Impuls #27 - SAG Deutschland
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Impuls #27 - SAG Deutschland
impuls 27 Das Kundenmagazin deR SAG | september 2012 Näher am Kunden Die Chancen regionaler Versorger Intelligente Netze Wie die Infrastruktur künftig aussehen muss Glänzende Perspektiven Zukunftsforscher Andreas Steinle über die weitreichenden Chancen der Energiewende Inhaltsverzeichnis Infrastruktur 10Energiewende III Erneuerbare Energien 4 innovation 12Intelligente Netzstation 9 Martin Stiegler und sein Team blicken in die Zukunft der Energieverteilung – ganz ohne Kristallkugel. Interview Titelstory Die Betreiber müssen handeln und ihre Netze ausbauen. Denn durch die zunehmend dezentrale Stromerzeugung drohen K apazitätsengpässe. 4 Energiewende I SAG/ Markus Golde; Stadtwerke Bochum; Photocase / to-fo; 123 RF / sellingpix; Gerd Scheffler Titelfoto: ThinkStock / Zoonar RF Die Energiewende bietet große Chancen: Stadtwerke, die auf erneuerbare Energien setzen, sind näher an Kunden. Die danken es ihnen. Smart Metering 8 Vorteile für Verbraucher Esssay 14Energiewende IV 12 projekte SAG rüstet Tausende Mülheimer und Kölner Haushalte mit intelligenten Zählern aus. 16Versorgungssicherheit SAG Schaltanlagenbau bringt in Weinheim zwei Umspannan lagen auf den neuesten Stand. Interview 9Energiewende II Projekte Bernd Wilmert, Sprecher der B ochumer Stadtwerke, über r egionale Versorger und ihre b esondere Rolle bei der Energiewende. 14 Blick in die zukunft Andreas Steinle, Geschäftsführer des Zukunftsinstituts in Kelkheim, plädiert für einen konstruktiven Umgang mit der Energiewende. 18Dokumentation SAG CeGIT unterstützt die Stadtwerke München bei der Pflege ihrer digitalen Leitungs informationen. Riesenchance kurz notiert 19Kundentag Bereits zum siebten Mal lädt SAG seine Kunden zum G edankenaustausch ins Capitol Theater Offenbach. 19 2 Kundentag Impuls #27 Editorial »Die lokalen Stadtwerke können sich mit einer umfassenden Energieberatung vor Ort besonders positionieren.« Joakim Olsson, Vorsitzender der Geschäftsführung Sehr geehrte Leserinnen und Leser, die Stadtwerke könnten die Gewinner der Energiewende werden. Als lokale Dienstleister sind sie nicht mehr nur Lieferant, sie sind ganz nah am Bürger und können sich mit einer umfassenden Energieberatung besonders positionieren. Die regionalen Versorger produzieren ihren Strom dezentral und wollen ihren Erzeugungsanteil sukzessive erhöhen. Unsere Titelgeschichte beleuchtet diesen Trend, stellt interessante Stadtwerke vor und erklärt, wo genau ihr Potenzial liegt (ab Seite 4). Klare Vorstellungen, wie die Zukunft aussieht, hat Bernd Wilmert. Der Sprecher der Geschäftsführung der Stadtwerke Bochum ist überzeugt, dass die kommunalen Dienstleister die Energiewende entscheidend mitgestalten werden. Wie das funktioniert und welche Rolle Brüssel dabei spielt, erklärt Wilmert im Interview auf Seite 9. Bei der Energiewende geht es jedoch nicht nur um die effiziente Erzeugung von Strom, sondern auch um den Transport und die Verteilung. Die Infrastruktur spielt also eine wichtige Rolle. Smart Grids sind derzeit in aller Munde. Intelligente Netze sind auch das Thema von Martin Stiegler. Der SAG-Experte leitet das Projekt iNES („Intelligente Netzstation“), das eine Stationsüberwachung innerhalb von Verteilnetzen ermöglicht. Dies ist ein entscheidender Aspekt beim Netzausbau. Warum Stiegler Tag für Tag Pionierarbeit leistet und welchen Herausforderungen er sich stellen muss, lesen Sie auf Seite 12. Neue Energien, Smart Metering, Kraft-Wärme-Kopplung: Der Wandel stellt uns vor große technische Herausforderungen. Das ist allerdings längst nicht alles. Denn das Neue muss auch in den Köpfen gelebt und länderübergreifend beworben werden. In der Vergangenheit sei beides nicht geschehen, schreibt Andreas Steinle, Geschäftsführer des Zukunftsinstituts, in seinem Essay (Seite 14). Er sagt: „Wenn wir erfolgreich sein wollen, sollten wir mit mehr Fantasie an die Aufgaben herangehen.