24.10 Aufsicht in der Kindertagesstätte

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24.10 Aufsicht in der Kindertagesstätte
Aufsicht, Sicherheit, Fürsorge 24
Teil 2
Aufsicht in der Kindertagesstätte 24.10
24.10 Aufsicht in der Kindertagesstätte
Grundsätzliche Bemerkungen
Inhaltsübersicht
1. Problemstellung
2. Grundlagen der Aufsichtspflicht
3. Zweck der Aufsicht
4. Umfang der Aufsicht
5. Aufsicht während besonderer
Veranstaltungen
6. Mögliche Folgen von
Aufsichtspflichtverletzungen
1. Problemstellung
Die größte Befürchtung des erzieherischen Personals der
Kindertagesstätten ist es, dass die Aufsichtspflicht verletzt
wird und infolgedessen ein Kind zu Schaden kommt. Diese
Furcht wird dadurch genährt, dass Inhalt und Umfang der
Aufsichtspflicht gesetzlich nicht geregelt sind. Bezeichnenderweise erwähnt das Bürgerliche Gesetzbuch die Aufsichtspflicht unmittelbar auch nur einmal und dann im
Zusammenhang mit (zivilrechtlicher) Haftung.1
Was im Einzelnen zur Aufsichtspflicht gehört, wurde deshalb von der Rechtsprechung entwickelt, wobei zu beachten ist, dass es sich stets um Einzelfallentscheidungen handelt, die nur mit gewissen Einschränkungen verallgemeinerungsfähig sind. Es können deshalb im Folgenden auch nur
Hinweise gegeben und kein fertiges Rezept präsentiert
werden, was im Einzelnen zu beachten ist.
2. Grundlagen der Aufsichtspflicht
Nach § 1631 Abs. 1 BGB ist die Aufsichtspflicht Bestandteil der elterlichen Personensorge. Durch die Anmeldung
in der Kindertagesstätte übertragen die Eltern die Aufsichtspflicht für die Betreuungszeit dem Kindertagesstättenträger. Das kann entweder hoheitlich oder privatrecht1. Vgl. § 832 BGB.
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lich erfolgen, je nachdem, welcher Natur das Rechtsverhältnis ist. Der Träger ist als juristische Person aber nicht in
der Lage, diese übernommene Aufsichtspflicht selbst auszuüben. Er delegiert diese Pflicht durch die Arbeitsverträge auf das sozialpädagogische Personal in seinen Einrichtungen. Dabei obliegt es dem Träger, seine Mitarbeiter
sorgfältig auszuwählen, ihre Eignung zu überprüfen, ihre
Einarbeitung sicherzustellen, Fortbildungsangebote zu
machen, wichtige Informationen weiterzugeben und die
Beschäftigten nicht zu überfordern.
Das Personal ist rechtlich gesehen, Erfüllungsgehilfe des
Kindertagesstättenträgers. Den Leitungskräften kommt
dabei besondere Bedeutung zu, da sie unmittelbar für den
Personaleinsatz verantwortlich sind. Sie müssen als Vorgesetzte den Dienstbetrieb regeln und u. a. dafür sorgen, dass
neue Mitarbeiterinnen sorgfältig eingewiesen und auf mögliche Gefahrenquellen hingewiesen werden.
3. Zweck der Aufsicht
Prävention
Die Aufsicht dient zunächst dem präventiven Schutz. Sie
soll sicherstellen, dass im Kindertagesstättenbetrieb sonst
zu befürchtende Personen- und Sachschäden nach Möglichkeit vermieden werden. Damit dient die Aufsicht den
Interessen der Kinder und ihrer Eltern, sowohl in ideeller
als auch in materieller Hinsicht. Kein Kind soll Schaden an
Körper oder Eigentum erleiden. Daneben bezweckt sie
auch den Schutz des Kindertagesstättenträgers vor Sachschäden am Gebäude und der Erzieherinnen vor möglichen Personen- oder Sachschäden. Und schließlich sollen
auch Dritte vor solchen Schäden bewahrt werden.2
In der Absicht, Kinder der Kindertagesstätte vor möglichen Verletzungen zu bewahren, ist die Pflicht zur Aufsicht
2. OLG Düsseldorf, Urteil vom 12. Oktober 1995 – 18 U 225/94 – VersR
1996, 710. Vgl. OLG Celle, Urteil vom 12. Juli 1965 – 5 U 77/64 – NJW
1966, 302.
