Leseprobe - SHOP - Klatschmohn Verlag

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Leseprobe - SHOP - Klatschmohn Verlag
Anette Lukesch
Pflanzenwelt
und Christentum
KLATSCHMOHN Verlag
Anette Lukesch · Pflanzenwelt und Christentum
Impressum
Anette Lukesch
Pflanzenwelt und Christentum
Christliche Einflüsse auf Botanik und Gartenbau – Ein Gang durch den Barther Bibelgarten
Herstellung: KLATSCHMOHN Verlag, Druck + Werbung GmbH & Co. KG
ISBN 978-3-941064-00-3
1. Auflage 2009
Printed in Germany
Anette Lukesch
Pflanzenwelt
und Christentum
Christliche Einflüsse auf Botanik und Gartenbau
Ein Gang durch den Barther Bibelgarten
KLATSCHMOHN Verlag
Inhaltsübersicht
Einleitung
7
Christlich geprägte Pflanzennamen
Einführung
Pflanzen, die nach Personen der Bibel und Heiligen benannt sind –
Pflanzenbeschreibungen
Pflanzen, die nach christlichen Begriffen benannt sind – Pflanzenbeschreibungen
10
11
26
Symbolpflanzen
Einführung
Pflanzenbeschreibungen
40
41
Pflanzen der Klostergärten
Einführung
Pflanzenbeschreibungen
48
51
In der Bibel erwähnte Pflanzen
Einführung
Pflanzenbeschreibungen
59
61
Anhang
Verzeichnis der verwendeten Literatur
Tabelle der in der Bibel erwähnten Pflanzen und ihrer Übersetzung in verschiedenen
Bibelausgaben
Register: deutsche Pflanzennamen
Register: botanische Pflanzennamen
79
80
88
94
Register nach Kategorien geordnet (deutsche Pflanzennamen):
Personen der Bibel und Heilige
Christliche Begriffe
Symbolpflanzen
Klosterpflanzen
Pflanzen der Bibel
99
99
100
101
102
103
Abkürzungen der biblischen Bücher
Danksagung
Bildnachweis
Kontakte
105
106
107
108
7
Berühren Gärten die Seele und gehen ans Herz,
weil der Garten Gottes mit seiner Schönheit,
seiner Fruchtbarkeit und seinem Frieden
zum Erinnerungsschatz der Menschheit gehört
und zugleich Zukunftshoffnung ist?
Christine Lässig
Einleitung
n der Vorpommerschen Kleinstadt Barth, nahe der Ostseeküste zwischen Rostock und Stralsund gelegen,
befindet sich seit dem Jahre 2001 das »Niederdeutsche
Bibelzentrum St. Jürgen«. Es ist eine Informations- und
Erlebnisstätte rund um die Bibel, die religiöse, ethische und
kulturgeschichtliche Zusammenhänge vermittelt. Eingerichtet wurde das Bibelzentrum in einem der ältesten Häuser von Barth. Es hat eine wechselvolle Geschichte als Kirche, Pestkrankenhaus und Altenwohnraum. Durch gekonnte
Rekonstruktion sind heute Nutzungsgeschichte und baugeschichtliche Vergangenheit erlebbar. Eine ganz besondere, Ruhe spendende Atmosphäre ist entstanden, die sich
besonders im mittelalterlichen Chorraum entfaltet.
Zu diesem schönen Haus gehört ein 2003 errichtetes
modernes Tagungshaus.
Beide Gebäude sind in ein gärtnerisch gestaltetes Freigelände eingebettet. Trotz des kühlen und windigen nordostdeutschen Klimas ist dieser Gartenraum windgeschützt
und sehr sonnig. Dort, wo es besonders warm und windstill
ist, befindet sich der kleine Bibelgarten.
I
Gärten und Bibel
Gärten gibt es auf der Welt, seit Menschen sesshaft wurden.
Der heute gebräuchliche Name »Garten« leitet sich vom
Wort »Gerte« ab. Mit einfachen Gerten wurden das urbar
gemachte Land und die angebauten Pflanzen vor Wildschaden bewahrt. Ein Garten gibt Geborgenheit. In Zeiten
überwiegender Wildnis in der Umgebung war ein solcher
Ort besonders wichtig. Das Wort »Paradies« bezeichnete
ursprünglich einen Garten. Der Begriff leitet sich vom arabischen Wort »pairi-daeza«, übersetzt »umfriedeter Garten«, ab. Das daraus abgeleitete griechische Wort »paradeisos« wird auch mit »Park« übersetzt. Der Garten Eden, das
Paradies aus der Schöpfungsgeschichte (1. Mose [Gen] 1,
29-30), ist das Urbild eines fruchtbaren, den Menschen ernährenden Raumes, in dem er sich geborgen fühlt. Zunächst
wurde die nötige tägliche Nahrung in den Gärten angebaut, später kamen Heilpflanzen hinzu.
Wann wurde der erste Blumenstrauß in den Gärten gepflückt? Sicher schon sehr früh, denn das Schönheitsbe-
Der Barther Bibelgarten
9
Gärten und Bibel
dürfnis existiert neben aller Notwendigkeit des Zweckmäßigen wohl schon immer im Menschen. Mit steigendem
Wohlstand wurden die Gärten auch Orte der Muße, der
Freude am gestalteten Raum und an den Pflanzen an sich.
Die Menschen lieben Gärten, denn sie sind Symbol des irdischen und himmlischen Paradieses.
Bibelgärten nehmen unter allen Gartenformen eine Sonderstellung ein, denn sie widmen sich einem bestimmten
Inhalt, wollen Zugang zur Bibel auf ganz neue Weise vermitteln. Die Gärten, die dazu geschaffen wurden, sind so unterschiedlich wie die Herangehensweise an das Anliegen.
Meditative Bibelgärten laden durch eine die Seele beruhigende Gestaltung zum inneren Hören auf Gott und sein
Wort ein. Sie sind vergleichbar mit den Innenhöfen der
Klöster, die, beruhigend gestaltet und abgeschieden, Nonnen und Mönchen Raum zur Stille bieten. Vielfach schmü-
Gern genutzt: Die religionspädagogische Gartenführung
10
cken Pflanzen, die in der Bibel erwähnt sind, diese Art der
Bibelgärten. In ihnen sind Wasser, Gesteine und Bäume
vorhanden, die die Aussagen der Bibel versinnbildlichen
und einen hohen Symbolwert haben. Der Baum ist im
Christentum wie in vielen Kulturen Symbol göttlicher Weisheit, ist Lebensbaum, verbindet Himmel und Erde, ist im
irdischen Paradies vorhanden und Symbol für das himmlische Paradies. Die Erde, auf der alles Leben gegründet ist,
und die Steine, die für Festigkeit stehen, sind Sinnbild für
Vergänglichkeit und Ewigkeit zugleich. Wasser ist wie Erde, Luft und Feuer eines der vier Urelemente. Ohne Wasser gibt es kein Leben. Schon in der jüdischen und später in
der christlichen Tradition weist Wasser auf den Ursprung der
Schöpfung hin. Wasser ist Quelle des Lebens, kann aber
auch von zerstörerischer Gewalt sein. In der Bibel wird
Wasser vielfach gleichnishaft und auch unmittelbar zitiert.
