Die Personalratspost - Universitätsklinikum Halle(Saale)
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Die Personalratspost - Universitätsklinikum Halle(Saale)
Die Personalratspost Die Zeitung des Personalrates des Universitätsklinikums Halle (Saale) Ausgabe September 2011 Vorwort Liebe Kolleginnen und Kollegen! Abweichend von unserer Tradition, Titelbilder der medizinischen Standorte in Halle zu veröffentlichen präsentieren wir hier eine Ansicht vom Marktplatz in Lutherstadt Wittenberg. Diese historische Stadt in Sachsen-Anhalt hat für den Personalrat eine besondere Bedeutung, findet hier doch unsere jährliche Intensivschulung statt. In den historischen Räumen der Leucorea und im geschichtsträchtigen Ambiente Wittenbergs kommen seit einigen Jahren bereits die Mitglieder des Personalrates und der Ersatzmitglieder mit dem Ziel zusammen, bestimmte Themenbereiche des Arbeitsumfelds zu besprechen, zu beraten und zu bearbeiten. Dies war 2011 auch der Fall. Einer der Schwerpunkte war eine Art politischer Aktionskreis zur Zukunft des Universitätsklinikums Halle (Saale). Die Thematik kam dabei nicht von ungefähr. Wenige Tage zuvor waren die Privatisierungsabsichten des Landes zu den Uniklinika durch sämtliche Medien gegangen und hatten für einen Aufschrei in den Klinika bei Leitung und Beschäftigten gesorgt. Dieser Problematik wollen wir uns in dieser Ausgabe ein wenig widmen. Geschichte ist überhaupt das Thema der Ausgabe schlechthin. Der eine oder andere fast schon nostalgische Blick zurück in die Vergangenheit sei bitte gestattet! Wir sind uns dabei der Spannbreite bewusst, dass viele der aufgeführten Fakten bekannt sind, ja sogar immer wieder vorgebracht wurden. Erschreckend erscheint jedoch immer wieder, dass das „Schreckgespenst der Privatisierung“ oder besser der Existenzangst um die Uniklinika in Sachsen-Anhalt einfach nicht gebannt, die Diskussion nicht zum Schweigen gebracht werden kann. Für die Arbeit eines Personalrates hat dies damit den Charakter einer ewigen Auseinandersetzung und ist somit eine Aufgabe der Information der betroffenen Beschäftigten. Folgen Sie uns also auf den Spuren der Historie der letzten rund 40 Jahre „Universitätsklinikum“ in Halle, wohl wissend, dass der Weg noch lange nicht zu Ende ist! Ihre Redaktion der Personalratspost 1 Die Personalratspost (Foto Personalrat) Inhaltsverzeichnis: • Seite 1 Vorwort • Seite 2 40 Jahre Universitätsklinikum in der Ernst-Grube-Straße • Seite 6 Die Zukunft der Universitätsmedizin - eine Serie mit Fortsetzungen oder eine unendliche Geschichte? • Seite 9 Der kleine Medikus • Seite 10 Rechtsecke • Seite 12 Übersicht Interessenvertretungen und Impressum TOP-Themen 40 Jahre Universitätsklinikum in der Ernst-Grube-Straße H.-U. Spannaus Pünktlich zum 40. Jahrestag der Grundsteinlegung für das neue Krankenhaus der Chemiearbeiterstadt HalleNeustadt auf dem Acker der Ernst-Grube-Straße findet am 5. Oktober 2011 der erste Spatenstich zur (endgültigen?) Fertigstellung des Universitätsklinikums statt. Damit verbinden sich viele Hoffnungen der Mitarbeiter auf eine dauerhafte Fortführung universitärer Medizin in Halle. Nicht umsonst darf der Dekan in besonderer Robe direkt hinter dem Rektor und dem Dekan der juristischen Fakultät bei festlichen Aufzügen des Senates die „Medizin“ als klassische Fakultät repräsentieren. „Zukunft mit Tradition“ – Das Motto des Festjahres 2002 ist tief in den Gedanken der Einwohner von Halle und insbesondere der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des UKH verankert. Niemand stört sich an Begrifflichkeiten. Es wird halt an der Universität gearbeitet. Nun kann auch ein Universitätsklinikum nicht nur von Traditionen existieren, sondern muss sich immer weiter entwickeln und höchsten Standards genügen. Bislang war das in der Geschichte immer gesichert und mit dem jetzt bevorstehenden Weiterbau in der ErnstGrube-Straße ist das auch weiter möglich. Vielleicht kommt dann Ruhe in die Debatte um eine Privatisierung. Ich möchte eine kurze historische Betrachtung anstellen, bei der der Standort Ernst-Grube-Strasse im Mittelpunkt stehen soll. An der Stelle bereits jetzt die Bitte um Verständnis, was die Qualität des von uns verwendeten Bildmaterials betrifft. Die Beschaffung war teilweise mühsam, hat sich aber wie ich hoffe, doch gelohnt. Unstreitig ist, dass hier in Halle aus Reparationszahlungen von Frankreich nach dem Krieg 1870/71 mit den Universitätskliniken in der Magdeburger Straße und der Julius-Kühn-Straße seinerzeit höchsten Standard für die entsprechende medizinische Einrichtungen geschaffen wurden. Diese haben ein dreiviertel Jahrhundert den baulichen Rahmen für hohe medizinische Leistungen in Wissenschaft, Lehre und Krankenversorgung geboten. Wichtige Mediziner des 20. Jahrhunderts haben hier gewirkt und Spuren in der Entwicklung der Medizin hinterlassen. Namen wie die Prof. Schober, Jacobi und Krosch, die sicherlich noch einige Mitarbeiter erleben durften, stehen stellvertretend für viele andere. 2 Die Personalratspost Am 15. Juli 1964 legte Horst Sindermann, damals 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung Halle, den Grundstein für den Bau der sozialistischen Wohnstadt westlich von Halle (Saale) auf dem Gelände der Schule „Erste POS“. Die ersten dabei in einem neu gebauten Plattenwerk gefertigten Betonelemente, waren sogenannte „FehlElemente“ und wurden nach der Abreise der Gäste wieder demontiert und entsorgt. Trotz dieses holprigen Starts wuchs die Stadt rasant und man kam schnell zu der Erkenntnis, dass die Bevölkerungszunahme bestimmte Kapazitäten der Stadt Halle überforderte. So musste u. a. der zunächst nicht eingeplante Friedhof geschaffen werden. Aber es reichten auch die vorhandenen Bettenkapazitäten der Krankenhäuser nicht aus. Deshalb wurde beschlossen, ein Versorgungskrankenhaus für Halle-Neustadt am Standort Ernst-Grube-Straße zu bauen. Als Leitarchitekt beim Wohnungsbaukombinat Halle war dafür Horst Letzel zuständig, der im Jahr 1979 für dieses Projekt mit der