Der verwirrte Patient im Rettungsdienst

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Der verwirrte Patient im Rettungsdienst
„Der verwirrte Patient im Rettungsdienst“
FORTBILDUNG
Quellen:
Literatur:
Österreichisches Rotes Kreuz
Betreuung und Pflege in der Familie
für Lehrbeauftragte
ÖRK 2005 1. Auflage
4. Wiener Alzheimertag
Demenz, Geißel des Alters, Informationsbroschüre für Betroffene und Angehörige
(Auflage 8)
LEBEN MIT DEMENZ des Bundesministerium für Arbeit, Soziales und
Konsumentenschutz
Buch: Mit dementen Menschen richtig umgehen
Validation für Angehörige von Vicki de Klerk-Rubin
Lernziel:
Helferinnen im Rettungsdienst sollen emotionale und praktische Unterstützung bei
der Betreuung eines demenzkranken Menschen erfahren, über das Krankheitsbild
Demenz bescheid wissen und dadurch ein besseres Verständnis für die Bedürfnisse
Demenzkranker entwickeln und besser damit umgehen können. Die Isolation
durchbrechen und auch informiert sein über professionelle und freiwillige
Unterstützungsangebote.
Das Krankheitsbild Demenz:
Die Demenz ist ein Prozess, der sich über Monate und Jahre erstreckt. Es kommt
dabei zu chronisch fortschreitenden degenerativen Veränderungen des Gehirns.
Damit verbunden sind Störungen und Verluste von früher erworbenen kognitiven
Fähigkeiten (wahrnehmen, erkennen, denken, schlussfolgern, urteilen, erinnern usw.)
und in weiterer Folge auch emotionale Veränderungen und Änderungen im
Verhalten.
Das Wort „Demenz“ kommt aus dem lateinischen „dementia“ und bedeutet soviel wie
„ohne Geist“. Wobei aber nicht der Mensch selbst als – ohne Geist – (Unvernunft) zu
sehen ist, sondern die Handlungen dieses Menschen, werden in den Augen der
gesunden Menschen als „unvernünftig“ wahr genommen. Diese Handlungen sind
symptombedingt.
Symptome:
 zunehmende kognitive Störungen
betrifft: Kurzzeitgedächtnis, Sprache, Urteilsfähigkeit, Orientierung (Der an
Demenz erkrankte Mensch verliert im Laufe der Zeit jede Orientierung: sie finden
sich erst in ungewohnter Umgebung und später auch in der eigenen Wohnung
nicht mehr zurecht. Nicht nur die räumliche Orientierung geht verloren: die
Betroffenen können ab einem bestimmten Stadium nicht mehr sagen, ob es
gerade Morgen oder Abend ist, sie vergessen ihren Namen (auch Namen ihrer
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Angehörigen und Freunde) und ihr Alter, später können sie oft nicht einmal mehr
die aktuelle Jahreszeit benennen.
 Verhaltensstörungen und Wesensveränderungen (grundloses Nörgeln,
Unruhe, Misstrauen, Ängstlichkeit, Unsicherheit, Schreien, Um-sich-Schlagen,
Schlaf-Wach-Rhythmus, Halluzinationen usw.)
Formen von Demenzen
Demenz ist der Oberbegriff für eine Vielzahl von Erkrankungen, deren
Symptome sich ähneln, obwohl sie unterschiedliche Ursachen haben.
Man unterscheidet hirnorganische (primäre) und nicht-hirnorganische (sekundäre)
Demenzen.
Primäre Demenzen:
Ursache können neurodegenerative Veränderungen (z.B. bei Alzheimer) oder
Durchblutungsstörungen (vaskuläre Demenzen z.B. nach Schlaganfall) sein.
Auch Mischformen beider Typen sind möglich.
Sekundäre Demenzen:
Die Symptome sind Folgen einer organischen Erkrankung wie z.B. einer
Hirnverletzung, eines Hirntumors oder einer Herz-Kreislauf-Erkrankung. Auch
Arzneimittel, Alkohol, Drogen oder andere Gifte können dazu führen. Wenn die
Grunderkrankung wirksam behandelt wird, kann sich meist die geistige
Leistungsfähigkeit wieder normalisieren.
Häufigkeit der Demenzen:
In den meisten Fällen, bei etwa
 60 – 80 % , ist die Ursache die Alzheimerkrankheit
 etwa 10 - 25 % der Demenzen sind auf eine Gefäßerkrankung
zurückzuführen, das ist die vaskuläre Demenz
 die dritthäufigste Ursache für Demenz sind sogenannte Lewy-Körperchen, die
sich in den Nervenzellen und im Gehirn ansammeln und dort
Beeinträchtigungen verursachen.
 bei etwa 5 – 10 % der Erkrankten ist eine Frontallappen-Degeneration die
Ursache für das Schwinden der geistigen Fähigkeiten. Diese Krankheit wird
„Pick-Krankheit“ genannt, sie ist verwandt mit der Parkinson-Krankheit.
Neben diesen Hauptursachen kommen als Auslöser auch Alkoholismus,
Infektionskrankheiten wie HIV oder die Syphilis, die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit,
Stoffwechselstörungen, Vitamin B12-Mangel, eine Schilddrüsenunterfunktion und
einige andere selten Krankheiten in Frage.
Durch die steigende Lebenserwartung wird sich die Dimension der Demenzerkrankungen in
den nächsten Jahrzehnten deutlich verschärfen. Die Zahl von derzeit rund 100.000 DemenzPatienten (zirka 70.000 mit Morbus Alzheimer), wird sich bis zum Jahr 2040 auf über
250.000 erhöhen.
Quelle: 4. Wiener Alzheimertag
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Diagnostik
Leichte Gedächtnisstörungen (z.B. Zerstreutheit) sind durchaus „normal“.
Erste Anlaufadresse ist der Hausarzt, der betreuende Angehörige sollte zuerst allein
mit dem Arzt ein Gespräch führen und auch den Kranken zum Arzt und Facharzt
begleiten. Aber nicht im Beisein des Kranken über dessen Defizite reden, da auch oft
diese vom Kranken versucht werden auszugleichen und mit Angst und Scham, oft
mit Verzweiflung besetzt sind.
1. medizinische Diagnostik:
 die medizinische Diagnose ermöglicht alternative Erklärungen
auszuschließen
 und z.B. die Alzheimerkrankheit gegenüber einer vaskulären Demenz
abzugrenzen.
wichtig dabei ist:
 die Erhebung der Vorgeschichte (hier werden Angaben der Angehörigen
benötigt)
 Körperliche und neurologische Untersuchung
 Laborbefunde (Harn, Blutbild, Schilddrüsenuntersuchung, Vitamin B12- und
Folsäure-Spiegel, die Blutzucker-, Leber- und Nierenwerte, Elektrolyte,
Schilddrüsenhormone und CRP – ein Leberwert). Weiters wird festgestellt, ob
eine Syphilis- oder HIV-Infektion vorliegt und ob die Probleme eventuell auch
auf Schwermetalle, Drogen oder Beruhigungsmittel zurückzuführen sind.
 Medizintechnologien:
 Das Elektro-Enzephalogramm (EEG) gibt Auskunft über Veränderungen bei
den Gehirnströmen und die Leitungsfähigkeit der Nervenbahnen.
 Mit der Untersuchungsmethode PET (Positronen-Emissions-Tomographie)
lassen sich in Frühstadien im Gehirn Regionen mit vermindertem
Glucosestoffwechsel nachweisen – und damit ein Hinweis auf eine
Alzheimerkrankheit oder eine frontotemporale Demenz (Morbus Pick).
 Mittels Computertomographie (CT) und Magnetresonanz (MR) können eine
Hirnschrumpfung und krankhafte Gefäßveränderungen festgestellt werden.
 Hat der/die Kranke motorische Störungen, wird eine Szintigraphie eingesetzt,
um feststellen zu können, ob die Parkinson-Krankheit oder eine andere
Störung vorliegt.
Störungen, die demenzähnliche Probleme verursachen:
Da die Demenz-Symptome nicht immer eindeutig sind – die meisten können auch
von anderen Erkrankungen ausgelöst werden. Diese sind:
 Depressionen
 normale, „gutartige“ Altersvergesslichkeit
 Flüssigkeitsmangel
 Mangel an Vitaminen und Mineralien (z.B. Vitamin B12, Perniziöse Anämie)
 Schlaganfall
 Verweigerung und Vermeidungsverhalten
 Stoffwechselstörungen: z.B. Unerzuckerung bei Diabetikern, Entgleisungen
des Nierenstoffwechsels, Störungen der Schilddrüse
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Tumore im Gehirn
Delir
Geistige Behinderung
Psychose und Wahn (z.B. Schizophrenie, Manie und psychotische
Depression)
Autismus