Als eine Kernaussage wird der Glaube als das »Wasser des
Lebens« bezeichnet.
Einleitung
Blick auf den Barther Bibelgarten
Informative Bibelgärten zeigen den Besuchern möglichst
viele der in der Bibel erwähnten Pflanzen beziehungsweise die in den deutschen Übersetzungen genannten Arten. Eine gute Beschilderung der Einzelpflanze ist in solchen Gärten unerlässlich. Ziel dieser Art von Bibelgärten ist es, die
Bibel als »Praxisbuch« zu zeigen, das Pflanzen als alltägliche Dinge des Lebens bedenkt und direkt oder gleichnishaft verwendet. Diese Sichtweise kann helfen, den Wert,
die Schönheit oder Nützlichkeit der Pflanzen wieder recht
zu sehen und das Wort von der Bewahrung der Schöpfung
aktiv und neu zu erleben. Franz von Assisi (1182 - 1226) hat
es uns in seiner engen Beziehung und großen Achtung zu
allem Lebendigen vorgelebt. Mit Ehrfurcht und geschwisterlicher Zuneigung begegnete er Tieren und Pflanzen.
In informativen Bibelgärten ist es möglich, Besuchern
durch die Sachinformationen zu den Pflanzen einen Zugang zur Bibel zu vermitteln. Aussagen, die mit den einzelnen Pflanzen verbunden sind, weisen oft auf Kernaussagen des Glaubens hin.
Der Garten am Niederdeutschen Bibelzentrum Barth gehört zu den informativen Bibelgärten. Er widmet sich jedoch
nicht nur den Pflanzen der Bibel, sondern auch Arten, deren Namen durch die Bibel geprägt sind oder die durch Bemühen kirchlicher Einrichtungen verbreitet und weiterentwickelt wurden. Das ermöglicht einen Blick auf unsere
kulturellen, stark von der biblischen Botschaft geprägten
Wurzeln und löst manches Erstaunen und Erkennen aus.
Der Bibelgarten wird durch die Außenanlagen des Bibelzentrums ergänzt: Bäume und Sträucher, zum Teil mit biblischem Bezug, Wasserfall und Feuerstelle, Rasenfläche und
Sitzgelegenheiten laden zur Besinnung ein. So ist am Niederdeutschen Bibelzentrum auch die Möglichkeit der Meditation gegeben.
Der 100 qm große Garten ist regelmäßig, im barocken Stil,
angelegt. Gemeinsam mit dem Bibelzentrum wurde er im
Jahre 2001 eingeweiht. Geplant und gestaltet vom Landschafts- und Gartenarchitekturbüro Dierk Evert, Lietzow
(Rügen) enthielt er zunächst 40 verschiedene Pflanzenarten.
Sie waren nach Gesichtspunkten der Gartengestaltung in
den vier Gartensegmenten angeordnet. Um den vielfältigen
Beziehungen zwischen Pflanzen und Christentum Raum zu
geben, ordnete die Autorin die Pflanzen thematisch und ergänzte den Bestand um etwa 160 weitere Arten. Die Wegeführung folgt der Kreuzform, den Schnittpunkt der Wege
ziert ein kugelförmiger Buchsbaum. In dieser Form erinnert
der Garten auch an die ebenso gestaltete Bepflanzung zwischen den Kreuzgängen vieler Klöster. Ursprünglich symbolisiert diese Gartenform die vier in der Bibel genannten Paradiesströme (1. Mose [Gen] 2,10-14). Ein Brunnen in der
Mitte erinnert an die Quelle, aus der Euphrat, Tigris, Gihon
und Pischon entspringen. Die vier Gartensegmente widmen
sich den unterschiedlichen Bezügen der Pflanze zum Christentum.
Ziel dieses Buches ist es, über die Informationstafeln hinaus den Bezug der Pflanzen zur Bibel oder zur christlichen
Tradition gründlicher darzustellen. Mancher Hinweis soll
auch Anstoß zu eigenem Nachlesen oder Nachsinnen sein.
Das Literaturverzeichnis im Anhang ist als Hilfe dazu gedacht.
Die Pflanzen des Bibelgartens sind Individuen mit unterschiedlicher Gestalt und Geschichte. Auffallende Schönheiten wie die Lilien oder Rosen sind darunter, aber auch
kleine, unscheinbare Winzlinge wie das Hirtentäschelkraut.
Um die Eigenart jeder Pflanze zu vermitteln, sind botanische und gärtnerische Informationen dazu aufgeschrieben.
Der Pflanzenbestand im Barther Bibelgarten wird jährlich ergänzt, einjährige Pflanzen müssen immer wieder neu
herangezogen werden. Da Frost und Hitze, Regen und Sonnenschein nicht in unserer Hand liegen, kann es uns wie
allen Gärtnern passieren, dass trotz vieler Mühen nicht alle Pflanzen zur Zufriedenheit gedeihen. Möglich ist daher,
dass Sie nicht in jedem Jahr alle hier beschriebenen Pflanzen vorfinden. Wir bitten um Ihr Verständnis.
Die Bibelstellen wurden meist nach der Heiligen Schrift,
Familienbibel – Einheitsübersetzung – St. Benno-Verlag
1985 zitiert. Sie sind im Text kursiv hervorgehoben.
Buch und Bibelgarten sollen auch dazu beitragen, das
Wissen um den in der Bibel formulierten Auftrag, die
Schöpfung zu bewahren (1. Buch Mose [Gen] 2,15), lebendig werden zu lassen. Ein erster Schritt dazu ist die einfache Freude an den Pflanzen.
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Christlich geprägte
Pflanzennamen
Einführung
flanzennamen sind Kulturgut der Völker. Sie spiegeln die Erfahrungswelt wider, weisen auf den Gebrauch der Pflanzen hin und nehmen Bezug auf Aussehen, Blütezeit oder Heilkraft.
Unsere europäische Kultur ist seit 2000 Jahren christlich
geprägt. Wie Alltagsleben und Christentum verwoben sind,
wird auch an Pflanzennamen deutlich. Das Aussehen der
Pflanzen wird mit christlichen Begriffen in Verbindung gebracht, wie bei Passionsblume und Engelstrompete. Der
christliche Jahreskreis ist bei der Pflanzenbenennung von
Osterglocke, Pfingstrose oder Christrose bedacht. In der
Bibel beschriebene Ereignisse und auch in Berichten und
Legenden überlieferte Episoden aus dem Leben Heiliger
bestimmten Pflanzennamen wie Jakobsleiter oder Karthäusernelke.
