Briesener - Freundeskreis der Ortschronik Briesen (Mark)

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Briesener - Freundeskreis der Ortschronik Briesen (Mark)
Briesen
Ein Dorf
mit Vergangenheit
und Zukunft
ab 600 unserer Zeitrechnung
von Slawen besiedelt
Bryzinie - Brezn - Birkendorf
1403 erstmals urkundlich genannt:
… in deme dorffe Brisen
Inhalt
Vorwort
1
Die Entstehung unserer Landschaft
7
Die Entwicklung der Gemeinde Briesen
8
Siedlungsdaten vom Dorf Briesen
16
Aus der Geschichte des Dorfes Kersdorf
18
Kurfürsten, Schulzen und Bürgermeister
24
Landkarten und Luftbilder von Briesen
29
Zeitungsartikel zur Ortsgeschichte
33
Briesen und die Braunkohle
38
Die Kirche
40
Einwohner von Briesen und Kersdorf im Jahre 1838
44
Die Entstehung der Müllroser Straße
62
Briesener Ansichten auf alten Postkarten und Fotos
65
Ansichtskarten aus DDR-Zeiten
78
Bilder von Gaststätten in Briesen
83
Bilder und Informationen zu Briesener Straßen
89
Bahnhofstraße
89
Hüttenstraße
104
Petershagener Straße
110
Müllroser Straße
111
Vom Bahnhof zur Schrotmühle
115
Bewirtschaftung der Ländereien bis 1945
116
Bilder von der Arbeit der Bauern
118
Die Landwirtschaft nach 1945
121
Urkunden und Dokumente zur Entwicklung der Landwirtschaft
124
3
Statistische Angaben aus DDR- Zeiten
135
Alte Formulare
138
Geflügelanlage und Landwirtschaft
140
Gärtnereien in Briesen
142
Kleingartenanlagen
146
Die Dorfschmiede
148
Altersversorgung auf dem Lande
150
Bewirtschaftung der Wälder um Briesen
152
Dokumente zur Forstentwicklung
154
Bilder von der Arbeit im Wald
162
Oberförsterei Briesen
165
Naturlehrpfade
169
Über den Waldverein Briesen
178
Die Jagd um Briesen
185
Waldbrandschutz
192
Gewässer und Brücken um Briesen
194
Das Storchennest
210
Petersdorfer Berg
212
Markante Punkte in- und um Briesen
214
Geschäfte- Betriebe und Einrichtungen 1880- 1990
271
Alte Handwerksbetriebe in Briesen
277
Unternehmer und Betriebe bis 1945
282
Konsumgenossenschaft Briesen
309
Private Geschäfte in der DDR- Zeit
317
Versorgungsgemeinschaft Briesen
318
Gesellschaftliches Leben in der DDR
320
Gewerbeentwicklung in der Marktwirtschaft
330
4
Gasstätten und Fremdenzimmer
343
Tourismus
347
Das Amt Odervorland
355
Dorfentwicklung seit 1990
362
Ärztliche Betreuung in Briesen
381
Tierärzte in Briesen
394
Freiwillige Feuerwehr
396
Wasserwerk Briesen
409
Die Schule
413
Die Sporthalle
447
Der Jugendclub
454
Der Kindergarten
459
Die Kinderkrippe
480
Der Hort
487
Die Bibliothek
495
Die Eisenbahn
499
Die Post
511
Die Sparkasse
513
Raiffeisenbank-BHG-ACZ
522
Die Polizei
528
Der Bau der Autobahn
531
Das Vereinsleben in Briesen
543
Der Weihnachtsmarkt
604
Politische Vereine, Organisationen und Parteien vor 1933
606
Briesen im 3. Reich und im 2. Weltkrieg
607
Die Organisation Todt von 1942-1944
610
5
Das Ende des 2. Weltkriegs und die Folgen
612
Kriegerdenkmale und Kriegstote
618
Der Neuanfang 1945
622
Berichte von Zeitzeugen über das Kriegende und die Zeit nach 1945
626
Das Bismarckdenkmal
661
Stasi-Objekte und Sperrgebiete um Briesen
663
Daten und Fakten zu Briesen und Kersdorf
667
Alte Dokumente aus Briesen
675
Quellenverzeichnis
686
6
Der Fußballverein
Der Briesener Fußball hat eine lange Tradition.
Wer könnte besser über seine Geschichte berichten
als der Fußball Verein Blau- Weiß 90 Briesen selbst?
Wie alles begann:
565
Diese Serie wurde 1999 von der MOZ über den Briesener Fußball veröffentlicht.
566
567
568
569
570
Die Geschichte des Vereins ab 1995
Das Amt des Präsidenten übernahm Siegmund Balzer. Zu beginn der Serie 1995/96 wechselte
Reno Ballhorn zum EFC Stahl. Nach dem 7.Spieltag folgte Bruder Reiko. Zum Ender der
ersten Halbserie stand man auf einem Abstiegsplatz. Zur 2.Halbserie wurden Volker Moritz
und Frank Morgen geholt. Neuer Trainer wurde der ehemalige Auswahlspieler Eckhard
Kreutzer. Trotz einer tollen Rückrunde konnte der Abstieg nicht verhindert werden- am Ende
fehlte ein Punkt.
Die Saison 1996/97 in der Landesklasse begann wenig erfolgreich. Zur Winterpause stand
schon fest, dass es nichts mit dem Wiederaufstieg wird. In der Rückrunde fungierte dann
Frank Morgen als Spielertrainer.
Der Aufstieg in die Landesliga war das feste Ziel aller für die Saison 1997/98. Das Traineramt
übernahm Detlef Horn. Die Elf gewann in der Hinrunde bis auf ein Remis in Guben alles. Im
Landespokal wurde sogar das Viertelfinale erreicht. Dort war dann beim EFC Stahl
Endstation. Der Regionalligist hatte sich geweigert beim 4-Klassen tiefer spielenden Verein
anzutreten. Am 6.4.98 gab es dann die erste Punktspielniederlage. Am Ende stieg die Elf als
überlegender Meister der Landesklasse Ost in die Landesliga Süd auf. Dort reichte es in der
folgenden Saison immerhin zu Platz 7.
In der Saison 1999/00 konnte sich unsere Mannschaft auf Platz 5 steigern. In der Saison
2000/01 wurde am letzten Spieltag ein möglicher dritter Platz beim Meister MSV Hanse
Frankfurt/O. “verspielt”. Am Ende stand erneut Rang 5.
Für die Saison 2001/02 wurde man in die Staffel Nord eingeteilt, was zur Folge hat, das man
sehr weite Fahrten hat. Die erste Halbserie verlief nicht zur Zufriedenheit. Vom spielerischen
Potential hätte man ganz oben mitspielen müssen. Die Eingewöhnungsphase dauerte zu lange.
Im Landespokal hat man Oberligist Motor Eberswalde und zuletzt auswärts den TV Forst
ausgeschaltet. Somit hat die Elf wieder das Viertelfinale erreicht. Im Viertelfinal unterlag man
dem FFC Viktoria mit 1:2 n.V. Unsere II. Mannschaft gewann den Kreispokal durch ein 4:2
n.V. gegen Union Fürstenwalde. Am Ender der Saison wurde noch der 7.Platz belegt. Trainer
Detlef Horn schied auf eigenem Wunsch aus. Sein Nachfolger wird Frank Morgen. Unsere II.
Mannschaft wurde Kreispokalsieger!!
571
Briesener Fußballverein auf dem Dorfanger um 1929/1930
unten rechts: Herbert Richter geb. 1915, oben rechts: Erich Kalisch geb. 1911
Fußballmannschaft um 1920
572
Bilder aus den 1930er Jahren
Die 2. Männermannschaft nach einem 5:3 Sieg über Komet Fürstenwalde
am 06.04.1931 in Briesen. Die Spieler von hinten:
Schneider, Schulz, Prüfert, Kempin, Franzek
Vormelcher, Behnke, Zacharias
Weiland, Richter, Sählbrandt
Männer 1952
573
Der erste Sportplatz der Briesener Fußballer war auf einer Waldlichtung, etwa dort wo sich
heute der Trainingsplatz befindet. Von 1946 bis in die 50er Jahre befand sich der
Fußballplatz auf dem Gelände der Glashütte, wo sich jetzt die neue Kita befindet. Der jetzige
Sportplatz wurde von 1950- 1953 gebaut. Zur Finanzierung gab es staatliche Zuschüsse und
Lottogelder. Ursprünglich hatte er eine Aschenbahn, die aber über 400m lang war.
Die heutige Laufbahn entstand nach 1990
Der Sportplatz 1965
und 1999
574
Am 16.7.2000 feierte der Verein sein 10. jähriges Jubiläum und am 23.7.2000 war Dorffest
575
Der Nachwuchs
C-Junioren 2003
2003 Kreispokalsieger
2002 Vizemeister
Trainer: Heiko Schulz Co-Trainer: Michael Binsker
1. Mai 2003
Übergabe des Pokals an
den Spielführer
D-Junioren 2003
Trainer:
Reiko Ballhorn
Co-Trainer: Michael Knöbke
E- Junioren 2001/2002
2003
Trainer: Reiko Ballhorn
Trainer: Dirk Schulze
F-Junioren 2003
Trainer:
Hilmar Kussatz
Co-Trainer: Thomas Zalenga
h.v.l.:
Thomas Zalenga, Julius Bendel,
Paul Friedemann, Martin Koch,
Tillmann Moch, Dennis Schunke,
Hilmar Kussatz
v.v.l.:
Rocco Zalenga, Tim Schinkel,
Gerard Binder, Roberto Schotten,
Guido Blumenstein
576
Die Männer
1. Männer 2003
Trainer:
Frank Morgen
Co-Trainer:
Patrick Sauer
2. Männer 2003
Trainer:
Andreas Pfeiffer
Co-Trainer:
Lothar Müller
AK35 2001
Trainer:
Jörg Böhme
577
Briesener Volleyball Verein 66 e.V.
-
gegründet: 1966
-
später Sektion der BSG Traktor / BSG Agrochemie Briesen
1995 Neugründung als eingetragener Verein (e.V.)
-
Vorstand:
-
relativ eigenständige Sportgruppen: Volleyball (45 Mitglieder)
allgemeine Gymnastikgruppe (17)
Popgymnastik (14)
-
allgemeine Gymnastikgruppe (Leitung: G. Weitze) und Popgymnastik (Leitung:
S. Hergesell) haben sich 1996 angeschlossen.
z. Z. insgesamt 76 Mitglieder, davon 18 Jugendliche
damit drittgrößter Verein im Amt Odervorland
Mitglied im Landessportbund und im Kreissportbund
im Volleyball 2 Mannschaften im Punkspielbetrieb
auf Kreisebene:
-
J. Patke
J. Neumann
A. Günther
Vorsitzender
Stellvertreter
Kassenwart
Männermannschaft belegte Platz 4
Damenmannschaft belegte Platz 5
beide Mannschaften nehmen an diversen Turnieren teil
wir veranstalten jährlich im Herbst ebenfalls jeweils ein Turnier für Männer und
Damen
gez. Patke
„Alte Herren“ , Foto vom März 2002
Nachwuchs 2001
578
Beim Spiel in der Briesener Sporthalle, 2001
Mädchenmannschaft 2001
Bestandsliste vom Volleyballverein
579
Briesener- Angler- Verein e. V.
Gegründet als Reichsportfischerbund
1928 - 1949 Landsmann, Ernst dann Babuljak
Angelverein Briesen ab
1949 - 1952 Schwitzke, Kurt
1952 - 1956 Babuliack
Ortgruppe Briesen
1956 - 1958 Schubert, Hans
1958 - 1960 Schwitzke, Kurt
1959 - 1962 Scheel, Walter
1962 - 1980 Schwitke, Kurt
1980 - 1983 Dr. Borowszak, Hartmut
1983 - 1991 Reichert, Manfred
Briesener- AnglerVerein e. V.
1991 - 2001 Reichert, Manfred
2002 Ralf Schneider
Auszeichnungen bei DDR- Meisterschaften
Bärbel Stehr
1 * Silber
1 * Bronze
1 * Bronze
Dreikampf Jugend
Friedfischangeln
Flugangeln
1976
1973
1973
Frank Greßkowiak
1 * Gold
1 * Bronze
Spinnangeln
Spinnangeln
1976
1975
Kerstin Reichert
jüngster Kreismeister der DDR im Flugangeln
Karsten Volkmann
1 * Bronze
Flugangeln
1975
Dr. Borowszak, Hartmut
1 * Gold
1 * Gold
1 * Bronze
1 * Silber
1 * Bronze
Dreikampf
Friedfischangeln
Spinnangeln
Dreikampf
Friedfischangeln
1971
1971
1973
1970
1968
Kerstin Reichert
1 * Bronze
Spinnangeln
1985
Anja Wolff
1 * Gold
Flugangeln
1990
Auszeichnungen in der Bundesrepublik Deutschland
Christian Feister
1 * Bronze
Gewicht- Ziel
1996
Nicole Hardt
1 * Gold
1 * Bronze
1 * Bronze
Fliege- Weit
Fliege- Ziel
Fünfkampf
1997
1997
1997
Steven Odoy
1 * Gold
1 * Silber
1 * Bronze
Fliege- Weit
Fliege- Ziel
Genauigkeit- Ziel
1997
1997
1997
580
1976
Dr. Borowszak im Wettbewerb, 1970er Jahre
Im Januar 1998 hat der Verein 154 Mitglieder darunter 28 Kinder
581
Im Juli 1995
582
583
584
585
Der Schachverein Briesen e.V.
Schon seit 1973 wird in Briesen Schach gespielt. Langjähriger Vorsitzender war Herr Grimm.
586
Schachturnier 1999
587
588
„Die Naturfreunde“ Ortsgruppe Briesen e.V.
Der Reitverein Briesen e.V.
Spreejournal vom 13.6.1995
589
Reitsport in Briesen, 1976
A. Purps beim Voltigieren, 1976
Die Voltigier- Gruppe beim Training in der
Reithalle. Schon die zweijährige Jenny ist bei
dem Standbild dabei.
Im August 1997 hat der Verein etwa 50
Mitglieder und diverse Gäste, die ab
September auch auf dem Reiterhof
Übernachtungsmöglichkeiten haben.
Dazu wurden im ehemaligen Wohnhaus
Zimmer eingerichtet.
590
591
Über 30 Pferde stehen im August 1997 in den neuen Boxen. Sie werden von den Freunden
und Helfern des Reiterhofes, Herrn Ralf Jürgeleit und von den jeweiligen Besitzern betreut
und geritten.
Seit Frühjahr 1997 gibt es eine attraktiv Reiterhalle. Sie befindet sich gleich hinter den Boxen.
Beim abendlichen Ausritt in der Bahnhofstr. Vor allem an den Wochenenden geht es durch
Wald und Feld. In den Wäldern wurden für die Reiter Reitwege eingerichtet.
592
Schnupperkurs für
Hortkinder
Bei den Kindern sind die
Kremserfahrten besonders
beliebt
593
Seit 1994 wird auf dem
Reiterhof auch für neue
Hufe oder Hufpflege
gesorgt.
Dazu kommen
Hufschmiede nach
Briesen.
Kinder und Jugendliche sind immer auf dem
Reiterhof anzutreffen. Sie finden dort eine
wunderbare Freizeitbeschäftigung.
Foto von 1999
594
Schützengilde Briesen 1991 e. V.
Schon im 19. Jahrhundert gab es in Briesen einen Schützenverein.
Vermutlich der Schützen- oder Kriegerverein von Briesen, Foto etwa von 1890
Vorsitzender:
Frank Lippold,
Seeweg 30
595
Die Sparte der Bienenzüchter
Bienenzucht hat in Briesen eine lange Tradition. Schon um 1900 gab es auf dem Hof der
„Gaststätte zur Eisenbahn“ (später Strauch, Fürstenberg, heute Papiershop Hinze) die
Bienenzuchtanstalt von P. Schulze.
Etwa ab 1930 hatte der Lehrer Robert Wagner den Vorsitz im Imker- Verein.
Der Imker-Verein mit R. Wagner etwa 1938
In der DDR leitete R.Wagner die
Sparte der Imker bis 1962. Es gab 12
Mitglieder.
Ab 1962 übernahm Reinhard Melde die
Leitung. Die Anzahl der Mitglieder
stieg bis 1988 auf etwa 30 an.
Nach der Wende 1990 gab es noch 8
Mitglieder.
1997 gibt es noch 4 Imker die privat
Bienenzucht betreiben.
Ein altes
Bienenhaus
596
Erwin Schindler berichtet
am 2/3 September 1995
im Spreejournal der MOZ
über sein Hobby
597
November 2000
Bernd Janthur baut viele
Imkerhilfen selbst. In der
Waschküche auf dem Hof seines
Grundstücks hat er alles parat,
was er für die Bienen und den
Honig braucht. Der Imker zeigt
eine seiner selbst gefertigten
Waben. Sohn Martin (10)
probiert indes die Imkerpfeife.
MOZ November 2000
598
ADMV MC Briesen
Der ADMV Motorclub Briesen wurde 25.5.1963 gegründet.
Etwa 20 Motorsportfreunde
gehörten ihm an. Der ADMV
(Allgemeiner Deutscher
Motorsport Verband) war in der
DDR das Gegenstück zu den
westdeutschen Verbänden AvD
und ADAC.
Regelmäßig wurden touristische
Fahrten durchgeführt. (Ostsee,
Thüringer Wald, Erzgebirge,
Riesengebirge, Polen)
Bei einer Fahrt in den 1960er Jahren
Manche Fahrten dauerten mehrere Tage. Am Zielort wurde dann zünftig gefeiert.
In Polen 1977
Sammlung vor einer Fahrt 197x
Bei Geschicklichkeitsturnieren wurden z.B. Fahrten über Wippen, Hindernisse und
Einparkübungen durchgeführt. Beliebt waren auch die Fuchsjagden.
Zum 25 jährigen
Jubiläum 1988
gab es Biergläser
mit Widmung
Gruppenbild von 1988
599
Oderland Kurier vom 16.6.1999
600
Oderland Kurier
März 2000
601
Die Senioren Gymnastikgruppe
Sie besteht seit 1991. Zuerst wurde in dem kleinen Gemeinderaum in der Bahnhofstr. (ab
1998 Jugendclub) geturnt, dann im ehemaligen Anbau der Schulküche (1998 ist es eine
Schulklasse) danach wird in der alten Turnhalle geturnt. Seit 1993 leitet die Physiotherapeutin
Frau Bellach die Übungen
in der Gruppe. Inzwischen
nehmen wöchentlich über
20 Senioren teil. Je Person
brauchen nur 2,- DM
bezahlt werden; die
Krankenkassen zahlen
etwas dazu.
Im Sommer 1999 wird eine
Radtour zur Schleuse
unternommen
Foto von 1999
Im Jahr 2000 nehmen schon
wöchentlich 18- 22 Frauen teil.
30 Frauen sind angemeldet.
602
MOZ 10.09.1998
603
Die Senioren Gymnastikgruppe bei ihrem Training in der alten Turnhalle
604
Zu einer neuen Tradition in Briesen wird der Weihnachtsmarkt, erstmalig fand er im Jahr
2000 statt.
605
Weihnachtsmarkt
in Briesen, 2001
Bei den Kindern
beliebt ist Clown Kally,
Weihnachtsmarkt 2002
Die Petersdorfer Tanzgruppe:
„Free Time Line Dancer“
Weihnachtsmarkt 2002
606
Politische Vereine, Organisationen, Parteien vor 1933
1910 entstand eine Ortsgruppe der SPD (Sozialdemokratische Partei Deutschlands) geleitet
wurde sie vom Genossen Pälicke, später von G. Schildbach. Die Arbeiterbewegung
entwickelte sich. 220 Arbeiter der Glashütte waren Mitglieder der Gewerkschaft. 1919 kam
der Glasmacher August Wahlich nach Briesen und übernahm den Vorsitz der KPDOrtsgruppe des Glasmacherverbandes (Kommunistische Partei Deutschlands).
