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Schatzkammer Oberschwaben Unterwegs zur Kunst zwischen Ulm und dem Bodensee Großfor mat 320 Sei ten, im Buch über 400 Foto handel s erhältlic h 49,90 E uro Rolf Waldvogel Volker Strohmaier Inhaltsverzeichnis Einleitung – Barock und noch viel mehr 7 Ulmer Münster – Auf Augenhöhe mit der Antike 8 Kloster Wiblingen – Wachablösung in Weiß und Gold 20 Blaubeurer Hochaltar – Wunderwerk mit Wandelflügeln 30 Kloster Obermarchtal – Nobles Nachtquartier für Marie Antoinette 40 Kloster Zwiefalten – Heiliges Theater auf höchstem Niveau 48 Kloster Heiligkreuztal – Neues Leben in einer alten Zisterze 60 Hohenzollernschloss Sigmaringen – Ein Museum mit 300 Räumen 70 Kloster Schussenried – Ein Prachtstück aus Nussbaum und Linde 84 Wallfahrtskirche Steinhausen – Marienlob mit heiterer Note 100 Überlinger Münster – Meisterschnitzer zwischen den Zeiten 110 Schloss Salem – Gesamtkunstwerk von höchsten Graden 122 Wallfahrtskirche Birnau – Salve Regina über dem Bodensee 138 Die Mainau – Das Blumenschiff im Bodensee 148 Insel Reichenau – Keimzelle der Klosterkultur 160 Neues Schloss Meersburg – Rokoko-Residenz mit Seeblick 172 Schloss Tettnang – Bankrott auf barocke Art 182 Villa Lindenhof, Lindau – Ein Hauch von Mittelmeer 192 Stadt Wangen im Allgäu – Mehr als nur bunte Postkartenkulisse 202 Kunstmuseum Ravensburg – Moderne Note im Altstadtquartett 218 Kloster Weingarten – Zum Ruhme der Reliquie 232 Schloss Wolfegg – Ruhmeshalle für Herren und Haudegen 246 Schloss Wurzach – Himmelwärts mit zwei Unbekannten 258 Kloster Ottobeuren – Großer Wurf eines großen Abtes 268 Kloster Ochsenhausen – Barocker Jubel mit gotischem Akzent 284 Braith-Mali-Museum, Biberach – Zwei Malerfürsten und ihr Reich 292 Kunsthalle Weishaupt, Ulm – Kostbares Schaugefäß der Moderne 304 5 Blaubeuren Ulm 3 1 26 2 Zwiefalten 5 Obermarchtal 4 Heiligkreuztal 6 Sigmaringen 25 7 24 Bad Saulgau 9 8 Rot a. d. Rot 23 22 Bad Wurzach Überlingen 10 12 21 20 19 Ravensburg 11 Salem Mainau 14 13 Reichenau 15 Meersburg 18 Wangen i. Allgäu 16 17 Lindau Barockstrasse_neu_X3 Dienstag, 29. September 2009 07:44:34 6 3 | Blaubeuren Wunderwerk mit Wandelflügeln Der Chor der Klosterkirche Blaubeuren gilt als eines der schönsten und besterhaltenen Ensembles der deutschen Spätgotik. Kann eine Sünde auch ein Segen sein? Durchaus. Zu erleben ist das im Chorraum der Klosterkirche von Blaubeuren am Fuß der Schwäbischen Alb. Wiederholt mahnte Herzog Christoph von Württemberg nach der Reformation die Zerstörung des katholischen „Gotzenwercks“ an, wobei vor allem der Altar mit seinem mariologischen Kern verschwinden sollte. Doch nichts geschah. Warum Matthäus Alber, der erste evangelische Abt des vormaligen Benediktinerklosters, auch einen letzten scharfen Befehl seines Landesherrn von 1565 einfach ignorierte, wissen wir nicht. Vielleicht brachte es der kunstsinnige Sohn eines Goldschmieds einfach nicht übers Herz, Hand an dieses Wunderwerk zu legen. Wie auch immer: Durch diese Unterlassungssünde blieb uns eines der schönsten Ensembles der deutschen Spätgotik fast unversehrt erhalten. Der Herzog hakte anscheinend nicht mehr nach, weil er angesichts der raschen Verbreitung des neuen Glaubens eines bilderstürmerischen Fanals nicht mehr bedurfte. Und alle die späteren Vorsteher der evangelischen Schule, die im früheren Kloster eingerichtet wurde, wussten wohl den einmaligen