Zugangsrecht zum Betrieb zur Ausübung von Betriebsratstätigkeit

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Zugangsrecht zum Betrieb zur Ausübung von Betriebsratstätigkeit
LAG München v. 18.11.2009 – 11 TaBVGa 16/09
Zugangsrecht zum Betrieb zur Ausübung von Betriebsratstätigkeit trotz kündigungsbedingter
Freistellung eines Betriebsratsmitglieds von der Arbeitsleistung
Der Arbeitgeber kann durch einstweilige Verfügung im Beschlussverfahren verpflichtet werden, einem
Betriebsratsmitglied, das wegen Stilllegung einer Betriebsabteilung eine ordentliche betriebsbedingte
Kündigung erhalten hat und mit dem der Arbeitgeber sich in einem Abfindungsvergleich auf eine
Freistellung von der Arbeitsleistung geeinigt hat, für den Rest der Kündigungsfrist ungehinderten - auch
nicht durch Mitteilungspflichten eingeschränkten - Zutritt zur Ausübung des Betriebsratsamts zum
Betriebsgelände zu gewähren, wenn schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers an einer Begrenzung
des Zutrittsrechts nicht geltend gemacht worden sind.
LAG München, Beschluss v. 18.11.2009 – 11 TaBVGa 16/09 –
Zum Sachverhalt
Der antragstellende Betriebsrat und der Beteiligte zu 2), der Mitglied des Betriebsrats ist, begehren die
Aufhebung eines Hausverbots, das die Arbeitgeberin gegenüber dem Beteiligten zu 2) ausgesprochen
hat, sowie ungehinderten, d.h. auch durch keine Mitteilungspflichten beschränkten - Zutritt des
Beteiligten zu 2) zum Betrieb zur Ausübung des Amtes als Betriebsrat.
Mit Schreiben vom 30.3.2009 kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis des Beteiligten zu 2)
„ordentlich fristgerecht zum 30.9.2009“. Mit Schreiben vom 7.4.2009 stellte die Arbeitgeberin den
Beteiligten zu 2) mit sofortiger Wirkung von der Arbeitsleistung frei.
Mit Schreiben vom 26.5.2009 teilte die Arbeitgeberin dem Beteiligten zu 2) unter dem Betreff
„Hausverbot“ Folgendes mit:
„Sehr geehrter Herr S.,
hiermit sprechen wir Ihnen gegenüber für die Betriebsräume der B. AG und damit auch für sämtliche
Filialen der B. AG ein Hausverbot aus. Verstöße hiergegen werden wir als Hausfriedensbruch strafrechtlich verfolgen.
Dieses Hausverbot ist ausgenommen für Fälle von erforderlicher BR-Arbeit. Die Erforderlichkeit der BRArbeit weisen Sie vor Betreten unserer Betriebsräume schriftlich zu unseren Händen nach, indem Sie
Ihre geplante BR-Arbeit stichpunktartig darstellen.
Mit freundlichen Grüßen
J. K.
Vorstandsvorsitzender b. AG“
Mit Anwaltsschreiben vom 5.6.2009 forderte der Betriebsrat die Arbeitgeberin u. a. auf, schriftlich zu
erklären, dass das Hausverbot für den Beteiligten zu 2) aufgehoben, dieser ab sofort wieder beschäftigt
und dessen ausstehender Lohn unverzüglich nachgezahlt wird.
Das Antwortschreiben der Anwälte der Arbeitgeberin ging auf diese Aufforderung des Betriebsrats
inhaltlich nicht ein.
In dem beim Arbeitsgericht München vom Beteiligten zu 2) eingeleiteten Kündigungsrechtsstreit mit
dem Az.: 23 Ca 5940/09 schlossen der Beteiligte zu 2) und die Arbeitgeberin am 27. August 2009 einen
Prozessvergleich, in dem sie vereinbarten, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund ordentlicher betriebsbedingter Arbeitgeberkündigung zum 31.12.2009 wegen Stilllegung der Betriebsabteilung enden werde,
dass der Beteiligte zu 2) bei unwiderruflicher Freistellung freigestellt werde, dass die Arbeitgeberin eine
Abfindung von 150.000,00 € brutto zahlen werde, dass keine weiteren gegenseitigen Ansprüche mehr
bestünden und dass für den Fall, dass die Abfindung nicht gezahlt werde, das Arbeitsverhältnis über den
31.12.2009 hinaus ungekündigt fortgeführt werde.