Von 1926-1932 gab es noch folgende Organisationen:
- „Der Stahlhelm“, sie wurde von den Deutschnationalen unter Hindenburg gegründet,
Mitglieder waren in Briesen meist Bauern.
- „Arbeiter Turn und Sportbund“, nannte sich später „Rote Sporteinheit“, es gab ein bis
zwei Fußballmannschaften, einen Arbeiterradfahrverein und Boxer.
- Arbeitergesangverein
- „Arbeiter Samariter Bund“
- „Rotfrontkämpfer Bund“ der KPD
- „Das Reichsbanner“ der SPD
1923 besaß die KPD etwa die Hälfte aller Stimmen im Ort. Man sprach allgemein vom „roten
Briesen“. 1924 gingen die „Schnellwerkzeuge“ ein. Zwei Jahre später auch die Glashütte. Die
Ortsgruppe der KPD wurde von Walter Smolka geleitet. 1929 zog er nach Neuzittau. 1933
kam er für kurze Zeit ins KZ. Illegal arbeitete er dann als Verbindungsmann zwischen Briesen
und Berlin weiter. 1936 brachten ihn die Nazis ins Zuchthaus, dort kam er um. Zu DDRZeiten wurde in Erkner eine Straße nach ihm benannt.
In den 20er Jahren gab es in Briesen einen „Deutschen Turnverein“ die „Blauen Turner“. Kurt
Thomas und Willi Kermas wandelten ihn zu einem Arbeiterturnverein um. Langenhahn
gründete einen Arbeiterradfahrverein, der schnell anwuchs.
Damals hatte die SPD „Das Reichsbanner“ und die KPD den „Rotfrontkämpferbund“. Der
„Rotfrontkämpferbund wuchs schnell von 6 auf 40 Mitglieder an. Als der Küstriner Major –
Buchdrucker- einen Putsch organisierte, stellt die KPD 200 Mann zur Bewachung des Dorfes.
Briesen war neben Finkenherd der Hauptstützpunkt der kommunistischen Landagitation im
Kreis Lebus.
Während der großen Wirtschaftskrise 1929 gab es auch in Briesen viele Arbeitslose. Sie
erhielten zuerst eine kleine Arbeitslosenunterstützung, (Stempelgeld) dann eine geringere
Krisen- und zuletzt Wohlfahrtsunterstützung, die in vielen Fällen nur 6,70 Mark pro Woche
betrug. 1933 gab es in Briesen 108 Wohlfahrtsempfänger. Die Mitglieder des
Rotfrontkämpferbundes und des Reichbanners verhinderten bis zum Machtantritt ein
Fußfassen der Nationalsozialisten. Jahrelang wehte an einem Schornstein der Glashütte eine
rote Fahne. Nach einem Fußballspiel am 1. Pfingstfeiertag 1932 holte eine auswärtige Gruppe
der SA die Fahne herunter, von den „Roten Sportlern“ aus Briesen erhielt diese eine gehörige
Abfuhr. Die Fahne wehte am nächsten Tag wieder am Schornstein. Die KPD gab in Briesen
wöchentlich eine Zeitung heraus, sie wurde hektografisch angefertigt. Die Artikel schrieben
die Genossen selber. Karikaturen fertigte der Bäcker A. Wolf aus Kersdorf an. Große
Unterstützung hatte die KPD-Ortsgruppe durch die Schallmaienkapellen aus Fürstenwalde
und Frankfurt (Oder). Erst im März 1933, nach der Machtübernahme, marschierten dann die
Nazis auch durch Briesen und die Hüttenstr. weil dort die meisten Arbeiter wohnten.
Aus der „Chronik Jacobsdorf“:
„Am 28.11.1928 tagte in der Gemeinde Briesen die Gruppe 4 des SPD Unterbezirkes
Frankfurt (Oder) wozu die SPD Ortsvereine Briesen und Jacobsdorf gehörten. Alle der SPD
nahe stehenden Organisationen, wie der Deutsche Landarbeiterverband, die
Arbeitersportvereine, die Vertrauensleute aus Briesen, Jacobsdorf, Biegen, Pillgram,
Petersdorf und Alt- und Neu- Madlitz, Sieversdorf, Treplin, Petershagen und Kersdorf waren
dazu eingeladen. Als Referent trat Willi Jentsch aus Frankfurt (Oder) auf.“
607
Briesen im Dritten Reich und im 2. Weltkrieg
Mit der Machtübernahme der Nazis im Januar 1933 wurden alle Organisationen, Parteien und
Gewerkschaften verboten und die Vermögen eingezogen.
Als Partei gab es nur die NSDAP. Alle Beamten mussten Mitglieder werden.
Für Kinder, Jugendliche und Erwachsene gab es neue Organisationen, die alle der
Verbreitung des Gedankengutes der NSDAP dienten. Nationalsozialistische
Berufsorganisationen entstanden für Bauern, Ärzte, Lehrer u.s.w.
Die Jugendorganisationen unterschieden streng zwischen Mädchen und Jungen.
-
Das Jungvolk der Hitlerjugend, die Pimpfe
10- 14 Jahre
Jungmädelbund, JM
10- 14 Jahre
Die Hitlerjugend, HJ
14- 18 Jahre
Bund Deutscher Mädel, BDM
14- 18 Jahre
Jungfrauen (man trägt Zöpfe, keine Dauerwellen) 18- 21 Jahre
Der Deutsche Frauenbund
Der Bauernbund
Die Deutsche Arbeitsfront, DAF wird Ersatz für die Gewerkschaften, dazu gehörte
„Kraft durch Freude“ (KdF), eine Art Feriendienst
Der Reichsarbeitsdienst (RAD) wird ab 1935 eingeführt. Die Dienstpflicht für Frauen
und Männer ist ein halbes Jahr.
Die NSDAP
Während die Jungen auf den Militärdienst vorbereitet und auf die Treue zum „Führer“
eingeschworen wurden, erhielten die Mädchen Unterricht über Brauchtum und
Hauswirtschaft und wurden auf ihre Mutterrolle vorbereitet. Frauen sollten möglichst viele
Kinder für den „Führer“ gebären. Geschickt nutzten die Jugendführer das Interesse der
Jugendlichen nach Bewegung und Kameradschaft aus.
Die Mitgliedschaft in den Jugendorganisationen war Pflicht, wer nicht eintrat wurde als Feind
des Nationalsozialismus betrachtet.
Schon ab 1.4.1933 gab es einen Aufruf Boykott der jüdischen Geschäfte. Einen ersten
Höhepunkt erreichte die Judenverfolgung in der so genannten „Reichskristallnacht“ am
9.11.1938. Auch in Fürstenwalde und Frankfurt wurden die jüdischen Geschäfte zerstört, die
Synagogen abgebrannt und die Friedhöfe zerstört.
In Briesen wurden vor dem Haus des
jüdischen Arztes Dr. med. A. Franck ein
Schild mit der Aufforderung, nicht zum
Judendoktor zu
gehen, aufgestellt.
Dr. Franck
verschwand kurz
danach aus
Briesen. Über sein
weiteres Schicksal
ist nichts bekannt.
Seine Kinder
sollen in den USA
leben.
Mitglieder des „BDM“ in Trachtenkleidern, 1937
Ein Plakat des „BDM“
608
Der „Deutsche Frauenbund“ aus Briesen bei einer Fahrt nach Potsdam
Am 1. September 1939 begann der 2.
Weltkrieg mit dem Überfall auf Polen. Mit
Beginn des Krieges zeichnet sich die
Vorbereitung der Judenvernichtung ab.
Auch in unserer Gegend werden Juden
festgehalten.
Von 1939 bis Herbst 1944 gab es im
damaligen Kreis Lebus in 25 Dörfern
Zwangsarbeitslager für jüdische Bürger.
Die Menschen kamen aus dem ganzen
Reichsgebiet. Alle Menschen jüdischen
Glaubens bekamen neue Ausweise mit
zusätzlichen Vornamen. Die Männer hatten
Israel und die Frauen Sarah als zusätzlichen
Namen. Alle mussten einen gelben Stern
Der so genannte „Judenwald“ Flur 1,
Flurstück 90
Wie viele blutige Finger, wie viele
schmerzende Rücken und wie viele
Tränen wurden damals den Pflänzchen
von den jüdischen Menschen mit in die
Erde gelegt?
auf ihrer Kleidung tragen.
609
Eines der Lager befand sich in Kersdorf, es gehörte zum KZ Sachsenhausen. Die Unterkünfte
waren in den jetzigen Stallgebäuden der Kersdorfer Mühle und in den Gasthäusern Gruschke
und Schulz. Die jüdischen Bürger wurden zuerst zur Erntehilfe, später zu schweren
Forstarbeiten eingesetzt. Gearbeitet wurde im Akkord ohne Bezahlung. In dieser Zeit entstand
der so genannte „Judenwald“. Er befindet sich kurz vor der Autobahn rechts von der
Beeskower Str. Im Jahre 1944 wurden die Juden aus den kleineren Lagern, wie z.B.
Jacobsdorf und Alt- Madlitz nach Kersdorf gebracht. Von dort wurden sie nach Auschwitz
verschleppt und waren der Vernichtung preisgegeben. Nur 3 jüdische Bürger überlebten den
Holocaust.
Schon 1940 kamen französische Kriegsgefangene nach Briesen. Sie waren in einem Querhaus
auf dem Grundstück
Henseler in der
Bahnhofstraße
untergebracht. Das Haus
stand neben dem
Wohnhaus von „MühlenMeyer“. Es brannte auch
1945 bei der Zerstörung der
Mühle ab. Die
französischen Gefangenen
arbeiteten bei den Bauern
als Knechte.
Frau Pape schreibt: „Auf
dem Foto erkenne ich noch
2001 den -Gaston- der bei
Verwandten von mir
Französiche Kriegsgefangene vor ihrem Quartier in der
arbeitete. Er fuhr sogar mit
Bahnhofstraße
dem Ochsengespann und
Auf der Rückseite des Fotos
verrichtete alle sonstigen
befindet sich folgender Text:
Stalag III b
Männerarbeiten, weil der
(Stalag=Stammlager für
Bauer ja eingezogen und im
Mannschaften) 1. Dez. 1942 Krieg war. Er aß auch mit
Während meines
uns am Tisch und wir
Aufenthaltes
Kinder mochten ihn gern.“
in Deutschland
1943-44 waren auch etwa
20 Mädchen jüdischer Herkunft, 18 bis 25 jährige, bei Gruschke in Kersdorf untergebracht.
Sie mussten in der Fabrik Zeiler große Kastenbatterien für die Wehrmacht herstellen. Später
wohnten sie dann sehr beengt in einem länglichen Gebäude in der Hüttenstraße. Ab
Weihnachten 1944 waren die Mädchen nicht mehr da. Ein Mann berichtete, dass sie in
Theresienstatt vergast wurden.
Frau Pape erinnert sich: “Ich bin als Schulmädchen oft Männern mit einem Judenstern
begegnet.“
Nach Kriegsende wurden Möbel der Juden, die sich noch im Lager bei Gruschke befanden,
durch russische Soldaten an Deutsche verkauft.
In den letzten Kriegsjahren waren in einem Gebäude auf dem Gelände der Zeiler- Fabrik etwa
20 ukrainische und ein armenisches Mädchen als Zwangsarbeiter untergebracht. Sie arbeiteten
auch in der Batterieproduktion. Viele Mädchen konnten „deutsch“ da sie es in der Schule
gelernt hatten. Der Direktor, Herr Wartenberg und seine Familie wurden Weihnachten 1944
von ihnen zu einer kleinen Feier eingeladen, mit Salz und Brot begrüßt und mit Gesang und
Gitarrenmusik erfreut.
In den Baracken auf dem ehemaligen Sägewerksgelände, später VEAB, in der Mühlenstr.
wohnten Italiener.
610
Die Organisation „Todt“ von etwa 1942- 1944 in Briesen
Die Organisation war aus dem Wartegau (Polen) nach Briesen verlegt worden. In der „OT“,
wie sie kurz genannt wurde, waren während des 2. Weltkrieges Männer verpflichtet, die nicht
für die Front einsatzfähig waren. Auch ausländische Ostarbeiter, die aus ihrer Heimat
vertrieben waren, gehörten dazu. Sie alle wurden als Bautruppe für Straßenbau,
Aufräumungsarbeiten oder Vorarbeiten für die Front eingesetzt. Sie trugen gelb-braune
Uniformen und wurden deshalb im Volksmund „Kakadumänner“ genannt.
Für ihre Unterkünfte, Warenlager u.a. bauten sie Baracken, die aus vorgefertigten
Spanplattenwänden im Format 2,5m * 2,5m schnell aufgestellt waren. Als Isolation hatten die
Wände Hobelspäne oder Glaswolle. Hinter dem Waldhaus in der Petershager standen die
ersten Baracken, dann vereinzelt am jetzigen Seeweg der vom Schwarzen Weg zum
Petersdorfer See führt. Mit Blick zum See stand eine größere Baracke mit Terrasse, das so
genannte Offizierskasino. Dort führten die „Jungmädels“ zu Weihnachten ein Programm auf,
erinnert sich eine 73 jährige Frau.
Männer der „OT“ heirateten Frauen aus Briesen und blieben im Ort. Nach dem Krieg wurden
die Baracken von den Bürgern abgebaut und für eigene Baumaßnahmen verwendet. Es
entstanden Schuppen und Werkstätten. Auch die transportablen Öfen waren gut zu
gebrauchen. In einer ehemaligen Baracke, hinter dem Waldhaus, lebte viele Jahre die Familie
Sattelberg.
Unter der Leitung des damaligen Bürgermeisters Wiechert baute die „OT“ 1944 eine
Mannschaftsbaracke in der Müllroser Str. Nach dem Krieg wurde es der Kindergarten dann
Krippe und danach der Jugendclub.
Nach der verlorenen Schlacht um Stalingrad war Anfang 1943 die Zeit der Siege endgültig
vorbei. Im März rief J. Goebbels in seiner berüchtigten Sportpalastrede den totalen Krieg aus.
Immer häufiger bekamen Eltern und Angehörige ihre Post an die Soldaten mit folgendem
Stempel zurück
So brutal war der Krieg. Eine zurück
geschickte Postkarte bringt die
Todesnachricht
Es gab Lebensmittelkarten und Bezugscheine für
Bekleidung und Schuhe. Aus Zuckerrüben wurde
Sirup gekocht. Er war Brotaufstrich und
Zuckerersatz. Die Bauern begannen „schwarz zu
schlachten“ um Vorräte anzulegen. Alle privaten
Autos waren für den Kriegseinsatz eingezogen
worden. Am Abend herrschte Verdunklungspflicht.
Immer häufiger verkrochen sich die Menschen
wegen Fliegeralarm in die Keller. Es wurde ein
Reichsluftschutzbund gegründet.
Wer in der „Goebbelsschnautze“, dem Einheitsradio
ausländischen Sender hörte und darüber berichtete,
riskierte sein Leben.
Für Frauen bis 50 Jahre wurde die Arbeitspflicht
eingeführt. Sie konnten in der Rüstungsproduktion
oder bei Schanzarbeiten eingesetzt werden.
Im November 1944 wurde der Volkssturm
aufgestellt. Alle nicht im Krieg eingesetzten Männer
zwischen 16 und 60 Jahren wurden dafür
eingezogen. Aus den Männern der umliegenden Orte
wurde das Volkssturmbataillon XI/8 aufgestellt. Die
Briesener Männer kamen zur 2. Kompanie. Die 4.
Kompanie kam von den „OT“ Leuten. In
Schnellkursen lernten die Männer den Umgang mit
611
dem Karabiner und der Panzerfaust.
Ab Februar 1945 stand die „Rote Armee“ an der Oder. Tag und Nacht hörte man den
Geschützdonner von der Oderfront. Truppen die an der
Oder kämpfen suchen im Ort Nachtquartier. Die Schule
wird zum Lazarett für die Verletzten der Oderfront.
Die Menschen wurden immer niedergeschlagener. An den
„Endsieg“ glaubte kaum noch jemand, aber alle hatten
Angst vor dem Ende. Die Propaganda über die Gräuel der
„Bolschewiken“ verstärkte die Angst noch. Rund um den
Ort, in den Wäldern und auf den Feldern wurden
Schützengräben ausgehoben. Auch über 50 Jahre später
findet man am See und anderen Stellen noch die Reste
davon.
An den Einfallstraßen wurden aus dicken
Kiefernstämmen und Steinen Panzersperren vorbereitet.
Vom Volkssturm sollten sie geschlossen und verteidigt
Der „Volksempfänger“
werden.
DKE38, dieses einfache Radio
Immer mehr Flüchtlinge aus den Ostgebieten zogen durch gab es in vielen Haushalten, es
den Ort und suchten Unterschlupf oder eine Mahlzeit auf kostete 35,- RM
ihrem Weg nach Westen.
Bei der Arbeit auf den Feldern musste man täglich mit Angriffen von Tieffliegern rechnen.
Ein deutsches Jagdflugzeug wurde über Briesen von sowjetischen Jägern abgeschossen. Es
stürzte westlich der Privatstraße in den Wald, die Feuerwehr konnte wegen der
explodierenden Munition nichts ausrichten. Der Pilot kam ums Leben.
Am 10. März 1945 kommt es in Briesen zu einem
schrecklichen Ereignis. In dem kleinen Waldstück
am Ende der Hüttenstr. (Pelzes-Heide) waren
Soldaten mit Fahrzeugen stationiert. Für die
Briesener Kinder war es natürlich sehr interessant
das Soldatenleben zu beobachten. An diesem Tag
wurden scharfe Tellerminen auf Fahrzeuge
verladen. Ein Soldat stolperte mit der
gefährlichen Last und die Mine explodierte. 10
Jungen und 2 Mädchen im Alter von 8 bis 12
Jahren und einige Soldaten werden grauenhaft
zerfetzt.
Die 12 Kinder waren:
Hannelore Klar, Margarete Seelig,
Siegfried und Werner Bill, Lothar und Kurt
Ackermann, Hans Kaiser, Karl-Heinz Frieske,
1998 erinnert noch ein Grabstein an den
Manfred Boldt, Günter Poland, Hans Gerhard
Tod der Kinder, die Inschrift lautet:
Skibbe, Horst Kind.
Siegfried
Werner
Verletzt mit vielen Brandwunden wurde Werner
Brill
Kaiser. Durch Fundmunition kamen nach
geb. 14.6.1935
geb 3.7.1937 Kriegsende, im Sommer 1945, ums Leben: der
Bruder von Regina Döring, die Schwester von
tödlich verunglückt am 10.3.1945 Frau Klaue. Im Herbst 1945 verunglückten durch
Munition in den Koksbergen: Horst Kind etwa 7 Jahre alt und Wolfgang Troyke der Bruder
von Frau Volkmann.
Auf der Flucht zum Kriegsende sind umgekommen: Willi Frieske, Frau Schindler, Frau
Lehmann, Ulrich Franzek (1Jahr). Beim Volksturm oder der Wehrertüchtigung sterben:
Günter Frieske, Klaus Rochow, Arno Schwärzel.
612
Am 15. April beginnt mit der Schlacht um Seelow der Sturm auf Berlin. Bei nächtlichen
Bombenangriffen werden die ersten Häuser zerstört.
Am 17.4. werden OT Baracken am See in Brand geschossen. Am 18. April trifft eine Bombe
das Haus Bierenheid in der Falkenberger Str. Am 21. April brennt Meyers Mühle, das
Wohnhaus und weitere Häuser. Frauen und Kinder werden aufgefordert den Ort zu verlassen.
Mit den notwendigsten Dingen gehen die Menschen zu Fuß, mit Handwagen, Fahrrädern oder
Fuhrwerken auf die Flucht. Von deutschen Sprengkommandos werden die Autobahnbrücken
und die Kanalbrücken zerstört.
An der Autobahn bei Jacobsdorf, sollen Volkssturm Männer, zusammen mit vielen
Jugendlichen der HJ die Russen aufhalten. Bei dem sinnlosen Kampf sterben 105
Jugendliche.