kunsthistorischen und nicht zuletzt spirituellen Wert dieser Ausstattung zu schätzen. Allein das Sakramentshaus – als Aufbewahrungsort der Hostien ein Unding für protestantische Gemüter – wurde abgebrochen. Altar, Dreisitz, Chorgestühl und Apostelkonsolen aber spiegeln bis heute in seltener Reinheit einen Kirchenraum aus vorreformatorischer Zeit. Und das ist nicht irgendein Kirchenraum. Seinen singulären Rang verdankt Blaubeuren vor allem der illustren Truppe, die für die Gestaltung geholt wurde. Abt Heinrich Fabri (1475–1495), Freund des Landesherrn Graf Eberhard im Barte, ließ seine hervorragenden Beziehungen spielen. Für den Kirchenbau wurde der damals hochgeschätzte Peter von Koblenz gewonnen, für die Ausstattung des Mönchchors mit seinem alles bestimmenden Altar aber wandte sich Fabri an die besten Künstler im nahen Ulm, damals neben Nürnberg und Augsburg die tonangebende Stadt im Süden. Die Verträge sind leider nicht erhalten. Vorbild für Blaubeuren dürfte der 1475 aufgestellte Altar des Ulmer Münsters gewesen, der allerdings dem Bildersturm von 1531 zum Opfer fiel. Das ungemein dichte, theologisch fein austarierte Programm geht wohl auf Abt Heinrich selbst zurück. Die Schnitzarbeiten wurden, wie Stilvergleiche nahelegen, von der für ihre geistvolle Noblesse bekannten Werkstatt von Michel Erhart übernommen. Bei den Malern wiederum lassen sich vier Hände unterscheiden, wobei mit dem Ulmer Bartholomäus Zeitblom und dem Memminger Bernhard Strigel ebenfalls zwei Meister ihres Fachs zu Werke gingen. 1493 wurde der knapp zwölf Meter hohe Wandelaltar mit seinen beiden Doppelflügeln eingeweiht. Bis in die 1970er-Jahre hat man diese Flügel bei Führungen noch unbekümmert hin und her bewegt. Dann schob das Denkmalamt im wahren Wortsinn einen Riegel vor. Heute erlebt der Besucher sofort den geöffneten Schrein mit seinem edlen Zusammenklang von Farbe und Gold, dessen Anblick den Mönchen einst nur zu hohen Festtagen gestattet war. In der Mitte steht etwas erhaben eine hoheitsvolle Gottesmutter mit ihrem Kind, flankiert von Johannes dem Täufer und Johannes dem Evangelisten sowie dem Ordensgründer Benedikt und seiner Schwester Scholastika. Auf dem linken Flügel ist eine innige Geburt im Stall zu bestaunen, auf dem rechten eine prunkvolle Anbetung der Könige. Was nicht mehr zu sehen ist, kann man sich an einem Modell verdeutlichen. Während der Advent- und der Fastenzeit zeigte der Altar bei geschlossenen Flügeln die Passion in zwölf Szenen. Wurden dann die Flügel einmal aufgeklappt, so erschienen 16 Bilder mit der Lebensgeschichte von Johannes dem Täufer, dem Patron der Blaubeurer Klosterkirche. Aber so viele Teile dieser Altar auch haben mag, letztlich ist alles aus einem Guss – ein über 500 Jahre altes Gesamtkunstwerk, und immer noch überwältigend schön. 30 31 Früher ausschließlich für Festlichkeiten des Hauses Hohenzollern-Sigmaringen genutzt, dient die Portugiesische Galerie, die nach Antonia, der portugiesischen Gattin des Erbauers Fürst Leopold benannt ist, heute als Mehrzweckraum der feinsten Art. Der nach 1902 nobel ausgestattete Saal mit seinen rund 250 Quadratmetern Fläche kann für Tagungen, Konferenzen, Konzerte, Empfänge oder Bankette angemietet werden. 