Mitarbeiterbindung: Was wird getan – was kann man tun?
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Mitarbeiterbindung: Was wird getan – was kann man tun?
Mitarbeiterbindung: Was wird getan – was kann man tun? Studie Mitarbeiterbindung 2010/2011 Die Studie wurde durchgeführt in Kooperation Die Idee zu dieser Studie ist aus dem Wunsch nach einer Kooperation zwischen der Klaus Lurse Personal + Management AG und der reflact AG entstanden. Sie trifft die Kernkompetenzen beider Unternehmen. Von Anfang an bestand die Absicht, mit der Befragung und der Studie eine pragmatische Handlungsanleitung zu schaffen, die es Pragmatikern ermöglicht, sich dem Thema „Mitarbeiterbindung“ zu nähern. In der Zeitschrift „Personalwirtschaft“ 5/2011 wurden Erkenntnisse und Ergebnisse der Studie im Rahmen des Artikels „Eine Kultur zum Bleiben“ veröffentlicht. Wir wünschen gute Erkenntnisse und viel Spaß beim Lesen. © Klaus Lurse Personal + Management AG & reflact AG Alle Rechte vorbehalten Seite 2 Welche Mitarbeiter haben eine ausgezeichnete Performance und darüber hinaus Potential für komplexere Aufgaben? © Klaus Lurse Personal + Management AG & reflact AG Alle Rechte vorbehalten Seite 3 Inhalt Warum ist das Thema wichtig? ......................................................... 5 Was ist Mitarbeiterbindung? .............................................................. 6 Was bindet Mitarbeiter? ..................................................................... 7 Möglichkeiten des Bindungsmanagements ....................................... 8 Ergebnisse der Studie ..................................................................... 11 Mitarbeiterbindung verbessern ........................................................ 19 Aus einem Guss .............................................................................. 25 Literatur / Quellen ............................................................................ 26 Die Autoren ...................................................................................... 27 © Klaus Lurse Personal + Management AG & reflact AG Alle Rechte vorbehalten Seite 4 Warum ist das Thema wichtig? Das Verhalten vieler Unternehmen in der letzten Rezession hat es deutlich gemacht: Vielen ist bewusst, dass es sich lohnt, gute Mitarbeiter auch in Krisenzeiten zu halten. Als das Risiko den Arbeitsplatz zu verlieren in vielen Branchen allgegenwärtig war, reichten Beschäftigungszusagen und Übergangsregelungen aus, um Mitarbeiter zu binden. Was aber passiert in Boom-Zeiten? Viele sehen eine Neuauflage des „War for Talents“, es werden neue Arbeitsmärkte erschlossen und kräftig ins Recruiting investiert. Alle Trends zu den priorisierten Themen im Human Ressources-Geschäft setzen an prominenter Stelle Themen, die die Attraktivität von Unternehmen als Arbeitgeber stärken sollen, wie etwa Employer Branding, Talent Management und Recruiting (siehe stellvertretend „Trends 2011“ der Personalwirtschaft und „HR Barometer 2009“ von Cap Gemini). Es liegt auf der Hand, dass betriebswirtschaftliche Faktoren solche Aktivitäten forcieren. Ein Unternehmen kann nicht untätig bleiben, wenn sich ein Drittel der Trainees innerhalb von zwei Jahren ungeplant wieder verabschiedet, wie vor einigen Jahren bei einem Automobilhersteller geschehen. Alle Berechnungsansätze ungewollter Fluktuation zeigen: Es sind erhebliche Fehlinvestments, wenn Mitarbeiter nach nur kurzer Zeit das Unternehmen verlassen. Je nach Berechnungsansatz und Mitarbeiterebene verursacht jede Neubesetzung einer Stelle zwischen sechs und vierundzwanzig Monatsgehältern an Kosten. Dieses Investment