BMW F 800 GT, Moto Guzzi California Touring, Triumph Trophy SE

Transcription

BMW F 800 GT, Moto Guzzi California Touring, Triumph Trophy SE
BMW F 800 GT, Moto Guzzi California Touring, Triumph Trophy SE, Yamaha FJR 1300 A
Tourer
Auf Tourern schrumpfen die Distanzen und erweitert sich der Horizont.
Doch lässt sich mit den Reisemobilen auch am alpinen Ziel der Spaß
finden, der mit ihnen gesucht wurde?
W
ar der Weg schon das Ziel?
Manchen in der Vierergruppe
beschleicht ein mulmiges Gefühl, als wir in Vinadio von der
Hauptverkehrsader im Sturatal in Richtung
Col de la Lombarde abbiegen. Denn gleich
zu Beginn winden sich die Serpentinen
so eng wie ein vom Schmerz gekrümmter
Regenwurm den dicht bewaldeten Hang
entlang. Da hinauf? Mit bis zu sieben Zentner
schweren Tourern?
Denn so viel – 345 Kilogramm, um genau
zu sein – wiegt die opulenteste unter den
vier Kilometerfressern: die Moto Guzzi California Touring. Also, mal nicht zu viel vor-
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Test+Technik
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nehmen. Doch das Szenario von permanent
kratzenden Trittbrettern, die Masse träge
nach oben schiebendem Motor und einem
Fahrwerk, das nur mit viel Muskelschmalz um
die Kehren zu wuchten ist, bleibt aus. Auch
wenn die lässige Sitzhaltung, Trittbretter,
Schaltwippe und hohe Frontscheibe American-Cruiser-Feeling vermitteln. Doch diesen
Spirit, der oft auch so manche fahrphysikalische Unzulänglichkeit verzeihen helfen soll,
braucht es für die Cali kaum. Selbst in den
­Erster-Gang-Wenden im unteren Teil des
Passes geht der V2 mit seiner gut abgestimmten Ride-by-Wire-Motorsteuerung am
Kurvenscheitelpunkt geschmeidig ans Gas
Test+Technik
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Pl a t z 1
BMW F 800 GT
P lu s
• hervorragendes Handling
• extrem neutrales Fahr-
verhalten
• geringer Verbrauch
• vergleichsweise mäßiger
Preis
• pflegeleichter Riemen-
antrieb
• ordentlicher Windschutz
Minus
• Sitzhaltung eher sportlich
als touristisch
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Triumph Trophy SE
P lu s • für die Gewichtsklasse
agiles Handling
• homogene Federungs-
abstimmung
• brillanter Motor
• Vollausstattung
• guter Soziuskomfort
M i n u s
Alpen-Masters: Tourer
und drückt anschließend linear voran. Kräftig obendrein. In der Durchzugsmessung
im zweiten Gang (siehe Kasten unten)
hängte die Guzzi gleich zwei ihrer drei Kolleginnen ab. Angesichts ihrer Masse lässt
sie sich zudem unerwartet behände durch
die Kurven bugsieren. Trotzdem: Objektiv
betrachtet besitzt sie in diesem Vergleich
die geringste Schräglagenfreiheit, das
­trägste Handling und eine Federung mit
den geringsten Reserven. Weshalb sie ihren
Mitstreiterinnen den Vortritt lassen muss.
Verzeihlich, denn schließlich hat sich die
Cali mit der High Society des Tourer-Segments angelegt. Trotz der für verbesserten
Windschutz geänderten Verkleidung
kommt die Yamaha FJR 1300 auch im
2013er-Modelljahr zeitlos daher. Und wirft
mit ihrem Motor gleich das dickste Pfund in
den Ring. Dieser famose Reihenvierer gibt
sich nicht zuletzt durch das neue Ride-byWire als Universaltalent. Butterweich in der
Ya
m
FJR aha
13
00
Dreizylinder
1215 cm³
135 PS
120 Nm
303 kg
251 kg
Vierzylinder
1298 cm³
146 PS
138 Nm
292 kg
212 kg
Preis 10 300 Euro
Preis Testmotorrad 11 975 Euro*
19 600 Euro
19 600 Euro
18 670 Euro
18 670 Euro
17 595 Euro
17 595 Euro
Testverbrauch Pässe 3,9 l/100 km
theoretische Reichweite Pässe 384 km
6,1 l/100 km
334 km
4,9 l/100 km
532 km
5,3 l/100 km
469 km
Durchzug in 2000 m über NN, 8,6 sek
50–100 km/h
Durchzug bergauf mit Sozius, 7,0 sek
2. Gang, 25–75 km/h
Bremsweg bergab mit Sozius, 22,6 m
75–25 km/h
9,8 sek
8,8 sek
8,5 sek
5,2 sek
4,7 sek
5,6 sek
27,3 m
28,3 m
25,0 m
BM
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F8
00
G
*inkl. Safety-Paket (690 Euro), Comfort-Paket (450 Euro) und Koffersatz (535 Euro)
Motor
Hubraum
Leistung
Drehmoment
Gewicht
Zuladung
Zweizylinder
798 cm³
90 PS
86 Nm
221 kg
199 kg
A
Tri
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Tro mph
ph
y SE
Zweizylinder
1380 cm³
97 PS
120 Nm
345 kg
202 kg
T
Mo
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Ca o Gu
lif z z
To orn i
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ing
Daten und Messwerte
Gasannahme, hervorragend beim Lastwechsel, grandios im Antritt und gewaltig
in der Drehfreude. Ein Traum.