Karl-Friedrich-Schinkel-Medaille des Verbandes der Architekten der DDR geehrt wurde. Völlig zu Recht, wie ich meine, wenn man das Gesamtprojekt logistisch und funktionell betrachtet. Von den hochwertigen Materialien im Bettenhaus I und dem Komplement ganz zu schweigen. Völlig ungewöhnlich für die damaligen Gegebenheiten. Quelle: „Freiheit“ Dezember 1981 Am 23. September 1974 wurde das Bettenhaus I mit 520 Betten in Betrieb genommen. Das sich zeitgleich in Bau befindliche Komplement wurde erst am 20. September 1977 seiner Bestimmung übergeben. Auf 86 Millionen Mark der DDR beliefen sich die Baukosten für den ersten TOP-Themen Bauabschnitt. Eine Zahl, die uns ironischerweise im Zusammenhang mit der jetzt geplanten Fertigstellung des Standortes in den nächsten Jahren bekannt vorkommt. Dort ist ein ähnliche Betrag in Euro kalkuliert. Zunächst bezogen die Gynäkologisch-geburtshilfliche Klinik nebst OP, eine Kinderklinik, eine Urologische Klinik, die I. und II. Medizinische Klinik sowie die Chirurgische Klinik das Bettenhaus. Nachstehend ein paar beeindruckende Zahlen aus der Zeit von 1974 bis 1989, die die Bedeutung des Standortes in dieser Zeit belegen. Hätten Sie es gewusst? • In der Zeit nach der ersten Entbindung am 03.10.1974 bis zum 31.08.1989 erblickten 27.837 Babies das Licht der Welt. Darunter auch 482 Zwillings- und 44 Drillingspärchen. • Ein Novum war, dass 1975 erstmals Väter bei der Geburt dabei sein durften. Auch dass die Babys bei ihren Müttern sein konnten, war damals nicht unbedingt üblich. • Die Leistungen der Apotheke waren imposant und natürlich der damaligen Situation geschuldet. Die „Liberal-demokratische Zeitung“ vom 29.09.1989 berichtete, dass pro Jahr 200.000 Tabletten und 3.000 kg Salben hergestellt werden. Hinzu kamen noch 30.000 Liter sterile Zubereitungen (incl. 1.5000 Liter speziell für die Herzchirurgie) sowie 100.000 Liter sonstige Lösungen. • Aber auch im Versorgungsbereich wurden große Leistungen unter teilweise schwierigen räumlichen Bedingungen erbracht. 1.300 Essen täglich mussten erst einmal gekocht sein. Zur Erinnerung: Auch die Wäsche und die Gebäudereinigung erfolgten im Haus durch eigene Mitarbeiter. Im Jahr 1979 wurde das Versorgungskrankenhaus HalleNeustadt schließlich von der Martin-Luther-Universität übernommen und zum Universitätsklinikum, wie wir es bis heute kennen. Zu diesem Zeitpunkt war auch das Bettenhaus II schon im Bau. Mit der Übernahme der Universität trat natürlich auch eine deutliche Erweiterung des Profils ein. Da der gynäkologisch-geburtshilfliche Bereich bereits erwähnt wurde, sei hier auf die Etablierung der Reproduktionsmedizin verwiesen. Das erste „Retortenbaby“ wurde am 21. Juli 1986 geboren. 3 Die Personalratspost Der alte Haupteingang in der Ernst.Grube.Straße (Quelle: PR) Mit dem Fall der Mauer trat auch im Universitätsklinikum eine deutliche Wende ein. Der politische Umbruch mit den damit verbundenen umfangreichen personellen Veränderungen war wohl notwendig. Auch, wenn in nicht wenigen Fällen für immer ein bitterer Nachgeschmack bleiben wird. Aber politische Veränderungen sind nicht frei von Fehlern. Es bleibt ein personeller Neuanfang, der Anfang der Neunziger Jahre vor allem in Führungspositionen stattfand. Kaum zu glauben, dass die damals an das Universitätsklinikum berufenen Professoren, die den Neustart mit ihrem Namen prägten und mittlerweile zu einem großen Teil schon wieder emeritiert sind. In Erinnerung bleiben ganz sicher die geführten Debatten und Aktivitäten dieser Generation der Professoren, die die Entwicklung zum jetzigen Status quo ermöglichten. Es war notwendig in dieser Zeit mit der konkreten Situation umzugehen. Die o. g. Beispiele von Leistungen der 15 Jahre Universitätsklinikum bis 1989 stehen aber stellvertretend für viele Vorgänge, die sich objektiv durch den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel ergaben. Sie sind sichtbarer Beweis für die Tragweite der damaligen Veränderungen. Es trat quasi über Nacht ein demographischer Wandel ein. Die Geburtenzahlen sanken dramatisch gegenüber 1989 und vorher. Das machte strukturelle Veränderungen erforderlich. Wie anderswo auch war hoch qualifiziertes Personal angestellt, für die es nun deutlich weniger Arbeit gab. Die industrielle Versorgung der Universitätsapotheke mit vielen Dingen, die bislang dort selber produziert werden mussten, machte dort ebenfalls eine Neustrukturierung mit erheblichen Auswirkungen auf die Mitarbeiter erforderlich. TOP-Themen Dies ist auch von den dramatischen Veränderungen nach 1990 im Bereich des Patientenservices (wie z. B. Reinigung, Speise- und Wäscheversorgung) festzustellen. Die baulichen und technischen Voraussetzungen, dies in Eigenregie fortzuführen, waren so mangelhaft, dass die Aufsichtsbehörden die Zulassung in Frage stellten. Die erforderlichen Investitionen wurden seitens des Landes nicht getätigt, zumal der Zeitgeist ganz klar auf dem so genannten Outsourcing lag. Folglich wurden diese Leistungen an externe Dienstleister vergeben. Nach 20 Jahren steht die Frage, ob das wirtschaftlich sinnvoll war, nicht im Raum. Die Finanzierung von alternativen Investitionen ebenfalls nicht. Mit einer gesamten Bestandsaufnahme der baulichen und technischen Situation, incl. der erforderlichen gesamten Krankenhauslogistik, wurde damals das Institut für Funktionsanalyse in Kopenhagen um die Person Dr. Peter Lohfert beauftragt. Die Ergebnisse waren sehr beeindruckend – aber auch ernüchternd. Aus heutiger Sicht haben sich die Einschätzungen als absolut real dargestellt. Lösungsvorschläge, wie Zentralisation der Laborleistungen, wurden weitgehend umgesetzt. Nicht zu finanzieren dagegen war zu diesem Zeitpunkt der Plan für ein Universitätsklinikum an einem Standort in der Ernst-Grube-Straße. Doch es bleibt nach wie vor eine schlüssige Gesamtkonzeption. Die erforderliche Investitionssumme in Millionenhöhe machte damals sowohl im Hause als auch in der Landesregierung Angst. Damit wurde an diesem Punkt auch die Zusammenarbeit mit der Fa. Lohfert beendet. Geblieben sind dokumentierte Erfordernisse, die sich in späteren Konzeptionen wiederfinden. Die Medizinische Fakultät mit seinem Klinikum stand folglich vor der Frage, wie es denn zukünftig weitergehen sollte. 