Mit ihrem beim Arbeitsgericht München am 18. Juni 2009 eingegangen Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Verfügung im Beschlussverfahren vom selben Tag haben der Betriebsrat sowie der
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Beteiligte zu 2) - der Beteiligte zu 3) ist zwischenzeitlich aus dem Verfahren ausgeschieden - unter
Berücksichtigung späterer Antragsumstellung die gerichtliche Verpflichtung der Arbeitgeberin
beantragt, bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, es zu unterlassen, das
Hausverbot aufrechtzuerhalten. Weiterhin haben sie begehrt, die Arbeitgeberin zu verpflichten, dem
Beteiligten zu 2) zur Ausübung seines Amts ungehinderten Zugang zum Betriebsgelände zu gewähren
und es zu unterlassen, vom Beteiligten zu 2) zu verlangen, seine beabsichtigten Betriebsratstätigkeiten
schriftlich bei der Arbeitgeberin anzuzeigen.
Zur Begründung haben der Betriebsrat und der Beteiligte zu 2) ausgeführt, das verhängte Hausverbot
verstoße gegen das Behinderungsverbot des § 78 Satz 1 BetrVG sowie gegen das Benachteiligungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG.
Der Betriebsrat und der Beteiligte zu 2) haben erstinstanzlich beantragt:
I. Der Beteiligten zu 4) wird aufgegeben, es bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache
zu unterlassen, gegenüber dem Beteiligten zu 2) das Hausverbot vom 26.5.2009 aufrecht zu erhalten.
II. Der Beteiligten zu 4) wird bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache aufgegeben, dem Beteiligten
zu 2) zur Ausübung seines Amtes als Betriebsrat ungehindert Zutritt zum im Bezirk des Beteiligten zu 1)
befindlichen Betrieb und gesamten Betriebsgelände zu gewähren.
III. Im Falle des Unterliegens mit dem Antrag zu I. und/oder II.: Im Falle des Unterliegens mit dem Antrag
zu I. wird der Beteiligten zu 4) bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache aufgegeben, es zu
unterlassen, vom Beteiligten zu 2) vor dessen Betreten des Betriebes zu verlangen, seine beabsichtigten
Betriebsratstätigkeiten schriftlich beim Beteiligten zu 2) anzuzeigen.
IV. Der Beteiligten zu 4) wird aufgegeben, es bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache zu unterlassen, den Beteiligten zu 2) von seiner Verpflichtung der Arbeitsleistung einseitig freizustellen.
V. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtungen aus den Ziffern I. und/oder II.
und/oder III. und/oder IV. wird der Beteiligten zu 4) ein Ordnungsgeld bis zu € 250.000,00, dessen Höhe
in das Ermessen des angerufenen Gerichts gestellt wird, angedroht.
Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge zurückzuweisen.
Die Arbeitgeberin hat erwidert, die Erteilung des Hausverbots stelle weder eine Störung der Betriebsratstätigkeit im Sinne von § 78 Absatz 1 Satz 1 BetrVG noch eine Benachteiligung gemäß § 78 Absatz 1
Satz 2 BetrVG dar. Das ergebe sich schon daraus, dass das Hausverbot ausdrücklich für Fälle von
erforderlicher Betriebsarbeit nicht gelte. Der Beteiligte zu 2) könne also die Betriebsräume jederzeit
betreten, soweit dies für seine Betriebsratsarbeit erforderlich ist. Durch diese Gestaltung wäre eine
erklärte Störung der Betriebsratstätigkeit ausgeschlossen. Auch der Antrag zu II. sei zurückzuweisen. Die
schriftliche Anzeige der Betriebsratstätigkeit durch die Beteiligten zu 2) sei das einzige Mittel, die
Einhaltung des Hausverbots zu kontrollieren. Diese Anzeige sei daher erforderlich und angemessen. Eine
Störung der Betriebsratstätigkeit sei hiermit nicht verbunden. Das Vorliegen eines Verfügungsgrundes
werde bestritten. Es sei insbesondere nicht zu erkennen, warum einer der Anträge besonders
eilbedürftig sein solle. Der Beteiligte zu 2) könne seiner Betriebsratstätigkeit ungehindert nachgehen.
