Große Exkursion New York 2009_Reader

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Große Exkursion New York 2009_Reader
2009
GROßE EXKURSION NEW YORK
WINTERSEMESTER 2008 / 09
ZEITRAUM: 16. – 23. FEBRUAR 2009
[GROßE EXKURSION NEW YORK]
Fakultät I:
Exkursionsleitung: PD Dr. Martin Pries
I
[DECKBLATT NEW YORK] 16. – 23. Februar 2009
II
[TEILNEHMER DER GROßEN EXKURSION NEW YORK] 16. – 23. Februar 2009
AUF DEN SPUREN NEW YORK’S WAREN …
Martin Bo Ahlers
Norman Borchert
Elke Dieterich
Elena Ehlert
Lena Heß
Ludmila Gerasimov
Henrik Horoschko
Natalia Khokhlova
Magdalena Lindner
Annette Oelze
Aileen Puppa
Kim-Katrin Rosenhagen
Iris Sannemann
James Sanon
Esther Wieferich
Anna Wilms
… und natürlich Herr Pries!
Herausgeber:
Redaktion, Schriftsatz, Layout:
PD Dr. Martin Pries
Ludmila Gerasimov, Aileen Puppa
Leuphana Universität Lüneburg
III
[TEILNEHMER DER GROßEN EXKURSION NEW YORK] 16. – 23. Februar 2009
IV
[TAGESROUTEN DER GROßEN EXKURSION NEW YORK] 16. – 23. Februar 2009
TAGESROUTEN DER GROßEN EXKURSION NEW YORK
Ankunft – 16. Februar 2009
Route I – 17. Februar 2009
Chelsea Piers (Kartierung)
Battery Park City
(Treffen mit Robert Simko)
Staten Island
Trinity Church
City Hall Park
Empire State Building
Route II – 18. Februar 2009
Grand Central Station
Crysler Building
Brooklyn Heights
Dumbo / Brooklyn Bridge
Lower East Side
Tompkins Square Park
Stuyvesant Town
Route III – 19. Februar 2009
Times Square
Broadway
Columbus Circle
Lincoln Center
Central Park
5th Avenue
Trump Tower
Rockefeller Center
Route IV – 20. Februar 2009
Wall Street
South Street Seaport (Kartierung)
Ground Zero / Studio Libeskind
Little Italy
Chinatown / Canal Street
Route V – 21. Februar 2009
Meatpacking District
Greenwich Village
Washington Square Park
Union Square Park /
Barnes & Nobles
Route VI – 22. Februar 2009
Gottesdienst in der St. Luke’s Episcopal Church in Harlem
Harlem
Obere Abb.: Stadtplan von Manhattan, NYC.
NYC
Quelle: www.onlynyc.com/new-york-maps/.
Abfahrt – 23. Februar 2009
V
Iris Sannemann
[1. CHELSEA PIERS]
VI
[INHALTSVERZEICHNIS] Große Exkursion New York
INHALTSVERZEICHNIS
1.
Seite
CHELSEA PIERS
1
Von Iris Sannemann
2.
BATTERY PARK CITY
7
Von Elena Ehlert und Magdalena Lindner
3.
LOWER EAST SIDE UND STUYVESANT TOWN
17
Von Kim-Katrin Rosenhagen
4.
TIMES SQUARE
31
Von Esther Wieferich
5.
CENTRAL PARK – NEW YORK’S GRÜNE LUNGE
39
Von Elke Dieterich
6.
WIRTSCHAFT UND IMMOBILIEN IN NEW YORK
45
Von Natalia Khokhlova
7.
SOUTH STREET SEAPORT
57
Von Ludmila Gerasimov
8.
WOHNEN IN DOWNTOWN MANHATTAN
79
Von Lena Heß und Annette Oelze
9.
GROUND ZERO
91
Von Henrik Horoschko und Anna Wilms
10. ETHNISCHE SEGREGATION
109
Von Martin Bo Ahlers, Norman Borchert und James Sanon
VII
Große Exkursion New York
[INHALTSVERZEICHNIS]
VIII
[1. CHELSEA PIERS] Iris Sannemannn
1.
CHELSEA PIERS
Von Iris Sannemann
Die Chelsea Piers am Hudson River (vgl. Abb. 1.1) waren schon Anfang des 20. Jahrhunderts
ein Umschlagplatz für Waren und auch für den Tourismus. Der Hafen wurde von vielen
Frachtschiffen und Luxuslinern angelaufen, noch ehe dieser im Jahre 1907 fertiggestellt wurde. Schon damals waren die Piers etwas Besonderes. Einerseits fortschrittlich aufgrund der
guten Erreichbarkeit für die Frachter für den Umschlag von Waren und andererseits auch
durch das beeindruckende Panorama und die vielen Schlagzeilen, die dann viele Touristen
anlockten.
Abb. 1.1: Luftaufnahme und Logo der Chelsea Piers.1
Nachdem der Kapitän des Luxusliners „Oceanic“ 1907 durch das beeindruckende Panorama
der Piers abgelenkt war, fuhr er geradewegs durch das Eröffnungsbanner
Eröffnungsbanner von den Chelsea
Piers. Die New York Times berichtete am nächsten Tag über den außergewöhnlichen und
kommunalen Erfolg des Hafens. Die Hafenansicht entwickelte damals das Architekturbüro
von „Warren and Wetmore“. Die Außenfassade der Gebäude bestand aus rosafarbenem
Granit. Zu den anderen außergewöhnlichen Projekten des Architekturbüros gehörte auch
1913 der Grand Central Terminal (Kopfbahnhof), er ist der größte Bahnhof der Welt. Der
Titel der New Work Times über die Chelsea Piers als „The most remarkable urban design
achievement of their day“ wirkte sich noch nachträglich positiv auf die Auftragslage für das
Architekturbüro aus.
Wie bereits erwähnt, besuchten die Piers viele Luxusliner, das änderte sich jedoch schlagartig ab September 1939. Während des Zweiten Weltkrieges suchten immer wieder Kriegs1
Quelle: www.chelseapiers.com/about.htm, Stand 20.08.2009.
1
Iris Sannemann
[1. CHELSEA PIERS]
schiffe den Hafen auf. Danach löschten wieder kleinere Frachter ihre Ladung. Jedoch konnten die Containerschiffe ab einer bestimmten Größe die Piers nicht mehr anlaufen, da die
Molen zu schmal waren und aufgrund der Ausrichtung der einzelnen Molen ungünstig zu
einander lagen. Daher löschten ab 1967 keine Schiffe mehr ihre Waren an den Chelsea Piers.
Eine Kettenreaktion war die Folge. Dadurch, dass weniger Ware gelöscht wurde, gab es weniger Arbeit für die Hafenarbeiter und auch die Besitzer der Lagerhallen und Verkäufer der
Waren verdienten weniger Geld. Immer mehr Gebäude standen daher leer. Somit sank auch
die Attraktivität der Piers für die Touristen, die sich das Schauspiel gerne ansahen und das
Ambiente des Piers in den Hafenkneipen genossen. Alles verfiel immer mehr. Vielerorts waren Fenster zerschlagen und die Lagerhallen verfallen bzw. zum Teil eingestürzt. Die verlassenen Gebäude brauchten nicht zurückgebaut werden, wie es in Deutschland üblich ist, so
dass die New Yorker Zeitungen Anfang der 1980er
1980er Jahre über gähnende Leere und Gebäuderuinen berichteten. Die Bürger trauten sich immer weniger in diese Gegend aufgrund von
Überfällen und Drogenhandel.
Mitte der 1980er Jahre gibt das State Departement of Transportation die Chelsea Piers zum
Abriss frei. Es wurde eine Autobahn entlang des Hudson Rivers geplant, jedoch wurde sie
nicht gebaut, da das State Departement of Transportation das Gelände nicht versteigern
konnte. Daher wurden die Flächen ab 1976 als Parkplatz
Parkplatz und Lagerfläche genutzt. Der Pier
60 wurde von der New York City Tow Pound genutzt, welche die Aufgaben der Verwaltung
und Bewirtschaftung von Gebäuden und Anlagen durchführt. Der Pier 59 wurde von einem
Unternehmen für die Abfallentsorgung genutzt und auf dem Pier 62 wurden die PKWs abgestellt, die von der Polizei abgeschleppt wurden. Auf die heutige Nutzung wird später eingegangen.
Nach langen Verhandlungen übernahm
1992 das Chelsea Piers Management die
Chelsea Piers und entwickelte das Sport
und Entertainment Center. Unter der Leitung von Roland W. Betts, Tom A. Bernstein und David A. Tewksbury bekommt
die historische Wasserfront wieder Aufwertung (vgl. Abb. 1.2). 1994 waren die
Planungen und die größten Umbauten für
das rein privat finanzierte Projekt abgeschlossen, es umschließt die Piers 59 bis
62. Schon zu diesem Zeitpunkt ist das
Umweltbewusstsein ein großes Thema.
Abb. 1.2: Geschäftsleitung Robert W. Betts, Tom A.
Bernstein und David A. Tewksbury.2
Somit werden alle Fenster isoliert, um Heizkosten zu sparen. Es werden zur Wärmedämmung Thermopanefenster eingebaut. Die Fertigstellung des Chelsea Piers Sports und Entertainment Komplexes wurde mit über 1 200 Gästen, Politikern und wichtigen Sportlern
gefeiert. Im August 1995 wird das Sportzentrum erstmals für die Öffentlichkeit freigegeben
2
Quelle: www.chelseapiers.com/prEP.htm, Stand 21.08.2009.
2
[1. CHELSEA PIERS] Iris Sannemannn
und die Bürger können Angebote wie Golf, Schlittschuhlaufen und Gymnastikprogramme
nutzen. Einen Eindruck der Größe vermittelt die Abb. 1.1. Der Artikel von Paul Goldberger
(November 1995) beschrieb das Projekt der Chelsea Piers, private und öffentliche Belange zu
verbinden. Der Park an der Wasserfront der Chelsea Piers sollte ein neuer Anziehungspunkt
für Manhattan, New York sein.
Mittlerweile ist der Chelsea Piers Sports und Entertainment Komplex ein angesagter Treffpunkt für alle Sportbegeisterten. Die Mitglieder können nicht nur Sportangebote nutzen,
sondern auch den Körper und die Seele in den Räumen „The Spa“ verwöhnen lassen. Es gibt
auch eine Vielzahl von Veranstaltungen und Events, die gebucht werden können, z. B.
Wellnesswochenenden. Es besteht auch die Möglichkeit für die Clubmitglieder die freien
Räume für private Feierlichkeiten zu buchen.
Schaut man sich die heutige Nutzung der Piers an, dann wird deutlich, dass die Nutzung als
Parkplatz wie in den 1980er Jahren noch beibehalten wurde und dass der Chelsea Piers
Sports und Entertainment Komplex noch immer kontinuierlich wächst. Es stehen ausreichend Parkplätze für die Clubmitglieder in den Erdgeschossen der Piers 59 bis 61 zur Verfügung (vgl. Abb. 1.1), die von der West Street aus über die drei Zufahrten zu erreichen sind.
Der Pier 62 ist zurzeit eine Baustelle. Es ist anzunehmen, dass das Field House, in dem hauptsächlich Mannschaftssportarten angeboten werden, die neue Fläche benötigt, um ein besseres Angebot anzubieten. Die aktuelle Fläche des Field Houses betrifft ein Stück im
Erdgeschoss zwischen den Piers 61 und 62 und im ersten Stock die Fläche zur West Street
zwischen Pier 62 und Ende Pier 61. Im Erdgeschoss gibt es eine „History Wall“, an der, der
geschichtliche Wandel visualisiert wird. Weiterhin gibt es dort die Möglichkeit z. B. Bowling
zu spielen, das „Grill Restaurant“ zu besuchen oder auch den Yachthafen zu nutzen. Die Fläche (Erdgeschoss und erster Stock) des Piers 59 wird von dem Golfclub genutzt. Die Spitzen
der Piers 60 und 61 (Richtung Hudson) werden jeweils von zwei Event Centern benutzt. Hier
können die Clubmitglieder die Räume für private oder öffentliche Feiern mieten. Hier können aber auch Tagungen oder geplante Events des „Green Team“ stattfinden. Im Ersten
Stock gibt es ebenfalls ein kleines Restaurant und Bowling. Der obere Teil des Piers 61 enthält verschiedene Eislaufbahnen für das normale Schlittschuhlaufen, Eiskunstlaufen oder
Eishockey. Das Pier 60 bietet allen Sonnenanbetern an der Spitze mit Blick auf den Hudson
River ein Sonnendeck. Weiterhin gibt es ein Schwimmbecken, Sportangebote des Sport Centers und einen Wellnessbereich.
Die Chelsea Piers waren und sind noch immer im Wandel. Das Chelsea Piers Management
versucht stätig sein Angebot zu verbessern und sich gleichzeitig sowohl durch die Angebote
und Events, als auch durch ihr verbessertes und überarbeitetes Unternehmenskonzept herauszustellen. Mitte 2006 wurde das „Green Team“ zusammengestellt, welches sich speziell
mit der Umweltschonung, Treibhausverringerung oder mit der Nahrungsmittelknappheit
beschäftigt. Das Team ist der kreative Kopf, der sich mit der Umsetzung umweltrelevanter
Projekte beschäftigt. Dazu gehörte die Umsetzung der Mülltrennung, so dass verschiedene
Behälter aufgestellt wurden, mit denen nur Dosen und Flaschen oder Papier gesammelt
wurden. Einen solchen Deckel für eine Tonne zum Dosensammeln zeigt das Bild mit der
Gruppe des „Green Teams“ (vgl. Abb. 1.3).
3
Iris Sannemann
[1. CHELSEA PIERS]
Abb. 1.3: Das „Green Team“.3
Im Oktober 2008 startete ein weiteres großes Projekt. Die „Science Barge“ ist ein Schiff am
Pier der Chelsea Piers, welches sich selbst umweltfreundlich mit Energie aus Solarkraft versorgt. Auf engstem Raum soll eine Möglichkeit
Möglichkeit dargestellt werden, effizient und umweltfreundlich Gemüse für die Stadt New York zu produzieren (vgl. Abb. 1.4). Außerdem kommt
diese Produktion ganz ohne Pestizide aus und gibt somit keine Schadstoffe
Schadstoffe an die Umwelt
ab. Einen weiteren Vorteil stellen auch die geringeren Transportwege dar, da derzeit noch
das Gemüse per LKW herantransportiert werden muss. Schulklassen und Besucher aus aller
Welt haben sich fasziniert das ehrgeizige Projekt angeschaut.
Abb. 1.4: Die „Science Barge“.4
3
4
Quelle: www.chelseapiers.com/green/greenTeam.htm, Stand 21.08.2009.
Quelle: www.chelseapiers.com/green/greenEvents.htm, Stand 21.08.2009.
4
[1. CHELSEA PIERS] Iris Sannemannn
Das „Green Team“ ist stolz auf seine bereits erreichten Leistungen oder durchgeführten Projekte. Recycling, Wertstofftrennung, umweltfreundliche Energiegewinnung und ganzheitliche Programme, die nicht nur die Ökobilanz der Chelsea Piers verbessern, sondern auch mit
Zukunftsblick für ganz New York und eventuell weltweit gelten können. Das ganze Konzept
des Chelsea Piers Sports und Entertainment Komplexes beruht auf Wachstum und Lernen.
Damit versucht das Management für die Clubmitglieder das maximal mögliche Sport- und
Gesundheitsprogramm zu erarbeiten, als auch Vorreiter und Vorbild im Umweltschutz zu
sein.
Literatur- und Quellenangaben
CHELSEA PIERS MANAGEMENT, INC., NEW YORK (2008): Mitgliederzeitschrift „On the Piers“, Vol. 11, No. 2.
CHELSEA PIERS MANAGEMENT, INC., NEW YORK (2009): Geschichte der Chelsea Piers, abrufbar unter:
www.chelseapiers.com/prhistory.htm, Stand 21.08.2009.
CHELSEA PIERS MANAGEMENT, INC., NEW YORK (2009): Green Chelsea Piers, abrufbar unter: www.chelsea
piers.com/green/, Stand 21.08.2009.
SOLF, PETER, SOLF, HOLGER (2009): Grand Central Station, abrufbar unter: www.newyork-reise.de/
grand-central-station.htm, Stand 22.08.2009.
5
Iris Sannemann
[1. CHELSEA PIERS]
6
[2. BATTERY PARK CITY]
2.
Elena Ehlert, Magdalena Lindner
BATTERY PARK CITY
Von Elena Ehlert und Magdalena Lindner
2.1
Allgemeine Informationen
Da das Wasser seine wirtschaftliche Bedeutung verlor, taten die New Yorker lange Zeit so, als existiere es nicht. Wenn man nicht gerade im Battery Park stand und auf die Fähre nach Liberty Island wartete, hatte man in Manhattan nirgends das Gefühl der Nähe zum Meer oder zu zwei mächtigen
Flüssen. Die Stadt grenzte sich vom Hudson und East River regelrecht ab. Highways trennten Wohnfläche von den Ufern. 374 km Uferstreifen hat New York und auf der Insel Manhattan gab es keine
einzige Uferpromenade. Noch in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts wagten sich nur Wenige in die
Nähe des verfallenen Piers am Hudson, die als Drogenland und Homosexuellenstrich bekannt waren.