1994 gab es dann plötzlich die Initiative Einzelner, die als Lösung für das Problem des Investitionsstaus eine Privatisierung des Universitätsklinikums favorisierte. Ein kleiner Kreis nahm Kontakt mit dem damaligen Vorstand der Rhön–AG auf, um über die Modalitäten des Verkaufs zu verhandeln. Als dies bekannt wurde, kam eine umfassende Diskussion im Hause auf, die jetzt - mit Abstand betrachtet – die Basis für die positiven Entwicklungen über 15 Jahre war. Sowohl baulich als auch wirtschaftlich. Es positionierte sich zunächst eine Gruppe, die aus Professoren, dem sogenannten Mittelbau und leitenden Mitarbeitern der Verwaltung bestand, gegen die Privatisierung. Die nunmehr polarisierende Debatte wurde vom damaligen Kultusminister K.-H. Reck kanalisiert und in diesen fruchtbaren Prozess einer deutschland- 4 Die Personalratspost weiten Debatte um die Zukunft der Hochschulmedizin geführt. Im Haus gab es vier Arbeitsgruppen, die verschiedene Modelle untersuchten. Moderiert wurde dies im Auftrag des Kultusministeriums von Herrn Fuchs. Dies fand öffentlich unter Einbeziehung des Kultusministeriums und der Landespolitik, bei denen sich die Abgeordneten Prof. Böhmer, Frau Dr. Sitte und Frau Mittendorf parteienübergreifend besonders einbrachten, statt. Der abschließende Höhepunkt dieses Prozesses war das Arbeitstreffen am 17. Juni 1996 in der LEUCOREA Wittenberg. Dort wurden die Ergebnisse der Überlegungen hochrangig disputiert. Die Abschlussdokumentation umfasst 182 Seiten, die die Ernsthaftigkeit der Debatte über alle Facetten der Problematik veranschaulicht. Im Ergebnis setzte sich die unter Leitung von Prof. Zierz erarbeitete Variante des Landesbetriebes nach § 26 Landeshaushaltsordnung durch. Hervorzuheben ist an dieser Stelle die Rolle des damaligen Finanzdezernenten Karl-Heinrich Fleischhut, der als eine Art „Geschäftsführer“ die Arbeit dieser Arbeitsgruppe 4 koordinierte und Personen zum gemeinsamen Handeln brachte, die teilweise/mutmaßlich sonst niemals zusammen an einem Tisch gekommen wären. Parallel dazu handelte eine kompetent besetzte Führungsriege der Verwaltungsdirektion und steuerte erfolgreich die Abläufe in die neuen erforderlichen Bahnen. Da in diesem Prozess ein Mitdenken und Mithandeln der darunter tätigen Leitungsebene gefordert und gefördert wurde, entstand ein neues „Wir-Gefühl“ welches die zukünftigen Aufgaben erfolgreich in Angriff nehmen konnte. In dem durch den Landtag nach diesem Prozess beschlossenen Gesetz wurden die Eckpunkte des zukünftigen Landesbetriebes festgeschrieben. Im Nachgang und nach fast sechs Jahren Anstalt öffentlichen Rechts ist festzustellen, dass dies wohl das einzig wirksame Rechtsmodell für universitäre Medizin darstellt. Danach war eine wirtschaftlich selbstständig agierende Medizinische Fakultät mit dazugehörigen Klinikum und mit seinem Vorstand weitgehend selbstständig verantwort- TOP-Themen lich. Kontrolliert durch einen Verwaltungsrat, dessen Vorsitz dem Rektor übertragen wurde. Dies war ein sichtbares Zeichen für den Bestandteil der Medizinischen Fakultät zur Universität. Gleichzeitig wurde eine Bausumme von 300 Mio. DM im Gesetz für die bauliche Entwicklung festgeschrieben und die Bauherreneigenschaft dem Klinikumsvorstand übertragen. Durch wirtschaftliches Handeln wurden sehr gute Jahresergebnisse erwirtschaftet, aus denen im Folgejahr dringend erforderliche Sanierungsmaßnahmen finanziert wurden. Ebenso wurde durch großzügige Angebote zum Abschluss von Altersteilzeitverträgen Vorsorge für die auf Bundesebene laufenden Einschnitte in der Krankenhausfinanzierung getroffen. Die Mittel dafür wurden in diesen Jahren erwirtschaftet. Noch heute profitieren sowohl Klinikum und Fakultät davon wie viele Mitarbeiter sich in der Freistellungsphase befinden! Gleichzeitig konnte der Erweiterungsbau und die Sanierung des Bettenhauses I in Angriff genommen werden. Das Ergebnis ist heute täglich zu sehen. Am 06.04.2000 wurde dazu der Grundstein gelegt und schon am 06. Juni 2003 erfolgte die feierliche Übergabe durch den Ministerpräsidenten Prof. Böhmer. Der „Tag der offenen Tür“ am 07.06.2003 dürfte mit seinem großen Andrang noch tief im Gedächtnis sein. Dass dann noch die Deutsche Krebshilfe mit 10,3 Mio. Euro den Bau des Landeszentrums für Zell- und Gentherapie förderte, war ein großes Bekenntnis für diesen Standort und das öffentlich rechtliche Fortbestehens des Universitätsklinikums. Das UKH nach Fertigstellung des ersten Neubauabschnittes (Quelle: UKH) Natürlich sind mit einem Bau dieser Dimension und den daraus erforderlichen Veränderungen Probleme zu lösen, die nicht vorhersehbar sind. 5 Die Personalratspost Auch die u. a. in der Presse geführte Debatte über mögliche Kostenüberschreitungen gehört dazu. Vernünftigerweise hat sich die Landespolitik in ernsthaften Debatten hinter das UKH gestellt und das Erfordernis der kompletten Fertigstellung bestätigt. Mit der Bereitstellung entsprechender Mittel ab 2006 gab der Landtag dem damaligen Klinikumsvorstand die Freigabe zum Umsetzen der damaligen Konzeption zum schrittweisen Weiterbau. Dabei sollten zunächst zwei Bettenhäuser mit standardisierten Stationen in den „Hof“ zwischen „Verbinder“ und Versorgungsgebäude FG 10 gebaut und das Komplement saniert werden. Mit der Neubesetzung des Klinikumsvorstandes Ende 2006 wurde diese Konzeption hinterfragt und eine Neuplanung veranlasst. Das Ergebnis dieser Neuplanung ist nunmehr das aktuelle Baukonzept, für das am 05.10.2011 der erste Spatenstich erfolgen wird. Nachdem der Landtag die ab 2006 zur Verfügung gestellten Baumittel durch die Neuplanung „eingefroren“ hatte sind diese in diesem Jahr nach langer Debatte, die Sie verfolgen konnten, für den Bau unter veränderter Planung freigegeben worden. Mit dem Auslaufen der Co-Finanzierung durch Mittel der