10 | Überlingen Meisterschnitzer zwischen den Zeiten Unter den vielen Kunstschätzen des Überlinger Münsters setzt der grandiose Hochaltar von Jörg Zürn den markantesten Akzent. Nobelmarken sind keine Errungenschaft unserer Zeit. Es gab sie früher schon. So muss etwa die Firma Zürn und Söhne zwischen 1580 und 1665 einen so guten Klang gehabt haben, dass er weit über ihre oberschwäbische Heimat hinaus reichte. Spuren dieser aus dem heutigen Bad Waldsee stammenden Künstlerfamilie – der um 1555 geborene Vater Hans sowie seine sechs Söhne Jörg, Hans der Jüngere, Martin, Michael, Hans Jacob und David – lassen sich fast überall im Süden des damaligen deutschen Reiches finden. Allesamt waren sie exzellente Holzschnitzer, und mögen ihre Arbeitsweisen naturgemäß auch stilistische Unterschiede zeigen, so einte sie doch eines: In jener Zeit des fließenden, da früher, dort später einsetzenden Wandels von der Spätgotik über die Renaissance bis zum Barock waren sie zwar einerseits noch stark dem Zunftwesen des ausgehenden Mittelalters in den Städten ihrer Region verpflichtet, aber sie holten sich auch Anregungen aus einer Kunstmetropole wie Augsburg oder den höfischen Zentren wie München oder Prag. Zudem wurden sie sicher bis zu einem gewissen Grad vom stilbildenden Kunstgeschehen in Italien umgetrieben. Gut studieren lässt sich das alles im Überlinger Münster. Dort gäbe es auch vieles andere zu rühmen – angefangen von dem imposanten Bauwerk an sich über die großartigen hochgotischen Figuren des Engels Gabriel und der Maria, einer Verkündigung links und rechts im Chor bis hin zu einer anmutigen Madonna mit Kind im Strahlenkranz aus der berühmten Ulmer Erhart-Werkstatt. Aber es sind doch die Zürns, die der Ausstattung ihren Stempel aufgedrückt haben. Jörg Zürn hatte in der reichen Reichsstadt Überlingen Arbeit gefunden, 1607 die Witwe seines Meisters Virgil Moll geheiratet und dessen Werkstatt übernommen. Fortan war er gut im Geschäft, vollendete 1610 einen Marienaltar für das Münster und 1611 das originelle Sakramentshaus. Anscheinend stießen diese Arbeiten auf so große Zustimmung, dass der junge Meister 1613 den ehrenvollen Auftrag bekam, einen neuen Hochaltar für das Münster zu schaffen. Angesichts dieser gewaltigen Aufgabe holte er allerdings seine Familie zu Hilfe. Zürn-Forscher haben sich sehr um die Händescheidung bemüht und die Mitarbeit des Vaters Hans sowie der Söhne Michael und Martin nachgewiesen, wobei dieser Martin zusammen mit Bruder David 1631 auch noch für einen zwar stupend geschnitzten, aber doch recht überladen wirkenden Rosenkranzaltar sorgte. Der Kopf des Gesamtwerks, vor allem auch der Schnitzer der Mehrzahl der knapp 25 großen und über 50 kleinen Figuren des 15 Meter hohen fünfstöckigen Altars, war jedoch Jörg Zürn. Und was er da bis zur Weihe 1616 schuf, gehört zum Besten in der Altarkunst des deutschen Südens. Höchst anregend ist dabei dieses Oszillieren zwischen den Stilen. Atmen die Maria der Verkündigung oder der auf dem Teufel stehende Erzengel Michael noch eine spätgotisch noble Verhaltenheit, so haben wir es bei der schier überbordenden Ornamentik des Altars, bei den Säulen und Simsen, den Bögen und Baldachinen eher mit Versatzstücken der Renaissance zu tun. Bei den durcheinander purzelnden Engeln über der Krippe der Weihnachtsszene aber kündigt sich schon der Umschwung in den Frühbarock an. Überhaupt ist diese Christnacht – bei aller Raffinesse der Marienkrönung darüber, des noch eine Etage höher thronenden Münsterheiligen Nikolaus und des Kruzifixes ganz oben – das Glanzstück des Altars. Dabei liegt