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auch gleichzeitig Ausdruck der Fürsorge. Das bedeutet im
Ergebnis nichts anderes, als dass mit der Aufsicht die
Sicherheit der von den Eltern der Kindertagesstätte anvertrauten Kinder gewährleistet werden soll.
Diese Schutz- und Fürsorgefunktion ist von besonderer
Bedeutung, weil die Eltern und sonstigen Erziehungsberechtigten zumindest beim Besuch von Kindergärten in
öffentlicher Trägerschaft den gesetzlich normierten
Rechtsanspruch auf Betreuung ihrer Kinder nach § 24
Satz 1 SGB VIII geltend machen und einlösen. Für den
Krippen- bzw. Hortbereich gilt im Ergebnis nichts anderes, denn nach § 24 Satz 2 SGB VIII ist für ein bedarfsgerechtes Angebot an entsprechenden Plätzen zu sorgen.
Die Aufsicht ist natürlicher Bestandteil der in der Kindertagesstätte geleisteten Erziehungsarbeit: Durch die Aufsicht werden die Kinder dazu angehalten, ihr Verhalten so
auszurichten, dass sie weder sich selbst noch andere Personen oder deren Eigentum schädigen. So verstanden bedeutet Aufsicht, den Umgang der Kinder mit sich selbst, mit
anderen Menschen und mit fremden Sachen in einer Weise
zu regeln, die ein gedeihliches Miteinanderleben – jedenfalls innerhalb der Kindertagesstätte – ermöglicht.
Erziehungsarbeit
4. Umfang der Aufsicht
§ 22 SGB VIII verpflichtet die Kindertagesstätten, die ihr
anvertrauten Kinder zu betreuen, zu bilden und zu erziehen. Dabei steht die Entwicklung des Kindes zu einer
eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit im Mittelpunkt. Die Aufsichtspflicht dient der Verwirklichung dieser gesetzlichen Vorgabe; sie ordnet sich
damit dem gesetzlichen Auftrag unter. Sie ist Mittel zum
Zweck.
In zeitlicher Hinsicht erstreckt sich die Aufsichtspflicht auf
die Betreuungszeit. Sie beginnt mit der Inobhutnahme
beim Eintreffen der Kinder in der Einrichtung und endet
zeitlicher
Aspekt
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mit dem Entlassen am Ende der Betreuungszeit. In
Ermangelung einer gesetzlichen oder vertraglichen Regelung besteht keine Aufsichtspflicht über Kinder, die sich
auf dem Weg zum oder vom Kindergarten befinden.3 Kinder, die sich unerlaubt vom Gelände entfernen, unterliegen
weiter der Aufsichtspflicht.4
Die Aufsicht erstreckt sich auf alle Bereiche, die mit dem
Betrieb der Kindertagesstätte im Zusammenhang stehen.