EU im Jahr 2013 ist nun natürlich ein immenser Zeitdruck entstanden. Aber auch weitere Überlegungen seitens des Finanzministeriums und des Landtages über die Machbarkeit und ggf. erforderlicher Alternativen sind zu hören. Die jahrelange Auseinandersetzung um die wirtschaftliche und bauliche Weiterentwicklung hat in der Landesregierung und im Landtag zwangsläufig zu Irritationen geführt. Mit der Folge von Stagnation. Leider wird die Debatte mehr extern geführt. Eine interne Auseinandersetzung wie in den 90er Jahren ist leider nicht erkennbar. Statt demokratischen Disputs im UKH, Fakultät und Universität zur Positionierung und Unterstützung des Vorstandes steht ein unüberschaubarer Beraterstab zur Verfügung. Deren Erkenntnisse sind der Maßstab. Eine interne Auseinandersetzung oder gar Einbeziehung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist nicht erkennbar. Berater und Vorstände kommen und gehen – bleiben werden Patienten, Ärzte, Schwestern und alle anderen Mitarbeiter. Diese fallen aber im schlimmsten Fall zurück. Wie sagt der Volksmund? „Viele Wege führen nach Rom“. Möge der nunmehr eingeschlagene Weg erfolgreich sein! TOP-Themen Die Zukunft der Universitätsmedizin – eine Serie mit Fortsetzungen oder eine unendliche Geschichte? H. Mitsching Wie war noch mal die „überraschende“ Diskussion an letzten Pfingsten? Kaum war das lange Wochenende vorbei, schlug man am Dienstagmorgen die Zeitung auf, stand es schwarz auf weiß zu lesen: Die Landesregierung prüft die Privatisierung der Uniklinika. Auch aus dem Radio dudelte die Meldung zu jeder Nachrichtensendung über den Äther – für die Mehrheit von Lesern und Hörern völlig überraschend. Aber bei genauer Betrachtung auch wieder nicht. Dieses Gespenst der Privatisierung spukt mittlerweile schon reichlich 15 Jahre durch die Flure. Mal mehr, mal weniger, aber es ist einfach nicht tot zu kriegen! 1995/96 stand die Rhön AG vor der Tür, dies ist erfolgreich gescheitert. Kurze Zeit später wurde die Unfallchirurgie zum Bergmannstrost ausgegliedert. Auch dies war unter privater Trägerschaft nur teilweise erfolgreich, denn Lehre und Forschung bleiben auf der Strecke. Heute hat das UKH wieder eine Unfall- und Wiederherstellungschirurgie (zurückgeholt!). Zwischenzeitlich wurde das UKH als Landesbetrieb, d.h. wirtschaftlich selbstständig als staatliche Einrichtung geführt. Manch einer sagt, das war die modernste Form der Betreibung eines Universitätsklinikums in Deutschland. Die damalige gesetzliche Grundlage hatte ihre Ecken und Kanten, konnte aber in der Praxis umgesetzt werden und beweisen, dass das Konstrukt des Landesbetriebes funktioniert. Dann kam die Angst: Die Angst vor finanziellen Risiken und zusätzlichen Belastungen wegen der Einführung der DRGs. Dies war eine Triebfeder um die Rechtsstellung der Uniklinika erneut auf den Prüfstand zu stellen. Zu gut deutsch: Wie kann sich das Land vor dem Risiko drücken und /oder es jemand anderen überhelfen. Alles schaute gebannt nach Rheinland-Pfalz oder Baden-Württemberg. Dort wurde mit der Rechtsform „AöR“ experimentiert. Diese AöRs, die Anstalten des öffentlichen Rechts sollten die Fortentwicklung des Landesbetriebes darstellen. Nicht nur wirtschaftliche auch die rechtliche Selbstständigkeit sollte damit verbunden sein, Unabhängigkeit von der staatlichen Aufsicht aus den Ministerien, direktes Agieren am Markt bei gleichzeitiger Schulterung der Konvergenzphase. Ganz nebenbei wurden an zwei Unikliniken rd. 6000 MitarbeiterInnen rein rechnerisch aus dem Landesdienst, soll heißen öffentlichen Dienst, in den „mittelbaren öffentlichen Dienst“ entlassen: Eine Art gesetzlich vorge- 6 Die Personalratspost schriebener Betriebübergang und die Anwendung eigener Haustarifverträge sollte das Risiko für das Land mindern. Bis heute bedeutet dies in Zahlen, dass Beschäftigte am UKH zwischen 16 und 20% Gehaltsunterschiede hinnehmen müssen im Vergleich zu Vergütungen nach dem Tarifsystem des TV-L für die klassischen Landesbediensteten. Es sei denn, sie sind Ärzte. Aber das ist eine andere Geschichte … Es stellt sich die Frage, wie weit dies alles noch ausgereizt werden kann. Auch vor den Toren des UKH ist inzwischen der Fachkräftemangel angekommen. Nicht nur Arztstellen sind schwer zu besetzen, auch Fachkräfte in der Pflege sind schwer zu finden und/oder an das Haus zu binden. Insbesondere wenn andere Häuser für dieselbe schwere Arbeit besser bezahlen. Womit kann dann ein Universitätsklinikum noch punkten? Mit einer Drohgebärde zur Privatisierung? Wohl kaum. Wie sieht es also in anderen Bundesländern aus? Beispielweise in Baden-Württemberg – wo ja bekanntlich die Wiege der AöRs stand. Anfang 2011 wurde in dem damals noch schwarz-gelb regierten Landtag (übrigens derselbe Landtag, der Stuttgart 21 so hat hoch kochen lassen) ein neues Hochschulmedizingesetz verabschiedet, dass drei der vier Unikliniken in ihrer Rechtsstellung erneut verändert. Sie sollten binnen zwei Jahren mit den medizinischen Fakultäten der jeweiligen Universitäten zu Körperschaften der Universitätsmedizin (kurz: KUM) verschmelzen und damit wirtschaftlicher nicht nur in der Krankenversorgung, sondern auch im Hinblick auf Lehre und Forschung werden. Der Gesetzentwurf selbst hat nicht nur einen Aufschrei ausgelöst, sondern auch eine Protestwelle sondergleichen durch die gesamte bundesdeutsche Wissenschaftslandschaft hervor gebracht. Ja sogar eine Verfassungsklage wurde erwogen. Verabschiedet hat es der Landtag in Stuttgart trotzdem. Jetzt, Monate später, nach einer Landtagswahl und einem fulminanten Regierungswechsel zu grün-rot hat die neue Landesregierung eine Rücknahme des Gesetzes avisiert. Bleibt damit aber alles beim Alten? Immerhin steht z. B. Heidelberg für exzellente Ausbildung und nicht zuletzt auch als Haus der Nobelpreisträger. So schlecht kann es also nicht gewesen sein mit dem Gebilde um Krankenversorgung, Lehre und Forschung. Ganz andere Töne schlug dagegen Hessen an. Seine zwei Uniklinika in Gießen und Marburg wurden praktisch