagentur.de Verlag, Druck, Auslieferung: Thiekötter Druck GmbH & Co. KG An der Kleimannbrücke 32 48157 Münster Tel.: 02 51/14 14 60 Fax: 02 51/14 14 666 Auflage: 14.500 Exemplare Dieses Heft ist auf chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt. ISSN-0343-3560 Dieser Schaden ist auf der Internetseite des IFS www.ifs-ev.org unter der Rubrik Informationsangebote / Schadenfälle Feuer bzw. Schadenfälle Technik veröffentlicht. Sie finden dort jeweils 30 Schadenfälle beschrieben, die regelmäßig aktualisiert werden. www.schadenprisma.de