Das Arbeitsgericht München hat durch Beschluss vom 16. Juli 2009, der der Arbeitgeberin am 10. August
2009 zugestellt worden ist, den Anträgen mit Ausnahme des Antrages IV. stattgegeben und zur
Begründung ausgeführt, die Anträge seien zulässig und begründet. Beim Antrag Ziff. III handele es sich
um eine Präzisierung des unter Ziffer II. stehenden Begehrens. Ein Verfügungsanspruch sei gegeben.
Gemäß § 78 Satz 1 BetrVG dürften Mitglieder des Betriebsrats in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht
gestört oder behindert werden. Bei Verstößen gegen das Behinderungsverbot könnten sowohl der
Betriebsrat als auch betroffene Betriebsratsmitglieder Unterlassungsansprüche geltend machen. Die
Verweigerung des Zutritts zum Betriebsgelände stelle eine objektive Behinderung der Betriebsratstätigkeit dar. Dabei beschränke sich die Tätigkeit eines Betriebsratsmitglieds nicht auf vorhersehbare
Tätigkeiten, sondern sei zum Teil auch kurzfristig erforderlich. Zudem unterliege die Tätigkeit eines
Betriebsratsmitglieds in nur sehr eingeschränktem Umfang dessen zeitlicher Disposition. Schließlich
bedürfe ein Betriebsratsmitglieds zur Ausübung seines Amtes auch des Kontaktes zur Belegschaft, wie
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sich u. a. aus § 84 Abs. 1 Satz 2 BetrVG ergebe. Im Hinblick darauf stelle ein Hausverbot regelmäßig eine
Behinderung der Betriebsratstätigkeit dar. Das schließe allerdings ein Hausverbot nicht schlechthin aus.
Bei gravierenden Pflichtverletzungen komme, sofern mildere Mittel nicht genügten, ein Hausverbot in
Betracht. Auch ein solches Hausverbot dürfe indes die zur Ausübung des Amtes erforderliche
Anwesenheit nicht umfassen. Vorliegend sei ein Grund für ein Hausverbot nicht ansatzweise erkennbar.
Eine eingeschränkte, Anwesenheitszeiten für Betriebsratstätigkeit ausnehmende Aufrechterhaltung des
Hausverbots scheide vorliegend aus. Da jedes Hausverbot eine Behinderung der Betriebsratstätigkeit
darstelle und andererseits vorliegend keine Gründe für ein Hausverbot gegeben seien, müssen der
Betriebsrat und der Beteiligte zu 2) die mit einem eingeschränkten Hausverbot verbundenen Behinderungen der Betriebsratstätigkeit nicht hinnehmen. Die Arbeitgeberin sei verpflichtet, das Hausverbot
aufzuheben und dem Beteiligten zu 2) ungehinderten Zutritt zum Betriebsgelände zu gestatten. Aus
dem Verbot, die Betriebsratstätigkeit durch ein Hausverbot zu behindern, folge auch das Verbot
gegenüber der Arbeitgeberin, vom Beteiligten zu 2) zu verlangen, dass dieser die Erforderlichkeit der
Betriebsratstätigkeit nachweise bzw. die geplante Betriebsratstätigkeit darstelle. Die Erforderlichkeit der
Betriebsratstätigkeit sei in § 37 Absatz 2 BetrVG geregelt. Insoweit bestehe ein Beurteilungsspielraum
des Betriebsratsmitglieds. Wenn eine Betriebsratstätigkeit erforderlich sei, bedürfe sie keiner
Zustimmung des Arbeitgebers. Es reiche, wenn das Betriebsratsmitglied dem Arbeitgeber ohne nähere
Spezifizierung der beabsichtigten Tätigkeit allgemein mitteile, dass er betriebsverfassungsrechtliche
Aufgaben wahrnehmen wolle. Eine konkrete und sei es auch nur stichwortartige Umschreibung der
beabsichtigten Betriebsratstätigkeit dürfe der Arbeitgeber vom Betriebsratsmitglied nicht verlangen.