ist wesentlich höher als der Aufwand, einen eingearbeiteten Mitarbeiter zu halten. © Klaus Lurse Personal + Management AG & reflact AG Alle Rechte vorbehalten Seite 5 In Zeiten enger werdender Arbeitsmärkte finden solche betriebswirtschaftlichen Argumente wieder viel stärker Gehör. Hinzu kommen weitere Risiken - von geringerer Effizienz bis hin zur Existenzgefährdung: „Experten Knowhow wandert zum Wettbewerb“. Was ist Mitarbeiterbindung? Mitarbeiterbindung umfasst mehr, als dass ein Mitarbeiter nicht kündigt. Wie Professor Becker von der Universität Bielefeld in seiner umfassenden Bestandsaufnahme zum Thema unterstreicht, ist die Bleibemotivation eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung – ökonomisch relevant wird Mitarbeiterbindung, wenn die Leistungsbereitschaft positiv beeinflusst werden kann (Becker, Fred G.: Mitarbeiterbindung: Ein Einblick in ein schwieriges Objekt und den Status quo der Diskussion in Bruhn / Stauss (Hrsg.): Serviceorientierung im Unternehmen. Forum Dienstleistungsmanagement. Wiesbaden 2010, Seite 235f.). Um zu entscheiden, welche Mit- Í formance und darüber hinaus Potential für komple- arbeiter beson- xere Aufgaben? ders wertvoll für das Unternehmen sind, helfen Welche Mitarbeiter haben eine ausgezeichnete Per- Í Welche Funktionen sind erfolgskritisch für das Unternehmen? diese Fragen. Í In welchen Funktionen findet die größte Wertschöpfung statt? Í Wo werden die Wettbewerbsvorteile, also Dienstleistungen und Produkte von morgen entwickelt? Í Was sind die Schlüsselpositionen im Unternehmen? © Klaus Lurse Personal + Management AG & reflact AG Alle Rechte vorbehalten Seite 6 Mitarbeiterbindung ist nicht per se das Ziel - eine geringe Fluktuationsquote ist kein Wert an sich, im Fokus steht die Bindung der Leistungsträger. Mitarbeiterbindung im engeren Sinne steht für die engagierte Mitwirkung der Leistungsträger in Schlüsselpositionen. Dies ist unternehmerische Zielsetzung und wird damit zur Managementaufgabe, wir sprechen dann vom Bindungs- oder Retention-Management. Was bindet Mitarbeiter? Die jährlichen Gallup-Studien zum „Engagement Index“ weisen mit etwa fünfzehn Prozent eine gleichbleibend niedrige Bindung der Mitarbeiter in Deutschland aus. Was führt zu Bindung bzw. Nicht-Bindung? Nicht alle Motivatoren wie Arbeitsinhalte, Anerkennung und Entwicklungsmöglichkeiten kommen bei allen Mitarbeitern gleichermaßen zum Zuge. Gerade im Kontext Mitarbeiterbindung wird häufig über Geld diskutiert. Spätestens mit Sprengers Ausführungen in „Mythos Motivation“ wurden die Wirkungsmöglichkeiten relativiert. Eine absolute Sättigungsgrenze ist nicht auszumachen, die Nachhaltigkeit ist fragwürdig. Wichtiger ist eine als fair empfundene Entlohnung. Ein faires System wird dann häufig als „Leistungen anerkennend, transparent und nachvollziehbar, von den Führungskräften argumentiert“ beschrieben. Das wiederum kann ein Unternehmen verändern und managen. © Klaus Lurse Personal + Management AG & reflact AG Alle Rechte vorbehalten Seite 7 Ein universal gültiges Modell „Mitarbeiterbindung“ gibt es zwar nicht, gleichwohl sind aber konkrete und auch empirisch belegte Wirkzusammenhänge bekannt. Exemplarisch nennen wir die Anhaltspunkte im Kontext der Arbeitsinhalte, der Gestaltung des Arbeitsumfeldes, der Entwicklungsmöglichkeiten und des Verhaltens der Führungskräfte. Möglichkeiten des Bindungsmanagements Bindung entsteht sehr individuell. Bestimmte Maßnahmen können sehr unterschiedlich wirken, je nachdem, ob sie einen Berufsanfänger oder einen Mitarbeiter mit zwanzig Jahren Berufserfahrung betreffen, ob in der Serienfertigung