1966 begannen die Bauarbeiten für das World Trade Center. Was die Bagger aushuben, landete im
Hudson: über 1 Mio. m³ Erde und Glimmerschiefer. Durch die Sandaufschüttung entstanden auf den
verfallenen Piers 37 ha neues Land an einem der attraktivsten Standorte New Yorks. Dort wo ein
ungenutztes Hafenareal lag, war die Stadt wieder an ihr Ufer gewachsen. Man entdeckte schnell das
Potential, welches hier lag: Es konnte zentral, aber dennoch fernab des Lärms der Stadt direkt am
Wasser gewohnt und gearbeitet werden. Nach einer turbulenten Entwicklungsphase mit wirklichkeitsfremden Reißbrettplänen der 1960er Jahre, die Battery Park City (BPC) als isolierte Stadt mit
gleichförmigen Wohnklötzen vorsahen, stand 1979 der Masterplan von den neuen Stadtplanern
Alexander Cooper und Stanton Eckstut für die künftigen Bebauungen fest: Vorhandene Formen
Lower Manhattans, wie das Straßennetz, sollten fortgeführt werden, viel Wohnraum sollte durch
Büroflächen und öffentlichen Raum ergänzt werden, der eine 2 km lange Uferpromenade und zahlreiche Parks mit einschließen soll. Im Südwesten Manhattans sollte somit ein Stadtteil entstehen, in
dem 30 000 bis 35 000 Menschen leben und etwa genauso viele arbeiten würden. Sensationell für
New York war bei dem Projekt die Aufteilung der Flächennutzung: 42 % war für den Wohnbereich, 9
% für gewerbliche Nutzung, 30 % für unbebaute Fläche, wie Parks und Plätze, sowie 19 % für Straßen
vorgesehen. Fast die Hälfte des Areals sollte demnach öffentlicher Raum werden, der von der Bevölkerung angenommen werden soll.
Heute umfasst die BPC ca. 864 000 m² Gewerbeflächen, ca. 670 000 m² Wohnflächen, 52 Geschäfte
und Dienstleistungen, 14 ha Parkflächen, 22 Restaurants, 20 im öffentlichen Raum ausgestellte
Kunstobjekte, 3 öffentliche Schulen, 2 Hotels, ein Multiplexkino, einen Yachthafen, eine Uferpromenade, das Irish Hunger Memorial, das Jüdische Museum, das New York Police Memorial und das Wolkenkratzer Museum.
9 000 Menschen, die heute im BPC wohnen, gehören gemessen nach ihrem Einkommen größtenteils
zur obere Mittelschicht und Oberschicht, die wiederum bis zu 75 % aus weißer Bevölkerung besteht.
Insgesamt für 14 000 Einwohner soll bis 2012 die Wohnfläche bereitgestellt werden.
Die BPC erhielt den weltweiten Beifall als erfolgreiches Praxisbeispiel einer Erneuerung eines Stadtteils. Die Battery Park City Authority bekam zahlreiche Auszeichnungen für seine Leistungen in Architektur, Design und nachhaltiger Entwicklungen.
7
Elena Ehlert, Magdalena Lindner
[2. BATTERY PARK CITY]
Die Battery Park City lässt ich in mehrere Bereiche unterteilen, wie aus
der Abb. 2.1 hervorgeht:
Das Zentrum bildet das World Financial Center mit dem North Cove
Yacht Harbor. Hiervon geht nördlich
die North Residential Area ab, die
mit der Stuyvesant High School abgeschlossen wird. Im südlichen Teil
befindet sich die South Residential
Area, die mit dem Museum of Jewish
Heritage direkt am Battery Park endet. Die Viertel beherbergen außerdem
zahlreiche
Parks
und
Grünanlagen mit verschiedensten
Kunstobjekten. Die einzelnen Abschnitte des BPC werden durch eine
2,5 km lange Uferpromenade verbunden. Sie war nach dem Bau der
Brooklyn Heights Promenade 1954
die erste öffentliche Promenade in
New York. New York hat sich somit
als Stadt am Wasser wieder entdeckt.
Der Angriff auf das World Trade Center 2001 zog auch die BPC schwer in
Mitleidenschaft. Mehr als zwei Drittel der Bewohner flohen, nachdem
die Türme zusammenbrachen. Gateway Plaza, der größte Wohnkomplex,
war mit Flugzeugteilen durchbohrt
und v. a. der Wintergarten vom
World Financial Center war schwer
beschädigt. Der Wiederaufbau wurde jedoch schnell begonnen und fertiggestellt. Durch gesenkte Mieten
und staatliche Zuschüsse konnte
man viele Mieter in die BPC zurückholen. Zurzeit gibt es nur sechs leere
Standorte in der BPC. Für 2009 ist
aber vorgesehen, dass auch diese
vergeben sein werden.
Abb. 2.1: Lage- und Aufrissplan der
Battery Park City.5
5
Quelle: www.nypd-lba.org/images/photos/memmap.gif, Stand 30.09.2009.
8
[2. BATTERY PARK CITY]
2.2
Elena Ehlert, Magdalena Lindner
Entwicklung und Konzepte
Der New Yorker Hafen galt lange Zeit als der wichtigste Verbindungspunkt zu Europa. Mit der Zeit
verlor aber der Hafen am Hudson in den 50er- und 60er-Jahren des 19. Jahrhunderts seine Bedeutung. 110 Piers und 24 Fährbrücken waren sinnlos geworden. Einerseits deshalb, weil mit der Erschließung des Luftraums die Bedeutung der Schifffahrt zurückgegangen war, andererseits, weil
heutzutage die modernen Containerschiffe unterwegs sind, zu deren Entladung man riesige Stapelflächen benötigt. Die gab es in Manhattan nicht, daher wandten sich die Reeder nach Brooklyn oder
Newark. So verfielen mit der Zeit die Hafen- und Werftanlagen, Schuppen und Bahngleise am Hudson
River.
Entwicklung in Fakten
1958
entwickelt die Downtown-Lower Manhattan Association (DLMA) einen Plan zur Sanierung
der Stadtbereiche Lower Manhattan und East River Waterfront.
1960
wurde von der DLMA der Bau eines World Trade Center am Westufer vorgeschlagen.
1962
entstehen im Auftrag der Stadt New York die ersten Studien zur Umstrukturierung der Uferbebauung des Hudson Rivers. Zwischen 1962 und 1975 wurden zahlreiche Bebauungspläne
für die BPC ausgearbeitet, die jedoch einige Ziele gemeinsam hatten: Lower Manhattan sollte
erweitert werden, den Menschen sollte wieder die Möglichkeit gegeben werden, in Downtown nicht nur zu arbeiten, sondern auch zu wohnen und schließlich sollten öffentliche Plätze
errichtet werden, die den Menschen in der BPC Gelegenheit bieten, der Hektik der Stadt zu
entfliehen.
stellt das New York City Departement of Marine and Aviation seine Bebauungspläne zur Wiederbelebung des Hafens vor (insbesondere verfallene Piers in dem heutigen Gebiet Tribeca).
Demnach sollten dort neue Appartements sowie Industrie- und Frachtbereiche mit größeren
Docks und Lagerhäusern entstehen. Die DLMA reagiert hingegen mit eigenen Plänen eines
neuen Stadtviertels mit Luxusapartments im Stil der 1960er Beach Resorts mit Blick auf den
Hudson. Die Pläne wurden später verworfen.
1963
1966
beauftragt der Gouverneur Rockefeller den Star-Architekt der damaligen Zeit Wallace K. Harrison das Modell einer kompletten Gemeinde für alle Bevölkerungsschichten zu entwerfen.
Eine der wichtigsten Ziele des Gouverneurs war dabei die Errichtung der Mietwohnungen für
die ärmere Bevölkerung aus Slumgebieten.
Der Architekt entwickelt einen aus zwei Ebenen bestehenden Stadtviertelaufbau. Auf der unteren Ebene sollte Leichtindustrie angesiedelt werden. Auf der anderen Ebene sollte ein eigenständiges Wohnviertel mit sozialen Einrichtungen und kinderfreundlichen Grünflächen
zwischenden Hochhäusern entstehen. Der Entwurf scheiterte ebenfalls. Wallaces Architekturvorschläge galten bereits als altmodisch.
1968
wird von dem Staat New York die gemeinnützige Battery Park City Authority (BPCA) zur
Koordinierung aller Umstrukturierungsmaßnahmen der Uferbebauung gegründet.
1969
wird vom Bürgermeister John Lindsay sein eigenes Architekturteam von der Firma Conklin &
Rossant beauftragt. Somit entstand ein Wettbewerb zwischen der Stadt und dem Staat New
York. Ein Kompromiss zwischen den Architekturteams von Rockefeller und Lindsay wird erreicht, als die beiden Teams unter der Leitung von Charles S. Urstad, dem Vertreter der BPCA,
zusammenarbeiten. Der Bürgermeister Lindsay setzt sich dabei für die Errichtung von ein
Drittel Wohneinheiten für die Niedrigverdiener ein. 1969 wird als Ergebnis der Zusammenar9
Elena Ehlert, Magdalena Lindner
[2. BATTERY PARK CITY]
beit der erste offizielle Master Plan veröffentlicht: Entlang der Waterfront sollte sich eine
„Lifeline“ ziehen, die zum Teil offen sein sollte. Sie sollte zahlreiche Geschäfte, Restaurants,
Parks, Verkehrsanbindungen sowie öffentliche Einrichtungen verbinden. Der futuristische
Entwurf war ein typischer Reißbrettplan aus dem Geist der 1960er Jahre, theoretisch und
wirklichkeitsfremd: Bürotürme am einen, gleichförmige Wohnkästen am anderen Ende.
Mit dem Beginn der wirtschaftlichen Rezession geht die städtische Finanzkraft zurück. Da die
Entwürfe ausschließlich auf ein Gesamtkonzept (entweder Bau des gesamten Viertels nach
den vorgegebenen Plänen oder eine komplett neue Lösung) beruhten, wurden keine risikofreudigen Investoren gefunden und das Projekt schließlich nie realisiert.
1975
wurden aufgrund der finanziellen Situation der Stadt private Investoren einbezogen, denen
man mehr Flexibilität und weniger offizielle Planung versprach. Die Änderungen im Master
Development Plan wenden sich dabei gegen den Bau von Wohnraum für Niedrigverdiener,
öffentliche Infrastruktur von den Plänen der 1969er Jahre wurden verworfen.
Das Battery Park City Projekt wurde in unabhängig von einander zu entwickelnden Gebiete,
sog. PODs, unterteilt. Die geschlossene Bauweise eines PODs hatte lediglich einen bewachten
Zugang und bot in sich einen eigenen Bereich für die drei- bis viertausend Bewohner. Der
Sicherheitsaspekt dieses Stadtmodells richtete sich an die neue Zielgruppe: Mittelklasse aus
den suburbanen Räumen, die in den Bürokomplexen Arbeitsplätze finden sollte. Ein Beispiel
solcher PODs ist der Wohnkomplex Gateway Plaza, der 1985 eröffnet wurde.
1979
Bis zu diesem Zeitpunkt war die Stadt New York Eigentümer des aufgeschütteten Gebietes
und die Battery Park City Authority lediglich der Pächter. Doch die New Yorker Finanzkrise
blockierte weitgehend die Entwicklung des Projektes. Diese finanzielle Situation führte dazu,
dass das Eigentumsrecht schließlich an die privatrechtliche Authority übertragen wurde. Daraufhin wurde schnell ein neuer radikaler Master Plan entwickelt.
Die Städtebauer Alexander Copper und Stanton Eckstut präsentierten der Authority einen
neuen Entwurf. Der Rahmenplan integrierte die Battery Park City in das Lower Manhattan,
führte alte Straßen fort, nahm überkommene Bauformen auf und orientierte sich am schönsten, alten New York: Park Avenue, Central Park, Upper West Side. Fast 50 % des Areals sollten, sensationell für New York, freie Flächen, öffentlicher Raum werden. Die Esplanade am
Hudson ist 2 km lang und 21 m breit. Die Plaza, 14 000 m² groß, hat Stufen zum Wasser und
Granittische im Picknick-Bereich. Einen Wintergarten direkt an der Piazza, mit Brücke zur
Downtown, haben die Bauherren des zukünftigen World Financial Centers spendiert. Die
Richtlinien für Unternehmer und Architekten wurden bewusst bis ins Detail festgeschrieben:
Sie schreiben Backstein generell und Naturstein für die Sockelgeschosse vor, legen Simse,
Traufen und Balkone fest – alles auf kurzen, kleinen Blocks, um Vielfalt zu erreichen.
Der Belag von Straßen, Wegen, Plätzen wurde ebenfalls festgelegt: Granit, Asphalt, Kopfsteinpflaster – je nach erwarteter Belastung (und benachbarter Bepflanzung). Die Gestaltung
der öffentlichen Geräte wurde auch geregelt: traditionelle Laternen, Bänke, Geländer – aus
Guss- und Schmiedeeisen. Sogar die Bäume und Sträucher wurden sorgfältig gewählt: Akazien und Silberlinden, Holzapfel und Felsenbirne, Zierkirsche, Weißdorn – jede Straße wird
von einer anderen Sorte gesäumt. Die Blockbauweise in der BPC ermöglichte weitere Parzellierungen der Bereiche und somit die Flexibilität bei der Nachfrage nach Wohn- und Büroflächen.
10
[2. BATTERY PARK CITY]
Elena Ehlert, Magdalena Lindner
Die Batter Park City war die erste in der Stadt, die forderte, dass alle neuen Bauten bzw. Bauentwicklungen „grünen“ Standards ensprechen müssten. Wenn sie komplett fertiggestellt ist, wird es in der
BPC insgesamt ca. 372 000 m² nachhaltigen Bauens geben, mit den Parks, die ohne chemische Pestizide und Dünger instand gehalten werden.
Im Jahr 2003 wurde das Solaire, das landesweit erste nachhaltige Wohnhochhaus in der BPC eröffnet. Umwelttechnisch so konstruiert, dass es 65 % weniger Energie während der Hauptverbrauchsstunden verbraucht, 35 % weniger Energie insgesamt – und 50 % weniger Trinkwasser als andere
ähnliche Apartmenthäuser. Solaire wurde zu einem weltweiten Benchmark-Maßstab für die nachhaltige Entwicklung im Wohnungsbau ernannt und bekam 2004 von der US-Umweltschutzagentur den
Preis für „highest recognition of public works for protecting and enhancing environmental quality“, zu
deutsch „die höchste Anerkennung für öffentliche Arbeiten für das Schützen und Aufwerten der
Umweltqualität“.
In der ganzen BPC befinden sich derzeit vier weitere nachhaltige Wohnhochhäuser und ein Geschäftsgebäude in verschiedenen Stadien der Fertigstellung (z. B. Tribeca Green).
2.3
Ortsbeschreibung
World Financial Center
Das World Financial Center (WFC) ist eine Gruppierung von vier Türmen (vgl Abb. 2.2), welche 1988
fertiggestellt wurden. Es liegt unmittelbar westlich des nun zerstörten World Trade Center auf einem
aufgeschütteten Areal auf der Westseite von Lower Manhattan, das vom Hudson River, dem West
Side Highway, der Versey Street und der Liberty Street begrenzt wird.
Abb. 2.2: Das World Financial Center in der Battery Park City.6
6
Quelle: bluedandelion.net/english/nyc2.htm, Stand 30.09.2009.
11
Elena Ehlert, Magdalena Lindner
[2. BATTERY PARK CITY]
Das World Financial Center besteht aus vier Türmen aus Glas und Granit, 34 bis 51 Geschosse hoch.
Der argentinische Architekt Cesar Pelli griff eine alte Tradition wieder auf, stufte die Gebäude nach
oben hin zurück und setzte ihnen kupferne Dachkronen auf: eine Mastaba, eine Stufenpyramide,
eine Pyramide und eine Kuppel. In den unteren Geschossen verwandt er überwiegend dunklen Granit, je höher er baute, desto heller wählte er den Stein und desto mehr Glas fand Verwendung. Jeder
der vier Bauten hat eine prächtige Lobby, für deren Ausstattung bis zu 27 Sorten Marmor herbeigeschafft wurden. Seine Türme waren Teil einer Gesamtkomposition und bildeten das leichte, spielerische Gegengewicht zu den beiden strengen Monolithen des World Trade Center.
Das WFC umfasst heutzutage 550 000 m² Bürofläche, 28 000 m² Ladenfläche sowie 23 000 m² Lobby
und öffentliche Räume auf 5,5 ha aufgefülltem Areal. Vier Bürotürme, ein Wintergarten, ein überdachter, von oben belichteter Innenhof sowie ein 1,4 ha großer gärtnerisch gestalteter öffentlicher
Platz sind Bestandteil des Projekts.
Im World Financial Center kann man die Büros von Firmen wie der Verlagskonzerne Dow Jones, Wall
Street Journal, der Maklerfirma Oppenheimer & Co., des Börsenmaklers Merrill Lynch und von American Express finden. Außerdem ist die Handelsbörse New York Mercantile Exchange 1997 in die BPC
eingezogen, was einen positiven Einfluss auf das Image der WFC hatte.
Wintergarten des World Financial Center
Der Wintergarten (vgl. Abb. 2.3) ist das Herzstück des WFC und besteht aus einer großen offenen
Halle unter einem 38 m hohen, 36,6 m breiten und 61 m langen gewölbten Glasdach. In ihm befinden
sich 16 12 m hohe Palmen aus der Mojave Wüste. Im Gebäudekomplex sind zahlreiche Geschäfte
und Restaurants zu finden.
Der Garten dient als Treffpunkt für den
gesamten Komplex und ist der Schauplatz des Kultur- und Eventprogramms
des WFC mit einer großen Bühne am
östlichen Ende. Die Plaza, eine öffentliche Grünanlage, ist der Außenstandort
für Kunst- und Eventprogramme der
BPC.
Das WFC verbindet Geschäftsleben, Unterhaltung durch zahlreiche Events
(z. B. Ausstellungen, Konzerte, musikalische Aufführungen, Theateraufführungen etc.), Shopping (Boutiquen wie
Sunglass Hut, Georgiou Studio, Ann
Taylor etc.) sowie 21 Restaurants und
Cafes für jeden Geldbeutel.