Gegen den Beschluss vom 16. Juli 2009 hat die Arbeitgeberin mit Schriftsatz vom 14. August 2009, der
beim Landesarbeitsgericht München am 17. August 2009 eingegangen ist, Beschwerde eingelegt.
Zur Begründung ihrer Beschwerde trägt sie vor, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts lägen
Behinderungen des Beteiligten zu 2) bei der Ausübung seiner Tätigkeit als Betriebsratsmitglied durch
das mit Schreiben vom 26.5.2009 ausgesprochene Hausverbot nicht vor. Ein Verfügungsanspruch
bestehe daher nicht. Ein Verstoß gegen das Behinderungsverbot liege nicht vor, weil das Hausverbot
gerade für die Fälle von erforderlicher Betriebsratstätigkeit nicht gelte. Der Beteiligte zu 2) habe also
uneingeschränkten Zutritt zum Betriebsgelände und den Betriebsstätten, soweit dies für seine
Betriebsratsarbeit erforderlich sei. Nach Ansicht der 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts München
(Beschluss vom 28. September 2005, Az.: 9 TaBV 58/05) bedürfe es einer generellen Aufhebung eines
Hausverbots dann nicht, wenn sichergestellt sei, dass der Zutritt des betreffenden Arbeitnehmers zum
Betriebsgelände in seiner Eigenschaft als Betriebsratsmitglied zur Ausübung von erforderlicher
Betriebsratstätigkeit nicht verwehrt sei. Der Arbeitgeber könne dem Arbeitnehmer den Zutritt zum
Betrieb untersagen und zwar insbesondere dann, wenn der betreffende Arbeitnehmer von der Pflicht
zur Arbeitsleistung freigestellt sei. Nicht untersagen könne er dagegen den Zutritt in seiner Eigenschaft
als Betriebsratsmitglied zur Ausübung erforderlicher Betriebsratstätigkeit. Nachdem die Arbeitgeberin
den Beteiligten zur 2) mit Schreiben vom 7.4.2009 freigestellt habe, sei sie befugt, im Rahmen ihres
Hausrechts dem Beteiligten zu 2) als Arbeitnehmer den Zutritt zum Betriebsgelände zu untersagen. Zur
Ausübung dieses Hausrechts bedürfe es keiner Begründung. Auf Grund seiner Freistellung habe der
freigestellte Arbeitnehmer auch kein schutzwürdiges Interesse dahingehend, weiterhin im Betrieb
anwesend zu sein. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass der Vergütungsanspruch ohnehin weiter
bestehe.
Die Arbeitgeberin trägt weiter vor, der Antrag Ziffer III. sei ebenfalls unbegründet. Die Einhaltung des
Hausverbots müsse nämlich vom Arbeitgeber kontrolliert werden können. Der Arbeitgeber müsse die
Möglichkeit haben zu erkennen und zu differenzieren, wodurch die Anwesenheit des freigestellten
Arbeitnehmers bedingt ist. Das Landesarbeitsgericht München habe in seiner zitierten Entscheidung das
Betriebsratsmitglied dazu verpflichtet, dem Arbeitgeber vorher mitzuteilen, wenn er seinen Zutritt oder
sein Verbleiben im Betrieb für erforderlich halte, und den Grund hierfür summarisch anzugeben.
Die Arbeitgeberin beantragt, den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 16. Juli 2009, Az.: 32 BVGa
30/09, dahingehend abzuändern, dass sämtliche Anträge zurückgewiesen werden.
