Vernehmlassung VSG

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Vernehmlassung VSG
Verband der Schweizerischen Gasindustrie
Association Suisse de l’Industrie Gazière
Energiestrategie 2050
Stellungnahme des VSG zur Vernehmlassungsvorlage
Vorbemerkung
Die Energiestrategie 2050 stellt ein extrem anspruchsvolles Projekt dar, das sich in zwei
Massnahmenpaketen niederschlägt. Das zweite Paket soll erst später konkretisiert
werden, was angesichts der Weichenstellungen, die jetzt vorgenommen werden,
grundsätzlich problematisch und abzulehnen ist. Die Erdgaswirtschaft hat zudem einige
elementare Mängel bei der Konstruktion des ersten Massnahmenpakets identifiziert, die
sie in einführenden Überlegungen darlegen wird. In den nächsten Jahren sind intensive
Energie-Diskussionen angezeigt, in denen auch die Positionen der Erdgasbranche stärker
Beachtung verlangen als bisher. Sie sollten sachlich, differenziert und ohne dogmatischideologische Scheuklappen geführt werden. Das vermissen wir derzeit, etwa wenn es um
die Anerkennung der Bedeutung der Gasinfrastruktur, deren Stärken und deren Potenzial,
gerade auch im Hinblick auf das Erreichen der Ziele der Energiewende, geht. Hier besteht
Nachholbedarf. Der VSG hat deshalb seine Stellungnahme in vier Teile gegliedert:
Seite
1. Allgemeine Bemerkungen
2-8
2. Stellungnahme zu den einzelnen Massnahmengruppen
2.1. Verschärfung und Ausbau der Mustervorschriften
der Kantone im Energiebereich (MuKen)
9-11
2.2. Verstärkung des Gebäudeprogramms
11
2.3. Anpassung des Steuerrechts
11
2.4. Verbindliche Effizienzziele für Grossverbraucher
11
2.5. Verstärkung und Ausbau der Wettbewerblichen
Ausschreibungen
12
2.6. Verschärfung der Vorschriften und Verstärkung
der Anreize zur Erhöhung der Energieeffizienz
von Strassenfahrzeugen
12-13
2.7. Verstärkung und Optimierung
der Einspeisevergütung
13-14
2.8. Gebietsausscheidung für Anlagen zur Produktion
von Strom aus erneuerbaren Energien
14
2.9. WKK-Anlagen
14-15
2.10. Gaskombikraftwerke
15
3. Artikelweise Beratung
4. Fragebogen des Bundesamts für Energie
1. Allgemeine Bemerkungen
Die verschiedenen Gespräche im Rahmen der Erarbeitung der Energiestrategie
2050 mit Verwaltung, Verbänden und Politik haben gezeigt, dass noch einiger
Nachholbedarf besteht, wenn es um die Anerkennung des Potenzials der
Erdgasbranche zur Bewältigung des Ausstiegs aus der Kernenergie geht. Die
Erdgas-Versorger sind nicht nur bereit, sich für die Energiewende zu engagieren,
sie sind auch in der Lage, vielfältige, zukunftsträchtige Lösungen einzubringen.
Unsere grundsätzlichen Kommentare sowie zu den einzelnen Massnahmen haben
zum Ziel aufzuzeigen, wie die Erdgasbranche zur Erreichung dieser Ziele beitragen
kann – und damit zu einer sicheren, klimaschonenden und wirtschaftlichen
Energieversorgung, die das Rückgrat der wirtschaftlichen Stärke der Schweiz ist.
Die Politik muss dafür auf allen Ebenen für die entsprechenden
Rahmenbedingungen sorgen und insbesondere der Versorgungsinfrastruktur mehr
Sorge tragen, als sie dies heute tut. Sie vergibt sich ansonsten gewichtige Optionen
und verfehlt die angestrebten Ziele.
Unrealistischer Doppelausstieg
Der so genannte Doppelausstieg (Ausstieg aus der Kernenergie und Verzicht auf
fossile Energieträger) mag für gewisse Kreise erstrebenswert erscheinen,
realisierbar ist er auf Jahre hinaus nicht. Es ist unrealistisch zu glauben, dass der
gesamte Strom aus erneuerbaren Energien produziert werden kann, wenn in 20
Jahren das letzte Kernkraftwerk abgeschaltet werden soll. Der Restbedarf muss
durch
andere
Stromquellen
gedeckt
werden,
wobei
Fragen
der
Versorgungssicherheit, der Wirtschaftlichkeit und der Klimafreundlichkeit zu
berücksichtigen sind.
Interessant sind in diesem Zusammenhang vor allem auch die Wärme-KraftKoppelungsanlagen, die sehr energieeffizient kombiniert Strom und Wärme für
Quartiere, Industrie oder auch Privathäuser liefern. Das hat das Bundesamt für
Energie richtig erkannt, nicht nachzuvollziehen sind aber Begründungen, weshalb
Anlagen mit einer Leistung von unter 350 kW nicht gefördert werden sollen. Deren
Förderung steht gerade in Komplementarität zur Förderung der neuen
erneuerbaren Energien, nämlich der saisonal richtigen Energielieferung dann, wenn
die Sonne zu wenig scheint, also im Winter. Die Erdgasbranche hat konkrete
Vorstellungen davon, wie eine solche Förderung unbürokratisch und einfach zu
bewerkstelligen wäre. Zudem ist sie überzeugt, dass diese nur in einer
Übergangsphase nötig sein wird, bis ein Massenmarkt entsteht und die Kosten für
WKK-Anlagen sinken werden.
