GIS im WWW: Beispiele und Nutzen
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GIS im WWW: Beispiele und Nutzen
GIS im WWW: Beispiele und Nutzen Florian BRANDI-DOHRN Zusammenfassung Das WWW ist heute in aller Munde, und die stark wachsenden Zahlen von WWW-Nutzern sind hinreichend bekannt. Wie können GIS - Anwender von dieser Entwicklung profitieren? Anhand einiger bestehenden Beispiel-Applikationen aus den Bereichen öffentliche Verwaltungen und Versorgungsunternehmen werden für Besitzer großer geographischer Datenbestände die Möglichkeiten der Nutzung des Internets oder Intranets im Bereich GIS dargestellt. 1 Hintergrund Bei der Schaffung eines GIS ist die zeitaufwendige Erfassung der Geodaten und die Hinterlegung mit sinnvollen Sachdaten der kostenintensivste Teil. Dieser Schritt ist mittlerweile für viele große Anwender, wie Katasterämter, Entsorgungs- und Versorgungsunternehmen, oder Telekoms weitgehend abgeschlossen. Heute geht es in zunehmendem Maße um die Nutzung dieser Geodaten. Die meisten Anwender haben einen dringenden Auskunftsbedarf auf die geographischen Daten und die hinterlegten Sachdaten. Andere Anwender wollen das Geodatenangebot zu weitergehenden Analysen unter Verschneidung verschiedener Datensätze nützen. Berücksichtigt man nach dem Metcalfe'schen Gesetz, daß der Nutzen für alle mit dem Quadrat der Teilnehmerzahl wächst (Robert Metcalf ist Gründer von 3Com und Vater des Ethernet), so wird sehr schnell offensichtlich, was für ein gewaltiges Potential in den heute bestehenden Geodatenbeständen enthalten ist. Eine webbasierte Verteilung der Geodaten kann fast immer gegenüber der herkömmlichen Verteilung der Geodaten auf einzelne PCs mit Vollversionen eines GIS-Programmes bevorzugt werden. Die Webapplikation kann zentral administriert werden, womit sich Software wie Daten einfach verwalten lassen. Damit ergibt sich ein geringerer Pflegeaufwand und je nach Nutzerzahl auch geringere Lizenzgebühren, da nicht an jedem Arbeitsplatz Vollversionen der Software installiert werden müssen. Nachteile ergeben sich aus einer höheren Belastung für den Server und das Netzwerk. Zudem sind derzeit die StandaloneApplikationen noch zu komplexeren Anwendungen als Webapplikationen fähig. 2 Webapplikationen Auch bei den Webapplikationen ein Trend zu intelligenteren Webclients zu verzeichnen. Grundsätzlich sind erst einmal entsprechend den Nutzeranforderungen zwei Gruppen von 2 Florian Brandi-Dohrn Webapplikationen zu unterscheiden: Zum einen Applikationen, die meist unter einem Namen wie Internet Map Server (IMS) angesprochen werden, die Auskunftsfunktionalität in Form von Rasterbildern (vereinzelt auch einfache Vektordaten) und Sachdaten zur Verfügung stellen; zum anderen die wesentlich weniger stark verbreitete Applikation des sogenannten Internet Data Server (IDS), der anspruchsvollere Nutzer mit Vektordaten für weitergehende Analysen versorgt. Auf Seiten des Webclients sind bei dem IMS vor allem Funktionen wie Zoom, Pan, Ebenenauswahl, Druck, Sachdatenauskunft zu graphischen Elementen und Kartenauswahl auf Basis von Sachdatensätzen wichtig. Der Webclient des IMS wird in zunehmendem Maße in JAVA anstelle von HTML implementiert. Da HTML nur eine Text beschreibungsprache darstellt, lassen sich mit der Programmiersprache JAVA wesentlich intelligentere Webclients einrichten. IMS Server unterscheiden sich darin, daß sie entweder statisch auf einmal erzeugte Rasterbilder oder dynamisch auf eine Geodatenbank zugreifen. Letztere haben den großen Vorteil der absoluten Aktualität der im Webclient angezeigten Geodaten. Abb. 1: Screenshot des SICAD Internet Data Server: Gezeigt wird der Reiter "Data Pool", in dem die serverseitig benutzerspezifisch und allgemein verfügbaren Dateien gelistet werden. In dem Reiter "Profiles" werden Benutzerprofile verwaltet, die eine Zugriffsrechteverwaltung auf die Daten erlauben. In dem Reiter "Geodata Selection" erfolgt die Selektion der gewünschten Geodaten entweder über einen Internet Map Server, über