Den das Fahrwerk der FJR nicht weiterträumt. Nicht dass man nach einer in diesem Segment angesagten elektronischen
Federung rufen würde. Immerhin zieht die
292 Kilogramm schwere Yamaha auf den
langen Bögen des Col de Larche wie an der
Schnur gezogen ihre Bahn. Doch auf den
gekräuselten Rampen des Lombarde irritiert sie gehörig. Als ob ein kleiner Berggeist
am Lenker zöge, lässt sich die FJR ­störrisch
von Bodenwellen aus der Spur h
­ ebeln, fühlt
sich unpräzise und unhandlich an. Und
kann deshalb erstaunlicherweise – trotz formidablem Motor, einer riesigen Reichweite
und komfortabler Federung – der touristischer ausgerichteten Triumph Trophy SE
nicht das Wasser reichen.
Denn der wuchtig wirkenden Britin
wür­de kein Mensch eine derartige Wuselig-
keit zutrauen. Mit viel Druck auf dem
Vorderrad sticht die Trophy SE zielsicher
in die Kehren, lässt sich trotz ihrer Masse
mit sanftem Zug von einer in die nächste
schwenken und ist mit ihrer fein abgestimmten, elektronisch justierbaren Federung prima ausbalanciert. Und weil er diese
Qualitäten mit dem vom Drehzahlkeller bis
in höchste Regionen kultivierten und kräf­
tigen Dreizylindermotor kombiniert, fühlt
sich der Luxusliner in den Alpen so wohl
wie seine Konstrukteure beim Five o’Clock
Tea. Zumindest bis beim Wenden auf den
Aussichtsparkplätzen oder dem Ausparken
aus der Hotelgarage die Dimensionen der
Trophy wieder ins Bewusstsein rücken.
Dann verlangen die stattlichen 303 Kilogramm Lebendgewicht nach bedachtem
Handeln. Wer aus der Balance gerät, hat
verloren – und überlegt sich vielleicht ge­
rade in diesen Momenten, das Kontrast­
programm zu wählen.
• hohes Gewicht
• ausladende Dimensionen
• umständliche Menü­
führung der Elektronik
Pl a t z 3
P lu s • kultivierter Motor
• verbessertes Ansprechverhalten durch Ride-by-Wire
• klare Rückmeldung
• gute Fahrleistungen
• große Reichweite
• einfache Menüführung der Elektronik
M i n u s
• starke Aufstellneigung bei
unebener Fahrbahn
• mäßiges Handling
Pl a t z 4
Laut röhrten plötzlich viele dicke Motoren am Col de la Bonette. Wir waren
in den Coupe des Alpes geraten, eine
Rallye für Oldtimer. Nicht alle schafften
es aber ganz nach oben. So strandete ein
Ferrari 250 GT Lusso aus den 60er-Jahren
auf halber Höhe. Während die MOTORRAD-Crew noch den Zwölfzylinder beäugte, eilte schon Hilfe herbei – Mechaniker- und/oder Abschleppservice sind
bei der Nobelrallye im Preis inbegriffen.