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Fehlende Verknüpfung mit der Klimapolitik
In diesem Zusammenhang zeigt sich eine grundsätzliche Problematik der
Energiestrategie 2050 - ihre fehlende Verknüpfung mit der Klimapolitik - , was ein
elementarer Konstruktionsfehler ist. Dem entstehenden Spannungsfeld, das sich
zwingend durch die verschiedenen, zum Teil in unterschiedliche Richtungen
laufenden Zielsetzungen ergibt, wird man durch die getrennte Verfolgung von
Klimapolitik und Energiestrategie in keinerlei Hinsicht gerecht. Hinzu kommt, dass
mit der allfälligen Forcierung von zusätzlichen Stromimporten, die zu einem guten
Teil aus Kohlekraftwerken im Ausland stammen, eine unehrliche Klimapolitik
betrieben wird.
Ungenügende Differenzierung zwischen den fossilen Energieträgern
Die nationale und teilweise kantonale Energiepolitik verkennt zudem, dass
zwischen den fossilen Energieträgern zu differenzieren ist. Erdgas ist verglichen mit
Heizöl, das im Wärmemarkt nach wie vor einen Marktanteil von mehr als 50
Prozent hat, die deutlich klimaschonendere und zudem auch noch wirtschaftlichere
Variante. Allein der Umstieg von einer Öl- auf eine Gasheizung ist in absehbarer
Zeit die wirksamte Massnahme um CO2-Emissionen zu reduzieren, da Erdgas
einen Viertel weniger CO2-Emissionen verursacht als Erdöl.
Erdgas muss im Wärmemarkt deshalb weiterhin und in der Stromproduktion neu
eine wichtige Rolle spielen. Sein Einsatz ist gerade auch in Kombination mit Biogas
eine Lösung, die den Zielen der Energiestrategie 2050 entspricht. Deshalb ist es
nicht nachzuvollziehen, weshalb etwa der ganze Wärmebereich stark mit der CO2Abgabe belastet wird, während Stromimporte nicht belastet werden. Weil diese zu
einem Grossteil aus Kohlekraftwerken stammen, sollten sie nicht als CO2-frei
behandelt werden. Ganz zu schweigen von der ungleichen, deutlich tieferen
Belastung von Benzin und Diesel als Treibstoff.
Ungleiche Behandlung von Biogas mit anderen erneuerbaren Energien
Der Umgang der eidgenössischen und kantonalen Behörden mit dem Thema
Biogas steht im Widerspruch zu den grundsätzlichen Zielen der Energiestrategie
2050, in Zukunft vermehrt auf erneuerbare Energien zu setzen. Heute ist Biogas im
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Gebäudebereich nicht als erneuerbare Energie anerkannt, und zudem wird
importiertes Biogas genauso wie Erdgas mit einer CO2-Abgabe belastet.
In jüngster Zeit lebt in der Politik das Missverständnis auf, dass Biogas aus
Rohstoffen – die sogenannte „Teller gegen Tank“-Thematik – hergestellt sein
könnte. Die Schweizer Gaswirtschaft hat sich als einer der Biogas-Pioniere stets
zur Gewinnung von Biogas ausschliesslich aus Reststoffen und Abfällen sowie aus
Kläranlagen bekannt und die Nutzung durch die Etablierung eines Biogasfonds,
der aus eigenen Mittel gespeist wird, gefördert.
Massgebender Beitrag zum Transformationsprozess im Energiebereich
und dem Verkehr
In der Energiestrategie 2050 wird der Zeitachse, die dem komplexen Umbau des
Energiesystems zugrundeliegt, zu wenig Beachtung geschenkt. Nur so ist es zu
erklären, dass die Stärken der Gasmobilität ungenügend berücksichtigt werden.
Dabei existiert damit schon heute eine klimaschonende und zudem noch günstigere
Alternative zu Benzin und Diesel als Treibstoff. Damit könnte auch die Ressource
Erdöl, die als Basisstoff in der Industrie nach wie vor eine wichtige Bedeutung hat
und haben wird, geschont werden.
Im Hinblick auf die Energiewende kann die Erdgasversorgung massgeblich zum
Transformationsprozess beitragen, unter der Voraussetzung, dass die
Rahmenbedingungen auf allen staatlichen Ebenen entsprechend festgelegt
werden. Im Rahmen weiterer Heizölsubstitution kann Erdgas weiterhin rasch,
signifikant und wirtschaftsverträglich zur allmählichen Dekarbonisierung der
Energieversorgung mit entsprechenden Reduktionen der CO2-Emissionen
beitragen.
Die von der zunehmenden Förderung unkonventioneller Gasreserven ausgelösten
Veränderungen im globalen Gasmarkt erleichtern den Transformationsprozess
speziell in wirtschaftlicher Hinsicht. Das ist besonders deshalb wichtig, weil
bezüglich der CO2-Emissionen ein Frachtproblem besteht: Die Konzentration des
Treibhausgases CO2 im Jahr 2050 hängt nicht von der Emissionsrate im Jahr 2050
ab, sondern von der Fracht der von heute bis ins Jahr 2050 integral
ausgestossenen CO2-Mengen. Falls wir die Konzentration im Jahr 2050
beeinflussen wollen, sollten wir heute die Massnahmen umsetzen, die rasch
realisierbar sind, denn diese wirken die nächsten 30 Jahre. Der Ersatz alter
Ölheizungen in den nächsten 5 bis 10 Jahren in den erdgasversorgten Gebieten
würde bis 2050 mehrere Millionen Tonnen CO2 einsparen Nach 20 Jahren sind
Heizungen abgeschrieben und können dann allenfalls durch neue, erprobte
Technologien ersetzt werden. Weitere Beiträge wird der allmähliche Übergang auf
erneuerbares Methan leisten.