Der Betriebsrat und der Beteiligte zu 2) beantragen, die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückzuweisen.
Zur Begründung führen sie aus, die Arbeitgeberin habe zu Beginn des Verfahrens keinen Grund für das
Hausverbot genannt. Erst im Verlauf des Kündigungsschutzverfahrens sei geäußert worden, der
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Beteiligte zu 2) habe die betrieblichen Abläufe gestört. Erst im Termin des Hauptsacheverfahrens habe
eine Prozessvertreterin der Arbeitgeberin erklärt, dass keine Gründe für den Ausspruch des
Hausverbotes vorlägen. Das Hausverbot sei gleichwohl begründet, weil der Arbeitgeber jederzeit auch
grundlos von seinem Hausverbot Gebrauch machen könne. Die Arbeitgeberin verkenne, dass die von ihr
zitierte Entscheidung des LAG München auf einem anderen Sachverhalt beruht habe. In dem dort
entschiedenen Fall sei das Vertrauensverhältnis bereits nachhaltig gestört gewesen. Die 9. Kammer des
Landesarbeitsgerichts habe sicher nicht die Absicht gehabt, mit ihrer Entscheidung dem Arbeitgeber die
Möglichkeit zu schaffen, grundlos Hausverbote gegenüber Betriebsratsmitgliedern auszusprechen.
Hinsichtlich des weiteren Ergebnisses der Anhörung wird auf die von den Beteiligten gewechselten
Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.
Aus den Gründen
Die Beschwerde ist zulässig, jedoch unbegründet.
Das Arbeitsgerecht hat zutreffend und mit zutreffender Begründung den Verfügungsanträgen
stattgegeben.
Zum Beschwerdevorbringen wird bemerkt: Das Beschwerdegericht schließt sich der Beurteilung des
Arbeitsgerichts an, das im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes der Arbeitgeberin auferlegt hat,
dem Beteiligten ungehinderten Zutritt zu den Betriebsräumen zu gewähren. Die Gewährung
ungehinderten Zutritts umschließt den Verzicht auf das Verlangen fallbezogener Kommunikation über
die Tatsache der Wahrnehmung erforderlicher Betriebsratstätigkeit. Auch dies ist vom Arbeitsgericht
zutreffend konstatiert worden.
1. Der Erlass einer einstweiligen Verfügung ist gemäß § 85 Abs. 2 ArbGG auch in Angelegenheiten
zulässig, über die im Beschlussverfahren zu entscheiden ist, wobei sich das Verfahren nach den
Vorschriften der §§ 916 ff. ZPO richtet. Der einstweilige Rechtsschutz dient dabei vor allem der
Sicherung eines Anspruchs oder der vorläufigen Regelung eines Rechtsverhältnisses (§§ 935, 940 ZPO).
Darüber hinaus kommt auch der Erlass einer so genannten Leistungsverfügung in Betracht, durch die
der geltend gemachte Anspruch nicht nur gesichert, sondern bereits befriedigt wird. Sie ist immer dann
zuzulassen, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile unumgänglich ist, was auf Grund einer
umfassenden Abwägung der Umstände des Einzelfalls festgestellt werden muss. Dabei ist zum einen zu
berücksichtigen, wie gewiss der Bestand des geltend gemachten Anspruchs ist. Zum anderen muss
beurteilt werden, ob und ggf. inwieweit es dem Antragsteller zugemutet werden kann, den Anspruch in
einem Hauptsacheverfahren zu verfolgen.
Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Beschwerdekammer in Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die in ihrer Gesamtheit auf einen zeitlich nicht beschränkten oder
durch Mitteilungspflichten eingegrenzten Zutritt gerichteten Anträge des Betriebsrats und des
Beteiligten zu 2) begründet sind.