zwangsverheiratet. TOP-Themen Damit hat Hessen in Deutschland Geschichte geschrieben: Im Jahr 2006 wurde das Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKMG) mit seinen damals 2262 Betten zu 95% von der Rhön-Klinikum AG übernommen. Das Land Hessen hält weiterhin eine 5%-Beteiligung. Es ist das erste (und bisher einzige!) privatisierte Universitätsklinikum der Bundesrepublik in der Rechtsform einer GmbH. Aber steht es damit automatisch auch besser da als alle anderen? Die Betreiber sagen ja. Klar, privates Kapital hat den Weg zur baulichen Sanierung erheblich geebnet. Doch das ist ja nicht alles, immer wieder wird Kritik aus Patientenkreisen wie auch der Politik laut: Mängel in der Patientenversorgung, Stellenkürzungen bei gleichzeitig steigenden Behandlungszahlen und steigenden Schweregraden, wirtschaftliche Aspekte dominieren Lehre und Forschung,… Ende August war zuletzt im Hessischen Fernsehen zu sehen: Lange Wartezeiten in der Notfallambulanz, fehlendes Personal für den Transport der Patienten. Die Krankenhausleitung reagiert erst nach massiven Überlastungsanzeigen aus den Reihen der Beschäftigten. Andere Uniklinika, andere Universitäten sehen die Entwicklung kritisch, gehen auf Abstand, suchen nach alternativen Lösungen. Privatisierung ist offensichtlich eben nicht der Weisheit letzter Schluss. Das krasse Gegenstück dazu ist zum Beispiel das Universitätsklinikum Mainz. Die Kollegen dort haben vor zwei, drei Jahren einen völlig anderen Weg erleben dürfen als das Land Rheinland Pfalz quasi eine „doppelte Rolle rückwärts“ vorgenahm: Nach einer Art Outsourcing (so wird das Instrument der Rechtsformänderung mittlerweile in Insiderkreisen wirklich genannt!) wurde 2009 das Uniklinikum Mainz nicht mehr nur als AöR geführt, sondern wieder als Teil des Landesdienstes (in Verschmelzung von Klinikum und Fakultät) re-integriert. „Back to the roots“ würden die Engländer dazu sagen. Scheinbar mit Erfolg. Klar, gibt es Probleme auch mal Schlagzeilen, aber dies liegt doch eindeutig nicht an der Rechtsform. Ganz anders sah es in Schleswig-Holstein aus. Bis 2002 als Anstalten des öffentlichen Rechts geführt, fusionierten im Jahr 2003 Uniklinik Kiel und Lübeck zu einem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in der Rechtsform der AöR. 2010 entschied die dortige Landesregierung, den Medizinstudiengang am Standort Lübeck aus reiner Sparmanie zu schließen. Die Folge: Lübeck machte mobil! Der Universitätsrat trat geschlossen zurück, Propaganda der Uni Lübeck zu Lande, zu Wasser und in der 7 Die Personalratspost Luft mit Plakaten, Märschen, Studentendemonstrationen, Unterschriftensammlungen, Spendenaktionen etc. wurden organisiert. Und das mit Erfolg. Quelle: Spiegel Online Gegen den Willen der Landesregierung hat die Uni Lübeck einen Alternativvorschlag erarbeitet und damit überzeugt. Die Bundespolitik schaltete sich ein und verkündete schließlich die Rettung der Universitätsmedizin der Uni Lübeck! Basis war/ist der erarbeitete Alternativvorschlag. Wie sieht es im Osten aus? Beginnen wir mit einem kurzen Blick in den Freistaat Thüringen. Seit 1558 gibt es die Uni Jena. Die Medizinische Fakultät war sogar Gründungsfakultät der heutigen Friedrich-Schiller Universität. Eine Geschichte, die der hallischen nicht unähnlich ist. Wie in Halle auch wurde vor Jahren ein Bauprojekt in Jena Lobeda begonnen. 2013 soll der Neubau des Großklinikums abgeschlossen werden und als hochmoderner Medizinstandort seine Arbeit aufnehmen. Doch es gibt auch „Pläne“ für das Uniklinikum in Jena. Die Thüringer Politik will neu konzipieren/strukturieren oder was auch immer – auf jeden Fall verändern. Ob wohl im Freistaat Thüringen keine Konkurrenz zu verzeichnen ist. Dabei sprach man vor nicht allzu ferner Zeit sogar vom „Jenaer Modell“. Soll heißen, Vorbildcharakter für die Hochschulmedizinlandschaft der Bundesrepublik. Vielleicht sind es eher die (tariflichen) Rahmenbedingungen? Vor Jahren als AöR errichtet, sollte das Personal zu den tariflichen Bestimmungen des öffentlichen TOP-Themen Dienstes (TV-L) beschäftigt werden. Mittlerweise ist dies fast schon ein Novum, haben die AöRs doch zwischenzeitlich überwiegend Haustarifverträge abgeschlossen. Irgendwie – so scheint es – hat das „Thüringer Modell“ Risse bekommen. Es bleibt abzuwarten, wie es in Jena weitergeht. Nehmen wir weiter die viel gerühmte und berühmte Charitè in Berlin? Schon 1997/98 fusionierte die Charitè der HumboldtUniversität mit dem Virchow-Klinikum der FU Berlin. 2003 kam zu dem Verband das Universitätsklinikum Benjamin-Franklin der FU Berlin hinzu. Alle drei Häuser verschmolzen zur „Charitè-Universitätsmedizin Berlin“. Hier spielen natürlich auch die Existenzprämissen der Hauptstadt eine Rolle. Soll heißen notorischer Geldmangel. Der Berliner Senat weiß nicht, wo zuerst die Löcher stopfen. So weit so gut. Doch trotz aller Zusammenschlüsse kommen immer wieder Standortdebatten auf. Als „zukunftsfähiges Konzept für die Schaffung von integrierter Forschung, Lehre und Krankenversorgung“ propagiert, reicht es offensichtlich nicht weit genug. Die langfristige wirtschaftliche Sicherung der Charitè ist mangels baulicher Investitionen nicht gegeben. Im Oktober 2010 wurde in der Charitè das 300jährige Bestehen des einst als Pesthaus gegründeten Hauses gefeiert werden. Doch ist damit die Zukunft des größten Universitätsklinikums Europas auch gesichert? Sachsens Universitätsklinika Leipzig und Dresden wurden schon im Jahr 1999, also ein paar Jahre vor Halle und Madgeburg, in Anstalten öffentlichen Rechts überführt. Formalrechtlich hat dies auch funktioniert. Allein was die Tarifsituation der Beschäftigten in Sachsen anging, sah es Jahre lang trübe aus. Bis 2002 galt für übergeleitetes Personal der BAT-O statisch weiter. Alles neu eingestellte Personal wurde zu Arbeitgeberrichtlinien eingestellt und bezahlt. 