Abb. 2.3: Wintergarten im World
Financial Center.7
7
Quelle: www.grahamowen.com/Adirondacks_2006-Bus-Ride.html, Stand 30.09.2009.
12
[2. BATTERY PARK CITY]
Elena Ehlert, Magdalena Lindner
Museum of Jewish Heritage – A Living Memorial to the Holocaust
Das Gebäude des Museums wurde vom Architekt Kevin Roche entwickelt und am 15. September
1997 fertiggestellt.
Der sechseckige Granit-Rundbau in Form eines angedeuteten Davidsterns (vgl. Abb. 2.4) hat die Höhe
von ca. 26 m. Diese Symbolik in Dachform soll nach dem Willen des Architekten an die 6 Mio. Juden
erinnern, die im Holocaust gestorben sind.
Die Ausstellungen des Museums geben den Menschen die Möglichkeit die Kultur und die Geschichte
des Judentums vor, während und nachdem Holocaust kennen zu lernen. Den Besuchern wird die
Entwicklung der jüdischen Kultur auf unterschiedliche Art und Weise präsentiert – durch Bücher,
typische Kleidung, Kunst und religiöse Objekte. Über die drei Ausstellungsebenen, die chronologisch
angeordnet sind, bewegt sich der Besucher kreisförmig in die Spitze des Gebäudes. Hierbei wird v. a.
darauf Wert gelegt, nicht nur die jüdischen Leiden im Holocaust zu zeigen, sondern auch die traditionsreiche Geschichte des gesamten jüdischen Volkes von ihren Anfängen bis zu den heutigen Tagen.
Mehr als 15 000 Photografien, Exponate und Dokumente sowie 24 Originaldokumentarfilme tragen
dazu bei.
Adresse: 36 Battery Place, New York, NY 10280.
Abb. 2.4: Das Museum of Jewish Heritage in der Battey Park City.8
Skyscraper Museum
Bevor das Museum seinen permanenten Ausstellungsort in der BPC fand, wurden die Ausstellungen
zu ausgewählten Themen (z. B. Design Development: Times Square) zwischen 1997 und 2003 an vier
verschiedenen Standorten durchgeführt.
Das Museum ist der Entwicklung der Skyline-Architektur in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
gewidmet. Insbesondere New Yorks reiches Architekturerbe, seine Wirkung und Individualität stehen
bei den Ausstellungen im Vordergrund. Die Ausstellungen, Programme und Publikationen zeigen die
8
Quelle: travel.webshots.com/photo/1344146346031860892anjMku, Stand 30.09.2009.
13
Elena Ehlert, Magdalena Lindner
[2. BATTERY PARK CITY]
Skylines aus unterschiedlichen Perspektiven – Design, Technologie, als Immobilieninvestitionen und
als Ort zum Wohnen und Arbeiten.
Zu den permanent ausgestellten Objekten gehören z. B. ein Mini-Modell von der Insel Manhattan,
Karten und Photographien von Lower Manhattan, die Geschichte der Entwicklung des World Trade
Center-Komplexes und die Neubebauungsprojekte von Ground Zero in Bildern und Dokumenten.
Adresse: 39 Battery Place, New York, NY 10280.
North Residential Area (NRA)
Die NRA führt nordöstlich am Hudson River entlang und schließt im Norden die BPC mit der TriBeCa
Bridge und der Stuyvesant School ab. Die NRA bildet einen der zwei großen Wohnbereiche der BPC.
Es gibt außerdem ein Seniorenheim mit ca. 250 Wohnungen – The Hallmark Brookdale Senior Living
sowie die Stuyvesant High School mit der direkten Verbindung zu Manhattan durch die TriBeCa
Bridge.
Der Rockefeller Park am nordöstlichen Ende der BPC wurde 1992 eröffnet. Ausgestattet mit Plätzen
für Volleyball, Handball und Basketball, einem Kinderspielplatz sowie einem Landschaftsgarten mit
Liegewiese bietet der Park zahlreiche Möglichkeiten für die Freizeitverbindung. Den kulturellen Mittelpunkt bildet das im Stil eines griechischen Tempels errichtete Park House, in dem unterschiedliche
Konzerte oder Lesungen stattfinden.
The Belvedere am North Cove Park wurde 1995 fertiggestellt und verbindet den Rockefeller Park mit
dem WFC. Es wurde im Stil eines englischen Parks mit alten Eichen erbaut und versucht die direkte
Verbindung zum Hudson River darzustellen.
South Residential Area (SRA)
Die SRA verläuft südlich vom WFC bis zum Jüdischen Museum am Battery Park und vereint Gateway
Plaza Neighborhood, Rector Place Neighborhood und Battery Place Neighborhood mit den Wohnungen für die obere Mittelschicht und die Oberschicht.
Der Park Robert F. Wagner am südlichsten Ende der Battery Place Residential Neighborhood wurde
1996 vollständig eröffnet. Es ist ein großer grüner Platz mit vielen freien Flächen, Gärten, Skulpturen
und Restaurants. Von hier aus hat man einen Blick auf die „Statue of Liberty“ im New Yorker Hafen
und man kann auch das Jüdische Museum besuchen.
Die South Cove wurde von der Künstlerin Marry Miss gestaltet und soll an die alte Uferlinie und
Pieranlagen aus dem 18. und 19. Jahrhundert am Hudson River erinnern. Das 1997 errichtete Police
Memorial vom Designer Stuart B. Crawford würdigt die Arbeit des New York Police Departement.
14
[2. BATTERY PARK CITY]
2.4
Elena Ehlert, Magdalena Lindner
Resümee
Battery Park City erlebte in den Zügen ihrer Entwicklung viele Höhen und Tiefen. Viele Bebauungspläne waren gescheitert. Viele Rückschläge musste der Stadtteil erfahren. Doch die BPC lernte aus
Entwicklungen. Von den anfänglichen Gedanken über geschlossene Bauweise, der sog. Gated Communities für die Oberschicht, schaffte es die BPC letztendlich mit dem Master Plan und seiner Aufteilung der Flächennutzung eine offene, luftige Struktur und nachbarschaftliches Klima zu erreichen.
Hier konnte New York endlich aufatmen, der Lärm der Stadt bleibt in der BPC zurück.
In den letzten Jahrzehnten wurde auch in der BPC der Aspekt der Familienfreundlichkeit zunehmend
in den Vordergrund gestellt. Denn dort, wo anfänglich Apartments für die ledigen Workaholics der
Wall Street entstanden, wurden natürlich auch Kinder geboren. Danke der Bürgerinitiativen vor Ort
sind innerhalb weniger Jahre einige Kindergärten und Schulen entstanden und weitere werden noch
geplant. Heute leben hier Familien, deren Kinder zu Fuß zur Schule gehen können und bald auch auf
Rasen spielen können, der ganz ohne künstliche Dünger auskommen soll. Denn Grün ist „in“ in der
BPC, die auch in Bezug auf Nachhaltigkeit als vorbildlicher Stadtteil gilt. Neben dem landesweit ersten
nachhaltigen Wohnhochhaus Solaire sind weitere umweltfreundliche Gebäude in unterschiedlichem
Stadium der Fertigung.
Von der Geschichte der BPC kann man viel lernen. Gerade für die vergleichbaren Projekte ist die
Battery Park City ein Vorzeigebeispiel wie man aus den kritischen Situationen lernt, wie man auf die
gesellschaftlichen Veränderungen rechtzeitig reagiert und wie wichtig die Zusammenarbeit von privaten und staatlichen Unternehmen sein kann.
Literatur- und Quellenangaben
GORDON, DAVID L. A. (1997): Battery Park City: politics and planning on the New York waterfront, Amsterdam.
wissen.spiegel.de/wissen/dokument/dokument.html?id=13521243&top=SPIEGEL, Stand 05.04.2009.
www.batteryparkcity.org/page/page13.html, Stand 15.09.2009.
www.lowermanhattan.info/future/looking_ahead/24_7/battery_park.aspx, Stand 15.09.2009.
www.mjhnyc.org/museum_aboutus_a.htm, Stand 15.09.2009.
www.nytimes.com/2007/10/21/realestate/21livi.html?_r=2&oref=slogin, Stand 15.09.2009.
www.skyscraper.org/LOCATION/HISTORY/history.htm, Stand 15.09.2009.
www.wissen.de/wde/generator/wissen/ressorts/reisen/reisefuehrer/new_york/index,page=164819
8.html, Stand 15.09.2009.
www.worldfinancialcenter.com/, Stand 15.09.2009.
15
Elena Ehlert, Magdalena Lindner
[2. BATTERY PARK CITY]
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[3. LOWER EAST SIDE UND STUYVESANT TOWN] Kim-Katrin Rosenhagen
3.
LOWER EAST SIDE UND STUYVESANT TOWN
Von Kim-Katrin Rosenhagen
3.1
Lower East Side
19. bis Anfang des
20.IIIJahrhunderts
Route
Bis zum 19. Jahrhundert war das Gebiet auf der südöstlichen Seite Manhattens Farmland mit
großen Anwesen für Wohlhabende.
Mit der ersten Migrantenwelle Anfang des 19. Jahrhunderts änderte sich dies, Manhatten
wurde 1811 in rechteckige Baugrundstücke unterteilt (The Grid). Ursprünglich war die Lower
East Side als bürgerliches Viertel geplant, allerdings wich die Mittel- und Oberschicht immer
weiter nach Norden aus, um nicht von der sich im Süden ausbreitenden Industrie gestört zu
werden. Die Lower East Side wurde so zu dem Einwandererviertel New Yorks, hier fanden
die Migranten ihre erste Bleibe und Arbeit in den Fabriken.
Ende des 19. Jahrhunderts hatte sich Manhatten schließlich in Uptown (bürgerlich, wohlhabend) und Downtown (Migranten, Working-Class) geteilt. Die Bürgerlichen mieden die Unterschicht und deren Wohnviertel. Das Treiben in der Lower East Side stellte den genauen
Gegensatz der bürgerlichen Gesellschaft dar, dieses Empfinden wurde durch sensationsgierige Presseberichte verstärkt. Die elendigen Lebensbedingungen der Migranten waren
nicht von Interesse.
Die erste große Migrantengruppe bildeten ab ca. 1850 die Iren, ihnen folgten ab den 1860er
Jahren die Deutschen, in den 1890er Jahren Italiener und von den 1880er Jahren bis 1925
überwiegend osteuropäische Juden.
Um 1910 lebten rund 500 000 Menschen in der Lower East Side.
Um die Straße St. Mark's Place bildete sich eine kleine deutsche Gemeinde, die sich allerdings schon ab 1904 nach einem Schiffsunglück wieder auflöste. Ebenfalls zogen mit der Ankunft der Osteuropäer viele Deutsche weg (nach Upper Manhatten oder Brooklyn). Die
jüdischen Migranten waren meistens sehr viel besser ausgebildet und hatten feste Arbeitsstellen. So entstand eine jüdische Kleinkultur mit Cafés, Büchereien, Delikatessen, Druckereien und kulturellen Einrichtungen.
Aufgrund der stetigen Migrantenströme wurden in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts sehr
viele neue Wohnhäuser errichtet, die Lower East Side wuchs weiter nach Norden bis zur 9th
Street. Gebaut wurden die sog. Tenements, vier- bis fünfgeschossige Wohnblöcke, zunächst
in Blockrandbebauung. Die Qualität dieser Häuser war niedrig, den Eigentümern (Landlords)
ging es vorrangig um hohe Renditen. Die immer größer werdende Zahl der Menschen lebte
in völlig überfüllten Wohnungen unter teilweise menschenunwürdigen Bedingungen, erst
1867 gab es das erste „Tenement Law“, das aber aufgrund von Korruption nicht befolgt wurde. Rudimentäre Bauvorschriften wurden erst seit den 1890er Jahren eingehalten.
17
Kim-Katrin Rosenhagen
[3. LOWER EAST SIDE UND STUYVESANT TOWN]
Abb. 3.1: Titelbild des Buches „How the other half lives“.9
Ende des 19. Jahrhunderts begannen Frauen aus der Lower East Side, die sich zumeist in
Vereinen organisierten, mit einer Art Sozialarbeit, um das Viertel aufzuwerten. 1890 erschien das Buch „How the other half lives“ (vgl. Abb. 3.1) von Jacob Riis. Dieser halbwegs
realistische Fotoberichtband öffnete den Bürgerlichen die Augen für das Elend der Bewohner, abseits von sensationsgierigen Beschreibungen.
1910 gab es schließlich das zweite „Tenement Law“. Allerdings hatte auch hier außer den
Bewohnern selbst niemand ernsthaftes Interesse,
Interesse, die Bauvorschriften durchzusetzen.
Die Lower East Side hatte damals aber auch etwas Anziehendes, Exotisches für die Bürgerlichen. Junge Männer gingen dort aus, um sich zu amüsieren, zu trinken und Mädchen zu lernen. Es war eine Flucht aus der bürgerlichen
bürgerlichen Welt, in die man am nächsten Tag zurückkehrte.
Viele Erzählungen und Romane spielten in der Lower East Side, wo unter dem Vorwand, die
heruntergekommene Gesellschaft zu beschreiben, freizügige Geschichten erzählt werden
konnten.
Anfang des 20. Jahrhunderts zogen viele Bohemians in die Lower East Side, sie wollten abseits der bürgerlichen Zwänge leben und hatten eine verklärte Sicht auf das Leben im Slum.
Die meisten zogen aber ins Greenwich Village
Village auf der West Side, so dass dort die Mieten
begannen zu steigen.
Erste Hälfte des 20. Jahrhunderts
Mit dem 20. Jahrhundert begann der Wandel von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft. In Manhatten wurden Hochäuser gebaut und die Fabriken zogen in die Vorstädte, der
Suburbanisierungsprozess begann und die „Walk-to-Work“-Zeit ging zu Ende.
Mit dem Bau der Brücken nach Brooklyn und der U-Bahn zogen viele aus der Lower East Side
weg, ab 1910 kamen zudem immer weniger Migranten nach,
nach, dies verstärkte sich mit dem
9
Quelle: www.authentichistory.com/postcivilwar/riis/122.html, Stand 10.02.2009.
18
[3. LOWER EAST SIDE UND STUYVESANT TOWN] Kim-Katrin Rosenhagen
„Migration Act“, der die Zuwanderung begrenzte. In den 1930er Jahren gab es einen Häuserleerstand von bis zu 20 %. Es hatte sich aber auch eine feste Gemeinschaft orthodoxer Juden
gebildet, in den 1920ern kamen an den Wochenenden viele Besucher in das jüdische Viertel
der Lower East Side.
Ende der 1920er bzw. Anfang der 1930er Jahre gab es verschiedene Pläne, die Lower East
Side wieder für die Mittelschicht attraktiv zu machen und die Straßen autogerecht zu gestalten. 1929 wurde ein Gesetz erlassen, nach dem alle Wohnungen mit Toiletten und anderen
sanitären Anlagen ausgestattet werden mussten, hieraufhin wurden viele Tenements abgerissen oder kostspielig saniert.
Es sollten die Wall-Street-Worker als Mieter gewonnen werden, damit in den sanierten oder
neugebauten Häusern endlich „vernünftige“ Mieter wohnten, als Überzeugungsargument
diente der kurze Weg zur Arbeit.
Dafür entstanden auch neue Wohnprojekte wie der Angeloff Tower (Avenue A / 3rd Street)
oder die Stuyvesant Apartments (2nd Avenue / 10th Street). Hier zogen aufgrund der hohen
Mieten tatsächlich Mittelschichtsangehörige ein. Aber auch in Wohnprojekte für die Working-Class zog die Mittelschicht ein, da die Mieten für die Arbeiter viel zu hoch waren.
In den 1930er und 1940er Jahren folgten viele weitere soziale Wohnprojekte für die Working-Class und die Unterschicht, die auch auf Betreiben der 1935 gegründeten „New York
Housing Authority“ und des 1937 verabschiedeten „United States Housing Acts“, der die
Auflösung von Slums durch Sozialwohnprojekte vorsah, entstanden. Viele der Landlords waren aber nicht gewillt, in ihre heruntergekommenen Häuser zu investieren, was nicht im Sinne der Stadtplaner war.
Die Bewohner der Lower East Side waren allerdings kulturell und emotional sehr mit ihrem
Stadtviertel verbunden. Sie wurden bei der Planung von Neubebauungen und Abrissen nicht
mit einbezogen. Sie glaubten nicht, dass das „Urban Renewal“ für sie zum Vorteil war und es
gab Proteste aller Ethnien gegen die Neugestaltungen und Umsiedelungen.
Nach 1940 verlor sich der Charakter des Migrantenviertels und die Lower East Side wurde zu
einem Viertel der Low-Income-Working-Class. Nach dem Zweiten Weltkrieg lebten auch viele
Veteranen und Kriegsflüchtlinge in den Sozialwohnungen. Der Zusammenhalt zwischen den
Bewohnergruppen ging dadurch verloren, zudem war es seit den 1950er Jahren üblich, bei
den Public Housing Projekten nach Ethnien zu trennen, Weiße wurden in der Lower East Side
angesiedelt, Schwarze in Harlem, wo es ähnliche Wohnanlagen gab.
In den 1950er Jahren setzte mit der Verbreitung des Autos eine weitere Suburbanisierungswelle ein, in Manhatten bildete sich ein starker Gegensatz zwischen Arm und Reich aus, da
die Mittelschicht in die Vorstädte zog.
Außerdem kamen Migranten aus Puerto Rico. Die ersten Migranten wurden als Arbeiter für
die Textilindustrie angeworben, in den 1960er Jahren begannen die Fabriken allerdings ihre
Produktion auszulagern, paradoxerweise überwiegend nach Puerto Rico. Entlang der Avenue B bildete sich ein puerto-ricanisches Viertel, das von den Bewohnern als „Loisaida“
(Spanglisch für Lower East Side) bezeichnet wurde. Heute nennt sich dieser Teil der Lower
East Side entsprechend der Avenues A-D „Alphabet City“, diese Umbenennung wurde hauptsächlich aus Marketinggründen vorgenommen.