Am 23./24. April überrollt die Front dann Briesen. Zu starken Kämpfen kommt es nicht. In
den umliegenden Wäldern liegen trotzdem viele Tote. Die Schule gerät in Brand und brennt
aus. Nur ein paar Schulbänke können gerettet werden.
Das Ende des 2. Weltkrieges und die Folgen
Als die Kriegswalze Ende April 1945 über Briesen rollte kam es auch im Ort zu zahlreichen
Schäden.
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Durch deutsche Soldaten wurden die Briesener- und zwei KersdorferAutobahnbrücken gesprengt. Den Sprengkommandos fielen auch die Flutbrücke und
die Sandfurtbrücke zum Opfer.
Die Schule (jetzt Ärztehaus) gerät am 24.4. in Brand, nur die Grundmauern bleiben
erhalten.
Ein Bombenangriff in der Nacht vom 21.4. zerstört die Getreidemühle in der
Mühlenstr., das danebenliegende Wohnhaus Meyer und zwei weitere Häuser.
Noch Wochen nach Kriegsende schwelt der Brand in den Getreidevorräten der Mühle.
Die angebrannten Getreidereste werden geschrotet und von der Bevölkerung gegessen.
Die Häuser: Schütz (Freiheit), Gost und Laske und ein Stall. (Müllroser Str.) brennen
aus.
In der Beeskower Str.: die Häuser Fritz Müller, Henschel, Noak und Puhlmann.
Bahnhofstr.: Scheunen von Alter, Müller, Henseler, abgebrannt
Kirchofstr.: Wohnhaus Leischner, abgebrannt
Petershagener Str: Haus Dasler wird durch eine Bombe teilweise zerstört.
Frankfurter Str.: Bauerwirtschaft Lange wird komplett, Wohnhaus Melchert teilweise
zerstört.
Falkenberger Str.: Haus Bierenheid wird durch Tieffliegerbeschuss zur Hälfte zerstört,
Frau Bierenheid wird lebend geborgen, Frau Löpers, Sohn Andre und Herr Jarchow
sterben unter den Trümmern.
Das Waldschlösschen wird zur Hälfte zerstört.
Herr Kappel und sein Pferdegespann kamen beim Pflügen auf eine Mine und werden
getötet.
Es wäre noch von vielen
schlimmen Begebenheiten zu
berichten; auch von solchen, die
von den Betroffenen nicht
genannt werden möchten, weil
ihnen das Leid von damals noch
immer zu schaffen macht.
613
Die Ruine der
Bauernwirtschaft Lange in
der Frankfurter Str.
Hier nun einige Erlebnisberichte von Briesener Bürgern:
Wie ich als Fünfzehnjährige das Ende des 2. Weltkrieges 1945 erlebte.
Schon im April 1945 musste ich meine Ausbildung als Kindergärtnerin in Fürstenwalde
abbrechen, weil die Züge sehr unpünktlich oder gar nicht fuhren. Ich wurde zur
Flüchtlingsbetreuung in meinem Heimatort Briesen eingesetzt. Die Flüchtlinge waren
Deutsche von hinter und vor der Oder.
In der Frankfurter Str. Nr.? musste ich Mittagbrot kochen helfen, welches im Keller in
einem großen Waschkessel zubereitet wurde. Doch nach einer kurzen Zeit, als die Front
immer näher rückte, blieb ich nur noch zu Hause. Auch meine Schwester und all die
anderen, die in Fürstenwalde, Berlin oder anderswo arbeiteten, blieben nun im Heimatort.
Die Luftangriffe wurden immer häufiger. Täglich kamen Deserteure von der nahe liegenden
Front. Sie erzählten vom Schrecken des Krieges, aßen und tranken bei uns und versteckten
sich in der Scheune, im Heu. Am nächsten Morgen waren sie dann wieder verschwunden.
Mein Vater, meine Mutter, meine Schwester und ich hofften immer, dass sie irgendwie
weiterkämen. Es gab auch eine Bekanntmachung, dass Deserteure von jedem zu melden
sind.
Inzwischen hatten die meisten Briesener und die Flüchtlinge unser Dorf verlassen. Mein
Onkel Albert mit seiner Familie aus Arensdorf war ein paar Stunden bei uns, dann zog er
mit seinem Pferdegespann weiter. Mein Vater wollte immer noch, dass wir bleiben. Doch in
der Nacht vom 19. zum 20. April 1945 war ein großer Angriff auf Briesen. Meine Mutter
flüchtete mit uns Mädchen in den Wald, ins Lange Luch. Dort liefen wir von einem
Schützengraben in den anderen, Leuchtraketen schossen nur so um uns und Bomben fielen.
Der Angriff war wohl für die Fahrzeuge auf der Autobahn bestimmt.
Als wir nach der grauenvollen Nacht wieder durchgefroren zu Hause waren, beschlossen
meine Eltern doch, auch auf die Flucht zu gehen. Das war am 20.4.1945. So wurden zwei
Kühe angespannt, eine noch angebunden und der Wagen mit Betten, Hausrat, Kleidung und
Nahrungsmitteln bepackt, und es ging los. Hinter der Autobahn, am Garz- und Kersdorfer
See machten wir das erste Mal Halt. Dort waren Lehmanns, unsere Nachbarn, die auch dort
blieben. Wir zogen weiter, über die Sandfurtbrücke, über Neubrück bis Raßmannsdorf, wo
wir auf einem Heuboden übernachteten. Von dort fuhr mein Vater mit dem Fahrrad nach
Hause, um zu sehen, wie es um unser Dorf steht. Er kam aufgeregt zurück und berichtete,
dass die Häuser von Fritz Müller, O. Gost und Laske (auch kleine Scheune) brannten. Mein
Vater und Herr Lehmann, der auch schauen war, holten aus dem Haus fast die
Küchenmöbel heraus, dann ließen die Flammen niemanden mehr hinein.
Als mein Vater wieder in Raßmannsdorf zurück war, fuhren wir mit unserem Kuhgespann
weiter nach Herzberg. Dort fanden wir bei einem Bauern im Kartoffelkeller Unterschlupf.
Mein Vater war noch einmal zu Hause; im Haus und Hof war das größte Durcheinander.
Die Tiere, die wir zurückgelassen hatten z.B. eine Kuh und mehrere Schweine, waren von
unseren Soldaten abgeschlachtet worden, und im Haus geplündert hatten wohl die Polen.
Auch Vaters Geige und Ziehharmonika waren weg. Darüber waren wir sehr traurig. Als
mein Vater dann noch mal nach Briesen wollte, kam er nicht mehr über die Spree, weil
unsere deutschen Soldaten die Sandfurtbrücke bei Neubrück gesprengt hatten. Die
Flutbrücke hatten sie schon drei Wochen zuvor gesprengt.
Nun rollten die letzten deutschen Truppen durch Herzberg und danach kamen die Russen.
Im Kartoffelkeller Versteck, merkten wir kaum etwas davon.
Nach etwa fünf Tagen, die wir auf der Fucht waren, machten wir uns wieder auf den Weg
nach Hause. Das Kuhgespann mit einigen Habseligkeiten auf dem Wagen und wir, mein
Vater, meine Mutter, meine Schwester und ich zu Fuß, d.h. mit einem Fahrrad nebenher.
Noch in Herzberg holte mich ein russischer Soldat in ein Zimmer, in dem noch zwei
Soldaten waren. Meine Mutter kam fuchswild hinterher und schimpfte laut, sie werde den
614
Kommandanten holen, lief auf die Straße und schrie und kam wieder. Dann ließen sie mich
wieder frei. Wie waren wir froh!
Mit unserem Kuhgespann mussten wir nun über eine provisorische, aus Holzstämmen
gebaute Brücke, die nur schmal, uneben und sehr wackelig war. Wir hatten unsere Mühe,
die Kühe mit dem Wagen dort hinüber zu bekommen. (In der Nähe der gesprengten
Flutbrücke.) Drüben erwarteten uns gleich russische Soldaten, einer hatte einen Stock mit
Eheringen darauf, dazu kamen dann auch die meiner Eltern. Außerdem zeigte uns dort der
Krieg ein schreckliches Bild. Tote Soldaten lagen umher und Pferde, die schon ganz dick
aufgedunsen waren. Weiter am Wegrand stand ein verlassener Einspännerwagen. Doch wir
zogen weiter und waren bald zu Hause und hatten den Krieg überlebt.
Nun ging es ans Aufräumen in Haus und Hof. Wir konnten froh sein, denn wir hatten von
unseren zwei Kühen Milch und Kartoffeln waren auch noch im Keller. Eine Kuh bekam ein
Kälbchen, dafür tauschten wir zwei Ferkel ein; so ging es dann weiter mit der
Landwirtschaft.
Im Dorf wurden nun alle verfügbaren Leute, meistens junge Frauen und Mädchen,
zusammengeholt. Sie mussten Schützengräben zuschippen, tote Soldaten und Tiere
begraben oder bei der Bahn Schienen verlegen. Die Männer waren gefallen oder noch in der
russischen, englischen, amerikanischen oder französischen Gefangenschaft.
Leider wurde von den russischen Soldaten so manche Frau vergewaltigt. Die russischen
Soldaten gingen auch in die Häuser nach Mädchen suchen. Wenn zu uns welche kamen,
versteckten wir uns schnell in einem Keller im Haus und mein Vater rückte einen Schrank
davor. So konnten wir diesem schändlichen Missbrauch entgehen.
Berichten möchte ich noch, dass das Wohnhaus Leischner (Kirchhofstraße) und Wohnhaus
Lange (ACZ) abbrannten. Die Mahlmühle Meyer in der Mühlenstraße brannte auch ab. Das
dort lagernde und angebrannte Korn wurde zu Mehl vermahlen, zu Brot gebacken und an
die Bevölkerung verteilt. Es schmeckte scheußlich. So manches neue Kochrezept entstand:
Brennessel- oder Löwenzahneintopf, „Zumpelsuppe“ aus geriebenen Kartoffeln, Rührei
wurde mit Mehl verlängert u.a.
Durch die karge Verpflegung und die schlechten hygienischen und gesundheitlichen
Lebensbedingungen waren viele Leute unterernährt und bekamen Typhus und Ruhr. Weil es
hier keine Medikamente gab, ging eine Mutter aus unserer Straße bis Frankfurt (Oder) 21
km zu Fuß und zurück, dort zur Apotheke, weil ihr Sohn und Enkel Typhus hatten. Leider
sind sie dann doch gestorben.
Auch mein Vater bekam diese schreckliche Krankheit und starb im November 1945.
Inzwischen war in Kersdorf (im Altersheim) ein kleines provisorisches Krankenhaus
eingerichtet worden.
Nun mussten meine Mutter und ich die Arbeiten in unserer kleinen Landwirtschaft
bestreiten. Es war mir recht schwer und mein Wunsch Kindergärtnerin zu werden, war erst
einmal vorbei.
Als wir dann unsere Landwirtschaft verkaufen wollten, bekamen wir vom Rat der
Gemeinde keine Genehmigung dazu. Ich oder mein Mann, (ich hatte inzwischen geheiratet)
sollten unbedingt in die LPG eintreten, was wir aber nicht wollten. Erst 1953 habe ich dann
wieder im Kindergarten angefangen und ein Studium aufgenommen.
Die landwirtschaftlichen Arbeiten haben mein Mann und ich nach Feierabend und an den
Wochenenden bewältigt. Meine Mutter musste ja auch das auferlegte Soll liefern. 1961
übernahm die LPG dann unseren Acker und Wiese in Pacht und die drei Kühe umsonst
dazu. Meine Mutter bekam 182,- DM im Jahr für 2,44 ha Wiese und 2,25 ha Acker.
von Ursula Pape geb. Wolf
615
Erlebnisse eines 16 jährigen Jungen am Ende des 2. Weltkrieges
Ich lebte mit meiner Mutter in der Müllroser Str. in Briesen. Im Frühjahr 1945 wurde ich
von der HJ (Hitlerjugend) in Fürstenwalde an allen Hand-Schusswaffen ausgebildet. Weil
ich noch recht klein war, wurde ich nicht, wie andere Jungen meines Alters zum
Volkssturm eingezogen. Als
die Front immer näher rückte,
packten meine Mutter und ich
die notwendigsten Sachen auf
einen Handwagen und zogen
am 22.4.1945 zu Fuß über die
Sandfurtbrücke bis Neubrück
zu Verwandten. Dort konnten
wir unseren Handwagen an
deren Pferdewagen hängen,
und so ging die Flucht vor den
Russen weiter.
Im Wald wurde mit Decken in
Schützengräben übernachtet.
Fluchtweg nach Halbe und zurück (grün), Fluchtwege
Am nächsten Tag ging es über
vieler Briesener (blau), sowjetische Truppen (rot)
Lindenberg und Münchehofe
weiter. Keiner wusste ein richtiges Ziel. Es ging nur weiter und weiter. Wir hörten die
Artillerie hinter uns schießen. Bis Hermsdorf wurde die Fahrt fortgesetzt, wo in einem
Wald der Treck zum Stillstand kam. Dort erlebten wir einen schlimmen Bombenangriff.
Ich schippte mir ein Einmannloch, wie ich es in der Ausbildung bei der HJ gelernt hatte.
Meine Mutter suchte unter dem Pferdewagen der Verwandten Schutz. Doch dort bekam
sie einen Bombensplitter ins Herz, wovon sie sofort tot war. Das war am 27.4.1945. Mir
als Sohn, blieb nichts anderes übrig, als meine Mutter dort im Wald zu begraben. Es war
schrecklich für mich. (Später habe ich meine Mutter auf den Briesener Friedhof
überführt.)
Nach diesem schweren Beschuss wusste keiner mehr wo es lang gehen sollte, und so
fuhren wir doch tatsächlich im Kreis herum. Inzwischen hatte ich auch meine Verwandten
verloren. Die Russen waren dabei den Ort „Halbe“, der ganz in der Nähe lag, ein zu
kesseln. Durch diesen Ort wollten viele Flüchtlinge und Soldaten gen Westen, doch viele
mussten dort ihr Leben lassen.
Hier kam es zur letzten Kesselschlacht des 2. Weltkrieges.
Von einem deutschen Soldaten hatte ich vorher noch ein Pferd bekommen, um damit den
Kessel zu durchreiten. Aber dazu kam es nicht mehr. Ich habe mein Pferd laufen lassen
und bin zu Fuß um mein Leben gerannt. Am anderen Ufer der Dahme (Fluss) konnte ich
die Russen sehen. Ich sah wie viele deutsche Soldaten mit Schlauchbooten zu den Russen
wollten, um sich zu ergeben. Doch die deutschen „SS“ Soldaten schossen auf ihre eigenen
Kameraden, und so mussten einige am Schluss noch ihr Leben lassen.
Ich wusste wieder nicht wo ich hin sollte und schloss mich einem Pferdegespann mit
verwundeten deutschen Soldaten an. Irgendwo fand ich dann ein Fahrrad und versuchte
nun irgendwie nach Hause zu kommen. Als ich ein Ortsschild „Neubrück“ fand freute ich
mich, aber es war leider ein anderes Dorf und so musste ich wieder umkehren. Mein
Fahrrad nahmen mir die Russen nicht ab, weil ich noch recht klein und allein war. Nur bei
einem Soldaten musste ich es gegen ein älteres Rad eintauschen.
So kam ich wieder an der Grabstelle meiner Mutter vorbei, das war schrecklich für mich.
Dann begegneten mir viele Russen mit Pferdegespannen und motorisierten Fahrzeugen,
die alle Richtung Berlin zogen.
616
Bald war ich in Neubrück und an der Sandfurtbrücke angekommen, die aber leider
deutsche Soldaten gesprengt hatten, was nun?
Am Ufer waren fünf russische Soldaten beim Fische braten. Ansonsten holten sie Teile
der zerstörten Brücke aus dem Wasser, um den Oder-Spree-Kanal wieder schiffbar zu
machen.
Als ich mich ihnen näherte, fragten sie mich nach meinem Alter. Ich sagte 15 Jahre. Sie
gaben mir von ihren gebratenen Fischen zu Essen. Ich erzählte den Soldaten, dass ich
meine Mutter begraben musste und es noch 50km Weg bis nach Hause sind. Irgendwie
verstanden sie mich und setzten mich samt Fahrrad in einem Boot über den Kanal.
Auf der anderen Seite des Kanals sah es schlimm aus, viele tote Soldaten, Zivilisten und
Pferde lagen dort und allerlei zurückgelassener Hausrat.
Als ich endlich über das Lange Luch meinem Heimatort Briesen erreichte, stand dort Frau
Leopold und wunderte sich, dass ich noch mit einem Fahrrad ankam. Das werden dir die
Russen gleich wegnehmen, sagte sie. Ich versteckte es daraufhin auf dem Heuboden.
Doch eines Tages holten die russischen Soldaten von überall Heu, und so war ich mein
Fahrrad, was mich so gut nach Hause gebracht hatte, schnell wieder los.
Mein zu Hause fand ich auch wie die anderen Briesener verwüstet und ausgeplündert vor.
Nun musste ich Haus und Hof fest in die Hände nehmen und mit allem allein fertig
werden. So böse hatte es der Krieg auch mit mir getrieben.
E.S., Briesen
Ein Gedicht von V. Heinz über die Kesselschlacht von Halbe
Es war im April 45, der Krieg war fast schon vorbei
Da tobten ringsum in den Wäldern die Kämpfe noch bis in den Mai
Das waren die Tage von Halbe, als das große Sterben begann
Da lagen die Toten in Reihen, der Soldat und der Volkssturmmann
Und in diesem Inferno von Bomben und Minen und Brand
Da lag dieses Dörfchen Halbe, das kaum einer vorher gekannt
Zerschossene Pferdegespanne, Zeugen vergeblicher Flucht
Dazwischen ein weinendes Mädchen, das hat seine Mutter gesucht
Und hinter der Laderampe, da lagen die Toten zu Hauf’
Viel hunderte Rotarmisten und hunderte Deutsche auch.
Und tausend Hitlerjungen, verwundet, erschossen, verbrannt,
Und weinende Flüchtlingskinder, sie alle in Gottes Hand
Da lernten so manche das Beten, die niemals an Gott geglaubt
Verblutete Deutschlands Jugend, der man die Zukunft geraubt
Und als die Geschütze schwiegen, der letzte Schuss verhallt
Da sah man sie alle liegen, erschossen im Märkischen Wald
Hinter dem Forsthaus, ist ein Landser am Galgen verreckt
Daneben ein alter Bauer, der hatte den Jungen versteckt
Dann hat man die Toten beerdigt, zu Tausenden grub man sie ein
Ein Wäldchen am Rande von Halbe, das wurde ihr Totenhain
Es war im April 45, das Frühjahr war trocken und heiß
Und unten im Dorf lebt so mancher, der das noch kennt und weiß
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Kesselschlacht um Halbe
Um Halbe fand gegen Ende des 2. Weltkrieges vom 24. April bis zum 1. Mai 1945 die letzte
große Kesselschlacht statt, bei der sowjetische Rotarmisten die Reste der deutschen 9.Armee
einschlossen. Nachdem der befehlende General der Wehrmacht Busse das
Kapitulationsangebot der roten Armee ablehnte, kam es zu einer erbitterten Schlacht die viele
Tote auf beiden Seiten forderte. In dem Kessel kamen von 200.000 deutschen Wehrmachts-,
Volkssturm- und SS-Soldaten, 40.000 um.
Seitdem befindet in Halbe, mit ca. 22.000 begrabenen deutschen Soldaten, sowjetischen
Rotarmisten und Deserteuren der größte Soldatenfriedhof Deutschlands.
Die Kesselschlacht in Halbe steht exemplarisch für die militärischen Doktrin der Nazis, jeden
Millimeter Boden um jeden Preis zu halten, was aufgrund des entschlossenen
antifaschistischen Kampfes der roten Armee und der West-Alliierten zum Scheitern verurteilt
und unmöglich war
Aus einem Artikel der antifa.de Berlin, vom November 2002
Wie Deutsche, die bis 1946 östlich der Oder wohnten das Ende des Krieges
erlebten und in Briesen eine neue Heimat fanden
Ich möchte von einer jungen Frau berichten, die 25 km hinter der Oder mit ihren Eltern in
Schmachtenhagen eine Bauernwirtschaft hatte. Dort gingen sie ihrer Arbeit nach, bis die
russische Armee schon im Februar 1945 das damals deutsche Gebiet eroberte. Sie erzählte
mir, dass bei einem starken Luftangriff ihr Vater so schwer verletzt wurde und sie und ihre
Mutter mit ansehen mussten, wie er ohne Hilfe starb. Am gleichen Tag mussten die Bewohner
das Dorf verlassen, der Vater wurde von Bürgern die noch bleiben durften im Garten beerdigt.