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Yamaha FJR 1300 A
Moto Guzzi California Touring
P lu s • ausdrucksstarker, aber dennoch kultivierter Motor
• guter Durchzug
• ausgeprägter Windschutz
• für einen Cruiser ordentliches Handling
• entspannte Fahrhaltung
M i n u s
• hohes Gewicht
• relativ hoher Verbrauch
X
Das
TREME
BEIN
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E
D
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F
200GS
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M
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2013
für Ihre
Alpen-Masters: Tourer
Fazit Le i st u n g
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140
Yamaha FJR 1300 A
103,3 kW (140 PS) bei 8100/min
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133 Nm bei 6800/min
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Triumph Trophy SE
80 110
97,3 kW (132 PS) bei 8800/min
117 Nm bei 6800/min
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Moto Guzzi California Touring
90
70,3 kW (96 PS) bei 7200/min
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113 Nm bei 5500/min
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kW PS
0
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Motordrehzahl in 1/min x 1000
Motorleistung
100
6
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8
9
Leistung an der Kurbelwelle. Messungen auf dem Dynojet-Rollenprüfstand 250,
korrigiert nach 95/1/EG, maximal mögliche Abweichung ± 5 %
Motor
Beschleunigung 0–140 km/h
Durchzug in 2700 m über NN
Durchzug im 2. Gang bergauf mit Sozius
Leistungsentfaltung
Ansprech-/Lastwechselverhalten
Kupplung
Schaltung
Getriebeabstufung
Summe
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Fahrverhalten
Abstimmung/Komfort
Federungsreserven bei Beladung
Handlichkeit auf Passstraßen
Stabilität in Kurven
Lenkpräzision/Rückmeldung
Bremswirkung
Bremsverhalten bergab/Fading
ABS
Traktionskontrolle
Aufstellmoment beim Bremsen
Schräglagenfreiheit bei Beladung
Summe
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20
20
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Ausstattung
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Gepäckunterbringung
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Reichweite Pässe
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Zuladung
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Handhabung beladen
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Yamaha
FJR 1300
A
Sicht
nach
vorn/hinten
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103,3 kW (140 PS) bei 8100/min
Bodenfreiheit mit
Sozius
und Gepäck
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133 Nm
bei 6800/min
Summe
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Triumph Troph 1200
SE
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Touratech Suspension Federbein hinten für
BMW R 1200 GS (ab 2013), Typ *Extreme*
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19
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18
6
58
500
373
287
372
352
Schlechte Pisten, volle Beladung, wechselnde Fahrzustände: Gerade bei Fernreisen ist das Fahrwerk einer Enduro härtesten
Belastungen ausgesetzt. Die Extreme-Federbeine von Touratech Suspension haben bei vielen Testkilometern auf der ganzen
Welt und sogar im Endurosport bewiesen, dass sie den härtesten Anforderungen gewachsen sind. Davon können nun auch
die Fahrer der neuen BMW R 1200 GS (ab 2013) profitieren: Touratech bietet mit der Fahrwerkslinie Touratech Suspension
maßgeschneiderte Nachrüstfederbeine für das BMW-Flaggschiff an. So verlieren auch schlechte Streckenbedingungen mit
vollem Gepäck ihren Schrecken.
1.
4.
2.
3.
Alltag
97,3 kW (132 PS) bei 8800/min
117 Nm bei 6800/min
Moto Guzzi California
Fahrer
70,3Sitzkomfort
kW (96 PS) bei 7200/min
Sozius
113 Sitzkomfort
Nm bei 5500/min
BMWund
F 800Wetterschutz
GT
Wind68,9 kWLaufruhe
(94 PS) bei 8400/min
Motor
88 Nm bei 5700/min
Summe
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120
100
80
60
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Alpen-Masters-Wertung
Komfort
Drehmoment in Nm
BMW F 800 GT
68,9 kW (94 PS)
bei 8400/min
88 Nm bei 5700/min
Ma
x
Pu ima
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GT
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FJR aha
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A
Denn mit der BMW F 800 GT gehen die Bayern das Reisethema quasi von der gegenüberliegenden Seite an. Der Sporttourer wirkt trotz Vollverkleidung in diesem Kreis fast wie ein
Minibike. Schmal, niedrig, leicht. Und setzt sich mit genau diesen Qualitäten auf der Achterbahn der Bergwelt in Szene. Vor
allem der gegenüber den Verfolgerinnen mindestens 80 Kilogramm große Gewichtsvorteil lässt die 221 Kilo schwere GT
in Sachen Handling in einer anderen Liga spielen. Ein zarter
Schubs wirft die Bayerin von einer Schräglage in die nächste,
bombensicher hält sie selbst über übelste Verwerfungen die Linie und pariert jede alpine straßenbauliche Herausforderung
mit einem Achselzucken.
Dieses unkomplizierte Wesen
ergänzt der gemessene 94
Pferde starke Twin mit sanftem
200 Kilometer weiter
Leistungseinsatz und kurzer
Übersetzung. Doch weil mit
nördlich hätte die erdiesen Attributen sich auch jestaunliche Triumph gedes sportliche Naked Bike zum
siegt. Doch kaum ein
Alpen-Meister aufschwingen
Motorrad kombiniert
könnte, wertet erst der oreine kommode Anreise
dentliche Windschutz, die ermit so viel Fahrspaß in
staunliche Soziustauglichkeit
den Serpentinen wie
und nicht zuletzt der moderate Verbrauch (3,9 Liter/100
die BMW. Vor dieser
km) das Spaßmobil zum PassLeichtigkeit des Seins
mobil auf. Ganz abgesehen
muss auch der Rest kadavon ist die GT in Vollausrüs­
pitulieren. Die Yamaha
tung mit knapp 12 000 Euro
wegen ihres Fahrwerks
das mit Abstand günstigste
und die Guzzi wegen
Touren-Bike. So geht das Kopfihres Gewichts.
an-Kopf-Rennen knapp zugunsten der GT aus.