oder in einer großen Anwaltssozietät, in Vertriebsfunktionen oder in der Forschung, in einem Konzern oder im eigentümergeführten Mittelstand. Pauschale Aktionen erreichen oft nur wenige Mitarbeiter, verursachen aber einen enormen Aufwand an Kosten und Zeit. Passgenaue Aktivitäten brauchen eine detailliertere Analyse: Um wen geht es? Welche Gestaltungsansätze entfalten hier Bindungswirkung? Mit passgenauen Aktivitäten lässt sich die Nutzen-AufwandRelation deutlich verbessern. Dennoch setzt die letztliche Nicht-Erfassbarkeit der menschlichen Bedürfnisse Grenzen. So liefern auch aufwändige Persönlichkeitstests nur Näherungswerte und keine vollständige Validität. Ein zukunftsfähiges Bindungsmanagement fokussiert auf die Gestaltung der Arbeitsbedingungen im weiteren Sinne. Es reicht von der Ergonomie des Arbeitsplatzes über die Transparenz von Ent- © Klaus Lurse Personal + Management AG & reflact AG Alle Rechte vorbehalten Seite 8 wicklungsmöglichkeiten oder Vergütungsregelungen, das generelle Vertrauen in die Wettbewerbsfähigkeit des Arbeitgebers, bis hin zu gelebten Unternehmenswerten und Führungsgrundsätzen durch die Vorgesetzten. © Klaus Lurse Personal + Management AG & reflact AG Alle Rechte vorbehalten Seite 9 Die Hauptaussagen der Studie. Abgebildet ist der Anteil der zustimmenden Antworten pro Frage. Die Ergebnisse wurden anhand der Mittelwerte in einer gauß’schen Normalverteilung in Quantile gruppiert: Die besten (dunkelgrün), die anschließenden guten (hellgrün) sowie die schlechtesten (dunkelrot) und schlechten (hellrot). Die Mittelwerte sind jeweils an die Themenüberschrift angefügt. © Klaus Lurse Personal + Management AG & reflact AG Alle Rechte vorbehalten Seite 10 Ergebnisse der Studie Im Rahmen der Studie wurden Unternehmen unterschiedlichster Branchen gebeten, Stellung zu Themen der Dimensionen „Arbeitsumfeld“, „Unternehmenskultur“ und „Führungsqualität“ zu nehmen und die Bedeutung ausgewählter Personalentwicklungsinstrumente zu bewerten. Die ausführlichen Ergebnisse stellen wir gerne zur Verfügung. Auf den folgenden Seiten werden die Ergebnisse der Studie detailliert grafisch aufbereitet. links: Die Farben und ihre Bedeutung (Auswahl auf der Skala) rechts: die Profile sortiert nach der Unternehmensgröße © Klaus Lurse Personal + Management AG & reflact AG Alle Rechte vorbehalten Seite 11 Das direkte Arbeitsumfeld stellt von der Gestaltung des Arbeitsplatzes bis hin zu Feedback, Vergütung und Weiterbildungsmöglichkeiten die Frage: Was tut das Unternehmen dafür, dass die organisatorischen und strukturellen Rahmenbedingungen effizientes Arbeiten ermöglichen? oben: Die Ergebnisse zum direkten Arbeitsumfeld im Detail. rechts: Die Kategorien der freien Kommentare und die Verteilung der Nennungen zum größten Handlungsbedarf Die Ergebnisse bescheinigen den Unternehmen auf Ebene der grundsätzlichen Voraussetzungen ein erfolgreiches Engagement. Über achtzig Prozent sehen in ihrem eigenen Umfeld die Möglichkeit effizienten Arbeitens gegeben, wohingegen die Aspekte Vergütung (zweiundsechzig Prozent) und Weiterbildung „on-The-job“ (sechsundsechzig Prozent) eher kritisch bewertet werden; zudem zeigen © Klaus Lurse Personal + Management AG & reflact AG Alle Rechte vorbehalten Seite 12 die Ergebnisse, dass je fast zehn Prozent diese Aspekte als nicht gegeben einstufen. Die Frage zur Work-Life-Balance wurde mit dreiundsechzig Prozent Zustimmung auch kritisch beurteilt. Zukünftig wird dort eindeutig ein Schwerpunkt der Mitarbeiterbindung liegen. Nach Bewertung der Items je Dimension wurde die Frage nach dem größten Handlungsbedarf gestellt. Hier