Erfahrungsbericht Erasmussemester Beykent University Istanbul

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Erfahrungsbericht Erasmussemester Beykent University Istanbul
Erfahrungsbericht Erasmussemester Beykent University Istanbul
Vorbereitung:
Im Rahmen meines Masterstudiums International Human Resource Management an der
Hochschule Ludwigshafen am Rhein entschied ich mich, das 3. Semester (WS 2012/2013) an
einer ausländischen Partnerhochschule zu verbringen. Ich entschied mich, im Erasmusraum
zu bleiben und suchte hier nach einem passenden Land. Da ich eine andere Kultur kennenlernen wollte, entschied ich mich für die Türkei und bewarb mich für ein Auslandssemester an
der Beykent University in Istanbul. Da es sich hierbei um eine Partneruniversität meiner
Hochschule handelt, gestaltete sich der Bewerbungsprozess relativ unkompliziert.
Nachdem ich die Zusage bekommen habe, konnten die Vorbereitungen starten. Einer der
wichtigsten Punkte war hierbei die Beantragung des Studentenvisums, da der Aufenthalt in
der Türkei länger als 90 Tage dauert. Es funktioniert nicht mehr einfach aus- und wieder einzureisen, um das Touristenvisum zu verlängern, da das Gesetz geändert wurde. Inzwischen
darf man innerhalb eines halben Jahres nur 90 Tage in der Türkei verweilen, sodass das Visum notwendig ist. Das Visum muss beim türkischen Konsulat in dem Bundesland des
Hauptwohnsitzes beantragt werden. In meinem Fall war es das Konsulat in Karlsruhe. Für die
Beantragung waren folgende Unterlagen erforderlich: Antragsformular, offizielle Einladung
der türkischen Universität, Bestätigung der Heimat-Hochschule über die Teilnahme am Erasmusprogramm, Immatrikulationsbescheinigung der Heimat-Hochschule, Nachweis über eine
Auslandskrankenversicherung, Nachweis über ausreichend finanzielle Mittel, 2 Passbilder.
Das Visum kostet 60 Euro und wird sofort im Konsulat ausgestellt. Das Visum allein reicht
jedoch nicht aus. Bei Ankunft in der Türkei muss zusätzlich eine Residence Permit beantragt
werden, um aus- und wieder einreisen zu können. Dieses Dokument muss nach vorheriger
Terminvereinbarung im Emniyet Müdürlüğü im Stadtteil Fatih beantragt werden. Da die
Termine zum Teil sehr lange im Voraus ausgebucht sind, empfiehlt es sich, den Termin bereits vor der Abreise zu vereinbaren. Die Englischkenntnisse der Beamten in dieser Behörde
sind sehr gering bzw. nicht vorhanden, sodass es sich empfiehlt, alle Unterlagen beisammen
zu haben, um Diskussionen und Nachfragen aus dem Weg zu gehen. Zum Termin mitzubringen sind: Ausgefüllter und in Farbe ausgedrucktes Antragsformular, Farbkopien des Reisepasses (Seite mit Foto, Seite mit Visum, Seite mit Einreisestempel), Immatrikulationsbescheinigung der türkischen Hochschule, 5 Passfotos und 172 TL. Sollte die Kasse in der Behörde
bereits geschlossen sein, muss man am nächsten Tag nochmal wiederkommen, um die Gebühr
zu entrichten. Die Ausstellung der Residence Permit kann eine bis viele Wochen dauern. Ich
habe die Erfahrung gemacht, dass man sich nicht darauf verlassen sollte, wenn sie einem sagen, dass man das Dokument in einer Woche abholen kann. Dies ist vor allem dann zu beachten, wenn man plant, das Land zwischendurch zu verlassen (Flug erst buchen, wenn man die
Residence Permit erhalten hat!) Sonst kann es im schlimmsten Fall passieren, dass man das
Land nicht verlassen kann. Wichtig ist zu wissen, dass die Residence Permit auch dann zu
beantragen ist, wenn man die Türkei während des Semesters nicht verlassen möchte. Man
braucht sie auch am Ende zur Ausreise! In Ausnahmefällen wurde die Residence Permit auch
ausgestellt, wenn vorab noch kein Studentenvisum beantragt wurde. Allerdings ist der Weg
eher riskant und somit nicht empfehlenswert, insbesondere im Hinblick auf die Sprachbarriere
auf der Behörde.
Was die Anreise in die Türkei angeht, empfiehlt es sich bei den Fluggesellschaften Pegasus
Airlines und Turkish Airlines nach günstigen Angeboten zu schauen. Ich persönlich habe vorerst nur den Hinflug gebucht, da zum Zeitpunkt der Vorbereitungen noch nicht absehbar ist,
wann das Semester an der türkischen Hochschule wirklich beendet ist.
Der letzte wichtige Vorbereitungsschritt ist die Suche nach der passenden Unterkunft.
Unterkunft:
Da es in Istanbul sehr viel Erasmusstudenten gibt, empfiehlt es sich, rechtzeitig mit der Wohnungssuche zu beginnen. Ich habe mir über das Unternehmen Homepoint
(http://www.roomsinistanbul.com/) ein Zimmer in einem WG-Haus gemietet, indem fast ausschließlich Erasmusstudenten leben. Mit 330 Euro pro Monat plus Nebenkosten wohnt man
im „Silverbuilding“ zwar relativ teuer, hat dafür aber ein für Istanbuler Verhältnisse ordentliches Zimmer. Die Vermieter sprechen deutsch und alles Organisatorische war sehr unkompliziert. Weiterhin ist die Lage des Hauses perfekt, da es nur etwa fünf Minuten Fußweg bis zur
bekannten Istiklal Caddesi sind, die eine Vielzahl an Clubs, Geschäften und Restaurants bietet. Bis zum Taksim Platz sind es etwa 20 Minuten Fußweg. Der Weg zur Beykent University
(Ayazağa Campus) hat insgesamt ca. eine Stunde gedauert. Je nachdem, wie groß das Verkehrschaos ist.