Im Einzelnen sind das
die gesamte innerhalb der Kindertagesstätte durchgeführte
Betreuung,
innerhalb der Betreuungszeit zurückgelegte Wege und
alle besonderen Veranstaltungen (Ausflüge, Wanderungen
o. Ä.).
inhaltliche
Anforderungen
Umfang und Inhalt der Aufsicht entsprechen einer Gleichung mit mehreren Unbekannten. Der Bundesgerichtshof
sagt: „Das Maß der gebotenen Aufsicht bestimmt sich nach
Alter, Eigenart und Charakter des Kindes sowie danach,
was den Eltern in ihren jeweiligen Verhältnissen zugemutet werden kann. Entscheidend ist, was verständige Eltern
nach vernünftigen Anforderungen unternehmen müssen,
um die Schädigung [in diesem Fall] Dritter durch ihr Kind
zu verhindern.“5 Die inhaltlichen Anforderungen an
berufsmäßig tätiges Erziehungspersonal sind dabei naturgemäß höher als an die Eltern, die die Erziehungsarbeit
ohne eine derartige Ausbildung leisten müssen. Als pädagogischer Mitarbeiter in einer Kindertagesstätte wünscht
man sich allerdings manchmal, dass Eltern, bevor sie Kin3. LG Bielefeld, Urteil vom 21. März 1979 – 2 Ns 10 Ls 21 Js 929/77. Abgedruckt in Pantel, Fürsorge und Aufsicht in Kindergärten und Kindertagesstätten, I II 29.
4. BSG, Urteil vom 30. Juni 1998 – B 2 U 20/97 R – NZS 1999, 42.
5. Urteil vom 1. Juli 1986 – VI ZR 214/84 – NJW-RR 1987, 13: Siebenjähriges Kind spielt mit Feuerzeug.
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der in die Welt setzen, ebenfalls eine entsprechende Ausbildung machen müssen. Manche Probleme gäbe es dann
im Betreuungsalltag nicht oder weniger stark ausgeprägt.
Art und Umfang der Aufsichtsführung sind also inhaltlich
insbesondere abhängig von den folgenden Faktoren:
Alter der Kinder
Jüngere Kinder benötigen mehr Aufsicht als ältere Kinder, da sie viele Gefahren nicht erkennen, unberechenbar
handeln und oft die Folgen ihres Verhaltens mangels
Erfahrung nicht abschätzen können.
Alter
Entwicklungsstand der Kinder
Wichtiger als das Alter ist ein Überblick über den körperlichen, geistigen, emotionalen und sozialen Entwicklungsstand. Unerlässlich sind insoweit Informationen über
Gesundheitsschäden, Behinderungen, Allergien und
andere einschlägige Informationen, die von den Eltern
abgefragt werden müssen. Kinder, die erst seit kurzem in
der Einrichtung sind, verlangen mehr Aufsicht, da ihr Verhalten noch nicht abschätzbar ist. Unreife, entwicklungsverzögerte Kinder sind ebenfalls anders zu beaufsichtigen
als selbstständige, gehorsame Kinder.
Entwicklungsstand
Charakter der Kinder
Kinder, die durch aggressives Verhalten auffallen6, zu
üblen Streichen7 oder zum unerlaubten Entfernen8 neigen, bestimmte schadensstiftende Verhaltensweisen schon
6. BGH, Urteil vom 10. Oktober 1995 – VI ZR 219/94 – NJW 1995, 3385.
7. BGH, Urteil vom 27. Februar 1996 – VI ZR 86/95 – NJW 1996, 1404.
8. AG Hamburg, Urteil vom 8. November 2002 – 145-27/02 und 145
Ds/4005 Js 864/01. Abgedruckt in Pantel, Fürsorge und Aufsicht in Kindergärten und Kindertagesstätten, I II 26.
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Charakter
einmal an den Tag gelegt haben9 oder die eigenen Fähigkeiten überschätzen, erfordern ein erhöhtes Maß an Aufsicht.
Größe und Zusammensetzung der jeweils betreuten
Gruppe
Gruppengröße
Die unterschiedlichen Charaktere und Entwicklungsstände der betreuten Kinder haben Einfluss auf die gebotene Aufsicht. Besonders bei altersgemischten Gruppen
wird dies von erheblicher Bedeutung sein. Gruppen erzeugen eine eigene Dynamik, die das Verhalten des einzelnen
Kindes sehr stark beeinflussen kann. Die natürliche
Hemmschwelle wird herabgesetzt.