Inzwischen waren sie im Dorf Döbberitz. Drei Tage später wurde dort ihre Mutter und ihr
neunjähriger Cousin von einem betrunkenen Russen beim Mittagessen in der Scheune
erschossen. Ihre Toten durfte sie dann dort auf dem Friedhof beererdigen. Nun hatte sie keine
Eltern mehr, der Krieg hatte sie ihr genommen. –Die russischen Soldaten plünderten und
nahmen sich was sie gebrauchen konnten. Doch das schlimmste war, das sie die Frauen
vergewaltigten und als Freiwild nahmen. Da waren die Frauen besser dran, die nur einem
Offizier gehörig sein mussten. Von diesem Ort führte sie ihr aufgezwungener Weg nach
Leichholz, Neumühl und Seeläßchen. Am 15.6.1945 durften die Schmachtenhagener wieder
nach Hause. Doch schon kurze Zeit später werden sie von den polnischen Bürgern vertrieben.
Sie mussten dann bis November 1945 bei den Polen für ihre Verpflegung arbeiten. Dann
wurden alle Deutschen ausgewiesen und kamen ins Lager nach Königswartha. Dort wurde
den Vertriebenen alles weggenommen. Von dort konnten sie an Verwandte nach Deutschland
schreiben, ob diese sie aufnehmen würden. Sie bekamen Bescheid und konnten so nach
Briesen (Mark). So ging es dann mit dem Zug über die Oder in Frankfurt/Oder, von ihrem
Deutschland das danach Polen wurde zum Deutschland westlich der Oder.
An Sachen hatte die Frau dann nur noch was sie am Leibe trug, zwei Kleider übereinander,
einen Mantel und im Sack ein Bett und ein Kopfkissen.
Bei den Verwandten bekam sie in einem Zimmer, das auch Wirtschaftsraum war, ein Bett. Sie
und ihre Verwandten bekamen Arbeit in der Gärtnerei Hesse zugewiesen. Dort arbeiteten
viele Flüchtlinge. Die Männer der Frauen kamen dann 1947/1948 aus der Gefangenschaft
auch nach Briesen. Durch den Suchdienst des Roten Kreuzes hatten sie sich gefunden.
Nun bekamen sie Wohnungen zugewiesen: 1 Stube, 1 Küche. So begann der Neuanfang in
Briesen (Mark). Durch ihren Fleiß schafften sie sich ein neues zu Hause und hatten dann auch
wieder Haus und Hof oder eine kleine Landwirtschaft und eine Familie.
Doch oft packt sie das Heimweh, dann fahren sie in ihren ersten Heimatort und sehen sich die
Stelle an, wo einmal ihr Haus stand und sie mit den Eltern die letzten gemeinsamen Stunden
618
verbracht haben. In einem Crossener Heimatverein treffen sie sich manchmal mit Verwandten
und Bekannten, die gleiche Schicksale hatten. Es gibt sogar eine Zeitung „Crossener
Heimatblatt“ das vierteljährlich erscheint. Aber bald wird das alles vergessen sein, da die
meisten Vertriebenen schon über 70 und 80 Jahre alt sind.
Folgendes aus dem „Crossener Heimatblatt“ von Herrn Kurt Reinhardt:
„Es fällt manchem schwer, das zu vergessen, was man unseren Menschen angetan hat. So
deckt man den Mantel des Schweigens über kaum zu glaubende Geschehnisse, die man wohl
als Verbrechen bezeichnen kann. Doch wir wollen ein gutes Verhältnis zu unseren polnischen
Nachbarn und den Völkern herstellen, die unter dem faschistischen Größenwahn leiden
mussten.“
Kriegerdenkmale und Kriegstote
Nach dem 1. Weltkrieg wurde in Briesen zur Ehrung der Toten ein Kriegerdenkmal angelegt.
Die Namen von etwa 25 Briesener Kriegstoten waren auf der Vorder- und Rückseite
eingemeißelt. Es befand sich auf dem Dorfanger zwischen Kirche und dem Grundstück
Heidenreich. Die Umgebung war als kleiner Park angelegt. In den ersten Jahren des 2.
Weltkrieges wurden für die neuen Toten dort Holzkreuze errichtet. Den Nationalsozialisten
war der sitzende Soldat auf dem
Gedenkstein
zu
pazifistisch.
Stattdessen krönten sie das Denkmal
mit Reichsadler und Hakenkreuz.
Als nach dem Ende des 2.
Weltkrieges
Nazisymbole
verschwinden mussten entfernte,
man zuerst den Adler, später dann
auch Gedenkstein. Die Holzkreuze
wurden nach dem Krieg durch
gebrannte Tontafeln ersetzt. Ende
der 1960er Jahre wird auf dem
Friedhof ein Gedenkstein für die
Toten beider Weltkriege aufgestellt.
Die Tonplatten mit den Namen
einiger Gefallener wurden rechts
und links vor der Halle angeordnet.
Auch
Kersdorf
hatte
ein
Kriegerdenkmal für die Toten des 1.
Weltkrieges. Es stand links vor der
Kersdorfer Mühle. Als 1965 der
Mühlengraben verbreitert und die
kleine Brücke erneuert wurde,
verschwand das Denkmal.
Für die vielen bekannten und
unbekannten Kriegstoten wurde
1991 das Holzkreuz aus DDRZeiten
durch
ein
steinernes
Gedenkkreuz ersetzt.
Kriegerdenkmal auf dem Dorfanger
Postkarte aus den 1930er Jahre
619
Von den eingezogenen Männern aus Briesen sind 96 Soldaten gefallen. Kersdorf hatte 17
Opfer zu beklagen dazu kommen noch 11 Vermißte. Wo werden sie wohl begraben sein?
Gedenkstein für die Toten von 1914-1918 und 1939-1945
Foto von 1997
2002 wurden die Tontafeln
für 26 Soldaten durch eine
Tafel ersetzt
Die Toten des 2. Weltkrieges:
Dienstgrad:
Soldat
Unteroffizier
Obergefreiter
Gefreiter
Obergefreiter
Obergefreiter
Unteroffizier
Unteroffizier
Gefreiter
Unteroffizier
Gefreiter
Soldat
Obergefreiter
Soldat
Soldat
Oberleutnant
Gefreiter
Feldwebel
Grenadier
Gefreiter
Leutnant
Grenadier
Obergefreiter
Gefreiter
Grenadier
Unteroffizier
San. Obergefreiter
Füsilier
Name:
Karl Schulz
Herbert Eichler
Erich Kalisch
Otto Paulke
Richard Paulke
Richard Peiltz
Paul Gedicke
Friedrich Teschke
Willi Pelz
Alfred Gräber
Reinhard Kottke
Helmut Kalisch
August Lange
Paul Schulz
Kurt Griewenka
Willi Freudenberg
Willi Bach
Gerhard Wagner
Hans Georg Ludwig
Karl Mauche
Heinz Sommer
Joachim Zippli
Gerhard Burjack
Alfred Vormelcher
Helmut Klein
Erwin Kreide
Gerhard Melde
Reinhold Seelig
Alfred Müller
geboren/ Alter:
23.01.1913
07.04.1916
29.08.1912
30.06.1911
0608.1914
27 Jahre
20.06.1915
1913
24 Jahre
34 Jahre
15.09.1921
29.07.1913
02.03.1901
22.01.1929
29.09.1909
03.10.1905
1914
25.09.1923
18.09.1922
03.04.1920
23.08.1915
23.06.1921
31 Jahre
09.05.1903
27.05.1923
11.06.1922
10.01.1911
30.11.1906
620
gefallen:
15.05.1940
16.07.1941
30.08.1941
14.10.1941
14.10.1941
(Lazarett)
03.10.1941
24.10.1941 (Unfall)
28.12.1941
06.02.1942
09.04.1942
07.03.1942 (Lazarett)
15.03.1942
08.04.1942
12.07.1942
20.09.1942
22.10.1942
06.12.1942
04.12.1942
27.09.1942
08.12.1942
30.10.1942
24.02.1942
24.07.1943
26.09.1943
05.12.1943
24.02.1944
18.12.1943
26.02.1944
Dienstgrad:
Obergefreiter
OT.
Gefreiter
Unteroffizier
Stabsgefreiter
Unteroffizier
Obergefreiter
Unteroffizier
Obergefreiter
Forstarbeiter
Gefreiter
Obergefreiter
Oberfeldwebel
Unteroffizier
Gefreiter
Obergefreiter
Gefreiter
Polizist
Unteroffizier
Oberfeldwebel
Name:
Gustav Feierabend
Otto Priefert
Wilfried Joch
Wolfgang Hinze
Paul Frieske
Karl Priefert
Erich Ritter
Arnold Braatz
Karl Noack
Otto Schäfer
geboren/ Alter:
03.11.1916
21.01.1904
11.05.1922
17.06.1922
20.10.1898
02.07.1910
23.09.1910
17.10.1925
1898
24.03.1920
Alexander Schröder 13.07.1914
Alfred Schneider
04.08.1913
Arno Kaufmann
Gustav Schulz
28.04.1913
Harry Steinkraus
30.11.1916
Walter Priefert
24.12.1924
Albert Gutt
26.08.1921
Paul Henkel
15.05.1924
Paul Starke
05.04.1895
Fritz Neuhausen
12.12.1904
Karl Priefert
Erwin Pilecke
Erich Liesegang
26.05.1904
Erich Richter
Herbert Kalisch
Bernhard Klügert
Herrmann Sander
Herbert Richter
16.08.1914
Alfred Bischof
10.02.1915
Otto Schlodder
24.03.1920
Karl Heinz Wandel 18.09.1920
Artur Fröhlich
Wolfgang Hinze
17.06.1922
Paul Schulz
24.02.1900
Alfred Vormelcher 24.02.1900
Heinz Gerhard Müller 07.09.1923
Walter Höhne
01.01.1923
Herbert Teschke
12.04.1910
Walter Krüger
Erwin Kirbs
23.11.1924
W. Förster
Werner Jüttner
28.04.1913
Albin Joch
17.03.1913
D. Heinicke
A. Schröder
Kurt Mittermann
24.08.1922
Gustav Rein
07.10.1913
Helmut Strauch
10.03.1923
Willi Sattelberg
05.12.1912
621
gefallen:
21.01.1944
30.04.1944
18.03.1944
23.04.1944
10.07.1944
30.07.1944
01.08.1944
16.07.1944
28.07.1944
22.08.1944
22.08.1944
31.08.1944
23.08.1944
27.10.1944
17.02.1944
01.12.1944
29.12.1944
30.01.1944 nördl. Eismeer
1943
bei Charkow
1944
1941
1944
28.01.1945
10.04.1945
22.08.1944
27.09.1942
25.04.1945
26.12.1942
22.10.1944
17.10.1943
14.07.1943
03.07.1944
16.06.1944
15.05.1940
Als im Krieg vermisst gelten: Walter Krug, Werner Roland, Rudi Pape, Herbert Kalisch,
Gerhard Pachael, Arno Schwärzel, Klaus Rochow, Werner Schmidt, Heinz Paul, Helmut
Struck, Günter Westphal
Im Krieg 1939/45 verblieben von Kersdorf 16 Männer:
Dienstgrad:
Name:
Soldat
Karl Otto Weichert
Soldat
Alfred Voigt
Soldat
Helmut Jänsch
SS-Sturmmann
Günter Gedicke
Obergefreiter
Kurt Ackermann
Gefreiter
Gustav Selig
Marine Gefreiter
Bruno Zabel
Uffz. Fallschirmjäger Bernhard Schnell
Unteroffizier
Alfred Bischoff
Jäger
Bruno Freudenberg
Soldat
Otto Stegmann
Unteroffizier
Erich Raasch
Zugführer
Gerhard Techen
Unteroffizier
Karl Zabel
San. Obergefreiter Fritz Friede
Gefreiter
Adolf Sommer
Schütze
Arthur Schalldach
geboren/ Alter:
25.01.1920
10.02.1906
04.02.1921
24.08.1922
02.02.1923
29.12.1918
10.12.1915
27.05.1924
30.04.1903
12.12.1917
1903
29.01.1916
25.10.1921
1923
gefallen:
08.06.1940
23.06.1941 in Litauen
30.07.1941 Pripjetsümpfe
11.11.1941
14.07.1943
--. 02.1943
18.03.1943
08.05.1943 in Afrika
23.07.1943
22.07.1943
03.12.1943
06.12.1943
10.04.1945
22.03.1944
03.04.1944
03.08.1942
20.09.1942
Ein großes Gedenkkreuz und 98 Gedenksteinchen erinnern an die deutschen Gefallenen, die
in und um Briesen im 2. Weltkrieg ihr Leben lassen mussten. Im Lazarett, das in der
damaligen Schule eingerichtet war, starben auch viele. Von den 98 Gefallenen stehen 54 mit
Namen und 35 als „unbekannt“ auf den Gedenktafeln.
Der Bereich des Friedhofs mit den Toten des 2. Weltkrieges
622
Der Neuanfang 1945
Nach dem Einmarsch der Roten Armee, am 24. April 1945 wird eine sowjetische
Kommandatur in der Villa „Zippli“ in der damaligen Mühlenstraße (Karl-Marx-Str.3)
eingerichtet. Kapitän Lekin ist für den Ort zuständig. Mit einem der ersten Befehle werden
alle Rundfunkgeräte und Schreibmaschinen eingezogen. Der Wehrwolf soll sich nicht
organisieren können heißt die Begründung. Fahrräder und Uhren besorgen sich die russischen
Soldaten bei den Bürgern in Selbstbedienung, zur Berechtigung drohen sie dabei mit ihrer
Waffe. Ab 1. Mai 1945, der Krieg war noch nicht zu Ende, müssen sich die Bürger im
Gemeindebüro anmelden. In diesen Tagen waren 303 Einwohner in Briesen. Die Sowjets
lassen sich alle Karteikarten des Meldeamtes übersetzen. Der ehemalige Bauernführer und
Bürgermeister Paul Gerlach und Robert Wagner sind verantwortlich für die Erfassung der
Karteikarten. Als Übersetzer arbeitet Ludwig Franzek. Herr Richter und A. Kermas sind
ebenfalls in der Verwaltung. Es werden erste
Brotrationen verteilt. Ab 7. Mai werden die
Parteigenossen der Arbeiterparteien August
Wahlich, Erich Kalisch und Eduard Pelz zur
Unterstützung in das alte Gemeindeamt (Haus
Bäcker Meyer in der Bahnhofstr.) geholt. Am 6.
Juni übernimmt A. Wahlich den Vorsitz in der
Gemeinde, P. Gerlach wird entlassen, er kommt
später im Lager Ketschendorf ums Leben. Eine alte
Lokomobile und eine Schrotmaschine werden auf
dem Platz des ehemaligen Sägewerkes Jeske in
der Mühlenstr. aufgestellt. Man schrotet die
Personalausweis ohne Lichtbild von
angebrannten Getreidereste aus der Mühle Meyer.
1945,
Verantwortlich dafür sind Ernst Landsmann, Franz
Zickrow, Gustav Pohland. Für die Ausgabe der
Die Angaben erfolgten in Deutsch und Verpflegung werden Alfred Balzer und Erich
Russisch
Stolzenberg eingeteilt. Verteilt werden Kartoffeln,
Zwiebeln und Schrotbrot. Zur Reparatur und zum
Umbau der Eisenbahnstrecke werden viele arbeitsfähige Bürger eingesetzt.
Es gibt Beschwerden der Bürger über Raub, Vergewaltigungen und Plünderungen, es ändert
sich aber kaum etwas.
Ab Juni kommen immer mehr Flüchtlinge aus den Ostgebieten, weil sie von den Polen
vertrieben wurden. Im Sommer 1945 bricht eine Typhusepidemie aus. Man richtet im
Altersheim Kersdorf ein Typhuskrankenhaus ein. Die Leitung hat Professor Unverricht.
Betreut werden die Kranken von den Krankenschwestern Bredow und Kurreik und den
Hilfskräften Frl. Lau und Hildebrandt. Um die Kranken im Dorf kümmert sich Dr. Scholz.
Neben Typhus tritt Ruhr verstärkt auf.
1945 wurden in der Gemeinde 194 Sterbefälle registriert.
Wilhelm Grimm, Werner Kiepert und Artur Weiher reparieren unter schwierigen
Bedingungen die Fernsprechanlagen und die Stromversorgung des Ortes.
Der Viehbestand war 1945:
1 Kuh
bei Kalisch
1 Kuh
bei Lehmann
2 Kühe
bei B. Wolf
2 Schweine bei Bäckermeister Kohl
Großvieh irrt herrenlos in den Wäldern umher und wird eingefangen und in Ställen
untergebracht. Später wird das Vieh den Betrieben, die es untergestellt haben als Eigentum
übergeben. Die Betriebe werden zur Abgabe von Milch und Fleisch verpflichtet, um der
Allgemeinheit zu helfen.
623
Für die Bergung der toten Soldaten und Pferde, die an den Straßen und in den Wäldern um
Briesen liegen, wird ein im Volksmund so genanntes „Leichenkommando“ gebildet. Die toten
Pferde werden in Gruben vergraben.
Die Soldaten werden, nachdem man
ihnen Dokumente und persönliche
Sachen
zur
Identifizierung
abgenommen hat an der Fundstelle
begraben. Die Grabstelle erhält ein
Holzkreuz. Später bettet man die
deutschen Soldaten auf einen
besonderen Bereich des Briesener
Sowjetisches Ehrenmal, im
Hintergrund „Konsum
Lebensmittel“ - Schulz
Foto von 1970
Friedhofs um. Es bleibt bei den einfachen
Kreuzen, eine gemeinsame Ehrung erfolgt
nicht.
Für die sowjetischen Gefallenen wird auf
dem Dorfanger vor der Feuerwehr ein
Ehrenfriedhof angelegt. Etwa 180 Soldaten
die in der Umgebung von Briesen und der
Nachbarorte gefallen sind erhalten eine
Ruhestätte. Die Gräber und das Ehrenmal
sind zu Anfang nur aus Holz. Anfang der
1950er Jahre wird die Anlage aus
Granitsteinen gemauert. Die Bauleitung
übernimmt Alfred Firl, Maurer ist Paul
Kaiser. Die Ketten für die Einfassung
werden bei Tuchnitz geschmiedet.
Mehrmals im Jahr wurden zu DDR-Zeiten Umbettung der sowjetischen Kriegstoten im
am Denkmal Blumen niedergelegt oder Herbst 1991
Feierstunden abgehalten. Die Schule
und Betriebe des Ortes nahmen
zusammen mit einer Delegation der
sowjetischen
Garnison
aus
Fürstenwalde daran teil.
Im Herbst 1991 wurden die
sowjetischen Gefallenen und das
Ehrenmal auf den Briesener Friedhof
verlegt. Von der Gemeinde wird die
Gedenkstätte dort weiter gepflegt.
Im Juni 1945 werden von den Sowjets
Parteien
und
Organisationen
zugelassen. In Briesen entstehen die
SPD und KPD neu. Bürgerliche
Parteien sind nicht erlaubt.
Eine
Gemeindebodenkommission
unter Leitung von Kaminski und
Die sowjetische Gedenkstätte auf dem Briesener
später
Max
Schubert
vergibt
Friedhof
Gartenparzellen von ¼ bis 1½
624
Morgen an Bürger. Man benutzt dazu ein Feld in der Frankfurter Str. wo später die Schule
gebaut wird.