19
Kim-Katrin Rosenhagen
[3. LOWER EAST SIDE UND STUYVESANT TOWN]
Die Puerto Ricaner zogen auch in die noch erhaltenen, teilweise leerstehenden Tenements.
Es gab kaum noch Neubauten. Die Landlords beklagten sich über die geringen Mieteinnahmen und gingen gegen negative Presseberichte vor, in der Hoffnung, ein Imagewandel zöge
bessere Mieter an. In ihre Häuser investierten die meist privaten Eigentümer allerdings weiterhin nicht.
Durch die fehlende Mittelschicht und die Armut der Puerto Ricaner hatte sich in den 1950er
Jahren wieder ein Slum gebildet, die Schuld für die neue Verwahrlosung des Viertels wurde
in den Puerto Ricanern gesehen. Die schlechten Wohn- und Arbeitsbedingungen wurden
nicht betrachtet. Europäer und Puerto Ricaner gingen getrennte Wege, es gab keinen Zusammenhalt mehr. Die Europäer vermissten die frühere Gemeinschaft und zogen immer
häufiger weg. Die, meistens noch jungen, Puerto Ricaner wurden stark diskriminiert. Viele
der Jugendlichen waren kriminell, die Europäer hatten Angst vor Jungendbanden, von denen
sie überfallen wurden. Zudem kam das Heroin auf, das überwiegend von den Puerto Ricanern gehandelt und konsumiert wurde.
In den 1950er Jahren kamen aber auch die Beatniks in den Nordteil der Lower East Side.
Auch sie wurden von den niedrigen Mieten angezogen und wollten der bürgerlichen Enge
entfliehen. Es gab, besonders entlang der 10th Street, auch Künstler. Das „10th Street Movement“ löste sich allerdings schon Anfang der 1960er Jahre wieder auf. Trotzdem ist dies der
Beginn der Lower East Side als Underground-Kunstviertel.
Die 1960er Jahre
Seit 1957 wird der Nordteil der Lower East Side als eigenständiger Stadtteil angesehen, er
nennt sich seitdem East Village. Er war ein Stadtteil des Protestes und des alternativen Lifestyles.
Anfang der 1960er Jahre wurde das East Village von den Hippies entdeckt, die hier die Möglichkeit sahen, einen öffentlichen und freizügigen Lebensstil zu pflegen und den Einschränkungen der Suburbs zu entkommen. Auch sie werden wiederum von der unbürgerlichen
(und als frei empfundenen) Umgebung sowie den geringen Mieten angezogen. Der Anteil an
Mittelschichtsbewohnern lag zu diesem Zeitpunkt bei nur rund 6 %.
Die Hippieszene des East Village war neben Haight-Ashbury in San Francisco die bedeutenste
der USA und wurde zu einer Art Pilgerstätte. Zentrum war die Straße St. Mark's Place, sowie
der Tompkins Square Park, in den Sommern 1966 / 67 kamen tausende Besucher dorthin, um
Musik zu machen, zu tanzen, Theater zu spielen oder einfach nur, um dabei zu sein.
Es siedelten sich immer mehr Künstler an, besonders an der 2nd Avenue. Andy Warhol hatte
hier sein Atelier und Bands wie Grateful Death, Santana und The Who starteten dort ihre
Karriere.
Allerdings wurden auch immer mehr „Hippie-Touristen“ angezogen, die Szene verkommerzialisierte sich langsam. Zudem wurden Designer und Medienleute angezogen, so dass sich
die Mieten im East Village verdoppelten. Es gab rund 11 000 Runaway Kids, die enttäuscht
waren, dass das Leben nicht dem in den Medien versprochenen entsprach. Diese Jugendlichen kehrten entweder nach Hause zurück oder fingen an zu stehlen, um zu überleben.
20
[3. LOWER EAST SIDE UND STUYVESANT TOWN] Kim-Katrin Rosenhagen
Die Latinos, die Schwarzen und die älteren Europäer konnten nicht verstehen, warum die
Hippies freiwillig ihr bürgerliches Leben aufgaben. In ihren Augen spielten die Hippies mit
der Armut, da sie jederzeit wieder in die Vorstädte zurück konnten, während dies für die
Bewohner der Lower East Side nicht möglich war.
Am 8. Oktober 1967 wurde ein Hippiepärchen von zwei Schwarzen ermordet. Dies war das
Ende der Hippiezeit im East Village. Die Hippies fingen an, auf das Land zu ziehen, wo es sicherer war.
Die 1970er Jahre
1971 gab es eine Studie, nach der über 50 % der Häuser der Lower East Side sanierungsbedürftig waren, zwischen 1970 und 1980 wurde rund die Hälfte aller in Privatbesitz befindlichen Häuser abgerissen. Es gab pro Monat etwa 25 Feuer in Häusern, die von den
Eigentümern gelegt worden waren, um die Versicherungsprämie zu kassieren.
Wiederum zogen europäische, zumeist inzwischen ältere, Bewohner weg. Somit stieg der
prozentuale Anteil der Latinos an den Bewohnern und es entstand
entstand bei den Medien und auch
bei Politikern der Eindruck, die Zahl der Latinos und insbesondere der Puerto Ricaner steige
immer mehr an. Tatsächlich kamen aber kaum noch neue Migranten.
Die verbliebenen Bewohner der Lower East Side schlossen sich zusammen
zusammen und protestierten
gegen die schlechten Zustände. An Hausfassaden entstanden
entstanden große Wandbilder, die
„Murals“ mit Forderungen wie „Don't want no cheese, we want apartments please!“
Zudem gab es die „Adopt a building“Bewegung, um Häuser in Mietereigentum zu übertragen. Zum diesem Zweck
wurden von der Stadt Häuser aufgekauft. Die Bewohner bildeten zur Verwaltung Kooperativen, da die meisten
natürlich keine Erfahrung in der Verwaltung eines Hauses hatten.
1973 begann die Gardening-Bewegung, bei der auf leerstehenden
Grundstücken von den Bewohnern der
Nachbarschaft liebevoll Gärten angelegt wurden.
Abb. 3.2: Vintage Shop in St. Mark’s Place.10
Das East Village war in den 1970er Jahren weiterhin ein Ort der Underground
Underground-Kultur der
Punks, der New Waver und des Glamrocks. Blondie starteten im Club CBGB ihre Karriere.
Entlang St. Mark's Place gab es Second Hand Stores (vgl. Abb. 3.2) und Plattenläden, zudem
bildete sich eine Szene mit vielen Gay-Clubs aus.
10
Quelle: Rosenhagen, K.-K. (2009), eigene Aufnahme.
21
Kim-Katrin Rosenhagen
[3. LOWER EAST SIDE UND STUYVESANT TOWN]
Ende der 1970er Jahre und die 1980er Jahre
In den 1980er Jahren boomte New York (und die Börse) und das East Village wurde für Immobilieninvestoren interessant, weil die alten Häuser billig aufgekauft werden konnten und
man den wahren Wert der Grundstücke erkannt hatte. Die Angst vor Investitionen in heruntergekommene Viertel war nicht mehr so groß, da Viertel wie SoHo die gute Entwicklung
vormachten.
Es setzte ein reger Immobilien An- und Verkauf ein. So wurde z. B. das Christodora House an
der Avenue B, Ecke Tompkins Square Park, 1973 von der Stadt für 60 000 US$ verkauft. 1984
wurde es für 1,2 Mio. US$ wieder verkauft und von dem Käufer für mehrere Millionen USDollar saniert.
Der Profit der Immobilieninvestoren wurde zunächst durch Wiederverkäufe erwirtschaftet,
in die Substanz der Häuser wurde erst anschließend investiert. Für die Bewohner änderte
sich also zunächst nichts.
Um Grundstücke für private Investoren attraktiv zu machen, wurden viele städtische
Wohnblöcke abgerissen, zudem gab die Stadt ihre unterstützende Position gegenüber der
Gardening-Bewegung auf.
In den 1980er Jahren gab es weiterhin eine große Kunstszene im East Village, von hier verbreitete sich die Graffitikunst. Inspiriert von den Graffitis und Murals war auch Keith Haring,
der im East Village sein Atelier hatte.
Schon in den 1960er Jahren beginnend, aber besonders in den 1980er Jahren begann die
Underground-Kultur auch für den Mainstream interessant zu werden. Es wurde beobachtet,
was im Untergrund passiert, um es dann auf Werbung, Mode etc. zu übertragen.
So wurde an Sonntagen, wenn die anderen Galerien geschlossen hatten, im East Village „Gallery Hopping“ von Touristen, Käufern und Kunstkritikern betrieben. Die Galerien wurden
damals noch von den Künstlern selbst betrieben. Die Kunstszene wurde allerdings immer
kommerzieller, es kamen immer mehr professionelle Galeristen und Kunsthändler. 1983 gab
es in Amsterdam die Ausstellung „East Village Art Szene“.
Die alten Häuser, in denen die Künstler lebten, wurden von Investoren in moderne Apartments und Lofts umgebaut. Diese wurden an die Künstler verkauft, damit diese ansässig
blieben. Meistens waren die Kaufpreis aber zu hoch.
An der Avenue C / 9th Street eröffnete „Bernards“, ein exklusives französisches Restaurant.
Die Gäste dort kamen aus der Werbe- und Medienbranche. Während draußen ihre Chauffeur warteten, aß man drinnen und blickte auf die Straße zu Junkies und Dealern. „Glamour
of Poverty“ wurde dieses Verhalten genannt. In der Lower East Side und besonders in
Loisaida hatte sich seit den 1960er und 1970er Jahren eine große Drogenszene gebildet, besonders durch das Heroin, dessen Handel fest in der Hand der Puerto Ricaner lag.
Mit der „Operation Pressure Point“ versuchte die Polizei, gegen den Drogenhandel anzugehen, innerhalb eines Monats wurden in Loisaida über 14 000 Leute verhaftet. Diese Aktion
bewirkte allerdings hauptsächlich, dass der Drogenhandel sich ins Private, in die Häuser hinein verlagerte.
22
[3. LOWER EAST SIDE UND STUYVESANT TOWN] Kim-Katrin Rosenhagen
Die allgemeine Polizeipräsenz verdrängte zunehmend die „Hanging Out“-Tradition, besonders bei den Jugendlichen, das für die Lower East Side typische, öffentliche, sich draußen
abspielende Leben verschwand immer mehr.
In den späten 1970er Jahren hatte eine Latino-Organisation ein ungenutztes Grundstück in
einen Park mit Spielplatz und Konzertplatz umgewandelt. Dieser Platz sollte nun von Investoren in ein Altenwohnheim umgebaut werden. Es gab Proteste der Anwohner, da es doch
genug unbebaute Grundstücke gäbe, die man stattdessen für den Bau nutzen könnte.
Es gab zahlreiche weitere Proteste der Bewohner gegen die immer mehr stattfindenden Investitionen und Umbauten. Apartments wurden modernisiert, um die gedeckelten Mieten
zu umgehen und die Mieten anheben zu können.
Erstmals traten große Banken als Kreditgeber auf und, teilweise auf die Erschließung verfallener Viertel spezialisierte, Immoblilienfirmen bebauten die brachliegenden Grundstücke
neu.
Auch viele städtische Häuser, die leerstanden, wurden abgerissen und die Grundstücke mit
höherwertigen Gebäuden bebaut. Ein Problem hierbei waren die Hausbesetzer, die teilweise
schon seit den 1970er Jahren dort lebten. Sie wehrten sich, zusammen mit einigen Punks,
Künstlern und radikal eingestellten Ex-Hippies, gewaltsam gegen die polizeiliche Räumung.
Sie führten auch Anti-Yuppie Demonstrationen durch, um gegen die neuen Bewohner zu
protestieren.
Ebenfalls gab es von Seiten der Investoren die Praxis, langansässige Mieter mit zweifelhaften Methoden aus ihren Wohnungen zu entlassen, um diese dann zu modernisieren und für
ein Vielfaches neu zu vermieten. So kostete ein 1-Bedroom-Apartment an der Avenue B /
3rd Street beispielsweise vor der Renovierung 90-125 US$ Miete, danach 1 100 US$. Die Anwohner wehrten sich meistens nicht gegen ein solches Vorgehen, teils wegen fehlender
Sprachkenntnisse.
Es gab aber auch einige Aufsehen erregende Aktionen von Bewohnern, die sich gegen den
Abriss oder den Umbau ihrer Wohnhäuser einsetzten. Der Spruch „This land is our land“ ging
durch die Presse. Denn auch diesmal waren die Bewohner nicht mit in die Planungen einbezogen worden. Teilweise kam es auch zu Gewaltausschreitungen mit übertriebenen Polizeieinsätzen, die live im Lokalfernsehen übertragen wurden. Aufgrund der Ausschreitungen
wurden die Avenues B und C zeitweise gesperrt.
Die 1990er Jahre und weitere Entwicklungen
Es gab allerdings nicht nur Proteste und Widerstand sowie Duldung der Veränderungen,
sondern besonders die älteren Bewohner befürworteten eine Entwicklung hin zu einer sichereren und schöneren Wohnumgebung.
Anfang der 1990er Jahre wurden immer mehr Wohnungen für die Mittelschicht gebaut. Die
Miete für die Luxusapartments begann wieder zu sinken.
Die Pläne, aus dem East Village ein zweites SoHo zu machen, sind aufgegeben, denn der
Sprung zum Luxus-Wohnviertel wurde nicht geschafft. Heute wird die Lower East Side mit
23
Kim-Katrin Rosenhagen
[3. LOWER EAST SIDE UND STUYVESANT TOWN]
ihrer Vielfalt vermarktet. Die angestrebten Bewohner sind Singles zwischen Mitte Zwanzig
und Vierzig, weiß und College Absolventen, die alleine und in Wohngemeinschaften leben. Es
gibt auch drei große Studentenwohnheime sowie die obligatorischen Lofts für Designer,
Werber, Journalisten und Leute aus der Medienbranche. Die typische Mittelschichtfamilie
wohnt hier nicht. Das East Village ist zu einer günstigeren Alternative zu den Stadtteilen
Greenwich Village und SoHo geworden.
Die immer noch vorhandene Armut und Drogenszene sind zu einer Art Kulisse geworden.
Das öffentliche Leben ist durch die „Zero Tolerance“-Politik stark zurückgedrängt worden, so
dass sich auch die Kultur in kommerzielle Einrichtungen zurückzieht.
Mitte der 1990er Jahre gab es eine Cybersoap mit dem Titel „The East Village“, diese hat das
Image des East Village von außen her stark beeinflusst. Allerdings wurden hier die Aspekte
Armut, Prostitution und Drogenhandel weggelassen.
Die Kultur des East Village wurde zudem stark in Japan promoted, durch die Berichte in Jugendmagazinen sind viele Japaner, die nach New York kamen, in das East Village gezogen, so
dass sich eine Art Little Japan bildete.
Gentrification in der Lower East Side
Der Prozess der Gentrification setzte endgültig mit den 1980er Jahren im East Village, der
Lower East Side und Loisaida ein. Hierbei spielten sich alle wesentlichen Merkmale eines
Aufwertungsprozesses ab – Gentrification wie aus dem Lehrbuch sozusagen.
Es gibt allerdings auch einige Aspekte, die speziell hier eine Rolle gespielt haben.
Das Mittelschichtsviertel
Schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts wird versucht, aus der Lower East Side ein Viertel für
Mittelschichtsangehörige zu machen. Dies scheiterte stets an der fehlenden Zusammenarbeit zwischen Stadtplanung, Politik, Anwohnern und Vermietern sowie an immer neuen Migrantenströmen, die billigen Wohnraum suchten. Teilweise wurde mehr gegeneinander statt
miteinander gearbeitet und geplant, die jeweils ansässigen Bewohner wurden aus den Planungen gänzlich ausgeschlossen.
Von Seiten der Stadtplanung angeworbene Bewohnergruppen waren:
1920er und 1930er Jahre:
White-Collar Wall-Street-Workers
1950er Jahre:
White Families, die damals in die Suburbs zogen
1960er Jahre:
junge Menschen und Familien aus den Suburbs
ab den 1990er Jahren:
junge Menschen aus der Kunst- und Medienbranche
Neben den fehlenden Investitionen war die fehlende Attraktivität der Lower East Side für die
Mittelschicht das Hauptproblem. Ihren Ruf als Slum und Migrantenviertel wurde sie nicht
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[3. LOWER EAST SIDE UND STUYVESANT TOWN] Kim-Katrin Rosenhagen
los. Bis in die 1950er Jahre hinein gab es für die Mittelschicht nur den Gegensatz zwischen
bürgerlich und nicht-bürgerlich. Weitere Lifestyles und Einstellungen kamen erst mit den
Jugendkulturen auf. Diese suchten (wie die Bohème der 1920er Jahre) einen Ort, an dem sie
eine Gegenkultur leben konnten. Dabei wurde das Leben im Slum oft verklärt und idealisiert
betrachtet, als Ort der Freiheit und Vielfalt. Mit dem in den 1980er Jahren stattfindenden
Imagewechsel und den ersten Investitionen großer Immobilienfirmen wurde schließlich die
Lower East Side auch für andere attraktiv und es fand endlich der Übergang zum
Mittelschichtsviertel statt. Allerdings ohne Beteiligung der Landlords, also der privaten Vermieter und auch ohne konkrete Aktivitäten der Stadtplanung.