Ein so sichtbar enges Verhältnis zwischen Sprache und
Christentum ist nur aus einer inneren Haltung heraus möglich, die liebevoll, mit Achtung und Verehrung den Dingen des Christenglaubens gegenübersteht. Die Achtung vor
der Pflanze als Schöpfung Gottes ist ebenso damit verbunden. In Europa waren die Benediktinermönche die ersten,
die sich eingehend mit Pflanzen beschäftigten. Sie nutzten
deren Eigenschaften als Gleichnisse für Glaubensaussagen,
auch für kleine Predigten. Die Pflanzenbücher des Mittelalters waren naturwissenschaftliche Beschreibung und religiöse Erbauung zugleich. Es wurde sehr symbolisierend mit
den Pflanzen umgegangen, sowohl in der Darstellung der
Pflanzen als auch in deren Benennung. Pflanzen der Heimat bekamen durch die Mönche »theologische« Namen,
die sich unter dem Volk verbreiteten und teilweise noch
heute benutzt werden. Ein so entstandener Pflanzenname
ist zum Beispiel »Johanniskraut«. Die Pflanze (Hypericum
perforatum) hieß damals auch Erthopfe, Eurchlöchert oder
Harcwurz, bis in Klosterschriften des Mittelalters der Name »Herba St. Johannis« auftauchte, der sich bis heute leicht
abgewandelt als gültiger deutscher Name »Johanniskraut«
durchgesetzt hat.
Auch der Volksmund schuf christlich geprägte Namen,
zum Beispiel »Kirmesblume« für die Pflanze, die besser unter dem Namen »Herbstaster« (Aster novi-belgii) bekannt
ist. »Priesterkragen« ist der im Ostseeraum benutzte Name
für die Margerite (Chrysanthemum leucanthemum).
P
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Die Marienverehrung hat ebenfalls großen Einfluss auf den
Umgang mit Pflanzen und deren Namen. Maria, die Mutter Jesu, wird im katholischen Umfeld als Fürsprecherin für
die Menschen bei Gott verstanden. Ihre vorbildlichen Eigenschaften werden als Hilfe auf dem Glaubensweg nachgeahmt. Auch nach evangelischem Verständnis verdient das
an Maria sichtbar gewordene Gnadenhandeln Gottes Lob
und ihre Tugenden Nachahmung. Pflanzen mit herausragender Heilkraft oder auffallender Schönheit erhielten deshalb aus Verehrung und mit Hinweis auf die Maria zugeschriebenen Eigenschaften ihre Namen. Beispiele sind »Madonnenlilie« (Lilium candidum) und »Mariendistel« (Silybum marianum), aber auch »Frauenmantel« (Alchemilla sp.)
und »Unser lieben Frauen Bettstroh« – Thymian (Thymus
serpyllum). Interessant ist, dass die Häufigkeit, mit der christliche Pflanzennamen gebräuchlich waren oder sind, je nach
Frömmigkeitsstil und Landstrich variiert. So sind in Süddeutschland häufiger Pflanzennamen mit christlichen Bezügen zu finden.
Viele christlich geprägte Pflanzennamen werden deutschlandweit verwendet, wie Osterglocke und Pfingstrose. Nur
regional in Österreich verbreitet ist »Marienblume« als
Bezeichnung für das Gänseblümchen. Aus der mittelalterlichen Bezeichnung »Herba St. Mariae« hat sich dieser
Name gebildet. Da die Sprache sich wandelt, sind manche
Namen nur noch durch die Literatur überliefert. Der Name »Zachariasblume« (Herba St. Zachariae) für die Kornblume ist ein Beispiel dafür.
Die Liste der Pflanzen, die christlich geprägte Namen
tragen, ist lang. Es wird daher kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben. Es sind zu viele! Hinzu kommt, dass einige Pflanzen in Barth auf Grund des Klimas nicht gedeihen, andere kennen wir vielleicht trotz sorgfältiger Recherchen noch nicht, oder sie sind aus technischen Gründen nicht jedes Jahr verfügbar. Begrenzt ist nicht zuletzt die
zur Verfügung stehende Pflanzfläche.
Nicht völlig geklärt ist, welche der Namen heute noch aktiv im Sprachgebrauch sind. Für Rückmeldungen bin ich
daher dankbar.
In der nachfolgenden Beschreibung wurde der deutschlandweit in der Fachliteratur gebräuchliche deutsche Name blau kenntlich gemacht. Namen, die nur lokal verwendet werden, sind mündlichen Mitteilungen und der Literatur
(siehe Literaturverzeichnis) entnommen. Soweit möglich, ist
die entsprechende Region, in der der Name verwendet wird
(oder wurde?), vermerkt.
Um die Übersichtlichkeit zu gewährleisten, wird in der
Pflanzung und auch in dieser Abhandlung zwischen
• Pflanzenbenennung nach Personen der Bibel und
• Pflanzenbenennung nach christlichen Begriffen unterschieden.
Christlich geprägte Pflanzennamen
Pflanzen, die nach Personen der Bibel
und Heiligen benannt sind
Kompakt und inhaltsreich: Segment des Barther Bibelgartens mit dem nach
Personen der Bibel und nach Heiligen benannten Pflanzen
A
ronstab (Arum maculatum)
Judenstab, Aaronsbart, poln.: Aronova broda,
tschech.: Aronowa brada, Beginenpöpke (Rheinland)
Der Hirtenstab des Propheten Aaron, des Bruders von
Mose, ist Namensgeber der
genannten Pflanze. Dieser
Stab wird erwähnt, als die Israeliten bereit zum Auszug
aus der ägyptischen Gefangenschaft waren, der Pharao
sie jedoch nicht gehen ließ.
Um dem Vorhaben Nachdruck zu verleihen, wird
Mose von Gott beauftragt,
durch Aarons Stab ein Wunder zu wirken. So sollte der
Aronstab, Blütenstand
Pharao die Größe Gottes erkennen: 2. Buch Mose (Ex) 7,9 »Wenn der Pharao zu Euch sagen wird: Weist Euch aus durch ein Wunder! So sollst Du zu Aaron sagen: Nimm Deinen Stab und wirf ihn hin vor dem Pharao, dass er zur Schlange werde!«
Doch wie kommt die Pflanze zu ihrem Namen? Einer
schwäbischen Sage zufolge soll sie aus dem in die Erde gesteckten Stab des Aaron entstanden sein. Die Pflanze galt
auch als Symbol der Fruchtbarkeit – in der bildenden Kunst
ist Aaron deshalb auch mit einem blühenden Stab dargestellt. Die Ähnlichkeit des Blütenkolbens mit einem Stab
bringt der Pflanze auch den Namen »Judenstab«. Stäbe oder
Stöcke sind seit alters her Symbol der Macht und der Kenntnis unsichtbarer Dinge. Auch der Äskulapstab der Mediziner, um den sich zwei Schlangen ringeln, greift dieses Motiv auf und ist Symbol des heilenden Gottes und der ärztlichen Kunst. In der Bibel wird der Stab als Symbol auch an
anderen Stellen genannt. Wir begegnen ihm als Botenstab der
Engel, der Stab des Mose ließ Wasser aus dem Felsen springen, auf Gemälden ist er Attribut von Christus, Propheten
und Heiligen, auch der Krummstab der Bischöfe und weltlicher Herrscher hat seinen Ursprung in dieser Symbolik.