Wandlungsfähige, innovative Branche mit bedeutender Infrastruktur
Die Energiestrategie 2050 verkennt, dass sich die Gaswirtschaft bereits in einem
Wandel befindet. Sie hat die Fähigkeit dazu, bereits in der Vergangenheit – beim
Übergang vom Stadt- zum Erdgas – und jetzt auch wieder mit der
Verbändevereinbarung zum Netzzugang hinlänglich unter Beweis gestellt. Die
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Gasversorgung der Zukunft wird zunehmend auf erneuerbaren Energieträgern
basieren. Da ist zum einen an Biogas zu denken, bei dem die Branche mit einem
eigenen Fördermodell die Verbreitung unterstützt. Zum anderen auch an
synthetisches Methan, etwa aus Holz oder durch Verbindung von Wasserstoff und
Kohlendioxyd hergestellt. Untersucht werden auch andere Möglichkeiten, von der
CO2-Sequestration bis zur Wasserstoffeinspeisung ins Gasnetz. Die Branche
fördert in diesen Bereichen Forschungsarbeiten zusammen mit den Technischen
Hochschulen, der Empa und dem PSI.
Die Schweizer Erdgasbranche betrachtet Power to Gas und damit die Erdgas-Netze
als ein zentrales strategisches Thema der Zukunft. Der Umbau des Energiesystems
in Richtung mehr erneuerbare Energie aus Sonne und Wind bedingt die Lösung
von Speicherthemen. Die Fähigkeiten des Gasnetzes, Energie nicht nur zu
transportieren, sondern auch zu speichern, könnten dazu einen zentralen Beitrag
leisten.
Der Fächer reicht von Beteiligungen an ausländischen Pilotprojekten (z.B. Swissgas
an E.On, Falkenhagen) bis zu einem Pilotprojekt in St. Gallen, wo künftig Ortsbusse
mit Gas aus Sonnenenergie im Umfeld des Stadions betrieben werden sollen. Die
Branche bündelt ihre Kräfte, um Effizienz- und Wirtschaftlichkeitsstudien
durchzuführen und das Thema weiter zu fördern, etwa durch die Erstellung einer
Anlage mit Pilot- und Demonstrationscharakter in der Schweiz.
Die gaswirtschaftlichen Zentralorganisationen sind auch federführend bei der
Entwicklung und Markteinführung von neuen Technologien wie etwa der
stromproduzierenden Heizung, der Gaswärmepumpe oder der Brennstoffzellen.
Im Dienste der Versorgungssicherheit: Gasnetze als Speicher- und
Transportmedium
Das Bewusstsein dafür und für den damit verbundenen Wert der
Erdgasinfrastruktur scheint im Rahmen der Energiestrategie 2050 kaum vorhanden
zu sein. Auf den 2000 Seiten Analysen und Ausführungen kommt dem Stromnetz
ein entscheidender Stellenwert im Umbau des Energiesystems zu mehr
Dezentralität zu. Das ist richtig, nicht nachvollziehbar ist aber, weshalb die ErdgasNetze dabei angesichts der immer wichtiger werdenden Konvergenz der Netze
praktisch vergessen wurden. Im Unterschied zu Stromnetzen sind Gasnetze und
die dazugehörigen Speicher (in allen umliegenden Ländern hat es bereits grosse
Speicherkapazität) in der Lage, Energie in grossen Mengen zu speichern und
damit zum Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage beim Strom beizutragen.
Zudem erfolgt der Erdgastransport effizienter.
Zur Illustration: Die Transitgas-Leitung (1.2 m Durchmesser) transportiert
umweltschonend das Energieäquivalent der Stromproduktion von über 20
Kernkraftwerken. Zudem bestehen im Unterschied zu den Stromnetzen erhebliche
Leistungsreserven. Dies ist deshalb als Beitrag zur Energiewende so entscheidend,
weil Strom aus Sonne und Wind unregelmässig anfällt und Stromüberschüsse
genauso wie Unterdeckungen programmiert sind. Die Gaswirtschaft im In- und
Ausland unternimmt bedeutende Anstrengungen, um die Forschung zu diesem
Thema voranzutreiben. Diese Defizite bei der Wahrnehmung der Leistungen der
Erdgasinfrastruktur und deren Potenzial schlagen sich bereits heute in der
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Entwicklung in verschiedenen Städten und Gemeinden nieder. Die Schweiz
verspielt damit eine zentrale Option, den Umbau des Energiesystems zu mehr
Dezentralität auch wirklich sicher zu bewältigen.
Das Energienetz der Zukunft
Volkswirtschaftlich fragwürdiger Aufbau von teuren Fernwärmenetzen
Angesichts der oft erwähnten sinkenden spezifischen Wärmeenergieverbräuche ist
ein weiterer Auf- und Ausbau von Fernwärme-Netzen zu hinterfragen, die wegen
ihrer spezifischen Anforderungen fünf Mal teurer als Gasnetze sind. Problematisch
ist diese Massnahme insbesondere dann, wenn bestehende Gasnetze gar ersetzt
werden sollen.
Kompensationsvorstellungen laufen den Interessen des Bundes zu wider
Die von bundesrätlicher Seite wiederholt geäusserte Idee, zur Kompensation des
durch allfällige Gaskraftwerke verursachten Mehrverbrauchs an Gas müsste der
Verbrauch im Bereich der Wärmeenergie reduziert werden, halten wir für sehr
gefährlich.
Verschiedene Gründe sprechen dagegen:
-
-
Soweit Elektrowärmepumpen die Gasheizungen ersetzen würden (was in vielen
Fällen auch technisch oder umweltbedingt gar nicht möglich ist), hätte das eine
kaum erwünschte Zunahme des Stromverbrauchs ausgerechnet in den
Wintermonaten zur Folge.
Ausserdem ist es klimapolitisch sinnvoll, Erdgas anstatt Heizöl für
Wärmeanwendungen einzusetzen. Der Rückzug aus dem Heizgasmarkt hätte
Stilllegungen oder Rückbauten von Netzteilen zur Folge. Das würde die
unsinnige Rücksubstitution von Erdgas durch Heizöl fördern, was letztlich den
Klimazielen vollständig zuwider laufen würde. Zudem würde es Hausbesitzern
und öffentlicher Hand erhebliche ökonomische Nachteile bringen.