Der Widerstand der Bewohner
Obwohl die verschiedenen Ethnien, die in der Lower East Side lebten, im Alltag meistens
getrennte Wege gingen, so hielten sie beim Protest gegen Abriss und Neubebauungen stets
zusammen. Die Lower East Side war berüchtigt für ihre Mieteraufstände (die allerdings meistens ohne Wirkung blieben). Besonders in den 1980er und 1990er Jahren prägten die gewaltsamen Widerstände gegen Hausräumungen das Image des Stadtteils. Der Spruch „This
land is our land“ war überall zu finden. Ebenfalls ein Zeichen des Protestes waren die Graffitis und Murals, die heute Teil einer Kultur geworden sind.
Das Engagement der Bewohner
Es gab allerdings nicht nur Widerstand. Schon seit dem 19. Jahrhundert sind die Bewohner
die einzigen gewesen, die sich ernsthaft um die Verbesserung der Lebensbedingungen bemüht haben. Dies waren im 19. Jahrhundert die deutschen Vereine und die jüdischen Gemeinden, die eine Art Selbsthilfe betrieben und später z. B. die Gardening-Bewegungen oder
das Anbieten sozialer Dienste.
Mit der einsetzenden Gentrification waren die Bewohner allerdings wiederum Verlierer der
Entwicklungen, ihr Engagement wurde von öffentlicher Seite nicht wahrgenommen oder,
wie die Community-Gardens, wieder zerstört. Zwar wurde von Seiten der Investoren stets
betont, dass das Upgrading allen zugutekommen würde, aber das glaubten die Bewohner zu
Recht nicht.
Die Landlords
Die Tenements waren lange Zeit in der Hand privater Vermieter (Landlords), denen es ausschließlich um das Kassieren der Mieteinnahmen ging. Sie selbst lebten in anderen Stadtteilen und bekamen ihre Mietshäuser selten zu Gesicht. So ließen sie es zu, dass die Häuser
aufgrund fehlender Investitionen verfielen und die Mieter in völlig überfüllten Wohnungen
unter katastrophalen (hygienischen) Bedingungen lebten. Mit Hilfe von Sublandlords, die
manchmal mit den Häusern lebten, wurde die Miete eingetrieben und unerwünschte Mieter
aus ihren Wohnungen gedrängt.
25
Kim-Katrin Rosenhagen
[3. LOWER EAST SIDE UND STUYVESANT TOWN]
Die Landlords sahen sich als Opfer der Entwicklung zum Slum, nicht als deren Mitverantwortliche. Selbst auf Initiative der Stadtplanung investierten sie kaum, obwohl auch sie natürlich
die angestrebte Entwicklung zum Mittelschichtsviertel begrüßten. Viele warteten einfach ab,
was passieren würde.
In den 1950er und 1960er Jahren lebten hauptsächlich die ärmsten Puerto Ricaner in diesen
Häusern, die teilweise noch ohne fließendes Wasser waren. Dadurch, dass es immer noch
Bewohner in diesen Häusern gab, sahen sich die Landlords immer noch nicht gezwungen, zu
investieren. Leerstehende Häuser wurden häufig warm abgerissen, um die Versicherungsprämie zu erhalten.
Das erste Mal, dass aktiv von privater Seite investiert wurde, war erst in den 1980er Jahren,
als das Potential der Grundstücke erkannt worden war. Allerdings geschah dies nicht mehr
durch die alten Landlords, denen meistens nur ein Block gehörte, sondern durch große Immobilieninvestoren, die Ende der 1970er Jahre die Häuser und Grundstücke billig von den
Landlords und der Stadt gekauft hatten.
Presse und Medien
Berichte in der Presse und den anderen Medien haben durch ihre reißerische und klischeehafte Darstellung das Image der Lower East Side bei der Mittel- und Oberschicht (also den
potentiellen Bewohnern) stark geprägt.
Im 19. und frühen 20. Jahrhundert wurde das Leben im Slum als amoralisches Gegenteil des
bürgerlichen Lebens dargestellt. Die Schaulust stand dabei im Vordergrund, nicht die Notwendigkeit der Hilfe. Das Elend wurde als Teil der Leute und ihrer Herkunft angesehen, nicht
als soziale Entwicklung. Diese Betrachtungsweise änderte sich auch im 20. Jahrhundert zunächst nicht.
Auch über die Subkulturen und die Hippies wurde klischeehaft und idealisiert berichtet. Als
das East Village den Ruf eines Subculture-Viertels erhalten hatte, wurden die Aspekte der
Armut und der Drogen gerne verschwiegen.
Rent Control
In New York City gibt es über eine Million Wohnungen, bei denen die Mieten reguliert sind.
Die Mietpreise werden jährlich vom „Rent Guidelines Board“ festgelegt. In diesen Wohnungen hat man das Recht auf Reparatur und Instandhaltung durch den Vermieter sowie die
Möglichkeit, freiwerdende Wohnungen an Familienmitglieder weiterzugeben (und sie damit
nicht offiziell inserieren zu müssen).
Es gibt allerdings verschiedene Möglichkeiten, die Mieten trotzdem anheben zu können.
Zum Einen, unter bestimmten Bedingungen, bei Mieterwechseln, sowie zum Anderen nach
umfassenden Umbauten bzw. Modernisierungen. Dies ist meist der einzige Anreiz der Vermieter, überhaupt zu investierten. Zudem wird häufig versucht, langansässige Mieter, die
entsprechend geringe Mieten zahlen, mit fragwürdigen Methoden aus ihren Wohnungen zu
bekommen, um die Wohnungen dann sehr viel teurer neu zu vermieten. Besonders wird dies
26
[3. LOWER EAST SIDE UND STUYVESANT TOWN] Kim-Katrin Rosenhagen
in aufstrebenden Stadtteilen gemacht, da die Miete bei Neuvermietung auf das Marktniveau
angehoben werden darf, wenn dieses bei über 2 000 US$ Monatsmiete liegt.
Durch die Rent Control erklärt sich auch, warum in den einzelnen modernisierten Häusern
teilweise mehrere tausend US-Dollar unterschiedlich hohe Miete gezahlt werden, obwohl
die Ausstattung der Wohnungen vergleichbar ist.
3.2
Stuyvesant Town
Die Wohnanlage Stuyvesant Town und das Schwesterprojekt Peter Cooper Village liegen auf
dem zu der Lower East Side zählenden Gelände nördlich der East 14th Street, zwischen den
Avenues C und 1st. Der Name bezieht sich auf Peter Stuyvesant, dessen Farmland dort im
17. Jahrhundert lag.
Im 19. Jahrhundert befand sich auf diesem Gelände der sog. Gashouse District, denn am Ufer
des East Rivers standen große Gastanks. Diese Tanks waren oft leck, außerdem gab es die
„Gas House Gang“ sowie weitere Banden, die Raubüberfälle auf Bewohner und Passanten
verübten.
In den 1930er Jahren wurden fast alle Gastanks demontiert und es entstand die typische
Tenement-Bebauung, einschließlich Schulen, Kirchen, Theatern, kleinen Gewerbebetrieben
und Einzelhändlern.
Im Zuge der „Slum Clearence“-Politik von Robert Moses wurde das Viertel komplett abgerissen und rund 11 000 Menschen mussten umgesiedelt werden.
Geplant wurde die Neubebauung im Jahr 1943, auch im Hinblick darauf, modernen Wohnraum für die Veteranen des Zweiten Weltkrieges zu schaffen und das Gebiet in ein Wohnviertel für die weiße Mittelschicht umzuwandeln. 1947 wurden die Wohnhäuser
fertiggestellt und die ersten Mieter zogen ein. Stuyvesant Town ist ein reines Wohnviertel,
öffentliche Einrichtungen oder Versorgungsmöglichkeiten gibt es nicht.
Neuartig war die Finanzierung des Projektes als Public-Private-Partnership der Stadt New
York und der Metropolitan Life Insurance (MetLife). Allerdings wurde es von Anfang an als
privates Bauprojekt angesehen, was insofern entscheidend war, als dass es so möglich war,
die Mieter einzeln auszuwählen und damit z. B. Bewohner mit schwarzer Hautfarbe auszuschließen. Neben den Kriegsveteranen lebten dort hauptsächlich städtische Beamte wie Lehrer, Polizisten oder Feuerwehrleute sowie andere weiße Mittelschichtsangehörige.
Auffallend ist auch die Bauweise der Häuser. Sie folgt dem „Tower in the Park“-Prinzip (vgl.
Abb. 3.3), das viel begrünte Freifläche zwischen den elfstöckigen Gebäuden vorsieht. Diese
Freiflächen sind als Park gestaltet und dürfen ausschließlich durch die Bewohner genutzt
werden. So sollte es möglich sein, im Zentrum New Yorks zu wohnen, aber trotzdem eine
ruhige und fast ländliche Umgebung zu haben. Die kreuzartige Form der Gebäude wurde
gewählt, damit jeder Raum der modernen Wohnungen über ein Fenster und damit über Tageslicht verfügt.
27
Kim-Katrin Rosenhagen
[3. LOWER EAST SIDE UND STUYVESANT TOWN]
Der Prozess der Gentrification in der
Lower East Side machte auch vor Stuyvesant Town nicht halt. In den letzten
Jahrzehnten wurden freigewordene
Wohnungen (die vormals dort lebenden
Mieter wurden alt und zogen weg bzw.
verstarben) immer häufiger durch Yuppies und andere Gutverdienende bezogen. Diese Leute schätzten die kurzen
Wege zu ihren Arbeitsplätzen im CBD,
sowie die ruhige Lage neben den
„Trendvierteln“ East Village und Alphabet City. Diese neuen Mieter waren natürlich in der Lage, viel höhere Mieten
zu zahlen. Zwar fällt Stuyvesant Town
auch unter die „Rent Control“, d. h. die
Mieten sind gedeckelt, sie dürfen allerdings bei Neubezug oder nach Sanierungsmaßnahmen angehoben werden.
Abb. 3.3: Plan am Eingang zu Stuyvesant Town.11
Anfang der 2000er Jahre begann MetLife dann mit einer umfassenden Renovierung der Gebäudekomplexe. Zum Einen waren Modernisierungsmaßnahmen in den über 50 Jahre alten
Häusern nötig, z. B. wurden neue Fahrstühle eingebaut, zum Anderen wurde dies aber
hauptsächlich durchgeführt, um
um die Mieten auf Marktniveau anheben zu können und die
Wohnungen für zahlungskräftige Mieter attraktiv zu machen. Im Jahr 2005 überstieg die
Monatsmiete für ein 2-Bedroom-Apartment (ca. 80 m²) erstmals die Marke von 4 000 US$.
Aktuell (2009) zahlt man hierfür rund 2 800 US$ Kaltmiete.
Außerdem sollte mit den Renovierungsmaßnahmen der Verkauf der Anlage vorbereitet werden. Im November 2006 wurden Stuyvesant Town und Peter Cooper Village schließlich an
die Höchstbieter Tishman Speyer Properties und BlackRock für 5,4 Mrd. US$ verkauft. Diese
Summe ist bis heute die höchste, die je in den USA für einen Immobilienkomplex gezahlt
wurde. Nach dem Verkauf erhöhten sich die Sicherheitsvorkehrungen in den Wohnanlagen.
Außerdem wurde in jedem Haus eine Art Lounge mit Bibliothek und Internetzugang eingerichtet, es gibt zu jeder Wohnung Stellplätze in Tiefgaragen. Außerdem finden regelmäßig
Wochenmärkte, Flohmärkte sowie weitere Veranstaltungen statt. Allerdings sind diese wiederum ausschließlich den Bewohnern vorbehalten.
Die neuen Sicherheitsvorkehrungen waren auch bei den Mietern nicht ganz unumstritten,
besonders das im letzten Jahr schließlich eingeführte „Key-Card-System“ stieß auf Widerspruch. Die Mieter haben hier keine Schlüssel mehr zu ihren Wohnungen und Stellplätzen,
sondern elektronische Key-Cards, die es ermöglichen, jeden Zutritt zur Wohnung festzuhalten. Dieses System soll von den Eigentümern auch dazu benutzt worden sein, um festzustellen, wer dort nur seinen Zweitwohnsitz hat und damit nicht unter die Rent Control fällt.
Offiziell dient dieses neue System ausschließlich den Sicherheitsvorkehrungen.
11
Quelle: Dieterich, E. (2009), eigene Aufnahme.
28
[3. LOWER EAST SIDE UND STUYVESANT TOWN] Kim-Katrin Rosenhagen
Als weitere Sicherheitsvorkehrungen wurden auf dem gesamten Gelände Kameras installiert
sowie Bewegungsmelder auf den Dächern. Es gibt außerdem einen Wachdienst der NYPD,
der auf dem Gelände Streife fährt sowie die Zufahrten kontrolliert (vgl. Abb. 3.4). Der Zutritt
auf das gesamte Gelände ist weiterhin nur den Anwohnern gestattet. Auch wenn das Gelände nicht umzäunt ist, so kann es trotzdem als eine Gated Community
Community betrachtet werden.
Abb. 3.4: Wachdienst in der Stuyvesant Town.12
Literatur- und Quellenangaben
ABU-LUGHOD, JANET (1995): From urban village to east village, Oxford.
GEO EPOCHE, das Magazin für Geschichte (2008): New York 1625 – 1945. Die Metropole der Moderne. Ausgabe 10 / 2008, Nr. 33, Hamburg.
MELE, CHRISTOPHER (2000): Selling The Lower East Side. Culture, Real Estate and Resistance in New
York City, Minneapolis.
BAGLI, CHARLES (2006): $5.4 Billion Bid Wins Complexes in New York Deal, abrufbar unter:
www.nytimes.com/2006/10/18/nyregion/18stuyvesant.html?_r=1, Stand 14.07.2009.
www.nytimes.com/2006/10/18/nyregion/18stuyvesant.html?_r=1,
www.authentichistory.com/postcivilwar/riis/contents.html, Stand 10.02.2009.
www.stuytown.de, Stand 14.07.2009.
12
Quelle: Ahlers, M. B. (2009), eigene Aufnahme.
29
Kim-Katrin Rosenhagen
[3. LOWER EAST SIDE UND STUYVESANT TOWN]
30
[4. TIMES SQUARE] Esther Wieferich
4.
TIMES SQUARE
Von Esther Wieferich
Der New Yorker Times Square gilt als die berühmteste und belebteste Straßenkreuzung
der Welt.
Jedes Jahr besuchen über 20 Millionen Touristen die zahlreichen Musicals und Theater,
Fast-Food- und Nobelrestaurants, Cafés, Souvenirshops und Kinos, die sich entlang und um
die Kreuzung herum angesiedelt haben.
Der Times Square ist einer der Plätze New
Yorks, die ihr den Ruf einer Stadt verleihen,
die niemals schläft. Dafür sorgen nicht nur die
zahlreichen elektronischen Werbetafeln und
Newsticker, die den Times Square rund um
die Uhr hell erleuchten (vgl. Abb. 4.1), sondern auch ca. 1,5 Millionen Fußgänger, die
täglich den Times Square passieren.13
Abb. 4.1: Blick auf den Times Square.14
Der Times Square liegt in Midtown Manhattan
(vgl. Abb. 4.2), unweit des südlichen Ende des
Central Parks und erstreckt sich in ostwestlicher Richtung über den Broadway und
die 7th Avenue, sowie in nord-südlicher Richtung von der West 42nd bis zur 47th Street und
bildet das Zentrum des Theater Districts New
Yorks.15
Abb. 4.2: Lage des Times Square in Midtown
Manhattan, New York City.16
13
Vgl. Eisenschmid, R. (2008), S. 317.
Quelle: Wieferich, E. (2009), eigene Aufnahme.
15
Vgl. Eisenschmid, R. (2008), S. 317.
16
Quelle: maps.google.de/maps?hl=de&q=manhattan%20maps%20times%20square&um=
maps.google.de/maps?hl=de&q=manhattan%20maps%20times%20square&um=
1&ie=UTF8&sa=N&tab=wl, Stand 15.09.2009.
14
31
Esther Wieferich
[4. TIMES SQUARE]
Benannt wurde die berühmte Kreuzung nach der New York Times. Angezogen durch den Bau
der neuen und ersten Subway-Linie der Stadt, bezog die Times, unter der Leitung des
deutsch-jüdischen Immigranten Adolph Ochs, 1904 den Times Tower am südlichen Ende des
Platzes als neues Redaktionsgebäude.
Zuvor hieß der heutige Times Square jedoch „Longacre Square“ und war der städtische
Standort für Sattlereien, Pferdestallungen, Kutschenmonteure und Fuhrleute. Die nähere
Umgebung des Platzes war in der ganzen Stadt berühmt berüchtigt und trug den Beinamen
„Thieves Lair“, das Räubernest, und war nach Einbruch der Dunkelheit besser zu meiden.17
Der Times Tower war das erste Hochhaus, das in der nördlichen Hälfte der Stadt, also außerhalb Downtowns, errichtet wurde und war zu diesem Zeitpunkt auch das zweithöchste Gebäude ganz Manhattans. Mittlerweile hat die New York Times ihren Sitz jedoch in einen
Neubau in der 8th Avenue verlegt und der One Times Tower hat schon mehrfach den Besitzer
gewechselt.
Im selben Jahr seines Einzugs, initiierte Ochs ein so beeindruckendes Silvesterspektakel am
Times Square, zu dem nicht nur 200 000 Besucher kamen, sondern welches die Trinity
Church in Lower Manhattan als „the Place in New York City to ring in the New Year“ bis heute
ablöste und mittlerweile als weltweit bekannte, kulturelle Institution New York Citys gilt.18
Doch auch schon vor dem Umzug der Times Redaktion wandelte sich der Times Square
durch die neue Subway und die damit gute infrastrukturelle Anbindung nach und nach zum
Vergnügungsviertel der Stadt.