8 Die Personalratspost Erst 2010 sind die Verhandlungen zu Haustarifverträgen erfolgreich abgeschlossen worden. Dieser gilt sogar rückwirkend bis 2007 und gibt den Mitarbeitern des Gustav-Carus-Klinikums Dresden und der Uniklinik Leipzig eine gewisse tarifliche Sicherheit. Und Sachsen-Anhalt? Wie eingangs schon ausgeführt, Pfingsten kochten die Überlegungen zu möglichen Privatisierungsabsichten akut hoch. Nach einer sehr heftigen Phase der Abwehr dieser drohenden erneuten Rechtsformänderung ist nun eine scheinbare Ruhe eingekehrt. Zwar war mehrere wochenlang die Thematik in allen Pressemedien nachzulesen, in diversen Foren zu diskutieren ja auch ein Schlagabtausch handelnder Politiker kann verzeichnet werden. Aber so richtig klar wie es weiter geht, ist nichts. Eines ist allerdings sicher: Die seit Jahren ausstehende Evaluierung des Hochschulmedizingesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (HMG LSA) hat sich die neue Landesregierung wie auch der im März gewählte Landtag auf die Fahne geschrieben. Vielleicht sollte man dabei die Verzögerung von etwa 3 Jahren (vergleiche Auszug aus dem HMG) positiv werten. Nicht ohne Grund heißt es ja im Volksmund „Was lange währt, wird gut“. Möglicherweise brauchte es diese Zeit, um Ministerium wie Abgeordnete, Vorstände wie auch alle anderen Beteiligten solchen Evaluierungen und Gesetzänderungsverfahren reifen zu lassen und notwendige Hinterfragungen, Korrekturen und hoffentlich Verbesserungen mit dem nötigen Sachverstand und Augenmaß in Angriff zu nehmen. Auszug HMG LSA § 26 (5) HMG Bis zum Ende des Jahres 2008 stellt die Landesregierung durch eine Überprüfung in geeigneter Form fest, ob die Zielvorgaben dieses Gesetzes erreicht werden können und berichtet dem Landtag darüber. Gegenstand der Evaluierung sind Erfahrungen in der Anwendung, Wirksamkeit und Akzeptanz dieses Gesetzes. Insbesondere soll geprüft werden, welche Regelungen die Aufgabenerfüllung der Medizinischen Fakultäten und Universitätsklinika behindern und welche Änderungen gesetzlicher Regelungen Abhilfe schaffen können. Die Befassung im Landtag wird kommen. Diese Bekundung gilt als sicher, kommt sie doch sowohl aus dem Ministerium als auch aus den Reihen der Abgeordneten. Der kleine Medicus Man könnte auch sagen, besser spät als nie. Erste Vorbereitungen und Gespräche laufen. Arbeitsgruppen werden tätig werden. Irgendwann wird ein Vorschlag zur Gesetzesänderung- in welcher Form und Breite auch immer – das Regierungskabinett passieren und zur Lesung in den Landtag eingebracht werden. 2012 ist so eine denkbare kalendarische Größe. Der Verband der Uniklinika (VUD), in dem auch das UKH Mitglied ist, veranstaltet übrigens jährlich einen Kongress. Der Innovationskongress 2011 war Mitte Juli in Berlin und - ich weiß es aus eigenem Erleben - gut besucht. Was kann man dort so schönes hören: Der größte Teil der Uniklinika der Bundesrepublik hat die Konvergenzphase geschafft, schreibt durchaus schwarze Zahlen, beschreibt den Verbund von Fakultäten zu den Universitäten als unverzichtbar, um sowohl die Ausbildung junger Mediziner als auch die Forschung innovativ und zukunftweisend sichern zu können. Kritisch gewertet werden aber auch unumwunden die verschiedenen Modelle des Miteinanders: Integration bzw. Kooperation. Man könnte einen Trend sehen, hin zum Integrationsmodell, wo eben Fakultät und Klinikum miteinander verschmelzen, zuletzt – so stand es zu lesen – Anfang 2011 in Mecklenburg-Vorpommern, hier in Greifswald realisiert. Wie so vieles im Leben hat jedes seine positiven wie seine negativen Seiten. Kernfrage ist: welches Modell ist das Richtige, in unserem Fall für Halle, die seit Jahren das als aufwendiger geltende Kooperationsmodell anwendet. Fazit: Noch immer ist das Universitätsklinikum Halle (Saale) der größte Arbeitgeber in Halle und Umgebung und nicht nur ein Wissenschafts- sondern auch ein Wirtschaftsfaktor für die Region. Und das soll es auch bleiben. Damit dies gelingt, liegt unter Umständen noch ein beschwerlicher Weg vor uns. Man kann nur hoffen, dass es dann auch in Halle solche Bekenntnisse für den Erhalt des Unternehmens gibt, wie bei dem vorstehenden Foto aus Lübeck auf Seite 7. 9 Die Personalratspost Das glaubt mir keiner! Als k. M. – kleiner Medicus des UKH bin ich ja eigentlich dazu da, meinen Daumen immer auf die wunden Stellen des Lebens zu richten. Spannend ist es da immer wieder, wo ich fündig werde. Der guten Abwechslung halber bin ich mal durch diverse Zeitschriften gezogen, derer man hier im UKH habhaft werden kann. Eine Monatszeitschrift ist zum Beispiel f&w (kurz für Forschung & Wissenschaft). In der Ausgabe vom Januar 2011 stolperte ich über eine kurze Meldung. Also ich muss sagen, da brauchte es dann doch eine gewisse Zeit, um die sacken zu lassen. „Charitè bittet Führungskräfte um freiwilligen Gehaltsverzicht“ stand dort schwarz auf weiß zu lesen. Das war mir dann doch ein Innehalten und detailliertes Lesen wert. Offenbar hat der Vorstand des Berliner Hauses seine leitenden Angestellten und Chefärzte schriftlich gebeten, freiwillig auf einen Teil ihres Gehalts zu verzichten! 5 % wären es summa summarum. Die würden reichen, das Sparziel von 20 Millionen Euro zu erzielen und einen ausgeglichenen Haushalt anzustreben. Ein paar Details gefällig? Bitte schön: Es stand zu lesen: „ Eine Sprecherin der Charitè sagte demnach, die Bitte richte sich ausschließlich an die Besserverdienenden“, die außertariflich bezahlt würden, Zulagen erhielten oder über Nebeneinkünfte verfügten. Der Vorstand selbst verzichte ebenfalls auf die 5% Gehalt. Für den Fall, dass das Jahr 2011 für die Charitè mit einer schwarzen Null abschließe, stellte der Vorstand die Rückerstattung der Hälfte des freiwilligen Verzichts in Aussicht.“ Wie viele der rund 100 angeschriebenen Mitarbeiter der Bitte des Vorstandes folgten, konnte nicht ermittelt werden.