vorkonfektionierte Listen, oder über Metadatennavigation. In dem Reiter "Export" wird die Übertragung über das Internet zum Benutzer angestoßen. GIS im WWW: Beispiele und Nutzen 3 Bei dem IDS ist ein gezieltes Usermanagement unabdingbar, um Zeitpunkt, Menge und Art der bezogenen Geodaten in einer Datenbank festzuhalten, und dann eine Abrechnung z.B. über eine E-commerce Anwendung anzustoßen. Bei einem bekannten und festen Kundenkreis ist es u. U. sinnvoller eine einfache Generierung von Rechnungen aus den Datenbankeinträgen vorzunehmen (z.B. Word Serienbrief). Die Auswahl der Geodaten erfolgt über den IMS, über einfache, vorkonfektionierte Listen, oder über Metadatennavigation. Die Vektordaten werden serverseitig in das vom Anwender gewünschte Format konvertiert, zwischengespeichert und dann zum Benutzer übertragen. Für große Anwender ist eine enge Verzahnung von IMS und IDS wichtig, um wahlweise auf die entsprechenden Funktionalitäten zugreifen, oder eine stufenweise Implementation vornehmen zu können. 3 Beispiele Öffentliche Verwaltungen Je nach Zielsetzung des Anwenders ergeben sich unterschiedliche Vorteile einer webbasierten Geodatenverteilung. Öffentliche Verwaltungen können eine größere Nähe und einen verbesserten Service für den Bürger erreichen, wie es z.B. die Stadt München mit Hilfe des Infrastrukturatlasses verwirklicht: Über das Internet werden Stadtkarten angezeigt. In Abhängigkeit vom Standort kann der Anwender sich die nächstgelegenen Infrastruktureinrichtungen, wie z.B. Hochschule, Kindergarten, Spielplatz, Krankenhaus, Bücherei oder Post, anzeigen lassen. Das Land Bayern kommt mit Hilfe der IMSTechnologie seiner Mitteilungs- und Auskunftspflicht nach Art. 20 Bayerisches Landesplanungsgesetz nach, indem es über das webbasierte Rauminformationssystem tagesaktuell über laufende Planungen im Intranet informiert. An das Rauminformationssystem sind neben dem Staatsministerium für Umweltschutz auch die bay. Landratsämter angeschlossen. Raumbedeutsame Planungen und Gegebenheiten werden gespeichert und bilden die Basis für die Koordinierung fachlicher Planungen und Projekte im Bereich Bauleitplanung, Umwelt, Energie, Verkehr, Nachrichtenwesen, Freizeit, etc.. Der IMS wird in seiner letzten Ausbaustufe auf einen Datenbestand von gesamt Bayern zugreifen (70.550 km2; 2.056 Gemeinden). Derzeit wird Niederbayern (10 329 km2) abgedeckt. 4 Abb. 2: Florian Brandi-Dohrn Beispiel für einen Einsatz des SICAD Internet Map Servers bei der Stadt München: Der Bürger kann sich die nächstgelegenen öffentlichen Einrichtungen anzeigen lassen. Zusätzlich kann natürlich der eigene Standpunkt in der Karte markiert werden. Ebenso hat sich die Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr in Berlin zum Ziel gesetzt, die komplette ALK und das ALB Berlin im Intranet verfügbar zu machen. Dabei greift der IMS auf 26 GB Datenbestand aus der ALK und Rasterkarten von der DGK 10 und DGK 5 zu. Das Hochwasserauskunftssystem Bonn ist der Prototyp für ein Informationsangebot der Stadt Bonn im WWW, das von der EXSE-Arbeitsgruppe in Zusammenarbeit mit dem Vermessungsamt der Stadt Bonn realisiert wurde. Das System dient dazu, Bürgern der Stadt Bonn und weiteren Wasserstraßenanrainern hochwasserrelevante Informationen, wie z.B. die Darstellung der Überflutungsgebiete bei bestimmten Pegelständen, darzustellen. In Malaysia entsteht derzeit im Rahmen des Multimedia Super Corridors eine speziell auf die Anforderungen des Landesvermessungsamtes zugeschnittene IMS Applikation, die es zum Ziel hat, Auskünfte zu Grundstücken über das Internet wesentlich zu vereinfachen und die GIS im WWW: Beispiele und Nutzen 5 Abrechnung der Grundstückssteuern zu optimieren. Dies ist in Malaysia sehr wichtig, da z.B. das Bundesland Selangor bis zu 80% seiner Einnahmen aus dem Verkauf von Grundstücken und verschiedenen Grundstückssteuern erzielt. Katasterämter stehen jetzt vor der dringenden Aufgabe, zum einen Grundkarten und zum anderen thematische Karten von weiteren