Gesamtsumme
Platzierung Gruppe
11
erhältlich ab SEPTEMBER 2013
Touratech Suspension Federbein vorn für BMW
R 1200 GS (ab 2013), Typ *Extreme*
Touratech Suspension ist erhältlich für folgende Marken: BMW - KTM - Honda - Husqvarna - Kawasaki - Suzuki - Triumph - Yamaha
TOURATECH AG
Auf dem Zimmermann 7-9
17/ 2013
DE 78078 Niedereschach
Tel.: +49 (0) 7728 9279-0
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Der Touratech Partner
für Öle & Pflegemittel
TOURATECH Standorte Deutschland: Berlin | Hamburg | Kassel | Aachen | Mömlingen |München | Dresden | TOURATECH Österreich | TOURATECH Schweiz
BMW F 800 GT, BMW HP4, BMW R 1200 GS, Honda CB 500 X, KTM 1190 Adventure R, Triumph Tiger Explorer, Triumph Street Triple
Finale
Die fünf Klassensieger treffen auf die beiden Champions des Vorjahres, die BMW R 1200 GS und die Triumph Explorer. Am Ende der
finalen Tagestour fällt am Col de la Bonette die Entscheidung.
Von Gert Thöle; Fotos: Jörg Künstle
D
er letzte Tag, die letzte Stunde,
der letzte Job des Alpen-Masters.
Es ist nach zehn Uhr abends auf
einem der höchsten Pässe der
­Alpen, dem Col de la Bonette, 2715 Meter
über dem Meer. Die Sonne ist hinter den
Gipfeln abgetaucht, die sich nur noch
schwach am westlichen Horizont abzeichnen. Mit ihren letzten Strahlen leuchtet sie
den Abendhimmel in blaugelben Pastellfarben malerisch aus. Außer uns beiden –
Fotograf Jörg Künstle und dem Autor – ist
weit und breit kein Mensch zu sehen. Kein
anderes Lebewesen, rein gar nichts regt
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Test+Technik
17/ 2013
w w w. m o to r r a d o n l i n e. d e
sich mehr hier oben. Nach einer Woche
angespannter Arbeit und einem strammen
Testprogramm erleben wir nun einen
Augenblick voller majestätischer Stille und
monumentaler Kraft.
Die restliche Testmannschaft der Finalrunde dürfte inzwischen bereits im Hotel in
Pietraporzio angekommen sein. Wir beide
stehen kurz unterhalb der Passhöhe des
­Bonette, blicken gen Westen und warten.
Warten auf den optimalen Zeitpunkt, die
op­timale Lichtstimmung, um den Sieger
des diesjährigen Alpen-Masters gebührend
in Szene zu setzen. Exakt diesen kurzen,
perfekten Moment inmitten eines gewaltigen Panoramas will Jörg einfangen.
„Alles richtig gemacht“, pflegt Top-Tes­
ter Karsten in solchen Augenblicken zu
­sagen. Hinter uns liegt eine intensive, aber
reibungslose Testwoche und als Höhepunkt
der längste Tag des Alpen-Masters, das
große Finale. Ein eindrückliches Erlebnis auf
den besten Maschinen des aktuellen Jahrgangs in der grandiosen Gebirgslandschaft
der Seealpen. Am Ende einer 206 Kilometer
langen Runde über fünf Pässe mit völlig unterschiedlichem Charakter wird am Bonette
schließlich der Sieger gekürt.
Test+Technik
69
Alpen-MastersDie Finalrunde
Pass par tous
P
ass für alle, Spaß für alle: Gerade rechtzeitig öffneten nach
dem langen Winter die hohen Pässe, Schnee war beim diesjährigen Alpen-Masters das Dauerthema. Just in time frei war zum
Beispiel der erste Pass der Finalrunde, der Col de la Lombarde, ein
anspruchsvoller, eng verschlungener Pass, der mit viel Tauwasser
und Dreck auf der Fahrbahn besondere Anforderungen an Mensch
und Maschine stellte. Auf der französischen Seite ist die Straße ab
dem Retorten-Skiort Isola 2000 breit und zügig ausgebaut, dort
kann man es schön laufen lassen. In Saint-Sauveur biegen die Finalisten zum Col de la Couillole ab, einem kleinen, verwinkelten Pass
abseits der üblichen Routen und praktisch ohne Verkehr. Über die
Hochebene um den Touristenort Valberg geht es an malerischen
Felswänden entlang nach Guillaumes, wo das Finalteam über
Saint-Martin-d’Entraunes zum Col de la Cayolle fährt. Die teilweise recht holprige und enge Abfahrt hinunter nach Barcelonnette
stellt höchste Ansprüche an Fahrwerk und Handling. Der Höhepunkt des Finales ist dann im Wortsinn der Col de la Bonette,
dessen Schleife Cime de la Bonette mit 2802 Metern der höchste
asphaltierte Alpenpass ist. Die war jedoch nicht passierbar, weil
sich noch die Fräsen durch die Schneemassen kämpften.
GAP
Barcelonnette
Italien
Jausiers
Pietraporzio
Eva Breutel (52), ItalienKorrespondentin, mag handliche Maschinen
Ein Frauenmotorrad sei
die BMW F 800 GT, sagte
einer meiner Kollegen
beim Finale. Aha. Sollte
er damit meinen, dass
Frauen oft Understatement-Motorräder be­
vorzugen, so trifft der Begriff auf die GT zu,
denn sie ist der typische Wolf im Schafspelz: sieht täuschend harmlos aus, entpuppt sich aber als brillante Bergsteigerin.