wurde für die Dimension Arbeitsumfeld ebenfalls bestätigt: „Work Life Balance“ wird klar priorisiert. Unter dem Eindruck der zunehmenden Bedeutung einer ausgewogenen Work-Life-Balance und einer wichtiger werdenden Verwirklichung im beruflichen Zusammenhang sind in immer mehr Unternehmen Initiativen zur Einführung von Telearbeit zur Flexibilisierung entstanden. Damit einher ging auch die immer größer werdende Bedeutung von Möglichkeiten virtueller Zusammenarbeit. Zu trennen sind sicher die Motivlagen, die einerseits dem Mitarbeiter entgegen kommen sollen und denen, die einen effektiveren und effizienteren Arbeitsalltag zum Ziel haben. Entscheidend ist, dass im Sinne der Mitarbeiterbindung verbindliche Regeln sowie eine Kultur der virtuellen Kommunikation in den Unternehmen geschaffen werden, um die aktuell häufig diskutierte und in manchen Unternehmen bemerkbare Entgrenzung zwischen Berufs- und Privatleben zu vermeiden. Die Aspekte des direkten Arbeitsumfeldes korrespondieren stark mit dem psychologischen Kontrakt, den Mitarbeiter mit ihrem Arbeitgeber eingehen. Sie erwarten mehr individuelle Wertschätzung durch den Arbeitgeber: Mitarbeiter, die ihre Interessen und Bedarfe nicht hinreichend gewürdigt sehen oder das Bemühen nicht spüren, Lösungen für ihre Anliegen zu finden, lösen diesen Kontrakt auf. Vermeiden Sie daher durch bewusste Gestaltung des Arbeitsumfelds abnehmendes Commitment und Demotivation. © Klaus Lurse Personal + Management AG & reflact AG Alle Rechte vorbehalten Seite 13 Die Unternehmenskultur umfasst sämtliche Aspekte von der Konsistenz definierter Leitlinien und tatsächlichem Handeln, vom Vertrauen in die Zukunftsfähigkeit und der Frage, inwieweit der Vorgesetzte Mitarbeiterbindung zu seinem Thema macht. Hinzu kommt der Aspekt der Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen, der positiv heraussticht und von fast sechsundachtzig Prozent deutlich bejaht wird. oben: Die Ergebnisse zur Unternehmenskultur im Detail. rechts: Die Kategorien der freien Kommentare und die Verteilung der Nennungen zum größten Handlungsbedarf Auch Prof. Armin Trost stellt im Interview in der „akquise“ (02/2011) fest, dass eine markenorientierte und identitätsstiftende Unternehmenskultur zu einer höheren Mitarbeiterbindung führt, verbunden mit einer höheren Leistungsbereitschaft, sinkendem Krankenstand, verbesserter Qualität und höherer Kundenzufriedenheit. © Klaus Lurse Personal + Management AG & reflact AG Alle Rechte vorbehalten Seite 14 Demgegenüber werden die anderen Aspekte kritischer betrachtet. Das trifft insbesondere auf die Frage zu, wer der zentrale Akteur in der Mitarbeiterbindung ist (das Halten guter Mitarbeiter als Chefsache) – daran scheiden sich die Geister. Genau hier liegt auch der größte Handlungsbedarf in der Dimension Unternehmenskultur. Das Schöne an diesem Ergebnis: Es geht um das Rollenverständnis der Führungskräfte, und daran kann man aktiv arbeiten. Neben den in der Studie formulierten Einflussfaktoren gibt es eine Reihe jüngerer Forschungsergebnisse, die in Bezug auf die Unternehmenskultur im weiteren Sinne wertvolle Impulse geben. Als inspirierend und zugleich empirisch belegt sei das Konzept der Organisationalen Energie von Professor Heike Bruch genannt, das die Qualität (positiv bis negativ) und die Intensität (hoch bis niedrig) der Energie misst und in Beziehung setzt. Diese und andere Forschungsergebnisse legen nahe: Investieren Sie in das Verständnis der bestehenden Motivlagen, der zugrundeliegenden Werte und in die Beobachtung sich ergebender Gruppendynamiken. Setzen Sie auf transparente und kohärente übergeordnete