2. Wie das Arbeitsgericht im Einzelnen zutreffend erläutert hat, dürfen die Mitglieder des Betriebsrats
gemäß § 78 BetrVG bei der Ausübung ihrer Betriebsratstätigkeit nicht behindert werden. Da die
Aufgaben des Betriebsrats regelmäßig im Betrieb zu erledigen sind, folgt aus dem Recht auf ungestörte
Amtsausübung auch ein Recht auf Zutritt zum Betrieb. Dieses Recht ist nicht auf bestimmte Zeiten
beschränkt. Vielmehr kann eine Tätigkeit des Betriebsrats zu jeder Zeit im Betrieb erforderlich werden.
Die Betriebsratsmitglieder müssen deshalb auch jederzeit die Möglichkeit haben, den Betrieb zur
Durchführung ihrer gesetzlichen Aufgaben zu betreten. Das Zugangsrecht ist ausschließlich an die
Mitgliedschaft im Betriebsrat gebunden. Es wird weder von einer individualrechtlichen Freistellung von
der Arbeit noch von der Absicht des Arbeitgebers berührt, das Arbeitsverhältnis des Betriebsratsmitglieds zu beenden (LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. September 2009, Az.: 17 TaBVGa
1372/09 zit. n. Juris). Soweit individualrechtlich eine Verpflichtung des Betriebsratsmitglieds anerkannt
ist, sich beim Verlassen des Arbeitsplatzes zur Wahrnehmung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben
abzumelden und sich nach Beendigung dieser Tätigkeit wieder zurückzumelden, dient dies der sich aus
dem Arbeitsvertrag ergebenden Verpflichtung, es dem Arbeitgeber zu ermöglichen, von der Dauer der
Abwesenheit Kenntnis zu erlangen und ihn in die Lage zu versetzen, inhaltliche Dispositionen zu treffen.
Eine solche Verpflichtung ist jedoch nicht durch den Zweck gerechtfertigt zu kontrollieren, ob das
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Betriebsratsmitglied von seinem Beurteilungsspielraum in richtiger Weise Gebrauch gemacht hat.
Letzteres würde das Betriebsratsmitglied einem mit dem Behinderungsverbot nicht vereinbaren
Rechtfertigungszwang aussetzen (Fitting u.a., 24. Auflage, § 37, Rz. 50-53).
Der Beteiligte zu 2) hat danach ein zeitlich nicht beschränktes Recht, den Betrieb der Arbeitgeberin zur
Durchführung von Aufgaben des Betriebsrats zu betreten, ohne der Arbeitgeberin hiervon unter Angabe
der Art der wahrzunehmenden Aufgabe Meldung machen zu müssen. Er ist nach wie vor Mitglied des
Betriebsrats. Dass die ausgesprochene betriebsbedingte Arbeitgeberkündigung hieran etwas ändert
oder geändert habe, behauptet auch die Arbeitgeberin nicht. Aber auch die Tatsache, dass die Arbeitgeberin den Beteiligten zu 2) von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung entbunden hat, ist für sein
Zutrittsrecht ohne Belang. Die Freistellung spricht sogar gegen die von der Arbeitgeberin dem
Beteiligten zu 2) auferlegte Anzeigepflicht. Im laufenden Arbeitsverhältnis folgt die Rechtfertigung einer
Meldepflicht des nicht freigestellten Betriebsratsmitglieds aus der Tatsache, dass der Arbeitgeber die
Möglichkeit haben muss, über die Arbeitskraft des Betriebsratsmitglieds zu disponieren. Diese
Notwendigkeit entfällt, nachdem die Arbeitgeberin den Beteiligten zu 2) von seiner Verpflichtung zur
Arbeitsleistung freigestellt hat und damit ausdrücklich auf eine Disposition über seine Arbeitskraft
verzichtet hat. Auch die von der Arbeitgeberin postulierte Kontrollnotwendigkeit kann die Anzeigepflicht nicht rechtfertigen. Die Arbeitgeberin hat nämlich keinerlei Anhaltspunkte dafür vorgetragen,
dass der Beteiligte zu 2) in irgendeiner Weise die Wahrnehmung seiner Betriebsratsaufgaben auf dem
Betriebsgelände dazu nutzen werde, der Arbeitgeberin Schaden zuzufügen oder Betriebsabläufe zu
stören.