Denn seit Ende des 19. Jahrhunderts verlagerte sich das Theater- und Vergnügungsviertel
weiter in den Norden Manhattans um die 42nd Street und bildete so „den Übergang im
Spannungsfeld zwischen den gehobenen Wohn- und Geschäftsvierteln des östlichen Midtown
und den proletarischen Mietskasernen- und Industriegebieten auf der westlichen Seite.“19
Noch vor Beginn des Ersten Weltkrieges hatte sich der Times Square seinen weltberühmten
Name als „crossroads of the world“20 gemacht und gilt auch heute noch weltweit als Synonym für amerikanische Großstadtkultur und Entertainment.
Zum Aufstieg des Platzes trugen insbesondere die Eröffnung des ersten Hauses der
Metropolitan Opera 1883 und die Gründung des Olympia Theaters zwei Jahre später durch
Oscar Hammerstein bei. Er war einer der ersten und berühmtesten Musical-Produzenten am
Broadway. Von ihm stammt unter anderem das bekannte Musical „The Sound of Music“. Zu
den ältesten noch erhaltenen Theaterhäusern am Times Square zählt auch das 1903 eröffnete Lyceum. Anschließend folgten bis hinauf zur 50th Street dann zahlreiche weitere Eröffnungen von Musicalhäusern, Kabaretts und Theatern.
In den 1920er Jahren existierten ca. 80 verschiedene Häuser im sog. Theater District, in denen unter anderem Charlie Chaplin, die Marx Brothers, Houdini und andere auftraten. Auch
die zahlreichen neu eröffneten Bars, Restaurants, Geschäfte und viele der elegantesten und
teuersten Hotels Manhattans beeinflussten die positive Entwicklung des Viertels und zogen
17
Vgl. Eisenschmid, R. (2008), S. 317.
Vgl. www.timessquarenyc.org/nye/nye_history.html.
19
Roost, F. (2000), S. 37.
20
Roost, F. (2000), S. 37.
18
32
[4. TIMES SQUARE] Esther Wieferich
ein breites zahlungskräftiges Publikum an. Zu den bekanntesten Einrichtungen gehörte auch
das Astor Hotel, das 1960 abgerissen wurde, bis dahin aber Herberge für die größten Stars
und Sternchen seiner Zeit war.
Auch die obligatorischen Werbetafeln finden in dieser Blütezeit ihren Ursprung, da die Hotels damals versuchten mit Hilfe von Leuchtreklamen zahlungskräftige Kundschaft anzulocken. Heute ist in den Bauvorschriften New Yorks für den Times Square sogar
vorgeschrieben, dass alle Neubauten mit hell erleuchteten
erleuchteten Werbetafeln zu versehen sind,
um das bekannte Bild des Platzes zu bewahren (vgl. Abb. 4.3).
Abb. 4.3: Werbetafeln am Times Square.21
Doch der Times Square war schon damals nicht nur Anziehungspunkt für Film und Theater,
sondern zudem, trotz der gesetzlichen Verbote, auch bekannt für die hohe Toleranz von
Prostitution und jeglicher Form von Kriminalität, wie dem Handel mit illegalen Drogen.
Dies wurde besonders in den 1950er und 1960er Jahren deutlich. Durch die Suburbanisierung der Mittelklasse in die Vorstädte sowie durch die Verbreitung von Fernsehgeräten in
Amerikas Wohnzimmern, mussten nach und nach, durch fehlendes Publikum, eine Vielzahl
der Schauspielhäuser schließen, was eine hohe Zahl an Gebäudeleerstand mit sich brachte.
Verheerend für das Bild und die Architektur des Platzes. Da es Anfang der 1960er Jahre in
New York noch keine Gesetze bezüglich des Denkmalschutzes gab, wurden die alten leerstehenden Gebäude einfach abgerissen, wie auch das Astor Hotel und einige der damals bekanntesten Theater, und durch die üblichen Glas- und Betongebäude ersetzt. Einige
Gebäude wurden zwar erhalten, doch wurden meist die gebäudezierenden Stuckelemente
abgeschlagen, um so glatte moderne Fassaden zu schaffen und diese dann für Werbezwecke
zu nutzen bzw. zu vermieten. Die Legalisierung und Liberalisierung des Handels mit pornographischen Erzeugnissen gaben insbesondere dem vorher versteckten Sex-Gewerbe den
entscheidenden Aufschwung. Statt der Theater fand man nun immer häufiger Striplokale
vor, in den großen Kinos wurden Pornofilme gezeigt, und in andere kleine Läden zogen kitschige Souvenirgeschäfte und illegale Bars. Schon während
während der Hochzeit des Broadways in
21
Quelle: Wieferich, E. (2009), eigene Aufnahme.
33
Esther Wieferich
[4. TIMES SQUARE]
den 1920er und 1930er Jahren war, wie schon erwähnt, nicht unbekannt, dass trotz des allgemeinen Verbotes von Prostitution, Prostituierte in diesem Stadtteil mehr oder weniger
offen auf der Straße oder in Bordellen ihrem Gewerbe nachgingen. Drogenhandel, illegale
Geschäfte und Obdachlose sowie Taschendiebe, Schlägereien und Kriminalität waren nun
jedoch an der Tagesordnung. 1976 erklärte die New Yorker Polizei, das Gebiet um den Times
Square sei eine der gefährlichsten Gegenden der Stadt. „Der Platz, der ein Symbol für großstädtische Kultur und Abwechslungsreichtum gewesen war, wurde so zu dem Ort, der die
sozialen Spannungen und Widersprüchlichkeiten der amerikanischen Städte versinnbildlichte
wie kein anderer.“22
Einheimische mieden das Viertel, Investitionen wurden kaum getätigt, so dass der Times
Square trotz seiner zentralen Lage bis in die 1980er Jahre von seinem schlechten Image geprägt war und sich lediglich bei Touristen nach wie vor großer Beliebtheit erfreuen konnte.
Doch seit 1981 wurde unter dem damaligen Bürgermeister Ed Koch versucht, das Times
Square Viertel in Kooperation mit der New York State Urban Development, die für größere
Planungsvorhaben zuständig ist, zu erneuern. Insbesondere die Errichtung neuer Bürogebäude sollte die soziale und ökonomische Struktur verändern und dem Viertel zu neuem
Glanz verhelfen (vgl. Abb. 4.4). Doch die geplante Umgestaltung des Times Squares durch
den großzügigen Bau von Bürohochhäusern, gestaltete sich unter anderm durch den Börsencrash von 1987 als schwierig, da die Nachfrage nach Büroflächen sank und auch viele Firmen
sich aus Kostengründen entschieden, in die Vororte auszulagern. Des Weiteren hagelte es
reichlich Kritik seitens der Bevölkerung, da sie durch den Gentrification–Effekt des Bauvorhabens, eine Verdrängung aus ihrem Stadtteil fürchteten. Auch fanden die architektonischen
Gestaltungsideen nicht viel Anklang seitens der breiten Öffentlichkeit. Diese Verzögerungen
führten anschließend dazu, dass durch einen Bau-Boom Anfang der 1990er Jahre mehr als
genügend Büroflächen vorhanden waren, als dass die Nachfrage das Bauvorhaben am Times
Square noch hätte rechtfertigen können.
Abb. 4.4: Bürohochhäuser am Times Square.23
Für die Unterstützung der Veränderungen des Quartiers um den Times Square wurde in den
1980er Jahren der Times Square Business Improvement District (TSBID) gegründet, wobei es
sich um private Unternehmen handelt, die sich in Public-Private-Partnership zusammenfin22
23
Roost, F. (2000), S. 40.
Quelle: Wieferich, E. (2009), eigene Aufnahme.
34
[4. TIMES SQUARE] Esther Wieferich
den, um die Attraktivität eines Viertels zu erhöhen. So wurden unter anderem eine eigene
Polizeistreife und eine Müllabfuhr speziell für den Times Square eingeführt. Zuerst sollte
anschließend alles „Zwielichtige“ vom Platz entfernt werden. Danach wurden die alten Gebäude restauriert und renoviert. Teilweise wurden auch die Betonbauten aus den 1960er
Jahren wieder abgerissen, um nach den originalen Bauplänen wieder die ursprünglichen Gebäude zu errichten. Zusätzlich gründete man das Midtown Community Court, welches ausschließlich zur Verurteilung von Bagatelldelikten des Viertels zuständig
zuständig ist.24
Durch die Veränderungsprozesse der New Yorker Wirtschaft seit Ende der 1980er Jahre, gelten mittlerweile nicht mehr die Finanz- und Dienstleistungsbranche, sondern die Unterhaltungs- und Informationsindustrie als wichtigste Wirtschaftsbereiche der Stadt. „Film- und
Fernsehproduktion ist heute in New York eine boomende Branche (…).“25 „Allein im Jahr 2004
wurden in New York City mehr als 90 TV-Shows und hunderte von Filmen gedreht.“26
Diese Veränderungen gaben Ausschlag sich von den üblichen Plänen abzuwenden und die
neuen Vorhaben den Entwicklungen in Medienbranche und Tourismussektor anzupassen.
1994 kam es damit zu einer der Wendungen der Entwicklungen am Times Square, als sich die
Walt Disney Company entschied, das historische New Amsterdam Theater denkmalgerecht
zu renovieren und für eigene Produktionen zu verwenden. Damit war der Weg geebnet, der
Broadway und Times Square zum neuen, alten Zentrum für Tourismus und Unterhaltung
werden lassen sollte. Viele folgten daraufhin Disneys Beispiel. So wurde
wurde auch das ehemals
erste Pornokino der Stadt, das „Victory Theater“, als Haus für Nachwuchsschauspieler neu
eröffnet. Das Nobelkaufhaus GAP eröffnete eine Filiale, so auch Bertelsmann und andere
große Firmen wie MTV, Sony oder
Vogue etablierten sich wieder am
Times Square. Anschließend kamen
auch die ehemaligen Hotelketten wie
das Marriott, weitere Theater oder
auch das Wachsfigurenkabinett „Madame Tussauds“ wieder und belebten den neuen Times Square und
verhalfen ihm wieder zu alter Form.
Dazu zählte auch die Reaktivierung
der typischen Neonleuchten und Reklametafeln. Die berühmtesten Werbetafeln sind heute unter anderem
der Times Square Ticker oder Zipper
(vgl. Abb. 4.5), eine riesige Laufschrift
an der Gebäudefront des One Times
Square, auf dem man die neuesten
Nachrichten in Textformat lesen
kann.
Abb. 4.5: Der Times Square Ticker oder Zipper.27
24
Vgl. Roost, F. (2008), S. 46-47.
Roost, F. (2008), S. 51.
26
www.newyork.de/index.cfm?PID=132688.
27
Quelle: Wieferich, E. (2009), eigene Aufnahme.
25
35
Esther Wieferich
[4. TIMES SQUARE]
Er wurde 1928 zum ersten Mal in Betrieb genommen, um das Ergebnis der Präsidentschaftswahl zu verkünden. Der Newsticker, der sich um das gesamte Gebäude zieht, bestand
ursprünglich aus 14 800 Lampen. Im Jahr 1985 übernahm Newsweek die Finanzierung des
Betriebs, nachdem die Laufschrift zehn Jahre lang dunkel gewesen war.
Oberhalb des Verlagsgebäudes der New York Times befindet sich ein weiterer riesiger Bildschirm der NBC Nightly News, auf dem Passanten die Abendnachrichten verfolgen konnten.
Am 13. Oktober 2006 wurde der große Panasonic-Bildschirm von News Corporation übernommen, die die Fox News präsentieren.
Seit Mai 2009 präsentiert sich der Times Square in einem neuen „grünen“ Licht. Unter Bürgermeister Michael Bloomberg und der Verkehrsbeauftragten Jeanette Sadik-Khan wurde
der Broadway zwischen 42nd und 47th Street zur autofreien Zone erklärt und ist nur noch für
Fußgänger, Fahrrad- und Rollschuhfahrer zugängig (vgl. Abb. 4.6) Durch Straßenkünstler,
Cafés und Verkaufsstände soll außerdem der Freizeitwert für Touristen und New Yorker erhöht werden.28 Bis Dezember wird die neue Fußgängerzone getestet, die im Falle einer Bewährung, langfristig die Ökologisierung der Stadt unterstützen soll.29
Abb. 4.6: Die Fußgängerzone am Times Square.30
28
Vgl. www.spiegel.de/reise/aktuell/0,1518,627212,00.html.
Vgl. www.shortnews.de/start.cfm?id=753591.
30
Quelle: www.spiegel.de/reise/aktuell/0,1518,627212,00.html, Stand 16.07.2009.
29
36
[4. TIMES SQUARE] Esther Wieferich
Literatur- und Quellenangaben
EISENSCHMID, RAINER (2008): Baedeker – New York, 13. Aufl., Stuttgart.
ROOST, FRANK (2000): Die Disneyfizierung der Städte: Großprojekte der Entertainmentindustrie am
Beispiel des New Yorker Times Square und der Siedlung Celebration in Florida. Opladen.
www.newyork.de/index.cfm?PID=132688, Stand 15.09.2009.
www.shortnews.de/start.cfm?id=753591, Stand 15.09.2009.
www.spiegel.de/reise/aktuell/0,1518,627212,00.html, Stand 15.09.2009.
www.timessquarenyc.org/nye/nye_history.html, Stand 15.09.2009.
37
Esther Wieferich
[4. TIMES SQUARE]
38
[5. CENTRAL PARK – NEW YORK’S GRÜNE LUNGE] Elke Dieterich
5.
CENTRAL PARK – NEW YORK’S GRÜNE LUNGE
Von Elke Dieterich
5.1
Der Central Park
Mehr als 25 Millionen Menschen kommen jedes Jahr in den Central Park, der somit zu den
am häufigsten besuchten städtischen Parks in den Vereinigten Staaten gehört. Der Central
Park erstreckt sich auf eine Größe von 340 ha.31
Geschichte
In den 1850er Jahren war New York bereits ein überfülltes Ballungsgebiet. Es lebten mehr als
eine halbe Million Menschen in Lower Manhattan. Die meisten wohnten in schäbigen Mietkasernen. Ein durchkommen an die Küste war durch die Bebauung nicht möglich. Das Ufer
zugebaut mit Schiffswerften und verdreckten Docks. Friedhöfe dienten in dieser Zeit als Erholungsgebiete. Der Bürgermeister Fernando Wood fasste 1857 den Entschluss einen Wettbewerb zur Planung eines Parks in New York auszuschreiben.32
Die erste Central Park Kommission wurde unter der Leitung von Andrew Green gegründet.33
Im selben Jahr wurde ein Wettbewerb ins Leben gerufen, in dem Vorschläge abgegeben
werden konnten zur Gestaltung des Parks. Gewonnen hat der 33. Vorschlag von Frederick
Law Olmsted und Calvert Vaux mit dem Titel „Greensward Plan“. Sie wollten in Ausschnitten
die unterschiedlichen Gegenden der USA nachbilden. Der Park sollte eine Oase der Erholung
werden mit einer weitgehenden Vermeidung von architektonischen Strukturen.34
Die Wahl des Standortes fiel auf ein unebenes, sumpfiges und steiniges Gelände zwischen
der 59th und 106th Street und der 5th und 8th Avenue. Hier lebten 1 600 arme Einwohner in
Hüttensiedlungen, die zwangsumgesiedelt wurden.35 1858 begannen über 3 000 Tagelöhner
mit dem Bau. Für zehn Stunden Arbeit gab es 1 Dollar Lohn. Über mehrere Wochen wurden
Hindernisse aus dem Weg gesprengt. Mehrere Arbeiter kamen hierbei zu Tode! Es wurden
700 km Kanalrohre verlegt, 50 000 m³ Kieselsteine verteilt, Hügel aufgeschüttet, Seen angelegt und Brücken, Terrassen, Treppen, Brunnen und Mauern gebaut (vgl. Abb. 5.1).36 Zum
Prominieren baute man die Mall. Die vier großen Straßen im Central Park wurden 8 m unterhalb der Oberfläche gebaut, um ein Gefühl von Weite zu erhalten. Die Wege im Park
konnten sowohl zu Fuß als auch mit dem Pferd zurückgelegt werden. Über 20 000 Arbeiter,
darunter auch unzählige Ingenieure, Gärtner und Steinhauer, waren mit den weitreichenden
Projekten beschäftigt.
31
Vgl. www.centralpark.com/pages/general-info/central-park-conservancy.html.
Vgl. www.planet-wissen.de/pw/Artikel,,,,,,,DDB09072C4EF5272E0340003BA5E0905,,,,,,,,,,,,,,, html.
33
Vgl. www.centralpark.com/pages/history.html.
34
Vgl. de.wikipedia.org/wiki/Central_Park.
35
Vgl. www.centralpark.com/pages/history.html.
36
Vgl. www.planet-wissen.de/pw/Artikel,,,,,,,DDB09072C4EF5272E0340003BA5E0905,,,,,,,,,,,,,,,.html.
32
39
Elke Dieterich
[5. CENTRAL PARK – NEW YORK’S GRÜNE LUNGE]
Abb. 5.1: Der Central Park in New York.37
Bereits im Winter 1859 wurden die ersten Teilabschnitte für die New Yorker Bürger geöffnet.
Tausende Besucher kamen in diesem Winter zum Schlittschuhlaufen in den Park. 1865 haben bereits sieben Millionen Besucher den Park gesehen, allerdings war dies meist die New
Yorker Upper-Class. Nur etwa 5 % der Bürger konnten sich einen Besuch leisten. Zum
„Unterhaltungsprogramm“ gehörten die Aufführungen von Paraden und Konzerte. Aber es
gab auch strenge Regeln für die Parknutzung, z. B. das Verbot von Picknicks und später die
Aufführung von Konzerten an Sonntagen. 1871 wurde der Zoo gebaut, der bald zu den beliebtesten Attraktionen gehören sollte.
1927 spendete August Heckscher den ersten Spielplatz. Es folgten eine Sportarena, ein
Schwimmbad und weitere Sportplätze.