Strategien und Werte. Als Transporteur oder Begünstiger von Transparenz und Kohärenz können die Techniken virtueller Zusammenarbeit dienen (siehe auch Mc Afee, Andrew: Enterprise 2.0: New Collaborative Tools for Your Organization's Toughest Challenges. Columbus, 2009). Abzuwarten bleibt, welche Effekte sich dauerhaft ergeben. Erfahrungen zeigen zwar immense Potenziale, die durch web 2.0Technologien genutzt werden können, allerdings finden sich in der Realität sehr oft Organisationen beziehungsweise Unternehmen, deren Mitarbeiter und Führungskräfte in der Nutzung recht unerfahren sind und somit teilweise massive Vorbehalte zeigen (siehe auch Davenport, Thomas H.: Rethinking knowledge work: A strategic approach. in McKinsey Quarterly 01/2011). © Klaus Lurse Personal + Management AG & reflact AG Alle Rechte vorbehalten Seite 15 Führungsqualität betrachtet das Handeln der Führungskräfte sowie die Verantwortung der Mitarbeiter für ihre eigene Befähigung für den Arbeitsplatz. oben: Die Ergebnisse zur Führungsqualität im Detail. rechts: Die Kategorien der freien Kommentare und die Verteilung der Nennungen zum größten Handlungsbedarf Offensichtlich machen die Führungskräfte einen guten Job, wenn es darum geht, für ein Arbeitsumfeld zu sorgen, das gute Leistungen und Erfolge fördert. Zu konkreten Merkmalen, wie etwa das Führen von Mitarbeitergesprächen, gibt es gute Noten. Ein Auftrag ergibt sich jedoch aus den Rückmeldungen, dass die Führungskräfte nur begrenzt als Entwickler der Mitarbeiterfähigkeiten handeln. Zusammen mit der Frage nach der gelebten Mitverantwortung seitens © Klaus Lurse Personal + Management AG & reflact AG Alle Rechte vorbehalten Seite 16 der Mitarbeiter für ihre Employability (siebenundfünfzig Prozent) finden sich hier mit neunundvierzig Prozent die schlechtesten Werte der Studie. So ergeben sich mit großem Abstand die zukünftigen Handlungsfelder: Verantwortung der Mitarbeiter für ihre employability (42%) und die Führungskräfte als Kompetenzentwickler ihrer Mitarbeiter mit 33%. Die Erwartungen an die Führungskräfte haben sich deutlich gewandelt, Mitarbeiter fordern konkrete Ansatzpunkte in der Diskussion um Stärken und Defizite. Die Bedeutung der Führungsqualität für die Mitarbeiterbindung ist hoch. Schon 2001 hat Mc Kinsey in einer breit angelegten Untersuchung (War for Talent No. 2) festgestellt, dass „schwache“ Führungskräfte bei ihren Mitarbeitern in hohem Maße Abwanderungs- und Wechselüberlegungen initiieren. Im „Harvard Business Manager“ unterstreichen Davenport, Harris und Shapiro, dass es einen erfolgsbestimmenden Faktor bei einer solchen Initiative gibt: Das Engagement der Manager für dieses Thema (Harvard Business Manager 12/10). © Klaus Lurse Personal + Management AG & reflact AG Alle Rechte vorbehalten Seite 17 Struktur der Prozesslogik zur idealen Mitarbeiterbindung. Die Schrittfolge wiederholt sich, wobei mit jedem Durchlauf sich die Mitarbeiterbindung verbessert. © Klaus Lurse Personal + Management AG & reflact AG Alle Rechte vorbehalten Seite 18 Mitarbeiterbindung verbessern In welchen Schritten, mit welchen Tools und Methoden empfehlen wir die Arbeit am Thema Mitarbeiterbindung? 