etc.
2. psychologische Diagnostik:

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z.B. der Mini Mental Status Test (MMST)
Mit diesem anerkannten neuropsychologischen Testverfahren kann ein
guter Überblick über die geistige Leistungsfähigkeit der betroffenen Person
verschafft werden. Getestet wird dabei:
 Orientierung
 Erinnern
 ein dreiteiliger Befehl
 Konstruktive Fähigkeiten
 Merkfähigkeit
 Benennen
 Lesen und Reagieren
 Aufmerksamkeit und Rechnen
 Wiederholen
 Schreiben
weiters wird auch überprüft:
 Planungs- und Urteilsfähigkeit und Neuropsychologische Diagnose
 Beobachtungen von Stimmung,
Verhalten und Persönlichkeit
 eine Abgrenzung zwischen „normalem“ und „krankhaftem“ geistigen
Abbau im Alter wird
 eine Bestimmung des Schweregrades der Demenz
 eine Abgrenzung zur Depression
 eine Grundlage anzuwendender Therapien und geistiger
Trainigsprogramme
 eine Überprüfung der Wirksamkeit der bereits eingeleiteten
Behandlungen
 dadurch erreicht man Erkenntnis über den Verlauf der Erkrankung
Eine frühzeitige Diagnose eröffnet (begrenzte) therapeutische Möglichkeiten, den
Verlauf der Erkrankung positiv zu beeinflussen.
Test zur Früherkennung einer Demenz: (zu finden unter: www.zuhausepflegen.at)
hier kann jeder bei Verdacht selbst überprüfen:
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Hat sich das Verhalten im Alltag verändert? (z.B. ruhigere geworden, in sich
gekehrt, traurig oder depressiv?)
Verweigerung das Haus zu verlassen, zieht sich von der Umwelt zurück?
Abwehrung gegen Veränderungen, gegen alles Neue in der Umgebung.
Lebt mehr in der Vergangenheit, als in der Gegenwart?
Macht einen unsicheren Eindruck?
Verliert leicht die Orientierung z.B. beim Spaziergang?
Vergisst häufiger Geburtstage und Termine?
Leidet unter Schlafstörungen?
Reagiert übertrieben ängstlich?
Misstrauen gegenüber der Umwelt?
werden öfters Stimmen und bedrohliche Geräusche gehört?
Erkennt sich im Spiegel selbst nicht mehr?
Ist ständig unruhig und wandert plan- oder ziellos umher?
Reagiert öfter grundlos gereizt und nervös?
werden die Betreuer beschimpft?
Wird aggressiv und greift andere tätlich an?
Mit diesem Test kann hinterfragt werden, ob es bereits Hinweise auf eine beginnende
Demenzerkrankung gibt. Wenn die Antwort überwiegend „ja“ lautet, sollte unbedingt
für eine ärztliche Abklärung gesorgt werden.
Wenn auch die Demenz nicht zu verhindern ist, so kann doch im täglichen Leben
einiges zur Risikosenkung beigetragen werden.
Besondere Maßnahmen können das Fortschreiten einer bestehenden Demenz
verlangsamen:
Achtung: „Wer rastet, der rostet!“
Dazu gehört eine gesunde ausgewogene Ernährung, sportliche und geistige Aktivität,
auf das Rauchen verzichten, wenig Alkohol (höchstens 2 Gläser Wein pro Woche,
besonders Bier und Hochprozentiges erhöhen das Risiko) weiters: nur kurze
Schlafphasen am Tag (Mittagsschlaf nicht länger als eine ½ Stunde) einlegen und
um das Risiko weiter zu senken, ist die Kommunikation, die Kompromissbereitschaft
förderlich (verheiratete Menschen erkranken seltener an einer Demenz).
Die ersten Warnzeichen und der Verlauf der Erkrankung
Die meisten Demenzen beginnen schleichend und oft unbemerkt.
Die stufenförmigen Abbauprozesse können über Jahrzehnte dauern.
Sichtbar wird:
die Vergesslichkeit:
das Kurzzeitgedächtnis kann immer weniger Informationen speichern. Der Kranke
verlegt Gegenstände des täglichen Bedarfs (Schlüssel, Briefe, Medikamente,
Zahnprothese…) Die Merkfähigkeit lässt nach und es entfallen Namen und
Ereignisse, die erst kurze Zeit zurückliegen. Der Kranke kann auch Schwierigkeiten
haben, das richtige Wort im Gespräch zu finden.
Orientierungsfähigkeit nimmt ab:
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Sogar in vertrauter Umgebung kann sich der Kranke verlaufen. In einer neuen
Umgebung findet sich der Kranke kaum zurecht. Auch die zeitliche Orientierung
(Datum, Uhrzeit, Jahreszeit) ist gestört.
Schlaflosigkeit und unruhiges Umherwandern sind typische Erscheinungsformen.
Die Urteilsfähigkeit verändert sich: die Person kann nicht mehr entscheiden, ob sie
bei 30°C im Hochsommer einen Wintermantel und sogar noch eine Haube zum