Der 94-PS-Motor ist immer präsent und
wie geschaffen fürs Alpenkarussell, die
aktive Sitzposition lädt zur flinken Attacke
auf Kurven und Kehren ein. In meiner
Wertung landet sie vor den drei großen
und schwe­ren Reiseenduros, denn nach
einem langen Tag am Berg finde ich zwar
nicht das Fah­ren, aber das Auf- und Ab­
steigen und das Rangieren mit der niedrigeren und leichteren GT viel einfacher.
Und so gewinnt bei mir das Motorrad,
das mir auch in schwa­chen Momenten
Entspannung gönnt.
Alpen-Masters: Finale
Gekürt bedeutet in diesem Jahr, dass
die sieben Fahrer – alles international routinierte, professionelle Tester – am Ende des
Tages ihr persönliches Ranking erstellen.
Sieben Maschinen, sieben Fahrer, sieben
Meinungen: Sieger sind sie alle, aber am
Ende kann es nur einen wahren Champion
des Alpen-Masters geben.
Üblicherweise jedenfalls, denn bei der
letztjährigen Ausgabe ergab sich eine Pattsituation, BMW R 1200 GS und Triumph
Tiger Explorer teilten sich den Titel. Diese
beiden treffen nun auf die fünf diesjährigen
Gruppensieger. Wobei im Fall der GS erstmals eine neue Regelung erforderlich ist,
denn bei ihr gab es bekanntlich mit dem
neuen Wasserboxer einen Modellwechsel.
Wie damit umgehen? Das MOTORRADTestteam entschied, die neue GS als Ersatz
für die alte direkt ins Finale zu schicken, also
ohne die übliche Qualifikationshürde der
Vorrunde. Vor allem deshalb, weil die GS im
Alt/Neu-Vergleich sowie in den großen
Reise­enduro-Storys des Frühjahrs ihre Qualitäten bereits hinlänglich unter Beweis
gestellt hat. Kurz gesagt: Die neue GS ist
besser als die alte und kann sie daher
ohne Wenn und Aber würdig ersetzen.
Grundsätzlich ist das große Finale auch
ein Vergleich der unterschiedlichen Konzepte. Natürlich spielt das einzelne Motorrad die tragende Rolle, aber es geht zudem
um den besten Motorradtyp für alpines
Fah­ren. Wegen des Reiseenduro-Doppelsiegs im letzten Jahr ist diese Gattung in
diesem Jahr gleich dreimal vertreten; zu
Le Villar d´Abas
Vinàdio
Col de la Bonette
Col de la Cayolle
Col de la
Lombarde
Isola
Col de la
Couillole
Entraunes
Guillaumes
206 Kilometer, 6062 Höhenmeter: Im
großen Finale des Alpen-Masters führte
die Route über fünf sehr unterschiedliche Pässe der grandiosen Seealpen
Isola 2000
St. Sauveurs.-Tinée
Valberg
Col de Valberg
Al
p e
s M
ari
tim
es
Frankreich
Col de la Bonette,
2715 m
2800 m
2600 m
Col de la Cayolle,
2372 m
Col de la Couillole,
1678 m
GRASSE
Col de la Lombarde,
2350 m
2400 m
2200 m
Höhe über NN
„Der Wolf im Schafspelz“
2000 m
1800 m
Pietraporzio,
1246 m
NIZZA
Col de Valberg,
1672 m
er
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l
e
Mit t
1600 m
1400 m
1200 m
1000 m
800 m
700 m
600 m
km
70
Test+Technik
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20
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w w w. m o to r r a d o n l i n e. d e
140
160
180
200 205
Vielfalt und
Qualität
PACKENDE IDEEN...
Mot
„Ein Sonderlob für
Hondas kleine CB 500 X“
Francesco Gulinelli (36),
Italien, fährt als Ingenieur auf
modernste Elektronik ab
Alpen-Masters: Finale
Gert Thöle (57), Deutschland,
mag sanfte Motoren und
knackige Fahrwerke
ue
Wenn mir das einer
vor zehn Jahren gesagt
hätte, dass BMW die
emotional schärfsten
Geräte baut. Aber es ist
so, GS und HP4 machen
am meisten an. Dass die
GS vorn liegt, darüber gibt es aus meiner
Sicht gar keine Diskussionen, auch wenn die
KTM mich als Offroad-Fan besonders anspricht. Aber der Wasserboxer ist mit seiner
Bandbreite nicht zu schlagen. Er bietet mit
ausgefeilten Assistenzsystemen die besten
Reserven in puncto Sicherheit und schafft
den Spagat zwischen Vernunft und Emo­
tion, er kann gleichermaßen bequem und
sportlich, quick and dirty. Die HP4 ist ein
unglaublicher Spaß, aber eben auch die
pure Unvernunft und zu aggressiv in diesem
sensiblen Umfeld. Und auch die dritte BMW,
die F 800 GT, schlägt sich mehr als wacker.