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Industriestandort Schweiz gefährdet
Das Zurückdrängen des Erdgases im Gebäudebereich hätte weitere erhebliche
Folgen. Städte und Gemeinden als Eigentümer des Netzes würden infolge des
Rückbaus über erhöhte Abschreibungen mit massiven finanziellen Konsequenzen
konfrontiert, insbesondere durch die verringerte Wettbewerbsfähigkeit des
Erdgases gegenüber den anderen Wärmeenergien. Negative Auswirkungen gäbe
es auch für den Wirtschaftsstandort Schweiz. Die industriellen Grossverbraucher
von Erdgas, mit denen in der Verbändevereinbarung soeben gangbare Modalitäten
zu Netzzugang und Durchleitung vereinbart worden sind, sähen sich letztlich mit
einer wirtschaftlich untragbaren Erhöhung der Netzkosten konfrontiert. Für diese
Verbraucher gibt es (von Einzelfällen abgesehen) keine erneuerbare Alternative zu
Erdgas.
Undifferenzierte Vorstellung der Importabhängigkeit von Energie
Hartnäckig halten sich gewisse Vorstellungen über die Erdgasbeschaffung und vorkommen im Ausland, obwohl sich die Märkte fundamental verändert haben. Die
Ausführungen zu Importabhängigkeit und Versorgungsrisiken im ergänzenden
Bericht tönen bei flüchtiger Lektüre interessant. Sie halten aber einer vertieften
Analyse nicht Stand.
So ist es nicht nachvollziehbar, wieso der Import wichtiger Güter in einer kleinen,
offenen, Volkswirtschaft, welche ihren Wohlstand bzw. grosse Teile ihrer
Wertschöpfung selber aus der intensiven globalen Vernetzung schöpft, a priori
negativ sein soll. Dieses merkantilistische Konzept halten wir nicht für schlüssig.
Ebenso wenig fundiert ist die Unterstellung, die Versorgungssicherheit erhöhe sich
automatisch durch den zunehmenden Einsatz einheimischer erneuerbarer
Energien. Erstens fallen die neuen erneuerbaren Energien stochastisch und somit
nicht netzstabilitätsstützend an, und zweitens können die komparativen
Kostenvorteile bewirken, dass die Anlagen zur Nutzung der erneuerbaren Energien
vorwiegend in Schwellenländern hergestellt werden, mit dem Risiko eines grossen
Einsatzes nicht erneuerbarer Energie und bedenklicher Stoffflüsse.
Die (wie beschrieben ungerechtfertigt) negative Beurteilung von Energieimporten
wird stets nur auf fossile Energien eingeschränkt. Dabei wird der Umstand
ausgeblendet, dass ein alleiniger Import von Strom mehr Risiken birgt als ein
diversifizierter Import von Strom und Erdgas.
Erhöhte Versorgungssicherheit dank sich wandelnden Märkten
Entgegen der Darstellung im erläuternden Bericht sind die geopolitischen Risiken
im Falle der Erdgasversorgung weniger kritisch zu beurteilen als beim Erdöl. Dies
insbesondere weil gerade das in (West)-Europa verbrauchte Erdgas zu grossen
Teilen aus politisch sehr stabilen Regionen stammt. Zwei Drittel der
schweizerischen Erdgas-Versorgung kommen aus der Nordsee und den
Niederlanden. Rund 20 Prozent stammen aus russischen Erdgasfeldern und der
verbleibende Rest in Form von verflüssigtem Erdgas (LNG) aus Übersee. Der Anteil
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des als LNG nach Westeuropa gelieferten Erdgases wird in den kommenden
Jahren weiter zunehmen. Das schweizerische Beschaffungsportfolio ist deswegen
bestens diversifiziert. Zusätzlich ist anzumerken, dass seit Bestehen der
schweizerischen Erdgaswirtschaft selbst in den Wirren nach dem Zusammenbruch
der Sowjetunion nie Lieferengpässe von Erdgas aus Russland zu verzeichnen
waren. Die 2011/12 erfolgte Inbetriebnahme der Nord Stream-Leitung trägt zu einer
Risikominderung betreffend transportbedingte Engpässe bei.
Wie weit eine Ergänzung des Beschaffungsportfolios beispielsweise mit
Gasherkunft
„Kaukasus/Kaspische
Region“
geopolitisch
gesehen
eine
Verbesserung der Diversifikation für die Schweiz herbeiführt, ist zu diskutieren. In
dieser Region sind nachweislich grosse Erdgasreserven vorhanden. Und der
Transport nach Westeuropa inklusive der Schweiz würde offensichtlich primär von
Süden her über Routen wie South Stream, Nabucco oder TAP erfolgen. Auf erste
Sicht würde das rein rechnerisch gesehen zu einem breiteren „Basket“ der
Gasherkunft und der Transportrouten führen. Diese theoretisch rechnerische Sicht
stimmt aber nur dann mit der realen überein, wenn die geopolitische Risikolage
sowohl der zusätzlichen Gasherkunftsländer im kaukasischen/kaspischen Raum als
auch der für die zusätzlichen Transportrouten massgebenden zahlreichen
südosteuropäischen Transitländer stabiler/vorteilhafter ist, als die Risikolage im
bestehenden Portfolio, was keineswegs gesichert erscheint.
„Golden Age of Gas“ unterstützt Erreichen der klimapolitischen Ziele
In Zukunft werden die USA dank zunehmender Erdgaseigenversorgung infolge der
Förderung von unconventional gas ein wichtiger Exporteur von verflüssigtem
Erdgas. Dasselbe gilt für Kanada, weil die USA in der Folge kaum mehr Erdgas aus
Kanada importieren. Die IEA geht sogar ferner davon aus, dass auch in Europa
noch grosse Reserven an unkonventionellem Gas vorhanden sind. Dieses kann,
unter Beachtung der notwendigen Umweltauflagen bei der Förderung, eine wichtige
strategische Reserve darstellen.
