Weniger Energie - mehr Nutzen

Transcription

Weniger Energie - mehr Nutzen
Focus Werkzeugtemperierung
Weniger Energie –
mehr Nutzen
Spritzgießer realisiert integriertes und
effizientes Heiz- und Kühlkonzept
Energie ist teuer – und sie wird
auf absehbare Zeit nicht billiger.
Schoeller Arca, Spezialist für Großund Kleinbehälter aus Kunststoff,
hat sich entschlossen, die Kühltechnik der Spritzgießmaschinen
und die Wärmeversorgung der
Gebäude im Werk Schwerin auf
eine neue – sparsamere – Basis zu
stellen.
M
an benötigt wohl keine prophetischen Gaben, um energieintensiven Betrieben auch weiterhin eine sich
zuspitzende Kostensituation zu prognostizieren. Nicht umsonst boomen
Unternehmen, die sich mit Systemen zur
Erzeugung regenerativer Energien beschäftigen. Solarenergie und Windkraft
selbst zu erzeugen, ist für industrielle
Verbraucher allerdings wohl noch eine
eher untaugliche Strategie. Zumindest
in unseren Breiten. Es scheint sinnvoller,
konventionelle Systeme effizienter zu
nutzen, um die Kosten zu drücken.
Diesen Weg verfolgt der Schoeller ARCA-Konzern in seinem Schweriner Werk:
Das schon 1960 gegründete Werk gehört seit 2004 zur Schoeller Arca Gruppe und ist seitdem umfassend modernisiert worden. Dazu gehörte auch die
grundlegende Neustrukturierung der
gesamten Medienversorgung. Kaltwasser, Wärme, elektrische Energie, Druckluft und die Abwasserentsorgung lieferten die Stadtwerke, zum Teil aus Anlagen auf dem eigenen Betriebsgelände.
Heute ist der kommunale Versorger nur
noch für Wasserver- und Abwasser­
entsorgung zuständig, der Rest wurde
in die eigene Hand genommen.
„Ein besonderes Augenmerk lag auf
der Senkung der Energiekosten, um
dauerhaft kostenmäßig wettbewerbsfähig zu bleiben“, begründet Edgar
Hercher, Leiter Technik bei Schoeller
Arca Systems das Projekt. Denn selbst
einem unbedarften Beobachter fällt
auf, dass, wie in jeder Kunststoffverarbeitung, einerseits die Spritzgießfor­
men und Hydraulikkreisläufe der Maschinen mit hohem Energieaufwand
gekühlt, andererseits die Produktionshallen und Büros mit ebenfalls hohen
Kosten geheizt werden. Das muss sich
besser meistern lassen. In einem umfassenden Konzept wurde ein unternehmensweites, integriertes Energiekonzept entwickelt und umgesetzt:
• Im ersten Schritt entstand eine moderne, hocheffiziente Rückkühlanlage
für die Maschinen- und Formkühlung,
die seit Anfang 2007 in Betrieb ist.
• Parallel dazu erfolgte die Umstellung der früheren Wärmeerzeugung
mit Heißwasser (großkessel) für die
Fertigungs- und Lagerhallen sowie
Büros und Sozialräume auf das Prinzip der Wärmerückgewinnung.
• Der nächste Schritt umfasste die
Modernisierung der Drucklufterzeugung, beispielsweise mit dem Umstieg auf drehzahlgeregelte Druckluftkompressoren.
Die nackten Daten sind beeindruckend: Für die Kühlung der Spritzgießmaschinen sind 1600 Kilowatt Leistung installiert, für die Formenkühlung
in zwei Kreisläufen mit zusammen
1460 Kilowatt. Ausreichendes Optimierungspotenzial ist also vorhanden.
Allein die Wärmerückgewinnung arbeitet mit bis zu 1000 Kilowatt.
Kühl- und Heizkomponenten
intelligent kombinieren
Hier schlägt das Herz des „Sparschweins“: Die kompakten Kälteanlagen arbeiten, auch
dank der ausgefeilten Steuerungstechnik, besonders hoch effizient.
48
KM Juni/Juli 2008
Lüftgekühlte Kältemaschinen, glykol­
freie Freikühler und Wärmerückgewin-
www.kunststoff-magazin.de
nung arbeiten sozusagen Hand in
Hand, je nach Außentemperatur. Sie
liefern für die Werkzeugkühlung Wasser mit 10 bis 14 Grad Vorlauftemperatur, für die Maschinenkühlung mit
30 bis 35 Grad Vorlauf.
Im Sommer übernehmen die großzügig dimensionierten Freikühler die
Temperierung des Maschinenkreislaufs.
In der Übergangzeit und im Winter
kühlt die Wärmerückgewinnung der
Heizungsanlage, überschüssige Wärme leiten die Freikühler ab.