Abteilungen dem gesamten Verwaltungsapparat zu Auskunftszwecken zur Verfügung zu stellen. Der Client eines IMS, der über einen handelsüblichen Browser aufzurufen ist, läßt sich von jedem auch nicht GIS-versierten Anwender einfach und schnell bedienen. Bei derartigen Lösungen ist immer eine wichtige Bedingung, daß der IMS direkt auf die Datenbank der Geo- und Sachdaten zugreift, damit den Sachbearbeitern immer der aktuellste Stand der Daten gezeigt wird. Für Katasterämter, wie z.B. das Ressort Daten und Grundlagen der Stadt Wuppertal, ergeben sich enorme Einsparmöglichkeiten, da sie nicht mehr gezwungen sind, die mannigfaltigen Auskunftsanforderungen zu bearbeiten, die oft ein umständliches Erstellen der Karten erfordern. Für Landesvermessungsämter ist vor allem die IDS-Komponente interessant, da damit die Geodatendistribution an z.B. Ingenieurbüros oder andere Ämter wesentlich vereinfacht, beschleunigt und automatisiert werden kann. Derzeit wird geplant, derartige Lösungen bei Landesvermessungsämtern zu implementieren. Ziel ist meist neben einer einheitliche Präsentation der Landesvermessungsämtern und der übrigen assoziierten Bezirksbehörden im WWW, Geodaten zur Auskunft (IMS) und zum Vertrieb (IDS) zur Verfügung zu stellen. Zusätzlich will man damit gesetzlichen Anforderungen zur Auskunftspflicht Genüge tun. Bisher können über das Web meist nur Karten (hardcopy) und CD-ROMs bestellt werden. Mit der IDS/IMS Lösung können geographische Produkte fachlich und räumlich beliebig kombiniert werden und an bekannte oder freie Kundenkreise online vertrieben werden. Diese Lösung kann dann an ein Warenwirtschaftssystem gekoppelt werden. Vertrieben werden sollen z.B. ATKIS DLM, DGM und DTK, digitale Orthophotos sowie Punktdaten, die auf mehrere, räumlich verteilte Datenbanken verteilt sind. 4 Beispiele Energie- und Wasserversorger Große Versorger, wie z.B. die GASAG in Berlin, die der größte kommunale Gasversorger Europas ist, nutzen die IMS-Technologie, um fachtechnische und betriebswirtschaftliche Daten unternehmensweit verfügbar zu machen. Bestehende Applikationen wurden in die Weblösung einbezogen, und somit können die ca. 500 Anwender im Intranet mit einem Webbrowser auf Sachdaten, wie z.B. das Hausanschlußwesen, zugreifen, und bequem per Mausklick sich die passenden Grundkarten mit dem entsprechenden Gasnetz anzeigen lassen. Die hinterlegte Mapservertechnologie greift auf insgesamt ca. 30 GB Geodatenbestand zu, der sich aus Übersichtsplanwerk, Bestandsplanwerk, und ca. 30004000 gescannter Karten zusammensetzt. 6 Abb. 3: Florian Brandi-Dohrn Beispiel für die Anbindung bestehender Sachdatenauskunftssystem an den SICAD Internet Map Server. Hier ist das Hausanschlußwesen der GASAG in Berlin gezeigt. 6. Abschließende Beurteilung Damit zeigt sich, daß große GIS Anwender verstärkt auf die Webtechnologien zurückgreifen, um das Einsparpotential bei Auskunftsanforderungen zu nutzen. Dabei wird zudem in allen Fällen ein wesentlich verbesserter Service und eine höhere Aktualität erreicht, da auf die Geodatenbank zeitlich unabhängig zugegriffen werden kann und der räumliche Ausschnitt frei wählbar ist. Da zudem die mit den Geodaten verbundenen Sachdaten online angezeigt werden, folgt ein direkter Produktivitätsschub, da das aufwendige Nachsehen in anderen Applikationen entfällt. Hinzukommt, daß nun auch Sachbearbeiter oder allgemeine Anwender ohne spezielle GIS-Vorkenntnisse auf GIS zugreifen können. Für Anwender von IDS Komponenten ergibt sich ebenso ein enormes Einsparpotential, da die Datendistribution automatisiert wird. Dabei wird auf Anbieter- wie auf Kundenseite ein größerer Service erreicht. Anbieter von Geodaten protokollieren in einer Datenbank alle Zugriffe und können je nach Kundenkreis unterschiedlich abrechnen. Kunden haben zu jeder Zeit Zugriff zu jeder beliebigen Kombination von Geodaten. Somit kann eine sehr große Anzahl von Anwendern schnell und unbürokratisch das volle Potential der über viele Jahre erfaßten Geodaten effektiv nutzen.