Der gespaltene, untere Teil des Laubblattes ähnelt einem
gespaltenen Bart, so entstand der Name »Aaronsbart«.
Der Name »Beginenpöpke« (Püppchen) weist auf die Tracht
aus den Anfängen der Beginenbewegung hin: Die weiße Blüte erinnert an die große Haube der mittelalterlichen Tracht
mancher Beginen. Dies waren Frauen, die sich ledig oder
verwitwet zu Gemeinschaften zusammenschlossen, im Mittelalter dem Schutz eines Ordens unterstanden (daher die
Tracht), jedoch ohne lebenslanges Gelübde. Später gründeten sich daraus unabhängige Frauenvereinigungen.
Auch als Leidensblume ist der Aronstab bekannt: Der Blütenkolben deutet auf die Marterwerkzeuge hin, mit denen Jesus am Kreuz gequält worden ist (Prügelstock zum Geißeln),
die kreisförmig angeordneten Haare am Kolben stellen die
Dornenkrone dar. Nach einer englischen Legende stammen
die braunen Flecken auf den Laubblättern vom Blut Christi, das vom Kreuz herabtropfte.
Der Aronstab wächst im Halbschatten mitteleuropäischer
Laubmischwälder wild, aber auch als Zierpflanze in unseren
Gärten. Zierend sind sowohl die gefleckten Blätter als auch
die weiße Blüte und der mit roten Beeren besetzte kolbenartige Fruchtstand. Er erscheint im Herbst, nachdem die
Blätter abgestorben sind, und leuchtet auffallend aus dem
Halbschatten hervor. Doch Vorsicht, die Pflanze ist giftig!
Barbarakraut (Barbarea vulgaris)
Barbarakraut ist eine mehrjährige, recht hübsche gelb blühende Wildpflanze, deren Blätter Salaten eine frische Note geben. Unsere Vorfahren wussten das zu schätzen und
sammelten sie, solange es jahreszeitlich möglich war. Da ist
es vorteilhaft, dass die Blätter des Barbarakrautes bis in den
Winter hinein grün bleiben, bis zum Tag der Heiligen Barbara (4. Dezember). Dies war ein so auffallendes Charakteristikum, dass es zur Namensgebung führte.
Nach einem alten Brauch werden am Barbaratag von
Kirschbäumen Zweige abgeschnitten, die dann zum Weihnachtsfest blühen (Barbarazweige). Nach der Legende geht
dieser Brauch auf die Heilige Barbara zurück. In der Gefangenschaft hat sie einen verdorrten Kirschbaumzweig mit
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Pflanzen, die nach Personen der Bibel und Heiligen benannt sind
Tropfen aus ihrem Trinkgefäß benetzt – der Zweig
blühte und sie fand Trost
darin.
Aus dem Blütenbesatz der
Zweige wurden auch Rückschlüsse auf die Fruchtbarkeit des kommenden Jahres
gezogen. Gärtnerisch durchaus nachvollziehbar, denn
Witterung und Ernährung
des Jahres haben bei vielen
Pflanzen Einfluss auf den
Blütenansatz im darauffolBarbarakraut
genden Jahr. Die Bedingungen im Ertragsjahr sind natürlich ebenso wichtig.
Als christlicher Brauch sind die Barbarazweige ein Symbol
für Christus, »den Spross aus der Wurzel Jesse« ( Jesaja 10,33
- 11,10). Die Menschen erwachen durch Christi Geburt zu
neuem Leben – vergleichbar mit der Knospe des Kirschzweiges, die die enge Hülle sprengt und blüht.
Benediktenkraut, Kardobenediktenkraut
(Cnicus benedictus)
Die einjährige, distelartige
Pflanze mit ihrer gelben
Blüte weist in ihrem Namen
auf den Orden der Benediktiner hin, der sich als erster
verstärkt mit Heilpflanzen
beschäftigte. Die erhalten
gebliebene Beschreibung des
Arzneipflanzengartens des
Benediktinerklosters St.
Gallen (Schweiz) aus dem
Jahr 820 gibt Auskunft über
diesen reichen Erfahrungsschatz. Die ersten ApotheSamen des Benediktenkraut
ken auf deutschem Boden
existierten bereits im 8. Jahrhundert in den Klöstern der
Benediktiner.
Das Benediktenkraut ist neben Arnika, Thymian und anderen Kräutern Bestandteil des unter dem Namen »Benediktiner« ursprünglich im französischen Benediktinerkloster
Fecamp in der Normandie angefertigten wohlschmeckenden Kräuterlikörs.
Heimisch ist die Pflanze im östlichen Mittelmeergebiet bis
hin nach Asien. Verwildert trifft man sie an trockenen Stellen auch in Westeuropa. Von dort gelangte sie in die (Klo-
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ster-) Gärten Europas. Der botanische Name (benedictus =
gesegnet, gepriesen), den sie aufgrund ihrer herausragenden heilenden Eigenschaften bekam, wirkte bei der deutschen Namensgebung mit. Mediziner bezeichneten die aus
der Pflanze gewonnene Droge als Herba Cardui benedicti
(Herba = Kraut, carduus = Distel) – »Kardobenediktenkraut« hat der Volksmund daraus geformt. Bei Appetitlosigkeit und Verdauungsstress sind Zubereitungen aus dem
Benediktenkraut hilfreich – natürlich auch in Form des Benediktiner-Kräuterlikörs!
Christophskraut (Actaea spicata)
Zart und filigran wächst das
Christophskraut in lichten
Wäldern und an schattigen
Plätzen unserer Ziergärten.
Im Mittelalter wurde die
mehrjährige Pflanze als Mittel gegen die Pest eingesetzt.
Schutzpatron gegen die Pest
ist der Heilige Christophorus – die Pflanze war das
Mittel, mit dem Christophorus den Kranken half.
Sie hat nach ihm ihren Namen.
Christophskraut
Eine der ChristophorusLegenden ist übrigens als Wandmalerei in der Kapelle des
Barther Bibelzentrums dargestellt. Der Legende zufolge ist
Christophorus auf der Suche nach dem stärksten Herrscher
der Welt, um ihm zu dienen. Nach langem Suchen findet
er ihn in Christus und erkennt ihn als seinen Herrn an.