Weltweit wird das Erdgas eine zunehmend elementare Rolle beim Übergang zu
einer kohlenstoffarmen Energieversorgung spielen. Bestes Beispiel sind die USA,
die ihre CO2-Bilanz enorm verbessert haben. Die IEA prophezeit für die
kommenden Jahre gar ein „Golden Age for Natural Gas“, auch auf Grund der
klimapolitischen Ziele. Entsprechend der steigenden Nachfrage werden die
Produktionskapazitäten stark ausgebaut, und die Märkte, die heute vielfach
leitungsgebunden und regionaler Natur sind, werden dank Handel mit verflüssigtem
Erdgas zu einem globalen Markt, mit den entsprechenden positiven Wirkungen auf
die Versorgungssicherheit.
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2.Stellungnahme zu den einzelnen Massnahmengruppen
Die unter Punkt 1 aufgeführten grundsätzlichen Überlegungen spiegeln sich in der
Beurteilung der einzelnen Massnahmengruppen im Rahmen der Energiestrategie
2050.
2.1 Verschärfung und Ausbau der Mustervorschriften der Kantone
im Energiebereich (MuKen)
Bedarf an Fremdenergie bleibt hoch
Das Ziel, dass sich neue Gebäude mit Wärmeenergie selber versorgen und Anteile
an der Elektrizitätsversorgung übernehmen, ist eine idealistische, theoretische
Vision. Angesichts des bestehenden bedeutenden Gebäudeparks von 1.64 Mio.
Wohngebäuden und jährlichen Sanierungsraten von knapp einem Prozent ist die
Hoffnung auf eine „Revolution“ unrealistisch. Das zeigt eine einfache Rechnung:
Unter den Annahmen,
-
dass der Gebäudebestand weiterhin mit ca. 1 Prozent jährlich wächst und davon
70 Prozent „Wärme-Selbstversorger“ sind;
dass weitere 0.5 Prozent des bestehenden Gebäudebestandes des Jahres 2011
jährlich abgerissen und neu gebaut werden, und davon ebenfalls 70 Prozent
Wärme-Selbstversorger sind,
ergibt sich bis 2050 ein Anteil von 50 Prozent der Gebäude als WärmeSelbstversorger. Die andere Hälfte entfällt auf Gebäude, die auch im Jahr 2050
noch Fremdenergie brauchen. Diese dürften zwar bei einer Sanierungsrate von ca.
1.5 Prozent bis 2050 energieeffizienter werden, aber aus diesen Gebäuden werden
keine Wärme-Selbstversorger.
Auch technisch-ökonomische Faktoren verhindern, dass sich die Vision in der
Praxis
konsequent umsetzen lässt. Gründe dafür sind die notwendige
Überdimensionierung der Energiegewinnung und die saisonale Speicherung, die in
ökonomischer und ökologischer Hinsicht negativ zu Buche schlagen. Zu beachten
ist ferner, dass die Bevölkerung grossenteils in Städten und Agglomerationen lebt,
in denen entsprechende Gebäude nicht ohne weiteres neu konzipiert werden
können. Einfacher ist die Konstruktion entsprechender Häuser in weniger dicht
besiedelten Gebieten. Hier stellt sich hingegen die Frage, inwieweit die
energetischen und ökologischen Gewinne durch die höheren Transportbedürfnisse
ihrer Bewohner insgesamt aufgewogen oder übertroffen werden.
Versorgungssicherheit dank Wärme-Kraft-Kopplung
Die Stossrichtung, wonach die Gebäude Anteile an der Elektrizitätsversorgung
übernehmen sollen, macht damit Sinn. Diese Philosophie liegt insbesondere auch
dem Prinzip der Wärme-Kraft-Kopplung zugrunde. Der Wärmebedarf der Gebäude
bleibt angesichts der wie erwähnt geringen Sanierungsraten aber in beträchtlichem
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Masse bestehen, und in der Perspektive des Atomausstiegs ist zusätzliche
Stromproduktion gefragt.
Die gemeinsame Produktion von Strom und Wärme ist unter diesen Umständen
überall dort zweckmässig, wo nicht kostengünstig Energie zur Verfügung steht,
umso mehr, als die dafür eingesetzten WKK-Anlagen eine optimale
Energieausnützung aufweisen. Das Gesagte gilt für alle Leistungsgrössen. Auch
kleine Anlagen tragen gerade in sanierten Gebäuden mit einem geringen
Restwärmebedarf zur Deckung des Wärme- und Strombedarfs bei. Kleine WKK
brauchen kein teures Wärmenetz. Aus diesen Gründen dürfen sie von einer
Förderung nicht ausgeschlossen werden. Sie sollen im Hinblick auf den
Atomausstieg, die Diversifikation und damit Versorgungssicherheit ihren Beitrag
leisten. Auf stark einschränkende Vorschriften ist deshalb zu verzichten.
Die Gasversorgung muss ihren Platz im Wärmemarkt behalten können, denn sie
wird zukünftig vermehrt Biogas oder klimaneutrales Gas aus überschüssigem
erneuerbarem Strom verteilen. Die Branche ist diesbezüglich sehr aktiv. Die
Einspeisung von Biogas aus neuen Anlagen wird durch ein brancheneigenes
Fördermodell finanziell gefördert. Die Möglichkeiten zur Umwandlung und
Einspeisung erneuerbaren Stroms ins Gasnetz sind Gegenstand intensiver
Abklärungen. Auch die Holzmethanisierung ist eine Option, der sich die
Gaswirtschaft annimmt.
Undifferenzierte Carbophobie
Angesichts dieser Entwicklung, die von den kommunalen Versorgungsunternehmen
getragen wird, ist der Ersatz „fossiler Feuerungen“ weder sinnvoll noch wünschbar.