“ Sie versehen meine Reaktion nach erstem Lesen? Nach einer angemessen Zeitspanne des Tief-durch-atmens habe ich mich dabei ertappt, wie ich zu Papier und Bleistift greife, um die eine oder andere Rechnung im Detail anzustellen. Nach ein paar Minuten des Nagens am Schreibgerät habe ich aufgegeben. Mir tat der Bleistift einfach leid. Rechtsecke Voller Freizeitausgleich für Bereitschaftsdienst Wird der Bereitschaftsdienst in Form von persönlicher Anwesenheit am Arbeitsplatz geleistet und steht der Beamte seinem Dienstherrn dabei jederzeit zur Verfügung, so zählt die Zeit als Volldienst. Der Freizeitausgleich ist in gleicher Höhe zu gewähren. Ein Polizeibeamter begehrte für den geleisteten Bereitschaftsdienst von der Zentralen Polizeidirektion Hannover in vollem Umfang Freizeitausgleich. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hob das ablehnende Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg wieder auf und gab dem Polizisten Recht. Der Beamte war im Jahr 2005 als Mitglied der Führungsgruppe bei der II. Bereitschaftspolizeiabteilung in der 4. Hundertschaft am Standort Lüneburg tätig. Aus Anlass des Castor-Transports 2005 aus der Wiederaufbereitungsanlage La Hague in das Transportbehälterlager Gorleben erließ die Polizeidirektion Lüneburg einen Einsatzbefehl, mit dem sie für die ihr unterstellten Polizeibeamten Mehrarbeit anordnete. Der Kläger unterlag diesem Einsatzbefehl. Er leistete während des CastorTransports insgesamt 32 Stunden Mehrarbeit in Form von Bereitschaftsdiensten. Diese Zeit wurde ihm mit 25 Prozent - acht Stunden auf die regelmäßige Arbeitszeit angerechnet. In diesem Umfang wurde dem Kläger für die geleisteten Bereitschaftsdienste Freizeitausgleich gewährt. Nach Auffassung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts kann der Polizist die Gewährung von weiteren 24 Stunden Freizeitausgleich beanspruchen. Die Arbeitszeitregelung für den Polizeivollzugsdienst vom 25. Mai 1992, auf deren Grundlage der Bereitschaftsdienst nur mit 25 Prozent auf die regelmäßige Arbeitszeit angerechnet worden ist, ist rechtsfehlerhaft. Die geleisteten Bereitschaftsdienste sind vielmehr hinsichtlich des Freizeitausgleichs wie Volldienst zu behandeln. Der Beamte ist zwar nach den vorliegenden Dienstnachweisblättern entgegen seiner Auffassung nicht unter Verstoß gegen Bestimmungen des europäischen Gemeinschaftsrechts rechtswidrig zu Mehrarbeit herangezogen worden. Es ist jedoch unzulässig, die geleisteten Bereitschaftsdienste hinsichtlich des Freizeitausgleichs anders als Volldienst zu behandeln, wenn der Bereitschaftsdienst - wie hier im Falle des Polizisten - in Form persönlicher Anwesenheit am Arbeitsplatz geleistet wird und der Beamte jederzeit während des Bereitschaftsdienstes dem Dienstherrn zur Verfügung stehen muss, um sofort seine Leistungen erbringen zu können. 10 Die Personalratspost Der zeitliche Umfang der Dienstbefreiung muss dem zeitlichen Umfang der geleisteten Mehrarbeit entsprechen. Eine lediglich anteilige Berücksichtigung der Bereitschaftsdienstzeiten und damit eine Differenzierung zwischen Volldienst und Bereitschaftsdienst bei der Berechnung eines Anspruchs auf Freizeitausgleich ist rechtswidrig. Denn die Zeiten des Bereitschaftsdienstes gelten in vollem Umfang als Arbeitszeit, die Beamten leisten somit während der gesamten Arbeitsschicht Dienst. Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 25.01.2011, 5 LC 178/09, PM des Nds. OVG vom 25.01.2011 Ohne Abmahnung keine Kündigung Trotz erheblicher Pflichtverstöße muss ein Verkehrsunternehmen einen Busfahrer weiterbeschäftigen. Auch bei Gefährdung von Personen und Sachen ist dem Arbeitnehmer die Möglichkeit einer Verhaltensänderung zu geben. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein musste im Falle eines Busfahrers die Wirksamkeit von mehreren Kündigungen und einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung prüfen. Der Arbeitgeber hatte dem Busfahrer aufgrund von Fahrgastbeschwerden wegen Unfreundlichkeit mehrere Ermahnungen ausgesprochen. Weitere folgten, als der Kläger anlässlich einer gewerkschaftlich unterstützten Aktion während der Arbeitszeit Unterschriften von Fahrgästen sammelte sowie beim Rückwärtsfahren Schäden verursachte und eine Haltestelle nicht bediente. Im Juni 2008 ließ der Busfahrer einen Betriebsfremden, etwa 16-jährigen Jugendlichen, mit einem Linienbus im Wert von 250.000 € auf dem Betriebshof Fahrübungen machen. Dabei stand der Kläger im Einstiegsbereich des Busses. Über diesen Vorfall führte der Betriebsmanager ein Gespräch mit dem Fahrer. Ob bei dieser Gelegenheit eine schriftliche Abmahnung übergeben wurde, ist streitig. Die Arbeitgeberin legte dem Gericht jedoch eine Abmahnung vor, indem eine Kündigung für den Fall angedroht wird, dass es erneut zu einer solchen Gefährdung von Personen und Sachen kommt. Ein Jahr später steuerte der Kläger den Linienbus 501 der Beklagten zwischen zwei Haltestellen mit offener Vordertür. Auf dieser Strecke von 314 Metern standen zwei Kinder des Klägers im vorderen Einstiegsbereich des Busses. Die Arbeitgeberin hörte daraufhin den Betriebsrat zu einer außerordentlichen und zu einer ordentlichen Kündigung des Klägers an. Sie sprach gegenüber dem Kläger eine fristlose sowie ordentliche Kündigung aus. Kurz darauf folgten zwei weitere Kündigungen ohne erneute Anhörung des Betriebsrates. Rechtsecke Die Arbeitgeberin vertrat die Auffassung, der Busfahrer habe durch sein gesamtes Verhalten gezeigt, dass er den Anforderungen an einen verantwortungsvollen Busfahrer nicht gerecht werden könne. Das Arbeitsgericht Elmshorn erachtete die ordentliche Kündigung für wirksam und wies die Klage ab. Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein gab der Klage in der Berufung jedoch statt und verpflichtete das Unternehmen zur Weiterbeschäftigung des Fahrers. Die Kündigung ist nicht aus verhaltensbedingten Gründen gerechtfertigt. Ohne Zweifel habe der Kläger mehrere Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verletzt. Jedoch gelte auch hier das Prognoseprinzip. Ausschlaggebend sei, ob in der Zukunft mit weiteren Pflichtverletzungen in gleicher oder ähnlicher Weise zu rechnen sei, entschied das LAG. Zweck der Kündigung sei nicht die Sanktion begangenen Fehlverhaltens. Was tatsächlich zwischen dem Betriebsmanager und dem Kläger besprochen wurde und ob es wirklich zu einer Übergabe der Abmahnung kam, konnte vor Gericht nicht geklärt werden. Demzufolge musste sich die Arbeitgeberin vorhalten lassen, keine Abmahnung ausgesprochen zu haben. Dies sei jedoch bei steuerbaren Verhalten grundsätzlich erforderlich. Nach Auffassung des LAG wurde dem Busfahrer nicht ausdrücklich sein Fehlverhalten aufgezeigt, so dass die Arbeitgeberin die Kündigungen nicht darauf stützen konnte. Das Fehlverhalten des Busfahrers stelle auch kein Grund für eine außerordentliche Kündigung dar. Weitere Unwirksamkeitsgründe ergaben sich noch daraus, dass die Kündigung vom neu eingestellten Personalleiter allein unterzeichnet war. Bei seinem Vorgänger war es üblich, dass ein weiterer Bevollmächtigter ebenfalls signierte. LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 15.09.2010 Aktenzeichen: 6 Sa 47/10 LAG Schleswig-Holstein Anspruch auf Beschäftigung als Oberärztin Arbeitnehmer müssen den Vereinbarungen im Arbeitsvertrag entsprechend beschäftigt werden. Darüber hinaus geht der Beschäftigungsanspruch jedoch nicht, hat das Arbeitsgericht Essen entschieden. Eine Oberärztin in der Abteilung für Plastische Chirurgie war von ihrem vorgesetzten Chefarzt zunächst zu dessen Stellvertreterin ernannt worden. Ihr Büro wurde mit einem entsprechenden Schild versehen und der Chefarzt teilte die Vertretungsregelung per Dienstanweisung mit. Nach einem – aus Sicht ihres Chefs – Fehlverhalten bei einer privaten Feier gegenüber einer Assistenzärztin, setzte der Chefarzt einen anderen Oberarzt als Stellvertreter ein. 11 Die Personalratspost In der Folgezeit wurde die Ärztin von Besprechungen ausgeschlossen, nicht mehr an der Dienstplanung beteiligt und erhielt keine OP-Termine für die eigenen Patienten mehr. Stattdessen setzte der Chefart andere Ärzte für diese Operationen ein. Das widerspreche der arbeitsvertraglichen Vereinbarung, die Chirurgin als Oberärztin einzusetzen, urteilte das Arbeitsgericht (ArbG) Essen. Es sei anerkannt, dass der Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis nicht nur Anspruch auf die vereinbarte Gehaltszahlung, sondern eben auch auf die tatsächliche vertragsgemäße Beschäftigung habe. Für eine Suspendierung müssten gewichtige Gründe vorliegen. An denen fehlte es aus Sicht des Gerichts. Die rein subjektive Motivationslage des Chefarztes sei nicht ausreichend. Wie aus dem Urteil hervorgeht, gehört zur Tätigkeit einer Oberärztin neben einer vergleichbaren Anzahl an Operationen wie die Oberarzt-Kollegen auch die Einbindung in organisatorische Tätigkeiten. Als Angehörige des Leitungsteams der Abteilung müsse sie auch in Führungsaufgaben eingebunden werden. Das Verhalten des Chefarztes rechnete das Essener Gericht der Klinik als Arbeitgeberin zu. Wie bei allen anderen Arbeitnehmern auch erfülle der Vorgesetzte gegenüber dem Mitarbeiter die Arbeitgeberfunktion. Weil der Beschäftigungsanspruch nur die arbeitsvertraglich vereinbarte Tätigkeit umfasse, habe die Ärztin keinen Anspruch auf die Position der Stellvertreterin. Die Bestellung sei keine Zuweisung auf eine feste Position oder eine Änderung des Arbeitsvertrages gewesen. ArbG Essen, Urteil vom 30.09.2010 Aktenzeichen: 1 Ca 806/10 Abgeltung von Überstunden Eine Arbeitsvertragsklausel, der zufolge alle Überstunden automatisch als mit der Grundvergütung abgegolten gelten, ist unwirksam. Das BAG gab dem klagenden Arbeitsnehmer recht. Die im Arbeitsvertrag entsprechend formulierte Abgeltungsklausel sei unwirksam. Laut Gericht handele es bei der in Rede stehenden Klausel um die Regelung einer Hauptleistungspflicht, die nach einer AGB-Inhaltskontrolle gem. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB gegen den Grundsatz das Transparenzgebots verstoße. Im vorliegenden Falle sei nicht hinreichend klar und deutlich dargelegt, in welchem Umfang Überstunden als pauschal abgegolten sein sollen. Es läge sogar nahe, dass der Kläger über das nach § 3 ArbZG zulässige Höchstmaß zur Arbeitsleistung verpflichtet werden sollte. Daher habe der Arbeitgeber alle Überstunden mit dem vereinbarten „normalen“ Stundenlohn auszubezahlen. BAG vom 01.09.2010 – 5 AZR 517/09 Ihre Interessenvertretungen: Personalrat des Universitätsklinikums Halle (Saale): Spannaus, Hans-Ullrich (Vorsitzender.) Mitsching, Heike (1. stellv. Vors.) Stäuble, Andreas (2. stellv. Vors.) Voigtländer, Kerstin (3. stellv. Vors) Fiebig, Christel Beier, Andrea Schneider, Jana Knöfel, Michael Kaspari, Angelika Schabel, Maja Neitzel, Andreas Scheibe, Anne-Kathrin Sobisch, Anja Telefon: Telefon: Telefon: Telefon: Telefon: Telefon: Telefon: Telefon: Telefon: Telefon: Telefon: Telefon: Telefon: 557 - 1204 557 - 1204 557 - 1204 557 - 1581 557 - 2140 557 - 1204 557 - 1204 557 - 2722 557 - 5860 557 - 2320 557 - 1204 557 - 3484 557 - 2233 Sprechzeiten: 1. Geschäftsstelle Magdeburger Str. 24, 1. Obergeschoss Donnerstag 13.00 Uhr – 16.00 Uhr Freitag 8.00 Uhr – 11.00 Uhr und nach telefonischer Vereinbarung 2. Ernst-Grube-Str. 40 (UKK), Komplement, 2. Ebene Raum 2503 Mittwoch 8.00 Uhr – 11.00 Uhr, Donnerstag 13.00 Uhr – 15.00 Uhr Terminvereinbarungen: Sekretariat: Tel.: 0345 / 557 1204 Fax: 0345 / 557 1205 E-Mail: [email protected] Homepage: www.medizin.uni-halle.de/personalrat/ Jugend- und Auszubildendenvertretung: E-Mail: [email protected] Homepage: www.medizin.uni-halle.de/personalrat/jav ACHTUNG - Neue Emailadresse ACHTUNG - Neue Emailadresse Schwerbehindertenvertretung Heike Schmidt, Tel. 0345 / 557 2077 oder über das Büro des Personalrates des Universitätsklinikums E-Mail: [email protected], Sprechstunden siehe Aushang Impressum Herausgeber: Personalrat des Universitätsklinikums Halle (Saale) Presserechtlich verantwortlich: Anschrift: Personalrat des Universitätsklinikums Halle (Saale) Magdeburger Str. 24, 06097 Halle (Saale) [email protected] Druck:Yellow Agency Delitzsch Wichtiger Hinweis: Unsere Auskünfte und Informationen erteilen wir nach besten Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr. 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