Spazieren gehen benötigt, oder ob beim Ankleiden zuerst die Überhose und dann
erst die Unterwäsche dran kommt, oder ob mit der Zahnbürste die Toilette geputzt
werden kann, ob beim Einkauf für einen Haushalt 10 Packerl Milch notwendig sein
werden, oder ob das Trinkgeld für einen Dienst 20 Euro betragen kann (da 20 Euro
nicht den gleichen Wert von 20 Schilling hat) etc.
Gefühlsreaktionen ändern sich:
Stimmungsschwankungen erschweren die Kommunikation mit dem Umfeld.
Kranke können ganz unerwartet und ohne erkennbaren Sinnzusammenhang
reagieren. Es kann zu einer Abkapselung oder zu deutlicher Aggressivität und
unbegründetem Misstrauen kommen.
Der Versuch die Defizite auszugleichen:
Der Kranke erkennt zunächst klar, dass er Kompetenzen zu verlieren beginnt. Er ist
besorgt oder depressiv verstimmt. Er versucht z.B., sich mit Merkzetteln zu behelfen,
kann diese aber dann nicht mehr finden (ebenso wie Geld etc.). Er versucht, seine
Schwächen zu überspielen oder sich aus „peinlichen“ Situationen zurückzuziehen.
Angst, Scham und Verzweiflung können zu vermehrter Aggression führen.
Verlustängste und Vereinsamung:
Der Kranke klammert sich an die betreuende Person aus Unsicherheit. Er reagiert
gereizt, misstrauisch und rabiat, weil er seine Abhängigkeit von anderen Personen
immer stärker empfindet. Durch die ständigen Anschuldigungen, dass andere
Personen die Dinge gestohlen haben (die verlegt wurden), meiden viele Bekannte
den Besuch, um nicht damit belastet zu werden.
Gefährdungen nehmen zu: z.B. das Bügeleisen oder der Herd wird nicht
abgeschaltet. Die ständige Angst, dass der Kranke durch seinen starken
Bewegungsdrang verloren geht, macht das Zusammenleben oft sehr anstrengend.
Vergiftungsgefahr bei der Medikamenteneinnahme (wahllose Anwendung),
Verbrennung mit einer Wärmeflasche, auch die Verbrühung beim Baden und
Duschen passiert oft, weil die Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit nachlässt.
Das Autofahren und die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln werden zu
einem großen Problem, da die Urteilsfähigkeit und Reaktionsfähigkeit nachlässt.
Auch die Vernachlässigungsgefahr bei Ernährung und Pflege steigt bei Menschen
die noch alleine in einer Wohnung leben.
Die Phasen der Alzheimerkrankheit
(diese Ähnlichkeiten mit allen anderen Demenzerkrankungen aufzeigen)
Hier in vier Stufen beschrieben, um die Sensibilität eines Helfers, einer Helferin im
Rettungsdienst für Menschen mit einer Demenzerkrankung zu schulen:

Stadium 1 Mangelhafte/unglückliche Orientierung (orientiert aber unglücklich)
Körperliche Charakteristika bei mangelhafter Orientierung:
 Blick – klar, zielgerichtet, hält Augenkontakt nicht lange
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

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
oft steife Haltung
Bewegungen im Raum (Rollstuhl, mit Rollator) stabil, präzise, gezielt
Gesichts- und Körpermuskeln gespannt
Kiefer steht oft vor
Finger und Hände oft im Zeigegestus; Arme verschränkt
straff gespannte Lippen
flacher Atem
Stimme klingt: klar, scharf weinerlich, schrill
oft Griff nach Mantel, Stock oder Tasche
Kognitivers Vermögen noch intakt, Uhrzeit vorhanden
Lesen, schreiben, rechnen; Benützung korrekter Worte
Relativ geringe Beeinträchtigung von Sehvermögen, Gehör, Tastsinn, Mobilität
Psychologische Charakteristika von mangelhafter Orientierung:
 müssen unterdrückte Emotionen ausdrücken
 klammern sich an die Realität
 Möchten verstehen und verstanden werden
 können nach Regeln spielen
 sind sich gelegentlicher Verwirrung bewusst
 leugnen Verwirrung durch „Konfabulieren“ (denken sich Geschichten aus)
 hören, sehen, sprechen und bewegen sich oft gut; hören zu
 widersetzen sich Veränderungen
 leugnen Gefühle (Einsamkeit, Wut, Angst, sexuelle Wünsche)
 beschuldigen andere, wenn die Verluste zu groß werden
 können keine Einsicht in die dem Verhalten zugrunde liegenden Ursachen
aufbringen
 möchten von einer Person validiert werden: Personal, Freunden, Angehörigen,
Arzt
 reagieren wütend auf andere, die sich nicht unter Kontrolle haben können
(wollen)
 weisen Berührungen ab; möchten ihre Verletzlichkeit nicht zeigen
 keine Annäherung unter 50 cm erwünscht (fühlen sich dahinter sicher)