Zu diesen Überlegungen steht auch nicht die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts München vom 28.
September 2005, a.a.O., in Widerspruch. Bei dem dort entschiedenen Fall war das Vertrauensverhältnis
zwischen dem Betriebsratsmitglied und dem Arbeitgeber bereits nachhaltig gestört. Außerdem lagen
ein Antrag des Arbeitgebers auf Ersetzung der Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen
Kündigung des Betriebsobmanns sowie eine Strafanzeige gegen ihn vor. Dies war hinreichender Anlass,
die Zutrittsmöglichkeit des Betriebsobmanns auf die Durchführung erforderlicher Betriebsratstätigkeit
zu beschränken und Regelungsmechanismen vorzusehen, die es dem Arbeitgeber ermöglichten festzustellen, ob der Betriebsobmann seine Anwesenheitszeiten auf die Ausübung erforderlicher Betriebsratstätigkeit beschränkte. Vergleichbare Anlässe für eine Beschränkung des Zutrittsrechts sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
3. Für die erlassene einstweilige Verfügung besteht auch ein Verfügungsgrund.
Bei der Gewährung des Zutritts zum Betrieb zum Zwecke der Ausübung des Betriebsratsamtes handelt
es sich um eine sog. Befriedigungsverfügung (vgl. Walker, Der einstweilige Rechtsschutz im Zivilprozess
und im arbeitsgerichtlichen Verfahren, Rz. 817). An den Verfügungsgrund sind bei einer Befriedigungsverfügung grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen, da durch sie die Hauptsache zumindest
teilweise vorweggenommen wird. Erforderlich ist, dass der Antragsteller auf die sofortige Anspruchserfüllung angewiesen ist (vgl. Walker a. a. O. Rz. 246). Das ist zu bejahen, wenn die nicht sofortige
Befriedigung einen - zumindest temporären - endgültigen Rechtsverlust bedeutet (vgl. Walker a. a. O. Rz.
247). Eine einstweilige Verfügung, die dem Antragsteller eine Befriedigung in der Hauptsache verschafft
und im Gegenzug dem Antragsgegner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringt, darf nur ergehen,
wenn die Interessen des Antragstellers eindeutig überwiegen (vgl. Walker a.a.O. Rz. 259). Hierbei ist in
erster Linie die objektive materielle Rechtslage zu berücksichtigen, also der zu erwartende Ausgang des
Hauptsacheverfahrens (vgl. Walker a.a.O. Rz. 261). Je wahrscheinlicher ein Obsiegen des Antragstellers
im Hauptsacheverfahren ist, umso mehr gehen seine Interessen denen des Antragsgegners vor. Im
vorliegenden Falle ist das Zutrittsrecht des Beteiligten zu 2) gegeben, so dass von einem Obsiegen des
Antragstellers auch im Hauptsacheverfahren auszugehen wäre.
Es kann auch weder dem Beteiligten zu 2) noch dem Betriebsrat zugemutet werden, den Anspruch in
einem Hauptsacheverfahren zu verfolgen. Die Zwangsvollstreckung findet nur aus rechtskräftigen
Beschlüssen des Arbeitsgerichts statt (§ 85 Abs. 1 ArbGG). Angesichts der Tatsache, dass die
Arbeitgeberin auf ihrem Standpunkt nachhaltig und unter Androhung rechtlicher Konsequenzen
(Drohung mit strafrechtlicher Verfolgung bei Zuwiderhandlung gegen das Hausverbot) beharrt, muss
davon ausgegangen werden, dass der Betriebsrat sowie der Beteiligte zu 2) vor Abschluss der
Beschwerdeinstanz in der Hauptsache, mindestens aber bis zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses
am 31.12.2009, sein Zutrittsrecht nicht durchsetzen könnte. Während dieses Zeitraums wäre der
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Antragsteller an einer uneingeschränkten Betriebsratstätigkeit gehindert, ohne dass es hierfür eine
sachliche Rechtfertigung gibt.
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