Am 20.April 1946 vereinigen sich SPD und KPD zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED). Erich Kalisch KPD und Richard Schildbach SPD reichten sich unter dem Beifall
der Genossen die Hände. In der späteren DDR wird es die Staatstragende Partei. Nach dem
sowjetischem Vorbild der Komsomolzen entsteht die Jugendorganisation: Freie Deutsche
Jugend (FDJ). Ihr Symbol ist eine aufgehende Sonne. Jugendliche von 14- 25 Jahren konnten
Mitglied werden. In den ersten Jahren war die Organisation beliebt, es gab gemeinsame Tanzund Sportveranstaltungen. Die Funktion als Kaderschmiede für die Partei bekam die FDJ erst
in späteren Jahren.
Die Sowjets wollten die Naziaktivisten bestrafen. Da sie wenige
konkrete Informationen hatten, genügten ihnen Denunziationen von
Briesener Bürgern. Ohne weitere Überprüfung werden ab 13. August
1946 viele Jugendliche und Männer vom sowjetischen Geheimdienst in
ein Lager nach Ketschendorf oder in andere Internierungslager
gebracht. Viele junge Menschen, deren einziges Verbrechen darin
bestand, in der HJ gewesen zu sein, landen dort. Die Bedingungen in den Lagern sind
katastrophal, viele Menschen sterben infolge schlechter Ernährung oder an Krankheiten. In
einem Raum mit 20m² waren bis zu 50 Menschen untergebracht.
In der kurzen Zeit des Bestehens des Lagers Ketschendorf von 1946 bis 1947 gab es
schätzungsweise 6000 Tote.
Aus Briesen und Kersdorf kommen folgende Menschen in den Lagern um:
Kurt Gerlach
Hans Priefert
Paul Gerlach
Darge
Eschenbach
Bauer Jänsch
Melde
Piel
Rosenberg
Gastwirt Schulz
Herrmann Schubert
Albert Schubert
H. Thunak
Fritz Zwirner
Albert Schippke
Fender
Karl Gedicke
Henschel
Jaskulla
Förster Johns
Bruno Lehmann
Franz Leiminger
Henry Päpke
Riesenberg
Schern
Karl Wille
Georg Wetzel
Otto Wolf (Bäcker)
Dillmer
Folgende Männer haben das Lager überlebt und kehren bis 1950 wieder zurück:
Rudi Steinkraus
Max Wiechert
Siegfried Gerlach
Richard Richter
Fritz Wilke
Wilhelm Grunow
Walter Schubert
Max Heinicke
Karl Wandel
625
Bollmann
Karl Balzer
Harald Schubert
Erich Wagner
Die Heimgekehrten wurden dazu verpflichtet über ihre Erlebnisse im Lager zu schweigen.
Erst 40 Jahre später
wurden Einzelheiten aus
dem
Lagerleben
bekannt.
1952 als die Reifenwerksiedlung in Fürstenwalde
gebaut wurde, entdeckt
man die Massengräber.
Das Lager war 1947
aufgelöst worden. Über
die Herkunft der vielen
Toten,
die
damals
entdeckt
wurden,
erfuhren die Fürstenwalder wenig. Man
suggerierte den Bürgern
dass es Kriegstote seien.
Die
meisten
Toten
Hinter der Reifenwerksiedlung, nahe der Autobahn A12, gibt es
wurden dann auf den
jetzt einen kleinen Gedenkhain und diesen Gedenkstein.
Soldatenfriedhof
nach
Halbe umgebettet. In
Sammelgräbern wurden sie auf
den Grabfeldern IX bis XI zur
letzten Ruhe gebettet.
Nach Gründung der DDR
übergaben die Sowjets die
Internierungslager an die DDR.
Ab 1950 wurden sie aufgelöst.
Erst nach dem Ende der DDR
entsteht, dort wo sich das
Massengrab befand, ein kleiner
Gedenkhain und Tafeln erinnern
an die vielen Toten.
626
Berichte von Zeitzeugen über das Kriegende und die Zeit nach 1945
Bericht von Hauptlehrer Robert Wagner über das Schicksal der Schule in Briesen
627
628
629
Anfang 1966 rief Max Scholz, der damalige Bürgermeister von Briesen auf, für eine
Dorfchronik persönliche Erlebnisse vom Neuanfang nach 1945 aufzuschreiben.
Die folgenden Texte sind aus dieser Zeit noch erhalten:
630
Bericht von Ernst Landsmann aus der Petershagener Str.
631
632
633
634
Werner Kiepert aus der Bahnhofstraße schreibt über die Elektroinstallation
635
Max Schubert über die Bodenreform
636
637
Der Bericht des Dachdeckers Karl Zabel über die Nachkriegszeit
638
639
Bericht des ersten nach 1945 eingesetzten Bürgermeisters August Wahlich
640
641
642
Franz Fleck über die Nachkriegszeit
643
644
645
Wilhelm Grund über die Reparatur des Telefonnetzes
646
647
Erinnerungen an die Schulzeit und Kindheit in Briesen (1946-1954)
Erika Schulz, geb. Gonschorek, Jahrgang 1939
Es war ein recht trüber Tag. Anfang September 1946. Meine Mutter hatte sich über mittag
von ihrer Arbeit auf dem Sägewerk eine Stunde freigenommen, um mich zum Tag meiner
Einschulung zu begleiten.
648
Wenn ich mich richtig erinnere, lieferte sie mich dort aber nur ab. Die Schule befand sich in
einer ehemaligen Villa, dem heutigen Vereinshaus.
Dort stand ich nun, verloren unter vielen fremden Menschen. Einen Ranzen und die heute so
begehrte Schultüte besaß ich nicht. Eigentlich wusste ich auch gar nicht, dass es solche Dinge
gab. Ich trug eine Art Aktentasche, aber aus derbem Stoff gefertigt. Meine Mutter hatte sie aus
einem alten Soldatenrucksack genäht. Darin war eine recht kleine Schiefertafel, wer mir die
zukommen ließ, ist mir nicht bekannt.
Wir, die Schulanfänger und einige Mütter, hatten uns in dem größten Raum dieses Schulhauses,
dem früheren Salon der Villa, versammelt. Es waren über 50 Schüler und ich wundere mich
heute beim Betrachten dieses Raumes, wie es möglich war, für diese große Anzahl von Schülern
das Mobiliar zu stellen und die Kinder dort unterzubringen. Aber wir saßen auch alle sehr dicht
aufeinander, bis ganz nach vorn vor die Tafel.
An diesem ersten Tag wurden wir u. a. auch nach unserem Geburtsort gefragt. Als ich an der
Reihe war und den Ort mit "Polen" angab, erfolgte allgemeines Gelächter, das mich irritierte und
auch irgendwie verletzte. Bedingt durch die Flucht aus den ehemaligen Ostgebieten, mein
Geburtsort ist Posen, und die schlimme Nachkriegszeit, hatte meine Mutter überhaupt keine Zeit,
uns in solche Dinge einzuweisen. Im Vordergrund stand die Versorgung von uns vier Kindern
(zwei bis sechs Jahre alt). Daher besaß ich auch keinerlei altersgemäßes Vorwissen, kannte
weder Zahlen noch Lieder oder irgendwelche persönliche Daten.
Geprägt hatten mich wie viele meiner Generation bis zu dieser Zeit die fürchterlichen Erlebnisse
im Zusammenhang mit dem Eintreffen der ersten russischen Soldaten in unser Dorf im Januar
1945, die nachfolgende Vertreibung von Haus und Hof, die Traurigkeit und die Ungewissheit
zum Schicksal unseres Vaters, der im Februar 1945 in die Sowjetunion verschleppt wurde und
die grauenvolle sogenannte "Umsiedlung" im Dezember 1945.
Am Abend des 23. 12. 1945 war meine Mutter mit uns vier Kindern nach einer wochenlangen
Odyssee in Briesen (Mark) gelandet. Die Monate danach bis zu meiner Einschulung waren im
Prinzip nur damit ausgefüllt, das Überleben der Familie zu sichern. Das hat sicher auch uns
Kinder beeinflusst. Deshalb hatte ich auch keinerlei Vorstellungen von Schule. In Erinnerung ist
mir noch, dass ich zur Einschulung eine kleine graue Papierspitztüte mit einigen sauren
Bonbons bekam. Da ich diese ganz allein für mich behalten wollte, versteckte ich sie oben auf
dem Kleiderschrank. Man musste erst auf einen Stuhl steigen, um an sie heranzukommen. Und
da meine Geschwister kleiner als ich waren, wähnte ich die Tüte dort sicher.
Unser Klassenlehrer in den ersten und zweiten Klasse war Herr Robert Wagner, ein recht
strenger Lehrer, der aber auch spaßig sein konnte. Es war allerdings zumeist der gleiche Spaß.
Wenn er schmunzelnd anfing: "Als ich noch ein kleines Mädchen war....", und wir dann alle
lachten und riefen, dass er ja ein Junge gewesen sei, dann freute er sich über seinen eigenen
Witz. Oft musste er auch den Mädchen die Hosen hochziehen, in Ermangelung von
Gummiband waren diese nur mit Schnur oder Bändern zu schließen, und wer konnte schon eine
Schleife binden. Es ist mir heute unerklärlich, wie es Herr Wagner schaffte, in einer 1.Klasse
mit 50 Schülern diese das Schreiben, Rechnen und Lesen zu lehren. Auf jeden Fall muss es
ihm doch bei den meisten von uns gelungen sein. Aber mir ist auch nicht erinnerlich, dass es
in den Unterrichtsstunden laut oder ungezogen zuging. Geschrieben und gerechnet wurde auf
der Schiefertafel. Da meine nach kurzer Zeit in der Folge eines Streits mit meinem Bruder
zerbrach, blieben mir nur noch die Scherben - aber irgendwie ging es so auch.
Lesebücher waren in der ersten Klasse nicht für alle Schüler vorhanden, wir sollten sie für das
häusliche Üben untereinander austauschen, was natürlich in den seltensten Fällen erfolgte. Ich
hatte jedenfalls kein Buch und war demzufolge gezwungen in der Lesestunde aufzupassen,
um den Text schließlich auswendig zu "lesen".
Nur wenn Herr Wagner uns aufforderte, den Text von hinten zu lesen, wurde es natürlich
schwierig. Wenn ich wirklich mal das Lesebuch mit nach Haus bekam, wurde am Abend mit
der Mutter geübt. Aber sehr häufig war dann Stromsperre und bei Kerze, soweit vorhanden,
oder Kienspan war da auch nicht mehr viel zu machen.
649
In der ersten Zeit hatten wir teilweisen Schichtunterricht, wir gingen dann meistens am
Nachmittag zur Schule. Außerhalb des Unterrichts wurden wir im Kindergarten betreut.
Dieser befand sich in der Beeskower Straße. Hier erhielten wir auch ein Mittagessen, spielten
viel im Freien, lernten Lieder und kleine Spiele. Es gab auch Liegen für die Mittagsruhe. Gern
erinnere ich mich an eine damalige Kindergärtnerin, Tante Vera, später Frau Forstmeyer.
In der Schule gab es zur Stärkung ein rundes dunkles trockenes Brötchen, sodass wir
wenigstens etwas im Magen hatten. Wir nannten dieses Gebäck "Ochsenaugen". Manchmal
verteilte Herr Wagner in der Schule auch Bezugsscheine. Er fragte dann: "Wer hat
Schuhgröße 32?" Und wenn man diese hatte, erheischte man mit etwas Glück solchen Schein,
für den man dann ein Paar neue Schuhe erhielt. Diese waren eine große Kostbarkeit. Denn es
kam vor, dass man in Ermangelung fester Schuhe bei nassem oder sehr kaltem Wetter nicht
zur Schule gehen konnte. Manchmal wechselten wir uns auch mit dem Tragen der Schuhe ab,
einer ging mit diesen zur Schule und der andere musste zu Hause bleiben. Dass die Schuhe oft
auch zu groß waren, machte uns nichts aus, dann wurden die Spitzen einfach mit Papier
ausgestopft. Aber wir litten eigentlich nicht darunter, denn es ging ja sehr vielen Kindern
nicht anders. Das war unser Alltag. Gern erinnere ich mich auch an unseren großen
Pausenhof, aus damaliger Sicht eine herrliche Wiese, auf der man sich frei bewegen konnte,
z. T. fand dort auch der Sportunterricht statt. Weniger schön war das "Plumps-Klosett", auf
dem es immer fürchterlich stank.
Im ersten Jahr hatten wir u. a. auch Sport bei Fräulein Loose. Dieser wurde im Saal vom
sogenannten "Erbsensack" abgehalten. Wir mussten uns dazu eine Zeitung oder eine andere
Unterlage mitbringen. Darauf setzten wir uns, und Frl. Loose im langen Rock demonstrierte
die einzelnen gymnastischen Übungen. Ich sehe sie noch heute vor mir, wie sie laut zischend
ein-und ausatmete. Im Saal war es dunkel und kalt.
Im dritten und vierten Schuljahr war Herr Conrad unser Klassenlehrer. Er wohnte gleich
neben unserem Klassenraum im oberen Stockwerk. Manchmal kam er zu Stundenbeginn noch
kauend herein, die Finger hinter den Hosenträgern und fragte uns, wer ihm morgen
Kaninchenfutter mitbringen könne. Und es gab immer mal jemanden, der das konnte. Ich war
nicht dabei, denn wir hatten genug zu tun, für unsere Kaninchen das Futter herbeizuschaffen.
Was mir aber heute noch große Hochachtung abverlangt, ist der Musikunterricht bei Herrn
Conrad. Bereits in der dritten Klasse unterwies er uns in der Notenlehre, wir sangen nach den
von ihm demonstrierten Handzeichen: do, re, mi, fa, so, la, ti, do und sangen auch von der
Tafel einfache Melodien nach Noten ab und das z.T. auch zweistimmig. Er brachte auch
einigen von uns das Spielen auf der Blockflöte bei. Wir konnten damals bereits einfache
Lieder vom Blatt spielen. Leider wurde das dann nicht mehr fortgeführt.
Herr Conrad unternahm mit uns auch Wanderungen in unsere Briesener nähere Umgebung.
An eine ulkige Sache erinnere ich mich noch wie heute. Wir waren mit ihm am Petersdorfer
See und gingen gemeinsam baden, er natürlich auch. Beim Anblick seines Badeanzugs
mussten wir uns doch das Lachen verkneifen. Ein ausgeblichener lila-weiß gesteifter
Trägerbadeanzug mit langen Hosenbeinen und schon etlichen Mottenlöchern schmückte
unseren Lehrer, aber er ging mit uns baden, und das war einfach toll, übrigens machte das
Baden zu unserer Schulzeit am Petersdorfer See großen Spaß. Es gab einen langen Steg mit
einem schön federnden Sprungbrett, der Nichtschwimmerbereich war mit Holzbalken
abgeteilt und der Strand bot Gras- und Sandflächen zum Liegen. Auch Toiletten und
Umziehmöglichkeiten waren vorhanden.
Es war möglich, bis zum anderen Ufer des Sees zu schwimmen, ohne von Schlingpflanzen
behindert zu werden. Als Trophäe, dass man es geschafft hatte, brachte man von der anderen
Seite eine weiße Seerose mit die man sich beim Schwimmen um den Hals hängte. Am Ziel
angekommen, wurde daraus eine Kette gefertigt, der Stiel ließ sich wie Kettenglieder brechen.
So verschafften wir uns unsere eigenen Medaillen. Jedenfalls haben wir an diesem See alle
ohne jegliche fremde Hilfe das Schwimmen gelernt.
650
In diesem Zusammenhang möchte ich einiges zu unseren Spielen in der Nachkriegszeit
einfügen. Da wir über keinerlei Spielzeug verfügten, waren unserer Fantasie keine Grenzen
gesetzt. In der ersten Zeit wurden noch als Erinnerung an den Krieg Bunker gebaut, in denen
wir sogar stehen konnten. Die großen Jungen aus der Nachbarschaft hatten dort natürlich das
Sagen, wir Kleineren waren die Gefolgsleute. Es wurde sogar Krieg gegen die Hüttenstraße
gespielt. Wir, das waren die Kinder von der Frankfurter Straße. (Paepke,
Jarchow,Gonschorek,Weinert, Fust, Patke, Zamzow, Mann), standen auf der einen Seite der
sogenannten Pelzer Heide und die Kinder der Hüttenstraße auf der anderen.Wir Mädchen
sammelten Steine und die Jungen warfen dann diese gegen die anderen oder schleuderten
diese in ihren "Katschis" gegen die Hüttenkinder. Glücklicherweise wurde nie einer verletzt,
aber man muss doch staunen, wie sich die ganze Kriegsideologie auch in den Köpfen der
Kinder eingenistet hatte.
Aber diesen Spielen folgten dann doch bald Friedliche. So bauten die Jungen zwischen dem
kleinen Wäldchen und den Birken einen Fußballplatz mit richtigen Toren. Uns Mädels
stellten sie ins Tor und sie bolzten dann nach Herzenslust. Gern spielten wir auch an den
Birken. Hier konnten wir klettern, und wenn das Nachbarmädchen ihre schönen Puppen mit
den anderen herrlichen Puppensachen aus der Vorkriegszeit mitbrachte, dann war es natürlich
fast traumhaft. Solche Zelluloid-Puppen mit echtem Haar und Schlafaugen hatten wir noch
nie gesehen- und jetzt konnten wir diese auch mal anfassen und gemeinsam Mutter-Kind
spielen. Von irgendjemandem hatten wir einen Tennisball bekommen. Mit diesem erweiterten
sich unsere Spielmöglichkeiten. Da gab es eine richtige Spielfolge. Zehnmal den Ball mit
beiden Händen gegen die Wand werfen und wieder fangen, dann neunmal mit der rechten,
achtmal mit der linken usw. Mit jedem Mal wurde der Schwierigkeitsgrad höher. Wenn der
Ball herunterfiel, war der Nächste an der Reihe. Sieger war derjenige, der zuerst alle Folgen
absolviert hatte. Häufig wurde auch Hopse gespielt. Da gab es die verschiedensten Formen,
die aufgezeichnet wurden, und die dann durchgehüpft wurden, wiederum erhöhte sich bei
jedem Durchgang die Schwierigkeit. Aber auch solche Laufspiele wie: Wer fürchtet sich
vorm schwarzen Mann, Meister, Meister gib uns Arbeit oder, Alle meine Geißlein kommt
nach Haus usw. förderten die Gemeinsamkeit von uns Kindern.Wir brauchten keinen
Erwachsenen, der mit uns spielte oder uns beaufsichtigte. Im Allgemeinen verlief das alles
auch recht harmonisch und lustig.
Etwas ganz Besonderes war es, als ein Mädchen das Fahrrad ihrer Familie mitbrachte. Es war
ein altes Herrenfahrrad. Darauf lernten wir alle das Radfahren. Da wir nicht über die Stange
reichten, mussten wir das eine Bein unterhalb der Stange auf die Pedale setzen. Dabei das
Gleichgewicht zu halten, war zwar etwas schwieriger, aber es gelang. Unsere Teststrecke war
immer der Weg von Schildbachs bis zur Straße und zurück.
Gern hätte ich damals auch eigenes Spielzeug gehabt. Als mir meine Mutter Geld für den Einkauf
von Lebensmitteln gab, kaufte ich davon eigenmächtig Bücher und Spielzeug. Schräg gegenüber
von Patkes gab es solch einen kleinen Laden. Doch die Freude über meinen Besitz währte nicht
lange. Als meine Mutter von der Arbeit kam und statt der Lebensmittel meine Neuerwerbung sah,
musste ich diese schweren Herzens wieder zurückbringen, das Geld reichte eben nur für die
notwendigen Lebensmittel.
Aber später gab es an der Schule oder auch in der Gemeinde eine Bücherei, von dieser konnte
ich mir dann Bücher ausleihen.