Der Begriff „fossile Feuerungen“ ist nur ein politisches Schlagwort, um die Betreiber
konventioneller Anlagen als rückständig zu brandmarken und sie unter Zugzwang
zu setzen. Feuerungen sind aber nicht fossil („ausgegraben“ oder „versteinert“). Im
Falle der Gasfeuerungen wird die beschriebene Entwicklung dazu führen, dass die
Anlagen allmählich zur vermehrten Nutzung erneuerbarer Energie umfunktioniert
werden. Anreize für den Ersatz von Gasheizungen oder gar deren Verbot machen
keinen Sinn, weil sie die Option Biogas von vornherein ausschliessen und den
Backup für die Kompensation von erneuerbarem Strom erschwert, wenn dieser
infolge geringer Sonneneinstrahlung ausfällt.
Übergeordnetes Ziel muss es sein, eine Gesamt-Optimierung der Emissionen zu
erreichen. Dabei kann eine Gasfeuerung sehr wohl Sinn machen und durch die
Substitution anderer fossiler Brennstoffe zu einer Reduktion von NOx, Feinstaub
und auch CO2 beitragen.
Wird in den MuKEn der Anteil der Heizwärme aus erneuerbaren Energien erhöht,
müssen zwingend alle Optionen zur Umsetzung dieser Vorschrift akzeptiert werden.
Insbesondere ist die Nutzung von Biogas als erneuerbare Energie im Sinne
entsprechender Vorschriften zu akzeptieren. Der Einsatz von Biogas als
erneuerbarer Anteil im Rahmen der 80/20-Regel muss von den Kantonen entgegen
ihrer bisherigen Doktrin inskünftig anerkannt werden. Der Bund soll im EnG eine
bindende Norm für die Kantone schaffen. Erstens sind im kantonalen Bau- und
Planungsrecht Sanktionsmöglichkeiten für den Widerhandlungsfall vorhanden, und
zweitens lässt sich ein Kontrollsystem ohne erheblichen Mehraufwand seitens der
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Behörden problemlos aufbauen. Möglich wäre eine Selbstdeklaration analog zur
Steuererklärung oder die Schaffung eines Biogas-Registers analog zur
Clearingstelle (Biogas als Treibstoff), mit der die Schweizerische Gasindustrie
bereits viel Erfahrung gesammelt hat und die auch behördlich anerkannt ist.
Bei der Überarbeitung der MuKEn muss dem Beitrag des Erdgases Rechnung
getragen werden, ohne den die Ziele nicht erreicht werden können.
Dementsprechend müssen die Standardlösungen, die von zentraler Bedeutung
sind, die neuen zukunftsträchtigen Gasanwendungen einschliessen. Die
Gasbranche lässt gegenwärtig die für die Ermittlung der Kennzahlen notwendigen
Datengrundlagen ermitteln und zusammenstellen.
2.2 Verstärkung des Gebäudeprogramms
Grundsätzlich befürworten wir Energiesparmassnahmen. Die Aufstockung des
Gebäudeprogramms auf 600 Mio. Franken ist jedoch kritisch zu hinterfragen, und
zwar in mehrfacher Hinsicht. Die Frage ist offen, inwieweit Massnahmen
subventioniert würden, die ohnehin durchgeführt würden (fehlende Additionalität).
Es ist aber auch zu beachten, dass damit ein Gewerbe unterstützt würde, das heute
und in naher Zukunft sehr gut ausgelastet ist. Das oft gehörte Argument, mit
Erneuerungsinvestitionen einen positiven inländischen Beschäftigungseffekt zu
bewirken, sticht deshalb nicht. Die zusätzlichen Arbeitskräfte müssten wohl im
Ausland angeworben werden.
Besonderes Gewicht ist aber der Grundsatzfrage zu schenken, ob die Abzweigung
zusätzlicher Mittel aus der ursprünglich als Lenkungsabgabe konzipierten CO2Abgabe überhaupt verfassungsmässig wäre.
2.3 Anpassung des Steuerrechts
Wie beim Gebäudeprogramm sollen durch die allfälligen Änderungen des
Steuerrechts nicht nur Elektrowärmepumpen, Sonnen- und Holzenergieanlagen
unterstützt werden. Fördermassnahmen müssen technologieneutral sein.
Fiskaltechnisch sind die vorgeschlagenen Massnahmen kaum umstritten.
2.4 Verbindliche Effizienzziele für Grossverbraucher
Aus unserer Sicht macht die Ausweitung dieses im Brennstoffbereich bewährten
Ansatzes auf den Strombereich Sinn, weil damit das wirtschaftliche
Stromeffizienzpotenzial
auf
verhältnismässig
unbürokratische
und
wirtschaftsfreundliche Weise realisiert werden kann. Die vorgesehene Schwelle bei
einem Elektrizitätsverbrauch von 500 MWh pro Jahr erscheint zwar zweckmässig.
Allerdings ist die Festlegung von Schwellenwerten immer problematisch.
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2.5 Verstärkung und Ausbau der Wettbewerblichen Ausschreibungen
Beim Ausbau dieses Instruments ist Vorsicht angebracht, weil entweder eine
Förderung von unwirtschaftlichen Massnahmen damit verbunden ist oder – was
sich bei den bisherigen Erfahrungen zeigte – Mitnahmeeffekte zu verzeichnen sind.
Mit den Ausschreibungen wird aber ein Anreiz geschaffen, gezielt neue Projekte zu
suchen und zu finden, was positiv ist. Sie sollten daher auf dem bisherigen Niveau
beibehalten werden, einer Erweiterung der Förderbereiche kann jedoch zugestimmt
werden.