Robert Moses errichtete ab 1934 weitere Spielplätze, renovierte den Zoo und erweiterte den
Park um Autostraßen.
Später kamen noch, unterstützt durch weitere Wohltäter, weitere Sportanlagen, Bootshäuser und die große Liegewiese hinzu. In den 1960er Jahren gab es mehrere Rockkonzerte, die
als Symbol für städtische Erneuerung und Gegenkultur dienten.
In den 1970er Jahren kam es zu Haushaltskürzungen und der Park verfiel. Eine erneute Wiederbelebung erfolgte erst in den 1980er Jahren durch die „Central Park Conservancy“, eine
private Spendenaktion zur Wiederherstellung der Funktionen des „Greensward Plan“.38
37
38
Quelle: Dieterich, E. (2009), eigene Aufnahme.
Vgl. http://www.centralpark.com/pages/history.html.
40
[5. CENTRAL PARK – NEW YORK’S GRÜNE LUNGE] Elke Dieterich
Central Park Conservancy
Die Central Park Conservancy ist eine Non-Profit-Organisation und verwaltet seit 1980 den
Central Park im Rahmen eines Vertrages mit der Stadt New York. Bestehend aus Einzelpersonen, Firmen und Stiftungen, hat sie seit 1980 mehr als 300 Mio. US$ für Pflege und Sanierung des Parks bereitgestellt. Die Conservancy bietet auch Führungen durch den Park an und
demonstriert somit den zahlreichen Besuchern den Erhaltungswert der Tier- und Pflanzenwelt. Vier von fünf Mitarbeitern des Central Parks sind von dieser Organisation.39
Attraktionen und Sportangebote
Zu den Hauptattraktionen des Parks gehört die Bethesda Terrasse (vgl. Abb. 5.2 und 5.3), das
Herzstück des Central Parks, mit Blick auf den See und dem Ufer des Ramble. Dies ist einer
DER Treffpunkte im Park.40 Eine atemberaubende Aussicht hat der Besucher vom Schloss
Belvedere aus, das auch über eine voll funktionsfähige Wetterstation verfügt.41 Im Delacorte
Theater wird im Sommer das New Yorker Shakespeare Festival ausgerichtet.42 Eine weitere
Attraktion ist das Denkmal „Strawberry Fields“, das zwischen der 71th und 74th Street von
Yoko Ono zu Ehren von John Lennon an die Central Park Conservancy gespendet wurde. Der
Name ist eine Anspielung auf ein Waisenhaus in Liverpool, das zudem Titel eines Beatlesongs
war („Strawberry Fields Forever“). In der Mitte befindet sich ein Mosaik.43
Abb. 5.2: Bethesda Terrasse.44
Abb. 5.3: Bethesda Terrasse.45
Der Central Park verfügt über ein riesiges Sportangebot. Es gibt zwei Schlittschuhbahnen,
einen Tennis Court, ein Softballfeld und ein Schwimmbad. Man kann darüber hinaus auch
joggen, wandern, im Winter Skilaufen und Kursangebote in Yoga und Tai Chi nutzen.46
39
Vgl. www.centralpark.com/pages/general-info/central-park-conservancy.html.
Vgl. www.centralpark.com/pages/attractions/bethesda-terrace.html.
41
Vgl. www.centralpark.com/pages/attractions/belvedere-castle.html.
42
Vgl. www.centralpark.com/pages/attractions/delacorte-theatre.html.
43
Vgl. www.centralpark.com/pages/attractions/strawberry-fields.html.
44
Quelle: Dieterich, E. (2009), eigene Aufnahme.
45
Quelle: Dieterich, E. (2009), eigene Aufnahme.
46
Vgl. www.centralpark.com/pages/sports.html.
40
41
Elke Dieterich
5.2
[5. CENTRAL PARK – NEW YORK’S GRÜNE LUNGE]
Unsere Exkursion
Wir erreichten den Central Park über die W 64th Street. Kurz hinter unserem Eingang war
bereits eine zweispurige Autostraße zu überqueren (vgl. Abb. 5.4), ein Vermächtnis von Robert Moses, auf dessen Werke wir immer wieder während unserer Exkursion gestoßen sind.
Abb. 5.4: Zweispurige Autostraße von R. Moses.47
Abb. 5.5: Blick auf den „Wollman-Rink“.48
Wir folgten dem Ufer des Sees, der den einfachen Namen „The Lake“ (vgl. Abb. 5.6) trägt.
Zwischendurch trifft man immer wieder auf Bänke, die zum Verweilen aufrufen, oder man
setzt sich auf einen der unzähligen aufgeschütteten
aufgeschütteten Hügel und Felsen, die die Umgebung des
Sees prägen.
Abb. 5.6: „The Lake“ im Central Park.49
47
Quelle: Dieterich, E. (2009), eigene Aufnahme.
Quelle: Dieterich, E. (2009), eigene Aufnahme.
49
Quelle: Dieterich, E. (2009), eigene Aufnahme.
48
42
[5. CENTRAL PARK – NEW YORK’S GRÜNE LUNGE] Elke Dieterich
Über eine malerische Brücke erreichten wir die Bethesda Terrasse mit dem berühmten
Brunnen und der Skulptur „Engel der Gewässer“, der bereits im Jahre 1873 von Emma Stebbins entworfen wurde. Im Sommer tummeln sich hier viele Straßenkünstler. Zur Terrasse
gehört auch die steinerne Treppe, über die man auf eine zweite Ebene gelangt. In der Unterführung, zu der man direkt auf die Mall gelangt, kann man die reich verzierten Fliesen von
Jacob Wrey bestaunen.50 Wir folgten der „Mall“ und erreichten zum Ende unseres kleinen
Rundgangs die „Dairy“, wo seit 1870 Milch an die New Yorker Familien ausgegeben wurde,
um bei den Kindern zur Zeiten der Cholera eine Mangelerscheinung vorzubeugen.51 Am südlichen Ende des Parks sieht man noch den „Wollman-Rink“, der im Winter zum Schlittschuhlaufen einlädt (vgl. Abb. 5.5). Im Hintergrund kann man die Hochhäuser der angrenzenden
Straßen sehen.
5.3
Kritikpunkt
Die Parks in der Stadt New York werden durch private Spenden finanziert. Die Geldgeber
entscheiden also wo es sich lohnt einen Park zu bauen oder eine bestehende Anlage zu verschönern. Meist profitieren hier die „guten“ Gegenden. Stadtviertel wie z. B. Harlem finden
meist keine interessierten Geldgeber. Somit werden im Regelfall die schönen und beliebten
Stadtviertel noch weiter in ihrer Attraktivität gesteigert und andere Viertel vernachlässigt.
Literatur- und Quellenangaben
de.wikipedia.org/wiki/Central_Park, Stand 05.03.2009.
www.centralpark.com/pages/attractions/belvedere-castle.html, Stand 05.03.2009.
www.centralpark.com/pages/attractions/bethesda-terrace.html, Stand 05.03.2009.
www.centralpark.com/pages/attractions/dairy.html, Stand 05.03.2009.
www.centralpark.com/pages/attractions/delacorte-theatre.html, Stand 05.03.2009.
www.centralpark.com/pages/attractions/strawberry-fields.html, Stand 05.03.2009.
www.centralpark.com/pages/general-info/central-park-conservancy.html, Stand 05.03.2009.
www.centralpark.com/pages/history.html, Stand 05.03.2009.
www.centralpark.com/pages/sports.html, Stand 05.03.2009.
www.planet-wissen.de/pw/Artikel,,,,,,,DDB09072C4EF5272E0340003BA5E0905,,,,,,,,,,,,,,, html,
Stand 05.03.2009.
50
51
Vgl. www.centralpark.com/pages/attractions/bethesda-terrace.html.
Vgl. www.centralpark.com/pages/attractions/dairy.html.
43
Elke Dieterich
[5. CENTRAL PARK – NEW YORK’S GRÜNE LUNGE]
44
Route IVKhokhlova
[6. WIRTSCHAFT UND IMMOBILIEN IN NEW YORK] Natalia
6.
WIRTSCHAFT UND IMMOBILIEN IN NEW YORK
Von Natalia Khokhlova
6.1
Wirtschaft in New York
Wirtschaftswesen
New York City ist die größte und die wachstumsstärkste Stadt der Vereinigten Staaten. New
York City gehört zu den bedeutendsten Wirtschaftsräumen der Erde. Die besondere wirtschaftliche Bedeutung New Yorks liegt im Dienstleistungssektor und in der Konzentration
von Banken.
Die Stadt pflegt Beziehungen mit Business Partnern auf der ganzen Welt. Zahlreiche national
und international tätige Firmen haben in Manhattan ihren Hauptsitz oder mindestens eine
bedeutende Niederlassung. Fast 25 % aller nicht amerikanischen Konzerne haben eine Niederlassung in New York City. Zu diesen Weltkonzernen gehören unter anderem Altria Group
(weltweit einer der größten Hersteller von Tabak, Nahrung und Getränken), American International Group (größter Versicherungs- und Finanzdienstleistungskonzern der Welt), Pfizer
(weltweit größtes Pharmaunternehmen), Sony Music (zweitgrößte Plattenfirma der Welt),
JetBlue Airways (Fluggesellschaft), DC Comics (Comicverlag) und Estée Lauder (Kosmetikkonzern). New York ist auch Sitz vieler Anwaltskanzleien, Consulting-, Buchführungs- und
Steuerberatungsunternehmen.
Tourismus
Der Tourismus ist der am schnellsten wachsende Wirtschaftsbereich New Yorks. Er spielt für
die Weltstadt eine sehr bedeutende Rolle. In diesem Bereich sind rund 300 000 Menschen
beschäftigt. Im Jahr 2006 hatte New York City rund 44 Millionen Gäste, davon rund 7 Millionen aus dem Ausland. Durch Ausgaben der Urlauber profitiert die Stadt jährlich in Höhe von
rund 24 Milliarden US-Dollar.52
Vier Jahre nach den Terroranschlägen 2001, durch die die Zahl der Touristen zurückgegangen ist, kamen in 2005 genauso viele Gäste wie im Jahr 2000 vor den Anschlägen (6,8 Mio.
Touristen). Zu den bisher rund 70 600 Hotelzimmern sollten bis Ende 2007 insgesamt 5000
weitere hinzukommen.53
52
53
Vgl. www.reiseweltatlas.de/wiki/New_York_City_Wirtschaft-508.html.
Vgl. destinia.com/guide/die-welt/nordamerika/vereinigte-staaten/new-york-state/new-york/130006-30230-31344-53065/31/de.
45
Natalia Khokhlova
[6. WIRTSCHAFT UND IMMOBILIEN IN NEW YORK]
Finanzwesen
New York City ist ein wichtiges Finanzzentrum. Die Stadt beherbergt über 200 internationale
Banken, bedeutende US-Versicherungsgesellschaften und Investment-Banken. Über eine
halbe Million Menschen arbeiten im Banken-, Immobilien- und Versicherungssektor.
Das Hauptgeschäftszentrum liegt um die
Wall Street (vgl. Abb. 6.1) im Süden von
Manhattan. Ihren Namen erhielt die Straße von einem hölzernen Schutzwall, den
der Gouverneur Peter Stuyvesant im Jahre
1653 gegen die Indianer errichten ließ.
Nachdem die niederländische Kolonie über
diese Grenze hinausgewachsen war, wurde der Wall 1693 als Straße befestigt.54
Abb. 6.1: Straßenschild der Wall Street.55
Die Blütezeit der Wall Street war Ende des 19. Jahrhunderts. Die industrielle Revolution hatte die Welt verändert und der amerikanische Bürgerkrieg zwischen den Nord- und Südstaaten hatte einigen Leuten immense finanzielle Gewinne gebracht. Small Business war passé:
Es entstanden große Korporationen, die für ihre Projekte mehr Geld brauchten, als sie selbst
besaßen. Die Kapitalbeschaffung wurde von den Banken organisiert. Wertpapiere fanden
reißend Absatz und die Wall Street prosperierte und wurde binnen kurzer Zeit zum Synonym
für Wertpapierhandel.56
In der Wall Street befinden sich eine Vielzahl von Banken und die weltweit größte und wichtigste Aktienbörse, die New York Stock Exchange (NYSE).
Die Entstehung der NYSE reicht bis in das
Jahr 1792 zurück. Damals wurde ein Buttonwood-Abkommen zwischen 24 Brokern unterzeichnet (vgl. Abb. 6.2). Der
Name des Abkommens leitet sich vom
Buttonwood-Baum ab, unter dem die
Unterzeichnung der Vereinbarung stattfand.57 Die Börse begann am 17. Mai
1792 mit einer Anzahl von fünf Aktien,
die aus Banken und Staatsanleihen
stammten.
Abb. 6.2: Unterzeichnung des Buttonwood-Abkommens 1792.58
54
Vgl. www.wissen.de/wde/generator/wissen/ressorts/reisen/reisefuehrer/newyork/index,
page=1648184.html.
55
Quelle: www.n-tv.de/img/24/2402/Img_3_4_290_Wall-Street.jpg, Stand 27.12.2008.
56
Vgl. www.wissen.de/wde/generator/wissen/ressorts/reisen/reisefuehrer/new_york/index,
page=1648184.html.
57
Vgl. www.finanzweb.org/wall-street.html.
58
Quelle: upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/4d/Buttonwood.png, Stand 27.09.2009.
46
[6. WIRTSCHAFT UND IMMOBILIEN IN NEW YORK] Natalia Khokhlova
Das erste Reglement der Börse wurde im März 1817 definiert. Das Regelwerk wurde an die
philadelphische Börse angelehnt und galt als Satzung. Im Februar 1820 entstand die erste
eigene Satzung, die aus den Geschäftserfahrungen der vorausgegangenen
vorausgegangenen drei Jahren resultierte.59
Bereits 1793 trafen sich die Broker im nahegelegenen „Tontine Coffee House“ zum täglichen
Handel. Der Markt funktionierte so, dass an zwei Sitzungen am Vor- und Nachmittag die verschiedenen Wertpapiere ausgerufen wurden und die Händler dann ihre Gebote dafür abgaben. Der Aktienhandel wuchs in den folgenden Jahren schnell an.
Am 16. und 17. Dezember 1835 zerstörte ein Großbrand über 700 Gebäude in
New York und auch die Wall Street
blieb nicht verschont (vgl. Abb. 6.3).
Es fanden sich jedoch schnell andere
Orte, an denen der Handel fortgesetzt
werden konnte. Ein Jahr später wurde
der Aktienhandel in den Straßen von
New York verboten. Bis dahin war es
durchaus üblich, auf der Straße Aktien
angeboten zu bekommen. Durch die aa
Abb. 6.3: Zerstörung der Wall Street durch den
Großbrand 1835.60
Durch die Einführung des Telegrafen 1844 konnten erstmals Händler und Investoren außerhalb von New York am Handel teilnehmen.
1884 begann die Bankenkrise. Investoren verloren während der Bankenkrise vom Mai 1884
schnell den Überblick und Charles Dow reagierte auf die Ereignisse am Markt. Am 3. Juli
1884 veröffentlichte er den ersten US-amerikanischen Aktienindex, den Dow Jones Average,
im von der Dow Jones & Company herausgegebenen Customers‘ Afternoon Letter. Dieser
bestand zunächst aus elf Werten. Der Index sollte den Investoren eine verständliche und
repräsentative Zusammensetzung des Geschehens an der Börse bieten. 1885 wurde ein Index daraus, der auf 14 Aktien basierte. Bezeichnend für die damalige Zeit war, dass zwölf
Werte davon Eisenbahnaktien und nur zwei Industrieaktien waren.61
1903 zog die NYSE in ein neues Gebäude mit der Adresse: 11 Wall Street, New York, NY
10005. Der Eingang befindet sich in 18 Broad Street, einer Querstraße. Dies ist bis heute der
Standort der NYSE.
Die New York Stock Exchange (NYSE) wurde im klassizistischen Stil gebaut (vgl. Abb. 6.4). In
der Wall Street ist die schmucklose Seite der Börse zu sehen. Die griechische Tempelfassade
mit dem säulengeschmückten Portikus ist zur Broad Street gerichtet. Bevor die Börse in ihr
heutiges Domizil zog, war sie in diversen anderen Gebäuden untergebracht, unter anderem
auch in der Wall Street 55, einem Bau aus dem Jahre 1842.
59
Vgl. www.finanzweb.org/wall-street.html.
Quelle: upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/e9/GreatFireNY1835.jpg,
upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/e9/GreatFireNY1835.jpg, Stand 28.09.2009.
61
Vgl. www.tourinaut.de/infos/new_york/stock.
60
47
Natalia Khokhlova
[6. WIRTSCHAFT UND IMMOBILIEN IN NEW YORK]
An der NYSE werden täglich mehrere Milliarden Aktien gehandelt. Der Tag mit dem
höchsten Handelsvolumen war der 10. Oktober 2008 mit 7 244 194 254 gehandelten
Aktien. Die Handelszeiten an der NYSE sind
werktags von 9:30 bis 16:00 Uhr Ortszeit.
Der bekannteste Aktienindex ist der Dow
Jones Industrial Average, der sich aus den 30
größten US-Unternehmen zusammensetzt.62
Aus Deutschland waren am 31. Dezember
2008 neun Unternehmen an der NYSE notiert: Allianz SE, Daimler AG, Deutsche Bank,
Deutsche Telekom, Fresenius Medical Care,
Infineon, Qimonda, SAP und Siemens. Aus
der Schweiz hatten acht Unternehmen eine
Börsennotierung: Alcon, Asea Brown Boveri,
Credit Suisse, Mettler-Toledo, Novartis,
STMicroelectronics, Syngenta und UBS. Aus
Österreich war kein Unternehmen an der
NYSE gelistet.63
Abb. 6.4: Die New York Stock Exchange.64
2003 startete die NYSE eine Kooperation mit der NASDAQ, die bis dahin der größte Konkurrent war. Das Handelsvolumen betrug im Durchschnitt etwa 45 Mrd. pro Tag (Stand:
November 2004).65
2005 kündigte die NYSE die Übernahme der elektronischen Handelsplattform Archipelago an
und stellte in der Folgezeit die Börse elektronisch um. Am 27. Februar 2006 war der Kauf
abgeschlossen und die Archipelago Exchange wurde in NYSE Arca umbenannt.66
Am 6. März 2006 ging die NYSE selbst nach 213 Jahren an die Börse.