Von der Wohnungssuche vor Ort ist meiner Meinung nach abzuraten, da es zum Teil sehr
lange dauern kann bis sich etwas Passendes gefunden hat.
Einige Hochschulen bieten Wohnheime an. Allerdings gibt es dort in der Regel keine Einzelzimmer und keine Küchen. Wer also Wert auf Privatsphäre legt, ist dort falsch. Die Beykent
University bietet nur Wohnheimplätze an, die für mindestens ein Jahr gemietet werden. Somit
ist es keine Option für ein Auslandssemester.
Studium an der Gasthochschule:
Das Studium an der Beykent University ist leider nicht so verlaufen, wie es geplant war. Bereits in Deutschland erfuhr ich, dass ich die gewählten Masterkurse nicht belegen kann, weil
die Masterstudiengänge nur noch auf Türkisch stattfinden. Also habe ich mir Bachelorkurse
gewählt, die im Vorfeld seitens der türkischen Universität bestätigt wurden. Am Tag der Immatrikulation stellte sich jedoch heraus, dass die entsprechenden Kurse entweder gar nicht
oder nur auf Türkisch angeboten werden und ich mir noch einmal neue Kurse wählen muss.
Da die Auswahl an englischsprachigen Kursen sehr begrenzt war, war dies natürlich enttäuschend. Insgesamt ist die Hochschule nicht wirklich auf Erasmusstudenten eingestellt. Sämtliche Aushänge (auch die Stundenpläne vor dem International Office) sind ausschließlich auf
Türkisch. Eine Willkommens-/Einführungsveranstaltung gab es nicht, sodass man auf sich
allein gestellt war.
Was die Kurse angeht, wird auch in den englischsprachigen Kursen sehr viel Türkisch gesprochen, da die Englischkenntnisse der Studenten an dieser Universität zum Teil sehr
schlecht sind und die Dozenten niemanden verlieren wollen. Anfangs erntete man als Erasmusstudent viele böse Blicke, da die Dozenten durch die Anwesenheit der Erasmusstudenten
gezwungen sind, die Vorlesung wirklich auf Englisch zu machen. Die Qualität der Dozenten
und auch ihre Englischkenntnisse sind sehr unterschiedlich. Einige sind sehr motiviert, was
aber zum Teil durch die schlechte Motivation der türkischen Studenten getrübt wird. Die
Klausuren finden fast ausschließlich im Multiple-Choice Stil statt.
Was die Organisation angeht, muss man an der Beykent University sehr flexibel sein. Der
Start unseres Semesters wurde spontan um eine Woche verschoben, da man mit der internen
Planung noch nicht fertig war. Somit war auch lange nicht klar, wann die Abschlussprüfungen
stattfinden. Im Endeffekt wurde das Semester aber wie geplant beendet.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Niveau weit unter dem deutschen Studienniveau
liegt. Man lernt hier also relativ wenig fürs Studium, aber dafür umso mehr fürs Leben, was
mir im Endeffekt auch am wichtigsten war. Wer jedoch gezwungen ist, bestimmte Kurse zu
belegen, um diese an der Heimathochschule anrechnen zu lassen, sollte eine andere Universität für den Austausch wählen.
Alltag und Freizeit:
Istanbul ist eine fabelhafte Stadt für ein Auslandssemester. Die Stadt ist bunt gemischt und
bietet täglich neue Erlebnisse. Hat man sich einmal auf die Stadt eingelassen, zieht sie einen
in ihren Bann. Am Anfang ist es am besten, die einfach auf sich wirken zu lassen. Am besten
geht dies mit einem typischen schwarzen Tee in einem schönen Café.
Neben all den Sightseeing-Punkten, die man auf jeden Fall gesehen haben sollte (z.B. Hagia
Sofia, Blaue Moschee, Galataturm, Dolmabahce Palast, Topkapi Palast,…) und einer Tour auf
dem Bosporus, ist es auf jeden Fall empfehlenswert, sich auch mal auf die Pfade abseits der
Touristenströme zu begeben, um das wahre Istanbul kennenzulernen.
Was das Istanbuler Nachtleben angeht, ist man rund um den Taksim Platz und entlang der
Istiklal Caddesi sehr gut beraten. Die große Vielzahl an Bars und Clubs hat für jeden Geschmack etwas zu bieten.
Das Istanbuler Verkehrsnetz ist eine reine Katastrophe, da es einfach nicht für so viele Menschen geschaffen ist. Insbesondere im Berufsverkehr ist davon abzuraten den Bus zu nehmen,
da es zum Teil Stunden dauern kann bis man an seinem gewünschten Ziel ankommt. Manchmal ist es am praktischsten einfach zu Fuß zu gehen! An das ganze bergauf und bergab gewöhnt man sich nach einiger Zeit. Insbesondere nachts bietet es sich an, ein Taxi zu nehmen,
da Metro und Tram dann nicht mehr verkehren. Beim Taxifahren aber immer auf das Taxameter verweisen und nicht auf Fixpreise einlassen!
Fazit:
Ich kann Istanbul als Ziel für ein Erasmussemester auf jeden Fall weiterempfehlen! Das Gefühl, dass man empfindet, wenn man bei Sonnenuntergang am Bosporus steht und seinen
Blick über die Ufer schweifen lässt, entschädigt für jeglichen Stress. Wer also aufgeschlossen
ist und eine neue Kultur erleben möchte ist in Istanbul auf jeden Fall richtig!