Die Kühlkreisläufe der Formen werden im Sommer von energieeffiziente
Kältemaschinen auf Temperatur gehalten. Bei abnehmenden Außentemperaturen werden zusätzlich die wegen
zugeschalteter Wärmerückgewinnung
und größerer Temperaturdifferenz freien Kapazitäten der Freikühler für die
„Vorkühlung“ der Formenkreisläufe
genutzt – Oni nennt das „Winterentlastung“ der Kältemaschinen. Das
senkt den Energieverbrauch an dieser
Stelle drastisch. Die restliche Kapazität
der Freikühler ist dann für die Maschinenkühlung ausreichend.
Für die Heizung der Produktionsund Lagerhallen und die sich darin befindenden Büros, beispielsweise von
Meistern und Fertigungsplanern sowie
die Sozialräume dienen Wärmetauscher, die über sensorgesteuerte Proportionalventile aus den Rücklaufsträngen gespeist werden. Die Hallen werden über verblüffend klein bauende
Wärmetauscher mit Wand- und Deckenlüfter sehr wirksam beheizt, die
Büros über flach bauende Konvektoren. „Nur bei extremen Kälteperioden, das definieren wir als drei aufein-
Beispiel für innovative Verpackungslösungen aus dem Haus Schoeller Arca:
Höchste Hygienestandards erfüllt der
klappbare und wieder verwendbare
Kunststoff-Großbehälter mit einem
flexiblen und aseptischen Inliner aus
recyclingfähigem Material. Inliner und
Ventil sind nicht nur aseptisch, sondern
auch Gamma bestrahlt.
ander folgende Tage mit konstant weniger als -5 Grad Celsius, halten wir
eine kleinere Gas-Heizung als Reserve
vor, die die Kreis­lauftemperatur auf ein
ausreichendes Niveau bringt“, erklärt
Edgar Hercher die Sicherheit für alle
Fälle. Bisher, das heißt nach zwei Wintern Betriebserfahrung, sei das aber
erst zweimal der Fall gewesen, versichert er.
und Realisierung in einer Hand lagen.
Die (Oni, die Red.) hätten sich im Nachhinein, bei Nichterreichen der Ziele,
nicht aus der Verantwortung stehlen
können.“ Auf Nachfrage nennt Edgar
Hercher als Projektziel, die Rentabilität
der Investition (ROI) in gut zwei Jahren
zu erreichen. Da die zwei Jahre Betrieb
noch nicht erreicht sind, will er sich
nicht zu einer abschließenden Bewertung hinreißen lassen, aber immerhin
zu der Aussage „Das wird nach unseren bisherigen Erfahrungen ziemlich
gut passen.“
Er schätzt die Einsparungen auf 15
bis 17 Prozent der gesamten Ener­
giekosten. Unter den in den letzten
Monaten stark gestiegenen Ener­
giekosten, dürfte sich die Amortisationszeit der Investition damit sogar
noch schneller als angenommen erreichen lassen. Zur Kostensenkung tragen die besonders effektiven Kältemaschinen bei, die teils mit konstanter
Leistung arbeiten, teils in Abhängigkeit vom Bedarf leistungsgeregelt sind.
Ein erheblicher Teil der Einsparungen
resultiert aus der intelligenten Winterentlastung der Kältemaschinen mit
Hilfe der Freikühler in Verbindung mit
der flexiblen Steuerung der Kältema-
Installation während
des laufenden Betriebs
Aufgebaut wurde die gesamte Wärme- und Kältetechnik in nur zwei Monaten inklusive der Verrohrung – und
zwar während des laufenden Betriebs.
Zwischen Weihnachten und Neujahr
2006 lief ein kurzer Probebetrieb und
der „Umschluss“ von alt auf neu innerhalb von drei Tagen. Streckenweise
wurden vorhandene Leitungen genutzt. Außerdem mussten die Maschinen an die neuen Kreisläufe angeschlossen werden.
ROI voraussichtlich
in zwei Jahren
Freikühler werden je nach Außentemperatur und Bedarf vom Kühlkreislauf
der Spritzgießmaschinen genutzt oder
in Kombination von Maschinen- und
Formkühlung, um die Kältemaschinen zu
entlasten.
www.kunststoff-magazin.de
Ausgangspunkt der Entscheidungsfindung für die schließlich realisierte Lösung bildete der Vergleich von Energiestudien, die mehrere Unternehmen
im Vorfeld anfertigten. „Hier hat sich
Oni am überzeugendsten präsentiert.
Der entscheidende Punkt aus unserer
Sicht war“, so Edgar Hercher, „dass
hier die Planung, Renditeberechnung
Kleine aber sehr wirksame Luftheizungen
werden automatisch aus der Wärmerückgewinnungsanlage im Rücklauf des
Kühlkreislaufs gespeist.
