Rhythmusstörungen und Herz
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Rhythmusstörungen und Herz
Rhythmusstörungen und Herz Prof. Dr. Angelika Costard-Jäckle Rhythmusstörungen und Herz Der normale Herzrhythmus Herzstolpern Vorhofflimmern Kammerrhythmusstörungen Aufbau des Herzens Pulmonalklappe linker Vorhof Mitralklappe rechter Vorhof Trikuspidalklappe Aortenklappe linke Kammer rechte Kammer Der normale Herzrhythmus Sinusknoten 1 Sekunde Vorhöfe AV-Knoten Herzmuskel Steuerung des Herzrhythmus Damit sich der Herzmuskel zusammenzieht, sind elektrische Impulse notwendig Was ist ein normaler Puls? ► normal: 60 - 90 Schläge/Minute nachts: häufig 45-55 Schläge/Minute ► unter Belastung: bis zu 160 Schläge/Minute ► untere Grenze: etwa 40 Schläge/Minute – Ausnahme Leistungssportler Wie werden Herzrhythmusstörungen diagnostiziert? Schon in alten Kulturen, z. B. Ende des 17. Jh. in Tibet, hat der unregelmäßige Herzschlag die Menschen beschäftigt Wie werden Herzrhythmusstörungen diagnostiziert? Die häufigste Form: Extrasystolen normales EKG Extrasystole Herzstolpern ► Herzklopfen ► Kurzatmigkeit ► Brustbeschwerden, Druckgefühl ► Angstgefühl ► Schwindelgefühl ► häufig keine Beschwerden Extraschläge als Ursache von Herzstolpern Ursachen des Herzstolperns ►Herzkrankheiten, z. B.: koronare Herzkrankheit, Herzklappenfehler, Herzmuskelerkrankungen, Bluthochdruck ► Stress, Aufregung, Freude, Angst, Nervosität ► Kaliummangel, Magnesiummangel ► Schilddrüsenüberfunktion ► Nebenwirkung von Arzneimitteln ► Genussgifte: Alkohol, Koffein, Nikotin ► Häufig keine Ursache zu finden Behandlung von Herzstolpern ► Keine Therapie: bei Extraschlägen ohne zugrundeliegende Erkrankung ► Falls eine Erkrankung vorliegt, muss das Grundleiden behandelt werden, z. B. koronare Herzkrankheit, Bluthochdruck, Schilddrüsenerkrankung ► Oft ist es besser, mit leichtem Herzstolpern unbehandelt zu leben als Rhythmusmedikamente dagegen einzunehmen Vorhofflimmern Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmusstörung. Mehr als 1,8 Millionen Menschen in Deutschland leiden daran. ► Das Risiko steigt mit dem Lebensalter • unter 50 Jahre unter 1% • über 60 Jahre 4%-6% • über 80 Jahre 9%-16% Was ist Vorhofflimmern? ► In den Herzvorhöfen kreisen elektrische Erregungswellen mit einer Flimmerfrequenz bis zu 350 Schlägen/Minute ► Der AV-Knoten filtert die Impulse, so dass eine ungeordnete chaotische Herzschlagfolge mit bis zu 160 Schlägen/Minute oder mehr entsteht Vorhofflimmern: Beschwerden ► Herzrasen, Herzstolpern, ► innere Unruhe, Angst ► Einschränkung der Leistungsfähigkeit ► Atemnot ► Schwindel ► Druckgefühl im Brustkorb Bei vielen Patienten tritt Vorhofflimmern ohne Beschwerden auf Vorhofflimmern: Ursachen ► Ursache vor allem Herzkrankheiten: • • • • Hoher Blutdruck (70% der Patienten) Koronare Herzkrankheit Herzklappenerkrankungen Herzmuskelerkrankungen Auslöser ► Alkohol ► Schlafmangel ► emotionaler Stress ► Koffein • Überfunktion der Schilddrüse • Lungenerkrankungen • Bei 10% der Patienten finden sich keine Ursachen (lone atrial fibrillation) ► opulente Mahlzeiten Vorhofflimmern: Hauptgefahr Schlaganfall Da sich in Folge des Flimmerns die Vorhöfe nicht mehr regelmäßig zusammenziehen, kommt es zu