Ärmlich war nicht nur das Spielzeug. Auch unsere Wohnverhältnisse waren mehr als
bescheiden. Über Jahre verfügte unsere fünfköpfige Familie nur über einen kleinen Wohnraum
und eine noch kleinere Küche. Aus Platzmangel hatte auch nicht jeder ein Bett. Meine
Schwestern teilen sich bis zum 12.Lebensjahr ein Bett! Ein Tisch, vier einfache Holzstühle, zwei
Betten, ein Kleiderschrank und ein altes verschlissenes Sofa war unser ganzes Mobiliar. Als wir
1953 in die Hüttenstraße zogen, verbesserte sich unsere Wohnsituation. Nun hatten wir drei
Zimmer und eine schöne Küche. Das Wasser mussten wir zwar weit von der Pumpe holen und
die Eimer immer die steile Treppe hinauftragen, aber das ging damals allen so.
651
Fast noch wichtiger als das Wohnen war aber für uns das Essen. Die Rationen auf den
Lebensmittelkarten waren nicht groß und deshalb war das Organisieren von Nahrung eine
ständige Aufgabe für unsere Mutter und auch für uns Kinder. Unser erstes Huhn, es war ein
Schwarzes, wurde aus Angst vor dem Habicht oder Dieben eingesperrt. Jedes gelegte Ei war
eine Kostbarkeit. Mir ist es heute noch unerklärlich, wie unsere Mutter aus nur einem Ei für
fünf Personen ein schmackhaftes Rührei herstellte. Sicher wurde mit viel Mehl und Milch das Ei
"gestreckt". Bald hatten wir auch Küken, später Enten, Gänse und Kaninchen. Ein Stück
Brachland wurde von unserer Mutter urbar gemacht, sodass wir auch bald eigenes Gemüse und
Kartoffeln halten. Die Obstbäume an den Alleen und manchmal auch die Äcker der Bauern
bereicherten unser Angebot. Unsere Mutter ging so manche Nacht auf "Raubzug", um uns satt
zu bekommen. Die Hausfrauen waren damals sehr erfinderisch. Statt Mehl für einen Kuchen
wurden Malzkaffee oder gekochte Kartoffeln genommen, und es hat uns jedenfalls sehr gut
geschmeckt. Auf abgeernteten Feldern wurde gestoppelt bzw. Ähren gelesen. Die Ähren wurden
dann mit einem Knüppel "ausgedroschen", die Hacheln weggepustet und die Körner auf der
Kaffeemühle zu grobem Mehl gemahlen. Nun war Mehl für eine Suppe da und manchmal auch
für ein Brot, welches wir zum Bäcker zum Backen trugen. So war es auch mit dem Kuchen. Den
ungebackenen Kuchen trugen wir auf großen Blechen zu Bäcker Seibt oder Meier zum
Ausbacken. Auf jedem Kuchen war ein Namenszettel, sodass auch jeder wieder seinen eigenen
Kuchen, zurück bekam. Diesen Kuchen oder das Brot unversehrt nach Haus zu bringen war gar
nicht so einfach. Ständig den frischen Kuchen- bzw. Brotduft vor der Nase, konnte man nicht
widerstehen.und so landete so mancher Streusel oder Kanten auf dem Weg bis nach Hause in
unserem Magen. Schimpfe bekamen wir dafür nicht. Denn der Hunger war immer gegenwärtig.
Wie groß die Portionen waren, belegt ein Erlebnis. In Ermangelung von Kühlschrank oder
Keller wurde der Sonntagsbraten schon am Vortag zubereitet, so konnte das Fleisch nicht
verderben. Meine Schwester Helga hatte diesen Braten schon gerochen und aß mit viel Appetit
das ganze Stück Fleisch, das eigentlich für uns fünf reichen sollte, heimlich ganz allein auf.
Unsere Mutter konnte sie dafür nicht ausschimpfen. Nun wurde es halt ein fleischloser Sonntag
und wenigstens hatte sich einer von uns hoffentlich an Fleisch satt gegessen.
Milch wurde in einer Blechkanne aus dem Milchladen neben der Post geholt. Auch diese gab es
auf Marken bzw. Zuteilung. Manchmal konnten wir uns eine Kanne voll auch vom Bauern holen.
Bis nach Petersdorf sind wir dafür gelaufen.
Als Mutti später bei Dr. Scholz täglich die Kuh molk, war die notwendige Tagesration an
Milch für unsere Familie gesichert. Zu damaliger Zeit aßen wir täglich unsere Milchsuppe,
und das war eine sehr wertvolle Mahlzeit. Später gab es in der Schule ein warmes
Mittagessen. Die Küche befand sich im Keller der Schule. Frau Warnke war die Köchin, die
uns in unsere mitgebrachten Kochgeschirre oder Schüsseln das Essen füllte. Mein
Kochgeschirr hatte eingeritzte russische Buchstaben. Wir hatten es im Wald gefunden. Was
wir nicht aufaßen, nahmen wir mit nach Haus. Mancher wärmte es sich noch einmal auf oder
es war ein willkommenes Futter für unsere Haustiere. Alles wurde verwertet.
Problematisch war es auch mit der Bekleidung. Auf den sogenannten Punktkarten konnte man
dafür etwas erwerben, aber im Allgemeinen war hier Geschicklichkeit und Können gefragt.
Unsere Mutter spann z. B. für Leute Schafwolle, manchmal bekam sie als Lohn dafür auch
etwas Wolle, sodass Socken oder Handschuh gestrickt werden konnten. Alle oder zu kleine
Stricksachen wurden aufgeriffelt und daraus etwa Neues gestrickt. Alle Kleidungsstücke, die
wir trugen, waren selbst genäht. Es gab keine fertige Konfektion. Da wurden alte Sachen
umgeändert, aufgetrennt.gewendet und neu genäht und das alles ohne Nähmaschine, oft bei
Kerzenschein, weil schon wieder Stromsperre war. Ständig riss der Faden, weil das Garn eine
sehr schlechte Qualität hatte. Aus den Kaninchenfellen, die mit Alaun gegerbt wurden, nähte
uns Mutti Mützen und Muffs oder schnitt aus dem Fell Einlegesohlen für die Schuhe. Sie trug
solch ein Fell gegen ihre Rückenschmerzen. Auf jeden Fall waren unsere Mütter damals sehr
einfallsreich und verarbeiteten den kleinsten Fetzen. Ein Loch im Kleidungsstück wurde
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geflickt oder gestopft, und es wurde so lange getragen, bis es wirklich auseinanderfiel. Der
letzte Rest wurde dann als Abwasch- oder Aufwischlappen genutzt.
Doch wieder zurück zur Schule. Ab der 5. Klasse kamen zu uns nun auch die Schüler aus
Jacobsdorf, später dann auch aus Pillgram und Biegen. Unsere Klassen liefen dann für zwei
Jahre als Parallelklassen, ab der siebenten waren wir dann allerdings wieder eine Klasse mit
fünfzig Schülern. Wir waren wieder in dem oberen großen Klassenzimmer mit den vielen
Balken untergebracht.
Herr Fred Lassan war unser Klassenlehrer. Und hier möchte ich doch etwas ausführlicher
werden. Vor der Leistung dieses Lehrers möchte ich mich noch heute verbeugen. Aus meiner
Sicht leistete er in dieser Zeit so viel, wie mancher nicht einmal in seinem ganzen Leben
schafft. Er war mit Leib und Seele Lehrer, insbesondere Musiklehrer. In den zwei Jahren, in
denen ich ihn an unserer Schule als Lehrer hatte, erreichte er mit uns Beispielhaftes. Herr
Lassan baute zu Beginn unserer siebenten Klasse ein Mandolinenorchester auf, und brachte
uns allen das Spielen bei. Das waren ca. 15 Spieler, die Mandoline, Mandola oder Gitarre
spielten. In Ermangelung von Notenmaterial schrieb er alle Partituren vor, und diese wurden
dann von Spieler zu Spieler weitergereicht, da sich jeder von uns seine Stimme in sein eigenes
Notenheft übertragen musste. Schlimm war es, wenn wir beim Abschreiben Fehler gemacht
hatten und dann in der Übungsstunde falsch spielten, das hörte Herr Lassan ganz genau
heraus. Neben der Mandolinengruppe leitete er auch unseren Schulchor. Er schaffte es, dass
wir dreistimmig sangen. Bei der Probe waren alle drei Tafeln in dem unteren großen Raum
voller Noten. Wenn Herr Lassan mit der einen Stimme übte, hatten wir anderen uns mit
unserer Stimme anhand der Noten zu beschäftigen. Ich meine, dass das doch ein recht hohes
Niveau der Chorarbeit darstellte und uns Schüler auch sehr forderte. Dieser Fleiß vom Lehrer
und von den Schülern wurde auch belohnt. Wir wurden bei unseren Auftritten gefeiert, kamen
viel herum und wurden Sieger bei Kulturausscheiden im Kreis und Bezirk. An eine lustige
Begebenheit dabei kann ich mich noch gut erinnern. Herr Lassan hatte die Angewohnheit, die
Stimmgabel an seinem Schuh anzuschlagen. Und so tat er es auch in Fürstenwalde im
Kulturhaus oben auf der Bühne während eines Auftritts. Er hob das eine Bein und schlug
hinten am Hacken die Stimmgabel wie immer an, um uns den Ton anzugeben. Da erklang
lautes Gelächter, das uns erst einmal irritierte. Den Zuschauern erschien diese Geste doch zu
komisch.
Aber auch als Klassenlehrer war Herr Lassan ein großartiger Lehrer. Mit ihm unternahmen
wir einen, schönen Wandertag in die Rauener Berge und waren auf Ferienfahrt im Spreewald
und auf der Insel Rügen. Alles war damals noch recht primitiv. So übernachteten wir im
Spreewald bei einem Bauern oben in der Scheune im Stroh, aber das war für uns doch recht
romantisch. So kamen wir wenigstens aus unserem Dorf heraus, denn an private Fahrten mit
unserer Mutter war doch gar nicht zu denken.
Aus meiner heutigen Sicht hat Herr Lassan ein Übermaß an Arbeit geieistet, obwohl er auch
eine Familie mit noch drei kleinen Kindern hatte. Als wir auf unserem Klassentreffen im
Jahre 2004 per Video in unserem alten Klassenbuch von 1952/53 blättern konnten, wurden
wir natürlich auch mit unseren damaligen Zensuren konfrontiert. Mit großem Respekt nahm
ich die Vielzahl der bewerteten mündlichen und schriftlichen Leistungen zur Kenntnis, und
das bei fünfzig Schülern. Dazu gehörte schon ungeheurer Fleiß, um die vielen schriftlichen
Arbeiten zu korrigieren. Da ich selbst viele Jahre Deutsch in den Klassen 5-8 unterrichtete,
kann ich mir dazu schon ein Urteil erlauben. Hochachtung vor der Leistung unserer
damaligen Lehrer.
In unserer Schule gab es neben dem Chor und der Mandolinengruppe noch andere
Arbeitsgemeinschaften. Zu einer möchte ich noch einige Erinnerungen aufschreiben. Unter
Leitung von Herrn Kramarczyk erlangte die Laienspielgruppe große Anerkennung. In drei
großen Stücken durfte ich mitspielen. Wir brachten diese, meist zu einer großen SchulWeihnachtsfeier für das ganze Dorf zur Aufführung. Wir spielten: Die zwölf Monate,
Aschenputtel und Hänsel und Gretel. Für jedes Stück gab es richtige dicke Rollenbücher. Das
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Lernen der Rollen bereitete dennoch keine besonderen Schwierigkeiten, wenn mal eine
Textunsicherheit auftrat retteten wir uns mit einigen selbst improvisierten Übergängen weiter.
Die Aufführung der Stücke war eine große Gemeinschaftsarbeit unserer Lehrer und der
Schüler. Herr Kramarczyk zeichnete als "künstlerischer Leiter" verantwortlich. Herr Siebert
baute die tolle Dekoration, und Frau Lassan staffierte uns mit der entsprechenden Garderobe
aus. Für das Aschenputtel halle sie mir z.B. ein wunderschönes langes Kleid aus hellblauer
Atlasseide zurecht gemacht. Es war wohl einst ihr Tanzstunden-Ballkleid, das sie für mich
natürlich an allen Enden und Seiten enger machen musste. Aber so ein feines Kleid hatte ich
vorher noch nie an. Die Kulissen waren auch immer große Klasse, z.B. ein richtiges
Hexenhaus mit Knusperkeksen, ein Backofen, in den die Hexe hineinpasste oder ein
scheinbar richtig brennendes Lagerfeuer der zwölf Monate.
Die großartigste Veranstaltung war die Aufführung von "Hänsel und Gretel", nach Motiven
der gleichnamigen Oper. Dazu hatte die Mandolinengruppe extra Musikstücke aus dieser
Oper eingeübt und die Hauptakteure sangen auch einige Partien der bekanntesten Melodien.
Uns hat das jedenfalls immer sehr großen Spaß gemacht. Gern erinnere ich mich dabei an das
Zusammenspiel mit Manfred Jarchow als Hänsel und meiner Schwester Brigitte als Hexe.
Meine Freundin Gisela spielte die böse Stiefmutter.
Auf jeden Fall war diese kulturelle Betätigung an unserer Schule auch die Grundlage für mein
Interesse für Kunst und Kultur in meinem weiteren Leben .
In unsere Schulzeit fiel auch die Gründung der Pionierorganisation. So tauchten auch bald die
ersten blauen Halstücher auf. Aufgrund der zeitlichen Nähe zu den damaligen Pimpfen gab es
bei den Eltern doch viele Vorbehalte bezüglich einer Mitgliedschaft ihrer Kinder in dieser
neuen Organisation. Ich wollte nun auch Pionier werden, wusste aber, dass meine Mutter
aufgrund ihrer politischen Haltung dem nicht zustimmen würde. Ich wusste aber auch.daß
meine Mutter alles unterstützte, wo ihre Kinder etwas Nützliches lernen konnten und was sie
möglichst auch, nichts kostete. Deshalb erzählte ich meiner Mutter, dass ich bei den Pionieren
eine Menge lernen könne und wir auch viele gute Sachen unternehmen werden. Und ich
durfte. Zum Schaden war es keinesfalls. Die kulturelle und sportliche Beschäftigung waren
Hauptinhalt.
Eine Sache berührt mich heute allerdings peinlich, In unserer Fotosammlung gibt es ein Bild,
auf dem ich mit einem anderen Mädel in Pionierkleidung vor einem Stalinbild anlässlich
seines Todes im März 1953 Ehrenwache stehe, und das an einem schulfreien SonnabendNachmittag. Für mich war das damals eine selbstverständliche Pflicht, entsprechend der
Einteilung durch die Schule dort zu steheu. In unseren Schulbüchern war Stalin als der große
Führer dargestellt, und beim Appell an seinem Todestag wurde uns das auch so vermittelt.
Und daran äußerten wir auch keine Zweifel. Auch wenn uns unsere Mutter die Dinge aus
ihrer Sicht ganz anders darlegte. Sie verurteilte, dass auf Befehl Stalins viele deutsche
Zivilisten, so auch mein Vater, zum Ende des Krieges in die SU verschleppt wurden und von
dort nicht mehr zurückkamen. Wir Kinder hatten zu allem nicht so die emotionale Nähe, so
dass wir immer dagegen hielten.daß Deutschland doch den Krieg angefangen hat und das
Folgende dann die Konsequenz war. Wir beurteilten das rein rational.
Heute schäme ich mich und überlege oft. dass es unserer Mutter doch sehr weh getan haben
muss, wenn wir anscheinend so "klug" diskutierten.
Als wir unlängst in der Familie darüber sprachen, äußerte meine 16-jährige Enkeltochter
völliges Unverständnis für meine damalige Haltung. Sie kann es sich nicht vorstellen, dass ein
fast 14-jähriges Mädchen so blind war und sich eigentlich dem Einfluss der Mutter in dieser
Frage so entzog und ohne zu murren, Mahnwache stand. eigentlich für den Mörder ihres
Vaters. So hart war ihr Vorwurf mir gegenüber.
Aber sicher ist es ein Merkmal der Jugend, nach vorn zu schauen und das Gegenwärtige nach
besten Möglichkeiten zu nutzen, und deshalb wollten wir nicht immer die Reden über die
schwere Vergangenheit hören. Es war ja doch nicht mehr zu ändern. Ich habe aber nicht in
Erinnerung, dass uns unsere Lehrer mit politischen Theorien voll stopften, weder im
654
Unterricht noch in der außerunterrichtlichen Arbeit. Unsere Freizeit war angefüllt mit unseren
Übungsstunden für Chor, Mandolinen- und Laienspielgruppe, mit den vielfältigsten Auftritten
und natürlich auch mit der Erledigung unserer Hausaufgaben und den umfangreichen
Pflichten für zu Haus. Hier hatten wir die Wohnung in Ordnung zu halten, die Öfen zu heizen,
z.T. auch Holz zu hacken, das Futter für Kaninchen, Enten und Gänse herbeizuschaffen und
die Tiere zu versorgen.
Sehr schön war das Gänsehüten. Wir hatten dafür unsere Stellen hinter dem
Birkenwäldchen.in der Nähe der Wiesen. Da die Gänse zumeist sehr friedlich waren, hatte
man Zeit und Muße zu lesen, und das war immer sehr schön. Aber auch das Herumstrolchen
am Mühlgraben war interessant. Da wurden dann auch mal Krebse gefangen und draußen auf
einem Feuer abgekocht, aber satt wurde man davon auch nicht und so richtig appetitlich war
es auch nicht.
Wir Kinder verbrachten überhaupt einen großen Teil unserer Freizeit im Freien. Gern und viel
war ich mit Gisela und Marianne Behnke zusammen. Da auf der Hütte viele Kinder lebten,
gesellten sich uns immer noch einige dazu. So gingen wir Mädchen oft spazieren, vor Ostern
suchten wir z.B. im Busch nach Leberblümchen und Buschwindröschen, im Sommer wurden
Brombeeren und Himbeeren gesammelt -wir hatten ein enges Verhältnis zur Natur. Gern
erinnere ich mich an das Ferienlager in den Sommerferien am See. Es war ein so tolles freies
Leben. Auf einer Lichtung bauten wir uns mit großem Enthusiasmus Laubhütten, in denen
wir auch übernachteten. Mir ist es so in Erinnerung, dass wir unsere Freizeit völlig selbst
gestalteten, da gab es keine Appelle oder sonstige Vorgaben. Wir übten kleine Programme ein
und traten mit diesen zum Abschluss auf einer selbst gebauten Bühne auf.Einige der damals
aufgeführten Sketche sind mir heute noch in Erinnerung. Sie waren vom Inhalt nicht gerade
sehr niveauvollvoll, aber wir konnten alle mächtig darüber lachen. übrigens wurde ich damals
das erste Mal mit dem Namen des Dichters Martin Andersen Nexö konfrontiert. Dieser Name
stand über dem Eingang unseres Sommerlagers. Später erhielt die neu errichtete Schule in der
Frankfurter Straße diesen Namen. Doch nochmals zurück zur Schule. Ab der 5.Klasse hatten
wir Fachunterricht. Es gab bis auf einige Landkarten fast gar kein Anschauungsmaterial. Ich
kann mich auch nicht daran erinnern, dass wir im naturwissenschaftlichen Unterricht
Experimente durchführten. Mit Herrn Paul hallen wir mal eine Biologiestunde im Freien, in
der er uns verschiedene Pflanzen erklärte. Das von ihm gezeigte durchlöcherte Johanniskraut
erkenne ich auch noch heute. Schade, dass es bei dieser einmaligen Unterrichtung im Freien
blieb.
In der 7. und 8. Klasse hatten wir jeweils zum Abschluss des Schuljahres schriftliche und
mündliche Prüfungen auf der Grundlage von zentral vorgegebenen Themen,
Unsere Schulzeit an der Briesener Schule endete mit dem Abschluss der 8.Klasse. Im Saal der
Gaststätte Schubert fand die feierliche Abschlussveranstaltung mit der Ausgabe der
Abschlusszeugnisse statt.
Einige unserer Klasse besuchten die weiterführenden Oberschulen in Fürstenwalde oder
Frankfurt und beendeten diese mit der mittleren Reife oder dem Abitur.
Die meisten nahmen eine Berufsausbildung auf.
Ich hatte mich für ein Studium am Institut für Lehrerbildung in Waldsieversdorf.
beworben, denn seit der dritten Klasse hatte ich den Wunsch, Lehrerin zu werden.