KM Juni/Juli 2008
49
Focus Werkzeugtemperierung
schinen. Und nicht zuletzt trägt na­
türlich die nahezu komplette Beheizung der Betriebsgebäude durch Abwärme zur nachhaltigen Budgetschonung bei.
Servicekosten minimieren
Scholler Arca investiert ständig in moderne Produktionstechnik und passt
den Maschinenpark neuen Erfordernissen an. Das neue Netz vollzieht solche Änderungen ohne größere Aufwendungen mit. Zum einen enthält
das gesamte Kühlsystem rund 20 Prozent Leistungsreserve, zum anderen
wurden zahlreiche Anschlüsse an strategischen Positionen der Produktionsfläche integriert. Das Aufstellen und
Anschließen weiterer Maschinen erfordert damit üblicherweise keine zusätzlichen Installationsarbeiten für die
Kühlung. Die Leistungsreserve wirkt
sich nicht nachteilig auf dessen Struktur bzw. Leistungsgrad aus, da die entsprechende Kältemaschine nicht „leer“
mitläuft, sondern erst bei Bedarf zugeschaltet wird.
Die Wasseraufbereitung, also die
automatische Enthärtung und Chemikalienzudosierung, ist in die Nachspeisung integriert. Einmal jährlich findet
ein gründlicher Check der Gesamtanlage statt, die Kaltwassersätze werden
zwei Mal jährlich inspiziert. Die gesamte ­ Anlagenbetreuung „im Tagesgeschäft“ übernehmen Betriebstechniker von Schoeller Arca. Die OnlineAnbindung der gesamten Steuerungstechnik an die Oni-Fernwartung
dient der schnellen Fehlerlokalisation
bei eventuellen Problemen. Einen gro­
ßen Störungsfall oder gar Totalausfall
habe es aber noch nicht gegeben.
Redundante Einrichtungen geben hier
zusätzliche Sicherheiten.
„Die gesamte Anlage weist in der
Kombination ihrer Komponenten eine
überzeugende Logik auf und ist auch
steuerungstechnisch bis ins Detail
durchdacht,“ fasst Edgar Hercher seine Erfahrungen zusammen. Und die
bisherigen Betriebsergebnisse geben
ihm Recht.
Gesamtprogramm
■ Kennziffer
141
Schoeller Arca Systems, Schwerin, Tel. +49/385/6452-0,
www.schoellerarcasystems.com
Wärmerückgewinnung
■ Kennziffer
ONI, Lindlar, Tel. +49/2266/4748-0, www.oni.de
142
Das Kühlnetz bietet Leistungsreserven
und zusätzliche Anschlussmöglichkeiten
an den relevanten Punkten der Produktionsfläche.
Die Projektpartner
Edgar Hercher: „…dass hier die Planung,
Renditeberechnung und Realisierung in
einer Hand lagen.“
50
KM Juni/Juli 2008
Schoeller Arca Systems ist ein Zusammenschluss der niederländischen ­Schoeller
Wavin Systems – die wiederum aus der deutsch/schweizerischen Schoeller Plast
und der niederländischen Wavin Trepak entstand – und des schwedischen Unternehmens Arca Systems. Das Unternehmen sieht sich heute als weltweit
größten Hersteller von wiederverwendbaren Kunststoffverpackungslösungen
für das Material Handling. Wichtigste Produkte sind Flaschenkästen aller Art,
Behältersysteme für die Logistik in unterschiedlichen Branchen bis hin zu palettengroßen Kunststoffboxen in sehr unterschiedlichen Bauweisen.
Mehr als 30 Produktions- und Vertriebsstandorte, in den meisten euro­
päischen Ländern, darunter Schwerin in Mecklenburg-Vorpommern, in Amerika und Asien bilden die Basis für das internationale Geschäft. Rund 1500 Beschäftigte erwirtschafteten im Jahr 2006 etwa 500 Mio. Euro Umsatz.
Oni Wärmetrafo entwickelt und baut seit mehr als zwanzig Jahren kostensparende und umweltschonende Systemlösungen der industriellen Wärmeund Kühltechnik. Das Produkt- und Leistungsspektrum ist über die Jahre permanent erweitert worden und reicht heute von der kleinen Kältemaschine bis
zur großen Industrieanlage einschließlich der dazugehörigen Technik in den
Bereichen Maschinen-/Werkzeugkühlung, Wärmerückgewinnung, Klima- und
Reinraum, Druckluft oder Temperierung. Geschäftsführender Gesellschafter
des seit Jahren stark expandierenden Unternehmens im Bergischen Land mit
jetzt mehr als 200 Mitarbeitern ist Wolfgang Oehm. Oni ist außerdem seit
2007 Mehrheitsgesellschafter der Rhytemper GmbH in Großröhrsdorf nahe
Dresden, einem Unternehmen, dass Systeme zur Temperierung von Spritzgießwerkzeugen entwickelt und baut.
www.kunststoff-magazin.de
Den Durchfluss im Auge
Durch permanente Kontrolle des
Durchfluss bei Temperiergeräten können Verarbeitungsfehler vermieden
werden.