Stadium 2
Körperliche Charakteristika von Zeitverwirrtheit:
 entspannte Muskeln, graziöse Bewegungen
 klarer Blick, aber oft zielloses Starren in die Ferne
 langsame, indirekte Bewegungen im Raum, häufig als ob sie fragen wollten:
wohin?
 langsames Atmen (hecheln)
 langsames Sprechen
 Gesten entsprechen den Gefühlen, häufig fragend
 Stimme flach, tief, selten weinerlich oder schrill
 Schultern oft nach vorne gebeugt, eingezogener Hals, schlurfen beim Gehen
Psychologische Charakteristika von Zeitverwirrtheit:
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
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


Realität verschwimmt durch zunehmende Verschlechterung des rationalen
Denkens, Seh- und Hörvermögens
drücken Gefühle aus, erinnern sich aber nicht an Fakten
wissen, wer ehrlich ist und wer sich verstellt
erworbene Lebenserfahrung wird eingesetzt
erinnern sich an sinnliche angenehme Gefühle der Kindheit
hören nicht zu
vergessen jüngste Ereignisse, erinnern sich an Vergangenes (mit Emotion)
ungelöste Konflikte – Verarbeitung wird versucht
benützen eigene Wortschöpfungen (poetisch, kreativ)
weitere Psychologische Charakteristika von Zeitverwirrtheit:

können sich beim Spielen nicht an Regeln halten

„Zeitangabe nach Gefühlen“ – z.B. hungrig nach Liebe (Liebe-Nahrung) –
bittet gleich nach dem Essen, um noch ein Essen








„ER“ kann Gott, Vater, Welt, Männlichkeit etc. bedeuten
Symbole werden verwendet
durch Berührung - Stressverminderung
Lieder können zwar nicht angestimmt werden – aber singen gerne und gut
lesen wird gekonnt, aber nicht mehr schreiben
Konzentration ist beschränkt
hören Klänge aus der Vergangenheit
verlieren soziale Kontrolle, sofortige Befriedigung ihrer Triebe (Sex, Nahrung
etc.)

Stadium 3
Körperliche Charakteristika von: SICH WIEDERHOLENDE BEWEGUNGEN
 bewegen sich rhythmisch hin und her oder tanzen
 singen, können aber keine Sätze bilden
 summende, schnalzende oder stöhnende Geräusche
 entspannte Muskeln, bewegen sich graziös (ohne sich dessen bewusst zu
sein)
 Inkontinenz: Harn – später auch Stuhl
 Augen sind häufig geschlossen, (oder ohne Ziel)
 weinen oft
 unruhige Hände (trommeln, schlagen, knöpfen auf und zu)
 gehen auf und ab
 wiederholen einen Klang, eine Bewegung
 ruhiges Atmen, rhythmisch, gleichmäßig
 können nicht schreiben, nicht lesen
 können Kinderlieder von Anfang bis zum Ende singen
 tiefe Stimme
 können wütend sein (Bedürfnis nach Liebe – wird oft mit Stärke eingefordert)
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Psychologische Charakteristika von „SICH ständig WIEDERHOLENDER
BEWEGUNGEN“











mangels Praxis schwindet das Bedürfnis zu sprechen
permanente Bewegungen halten die Person am Leben, schaffen Vergnügen,
kontrollieren die Angst, mildern Langeweile und sichern die Existenz
Denkvermögen und Wunsch danach sind verschwunden
sich wiederholende Klänge stimulieren, beruhigen und helfen Gefühle zu
verarbeiten
wenn motiviert, können gefestigte soziale Rollen wiederhergestellt werden
Verlust des Selbstbewusstseins und des Körperbewusstseins im Raum
tanzen und singen gern, aber weniger Energie zum Denken und Sprechen
kurze Konzentrationsspanne, können sich nicht auf mehr als ein Ding oder
eine Person gleichzeitig konzentrieren
antworten ohne Körpernähe, Berührung, Stimme und Blickkontakt nicht!
Erinnerung an frühere Erfahrungen
kommunizieren mit anderen nur in einer liebevollen, validierenden ehrlichen
Beziehung