der Hauptakzent auf den Hirten. Die Figuren strahlen in ihrem warmen Lindenholzton eine ungemein menschliche Anteilnahme aus. Der eine hat den Dudelsack unter den Arm geklemmt, der andere sein Schaf geschultert. Neben der Krippe kniet einer in freudiger Ekstase, und ganz außen dreht sich ein Alter mit Hund in fast manieristischer Pose noch einmal um – als wenn er dieses Geschehen noch gar nicht glauben könne. Es war ja auch unglaublich. Unglaublich ist auf seine Art auch dieser Altar. Im Italienischen Rosengarten beleben klassisch anmutende Skulpturen die strenge Geometrie der Mauern, Pergolen, Brunnen und Wege. Zunächst von Großherzog Friedrich I. Mitte des 19. Jahrhunderts für Blumen aller Art angelegt, wurde dieser Teil der Mainau später zum Dorado vor allem für Beet- und Edelrosen älterer und neuerer Züchtungen. Einer besonderen Aufmerksamkeit erfreut er sich alljährlich im Juni, wenn die Wahl der Rosenkönigin ansteht. Die überaus kostbar verzierten Decken mit ihrer Goldauflage sowie die wertvollen Kronleuchter legen es nahe: Bauherr Friedrich Gruber orientierte sich bei der Verwirklichung seiner Träume von einer repräsentativen Villa stark am aristokratischen Geschmack der Zeit. Unter anderem nahm sein Architekt Franz Jakob Kreuter Anleihen bei Bauwerken, die der große Leo von Klenze in München und Umgebung für eine königliche oder zumindest hochadlige Gesellschaft gebaut und ausgestattet hatte. Berühmt ist Wangen unter anderem für seine alten Stadttore. Im Norden steht das Frauentor, heute auch Ravensburger Tor genannt (links). Seine Grundmauern dürften schon aus staufischer Zeit stammen. In Urkunden erwähnt wird es erstmals 1472, aber seine heutige Gestalt mit dem markanten Kupferdach und den Wasserspeiern – mittlerweile ein Wahrzeichen der Stadt – bekam es erst um 1608. An allen vier Ecken oben sind eigens Klangarkaden angebracht für den Glockenschall. Bei den Wandmalereien, die 1950 von Toni Schönecker nach alten Vorlagen erneuert wurden, thront in der Mitte die Gottesmutter Maria als Patronin des Tores. Links davon steht der Stauferkaiser Friedrich II., der Gründer der Stadt, rechts der Habsburger Kaiser Ferdinand I., der Wangen 1563 einen Besuch abstattet. Wie das Frauentor wurde auch das Martinstor im Westen schon im Mittelalter errichtet und dann um 1608 umgestaltet. Auch hier gibt es die Klangarkaden sowie die Wasserspeier. Und auch dieses Tor war bemalt. Auf der Stadtseite brachten der Maler August Braun sowie sein Neffe Josef Braun im Jahr 1928 neue Fresken an. Sie zeigen in der Mitte den Patron der nahen Stadtkirche, den heiligen Martin, wie er den Mantel mit dem Bettler teilt. Links und rechts davon stehen große Söhne der Stadt: Der Bäckersohn Ulrich Rösch (1426–1491) gilt als einer der bedeutendsten Äbte des Klosters St. Gallen. Sohn eines Wangener Schmiedemeisters dagegen war Rupert Neß (1670–1740), unter dessen Leitung die Reichsabtei Ottobeuren zu einem der prunkvollsten Barockensembles auf deutschem Boden ausgebaut wurde. 