2.6 Verschärfung der Vorschriften und Verstärkung der Anreize
zur Erhöhung der Energieeffizienz von Strassenfahrzeugen
Vorteile der Elektrofahrzeuge sind zu relativieren
Grundsätzlich sind die Bestrebungen zur weiteren Reduktion der CO2-Zielwerte zu
begrüssen. Die theoretischen Vorteile der Elektrofahrzeuge, wie sie im Anhang II.42 beschrieben werden, sind längstens bekannt. Sie sind aber aus drei Gründen zu
relativieren:
-
Für die Gesamtbilanz ist die Art der Elektrizitätserzeugung in die Betrachtung
einzubeziehen.
-
In der Perspektive eines Wegfalls grosser Mengen bisheriger (Atom-)
Stromproduktion kann die Umrüstung zusätzlicher Verbrauchsbereiche auf
Strom kein prioritäres Ziel sein. Im Winterhalbjahr würde dies nur zum Konsum
von zusätzlichem Importstrom führen, der gerade dann meist fossilen Ursprungs
ist und aus Kraftwerken älterer Generation stammt (Merit Order). Das bedeutet,
dass diese Verbraucher erhöhte Emissionen (nicht nur von CO2) verursachen.
-
Die Batterien weisen ein hohes Gewicht und trotzdem bloss eine geringe
Energiedichte auf. Ausserdem sind Herstellung und Entsorgung aufwendig und
ökologisch nicht unproblematisch. Eine Lösung dieser Probleme ist nicht in
Sicht.
Potenzial von Gasmobilität wird verkannt
Vergessen geht dabei häufig, dass bei klassischen Verbrennungsmotoren noch
grosse Potenziale vorhanden sind. Sie ergeben sich erstens aus
Wirkungsgradverbesserungen resultierend aus Reduktion der innermotorischen
Reibung, was insbesondere durch die Reduktion der Zylinderzahl sowie der
Gaswechselarbeit erreicht werden kann. Zweitens bringt die Hybridisierung der
Antriebe weitere Effizienzgewinne im Kurzstreckenbereich, und drittens werden die
CO2-Emissionen zusätzlich markant gesenkt durch den Wechsel auf
kohlenstoffarme Treibstoffe.
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Es ist kein Geheimnis, dass hierbei vor allem Erdgas und Biogas (aus Abfällen, auf
Kläranlagen oder durch Umwandlung von überschüssigem Windstrom generiert)
eine wichtige Rolle spielen werden. Auch darum lohnt es sich, den Erdgas-Netzen
Sorge zu tragen. Im Gegensatz dazu sprechen die schlechtere Ökobilanz und die
Konkurrenzierung der Nahrungsmittelproduktion (Tank-Teller-Problematik) gegen
einen wesentlichen Beitrag flüssiger Biotreibstoffe wie Ethanol.
2.7. Verstärkung und Optimierung der Einspeisevergütung
Systembedingte Schwächen des KEV-Systems
Im Bericht werden verschiedene Vorschläge zur Verbesserung der KEV dargelegt.
Der Verbesserungsbedarf zeigt, dass das KEV-Modell mit vielen Problemen
behaftet ist. Erstaunlich ist dies nicht, handelt es sich doch um eine extrem
bürokratische und hoch-regulierte Übungsanlage. Das macht das System
schwerfällig.
Mit dem Vorschlag, die Fördermittel zu erhöhen, werden grundsätzliche Schwächen
wie die starke Fokussierung auf kleine, wirtschaftlich ineffiziente Anlagen
tendenziell zementiert. Andere Probleme sollen zu Recht ausgemerzt werden. Zu
erwähnen ist in diesem Zusammenhang der vorgeschlagene Verzicht auf die
Unterstützung von Infrastrukturanlagen wie ARAs usw. Dort gibt es
Entsorgungsgebühren, welche verursachergerecht sein sollen.
Folgende fundamentale Schwächen des KEV-Modells sind systembedingt und
lassen sich durch Veränderung einzelner Parameter nicht oder nur teilweise
wegbedingen:
-
Die Abtretung des ökologischen Mehrwerts durch die Produzenten ist Teil des
KEV-Systems. Sie ist in marktwirtschaftlicher Hinsicht fragwürdig und sollte nicht
tragender Teil einer langfristigen Strategie sein.
-
Die kostenbasierte Einspeisevergütung für Strom führt zu einer erhöhten
Nachfrage auf dem Biomassemarkt
und einer Verlagerung der
Ertragspositionen hin zur Energiegewinnung. Der Aspekt der Vermarktung wird
zweitrangig.
-
Wegen der kostenbasierten Einspeisevergütung wird Biomasse hauptsächlich
der Verstromung zugeführt und steht für andere energetische Anwendungen wie
die Einspeisung ins Erdgas-Netz nur noch in beschränktem Ausmass zur
Verfügung, was energiewirtschaftlich wie klimatechnisch suboptimal ist.
Erfolgreiches, alternatives Fördermodell
Um dem letztgenannten Problem entgegenzuwirken, hat der VSG ein eignes
Biogas-Fördermodell eingerichtet. Aus einem Fonds, in den die Verbandsmitglieder,
also die lokalen Gasversorgungsunternehmen jährlich gegen rund drei Millionen
Franken einzahlen, werden Investitionsbeiträge an neue Biogasanlagen mit
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Einspeisung ins Erdgas-Netz entrichtet. Beiträge gibt es auch für die eingespeisten
Biogasmengen während drei Jahren.
Das entsprechende Fördermodell ist weit weniger schwerfällig als die extrem
regulierte KEV (32 Seiten Anhänge zur EnV) und überlässt die Vermarktung des
ökologischen Mehrwerts den Produzenten und Verkäufern.