Stadium 4: verschließt sich vor der Außenwelt
Körperliche Charakteristika von VEGETIEREN:
 Augen meist geschlossen, ungerichteter, leerer Blick
 Schluckstörungen und Krampfanfälle
 schlaffe Muskeln
 sitzen im Sessel oder liegen in embryonaler Position im Bett
 benötigt Hilfe bei allen Verrichtungen des täglichen Lebens,
 Kontrolle über die Darmentleerung und Körperhaltung geht verloren
 kein Körperbewusstsein
 kaum wahrnehmbare Bewegungen
 Infektionsanfälligkeit (z.B. Lungenentzündung)
Psychologische Charakteristika von VEGETIEREN:
 erkennen keine nahen Angehörigen
 hochgradiger geistiger Abbau,
 zeigen kaum Gefühle
 initiieren keinerlei Aktivitäten
 es gibt kein Mittel, um herauszufinden, ob sie etwas verarbeiten
Eine frühzeitige Diagnose ermöglicht den Betroffenen noch „bei klarem Verstand“,
wichtige Entscheidungen gemeinsam mit den Angehörigen zu überlegen und zu
treffen, die für das Leben in der späten Demenzphase von Wichtigkeit sein können.
Wichtige Entscheidungen wie:
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
Lebenswünsche (wer wird die Versorgung übernehmen und wo soll die
Versorgung stattfinden, ev. zu Hause, Heim etc.)
Freundschaften pflegen (informieren über die Erkrankung, alte Probleme
aufarbeiten etc.)
Mitteilungen schriftlich festhalten
welche persönliche angenehme Erinnerungsstücke für später will ich in meiner
Nähe haben
Klärung ev. Sorgerechte oder Verpflichtungen gegenüber anderen
das Verfassen einer Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht
eine mögliche Sachwalterschaft (wer übernimmt diese?)
testamentarische Entscheidungen treffen
Medikamente:
Antidementiva:
 (Cholinesterase-Hemmer), um das Fortschreiten der Erkrankung um einige
Monate oder Jahre hinauszuzögern. Mit diesen Medikamenten aus der
Antidemenz-Wirkstoffgruppe kann die Konzentration und Gedächtnisleistung
verbessert werden und die Alltagskompetenz länger erhalten werden. (für
leichte bis mittelschwere Demenzerkrankung zugelassen).
 Memantin-Präparate sind zur Behandlung der moderaten bis schweren
Alzheimer-Demenz geeignet, um die geistige Aktivität zu fördern sowie die
Wahrnehmung, das Verstehen von Gesprächsinhalten und psychomotorische
Funktionen zu verbessern. Damit wird die Alltagskompetenz (Hygiene,
Anziehen, Essen, usw.) gestärkt, der Kranke bleibt länger unabhängig.
 Ginkgo biloba ist ein pflanzliches Mittel und soll den Stoffwechsel im Gehirn
positiv beeinflussen, die Durchblutung anregen und damit die mentale
Leistungsfähigkeit verbessern.
 Antioxidative Substanzen, sogenannte „freie Radikale“ sind sehr
bindungsfreudige, lose Sauerstoffmoliküle (aus der Nahrung, Zigarettenrauch
u.a.), die die Zellen angreifen und dabei oxidativen Stress verursachen, der
die Zellen so sehr schädigt, dass sie schließlich absterben. Um das zu
verhindern, wird häufig Vitamin E empfohlen. Die Wirkung ist bisher nicht
nachgewiesen.
Psychopharmaka: zur Verbesserung von Verhaltensstörungen (ohne Beeinflussung
des Tag – Nacht – Rhythmus.)
weitere Nicht-medikamentöse Behandlungsmethoden:
 Psychotherapie (Depressionen, Ängsten, Schlafstörungen)
 Realitäts-Orientierungs-Trainig (ROT): z.B.: immer beim Namen ansprechen,
sagen bei jedem Kontakt wie spät es ist, wo der Kranke sich gerade befindet
usw. Ein Kalender, eine Uhr, Namensschilder und leicht verständliche
Wegmarkierungen sind weitere Anhaltspunkte für dieses 24-Stunden-Konzept,
um die Orientierungsfähigkeit länger erhalten zu können. Achtung: Gefahr der
Überforderung!
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
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
Selbsterhaltungstherapie (SET) sie ist eine identitätsstärkende Methode.
Sie beinhaltet Erinnerungsarbeit, biographieorientierte Einzelgespräche,
Aktivitäten zur Stärkung und Förderung der Wahrnehmung, künstlerisches
Gestalten, tiergestützte Therapien, körperorientierte Behandlungen und
psychologisch stützende Einzelgespräche. (Achtung auf Unter- oder
Überforderung!).
Die Milieutherapeutische Umgebung berücksichtigt eine schutzbietende
Atmosphäre bei zunehmender Verunsicherung. eine angepasste
Tagesstruktur bietet Halt und gibt Sicherheit. Verunsichernde Einflüsse, die
Unruhe und Aggressivität auslösen, werden im Vorfeld berücksichtigt,
beruhigende und entspannende Maßnahmen eingesetzt, um die
Lebensqualität zu verbessern.
Ergotherapie: mit „sinnvollen Aktivitäten“, wie Essenszubereitung, Waschen
und Anziehen üben, leichte Haushaltsarbeiten erledigen können förderlich
sein und den körperlichen Abbau und das Vergessen verzögern.
Gleichgewichtssinn, motorische Fähigkeiten, die Merkfähigkeit und das
Erkennen werden damit verbessert und die Selbständigkeit bleibt länger
erhalten.
weiters wirken auch:
Krankengymnastik/Physiotherapie, Nostalgische Erinnerungsarbeit,
Gedächtnis- und Hirnleistungstraining einer Verschlechterung des Zustandes
entgegen.
Die Validation (wertschätzende Begleitung nach Naomi Feil) erleichtert den
Pflegenden, die Realität der Erkrankten anzuerkennen und sie unterstützend
zu begleiten. Zeil der Therapie ist es, das Verhalten dieser Menschen zu
respektieren und zu versuchen, einen Zugang in deren Erlebniswelt zu
erhalten.
Auch wenn keine „Heilung“ möglich ist: Es gibt viele Möglichkeiten, das
Fortschreiten der Krankheit zu verzögern und das Zusammenleben von unnötigen
Schwierigkeiten und Belastungen zu befreien.
Dieses Wissen um die Erkrankung soll dazu beitragen, die Folgen der Demenz
aufzufangen und damit die Situation für alle Beteiligten zu erleichtern.
Die Bedürfnisse des betroffenen Menschen und der Hauptpflegeperson
stehen im Mittelpunkt.
Anfangsphase: Dem Betroffenen konkrete Alltagshilfen geben:
 Selbständigkeit so lange wie möglich erhalten
 gemeinsam eine Tagesstruktur entwickeln, schafft Orientierung
 Umgebung: klar, einfach und übersichtlich
 an Vergessenes erinnern, ohne zu übertreiben
 in Problemsituationen ablenken, um die aufgebaute Spannung zu lösen
Förderliche Bedingungen, die die Situation erleichtern können:

Gefahrenquellen in der Wohnung reduzieren (Rauchmelder, Putzmittel,
Medikamente)
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