Mit der Zulassung klappte es auch. So begann für mich am 1. September 1954 ein
vierjähriges Studium, das ich im Sommer 1958 mit dem Staatsexamen als Unterstufenlehrerin
abschloss.
Ich wurde im Kreis Seelow an der Schule Gusow eingesetzt und war hier 25 Jahre tätig, als
Hortleiterin, Lehrerin für Deutsch und für so manches andere Fach, Disponibilität war schon
damals gefragt, als Klassenlehrerin und acht Jahre leitete ich die Schule als Direktor. Es war
insgesamt eine sehr schöne und erfolgreiche Zeit.
Danach war ich bis zum Eintritt ins Rentenalter im Schul- und Jugendamt in Seelow und
Strausberg tätig.
655
Eigentlich wollte ich hier in Gusow nur meine zweijährige Absolventenzeit "abdienen". Aber
meist kommt es ja anders als gedacht. Ich fühlte mich an der Schule wohl. Da ich hier im Ort
auch meinen zukünftigen Mann kennenlernte und wir bald eine Familie gründeten und ein
Haus bauten, waren die Weichen für ein Bleiben in Gusow gestellt.
Hier wohnen wir auch noch heute. Wir haben zwei Kinder und vier Enkeltöchter. Durch sie
werde ich auch immer wieder mit dem Thema Schule konfrontiert und kann davon
nicht loslassen.
Das bewog mich auch.einiges aus meiner Schulzeit und Kindheit aufzuschreiben, denn es war
doch fast alles so ganz anders als heute. Ich bin sehr dafür, dass das Gelebte der älteren
Generation bewahrt wird, um den Umfang der Geschichte anhand von vielen Puzzles den
nachfolgenden Generalionen begreifbar zu machen.
(aufgeschrieben im März 2007)
Erika Schulz
Vom Leben des Dorfschulmeisters an der Kersdorfer Schleuse, Otto Kumke
aufgeschrieben aus den Erinnerungen seiner Tochter Lieselotte Throl, geb. Kumke
Im Jahre 1893 geboren, besuchte ich die Präparandenanstalt (Lehrerbildungsanstalt) in Neustadt/
Westpreußen, mit dem Ziel, einmal Mittelschullehrer zu werden. Nach abgeschlossener
Lehrerprüfung begann der erste Weltkrieg. In Russland wurde ich verwundet und kam ins
Lazarett. Dort stellte man fest, dass ich auf Grund einer verschleppten Mittelohrvereiterung
schwerhörig geworden war. Damit war mein Wunsch, einmal Mittelschullehrer zu werden,
hinfällig. Nach der Entlassung vom Militär musste ich zufrieden sein, eine Anstellung als Lehrer
in der ehemaligen Kaschubei mit meist polnisch sprechender Bevölkerung zu finden. 192o wurde
ich dann an die Schule an der Kersdorfer Schleuse versetzt. Dazumal wurden die wenigen Kinder
noch im so genannten Flutkrug unterrichtet, einer ehemaligen Schifferkneipe aus der Zeit vor der
Dampfschifffahrt, als die Kähne noch getreidelt (d.h. von Hand von Schifferknechten) gezogen
wurden. Dieses Gebäude lag unmittelbar am Ufer der Spree und war altersschwach. Die
Gebäudereste konnte man in den 3o-ger Jahren noch sehen, auch standen dort noch alte
Obstbäume vom ehemaligen Garten. In der Flutförsterei wohnte der Förster und Lehrer Topp, mit
dem ich gute Freundschaft hielt und der auch die Schüler unterrichtete.
(Anmerkung: Meine Mutter sprach immer von Frau Förster Topp, daher nehme ich an, das es so
war.)
Seine Frau war eine versierte Köchin und hat, als ich geheiratet hatte, meiner Frau manch guten
Rat und manch gutes Rezept gegeben, das später meine Tochter übernommen hat. •
(Anmerkung: Einige existieren noch heute und sind weitervererbt worden)
Nach der Pensionierung von Herrn Topp ging auch im Flutkrug die Schule ein und wurde in die
Nähe der Kersdorfer Schleuse verlegt. Vor dem l. Weltkrieg plante man, ein so großes
Schleusenbecken zu bauen, dass ein ganzer Schleppzug (Dampfer mit 4-5 Kähnen) auf einmal
geschleust werden konnte. Das Schleusenbecken war bereits ausgehoben, wurde später mit
Wasser gefüllt und war für die Kinder ein idealer Ort, Schwimmen zu lernen. In dem roten
Backsteingebäude, das ehemals für die Bauarbeiter gedacht war, wohnten 3 Familien. Dort wurde
zugunsten des Klassenraumes und der Lehrerwohnung ein Raum der Nachbarwohnung
abgetrennt. Das war dann, als ich 1921 heiratete, Schlafzimmer für mich und meine Frau.
Daneben befand sich das so genannte Wohnzimmer, das gleichzeitig mein Arbeitsraum war. Das
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Familienleben spielte sich in der Hauptsache in der großen Wohnküche ab. Gekocht wurde auf
einem Kohleherd, es gab keine Wasserleitung, kein Badezimmer, keine Innentoilette. Draußen
über dem Hof war ein „Plumpsklo", das von den Schülern und der Lehrerfamilie gemeinsam
benutzt wurde. In einiger Entfernung stand die Waschküche, davor die Pumpe. Von dort musste
auch sämtliches Wasser geholt werden, das im Haushalt gebraucht wurde. Zum Baden wurde in
der Wohnküche eine große Zinkwanne aufgestellt, das Badewasser auf dem Herd warm gemacht,
und dann ging es nacheinander hinein ins Vergnügen. Der letzte musste das Badewasser
raustragen, und das war immer meine Frau. Da es in den anderen Wohnungen nur dieselbe
Variante gab, fanden ich und meine zwei Kinder nichts dabei. Nur meiner Frau, die aus der
Großstadt Danzig stammte, und als Bankkauffrau gearbeitet hatte, muss es manchmal recht
komisch vorgekommen sein, aber geklagt hat sie nie.
Immerhin hatten wir schon elektrischen Strom. Mit 0,40 Mark pro Kwh war er für damalige
Verhältnisse recht teuer. Man ließ keine Lampe unnötig brennen, aber wir waren nicht auf Kerze
oder Petroleum angewiesen. Der Strom wurde durch Turbinen der Schleuse erzeugt, die das
Wasser aus den Schleusenbecken in das so genannte Speisebecken pumpen mussten.
(Anmerkung: Man kann es heute noch erkennen, allerdings ist es mit Pflanzen und Blumen
geschmückt.)
Für den Maschinenraum war Herr Gustav Lamm verantwortlich. In all den Jahren, bis zum
Kriegsende, als die Schleuse bombardiert wurde, hatten wir Strom. Dann fiel die Lichtanlage aus,
und obgleich sich russische Ingenieure bemühten, sie bekamen sie nicht wieder in Gang.
Die Post kam täglich, nur Pakete mussten aus Briesen geholt bzw. nach Briesen gebracht werden.
Herr Riesenberg, Herr Henkel und Herr Jasculla waren unsere Postboten. In den ersten Jahren
wurden alle Einkäufe in Briesen getätigt. Das Fahrrad war für alle ein Muss. Später dann hatte
Herr Beschedsnik östlich der Schleuse einen Einkaufsprahm für die Schiffer eingerichtet. Später
baute Herr Ewert ein kleines massives Gebäude unterhalb der Schleuse zum Einkaufen für die
Schiffer und die Anwohner. Fische gab es beim Fischer Tietz in Dorismühle, Brot und Brötchen
brachte die Frau von Bäcker Wolf aus Kersdorf in der Kiepe auf dem Rücken mit dem Fahrrad.
Milch lieferten die Schulkinder vom Schweinebraten oder aus Drahendorf. Nur Fleisch und Wurst
wurden vom Fleischer Gerlach oder vom Fleischer Fröhlich aus Briesen geholt. In den Ferien war
das Milchholen Aufgabe der Lehrerkinder. In der Inflationszeit reichte mein Lehrergehalt nicht
einmal mehr beim Bäcker Symalla für ein Brot. Das war eine sehr schwierige Zeit, infolge der
mangelhaften Ernährung wurde auch noch meine Frau krank.
Die einklassige Volksschule, die ich leitete, war ja nur eine Schule mit 2o-25 Kindern, aber sie
hatte ihren Stoffverteilungsplan nach dem vorgegebenen Lehrplan wie alle anderen einklassigen
Schulen auch und musste mit Bedacht und Umsichtigkeit geleitet werden. Mindestens einmal im
Jahr kontrollierte der Kreisschulrat den Leistungsstand der Schüler und das Arbeiten des Lehrers.
Es wurden Unterstufe, Mittelstufe und Oberstufe zugleich unterrichtet, und zwar meistens die eine
Abteilung mit Stillbeschäftigung. Die andere Abteilung unter Führung eines guten Schülers übte
Lesen oder Rechnen. Der dritten Gruppe wurde der Stoff durch den Lehrer vermittelt.
Schularbeiten gab es jeden Tag auf. Dass sich die Eltern darum gekümmert hätten, ist mir nicht
bekannt. Es wurde nur darauf geachtet, dass die Hausaufgaben auch gemacht wurden.
Für die Schüler war der Weg zur Schule und zurück teilweise recht weit und beschwerlich,
besonders in der schlechten Jahreszeit. Sie kamen nicht nur von den Bewohnern der Schleuse,
sondern auch aus Drahendorf, von den Förstereien "Bunter Schütz" und „An der Flut". Die drei
Kinder vom Schweinebraten mussten erst mit dem Kahn über die Spree gebracht werden, dann
ging es über die Koppelzäune auf den Spreewiesen, auf denen immer vom Frühjahr bis zum
Herbst Vieh weidete. Es gehörte dem Gut Hardenberg, auch ein Viehhirte, der kampierte da in
einem Schuppen. Der war nicht oft zu sehen, kaum aber sahen die Jungrinder die Kinder,
blockierten sie das Überklettern oder Durchklettern des Koppelzaunes, indem sie sich davor
postierten. Was Kinder und Eltern bei Eisgang und Schnee damals geleistet haben, kann man sich
heute kaum noch vorstellen. Der „Schweinebraten" war ein Einzelstehendes Gehöft an der Spree,
dass einmal von Friedrich d. Großen als Siedlung vergeben wurde. Einmal, als der Schnee zu hoch
war, brachte der Förster Stark vom „Bunten Schütz" das Jüngste seiner drei Kinder auf den Armen
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durch die Schneewehen. Die beiden anderen hatten den Schlitten und mussten sich selber weiter
helfen. Der weiteste Schulweg betrug etwa 5 Km. Schuleschwänzen kam überhaupt nicht in Frage
und krank wurde kaum mal eines, denn sie waren sehr abgehärtet.
Die Kinder vom Wehr hatten es nicht viel besser als die Drahendorfer Kinder. Allerdings mussten
sie nicht mit dem Kahn übergesetzt werden. Der Wehrwärter, Herr Ackermann, hatte den
Wasserstand der Spree zu regulieren und musste die schweren Wehrnadeln (dicke Holzstämme)
hochziehen oder herunterlassen. Das war auch keine leichte Arbeit. Das Wehrwärterhäuschen
stand ganz allein auf einer großen Wiesenfläche und war auf einer Anhöhe gebaut, damit es bei
Hochwasser nicht überschwemmt werden konnte.
Der Winter 1927/28 brachte sehr starken Frost und dicken Schnee. Der Oder-Spree-Kanal war
zugefroren und die Fahrrinne wurde nur notdürftig durch Eisbrecher aufgehalten, denn die
Versorgung mit Kohle vom oberschlesischen Steinkohlebergbau und sonstigen Stückgütern ging
am effektivsten zu Wasser. Ein Kahn hat ein großes Fassungsvermögen. Beide
Schleusenkammern hatten damals noch Flügeltore. Niemand konnte voraussehen, dass die
Eisschollen das rechte Flügeltor eindrücken würden, als gerade ein Dampfer und ein Kahn im
Schleusenbecken lagen. Das vorhandene Wasser stürzte heraus und der Kahn brach auseinander.
Den Schiffsleuten ist nichts passiert, aber das Schleusenbecken konnte nicht mehr benutzt
werden. Im zeitigen Frühjahr wurden die Eisenteile für das heutige Hubtor antransportiert.
(Anmerkung: Nach meiner Erinnerung war das Fahrzeug ein Trecker mit Anhänger)
In der Kurve wurde unser Gartenzaun beschädigt. Zur Trauer der Kinder wurde auch der große
Süßkirschbaum, der an der Ecke stand, demontiert.
Durch das neue Hubtor wurde die rechte Schleusenkammer modernisiert. Früher wurden die
Kähne von dem Dampfer oder per Hand mit den so genannten "Staken" in die Schleusenbecken
hineingeschoben. Im Zuge der Modernisierung baute man zur Arbeiterleichterung so genannte
„Schleppkatzen", die auf Schienen liefen und die diese aufwendige Arbeit übernahmen.
Auf dem Schulhof vor dem Eingang zur Schule wurde Sport getrieben. Es gab einen Barren, ein
Reck und viel Platz zum Völkerball und Schlagball spielen. Auch gehörten Freiübungen (
Gymnastik ) dazu.
In den Pausen hatten alle ihre Freiheit. Während die Jungen meistens herumtobten, spielten die
größeren Mädchen mit den kleinen, mal Ringelreihen, mal Ziehedurch, mal Hopserkasten. Sie
hatten eine Unzahl von Spielen und waren immer in Bewegung. In den Heuschuppen, die
Kiesgrube, die „Sträucher" (heute sind es Bäume), die zwischen Schulhof und Kersdorfer See
lagen, durfte in den Pausen nicht gegangen werden. Einen Schulgarten gab es damals noch nicht.
Meine Frau unterrichtete die Mädchen in der Handarbeitsstunde. Sie lernten Sticken, Häkeln und
Stricken.
Wenn Wandertag war, packten die Mütter Stullen, Eier und sonstige Verpflegung ein, und los ging
es, meistens mit einem Wanderlied auf den Lippen. Beim Abmarsch erklang meistens, „Wohlauf
in Gottes schöne Welt", bei der Heimkehr „So scheiden wir mit Sang und Klang, leb wohl, du
schöner Wald". So erwachten Liebe zur Natur und die Freude daran schon in den Schülern.
Die Kleinen durften zuhause bleiben. Die hatten ja ihren Heimatkundeunterricht, wo sie draußen in
der freien Natur Tiere und Pflanzen kennen. Die erdkundlichen Grundbegriffe wie Hügel, Berg,
Fluss und Bach usw. lernten sie bei den kleinen Unterrichtsgängen spielend. Auch die Namen von
Bäumen und Blumen, die wir trafen, wurden betrachtet und mit Namen benannt.
Manchmal, bei einer Fahrt in den Spreewald z.B. wurde mit dem Kersdorfer Kollegen Schippke
und seinen Schülern gemeinsame Sache gemacht. Wir Kollegen vertraten uns auch gegenseitig, so
dass wir die Schüler kannten.
Alle paar Wochen kam auch der Jacobsdorfer Pastor mit dem Kutschwagen in die Schule, die
den Namen „An der Flut“, behalten hatte. Er war ja auch Schulverbandsvorsteher und hielt in
dem Klassenraum Gottesdienst ab. Er ging nie ohne gutes Mittagessen davon.
Meine Frau hatte auch die Reinigung des Klassenraumes übernommen. Dazu gehörte im
Winter das Heizen des Klassenofens. Der Schulverband sorgte zwar für die Bezahlung und
Lieferung von Holz und Kohle, aber das Sägen und Holzhacken blieb meistens für mich als
„Freizeitbeschäftigung". Damit die Schulkinder ihre Schuhe und Sachen trocknen und sich
658
aufwärmen konnten, stand meine Frau schon vor Tau und Tag auf. Die Bezahlung war so
gering, dass sie später einmal nicht für eine Rente reichte.
So vergingen die Jahre in Arbeit, geringem Gehalt und Zufriedenheit. Sparen war immer
angesagt, aber es gab auch ab und an eine fröhliche Skatrunde mit den Kollegen. In Neubrück
war ich mit dem Förster und seiner Familie befreundet. Es gab drei Möglichkeiten, dorthin zu
kommen. Entweder zu Fuß den alten Treidelweg der Schiffer am Kanal entlang oder den
Wiesenweg der Bauern auf der anderen Seite des Dammes, der Kanal und die so genannte
alte Spree trennt. Der Damm hieß allgemein "Trennungsdamm". Dort hatten auch Briesener
Bauern ihre Heuwiesen. Manchmal verloren sie auch unterwegs eine Ringelnatter,
Blindschleiche oder seltener eine Kreuzotter vom Heuwagen. Also kam nur der Waldweg auf
der ändern Seite des Kanals als 3. Variante in Betracht. Er fuhr sich zwar auch nicht schön,
besonders nicht abends im Dunkeln mit der Karbidleuchte am Fahrrad. Diese Fahrradlampe
hatte den Vorteil, nicht auszugehen, wenn man an schlechten Wegstellen abspringen musste.
Dann gab es ja auch eine Gaststätte, die „Kanone". Auf dem Hof, nicht weit vom Kersdorfer
See entfernt, stand als "Monument" eine Kanone aus Holz. Sie war blau angestrichen und
machte sich dort ganz imposant. Die große Schaukel für Jung und Alt bereitete auch den
Berliner Urlaubern Spaß, die mit Motorschiffen öfters ankamen, Pilze und Beeren suchten
und abends das Tanzbein schwangen. Tanzmusik spielten Kurt Birkholz, Willy Bähle und
sein Vater, der Wirt, mit Klavier, Geige und Schrumm-Schrumm als Bass. Beliebt waren
auch die Mondscheinfahrten. Dann ging das Vergnügen erst abends los. Das waren dann
geschlossene Gesellschaften. Die Anlegestelle der Berliner Dampfer war ein großer Bootssteg
an der Stelle, wo Kanal und See zusammenstoßen.
Aber auch den Bürgern aus Briesen und den umliegenden Dörfern war die „Kanone" ein
beliebtes Ausflugsziel. Manch Angler ließ sich da sein Bierchen schmecken.
Inzwischen kamen die Nazis ans Ruder. Die Eltern der Schüler gingen z.T. dem Rentenalter
zu. Man dachte an die Zukunft und junge Leute, die die Arbeit weiterführen und die auch
wieder Kinder haben würden. Die Kinder sollten auch eine Schule besuchen können. So
kamen die Pläne für einen Schulneubau auf. Interessiert daran zeigte sich das Wasserbauamt,
die Forstverwaltung mit Herrn Forstmeister von Pogge aus Neubrück an der Spitze. Die
Gemeinde, sowie der Herr Pastor Wappler, als Schulverbandsvorsteher, wurden mit
einbezogen. Nun begann das Kommen und Gehen der verantwortlichen Leute. Bauland
musste beschafft werden. Dazu erklärten sich Forstverwaltung und Wasserbauamt bereit.
Aus Frankfurt kam Herr Oberbaurat Gerstenhauer mehrmals usw. usw., bis 1935 der
Schulneubau begann und der Bau gerichtet wurde. Im Frühjahr gingen die Bauarbeiten dann
weiter. An Krieg dachte damals noch niemand.
Von da an war es mit Ruhe und Gelassenheit für mich und meine Familie vorbei.
1937 wurde die Schule eingeweiht. Für die Einrichtung des Klassenraumes und des
Lehrmittelzimmers war ja ich als Lehrer verantwortlich. Es wurde an nichts gespart. Im
Klassenraum verlegte
man arbeitsaufwendiges Parkett. Der Pausenraum bekam Terrazzo und Wasserleitung für ein
Waschbecken zum Händewaschen. Eine Hauswasseranlage versorgte auch die Lehrerwohnung.
Die Schule nutzte man gern als Vorzeigeobjekt und dementsprechend oft wurde sie der
Öffentlichkeit vorgestellt. Meine Frau hatte manchen Tag mehrere Besuche zu überstehen. Die
Akazienpfahle für den langen Zaun und das übrige Material stiftete der Falkenberger Gutsherr,
Herr von Alvensleben. Der Madlitzer Gutsherr, Herr Graf Fink von Finkenstein, beteiligte sich
ebenfalls an den Baukosten.