20 | Weingarten Zum Ruhme der Reliquie Der Heilig-Blut-Verehrung verdankt Weingarten eine der größten und prachtvollsten Barockkirchen Deutschlands. Rund 3000 Pferde zählt man alljährlich beim Blutritt in Weingarten, der größten Reiterprozession Europas – eine schier unglaubliche Zahl, die für das ungebrochene Traditionsbewusstsein im frommen Oberschwaben spricht. Dennoch ist das nur der Abglanz vom Glanz früherer Jahrhunderte. Um 1750 sollen es über 7000 Gläubige gewesen sein, die am Freitag nach Christi Himmelfahrt morgens über die Fluren ritten und den Segen des Herrn erbaten. Aber das Objekt der Verehrung war ja auch schon immer etwas Besonderes. Bereits kurz vor 1100 kam diese Heilig-Blut-Reliquie, eine kleine Phiole mit blutgetränkter Erde vom Fuß des Kreuzes auf Golgotha, über eine Schenkung in das Hauskloster der Welfen in Altdorf. Damit war in dem Ort nördlich von Ravensburg der Grundstein gelegt zu einer der bedeutendsten Wallfahrten im deutschen Süden, deren Strahlkraft über Jahrhunderte hinweg für Ansehen und Reichtum des Benediktinerklosters sorgte. Gespiegelt wird dieser Rang bis heute in seinem Gotteshaus. Eine riesige goldene Nachbildung der Heilig-Blut-Reliquie grüßt oben zwischen den Türmen von der wunderbar ausgewogenen, gelblich-grau schimmernden Schauseite dieser größten Barockbasilika nördlich der Alpen. Schon ihre Maße sind Programm: Die 106 Meter Länge und die 66 Meter Höhe der Kuppel machen bewusst jeweils die Hälfte des Petersdoms in Rom aus. Von der geplanten gewaltigen Klosteranlage wurde allerdings nur rund die Hälfte ausgeführt, denn auch diese Reichsabtei kam kurz vor ihrer Auflösung 1803 im Zuge der Säkularisation in Geldnöte. Insofern darf man es als Glücksfall werten, dass anfangs das ganze Augenmerk dem Bau der Kirche gegolten hatte. In nur neun Jahren wurde sie zwischen 1715 und 1724 hochgezogen. Und obwohl eine stattliche Anzahl wechselnder Baumeister zugange war, wirkt sie doch wie aus einem Guss. Im Oberland mit seinen vielen herausragenden Bauwerken des Barocks tut man sich naturgemäß mit jeder Wertung schwer. Dass Weingarten die vornehmste, erhabenste, feierlichste aller dieser Kirchen ist, dürfte allerdings unbestritten sein. Vielleicht liegt es an den ehrfurchtgebietenden Dimensionen, an den mächtigen, ganz in Weiß strahlenden Pfeilern, am eleganten Schwung der Jochbögen mit ihrem dezenten Stuck, kurz: an der ungemein lichten, hellen Weite des Raums. Umso wirkungsvoller können dann alle Elemente der exzellenten künstlerischen Ausstattung ihr Eigenleben führen. Nichts fällt gegenüber dem anderen ab: Nur ein begnadeter Künstler wie der noch junge Cosmas Damian Asam konnte die Flächen in den weitgespannten Gewölben so effektvoll füllen. Die Umsetzung der ihm vorgegebenen Themen – Geschichte des Heiligblutwunders, Verklärung des Ordensgründers Benedikt und Maria Himmelfahrt im Langhaus, Heiligenhimmel in der Kuppel etc. – zählt in punkto Einfallsreichtum, Erzählfreude und Farbgebung zum Besten, was an oberschwäbischen Kirchendecken zu finden ist. Auch Joseph Anton Feuchtmayer stand noch am Anfang seiner Laufbahn, und doch schuf er einen Gutteil des wundervoll geschnitzten Chorgestühls. Nicht minder markante Spuren hinterließen Meister wie der Stuckateur Franz Xaver Schmuzer und der Stuckplastiker Donato Giuseppe Frisoni oder die Maler Carlo Carlone und Franz Josef Spiegler. Das kunstvolle Chorgitter mit seinem Trompe-l’oeil-Effekt soll der ortsansässige Paul Norz geschmiedet haben. Vor allem ein Meister aber hat mit seinem Namen Weingarten noch berühmter gemacht. Obwohl sich auch andere versierte Orgelbauer darum rissen, das Instrument für Weingarten zu bauen, fiel die Wahl auf den aus Ochsenhausen stammenden Joseph Gabler. Er soll dann zwar die Kosten für die 14 Meter hohe und 8,50 Meter