Rauchen nur in Anwesenheit einer Betreuungsperson erlaubt
Kindersicherungen installieren
Orientierung zu Hause erleichtern: Beschilderung für Küche, Bad, WC
mit Einsatz von Wegweisern, Symbolen, Farben, Bilder
 Eine gute Beleuchtung und ein Nachtlicht helfen, sich an der realen
Umgebung zu orientieren.
 Überforderung vermeiden: z.B. durch Gedächtnistraining (Vorsicht, die
Gefahr dabei ist, dem Betroffenen seine nachlassenden geistigen
Fähigkeiten immer vor Augen zu führen), zu viele Besucher, zu hoher
Geräuschpegel, schwierige Entscheidungsfragen, …
 der Kranke soll außer Haus immer seine Adresse und Telefonnummer
bei sich tragen (einnähen in ein Kleidungsstück).
 rechtzeitig dafür sorgen, dass der Kranke nicht mehr selbst Auto fährt
(evtl. mit Unterstützung des Hausarztes)
 dem Kranken kleinere Geldbeträge „abzählen“, wenn er allein
einkaufen geht
 Kontakt mit bekannten Geschäften aufnehmen und um Mithilfe bitten
 oder bei Besorgungen außer Haus begleiten
 Regelmäßige Zahlungen (Gas, Strom, Telefon etc.) über
Einzugsverfahren regeln
 Schaffen einer ruhigen Atmosphäre (nicht Stille), der Vertrautheit,
Gelassenheit, sich Zeit nehmen.
 Im eigenen Interesse viele schöne Dinge miteinander unternehmen.
Durch Aktivierung können Verbesserungen erzielt werden:
 Bewegung im Freien, Zuneigung zeigen in Worten, Berührung und
Anwesenheit
gemeinsam lesen und darüber sprechen
 Alltag sinnlich anreichern: Blumen, Blätter und Steine, Moos, Musik
und
Düfte
 nach Absprache mit dem Arzt ev. Ergotherapie (aber nie überfordern)
 Beratung beim Bandagisten und bei den örtlichen mobilen Diensten wegen
Hilfsmittel zur Nahrungsaufnahme, Inkontinenz und Probleme beim Liegen.
o Achtung: Unruhe und aggressives Verhalten können auch im Zusammenhang
mit Schmerzen stehen (unerkannte Mittelohrentzündung, Zahnschmerzen
oder ein Harnwegsinfekt).
Das Zusammenleben mit an Demenz erkrankten Menschen:
Auch wenn nicht alle Demenzen gleichförmig verlaufen, wird die Alzheimerkrankheit
zur Orientierung herangenommen.
Menschen mit einer Alzheimererkrankung kommen nicht mehr mit ihrem Alltag
zurecht, werden zunehmend weniger belastbar, sind ihren Gefühlen von Unsicherheit
und Ängsten immer mehr ausgeliefert und sogar in banalen Alltagssituationen
überfordert.
Lebensgeschichtlich tief verwurzelte Fertigkeiten bleiben lange erhalten:
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z.B. hauswirtschaftliche Fertigkeiten, die Fähigkeit , Lieder zu singen, religiöse
Rituale durchzuführen, sich zu Musik zu bewegen oder zu tanzen.
Diese Menschen haben ein ausgeprägtes Gespür für Stimmungen und Gefühle, sind
empfänglich für Berührungen und Umarmungen und machen sich gerne nützlich.
Auch wenn sich für den Kranken in seiner Wahrnehmung und seinem Verhalten
vieles verändert, bleiben die Persönlichkeit prägenden emotionalen Eigenschaften
erhalten: Züge, die auch schon vorher vorhanden waren, treten deutlicher hervor.
Dies gilt für bekannte Charaktereigenschaften als auch für unterdrückte Emotionen.
Auch Gefühle, die ein Leben lang tief verborgen waren und nicht ausgelebt werden
durften, können jetzt in Erscheinung treten. Wie z.B. Wut, Ärger, Aggression, aber
auch Ausgelassenheit und Freude, die einmal jetzt endlich „befreit“, durchaus auch
ansteckend wirken kann.
Ausgelöst durch erhaltene Persönlichkeitsanteile (z.B. Verantwortungsgefühl) mit
gestörten Funktionen (z.B. Orientierung, Beurteilung der eigenen Lebenssituation)
können unverständliche Handlungen entstehen, wie z.B. die Suche nach den
vermeintlich hungrigen, von der Schule nach Hause kommenden Kindern. Die damit
verbundenen Sorgen sind echt und sollten auch unbedingt ernst genommen
werden.
Das Wissen aus der gemeinsamen Vergangenheit und aus früheren Erzählungen,
kann helfen, das unverständliche Handeln leichter zu akzeptieren.
Zeitstruktur:
Menschen mit Demenz verlieren zunehmend die dreigliedrige Zeitstruktur:
Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft
Gegenwärtiges – ev. ein Gesicht, ein Duft, eine Berührung – verbindet sich mit
Erlebtem aus der Vergangenheit.
o es gilt, sich dieser Welt einfühlsam zu nähern und zu verstehen, „wo“ der
Kranke ist, welche Personen es dort gibt und was die Logik dieser dortigen
Situation erfordert, um den Zugang und Kontakt herzustellen.
Welche Maßnahmen können diese veränderten Anforderungen zu Hause zu
erleichtern?
Einige Punkte die Sie als Sanitäter im Rettungsdienst an die Angehörigen bei
eventuell gestellten Fragen weitergeben können:
z.B.
Regelung finanzieller Angelegenheiten:
 Besprechen Sie im frühen Stadium der Erkrankung gemeinsam die
Vermögensangelegenheiten.
 Regeln Sie gemeinsam die Frage einer Vollmacht (Notar)
 Wenn das nicht möglich ist, Beantragen Sie eine Sachwalterschaft beim
zuständigen Gericht.
Konsequenzen für das Zusammenleben
Die emotionale Herausforderung für die Angehörigen kann eine schwere Aufgabe
sein, aber auch bereichernd wirken.
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Was Sie im Rettungsdienst im Sinne eines an Demenz erkrankten Menschen
beachten sollten:
 Die Würde des Kranken wahren und ihn so annehmen, wie er ist.
 Erwachsenengerechte Interpretation „kindlichen“ Verhaltens, z.B. Spiel mit
Puppen (adäquate Form, sich auszudrücken, die aber nicht kindlich sondern
menschlich ist)
 Bei Verlustängsten (durch unfreiwillige Abhängigkeit) braucht der Kranke
Begleitung und keine Zurückweisung! („Ausschluss“).
 Raten Sie, dass pflegende Angehörige in die Betreuung mehrere
Bezugspersonen einbauen sollen, um die eigenen Kräfte zu unterstützen.
Was Sie im Sanitätsdienst beachten sollten:
WICHTIG: Bewusst werden, dass die Demenzerkrankung keine „peinliche Sache“ ist,
für die man sich bei der Begleitung schämen müsste.
 Viele Informationen einholen über die Erkrankung und Auswirkung.
 Bei schwierigen Fragen, auf den Hausarzt als Begleiter der Familie verweisen.
 Entlastungsmöglichkeiten (Hauskrankenpflege, Besuchsdienst, Hospizdienst,
Tagesstätte etc.) weitergeben.
 Ermuntern Sie pflegende Angehörige, dass sie Anlaufadressen (Familie,
Freunde…) suchen, wo sie später Solidarität und Unterstützung anfordern
können.
 Weisen Sie darauf hin, dass pflegende Angehörige auch gute Freunde über
die Demenzerkrankung ihres zu Betreuenden einweihen sollten: Seelische
Unterstützung und praktische Ideen von guten Freunden sind sehr wichtig.
 Geben Sie Information über Selbsthilfegruppen weiter.