Christusdorn (Euphorbia milii)
Die auffallend langen Dornen gaben, angelehnt an das
Kreuzigungsgeschehen, der
Pflanze ihren Namen:
Während der Kreuzigung
wird Jesus Christus aufgrund seines Anspruchs,
König der Juden zu sein, aus
Hohn eine Krone aus Dornen auf den Kopf gesetzt:
Matthäus 27,27 - 29 »Da
nahmen die Soldaten des
Statthalters Jesus, führten ihn
in das Prätorium, das Amtsgebäude des Statthalters und
Christusdorn
Christlich geprägte Pflanzennamen
versammelten die ganze Kohorte um ihn. Sie zogen ihn aus und
legten ihm einen purpurroten Mantel um. Dann flochten sie einen Kranz aus Dornen, den setzten sie ihm auf und gaben ihm
einen Stock in die rechte Hand. Sie fielen vor ihm auf die Knie
und verhöhnten ihn, indem sie riefen: Heil dir, König der Juden!«
Pflanzen mit Dornen wachsen in Israel viele. Fachleute favorisieren zwei Arten, aus denen die in der Bibel erwähnte
Dornenkrone angefertigt sein könnte, nämlich den Ziziphusbaum (Ziziphus spina-christi) und den Zwergstrauch
Sarcopoterium spinosum. Der Ziziphusbaum ist immergrün,
blüht fast ganzjährig und wird bis zu 10 Meter hoch. Einige Exemplare wachsen heute noch an den Hängen des Tempelberges. Der Zwergstrauch Sarcopoterium hingegen ist in
Israel wesentlich häufiger. Beide Arten sind in Mitteleuropa nicht winterhart. Deshalb werden hier oft ganz andere
Pflanzen mit dem Namen »Christusdorn« belegt, da sie lange Dornen oder Stacheln haben und aus ihnen eine Dornenkrone geflochten werden könnte.
Eine der beiden im Bibelgarten gezeigten Pflanzen mit Namen »Christusdorn« ist eine Zimmerpflanze mit dornigen
Trieben, ein Wolfsmilchgewächs (Euphorbia milii). Die Dornenkrone, die Christus bei seiner Kreuzigung trug, ist daraus mit Sicherheit nicht geflochten worden. Die Heimat der
Pflanze ist nämlich Madagaskar. Dort wächst sie als 1 Meter hoher Strauch in trockenen Gebieten. Sie gelangte nach
Europa und wurde hier zur beliebten Zimmerpflanze, denn
die roten oder gelben Hochblätter, die die kleinen Blüten
umschließen, zieren die Pflanze fast ganzjährig.
(siehe auch »Falscher Christusdorn«)
Christrose, Schwarze Nieswurz (Helleborus niger)
Zu Weihnachten, dem
Christfest, blüht die bekannteste der Nieswurz-Arten. Es lag nahe, die beliebte Heil- und Gartenpflanze
nach ihrem Blütezeitraum
zu benennen. Bereits 1532
wird sie unter dem Namen
»Christwurtz« beschrieben.
Der Zusatz »-rose« ist der
Ähnlichkeit der Blüte mit
einer Rosenblüte entlehnt.
Die im Frühjahr in verschiedenen FarbausprägunChristrose
gen blühenden Hybriden
sind Kreuzungen mit der Orientalischen Nieswurz (Lenzrose). Sie haben aufgrund der großen Ähnlichkeit der Blütenform den Namen der eigentlichen Christrose trotz anderer Blütezeit übertragen bekommen.
Falscher Christusdorn, Lederhülsenbaum
(Gleditsia triacanthos)
Dieser weitere Vertreter der
»Christusdorn« genannten
Pflanzen (siehe auch Christusdorn – Euphorbia milii)
ist ein stattlicher Baum, der
in seiner Heimat in Nordund Südamerika wie auch
bei uns 30 Meter hoch werden kann. Der Stamm ist
dornig. Gefiederte Blätter
bilden eine lockere Krone,
die viel Licht hindurchlässt
– ein interessanter Aspekt
für die Grünflächengestaltung.
Falscher Christusdorn
Frauenhandschuh (Digitalis purpurea)
Fingerhut, Unser lieben Frauen Handschuh,
Liebfrauenhandschuh (früher verbreitet),
dänisch: fruehandske, französisch: gants de notre-dame
Der heute deutschlandweit
benutzte Name der Pflanze
ist Fingerhut. Die weiteren
hier aufgeführten Namen
sind früher verbreitet verwendet worden und stammen aus dem katholischen
Umfeld. In ihnen wird Maria, die Mutter Jesu, verehrt.
»Unsere liebe Frau« ist ein
Synonym für Maria. Daraus
entstanden ist »Frauenhandschuh« wie auch »Liebfrauenhandschuh«.
Frauenhandschuh
Der Form der Blüte entlehnt
sind die Bezeichnungen »-hut« oder »-handschuh«. Der
Fingerhut kommt in den Mittelgebirgen West- und Mitteleuropas wild vor. Eindrucksvoll sind die Vorkommen auf
Lichtungen und an Waldrändern im Harz und Thüringer
Wald. Auch in den Gärten wird er seit dem 16. Jahrhundert
als Zierpflanze kultiviert. Die Blüte erscheint erst im zweiten Jahr, die Rosette, aus der sie hervorging, stirbt danach
ab. Fingerhut vermehrt sich durch Samen sehr reichlich.
Die herzspezifische Heilwirkung ist seit 1775 bekannt, jedoch bleibt die Herstellung von Arznei Fachleuten vorbehalten, da die Pflanze in allen Teilen giftig ist!
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Pflanzen, die nach Personen der Bibel und Heiligen benannt sind
Frauenmantel (Alchemilla vulgaris)
Unser Frauen Mantel (Niedersachsen),
Muttergottesmäntelchen (Eifel), Mariae Tränen
(Schlesien), Fruenmantel (Mecklenburg),
engl.: our lady’s mantel, schwed.: marie-kapa
Auch bei dieser Pflanze ist
der Begriff »Frauen« mit
Maria zu verbinden. Aus
Dankbarkeit für die besonders bei Frauenleiden heilende Wirkung der Pflanze
entstanden diese Namensverbindungen.
Die Blattform wird auch oft
mit der Ähnlichkeit des
überwurfartigen Mantels,
mit dem Maria auf mittelalterlichen Gemälden abgebildet ist, in Verbindung geFrauenmantel
bracht (Muttergottesmäntelchen, Gemälde: Schutzmantelmatrona).
Frauenmantel ist eine ausdauernde Pflanze feuchter Wiesen, wird aber auch gern wegen des Zierwertes ihrer Blätter und Blüten in Gärten gepflanzt. Eindrucksvoll sind die
Tautropfen, die sich wie Perlen in den Blättern sammeln.