1) Bestandsaufnahme: Bewerten Sie Ihr aktuelles Portfolio der Instrumente zur Mitarbeiterbindung 2) Definition der Zielgruppe: Entscheiden Sie, welche Mitarbeitergruppe Sie binden wollen 3) Standortbestimmung: Erheben Sie die Einschätzungen und Bedarfe der Zielgruppe(n) 4) Interpretation der Ergebnisse: Skizzieren sie ein Maßnahmenbündel und stellen Sie es zur Diskussion 5) Roadmap: Verdichten Sie die Maßnahmen verbindlich in einer Roadmap Mitarbeiterbindung 6) Umsetzung: Abarbeiten, controllen, evaluieren © Klaus Lurse Personal + Management AG & reflact AG Alle Rechte vorbehalten Seite 19 1) Bestandsaufnahme Betrachten Sie das Portfolio Ihrer Instrumente zur Mitarbeiterbindung. Wie sind die Effekte? Welche Zielgruppen werden bedient? Die Teilnehmerunternehmen an unserer Studie gaben den Themen „Integration neuer Mitarbeiter“, „Mitarbeitergespräch“, „Flexibilität in der Arbeitszeit“ und „leistungsorientierte Vergütung“ die höchste Bedeutung. Rangfolge der am stärksten priorisierten Personalentwicklungsinstrumente anhand der TopBox (Anteil der zustimmenden Antworten) 2) Definition der Zielgruppen Entscheiden Sie, welche Mitarbeitergruppen Sie binden wollen. Wo sind Wechselfolgen besonders teuer und wo werden Ressourcen, etwa durch den Weggang von Trainees, verschwendet? Zur Klassifizierung dienen folgende Kriterien: Unternehmensbereich, Funktion, Altersgruppe, Qualifikation und/oder Unternehmensebene. © Klaus Lurse Personal + Management AG & reflact AG Alle Rechte vorbehalten Seite 20 3) Standortbestimmung Dieser Prozess kann gut mittels einer Befragung zu den drei Dimensionen Arbeitsumfeld, Unternehmenskultur und Führungsqualität erfolgen. Erfolgt die Befragung online, lassen sich alle Teile der Organisation ohne wesentlichen Mehraufwand einbinden. Sie gewinnen strukturierte Einsichten und erhöhen die Akzeptanz für Ihre Bemühungen. Gleichzeitig beschleunigen Sie den gesamten Prozess. 4) Interpretation der Ergebnisse Fokussierte Schritte lassen sich leicht aus den Ergebnissen der Befragung ableiten. Beginnen Sie die anschließende Diskussion im Führungskreis mit dem Fokus auf die Bewertung der aktuell eingesetzten Personalinstrumente und Überlegungen zu einem Veränderungsszenario. Danach initiieren Sie einen Workshop mit Vertretern der Zielgruppe(n) zur Interpretation und Konkretisierung der Ergebnisse und einem Brainstorming zu zielführenden Veränderungen. 5) Entwicklung einer Roadmap Die Ergebnisse der beiden Arbeitsrunden werden in einer Roadmap „Mitarbeiterbindung“ verdichtet und Maßnahmen definiert. Um kontinuierlich den Erfolg abzusichern, wechseln in der Roadmap Maßnahmen und deren Evaluation ab. © Klaus Lurse Personal + Management AG & reflact AG Alle Rechte vorbehalten Seite 21 6) Umsetzung Entlang der vereinbarten Roadmap beginnen Sie mit der Bearbeitung der Maßnahmen. Im Effekt erhalten Sie Aktivitäten zur gezielten Weiterentwicklung und individuelle Qualifizierungsmaßnahmen ebenso wie Veränderungsprozesse, die bei der jeweiligen Zielgruppe oder unternehmensweit ansetzen. Unter Nutzung von E-Learning und web-2.0Technologien oder einem webgestütztem Transfercontrolling können Entwicklungsmaßnahmen gleichermaßen breit, einfach, schnell und nachhaltig erfolgen. Da Mitarbeiterbindung kein einmaliges Projekt ist, an dessen Ende die ideale Bindung steht, folgt mit der Evaluation der Einstieg in die nächste Runde. Sie aktualisieren die Bestandsaufnahme und laufen durch die Schrittfolge. Keine Angst - mit jedem Durchlauf verringert sich der Aufwand und Mitarbeiterbindung gelangt so in den Kanon grundlegender Maximen Ihres Unternehmens. © Klaus Lurse Personal + Management AG & reflact AG Alle Rechte vorbehalten Seite 22 Checkliste: Woran sind positive Effekte zu identifizieren? 9 Die ungewollte Fluktuation ist reduziert. 9 Die Anwesenheitsquote ist gestiegen. (Weniger Krankenstand. KPI wird durch die Personalabteilung erfasst.) 9 Der Identifikationsgrad der Mitarbeiter mit dem Unternehmen ist gestiegen. (Messung zum Beispiel durch: Vermittlungsquote Bewerber durch Mitarbeiter, Teilnahme an freiwilligen Veranstaltungen, Engagement für betriebliche Aktivitäten). 