Aufgrund der Terroranschläge in New York war die Börse zwischen dem 11. und 14. September 2001 für vier Handelstage geschlossen, da der gesamte Finanzdistrikt evakuiert wurde.
Seit dieser Zeit bleibt die NYSE für Touristen geschlossen.
Weitere wichtige Börsen in New York City sind NASDAQ, AMEX, NYBOT und New York
Mercantile Exchange.Die NASDAQ (National Association of Securities Dealers Automated
Quotations) ist eine Wertpapierbörse. American Stock Exchange (AMEX) ist eine New Yorker
Wertpapierbörse. Hier werden hauptsächlich Aktien gehandelt, die an der NYSE noch nicht
zugelassen sind. New York Mercantile Exchange ist die größte Warenterminbörse der Welt.
An dieser Börse werden Metalle, Energieprodukte und andere Waren gehandelt.New York
Board of Trade (NYBOT) ist eine Terminbörse für Rohstofffutures in New York City.
62
Vgl. www.sparen.de/index.php/wiki/NYSE.
Vgl. wapedia.mobi/de/New_York_Stock_Exchange?t=3
64
Quelle: upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/2/2c/NYSE_july_2003.jpg, Stand 27.09.2009.
65
Vgl. www.reiseweltatlas.de/wiki/New_York_City_Wirtschaft-508.html.
66
Vgl. www.de.wikipedia.org/wiki/New_York_Stock_Exchange.
63
48
[6. WIRTSCHAFT UND IMMOBILIEN IN NEW YORK] Natalia Khokhlova
Forschung, Bildung und Kultur
New York City ist auch eine Kernregion für Forschung, Bildung und Kultur: Hier befinden sich
elf weltbekannte Forschungszentren und über 100 Universitäten. New York City hat mit 72
Kliniken die am höchsten entwickelte medizinische Infrastruktur in den Vereinigten Staaten.
Mode, Medien und Werbung
Auch in der Welt der Mode, der Medien und der Werbung ist die Stadt ein wichtiger internationaler Entscheidungsträger. New York City ist die globale Hauptstadt der Mode. Mehr als
75 große Mode-Messen und Markt-Wochen finden jährlich in New York City statt und ziehen
Hunderttausende von Besuchern in die Stadt. New York City hat mit mehr als 5 000 ModeShowrooms, mehr als jede andere Stadt der Welt.
New York ist ein bedeutender Medienstandort. Die Stadt ist Sitz der globalen Medienkonzerne Time Warner und Viacom, mehrerer Großverlage, Musikfirmen, Produktionsstudios
und die Zentrale von vier großen amerikanischen Fernseh-, Film- und Radionetzwerken: ABC,
CBS, NBC und Fox.
Industrie
Neben seiner Bekanntheit für die Financial- und Services-Industrie ist New York City auch die
Heimat einer Vielzahl von anderer blühenden Industrie. In New York City befinden sich mehr
als 10 000 Industriefirmen. Diese Unternehmen beschäftigen fast 500 000 Menschen – rund
15 % von den Arbeitskräften in New York City. Zu den wichtigen Industriebereichen gehören
die Druckindustrie, die Textilindustrie, die chemische und die elektrotechnische Industrie.
Die Hauptquartiere von sechs der weltgrößten Pharmakonzernen befinden sich zudem in
New York City. Diese Industriezweige konzentrieren sich insbesondere auf die Bereiche zu
beiden Seiten des Newtown Creek in Brooklyn und Queens.
Die verarbeitenden Unternehmen bieten ein Spektrum von Produkten über Möbel, Nahrungs- und Genussmitteln und der Metallindustrie. Ungefähr die Hälfte des Zuckers, der in
den Vereinigten Staaten verbraucht wird, wird hier verfeinert. Brooklyn ist auch ein wichtiger Platz für das Prägen des Kaffees und der Gewürze.
Etwas mehr als ein Drittel der industriellen Unternehmen in New York City existieren in der
Wirtschaft seit fünf Jahre oder weniger, ein Drittel sind im Geschäft mit einer Existenz zwischen sechs und 20 Jahren und über 25 % sind bereits seit mehr als 20 Jahren im Geschäft.
Die Anzahl der Firmen in New York City hat sich während der 1990er Jahre fast verdoppelt.
Produktionsstandorte werden aus Kostengründen aus dem Stadtgebiet New Yorks in das
nahe gelegene Umland verlagert, was für die Stadt erhebliche Probleme in Form von Verlust
der Steuereinnahmen und zahlreicher Arbeitsplätze darstellt.67
67
Vgl. www.brockhaus-suche.de/aktuell/thema.php?t_id=119&jahr=2006.
49
Natalia Khokhlova
[6. WIRTSCHAFT UND IMMOBILIEN IN NEW YORK]
Verkehr
Verkehr ist ein anderer wichtiger Wirtschaftszweig. Das gewaltige Verkehrsaufkommen im
Stadtgebiet wird mit mehr als 50 % via U-Bahn bewältigt. Viele Brücken, Tunnels und Fähren
über- bzw. unterqueren die Flüsse und Meeresarme. Die beiden wichtigsten Bahnhöfe sind
die Grand Central Station und die Pennsylvania Station.
An den Ufern der Süd-Bronx und den westlichen Uferbereichen von Brooklyn und Staten
Island befinden sich ausgedehnte Hafenanlagen, Lagerhäuser und Betriebe der verarbeitenden Industrie.
Die Schifffahrt geht im Stadtgebiet seit Jahren zurück. Der „Port of New York“ ist einer der
größten Seehäfen der USA. Viele der Hafenanlagen an New Yorks „Waterfront“ (930 km)
verfallen, da die einst bedeutende Passagierschifffahrt nahezu ganz eingestellt wurde. Einen
großen Teil des Frachtverkehrs übernahmen die modernen Container-Verladeanlagen des in
New Jersey gelegenen Hafenteils. Der Großteil des Fracht- und Personenaufkommens wird
heute allerdings über New Jersey Port abgewickelt.68
Die Port Authority of New York and New Jersey (Hafenbehörde) ist die seit 1921 gemeinsame Hafenbehörde der US-Bundesstaaten New York und New Jersey (PANYNJ). Die Aufgaben
der Behörde umfassen neben dem Betrieb der Häfen in den beiden Bundesstaaten auch viele regional bedeutsame Verkehrsinfrastrukturen wie Brücken, Fähren und Fährstationen,
Tunnels, den Betrieb der drei Flughäfen von New York City (JFK International Airport, La
Guardia Airport und Newark Liberty International Airport) und der U-Bahnlinie Port Authority Trans-Hudson.69
Die beiden Flughäfen John F. Kennedy International und LaGuardia Airport belegen große
Flächen im Norden und Südosten von Queens. Über den John F. Kennedy International Airport gehen rund 40 % des Überseereiseverkehrs und mehr als die Hälfte der Außenhandelsluftfracht der USA. Der Großflughafen La Guardia dient besonders dem Inlandsverkehr.
Newark Liberty International Airport, der älteste Flughafen in der Region New York, liegt in
New Jersey. Die Flughäfen befördern pro Jahr insgesamt über 90 Mio. Fluggäste mit über
einer Million Flügen.70
6.2
Immobilien in New York
Nach dem 11. September erlebte New York City einen Wirtschaftsschock: 120 000 Arbeitsplätze gingen verloren, die Steuereinnahmen brachen weg, das Budgetdefizit betrug
6,4 Mrd. US$. Die Stadt stand kurz vor dem Ruin. Die New Yorker Wirtschaft hat sich aber
schnell vom Schock des 11. Septembers 2001 erholt. Fünf Jahre später kamen viele Touristen, die New Yorker Immobilienbranche boomte. Die verlorenen Arbeitsplätze hat die Stadt
68
Vgl. www.reiseweltatlas.de/wiki/New_York_City_Wirtschaft-508.html.
Vgl. de.wikipedia.org/wiki/Port_Authority_of_New_York_and_New_Jersey.
70
Vgl. www.brockhaus-suche.de/aktuell/thema.php?t_id=119&jahr=2006.
69
50
[6. WIRTSCHAFT UND IMMOBILIEN IN NEW YORK] Natalia Khokhlova
seither zurückgewonnen. Die Zahl der Unternehmen, die in Manhattan Filialen hatten, stieg
wieder. Auch die Finanzkrise 2008 hatte negative Auswirkungen für New York City.
Mit der US-Bankenkrise 2008 verschwanden
zwischen Mai und September 2008 die fünf
größten US-Investmentbanken.71 Hunderttausende Angestellte in der Finanzbranche
haben ihren Job verloren, die Arbeitslosenrate ist gestiegen. Viele Stadteile wie
Queens, Teile von Brooklyn und der Bronx
erleben auch einen starken Anstieg der
Zwangsversteigerungen (vgl. Abb. 6.5) von
Häusern.
Abb. 6.5: Anzeigetafel für eine Hauszwangsversteigerung.72
Die Finanzkrise hat sich negativ auf diverse Bauprojekte in der Stadt ausgewirkt. Die Pläne
vieler Architekten werden derzeit verringert, verzögert, verbilligt, vertagt – oder ganz gestrichen. Seit Ende 2008 sind mindestens 30 New Yorker Großbauvorhaben an der Finanzkrise
gescheitert.73 Geldmangel ist meist der Hauptgrund für die Probleme. Projektentwickler erhalten derzeit von den angeschlagenen Banken keine Finanzierungen. Einige Projektentwickler haben ihre Vorhaben eingestellt, da sie befürchten keine Mieter für ihre neuen Immobilien zu finden. Es gibt derzeit kaum Nachfrage nach neuen Büroflächen oder Wohnungen.
Tower Verre
In Midtown Manhattan z. B. hatte ein französischer Architekt den Tower Verre geplant
(vgl. Abb. 6.6). Der Tower sollte genauso so
hoch wie das Empire State Building werden,
das ist im Moment New Yorks höchstes Gebäude. Im Tower Verre werden sich ein
5 Sterne Hotel, Apartments und Galerien für
das benachbarte Museum of Modern Art
befinden. Seine Vollendung war für etwa
2013 geplant. Dieses Projekt wurde aufgrund der aktuellen Finanzkrise auf unbekannte Zeit „verschoben“.74
Abb. 6.6: Entwurf des Tower Verre.75
71
Vgl. de.wikipedia.org/wiki/Investmentbank.
Quelle: pix.sueddeutsche.de/finanzen/428/427184/135x135_ZSM8D1TuPN.jpeg,
Stand 27.05.2009.
73
Vgl. www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,616109,00.html.
74
Vgl. www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,616109,00.html.
75
Quelle: news.architecture.sk/uploaded_images/2009/01/tower-verre-jean-nouvel-new-york03.jpg, Stand 27.05.2009.
72
51
Natalia Khokhlova
[6. WIRTSCHAFT UND IMMOBILIEN IN NEW YORK]
Beekman Tower
Der Beekman Tower (vgl. Abb. 6.7) in Lower
Manhattan zwischen der City Hall und der
Brooklyn Bridge ist ein Projekt des 80-jährigen US-Stararchitekten Frank Gehry, das
realisiert wird.
Dort werden neben Luxuswohnungen,
Wohnungen für Normalverdiener angeboten. Ebenso sollen Praxen für Allgemeinärzte, eine öffentliche Schule, Drogerien, Textilreinigungen oder ein Fitnessstudio darin
Platz finden.
Der Bau sollte ursprünglich 2009 fertig sein.
Dazwischen kam die Finanzkrise. Nachdem
38 Etagen errichtet wurden, wurden die
Bauarbeiten gestoppt.
Abb. 6.7: Entwurf des Beekman Tower.76
Es wurde nach Möglichkeiten gesucht, bei dem Projekt zu sparen und dabei wurde auch
über die endgültige Höhe des Turmes diskutiert. Erst nachdem eine Vereinbarung getroffen
wurde die Arbeitskosten zu senken und preiswertere
preiswertere Baustoffe zu verwenden, wurden die
Bauarbeiten fortgesetzt. Inzwischen wurde bekannt gegeben, dass der Wolkenkratzer 2010
eröffnet wird.77
56. Leonard Street
Auch für die 56. Leonard Street wurde ein 57 Stockwerk hohes Gebäude geplant. Das geplante Gebäude sollte eine außergewöhnliche Konstruktion haben. Auf der Computergrafik
rechts werden die Wohnungen übereinander gestapelt und gegeneinander verschoben dargestellt. Das Gebäude sollte nahezu komplett aus Glas bestehen. Der Bau ist aber auch eingestellt worden.78
99 Church Street
99 Church Street ist ein anderer Wolkenkratzer in Lower Manchttan der zurzeit gebaut wird.
Er befindet sich gegenüber des World Trade Center Areals. Der Wolkenkratzer soll 143 Eigentumswohnungen und ein Hotel enthalten. Das Bauwerk soll bis zum Dach nach seiner
Fertigstellung 278 m hoch werden, womit es zu den höchsten Bauwerken in New York City
76
Quelle: www.contractjournal.com/blogs/world-construction-blog/assets_c/2009/03/Beekman%20
Tower-thumb-245x282.jpg, Stand 27.05.2008.
77
Vgl. www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,616109-2,00.html.
78
Vgl. de.wikipedia.org/wiki/56_Leonard_Street.
52
[6. WIRTSCHAFT UND IMMOBILIEN IN NEW YORK] Natalia Khokhlova
gehören würde. Im Moment wird am Fundament gearbeitet. Dieses Projekt ist aber auch
alles andere als sicher. Das Gebäude müsste schon 2010 fertiggestellt werden. Das Projekt
wird aber nur dann umgesetzt, wenn der Projektentwickler die Finanzierung sichert.79
Penn Station
Für das Gelände am Flussufer auf der West Side von Manhattan, das fast doppelt so groß wie
Ground Zero ist, gab es große Pläne. Der lange brachliegende Rangierbahnhof der Penn Station sollte umgebaut werden und daraus ein ganz neues Stadtviertel werden (vgl. Abb. 6.8).
Abb. 6.8: Entwurf für die Neugestaltung der Penn Station.80
Noch vor fünf Jahren, als New York für die Olympiade 2012 kandidierte, wurde für die Erneuerung dieses Gebietes ein neues Sportstadion vorgesehen. Inzwischen hat sich die Aussicht auf die Olympiade geändert und diese Pläne wurden verworfen. Statt eines Stadions
sollen acht Bürotürme, elf Wohntürme sowie Gebäude für eine gemischte Nutzung erstellt
werden. Eine U-Bahnlinie soll nach Westen verlängert werden.
Der Interessent, die Immobilienfirma Related, hatte aber Geldprobleme und sie einigte sich
mit der Besitzerin des Areals, der Verkehrsgesellschaft MTA, das große Projekt um ein Jahr
zu verschieben.81
79
Vgl. de.wikipedia.org/wiki/99_Church_Street.
Quelle: www.spiegel.de/img/0,1020,1477650,00.jpg, Stand 27.05.2009.
81
Vgl. www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,616109-2,00.html.
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Natalia Khokhlova
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Atlantic Yards
Eine ähnliche Situation wie bei Hudson Yards ergibt sich in Atlantic Yards. Dieses Gebiet liegt
in Brooklyn. Das neue Bebauungsprojekt sah auf einer Fläche von 9 ha mitten in Brooklyn 16
Wohn- und Bürotürme mit 40 bis 50 Stockwerken sowie ein Hotel und Geschäftslokale vor
(vgl. Abb. 6.9). Darunter sollten Tausende von Sozialwohnungen entstehen. Außerdem sollte
ein neues Basketballstadion für das NBA-Team „Nets“ aus New Jersey gebaut werden. Ein
beträchtlicher Teil des Projekts würde die jetzigen Gleise des Rangierbahnhofs der Long Island Rail Road (LIRR) ersetzen. Die Bebauung dieses Industriegebietes muss aufgrund von
Finanzierungs- und Kreditproblemen nun erheblich beschnitten werden. Ein Teil der 16
Hochhaustürme wird nun vorerst nicht errichtet.82
Abb. 6.9: Entwurf für die Neugestaltung der Atlantic Yards.83
Viele Gebäude existieren derzeit nur als schöne Computergrafiken. Man kann darauf gespannt sein wie sich die Situation weiter entwickeln wird, ob die Wirtschaftskrise bald überwunden sein wird und ob diese und viele andere Projekte umgesetzt werden können.
82
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Vgl. www.manager-magazin.de/life/wohnen/0,2828,617674-3,00.html.
Quelle: www.spiegel.de/img/0,1020,1477646,00.jpg, Stand 27.05.2009.
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Literatur- und Quellenangaben
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www.brockhaus-suche.de/aktuell/thema.php?t_id=119&jahr=2006, Stand 27.12.2008.
www.de.wikipedia.org/wiki/New_York_Stock_Exchange, 27.12.2008.
www.finanzweb.org/wall-street.html, Stand 27.12.2008.
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www.reiseweltatlas.de/wiki/New_York_City_Wirtschaft-508.html, Stand 27.12.2008.
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www.tourinaut.de/infos/new_york/stock, Stand 27.12.2008.
www.wissen.de/wde/generator/wissen/ressorts/reisen/reisefuehrer/new_york/index,page=164818
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