Fl
n
Ta
kr uc
k s a ck S T R E E
T E
nd
ur
Ve r b r e i t e
Gute Chancen müsste man auch einem
modernen Cross-over-Konzept wie dem der
Honda CB 500 X einräumen. Man sitzt bequem, hat guten Windschutz, die Federung
arbeitet komfortabel – alles gewichtige Argumente fürs alpine Fahren. Zumal die kleine Honda die engen Kehren des Lombarde
mit ungeahnter Leichtigkeit hin­aufwieselt.
Ginge es allein ums Vergnügen, läge der
Einstiegszweizylinder ganz weit vorn.
Trotz breiter Sympathie bleibt die CB als
schwächste Maschine jedoch Außenseiter.
Seine eigene Leistungsklasse mischte der
quirlige Twin zwar gehörig auf, zwischen
den Großen und Starken wäre jeder andere
Platz als der letzte hingegen eine Über­
raschung, zumal hier eher leistungsverwöhnte Testprofis werten. Doch Kristijan,
der die Sache wie gewohnt von der genießerischen Seite angeht, setzt die 48-PS-Maschine sogar auf Rang 4, vor drei- bis viermal
so starken Gegnern wie der Tiger Explorer
oder der HP4. So teilt sich die flinke Honda
am Ende den fünften Platz mit der Street
Triple, was auf jeden Fall bemerkenswert ist.
Der 675er-Dreizylinder gefällt vor allem
den beiden sportlichen Piloten Lars und
Oscar. In puncto Fahrspaß und Emotionen
sehen auch andere Tester die Street Triple
vorn. Eine Maschine für engagierte Solisten.
Aber die Rationalisten bemängeln den
schma­len Einsatzbereich; die Tourentauglichkeit fällt mangels Fahrkomfort, Gepäckunterbringung und Windschutz eher kläglich aus. Immerhin, Rang fünf bedeutet
zumindest nicht die rote Laterne.
r un
ter
Lam
penschutz
g
A l u r a ck
www.hepco-becker.de
17/ 2013
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Oscar Pena (40), Spanien,
geht als Vollblut-Racer
emotional ans Thema
Ich hab die neue GS hier
das erste Mal probiert,
und sie hat mich stark
beeindruckt. Sie fühlt
sich sportlicher und
leichter an als die alte,
die Elektronik funktioniert perfekt. Die Explorer überrascht ebenfalls: im Stand schwerfällig, auf den Pässen
aber neutral und leicht zu kontrollieren.
Und der Dreizylinder verwöhnt mit seiner
sanften Kraftentwicklung. Dahinter habe
ich die Street Triple gesetzt, die hat aus­
reichend Power für Passfahrten, dazu ein
fantastisches Handling. Sicher keine ideale
Reisemaschine, aber ein lustiges Spielzeug
für enge Passstraßen. Die HP4 ist der beste
Supersportler aller Zeiten, aber selbst als
Racer muss ich zugeben, dass die Bandbreite beschränkt ist. Trotzdem ist die HP4
für mich die pure Leidenschaft.
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„Die Explorer wirkt massig, fährt aber easy“
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den Champions des Vorjahres, der R 1200
GS und der Explorer, gesellt sich der aktuel­
le Klassensieger, die KTM 1190 Adventure R.
Wenn auch dieses Konzept für die Alpen
wie geschaffen scheint, so errangen in der
Vergangenheit doch Modelle aus anderen
Kategorien den Gesamtsieg, nämlich die
BMW R 1200 R oder die Honda CB 1300.
Jedes Jahr bringen die
Motorräder im AlpenMasters mehr Elektronik
mit und werden somit
immer komplexer. BMW
ist den anderen Herstellern in Sachen Bedienbarkeit einen Schritt voraus. Auf den drei
Finalistinnen aus Bayern findet man sich
auf Anhieb zwischen allen Schaltern und
Knöpfen zurecht, die Einstellungen gelingen sicher und lenken nicht vom Fahren ab
– ein Aspekt, den man nicht unterschätzen
sollte. Daher steht in meiner Wertung BMW
ganz vorn, vor allem mit der rundum gelungenen neuen GS. Ein Sonderlob gibt es
für die Honda CB 500 X: Sie kostet kaum
mehr als die Sonderausstattung der GS,
macht aber viel Spaß und ist ein ernst zu
nehmendes Motorrad. Sie hat mich auf
den Alpenpässen erstaunt und überzeugt.
„Quick and dirty – die GS
beherrscht beides“
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Kristijan Ticak (39), Kroatien, Chefredakteur, mag
anspruchslose Motorräder
Eine BMW HP4 auf dem
letzten Platz? Das gibt es
nur beim Alpen-Masters.
So weit war es für mich
einfach, aber die anderen sind schwieriger zu
platzieren. Nie war die
Konkurrenz so stark. Die KTM ist ein harter
Gegner für die GS, leider kommt die Power
erst im oberen Teil der Skala. F 800 GT und
CB 500 X haben mich positiv überrascht.