Äußere Faktoren
Hier spielen u. a. Umgebung, Spielmöglichkeiten, Gefährlichkeit einer Veranstaltung eine Rolle.
Inhalt und Umfang der Aufsichtspflicht lassen sich demnach nicht abstrakt festlegen, sondern richten sich stets
nach den besonderen Anforderungen der jeweiligen Situation. So ist beispielsweise die Erzieherin für alle in ihrem
Gruppenraum befindlichen Kinder verantwortlich oder
auch für die Kinder, die sich an einem von ihr durchgeführten Projekt beteiligen. Darüber hinaus muss die
Erzieherin aber auch tätig werden, wenn sie außerhalb
ihres gerade aktuellen Einsatzbereiches eine gefährliche
Situation erkennt und es an einem Eingreifen der an sich
zuständigen Erzieherin fehlt.
Kinder, die in einer Spielecke sitzen und mit Legosteinen
bauen, erfordern eine andere Art der Aufsicht als Kinder,
die im Rahmen von Papierbastelarbeiten mit Scheren und
Kleber hantieren. Ähnliches gilt für kleine Kinder, die den
Umgang mit Messer und Gabel erlernen. Dabei sind die
9. OLG Köln, Urteil vom 20. Mai 1999 – 7 U 5/99 – MDR 1999, 997.
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Kinder unter Berücksichtigung des Erziehungsauftrages
mit den typischen Eigenarten einer Beschäftigung vertraut
zu machen, damit sie lernen, die damit verbundenen
Gefahren einschätzen und beherrschen zu können.
Gruppenspezifische Faktoren spielen ebenfalls eine Rolle.
Kindergruppen erfordern eine andere Beaufsichtigung als
einzelne Kinder. Insoweit ist das zahlenmäßige Verhältnis
zwischen Erziehern und betreuten Kindern zu berücksichtigen. Hierbei kommt den in Richtlinien aufgestellten
Richtwerten für Gruppengrößen und Personalschlüsseln
ein bestimmtes Gewicht zu. Bei der begründeten Gefahr
einer wesentlichen Überschreitung dieser Werte (z. B.
durch Erkrankung von Mitarbeitern) ist die Kindertagesstättenleiterin verpflichtet, den Einrichtungsträger unverzüglich einzuschalten und auf Abhilfe zu dringen.
Besonderes Augenmerk wird auf die wechselnde Gruppenzugehörigkeit bei der so genannten offenen Gruppenarbeit zu legen sein. Durch den Wechsel von einer Gruppe
zu einer anderen ist durch ein Ab- und Anmeldesystem zu
verhindern, dass „Aufsichtslöcher“ entstehen, innerhalb
derer die Kinder außerhalb der Kontrolle der Erzieherinnen geraten.
Einen ähnlich sensiblen Umgang erfordert die Übertragung der Aufsichtspflicht auf ein Erzieherteam. Hier ist
eine klare und eindeutige Regelung über die Zuständigkeiten in Bezug auf die Ausübung der Aufsichtspflicht
unerlässlich, um im Schadensfall ein Hin- und Herschieben der Verantwortlichkeit zu vermeiden. Letzteres führt
nämlich regelmäßig dazu, dass unabhängig von der Verantwortlichkeit einzelner Mitarbeiterinnen die Einrichtung an sich ihrer Aufsichtspflicht nicht nachgekommen
ist. Rechtlich gesehen, wird das als Organisationsverschulden gewertet, das dann der verantwortlichen Kindertagesstättenleiterin anzulasten wäre.
Gruppengröße
offene
Gruppenarbeit
Erzieherteam
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Weiterhin richten sich Art und Umfang der Aufsicht nach
den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten. Dabei sind u. a.
die Lage der Einrichtung, ihr baulicher Zustand, die Ausstattung der Gruppenräume sowie Lage und Gestaltung
des Außengeländes in Betracht zu ziehen.