2.8 Gebietsausscheidung für Anlagen zur Produktion von Strom
aus erneuerbaren Energien
Das Gasnetz wird im Gesamtsystem ein zunehmendes Gewicht erhalten: Es ist
nicht nur für Einspeisung, Transport und Speicherung von erneuerbaren Energien
geeignet, es ergänzt auf Grund seiner Pufferfähigkeit auch ideal die stochastisch
anfallenden neuen erneuerbaren Energien aus Wind und Sonne. Weil die
Gasinfrastruktur für die erneuerbaren Energien einen unverzichtbaren Back-up
darstellt, ist sie bei den entsprechenden Planungsmassnahmen ebenfalls zu
berücksichtigen.
Uns vorliegende Untersuchungen für eine grössere Schweizer Stadt im
Zusammenhang mit den Energieszenarien 2035 zeigen, dass unter den zu
erwartenden Rahmenbedingungen in der Schweiz die Fokussierung/Konzentration
auf eine Technologie oder Energieart zu hohen Risiken in der
Versorgungssicherheit, zu unangemessenen Kosten beim Kunden, in den
Verteilnetzen und in der Erzeugung und damit zu wirtschaftlichen Risiken für die
Unternehmen und Kommunen führen wird.
Dagegen ist ein Migrationspfad, bestehend aus der Nutzung verstärkt dezentraler
Technologien und Energien unter Berücksichtigung der lokalen Infrastruktur,
praxisnäher, bezahlbar und anstrebbar. Der Verband der Schweizerischen
Gasindustrie plant, zusammen mit unabhängigen Partnern, eine realistische
Untersuchung exemplarisch für einige Versorgungsunternehmen durchzuführen,
um daraus eine belastbare Hochrechnung für die gesamte Schweiz abzuleiten. Die
Resultate werden im Laufe des Jahres 2013 vorliegen.
2.9 WKK-Anlagen
Alternative zu zusätzlichen Stromimporten und einer unehrlichen Klimapolitik
Das regulatorische Umfeld, insbesondere die steigende CO2-Abgabe, steht einer
Förderung von WKK-Anlagen entgegen. Es müssen Möglichkeiten gefunden
werden, um die Fehlanreize zu korrigieren.
Wir stimmen darin überein, dass WKK-Anlagen in Ergänzung zu den erneuerbaren
Energien gefördert werden müssen, weil sie ein notwendiges Komplementär zur
Photovoltaik und zu Wind-Strom darstellen und an Stelle von zusätzlichem StromImport insbesondere im Winterhalbjahr treten können. Das trägt zur
Versorgungssicherheit bei
Unter Effizienz- und Versorgungsgesichtspunkten ist die gemeinsame Produktion
und Nutzung von Strom und Wärme generell wünschenswert, ohne untere
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Begrenzung der Leistungsgrösse einer Anlage. Wir lehnen daher die
ausschliessliche Fokussierung auf Anlagen mit einer Feuerungswärmeleistung
zwischen 350 kW und 20 MW ab. Auch kleinere Anlagen können in Zukunft dank
fortschrittlicher Steuerung mit einem Planungshorizont gefahren werden, der es
erlaubt einen Beitrag zur sicheren Stromversorgung zu leisten (mit Fahrplan- oder
Regelenergie).
Unbürokratisches, einfaches Fördermodell
Die Wirksamkeit des vorgesehenen Vergütungsmodells wird letztlich von der
konkreten Festlegung der energetischen, ökologischen und anderen
Mindestanforderungen einerseits und des Vergütungsmodells andererseits
abhängen. In Bezug auf die CO2-Kompensation wird richtigerweise davon
ausgegangen, dass der Ersatz von fossilen Heizkesseln durch WKK-Anlagen als
Kompensationsleistung anzurechnen ist.
Diesbezüglich muss im Weiteren berücksichtigt werden, dass der mittels WKK
produzierte Strom auf Grund der zeitlichen Gleichzeitigkeit von Wärmebedarf und
Stromproduktion in einer Gesamtbetrachtung stets fossile Brennstoffe substituieren
wird - allenfalls in der Form von vermiedenen Stromimporten aus fossiler Produktion
(so wiesen Braun- und Steinkohle im Jahr 2011 im deutschen StromProduktionsmix trotz oder wegen des markanten Anteils an Wind- und
Photovoltaikstrom einen Anteil von 44 Prozent aus).
Das im Bericht skizzierte Fördermodell könnte (abgesehen von der Beschränkung
auf grosse Anlagen) im Prinzip zielführend sein. Allerdings erfordert seine
Umsetzung eine übermässig bürokratische Übungsanlage. Daran droht das Modell
zu scheitern. Wie sehen hier alternative Modelle für eine Förderung wie einmalige
Investitionsbeiträge, Unterstützung für Klein-WKK oder stromerzeugende
Heizungen aus dem Gebäudeprogramm (Mittel aus der Teilzweckbindung der CO2Abgabe) sowie das Net-Metering.
2.10 Gaskombikraftwerke
Ein Teil der durch den Ausstieg aus der Kernenergie wegfallenden Stromproduktion
wird durch fossil-thermische Kraftwerke ersetzt werden müssen. Die
Rahmenbedingungen dazu werden darüber entscheiden, ob der entsprechende
Bedarf durch Produktion im Inland oder durch zusätzliche Stromimporte gedeckt
wird. Letzteres sollte vermieden werden, weil die prekäre Situation im europäischen
Stromnetz und bei den Kraftwerkskapazitäten entsprechende Abhängigkeiten
sowohl ökonomisch, energiewirtschaftlich als auch in klimapolitischer Hinsicht nicht
verantworten lassen.
Vor diesem Hintergrund ist ein Anschluss an das EU-ETS anzustreben. Dieser
würde aber entsprechende Präzisierungen in Bezug auf das Reduktionsziel gemäss
CO2-Gesetz notwendig machen, da sich internationale Emissionsrechte für
bestimmte Emittenten nicht mit einer rein inländischen Reduktionsverpflichtung in
Übereinstimmung bringen lassen.
VSG 25. Januar 2013
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