Dann kam der 2. Weltkrieg mit all seinen Begleiterscheinungen. Da ich als Lehrer in der NSDAP
sein musste, bekam ich die Aufgabe, die Kriegsopferversorgung zu übernehmen. Zu den
notwendigen Formalitäten gehörte die Betreuung der Angehörigen. Das war eine traurige
Tätigkeit und es wurden immer mehr Gefallene je länger der unselige Krieg dauerte.
Wegen der Fliegerangriffe während des Krieges durfte kein Licht angemacht werden. Alle Fenster
waren verdunkelt und selbst ein angezündetes Streichholz war gefährlich. Meine Frau ging dann
659
im Winter zum Heizen im Dunkeln in den Klassenraum und musste im Dunkeln warten, bis die
Ofentüren geschlossen werden konnten.
Zum Holzhacken schickte mir die Gemeinde ab und an Hilfe, Juden aus dem Lager in Kersdorf
und später französische Kriegsgefangene. Es durfte niemand wissen, dass meine Frau ihnen
heimlich etwas zum Essen zusteckte.
Zum Kriegsende wurde die Schleuse bombardiert und das Schuldach schwer beschädigt. Die
Schleusenbewohner auf der Ostseite des Kanals flüchteten, wie auch meine Frau und ich, in einen
winzigen Erdbunker. Eine Nachbarin erhielt eine zu Glück unerhebliche Splitterverletzung am
Kopf. Als das Trommelfeuer an der Oder einsetzte, war die ganze Luft schwefelgelb, die Erde
bebte Tag und Nacht. Die Kersdorfer Schleuse wurde wie Briesen zur Hauptkampflinie erklärt,
alle Bewohner mussten den Ort verlassen und zogen in die umliegenden Wälder von Drahendorf.
Als dann die Leute zurückkamen und wieder in ihre Häuser wollten, war die Schleusenbrücke
zerstört.
Die russischen Streitkräfte ordneten an, dass alle Bewohner westlich vom Kanal in dem
Schulgebäude zu bleiben hatten. Später durften sie dann über die schmalen Schleusentore wieder
nach Hause. Im Schulgebäude hatte sich später ein russischer Oberleutnant mit seinem Burschen
einquartiert. Der Offizier war ein Oberlehrer aus Kiew. Der Mann hatte schwere Malariaanfälle.
Meine Frau hat die Wäsche für ihn gewaschen. Ich musste, wenn er nicht gerade krank war, jede
Nacht zum Verhör. Ich konnte ihm ja immer nur dieselben Antworten geben.
Immerhin hat er für mich gutgesagt, als man mich wie die anderen Männer aus Briesen und
Kersdorf nach Ketschendorf ins Lager abholen wollte. Ich habe es erst vom damaligen
Schleusenmeister erfahren, als die russischen Truppen schon abgezogen waren.
Die sowjetischen Soldaten hatten zwischen der Kersdorfer Schleuse und Briesen ein riesiges
Barackenlager aufgebaut. Der Weg nach Briesen war gesperrt. Wer unbedingt dorthin musste, ließ
sich mit dem Fischerkahn von Herrn Ewert über den See ans andere Ufer bringen und kam dann
über die Kersdorfer Mühle nach Kersdorf oder Briesen. Die Besetzung dauerte etwa von Mai 1945
bis September 1945.
Als der Schulbetrieb wieder aufgenommen wurde, kam an meine Stelle ein Schulhelfer (KarlHeinz Wenzek). Damit war meine 27-jährige Lehrertätigkeit an der Kersdorfer Schleuse zu Ende.
Die Schule wurde 1951 geschlossen. Die Kinder gingen dann in Briesen zur Schule.
Das Bismarckdenkmal
1898 starb der ehemalige Reichskanzler Otto von Bismarck. 1890 hatte er wegen andauernder
Differenzen mit dem Kaiser zurücktreten müssen, 1894 erfolgte jedoch eine "historische
Aussöhnung" der beiden. Nun begann ein patriotischer Bismarckkult, der Niederschlag in
zahlreichen Denkmälern und auch in unzähligen Postkarten fand. In Briesen wurde um die
Jahrhundertwende ein Bismarckdenkmal am Anfang des Dorfangers errichtet. Die Gaststätte
„Tichter“ in der Lindenstraße erhielt den Namen „Zum Fürsten Bismarck“
660
Das Bismarckdenkmal auf einer Postkarte aus den 1920er Jahren
Gasthof „Zum Fürsten Bismarck“, später „Lindengarten“
Foto um 1915
Beim Maiumzug 1954 kann man das
Bismarckdenkmal noch erkennen.
Im Jahre 1960 wurde es dann auf
Anordnung übereifriger Funktionäre
entfernt.
In einem Bericht von 1984 steht:
„1960, 1. Maßnahme: Das
Bismarckdenkmal wurde
abgerissen.“
661
Im Mai 2003 wird, an der Stelle wo früher das Bismarckdenkmal stand, ein Findling aufgestellt.
Er ähnelt in Form und Größe dem alten Denkmahl. Eine Inschrift auf dem Stein soll einmal an
das 600jährige Bestehen der Gemeinde im Jahre 2003 erinnern.
Aufstellung des Findlings am
24.5.2003
Bericht in der MOZ am 26.5.2003
Der Dorfanger mit dem Findling im Mai 2003
662
Bei der 600 Jahrfeier am
28.06.2003 wurde diese
Tafel enthüllt.
Stasi-Objekte und Sperrgebiete um Briesen
Nachdem 1990 die verschiedenen Einrichtungen des MfS der Allgemeinheit bekannt wurden
kamen viele Reporter in unsere Gegend. Es gab die Objekte: „Madlitzer Mühle“, „Am
Petersdorfer See“, „Angelenhof“, „An der Flut“, „Bunter Schütz“, „Bunker an der Schleuse“,
„Sperrgebiet Breites Gestell“, „Sperrgebiet Bunter Schütz-Dehmsee“. Der Name Briesen tauchte
fast täglich in Rundfunk und Fernsehberichten auf. Eine genaue Recharge war dabei manchmal
nicht so wichtig.
Zeitungsberichte in der MOZ und
Berliner Morgenpost von 1991
663
Der Bunker der VP an der Schleuse
Das Gelände wurde später an den Alteigentümer zurückgegeben.
2001 fand dort mal ein Bunkerkonzert statt.
Es existiert auch ein Projekt für ein Hotel am Kersdorfer See, der Bunker soll dort integriert
werden. Bis 2003 ist aber noch kein Investor bekannt geworden.
664
Bericht der MOZ über den Bunker
665
Das Objekt am Petersdorfer See
Anfang der 1960er Jahre
wurde ein großes Waldstück am Ende des Petersdorfer Sees eingezäunt.
Hier am Ostufer begannen
umfangreiche Bauarbeiten.
Ab der Mittelspannungsleitung am Sportplatz
wurde ein Erdkabel zum
Stromanschluss verlegt.
Der Abtransport großer
Mengen von Erdaushub
gab den Bürgern Rätsel
auf. Am Gelände tauchten
die DDR-üblichen
Sperrgebietsschilder auf.
Sichtbarer Teil des Objektes am Petersdorfer See, 1998 wohnt
Erst nach der Wende kam
hier Familie Lippolt
etwas Licht in das Dunkel.
In einem unterirdischen Bunker fand man eine Verstärkeranlage für die Telekommunikation
und viele Fernschreiber. Der Bunker hatte eine Wasser- und Luftversorgung. Für die
Elektroversorgung gab es zwei mit Dieselmotoren angetriebene Generatoren. Vermutlich
wurden auch die Signale des „Roten Telefon“ zwischen Washington und Moskau hier
durchgeleitet.
Ein ehemaliger Arbeitsraum 2004
Das Heizhaus und die Sauna wurden bis
1990 nicht mehr fertig gestellt.
Die Bauruine wächst allmählich zu.
Über solche Fernschreiber liefen die
Nachrichten
666
Daten und Fakten zu Briesen und Kersdorf
Die Einwohnerentwicklung von Briesen
Jahr:
Einwohner:
Jahr:
1450
1648
1734
1772
1791
1798
1801
1818
1840
1864
1871
1895
1905
~150
7
202
269
288
309
312
289
466
743
795
1053
1320
1925
1939
1945
1946
1960
1961
1962
1963
1982
1986
1997
1998
2000
Einwohner:
1053
1596
1600
1762
2328
2329
2320
2288
2083
2054
1873
1871
1937
Der starke Anstieg der Einwohnerzahl zwischen 1946 und 1960 entstand durch die
Eingemeindung von Kersdorf.
Mit der Eingemeindung von Biegen steigt die Einwohnerzahl 2003 auf über 2300 an.
Die Anzahl der Feuerstellen, Häuser
Jahr:
Häuser/ Höfe:
Jahr:
Häuser/Höfe:
1460
1550
1550
1654
1666
1687
1702
1734
1772
24
22
22
30
25
22
35
29
35
1801
1818
1840
1864
1900
1931
47
52
59
74
112
188
2003 hat Briesen eine Fläche von 5309 ha
667
Einwohner
Entwicklung der Einwohnerzahl von Briesen
2400
2300
2200
2100
2000
1900
1800
1700
1600
1500
1400
1300
1200
1100
1000
900
800
700
600
500
400
300
200
100
0
1610 1635 1660 1685 1710 1735 1760 1785 1810 1835 1860 1885 1910 1935 1960 1985 2010
Jahr
Die Einwohnerentwicklung von Kersdorf/Niederlage/Schleuse/Fluth
Jahr:
Einwohner:
Jahr:
Einwohner:
1734
1772
1791
1798
1801
1818
1840
1871
159
155
155
157
158
101
224
249
1885
1895
1905
1925
1939
1946
247
276
255
243
517
532
Ab 1950 sind keine Zahlen mehr verfügbar, weil das Dorf zu Briesen gehört.
Die Anzahl der Feuerstellen/Häuser:
Jahr:
Häuser/Höfe:
Jahr:
Häuser/Höfe:
1550
1666
1801
1818
1840
15
11
25
24
31
1900
1931
47
68
668
Daten zur Siedlungsgeschichte von Briesen (Historisches Ortslexikon für Brandenburg)
Bedeutung der Gliederungspunkte:
1. Art und Verfassung der Siedlung
2. Gemarkungsgröße
3. Siedlungsformen
4. Erste schriftliche Erwähnung
5. Gerichtzugehörigkeit
6. Herrschaftszugehörigkeit
7. Wirtschafts- u. Sozialstruktur
8. Kirchliche Verfassung
9. Baudenkmale
10. Bevölkerungszahlen
669
670
671
Aus der Siedlungsgeschichte von Kersdorf:
672
Neu Kersdorf nannte man die Beeskower Str
Kersdorfer Schleuse:
673
Siglenverzeichnis
Worterklärungen aus dem Brockhaus von 1939:
Hof:
Huf:
Kossäten;
Bauer:
Krüger:
Lehnschulze:
1. zu einem Gebäude gehörender eingefriedeter Platz
2. ein Bauerngut samt Felder
3. die Wohnung und das Gefolge eines Fürsten
war im Mittelalter der Anteil der einzelnen Bauernfamilien an der
Gemeindeflur, meist 7,5-15ha. Der Besitzer hieß Hufner oder Hüfner
auch Katner oder Büdner (Besitzer einer Kate):
Kleinbauern oder Landarbeiter, auf Nebenerwerb angewiesen
der hauptberuflich ein kleineres oder größeres Landgrundstück betreut
Schankwirt
erhielt ein Grundstück zu nutzbarem Recht und das Amt des
Dorfschulzen vom Lehnsherren, er war dafür zu Hofdienst und Treue
verpflichtet; früher auch als Richter in der Gemeinde
674
Dokumente aus dem Amtlichen Kreisblatt vom Kreis Lebus 1910 – 1922
Daten der Volkszählung 1905 und 1910
Wohnstellen, Gemeindevorsteher(a) und Stellvertreter (b) 1920
Gerichtsmänner (Schöffen) von Briesen 1920
Gemeindevorsteher in Briesen 1920
Die Briesener Schulen gehören zum Schulaufsichtbezirk Frankfurt (Oder)
675
Statistische Angaben über Briesen aus den 1980er Jahren
(Stand vom 27.9.1982)
Einwohner:
Ahnzahl der Bürger die in Briesen arbeiten:
Anzahl der Bürger die außerhalb arbeiten:
Anzahl der Betriebe im Ort:
VEB
Genossenschaften
Privatbetriebe
Einrichtungen
Anzahl der Gasstätten
Anzahl der Kulturhäuser (LPG-T)
Klubs
Verkaufsstellen
Dienstleistungseinrichtungen
Bibliothek
2083
562
578
4
6
9
10
4
1
1
12
1
1
Ortsteil Kersdorfer Schleuse:
Einwohner:
berufstätig:
Anzahl der Bürger die im Schleusenbetrieb arbeiten:
Anzahl der außerhalb arbeitenden:
Betriebe:
Schleuse, Fischerei
33
15
10
3
2
Angaben zur politischen Struktur von Briesen:
Anzahl der wohnhaften SED Mitglieder
davon in der ÖPO
Grundorganisationen der SED im Ort
Anzahl der Mitglieder
31
10
6
139
SED-Mitglieder in den Betrieben:
ACZ:
Schule:
LPG-T:
LPG-P:
BHG:
Oberförsterei:
12
15
20
76
3
13
Beschäftigte in den Briesener Betrieben
Betrieb:
VEB Wasserwerk
LPG-P
LPG-T
Stand: 24.9.1982
Beschäftigte:
80
70
676
23 (1985)
VEB Holzindustrie
VEB Betonwerk
Staatlicher Forstwirtschaftsbetrieb
VEB Getreidewirtschaft
BHG
ACZ
Kindergarten
Kinderkrippe
Ambulatorium
Schule
Alterheim
Schulküche
Versorgungsgemeinschaft
KG-Handelsbetrieb
Bahnhof
Post
Apotheke
Bibliothek
Sparkasse
Leischner
Hudalla
Jakobaschky
Höppner
Heyer
Rat der Gemeinde und Gem. Verwaltung
Anlagen
PGH Frisör
25
10
65
10
40
100
15
10
25
20
8
8
8
20
15
5
3
3
3
1
1
1
2
1
9
3
3
---562
Summe:
15.7.1986
Einwohner:
männlich:
weiblich:
Alter (Jahre)
0-3
4-6
7-14
15-16
17-18
19-30
31-60
über 61
Summe:
2036
996
1040
2054 Einwohner am 31.12.1986
Anzahl
93
91
213
61
64
362
768
384
2036
berufstätig:
1140
Auspendler:
578
im Ort beschäftigt: 562
weiblich
39
46
99
31
29
183
366
247
1040
männlich
54
45
114
30
35
179
402
137
996
487
653
Aus diesen Zahlen ergibt sich, das damals jährlich ca. 30-35 Kinder geboren wurden!
Nach der Wende 1990 nimmt die Einwohnerzahl ab.
677
Die Menschen ziehen dorthin wo es Arbeit gibt. Die Geburtenzahl geht stark zurück. Ab
Mitte der 90er Jahre steigt die Zahl der Neugeborenen wieder etwas an, bleibt aber weit hinter
den Zahlen der 80er Jahre zurück.
Ende 1998 hat Briesen 1871 Einwohner
davon
1060 Frauen
998 Männer
340 Schulkinder
123 Kinder von 0-3 Jahren
Im Dezember 2000 hat Briesen 1937 Einwohner
Alte Dokumente aus Briesen
Arbeitsbuch aus den 1920er Jahren
Betriebsausweis 1943
678
Lehrbrief von 1897
Wehrpass aus dem 1. Weltkrieg
679
Trainerausweis vom Turnverein 1928
Fußballurkunde von 1950
Urkunde für 25 Jahre Mitgliedschaft in der Gewerkschaft
680
Bericht der Zentralschule Briesen für das Jahr 1949
681
682
Gedanken zum Lauf der Zeit von Max Scholz
683
Stellvertretend für alle die mir in den Jahren der Datensammlung für die Chronik durch ihr
umfangreiches Wissen aus der Vergangenheit stets mit großem Interesse halfen, möchte ich
mich bei:
Frau Hildegard
Schulz
Frau Ruth
Schultze
Herrn Erich
Ambrosius
Herrn Alfred
Lehmann
Herrn Reinhard
Melde
ganz herzlich bedanken.
Durch ihre Erzählungen, ihre alten Fotos, Ansichtskarten und Dokumente, haben sie sehr zum
Gelingen der Chronik beigetragen.
Danke!
gez. Ursula Pape
Beim Besuch der Foto-Ausstellung zur
600 Jahrfeier des Ortes:
Frau R. Schultze, Herr R. Melde mit
Gattin, Frau H. Schulz,
Herr A. Lehmann
rechts:
Herr E. Ambrosius
684
Fotos, Texte und Dokumente dieser Chronik unterliegen dem Urheberrecht und
dürfen nur mit Erlaubnis der Eigentümer kopiert werden.
Quellenverzeichnis:
Gemeindearchiv
Odervl. Kurier
R. Kramarczyk
A. Schulze
A. Jeske
Stadtmuseum Fwd.
W. Schubert
S. Wehlisch
E. Fritsche
F. Diedrich
R. Baumgart
K. Balzer
C. Sperath
A. Patke
A. Lange
Chr. Pape
W. Nickel
FV Blau-Weiß 90
(1)
(4)
(7)
(10)
(13)
(16)
(19)
(22)
(25)
(28)
(31)
(34)
(37)
(40)
(43)
(46)
(49)
(52)
Märk. Oderzeitung
U. Pape
J. Wolff
S. Ballhorn
CTM
Chronik Jacobsdorf
G. Klaue
R. Müller
L. Koschitzki
B. Volkmann
R. Hesse
R. Hinze
Land Brandenb.
Dr. W. Scholz
W. Böttcher
L Muckelberg
J. Tederahn
U. Becker
(2)
(5)
(8)
(11)
(14)
(17)
(20)
(23)
(26)
(29)
(32)
(35)
(38)
(41)
(44)
(47)
(50)
(53)
Märk. Sonntag
W. Franzek
I. Marklein
R. Jentsch
I. Gerlach
Neuer Tag
Kalisch
H. Schulz
R. Hinze
L. Burjack
Oberförsterei Br.
E. Ambrosius
Lehmann
C. Müller
L. Throl
Chr. Hauffe
Sparkasse Br.
Erika Schulz
Seite(n):
Quelle(n):
Seite(n):
Quelle(n):
7
9
14-15
25
27-28
30
32
37
40-48
50-51
53
59-61
65
67
69
71
73
75
77
79
81
83
85
87
89
93
95
97
99
16
16
1
1
1
1
6, 7
5
19
5
5
17
5,6
6,5
28, 12
12
5, 12
12
28
5
7
28
28, 1
6, 28
28, 5
22, 6
22, 6
5, 23
5, 29
8
10
19-23
26
29
31
33-37
38-39
49
52
57
62-64
66
68
70
72
74
76
78
80
82
84
86
88
90-92
94
96
98
100
16,17
17
1
2
5
2
2
18
6, 8
6
20, 6
5
5, 6, 28
5, 12
28, 12
12, 6
28,12
6
6
6, 1
6
28, 6
6
28, 6
5
6
5,6
24
15, 5
(3)
(6)
(9)
(12)
(15)
(18)
(20)
(24)
(27)
(30)
(33)
(36)
(39)
(42)
(45)
(48)
(51)
(54)
Seite(n):
Quelle(n):
Seite(n):
Quelle(n):
101
103
105
107
109
111
114
117-118
120
112-123
128-129
132-134
137-138
140
143
145
147
151
153-163
165
170
172
174
176
184
186-189
193
195
197
200
203
205-206
208
210
212
214-215
217
219
226
228
230
235
237
239
243
246
248
250
252-254
256
258
260
262
5, 28
6
5, 30
5
2
5
5, 7
5
1
5
5
5
5, 6
6, 5
31, 5
6
18, 5
2
26
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