Außengelände
Hilfspersonal
Für den Aufenthalt auf dem Außengelände gelten grundsätzlich die gleichen Erwägungen. Zusätzlich wird hier der
gegenüber dem Gruppenraum erheblich größere Aufsichtsbereich zu berücksichtigen sein. Die notwendige
Aufsicht muss hier engmaschig, im Abstand von wenigen
Minuten erfolgen.10 Abstände von 15 bis 20 Minuten sind
nicht ausreichend. Die Beaufsichtigung darf auch aus
einer gewissen Distanz erfolgen; der Standort ist jedoch so
zu wählen, dass im Notfall binnen weniger als 30 Sekunden eingegriffen werden kann.11 Im Freien aufgestellte
Spielgeräte müssen grundsätzlich zumindest durch Inaugenscheinnahme auf ihre Sicherheit hin überprüft werden.
Darüber hinaus sind Kinder durch entsprechende Hinweise zur regelgerechten Nutzung anzuhalten (z. B. durch
das Gebot, Rutschen nur vorwärts sitzend zu benutzen
o. Ä.). Ergeben sich bei der Benutzung Hinweise auf
Gefahrenquellen (z. B. Glasscherben im Sand), so ist auf
die Beseitigung hinzuwirken oder der Gefahrenbereich
abzusperren.
Daneben können weitere Personen mit der Wahrnehmung
von Aufsichtspflichten betraut werden. In Betracht kommen hier Praktikanten oder auch Eltern. Zu beachten ist
dabei, dass in diesen Fällen die auswählende Erzieherin
für die Auswahl der Aufsichtsperson fachlich verantwortlich ist. In welchem Umfang Personen für die Übernahme
von Aufsicht geeignet sind, wird sich vor allem danach
bemessen,
10. OLG Köln, a. a. O. Eine Überwachung auf „Schritt und Tritt“ wird allerdings ausdrücklich abgelehnt.
11. LG Berlin, Urteil vom 8. Dezember 1976 – 7 O 247/75. Abgedruckt in
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11.
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– ob und in welchem Umfang sie bereits zuvor in der Kindertagesstätte tätig waren,
– ob und in welchem Umfang Erfahrungen im Umgang
mit Kindern bestehen,
– ob sie bereit und in der Lage sind, mit den Erzieherinnen zusammenzuarbeiten,
– ob sie die zu betreuenden Kinder kennen.
Weitere Voraussetzungen für den Einsatz sind:
– Die Einsatzsituation muss klar abgegrenzt und einfach
zu bewältigen sein,
– die nötigen Informationen müssen gegeben sein,
– die Anweisungen müssen verständlich und eindeutig
sein und
– die Ausführung muss in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden.
5. Aufsicht während besonderer Veranstaltungen
Bei Ausflügen, Wanderungen oder ähnlichen Veranstaltungen kommen weitere Aspekte der Aufsichtspflicht
hinzu. So hat sich die Erzieherin sinnvollerweise mit den
örtlichen Gegebenheiten vorab vertraut zu machen. Daneben sollten die Veranstaltungen zuvor thematisch mit den
Kindern besprochen und auf mögliche Gefährdungen hingewiesen werden. Es empfiehlt sich, insbesondere bei der
Teilnahme am Straßenverkehr, bestimmte Verhaltensregeln festzulegen (z. B. paarweises Gehen auf dem Bürgersteig, Sammeln und Ordnen vor Erreichen der Straße)12
und diese vorher einzuüben.