Es ist eine alte und weithin bekannte
Geschichte: In Verarbeitungsprozessen
unter Verwendung von Temperiergeräten können störende Durchflussveränderungen auftreten. Ursachen dafür
sind eventuell verschmutzte oder
­verkalkte Temperierkanäle, geknickte
oder eingeklemmte Schlauchleitun­
gen, falsch angebrachte Werkzeuganschlüsse oder auch verschlissene oder
defekte Pumpen. Sie alle verschlechtern die Wärmeübergänge im Werkzeug und führen dadurch zu Veränderungen in der Werkzeugtemperatur
und der Temperaturverteilung. Folge
ist eine verminderte Produktqualität.
Es können beispielsweise Spannungsrisse oder Verzugsspannungen auftreten. Es kann zur Nachschwindung
oder zu Form- und Maßabweichungen
Heißkanalpräsenz zwischen Europa und Asien
In Istanbul hat der Heißkanalanbieter Synventive ein Verbindungsbüro eingerichtet, um den dortigen Markt schneller und effizienter bedienen zu können.
Der türkische Markt wird offensichtlich für immer mehr Unternehmen der KBranche interessant. Nicht zuletzt die Zulieferer der Automobil- und Elektroindustrie folgen ihren Kunden in diese Region, zudem wächst hier eine Produktionslandschaft aus originär türkischen Unternehmen. Zur Ausdehnung der
Betreuung der OEM und Spritzgießern hat die US-amerikanische Synventive
Molding Solutions, Peabody, Massachussets, über ihre Europazentrale in Bensheim jetzt ein Verbindungsbüro in Istanbul eingerichtet. Damit will man nach
eigenen Angaben der Rolle als internationaler Anbieter von Heißkanaltechnik,
vor allem aber als internationaler Anbieter von Dienstleistungen gerecht werden und den östlichen Mittelmeerraum schnell und kompetent bedienen.
­Norbert Scheid, Synventive Präsident Europa, fügt hinzu, dass dem neuen Büro
in der Türkei eine wichtige Aufgabe zufalle. „Wir haben nun kompetente Ansprechpartner direkt vor Ort im Markt, hinter denen unser Produktionsstandort
in Europa mit über 300 Mitarbeitern steht.“
Der neue Ansprechpartner am Bosporus heißt Semih Vural Aytar. Er ist
­Diplomingenieur und kann auf mehrjährige Erfahrungen in der Spritzgießtechnik zurückgreifen. Ihn unterstützt der Synventive Mitarbeiter Yasim Ipek mit
seinem Customer Management Team aus der Bensheimer Europazentrale.
Standort in Instanbul
■ Kennziffer
143
Synventive, Bensheim, Tel. +49/6251/9332-0, www.synventive.de
kommen. Nach den Erfahrungen der
Schweizer Grossenbacher Apparatebau AG, einem renommierten Hersteller von Temperiergeräten, lassen sich
solche Ausfälle jedoch frühzeitig durch
Messen und Überwachen des Durchfluss erkennen. Die in den Temperiergeräten HB-Therm Series 4 serienmäßig eingebaute bewegungslose und
wartungsfreie Durchflussmessung arbeitet nach dem Laufzeitverfahren. Sie
sei unempfindlich gegen Schmutz und
messe die echte Durchflussmenge
auch bei niedrigen Werten und hohen
Temperaturen sehr genau. Im Verbund
mit der Grenzwertüberwachung können so Veränderungen im Durchfluss
erkannt und über die Alarmmeldung
signalisiert werden, noch bevor Ausschuss produziert wird. Über die Temperiergeräte mit der beschriebenen
Durchflusskontrolle ließe sich mehr erfahren.
Temperiergeräte HB-Therm Series 4
■ Kennziffer 105
Grossenbacher Apparatebau, CH-St. Gallen,
Tel. +41/71/2436-530, www.hb-therm.ch
Zerkleinerungsmaschinenbau Norken GmbH
Ein Begriff für Qualität und zukunftsweisende Technik
Wir liefern
vollautomatische
Recyclinganlagen und
Zerkleinerungsmaschinen
zur Kunststoffaufbereitung,
Wertstoffgewinnung
und vieles mehr …
ZENO Zerkleinerungsmaschinenbau Norken GmbH ZENO-Platz 1 D-57629 Norken
Tel.: 02661 / 95 96 0 Fax: 02661 / 95 96 47 http://www.zeno.de [email protected]
■ Kennziffer
139