Die beiden Twins arbeiten schön gleich­
mäßig und beweisen, dass es hier nicht um
hohe Leistung geht. Beide sind leicht zu
fahren, das gilt besonders für weniger
rou­tinierte Piloten. Sie gehen zudem sparsam mit dem Sprit um und sind auch sonst
anspruchslos. Wenn der Preis bei der Bewertung eine Rolle spielen würde, wären
die Mittelklasse-Maschinen für mich heiße
Kandidaten auf den Sieg.
Lars Bosson (49), Schweden,
zweifacher nationaler Superbike-Meister
„Die KTM kann alles – aber nur fast so gut“
Karsten Schwers (41),
Deutschland, Top-Tester und
Filigrantechniker
Am meisten Genuss
bietet die Street Triple
mit dem kleinen, aber
wunderbaren Dreizylinder. Das Handling ist
perfekt, allerdings das
Fahrwerk ziemlich straff
abgestimmt. An der GS kann ich höchstens
die Sitzhöhe kritisieren, obwohl ich mit
1,83 Meter nicht gerade klein bin. Die
KTM ist leider noch höher, zudem hat sie
­schmale Fußrasten und einen zu kurzen
Schalt­hebel. Ansonsten ein tolles Motorrad
mit viel Power und exzellentem Fahrwerk.
Die Explorer ist komfortabel und durchzugsstark, die Gabelfedern sind aber zu
weich und das Gewicht ist zu hoch. Die
F 800 GT fährt sich zwar leicht und easy,
der Motor wirkt aber brav und konservativ.
Als Racer gefällt mir die HP4 natürlich, aber
hier in den Alpen ist sie zu anstrengend.
Letztes Jahr war die
Entscheidung ziemlich
schwierig, dieses Jahr
war es für mich einfach:
Die GS hat den Entenschnabel klar vorn. Nicht
weil die neue sportlicher
ist als die alte, sondern weil sie in jeder
Hinsicht gewonnen hat. Die KTM ist toll,
kann aber alles „nur“ fast so gut. Bei der
Triumph missfallen die überdämpfte Gabel
und das hohe Gewicht. Damit liegen also
in meiner Wertung drei Reiseenduros vorn,
dieses Konzept macht hier mit viel Komfort
und drehmomentstarken Antrieben am
meisten Sinn. Ich liebe zwar die HP4, aber
die macht erst dann Laune, wenn mich das
schlechte Gewissen plagt. Bei der zurückhaltenden CB 500 X ist es genau andersrum, da fehlt mir doch etwas Druck, und
das Fahrwerk ist ziemlich schlaff.
der Gefühle sogar auf den vierten Rang.
Dass die Mehrheit das etwas anders be­
urteilt, zeigen drei letzte Plätze, wobei niemand das Potenzial und die Qualitäten der
BMW bezweifelt. Schade eigentlich, wenn
nicht einmal die HP4 beim Alpen-Masters
eine Chance hat, welcher Sportler dann?
Aber vielleicht hängt der letzte Platz mit
den vielen engen und holprigen Pisten
der diesjährigen Finalrunde zusammen.
Die Hoppelpiste des Cayolle etwa meis­
tern bequeme Reiseenduros mit schluck­
freu­diger Federung deutlich besser – und
überraschenderweise mischt die nassforsche BMW F 800 GT da ebenfalls mit. Allein
die Finalteilnahme war im Grunde schon
­eine Auszeichnung für den MittelklasseSporttourer, der in seiner Kategorie die
­dicken Tourer von Yamaha und Triumph aus
dem Feld schlug. Und dann setzt ihn Eva
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Test+Technik
17/ 2013
2014
© Peter Bull
„HP4 als Letzte – das war
eine einfache Wahl“
„Den höchsten Genuss
bietet die Street Triple“
© Peter Bull
Die geht an das sicherlich heißeste Bike
dieses Finales, die HP4. Konzeptbedingt hat
es ein kompromissloser Supersportler in
diesem Umfeld grundsätzlich schwer. Besonders einer wie die BMW, als Rennreplika
für schnelle Runden auf der Piste ausgelegt.
Doch sie kann auch ganz anders, verfügt
über technische Highlights, die ihr sogar auf
anspruchsvollen Alpenpässen das Leben
erleichtern. Elektronisches Fahrwerk, Trak­
tionskontrolle, variable Mappings, ein umstellbares ABS – all das bringt auch im alltäglichen Leben Vorteile. Rennfreak Oscar
platziert den Überflieger im Überschwang
© Peter Bull
Alpen-Masters: Finale
Der Sieger
BMW R 1200 GS
Das ist ihr Terrain, hier war sie in diesem Jahr unschlagbar:
Hoch oben auf dem Dach der Alpen darf die GS einen überlegenen Sieg auskosten. Sie überzeugt mit unglaublicher Bandbreite, denn sie beherrscht den Spagat zwischen Tour und
Sport, zwischen Spaß und Pflicht auf beinahe perfekte Weise.