Der Kranke wird bald beginnen, in einer eigenen Welt zu leben. Damit wird sich auch
die Welt des Angehörigen ändern. Es tut gut zu verstehen, dass der Fortgang der
Krankheit nicht beeinflussbar ist, wohl aber die Einstellung dazu und der Umgang
mit der neuen Lebenssituation.
Betreuung und Pflege von demenzkranken Menschen in der späten Phase der
Erkrankung.
In der späten Phase der Erkrankung empfindet der Betroffene sich nicht mehr als
vergesslich, sie fühlen sich durchaus orientiert gegenüber einer zunehmend
„verwirrenden Umwelt“. Die Folge ist eine Einkapselung in eine „Gegenwelt“,
die nach ganz eigenen Gesetzen und Bildern gestaltet und meist mit Menschen aus
früheren Zeiten bevölkert ist.
Menschen mit zunehmender Demenz ziehen sich mehr und mehr in diese eigene
Welt zurück, wirken nach außen oft eher passiv und apathisch, manchmal auch
traumverloren und glücklich, können aber durchaus – z.B. in oder nach Situationen
der Überforderung – plötzlich wütend und aufgeregt in „unsere“ Welt zurückkommen
und als aggressiv erlebt werden.
Was das Zusammenleben erschwert:
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Kämpfe um das Essen: Unruhe, Appetitmangel, es wird ständig nach Essen
verlangt (letzte Mahlzeit vergessen)
der Kranke lehnt Unterstützung ab.
er/sie lehnt Pflegemaßnahmen – besonders in der Intimsphäre – ab, vielleicht
aus Scham, oder weil der Kranke in Selbstwahrnehmung sich noch jung und
autonom fühlt. Er verweigert den gemeinsamen Toilettengang, kommt aber
allein doch nicht klar.
die nonverbalen Äußerungen des Kranken zu deuten wird zum Problem, da
die Sprache nicht mehr zur Verständigung geeignet ist.
Verschiebung des Tag-Nacht-Rhythmus wird von der Umgebung als große
Belastung empfunden.
Die „Undankbarkeit“, Verweigerung und Aggression verärgert oft die
pflegenden Angehörigen.
Wahnvorstellungen, Unruhe, Weglaufen, beständiges Rufen und sogar
sexuelle Übergriffe gehören zu dieser späten Phase.
Hilfreiche Maßnahmen:
1. Zugänge finden und erhalten:
 der Kranke hat ein Recht auf seine Wahrheit (Korrekturen
beschämen und kränken)
 Keine „Warum – Frage“ stellen (diese Frage verwirrt
zusätzlich!)
 Achtung: echt sein !
 Information: über Valitation (siehe Literaturliste)
1. Sexualität ernst nehmen –
 sie kann eine Art der Ausdruckmöglichkeit, Quelle der
Selbstbestätigung, ein Bedürfnis nach Nähe und Zärtlichkeit sein
(nicht persönlich nehmen – sie müssen nicht für seine
Bedürfnisse zur Verfügung stehen)
 Bei öffentlichen Akten der Selbstbefriedigung kann versucht
werden, den Menschen abzulenken oder ihn behutsam aus dem
Kreis fortzuführen
2. Persönliche Grenzen ziehen:
 aggressives Verhalten nicht persönlich nehmen
 ruhig und gelassen sein und signalisieren die Gefühle des
anderen zu verstehen
 auslösende Faktoren für Aggressivität herausfinden, ev.
Stress, Schmerz oder z.B. ein Knopf, der sich nicht schließen
lässt – kann „rasend machen“. Diese Ursachen abklären um
in Zukunft diese Faktoren auszuschalten.
 Wenn persönliche Grenzen überschritten werden:
Augenkontakt aufnehmen, bestimmt und deutlich sagen: SO
NICHT! und aus dem Raum gehen.
 Wenn Sie die Geduld verloren haben – dann keine
Selbstvorwürfe machen – besser ist es mit einer
Vertrauensperson zu reden.
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Tipps für den Umgang mit demenzerkrankten Menschen:
Für den Umgang mit Betroffenen braucht man viel Einfühlungsvermögen und
Wissen.
Die Grundregel lautet: Man kann die kranke Person nicht ändern, denn für die
Verhaltensweisen ist eine Gehirnerkrankung verantwortlich.
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Eine positive Stimmung und eine angenehme, respektvolle Art zu sprechen,
verbessert die Kommunikationsbasis. Mit dem Gesichtsausdruck, dem Tonfall
und mit körperlichen Berührungen (Achtung: im Ersten Stadium der
Erkrankung verweigern oft Kranke die körperliche Berührung!) kann man die
Botschaft unterstützen und Zuneigung zeigen.
Reizüberflutung und Lärm sollten vermieden werden. Am besten das Radio
abdrehen, bevor man mit der erkrankten Person zu sprechen beginnt.
Den Angehörigen mit dem Namen ansprechen.
Nonverbale Mittel nutzen, um die Aufmerksamkeit der Person zu erhalten.
Wenn die demente Person sitzt, begibt man sich am besten auf Augenhöhe.
Blickkontakt halten.
Einfache Worte und Sätze verwenden. Langsam, deutlich und in einem
sichern Tonfall sprechen.
Falls die Person das Gesagte nicht auf Anhieb versteht, es mit den gleichen
Worten noch einmal wiederholen.
Einfache, beantwortbare Fragen stellen.
Seien Sie geduldig, wenn Sie auf die Reaktion oder Antwort Ihres
Angehörigen warten. Wenn die Person gerade innerlich um eine Antwort
kämpft, können Sie Wörter vorschlagen. (aber nicht zu viel auf einmal)
Die Antwort kann auch in nonverbalen Signalen und in der Körpersprache
stecken.
Aktivitäten zerlegt man am besten in Einzelschritte; das erleichtert viele
Aufgaben. Sie können den Kranken dazu ermutigen, jene Dinge selber zu tun,
die er oder sie selbständig tun kann.
Wenn die Person beginnt, sich aufzuregen, schnell das Thema oder die
Umgebung wechseln.
Es ist wichtig, mit der dementen Person immer in einer gefühlsmäßigen
Verbindung zu bleiben – auch wenn sie böse oder aggressiv wird: „Ich sehe,
dass Sie traurig sind. Es tut mir leid, dass Sie das so aufregt. Möchten
Sie lieber etwas essen?“ usw.
Zeigen Sie, wann immer möglich, Zuneigung und geben Sie Sicherheit, denn
Menschen mit einer Demenzerkrankung fühlen sich oft verwirrt, ängstlich und
unsicher.
Demente Menschen leben sehr häufig in der Vergangenheit. Einen Versuch,
die Person davon zu überzeugen, dass diese „Erinnerungen“ falsch sind,
sollte man vermeiden. (das verwirrt noch mehr.)
Besser ist es, sich auf die erkennbaren Gefühle des betroffenen Menschen zu
konzentrieren, denn diese sind real. Geben Sie mit verbalen und körperlichen
Signalen das Gefühl von Sicherheit und Unterstützung. Halten Sie die Hand,
lobende Worte und Anerkennung können manchmal Wunder wirken.
Behalten Sie Ihren Humor. (Nicht über den Kranken lachen – aber mit ihm!)
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Menschen mit Demenz vergessen nicht zwangsläufig auch ihre sozialen
Fähigkeiten und sind normalerweise erfreut, gemeinsam mit Ihnen zu lachen.
Validation: Validation - Prinzipien nach Naomi Feil
Wir begleiten den dementen Menschen
ein Stück seines Weges auf seiner Straßenseite.
Denn:

Einfühlungsvermögen schafft VERTRAUEN

Vertrauen schafft SICHERHEIT

Sicherheit schafft STÄRKE

Stärke stellt das SELBSTWERTGEFÜHL wieder her

Selbstwertgefühl verringert den STRESS

Ich gebe dem Verwirrten SEINE WÜRDE ZURÜCK.
Die Validation ist ein eigenes Kapitel, es ist nicht möglich in diesem kurzen Artikel
näher darauf einzugehen.
WICHTIG für den Dienst im Sanitätsbereich, um sich nicht selbst im Laufe der
Zeit zu „verlieren“:
 eine Stunde am Tag für sich selbst gestalten.
 persönliche Interessen und Freundschaften pflegen
 eine Person wählen, um ihre Frustration, Ängste, Sorgen und ihre Wut und
Traurigkeit anvertrauen können.
 sprechen sie nicht nur von den Problemen der Krankheit Demenz
 achten sie auf gesunde Ernährung und Bewegung (ein kurzer Spaziergang
täglich usw.)
 Sorgen Sie für Aktivitäten, die Ihnen gut tun, auch wenn Sie sich im
Moment nicht danach fühlen. Hören Sie Musik, arbeiten Sie im Garten,
pflegen Sie ein Hobby.
 wählen sie eine Möglichkeit, für sich selbst Entspannung zu finden
(Meditation, …)
 Versuchen Sie, so viel Schlaf wie möglich zu bekommen.
 Versuchen Sie, wann immer das möglich ist, in alltäglichen Situationen das
Humorvolle zu finden. Lachen Sie viel. (baut Stress ab!).
 Suchen Sie professionelle Beratung, wenn Sie sie brauchen.
Diese Punkte gelten auch für die Angehörigen die Sie im Sanitätsdienst
kennen lernen. Die Angehörigen müssen 24 Stunden täglich mit den
Auswirkungen der Krankheit klar kommen. Es kommt gar nicht so selten vor,
dass Pflegepersonen angebotene Hilfe ablehnen. Sie zögern, die angebotene
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Hilfe anzunehmen oder selbst um Unterstützung zu bitten. Die Gründe für
dieses scheinbar „unlogische“ Verhalten: sie wollen anderen keine Last
aufladen. Sie haben möglicherweise Angst zuzugeben, dass sie der Lage
nicht gewachsen sind.
Deshalb, wenn nötig, geben Sie im Rettungsdienst nur klein portioniert
mögliche Hilfseinheiten weiter, dann erklären sich viele Menschen gerne
bereit, Unterstützung anzunehmen.
Weisen Sie im Rettungsdienst auf die Bevölkerungskurse für pflegende
Angehörige hin, die die Betreuung und Pflege zu Hause erleichtern.
Besonders beim Kurs: „LEBEN MIT VERWIRRTEN MENSCHEN“ (Dauer: 6
Stunden, Kosten 40 €, für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Roten Kreuzes
sind die Kurse kostenlos) können pflegende Angehörige die nötige
Unterstützung erfahren.
Informationen über die Kurse für pflegende Angehörige unter der kostenlosen
Hotline 0800 222 144
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