Der Name »Mariae Tränen« geht auf diese Beobachtung
zurück. Die Blätter sind übrigens essbar, jung eignen sie
sich als Bestandteil eines Frühlingssalates.
Georgele (Schwaben) (Muscari sp.)
Traubenhyazinthe
Zum Georgstag, dem 23.
April, blüht die Traubenhyazinthe, das »Georgele«.
Der Heilige Georg lebte im
3. Jahrhundert. Die Legende berichtet von seinem
Kampf gegen einen übermächtigen Drachen, den er
besiegt. Symbolisch steht
dieser Kampf für die Befreiung der Menschen von der
Drachenwelt des Bösen
durch Gott.
In Schwaben bekam die
Georgele
Pflanze aufgrund ihres Blühens am Georgstag diesen Namen, denn in den Weinbergen Süddeutschlands wächst sie wild und taucht diese zur
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Blütezeit in herrliches Blau. Von der »Georgele« genannten
Zwiebelpflanze, der Traubenhyazinthe, gibt es verschiedene Arten, die alle blau blühen und sich durch Aufbau und
Länge des Blütenstandes unterscheiden. Rosa oder weiß
blühende Sorten sind ein Ergebnis der Pflanzenzüchtung
und ergänzen die blaue Blütenpracht.
Georgsblume (Schwäbische Alb) (Narcissus poeticus)
Dichternarzisse, Jörgeblum (Rheinland-Pfalz),
Josephsstab (Franken),
Fuearesch Härziss = Pfarrernarzisse (Schwäbische Alb)
Der Frühlingsmonat April
ist reich an Frühjahrsblühern. Der in dieser Zeit begangene Georgstag (23.
April) ist daher Namensgeber für etliche Pflanzen, wie
auch für die Georgsblume,
bekannter als »Dichternarzisse«. Sie wird in Süddeutschland auch »Jörgeblum« oder »Jercheros« ( Jürgen = Georg) genannt.
Der Name »Josephsstab«
weist einerseits auf die manGeorgsblume
cherorts noch frühere Blütezeit zum Josephstag (19. März) hin, andererseits erinnert
er als Symbol der Würde an eine Marienlegende: Als Joseph
gemeinsam mit anderen Bewerbern um die Hand Marias
anhält, erhalten alle Bewerber Stäbe und es wird festgelegt,
dass nur derjenige sie zur Frau bekommt, dessen Stock über
Nacht grünen würde. Es ist Josephs Stock, der nicht nur
grünt, sondern auch blüht, während die der anderen Bewerber verdorrt bleiben. Die Blüten, die aus dem Stock
sprießen, sind nach einigen Überlieferungen Narzissen (andere Quellen verweisen auf Lilien). Auch auf der Flucht
nach Ägypten trägt Joseph diesen Stab. Der Heilige Joseph
wird auf Gemälden daher immer mit einem Stab dargestellt.
Die Narzisse wurde schon in der Antike geschätzt und als
»Narzisse der Poeten« (Narcissus poeticus) bezeichnet. In den
Alpen wächst die Zwiebelpflanze auf feuchten Bergwiesen
wild und ist eine Attraktion nach dem langen Winter. In unsere Gärten hielt sie schon im frühen Mittelalter Einzug. Sie
war mancherorts Charakterpflanze der Pfarrgärten, der Name »Pfarrernarzisse« dokumentiert das.
Christlich geprägte Pflanzennamen
Gottesgnadenkraut (Gratiola officinalis)
Gnadenkraut, Allerheiligenkraut (Lausitz)
Der botanische Gattungsname »Gratiola« ist vom lateinischen »gratia« = Gnade abgeleitet. Es ist offen, ob der
deutsche Name »Gnadenkraut« Ausgang für die botanische
Benennung war oder umgekehrt.
Früher war die Pflanze ein hochgeschätztes Mittel gegen
Krankheiten wie Wassersucht, Leber- und Gallebeschwerden und vieles mehr. So viel Heilkraft sah man als Gnade
Gottes beziehungsweise als Fürsprache der Heiligen an, daher wird die Namensgebung damit in Verbindung gebracht.
Die Pflanze wird auch Gicht-, Magen- und Nieskraut genannt. Ihre Anwendung ist jedoch durch andere Mittel abgelöst worden, so dass auch das spezielle Wissen darüber
nicht mehr allgemein bekannt ist. Da sie giftig ist, wird vor
selbstständiger Anwendung dringend gewarnt!
Gottesgnadenkraut wächst in Mitteleuropa wild an feuchten Standorten, ist jedoch mit seinen 15 - 30 cm hohen
Stängeln, die aus einem kriechenden Wurzelstock jährlich
neu hervorwachsen und den kleinen höchstens 1 cm großen
weißen Blüten, relativ unscheinbar.
Guter Heinrich (Chenopodium bonus-henricus)
schwed.: god Henrik, engl.: good Henry
Die Pflanze ist in Europa
beheimatet, und wird hier
seit der Steinzeit genutzt.
Auch in bronzezeitlichen
Gräbern wurde sie nachgewiesen. Der Name »Guter
Heinrich« ist deutschlandweit verbreitet und bestimmt sogar die botanische
Benennung (bonus-henricus
= guter Heinrich).
Eine Legende, deren Ursprung in Schweden nachweisbar ist, will den Namen
Guter Heinrich
erklären: Dem Heiligen
Henrik (Heinrich von Uppsala, 1100 - 1156) gelingt es, ein
Heilpflaster, dessen Hauptbestandteil diese Pflanze ist, für
die Heilung sämtlicher Wunden zuzubereiten.
Einige Literaturquellen erklären den Namen aus den Vorstellungen von Kobolden, die Heinz oder Heinrich genannt
wurden (Heinzelmännchen). Die Heilkraft des Krautes wird
damals der Wirkung dieser guten Geister zugesprochen.
Von der Steinzeit bis ins 19. Jahrhundert hinein ist der Gute Heinrich ein beliebtes Heilkraut. Auch in der Küche
kann er vielfältig genutzt werden, lassen sich doch die vi-
tamin- und mineralstoffreichen Blätter gut zu Salaten und
Suppen oder wie Spinat verwenden. Die Körnerfrüchte der
mehrjährigen Pflanze sind eine wertvolle Nahrung.
Heiligenbart (Sanguisorba minor)
Kleiner Wiesenknopf
Der Kleine Wiesenknopf
fällt durch seine ansehnlichen Blüten auf, aus denen
noch auffallender als beim
Großen Wiesenknopf (siehe »Herrgottsbart«) die
Staubbeutel bartähnlich herausragen. Viele Heilige, die
oft Mönche waren, trugen
den Ordensregeln entsprechend einen Bart. Im Volksmund führte das zu dem
bildlichen Pflanzennamen.