Ausflüge
Wird beispielsweise mit einer Hortgruppe ein Schwimmbad besucht, so sollte vorab nachweisbar (z. B. durch bei
der DLRG erworbene Befähigungsnachweise) festgestellt
12. OLG Schleswig, Urteil vom 22. Juni 1994 – 9 U 95/93 – NZV 1995, 24.
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Schwimmbad
werden, welche Kinder schon schwimmen können und
welche nicht. Außerdem ist das vorherige Einholen einer
schriftlichen Einverständniserklärung der Eltern für die
Teilnahme unbedingt anzuraten. Im Übrigen sollten hier
mindestens zwei Erzieherinnen für jede Kindergruppe
(z. B. Schwimmer/Nichtschwimmer) eingesetzt werden.
Eine Aufsicht muss hier lückenlos erfolgen. Diese
Erkenntnisse lassen sich aus dem Urteil des LG Hanau
zum Schwimmbadunfall in Maintal13 ableiten.
6. Mögliche Folgen von Aufsichtspflichtverletzungen
Wie bereits ausgeführt, vertrauen die Erziehungsberechtigten ihre Kinder der Kindertagesstätte an und dürfen
dann davon ausgehen, dass die Kindertagesstätte ihrer
Verpflichtung, die Kinder vor Schäden zu bewahren, nachkommt. Wenn im Einzelfall dennoch Kinder im Rahmen
der Betreuung Schäden erleiden, sind diese ihnen gegenüber auszugleichen. Hierfür kommen mehrere Wege in
Betracht:
gesetzliche
Unfallversicherung
Zum einen sind alle Kinder während des Besuchs der Kindertagesstätte nach den Vorschriften des SGB VII über
die gesetzliche Unfallversicherung versichert. Dies bedeutet, dass alle Körperschäden, die ein Kind während der
Betreuung erleidet, durch die gesetzliche Unfallversicherung reguliert werden. Hierzu gehören auch die bei einem
Unfall aufgetretenen Sachschäden an medizinischen Hilfsmitteln, Kleidung o. Ä. Nicht ersetzt werden jedoch immaterielle Schäden. Es gibt also kein Schmerzensgeld.
Im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung ist es im
Übrigen unerheblich, ob der Unfall durch einen Verstoß
einer Aufsichtsperson gegen die Aufsichtspflicht eingetre13. Urteil vom 6. September 2000 – 3 Ns 42/2000, abgedruckt in Pantel, Fürsorge und Aufsicht in Kindergärten und Kindertagesstätten, I II 10. Vgl.
auch den Kommentar von Schmidt, ebenda. Das verunglückte Kind wurde
für ca. 15 Sekunden aus den Augen gelassen.
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ten ist. Die Haftung der gesetzlichen Unfallversicherung
ist insoweit verschuldensunabhängig. Maßgeblich ist
allein, ob der Unfall während des Kindertagesstättenbetriebes oder auf dem Weg von und zur Kindertagesstätte
eingetreten ist. Hat die Erzieherin den Unfall vorsätzlich14
oder grobfahrlässig15 herbeigeführt, kann der Träger der
gesetzlichen Unfallversicherung von ihr nach § 110
SGB VII den Ersatz der Aufwendungen verlangen.
Sofern der Schaden eines Kindes auf einen Aufsichtspflichtverstoß einer Aufsichtsperson zurückzuführen ist,
kann darüber hinaus ein Schadensersatzanspruch bei
öffentlich-rechtlichem Benutzungsverhältnis nach § 839
BGB in Verbindung mit Art. 34 GG, bei privatrechtlichem
Benutzungsverhältnis nach § 832 BGB in Verbindung mit
§§ 31, 89, 276 BGB gegen den Kindertagesstättenträger in
Betracht kommen. Leistungen, die die gesetzliche Unfallversicherung erbracht hat, werden auf den Schadensersatzanspruch angerechnet.