Blutgerinnseln, die vom Blutstrom fortgeschwemmt zum Schlaganfall und anderen Gefäßverschlüssen führen können. Das Risiko ist für die einzelnen Patienten unterschiedlich. Die meisten benötigen eine gerinnungshemmende Therapie. rechter Vorhof rechte Herzkam mer linker Vorh of linke Herzkam mer linker Vorhof Vorhofflimmern: Ziele der Behandlung ► Schlaganfall verhindern: 30.000 Schlaganfälle gehen in Deutschland auf Vorhofflimmern zurück Gerinnsel im Vorhof Vorhofflimmern bringt die Gefahr eines Schlaganfalls mit sich – gleich, ob es anfallsweise (paroxysmal) oder ständig (chronisch) auftritt ► Beseitigung bzw. Linderung der Beschwerden Atemnot, Schwindelgefühl, Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit) Vorhofflimmern: Medikamente ► Rhythmuskontrolle: Herstellung und Erhalt des normalen Herzrhythmus (Sinusrhythmus) Wenn das nicht möglich ist: ► Frequenzkontrolle: Um Herzrasen zu verhindern (Ziel: Herzfrequenz in Ruhe 60-90 Schläge/Min., unter Alltagsbelastung 90-120 Schläge/Min.). Das Vorhofflimmern bleibt bestehen. Daran gewöhnen sich die meisten Patienten, wenn die Herzfrequenz normal ist. Vorhofflimmern: Rhythmusmedikamente Alle Rhythmusmedikamente – Ausnahme Betablocker – können Herzrhythmusstörungen hervorrufen oder verstärken Deshalb: ► Bei jedem einzelnen Patienten sorgfältige Abwägung des Nutzens der Therapie gegen die Risiken der Medikamente ► Einleitung der Therapie bei Herzkranken im Krankenhaus ► Bei Herzgesunden in der kardiologischen Praxis Vorhofflimmern: Rhythmusmedikamente Betablocker ► Oft erstes Medikament beim Auftreten von Vorhofflimmern Flecainid, Propafenon ► Für Patienten ohne bedeutsame Herzkrankheit ► Bei koronarer Herzkrankheit, Linksherzhypertrophie und Herzschwäche sollen Flecainid und Propafenon nicht eingenommen werden Amiodaron Wirksamstes Medikament gegen Vorhofflimmern, aber nicht selten schwerwiegende Nebenwirkungen: Vorhofflimmern: Pill in the pocket Rhythmuspille wird nur beim Anfall, nicht auf Dauer eingenommen Voraussetzungen: ► Nur für Patienten ohne schwerwiegende Herzerkrankung ► Anfälle von Vorhofflimmern weniger als 3-mal im Monat ► Erste Anwendung von Flecainid oder Propafenon muss in der Klinik oder in der kardiologischen Praxis überwacht werden Elektrische Kardioversion ► Bei erheblichen Beschwerden während des ersten Auftretens von anfallsweisem Vorhofflimmern ► Bei anhaltendem (persistierendem) Vorhofflimmern, um Sinusrhythmus zu erreichen Vorhofflimmern wird durch einen Elektroschock eines Defibrillators beendet Alternative, wenn Medikamente nicht mehr helfen: Katheterablation ► gezielte Verödung von Herzzellen im Bereich der Vorhöfe mit Hochfrequenzstrom Für welche Patienten? ► für Patienten, die trotz Behandlung mit Rhythmusmedikamenten unter deutlichen Beschwerden leiden. Vorhofflimmern: das Schlaganfallrisiko senken Wie hoch das Risiko für Schlaganfall beim einzelnen Patienten ist, hängt von den Risikofaktoren ab: Vorhofflimmern: das Schlaganfallrisiko senken Zur Gerinnungshemmung stehen verschiedene Medikamente zur Verfügung: Marcumar/Falithrom (Wirkstoff: Phenprocoumon): • • Dosierung nach INR-Wert (International Normalized Ratio) 60 Jahre Erfahrung Neue Gerinnungshemmer: • • • • Pradaxa (Wirkstoff: Dabigatran), Einnahme 2-mal täglich Xarelto (Wirkstoff: Rivaroxaban), Einnahme 1-mal täglich während einer Mahlzeit Eliquis (Wirkstoff: Apixaban), Einnahme 2-mal täglich Vor der Zulassung: Edoxaban Vorhofflimmern: das Schlaganfallrisiko senken Neue Gerinnungshemmer (Pradaxa, Xarelto, Eliquis) ► Zulassung nach den Ergebnissen großer wissenschaftlicher Studien, nur bei Vorhofflimmern ohne Herzklappenerkrankung ► verhindern Schlaganfälle ebenso gut wie Marcumar ► Blutungen treten nicht häufiger auf ► bedürfen keiner ständigen Gerinnungskontrolle ► einfachere Handhabung bei Operationen und Eingriffen ► vor allem: Risiko für die gefürchteten Hirnblutungen ist im Vergleich zu Marcumar deutlich niedriger Vorhofflimmern: das Schlaganfallrisiko senken Neue Gerinnungshemmer für welche Patienten? ► Patienten, die mit Marcumar/Falithrom problemlos und sicher auf einen INR-Wert 2-3 eingestellt sind, sollten bei Marcumar bleiben. ► Bei stark schwankenden INR-Werten ist die Umstellung auf einen neuen Gerinnungshemmer sinnvoll. ► Wenn ein Patient neu auf Gerinnungshemmer eingestellt werden soll, spricht viel für die neuen Medikamente. Lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen ► Wenn sehr schnelle elektrische Impulse den Herzmuskel zwingen, sich genauso schnell zusammenzuziehen, fängt das Herz an zu rasen. Dann entsteht: • Kammertachykardie (Herzrasen) • Kammerflimmern Kammerflimmern Lebensbedrohliche Rhythmusstörungen - Plötzlicher Herztod Häufigkeit ► In Deutschland 65.000-200.000 / Jahr Was tun im Notfall? Bei Herzstillstand: Schnelles Handeln ist lebensrettend ► Sofort 112 alarmieren ► Sofortige Herz-Lungen-Wiederbelebung (HLW) Lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen - Plötzlicher Herztod Ursachen ► ► ► in 75% der Fälle: koronare Herzkrankheit in 15%: Erkrankung des Herzmuskels seltener: Herzklappenerkrankungen, angeborene Herzfehler selten: (erbliche) primäre Rhythmuserkrankungen Typische Verengung bei koronarer Herzkrankheit Wie kann man dem plötzlichen Herztod vorbeugen? Wichtig: Regelmäßig auf Beschwerden achten, die auf eine Herzkrankheit hindeuten: ► Engegefühl oder Schmerzen in der Brust, die bei Belastung wie z.B. Treppensteigen auftreten ► Atemnot bei Belastung ► allgemeines Schwächegefühl Warnzeichen – besonders nach Herzinfarkt oder bei Herzschwäche ► Schwindel, Ohnmachtsanfälle, abrupt auftretendes Herzrasen ► Dann ist dringend eine konsequente kardiologische Abklärung notwendig Schutz vor dem plötzlichen Herztod:der Defibrillator Was kann ein Defibrillator? Der Defibrillator ► überwacht den Herzrhythmus kontinuierlich, wie ein Langzeit-EKG ► gibt – wenn er eine gefährliche Herzrhythmusstörung erkennt – einen Elektroschock von 8-12 Millisekunden ab, der den normalen Herzrhythmus wiederherstellt Kammerflimmern wird durch einen Schock beendet. Aktuell, umfassend und verständlich informiert Sie die Broschüre Aus dem Takt – Herzrhythmusstörungen heute Expertenratgeber mit Beiträgen von Kardiologen, Herzchirurgen und einem Psychokardiologen herausgegeben von: Deutsche Herzstiftung Vogtstraße 50 60322 Frankfurt am Main Telefon 069 955128-0 Die Broschüre ist gegen Einsendung von 3 Euro in Briefmarken (für Mitglieder kostenlos) erhältlich.