Die Pflanze ist kleiner als
Heiligenbart
die auf Seite 28 beschriebene verwandte Art. Sie lässt sich mit ihren gefiederten Blättern als Gewürz- und Zierstaude gut im Garten platzieren.
Heiligenkraut (Santolina chamaecyparissus)
Zypressenkraut
Der botanische Gattungsname »santolina« erinnert
sprachlich an das lateinische
»sanctus« oder das italienische »santo« = heilig. Durch
eine etwas unscharfe Übersetzung entstand der deutsche Name »Heiligenkraut«.
Eine Nutzung zu religiösen
Zwecken konnte aus der Literatur nicht belegt werden.
Die Mittelmeerpflanze ist in
Nordostdeutschland nur in
milden Wintern ausdauernd,
Heiligenkraut
wird jedoch trotzdem sehr
gern als Zierpflanze verwendet. Durch das silbrige aromatisch duftende Laub, das bei neuesten Auslesen auch hellgelb
sein kann, und die gelben, im Spätsommer erscheinenden
Korbblüten ist es eine sehr dekorative Pflanze.
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Pflanzen, die nach Personen der Bibel und Heiligen benannt sind
Hiobstränengras (Coix lacryma-jobi)
Die harten, relativ großen
Samen dieses Grases hängen, wenn sie reif sind,
durch ihr Gewicht herab
und der Vergleich mit Tränen liegt sehr nahe. Hiob,
dessen Schicksal im Alten
Testament beschrieben wird,
weinte viele und wohl auch
große Tränen: Buch Hiob
30,25 »Hiob sprach: Ich weinte über die harte Zeit, und
meine Seele grämte sich über
das Elend.« In diesem Buch
Hiobstränengras
der Bibel lässt sich nachlesen, wie Hiob aus all seinem Leid herausfand und die sprichwörtlichen Hiobstränen zu Freudentränen wurden. Der
deutsche Name ist sehr bildlich und bestimmte übrigens
auch die botanische Benennung (lat. lacrima, lacryma = Träne, iob = Hiob).
Das Hiobstränengras ist im tropischen Asien als ausdauerndes Gras beheimatet. Mehrjährig kultivierbar, wird es
dort bis zu 2 Meter hoch und ähnelt damit dem uns bekannten Mais. Die harten Samen werden zu Schmuck verarbeitet oder auch für Rhythmus-Instrumente verwendet. In
Spanien werden die Samen zu Rosenkränzen verarbeitet,
gelegentlich findet sich daher auch der Name »Paternosterkraut«. Die Winterfröste in Mitteleuropa übersteht die
Pflanze nicht, so dass sie hier einjährig kultiviert wird und
auch wesentlich niedriger als in ihrer Heimat bleibt.
Jakobs-Kreuzkraut (Senecio jacobaea)
Nach Jakobus, einem der 12
Jünger Jesu, ist diese zweibis mehrjährige Pflanze benannt. Sie blüht in gelben
Blütendolden um Jakobi (25.
Juli). An diesem Tag wurde
Jakobus enthauptet (Apostelgeschichte 12,2).
In Spanien ist die Überlieferung verbreitet, dass Jakobus dort nach Christi Himmelfahrt predigte und voraussagte, dass er nach seinem
Tod in Spanien noch viele
Menschen bekehren würde.
Sein Grab war vergessen, bis
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Jakobus selbst seine Begräbnisstelle einem Einsiedler auf
dem »Sternenfeld« (span. Compostella) offenbarte. Daraufhin wurde dort eine Kirche errichtet und der Leichnam am
25. Juli 816 beigesetzt. Bald wurde der Ort zur weltweit bekannten Pilgerstätte mit dem Namen Santiago de Compostella. Das verbindende Zeichen der Pilger ist die Jakobsmuschel. Sie ist das Sinnbild des Grabes, aus dem der
Mensch eines Tages auferstehen wird.
Jakobsleiter (Polemonium caeruleum)
Himmelsleiter
Die leiterförmige Anordnung der Blätter und die Erlebnisse von Jakob, dem
Bruder Esaus, gaben der Jakobsleiter ihren Namen:
»Und ihm (Jakob) träumte, eine Leiter stand auf Erden, die
rührte mit der Spitze an den
Himmel, und siehe, die Engel
Gottes stiegen daran auf und
nieder.« (1. Mose [Gen]
28,12). In diesem Traum
wird Jakob die Größe Gottes, seine Gegenwart und
Jakobsleiter
mächtige Fürsorge verdeutlicht.
Die Jakobsleiter gelangte wahrscheinlich aus Griechenland
in die Gärten Mitteleuropas. Die Gärtner konnten den im
Mai und Juni erscheinenden leuchtend blauen Blüten nicht
widerstehen: Bereits 1561 ist sie als in Deutschland wachsende Gartenpflanze erwähnt. Als Wildpflanze ist sie in
Mitteleuropa selten, jedoch gibt es in Nordvorpommern ein
geschütztes Vorkommen, das als Eiszeitrelikt gilt. Auch in
Nordeuropa und Sibirien ist die Art zu finden.
Jakobsstab (Solidago virgaurea)
Europäische Goldrute
Gewöhnliche Goldrute
Jakobs-Kreuzkraut
Die Blütezeit um Jakobi (25. Juli) und die Blütenstandsform führten zum Namen »Jakobsstab«, der sich wiederum
auf den Jünger Jesu bezieht.
Der Jakobsstab bzw. die Europäische Goldrute ist weniger
bekannt als die oft auf Brachland wachsende Kanadische
Goldrute. Die hier gemeinte heimische Art, der »Jakobsstab«, unterscheidet sich durch den stabförmigen Blütenaufbau wesentlich von der eingebürgerten Kanadischen
Goldrute mit ihrem locker-schirmartigen Blütenstand. Sie
Christlich geprägte Pflanzennamen
wächst auf trockenen Waldwiesen, Kahlschlägen und
an Waldrändern und ist mit
höchstens einem Meter
auch wesentlich niedriger als
die Kanadische Goldrute
und beginnt früher, bereits
im Juli, mit der Blüte. Die
Blüten werden als Heilmittel gegen viele Leiden, zum
Beispiel Blasen- und Nierenkrankheiten und Rheuma, eingesetzt.
Johannisfeuer (Salvia splendens)
Feuer-Salbei
Jakobsstab
Johannisbeere (Ribes rubrum)
Rote Johannisbeere
Die Zeit der Fruchtreife ist
bei dieser bekannten Pflanze namensgebend.
Der Geschmack von Johannisbeeren ist nicht unumstritten – sind sie nun zu
sauer oder gerade aufgrund
der erfrischenden Säure beliebt? Es gibt sie auch in
schwarz und weiß – jeweils
mit anderem Geschmack.