9 Innovations- und Veränderungsprozesse werden aktiv unterstützt. (z.B. aktive Nutzung von internen Steuerungsplattformen. Breite Beteiligung an IdeenmanagementSystemen.) 9 Die gesetzten Quotenziele des Inhouse-Recruitment werden erreicht. 9 Die Retentionzahlen bei bestimmten Mitarbeitergruppen entwickeln sich positiv. 9 Die Ergebnisse in Mitarbeiterbefragungen und weiteren Feedbackformen für Mitarbeiter verändern sich. 9 Die Gründe von Mitarbeitern, das Unternehmen zu verlassen, ändern sich. (z.B. Messung durch systematisierte Austrittsinterviews.) © Klaus Lurse Personal + Management AG & reflact AG Alle Rechte vorbehalten Seite 23 Gesamtaufstellung der priorisierten Personalinstrumente. Es wurde nach der Einschätzung der Bedeutung der aufgeführten Personalinstrumente gefragt. Die Antwortskala ist dieselbe wie zu den vorherigen Einschätzungen. Für die Aufstellung auf Seite 19 wurde der Anteil der zustimmenden Antworten aufaddiert und eine Rangfolge gebildet. © Klaus Lurse Personal + Management AG & reflact AG Alle Rechte vorbehalten Seite 24 Aus einem Guss Mitarbeiterbindung wird immer mehr zu einem zentralen, übergeordneten Unternehmensziel. Eine Herausforderung ist das Handling der vielen unterschiedlichen Facetten, da einzelne Maßnahmen nur begrenzte Wirkung entfalten. Es braucht ein Portfolio mit den unternehmensspezifischen Bausteinen der Mitarbeiterbindung. Die ersten Schritte 1 2 Verschaffen Sie sich einen Überblick: Das kann in Form von informellen Gesprächen oder systematisch geschehen. Verbinden Sie das Thema mit der Topmanagement-Agenda: Was ergibt sich aus der Unternehmensstrategie? Wo stellt mangelnde Mitarbeiterbindung ein besonders hohes Risiko dar? 3 Skalieren Sie Erfolge: Oftmals gibt es einzelne Maßnahmen, die schon sehr gut funktionieren. Nutzen Sie die Konzepte durch Multiplikation und Adaption auch an anderer Stelle im Unternehmen. © Klaus Lurse Personal + Management AG & reflact AG Alle Rechte vorbehalten Seite 25 Literatur / Quellen HR-Trendanalyse Neue Rolle für den Chef. Autoren: Claudia Wabel, Lea Kiese. In „Zeitschrift Personalwirtschaft“ (02/2011) vom 28.01.2011 HR Barometer 2009 Bedeutung, Strategien, Trends in der Personalarbeit - Schwerpunkt Strategic Workforce Management von Cap Gemini, Januar 2009 Mitarbeiterbindung Ein Einblick in ein schwieriges Objekt und den Status quo der Diskussion. Autor: Becker, Fred G. Seite 235f. In Bruhn / Stauss (Hrsg.): Serviceorientierung im Unternehmen. Forum Dienstleistungsmanagement. Wiesbaden, 2010. Mythos Motivation Wege aus einer Sackgasse. Autor: Sprenger, Reinhard K. Frankfurt/Main, 2002. Gemeinsam zum Kern vordringen Interview mit Prof. Armin Trost. In „acquisa“ (02/2011) vom 25.01.2011 Organisationale Energie Wie Sie das Potenzial Ihres Unternehmens ausschöpfen. Autoren: Bruch, Heike; Vogel, Bernd. Wiesbaden, 2009. Enterprise 2.0 New Collaborative Tools for Your Organization's Toughest Challenges. Autor: Mc Afee, Andrew. Columbus, 2009. Rethinking knowledge work A strategic approach. Autor: Davenport, Thomas H. In „McKinsey Quarterly“ (01/2011). War for Talent No. 2 McKinsey & Company 2001. Personalmanagement Talente richtig analysieren. Autoren: Davenport, Thomas H.; Harris, Jeanne; Shapiro, Jeremy. In „Havard Business Manager“ (12/2010) vom 23.11.2010. © Klaus Lurse Personal + Management AG & reflact AG Alle Rechte vorbehalten Seite 26 Die Autoren Anton Stockhausen Vorstand Hartmut Scholl Vorstand © Klaus Lurse Personal + Management AG & reflact AG Alle Rechte vorbehalten Seite 27