Liegen die anspruchsbegründenden Voraussetzungen vor,
trifft die Pflicht zum Schadensersatz den Arbeitgeber der
Erzieherin. Dieser leistet dem geschädigten Kind den
erforderlichen Schadensersatz. Ein Rückgriff auf die handelnde Erzieherin kommt dabei, soweit dem Arbeitsverhältnis der BAT16 zugrunde liegt, nur in Betracht, wenn
diese vorsätzlich oder grobfahrlässig gehandelt haben
sollte, was bei verantwortungsbewusst handelnden Erzieherinnen regelmäßig ausscheidet. Bei Arbeitsverhältnissen außerhalb der Geltung des BAT17 kann eine zumindest anteilige Haftung der Erzieherin bereits bei mittlerer
Schadensersatz
Regresshaftung
14. Also bewusst und gewollt.
15. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt
in besonders schwerem Maße verletzt worden ist, schon einfachste, ganz
nahe liegende Überlegungen nicht angestellt werden und das nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste, vgl. BGH,
Urteil vom 29. September 1992 – XI ZR 265/91 – NJW 1992, 3235 (3236)
m. w. N.
16. Gleiches gilt für BAT-O, BAT-KF, AVR.
17. Gleiches gilt für BAT-O, BAT-KF, AVR.
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Fahrlässigkeit18 in Betracht kommen. Gleiches gilt seit
dem 1. Oktober 2005 für Beschäftigte im Geltungsbereich
des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD), da
die alte Haftungsregelung des § 14 BAT in den neuen
Tarifvertrag nicht aufgenommen wurde.
In Fällen, in denen der Schaden durch das Verhalten eines
anderen Kindertagesstättenkindes herbeigeführt worden
sein soll, kann schließlich ein Schadensersatzanspruch nach
§ 823 BGB gegen das den Schaden verursachende Kindertagesstättenkind in Betracht kommen, soweit Verschulden
zugrunde gelegen hat.19 In der Praxis werden derartige
Fälle meist über die Haftpflichtversicherung der Erziehungsberechtigten reguliert werden können.
Abmahnung
Straftat
Arbeitsrechtlich können Verletzungen der Aufsichtspflicht, auch wenn kein Schaden eingetreten ist, mit einer
Abmahnung durch den Arbeitgeber geahndet werden.
Aufsichtspflichtverletzungen können schließlich auch strafrechtlich relevant werden. Hierfür ist Voraussetzung, dass
ein tatbestandsmäßiger Erfolg (Körperverletzung oder
Tod) eingetreten ist und der Erfolg auf einer Aufsichtspflichtverletzung beruht. Die Handlung muss vorsätzlich
oder fahrlässig begangen worden sein. Die Verantwortung
im strafrechtlichen Sinne ist immer personengebunden.
Der strafrechtlich bedeutsame Vorwurf trifft mithin nicht
den Arbeitgeber, sondern die verantwortliche Erzieherin
persönlich und unmittelbar. Es ist aber festzuhalten, dass
Strafverfahren im Zusammenhang mit Aufsichtspflichtverletzungen in der Praxis äußerst selten vorkommen. Die in
18. Mittlere Fahrlässigkeit ist gegeben, wenn die im Verkehr erforderliche
Sorgfalt außer Acht gelassen wurde und der missbilligte Erfolg bei
Anwendung der gebotenen Sorgfalt vorhersehbar und vermeidbar gewesen wäre.
19. Zu beachten ist hier, dass Kinder, die das siebente Lebensjahr noch nicht
vollendet haben, für Schäden aller Art nicht haftbar gemacht werden können, § 828 Abs. 1 BGB.
12
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der Presse dargestellten Fälle dürfen mithin nicht überbewertet werden.
Bei Betrachtung der dargestellten Aufsichtsregeln dürften
einerseits die berechtigten Forderungen der Erziehungsberechtigten nach Schutz und Fürsorge ihrer der Kindertagesstätte anvertrauten Kinder erfüllt werden und andererseits die Erzieherin vor denkbaren Regressforderungen bei
eventuell eintretenden Schadensfällen weitgehend geschützt sein.
Magistratsoberrat Christian Schmidt,
Frankfurt am Main
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