Die Früchte aller dieser Johannisbeeren reifen zur
Mitte des Jahres, zum MittJohannisbeere
sommertag (24. Juni). Dieser
Tag ist aus einem interessanten Grund nach Johannes dem
Täufer benannt. Beim Evangelisten Johannes ist zu lesen:
»Er (Jesus) muss wachsen, ich aber muss abnehmen.« ( Johannes 3,30). Dieser Ausspruch wurde auf den 24. Juni übertragen, weil im Jahreskreis die Tage nun wieder kürzer werden.
Die Johannisbeere wird seit Jahrhunderten kultiviert, oft
weisen Pflanzen mitten im Wald auf alte Siedlungsplätze
hin. Neue Sorten, die sich in Reifezeit, Fruchtgeschmack
und -größe sowie Widerstandsfähigkeit gegen Schädlinge
unterscheiden, entstehen noch heute durch züchterische
Arbeit und werden in Gärten und Obstplantagen neben
altbewährten Sorten gern gepflanzt.
Zum Johannistag, dem 24.
Juni (siehe Johannisbeere),
werden gern Feuer angezündet. Der Brauch der
»Sonnenwendfeuer« stammt
noch aus vorchristlicher
Zeit. Der christliche Glaube
integrierte diese dem Volk
lieb gewordene Feier, indem
der Mittsommertag Johannes dem Täufer, dem »Herold des Lichtes«, gewidmet
wurde. Das Feuer und die
fröhliche Feier dazu blieben
Johannisfeuer
erhalten. Eine Legende berichtet, dass Gegner des Johannes, die mit einem Feuer sein
Auffinden signalisieren und Verstärkung anfordern wollten, durch viele in der ganzen Gegend aufflammende Feuer irregeleitet wurden, wodurch Johannes gerettet war. Zum
Gedenken daran werden Johannisfeuer entzündet.
So glühend rot wie die Flammen der Johannisfeuer ist auch
die Blütenfarbe dieser einjährigen Rabattenpflanze. Sie wurde 1817 durch einen Potsdamer Gärtner von einer Reise
aus Brasilien nach Europa mitgebracht und verbreitete sich
relativ schnell. Schon 1843 wurde sie als Gartenpflanze beschrieben. Im brasilianischen Klima ist das Johannisfeuer ein
ausdauernder kleiner Strauch, bei uns wird es einjährig als
Sommerblume kultiviert.
Johanniskerze (Pfalz)
(Verbascum olympicum und andere Arten)
Königskerze
Wie bei den vorher beschriebenen Arten ist der
Name dieser Pflanze ihrer
Blütezeit entlehnt – der Mittsommerzeit und damit der
Zeit um den Johannistag
(24. Juni). In Wachs oder
Harz getaucht, wurden früher die getrockneten Stängel am Johannistag als Fackeln verwendet. Die Kleinblütige Königskerze (Verbascum thlaspi) wird deshalb
auch als »Fackelkraut« be-
Johanniskerze
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Pflanzen, die nach Personen der Bibel und Heiligen benannt sind
zeichnet. Für Frankreich ist der Name »Verge de SaintJean« (verge = Pflanze; Saint Jean = Johannis) nachgewiesen.
Die Einzelblüten entfalten sich langsam nacheinander, so
dass man sich von Juni bis August daran erfreuen kann. Johanniskerzen sind zweijährige Pflanzen, die im ersten Jahr
eine Rosette bilden, im zweiten Jahr blühen und danach
viel Samen hinterlassen für eine neue Blütenpracht im nächsten Jahr. Es gibt auch ausdauernde Arten.
Johanniskraut,
Josephsblume (Galanthus nivalis)
Schneeglöckchen
Bastard-Johanniskraut (Hypericum x moserianum)
Auch das Bastard-Johanniskraut, eine strauchige Art,
hat seinen Namen von der
Blütezeit um Johanni (siehe
auch Johannisbeere).
Dieser hübsche Zierstrauch
wird bis zu 1,30 Meter hoch
und ist während der Blütezeit im Juni und der Nachblüte im August mit gelben
Schalenblüten übersät. Er
wirkt als einzelner Strauch
sehr dekorativ, ist jedoch
auch als niedrige, ungeschnittene Hecke ein schönes Gestaltungselement.
ca. 10 cm lang und wächst im Verlaufe der Blütezeit noch
auf 20 - 25 cm Länge empor. Die Pflanze mag lichten
Schatten und einen von Spaten und Harken ungestörten
Platz. Es gibt in Deutschland Wildvorkommen auf feuchten Wiesen und in Auenwäldern. (Siehe auch »Symbolpflanzen« Seite 44)
Johanniskraut
Josephsblume (Westfalen) (Leucojum vernum)
Der eher als Schneeglöckchen bekannte Frühlingsblüher trägt wegen seiner
Blütezeit um den 19. März
(siehe auch Märzenbecher)
diesen Namen. Die Blütenpracht der weißen Glöckchen, die sich im fortgeschrittenen Blühstadium fast
sternförmig öffnen, überzieht in alten Gärten und
Parks unter Gehölzen oft
weite Flächen und ist auch
erster zarter Vasenschmuck,
Josephsblume
ein Symbol der Frühlingshoffnung. Im Mittelalter war das Schneeglöckchen allgemein Symbol der Hoffnung und wurde zum Marienattribut, da Maria die »Geburt der Hoffnung«, nämlich Christus, zu verdanken ist.
Osterbecherchen (Niederlausitz), Märzenbecher
Judassilberlinge (Lunaria annua)
In der katholischen Kirche
wird am 19. März der Namenstag des Heiligen Joseph gefeiert. Dass eine zu
dieser Zeit blühende Pflanze den Namen nach diesem
Heiligen bekam, verwundert
nicht. Da in Gegenden, wo
der Winter später zu Ende
ist, die Blütezeit der Pflanze
oft auf Ostern fällt, hat sie
dort den Namen Osterbecherchen erhalten.
Der Josephsbecher ist eine
Josephsblume
Zwiebelpflanze, die mit ihren an Schneeglöckchen erinnernden, jedoch deutlich größeren Blüten je nach Witterung im Februar bis März in
unseren Gärten blüht. Beim Aufblühen ist der Blütenstiel
Judasgroschen (Mecklenburg, Oberlausitz),
Judasboitl (Oberlausitz), Papstgeld, Silbertaler
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Judas, einer der Jünger Jesu,
bekam Geld dafür, dass er
Jesus an die Hohenpriester
verriet. Luther bezeichnete
dieses Geld in seiner Bibelübersetzung als »Silberlinge«, die zu seiner Zeit übliche Währung waren. Matthäus 26,14,15: »Da ging hin
der Zwölfe einer, mit Namen
Judas Ischarioth, zu den Hohenpriestern und sprach: Was
wollt Ihr mir geben? Ich will
ihn Euch verraten. Und sie
boten ihm dreißig Silberlinge.«
Judassilberlinge