breite Orgel mit ihrem ausladenden Spieltisch und den fast 7000 Pfeifen um mehr als das Vierfache überzogen haben. Aber was er hinterließ, in schönster Harmonie in die Rückfront der Basilika eingepasst, war ein Wunderwerk. Und dessen Klang betört noch heute. Als einer der bedeutendsten Vertreter der Dynastie gilt Max Willibald, geboren 1604, gestorben 1667. Er war nicht nur kaiserlicher Generalfeldmarschall und als solcher unter anderem der Verteidiger von Konstanz und Lindau gegen die protestantischen Schweden, sondern auch ein Freund der schönen Künste von hohen Graden. Auf ihn geht die herausragende Grafiksammlung zurück, die bis heute auf Schloss Wolfegg liegt (links). Die Figur des Truchsessen Georg V. wurde gründlich restauriert (rechts), die Bemalung des Gesichts hatte schwer gelitten (unten). Bei den vier Räumen im Biberacher Museum handelt es sich zwar wirklich um die Ateliers der beiden Künstler Anton Braith und Christian Mali, die nach 1906 aus München nach Biberach verbracht wurden, aber vorherrschend ist eher ein musealer Eindruck: Bilder über Bilder und dazwischen eine Salon-Ausstattung der feinsten Art. Steter Wandel wird in diesen lichten und weiten Sälen die Regel sein. Denn die Bilder, die Siegfried Weishaupt und seine Gattin Jutta im Lauf der Jahrzehnte gesammelt haben, sollen der Öffentlichkeit in wechselnden Konstellationen gezeigt werden, ab und zu bei speziellen – die Birnau, Zwiefalten, OttobeuSchwerpunkt-Präsentationen auch ergänzt durch Leihgaben. Beim Fototermin waren unter ren, Wiblingen oder Salem. Bei dieser Schatzsuche rücken jedoch anderem zu sehen: Rechts „Homage to the Square – Summer Noon” aus dem Jahr 1964 auch andere Stätten ins Blickfeld: e von Josef Albers, den Weishaupt von Anfang an verehrte; links Ellsworth Kellys „Black and White“ von 1970, ein für ihn typisches HardEdge-Werk; und in der Mitte die Arbeit „Sidi Ifni I” aus der „Marokkanischen Serie“ des US-Amerikaners Frank Stella von 1965. Dieser Prospekt zeigt einige Seiten aus dem großformatigen Buch „Schatzkammer Oberschwaben. Unterwegs zur Kunst zwischen Ulm und dem Bodensee.“ Oberschwaben. Natürlich das Himmelreich des Barock – aber nicht nur, wie dieser üppige Bildband beweist. Auf einer Kunstreise zu 26 Stationen zwischen Ulm und dem Bodensee werden die barocken Prachtbauten gebührend gewürdigt – die Birnau, Zwiefalten, Ottobeuren, Wiblingen oder Salem. Bei dieser Schatzsuche rücken jedoch auch andere Stätten ins Blickfeld: etwa die Insel Reichenau mit ihrer Romanik, die gotischen Ensembles des Ulmer Münsters und des Klosters Blaubeuren, Schloss Sigmaringen und die Lindauer Villa Lindenhof mit ihrem Historismus, Wangen und sein apartes Stadtbild oder die Biberacher Braith-Mali-Künstlerateliers aus der Gründerzeit. Mit der Kunsthalle Weishaupt in Ulm und dem Ravensburger Kunstmuseum spiegeln zwei spektakuläre neue Häuser die Moderne. Schließlich führt ein Abstecher auf die Insel Mainau, denn was ist ihr Blumenzauber anderes als ein grandioser Schatz der Natur. Also Kontraste zuhauf – und ein Fest für die Augen. Bad Schussenried - Bad Wurzach - Biberach - Birnau - Blaubeuren - Heiligkreuztal - Lindau - Mainau Meersburg - Obermarchtal - Ochsenhausen - Ottobeuren - Ravensburg - Reichenau - Salem - Sigmaringen - Steinhausen- Tettnang - Überlingen - Ulm - Wangen - Weingarten- Wiblingen - Wolfegg - Zwiefalten. ISBN 978-3-943391-37-4 9 783943 391374