Alpen-Masters: Finale
wegen seiner Leichtigkeit gar an die Spitze
ihres persönlichen Rankings. Die anderen
Tester teilen diese Begeisterung nicht ganz,
Sportfreak Oscar bezeichnet den 800erTwin als Langweiler. Okay, der vibrierende,
gleichmäßig durchziehende Motor entfacht
sicher keine Begeisterungsstürme, dafür
besticht die GT mit deutschen Tugenden,
mit tollem Handling und neutraler Lenkung. Was unterm Strich einen soliden
vierten Rang ergibt.
So dürfen schließlich die drei Reise­
enduros das Treppchen dann doch unter
sich ausmachen. Die Triumph Tiger Explorer
überzeugt wie im letzten Jahr mit bärigem
Motor und einer Lässigkeit, die der massi­
gen Dreizylinder-Enduro kaum jemand zutraut. Sie glänzt auf langen Etappen mit sat­
tem Komfort. Dass ihr in diesem Jahr nur
die Bronzemedaille bleibt, liegt an der über-
76
Test+Technik
dämpften Gabel, die mit grobem Geläuf
Schwierigkeiten hat, sowie am hohen Gewicht, das sich zum Beispiel in den vielen
Spitzkehren des Bonette sowie beim Rangieren negativ bemerkbar macht.
Bleiben die beiden neuen Enduro­
modelle von KTM und BMW. Die Österreicherin bringt mit großen, schmalen Rädern
sicher die besseren Offroad-Qualitäten mit,
allerdings führt die Finalrunde ausschließlich über Asphalt, wenn auch teilweise von
miserabler Qualität. Toll, wie die Adventure
schwierigste Passagen mit hervorragendem
Fahrwerk und Spitzenbremsen meistert.
Der gierige Motor hämmert die steilsten
Auffahrten hinauf, hängt trotzdem sauber
und fein dosierbar am Gas. Und auch bezüglich der Ausstattung muss sich der
­Alpen-V2 nicht verstecken, wenn die R auch
ohne elektronische Federung kommt. War­
um es trotzdem nur zum Vizetitel reicht?
Die KTM wirkt eben immer einen Tick
schwerfälliger als die BMW, und sie baut für
manchen Fahrer einfach zu hoch.
In der Schlussabrechnung erübrigen
sich alle Diskussionen: Sechs Fahrer sehen
die BMW R 1200 GS vorn, die einzige Fahrerin hat sie auf Platz zwei. Ein klarer, erwarteter Sieg. Und der Autor darf die Siegermaschine zum Hotel zurückfahren, nachdem
das Abschlussbild im Kasten ist. Mittlerweile ist die Straße im Dämmerlicht kaum noch
erkennbar. Vor allem im oberen Teil des Bonette erfordert das rutschige Konglomerat
aus Tauwasser und Dreck volle Konzentra­
tion. Bedingungen, unter denen die GS zu
Höchstform aufläuft. Etwas zu forsch am
Gas, fängt das ASC das Hinterrad wieder
ein. Etwas zu spät auf der Bremse, ankert
die GS dank Telelever stabil und brutal. Und
im Notfall greift schließlich auch das ABS
ein. 80 Kilometer, die noch einmal deutlich
vor A
­ ugen führen, warum selbst stärkste
Konkurrenten an der GS scheiterten.
17/ 2013
Alpen-Masters-Finale
BMW
R 1200 GS
KTM
1190
Adventure R
Triumph
Tiger
Explorer
BMW
F 800 GT
Honda
CB 500 X
Triumph
Street Triple
R
BMW
HP4
Gert Thöle
1
2
4
3
5
6
7
Karsten Schwers
1
2
3
4
7
6
5
Eva Breutel
2
3
4
1
5
6
7
Francesco Gulinelli
1
3
2
4
5
7
6
Lars Bosson
1
2
3
5
7
4
6
Oscar Penar
1
6
2
7
5
3
4
Kristijan Ticak
1
2
5
3
4
6
7
Punktzahl
8
20
23
27
38
38
42
platzierung
1.
2.
3.
4.
5.
5.
7.
Jury-Mitglied
w w w. m o to r r a d o n l i n e. d e
Sieben Fahrer, sieben
Mei­nungen, unterm Strich
aber ein überlegener Sieger: Die GS räumt bis auf
einen alle ersten Plätze ab.
Die weiteren Podestplätze
teilen sich die beiden anderen Reiseenduros von
KTM und Triumph. Oscar
bereitete die Sitzhöhe der
Adventure Probleme, daher sein sechster Rang. An
der F 800 GT scheiden sich
die Geister, hier gibt es sowohl einen ersten wie auch
einen letzten Platz. Der
Underdog CB 500 X bekam
viel Lob und Sympathie, für
eine bessere Platzierung
fehlt es schlicht an Power.
Davon hat die Street ­Triple
genug, sie ist aber zu einseitig auf Sport und Spaß
getrimmt. Was auf den
Überflieger-Sportler HP4
noch mehr zutrifft.
Test+Technik
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