“ In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Spaß beim Lesen. Herzlichst Ihr Joakim Olsson Impuls #27 3 titelstory Näher am Kunden Den Stadtwerken bieten sich durch die Energiewende enorme Entwicklungschancen. Wer auf erneuerbare Energien setzt, sich zum Innovationstreiber wandelt und kundenorientiert denkt, kann zum Gewinner werden. 4 Impuls #27 titelstory Impuls #27 5 titelstory Biomasse, Solaranlagen, Windkraft – den erneuerbaren Energien gehört die Zukunft. »Wir wollen unseren Erzeugungsanteil auf 25 Prozent erhöhen.« Hans-Joachim Reck, VKU-Geschäftsführer Bislang produzieren die großen vier Energiekonzerne etwa 75 Prozent der Strommenge in Deutschland. Sie nehmen damit eine vorherrschende Stellung ein. Dies könnte sich jedoch bald ändern. Derzeit erzeugen die Stadtwerke nur rund zehn Prozent des deutschen Stroms. „In den nächsten zehn bis 15 Jahren wollen wir den Anteil auf 25 Prozent mehr als verdoppeln“, kündigt Hans-Joachim Reck, Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) an. Diese Aussage zeigt: Die rund 900 Stadtwerke und regionalen Energieversorger in Deutschland sehen in der 6 Energiewende enorme Chancen. Ihr Ziel ist es, Strom dezentral zu erzeugen, also da, wo er verbraucht wird, und so wieder mehr Marktanteile zu gewinnen. Zwei Drittel der Stadtwerke in Deutschland schätzen ihre Chancen im Wettbewerb als gut bis sehr gut ein. Dies geht aus der zehnten Stadtwerke-Studie hervor, durchgeführt von der Beratungsfirma Ernst & Young in Kooperation mit dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Zwischen März und April 2012 wurden dabei 100 Chefs von Stadtwerken und regionalen Versorgern befragt. Mut zur Innovation „Das Image von Stadtwerken ist prinzipiell zunächst einmal positiv, weil sie einfach sehr nah am Verbraucher sind“, weiß Helmut Edelmann, Leiter Energieversorgung bei Ernst & Young (siehe auch Interview auf Seite 7). Aber das sei an sich noch kein Wert, so Edelmann weiter. Es gelte, diese Nähe auch permanent zu nutzen, sprich dem Kunden neue Angebote zu bieten, die ihm nachhaltig im Kopf bleiben. Ähnlich denkt auch Sven Behrend. „Viele kommunale Versorger sind bereits heute erfolgreiche und feste Bestandteile der regionalen Versorgungsstruktur. Für sie ist es wichtig, Mut zur Innovation zu haben“, meint der Chief Technology Officer bei SAG. Innovation heißt erneuerbare Energien – und die haben für die Stadtwerke schon heute Vorrang. So werden die regionalen Energieversorger in Deutschland laut Bundesverband Energie- und Wasserwirtschaft bis zum Jahr 2020 schätzungsweise 16 Milliarden Euro in den Ausbau der Erneuerbaren investieren. Die Prioritäten liegen dabei auf Windkraftanlagen an Land, Wasserkraft, Fotovoltaik und Biogas – und zwar in dieser Reihenfolge. Die Stadtwerke sind wichtige Träger der Energiewende. Mehr als drei Viertel der Stadtwerke bauen auf Nachhaltigkeit und den Ausbau der dezentralen Erzeugung mit zum Beispiel Blockheizkraftwerken oder Mikro-Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen. Mehr Einfluss der Städte Die Stadtwerke Stuttgart haben erst kürzlich eine zukunftsfähige Strategie verabschiedet, die vielversprechend ist. Die neue Ausrichtung fußt auf drei Pfeilern. Zum einen bewirbt sich das Unternehmen um die Konzessionen für Strom, Gas und Fernwärme der Landeshauptstadt, die Ende 2013 auslaufen. Zum Zweiten steht ein breites Investment in regional produzierte Erneuerbare auf dem Programm, und drittens will man mit dem Partner Elektrizitätswerke Schönau Strom und Gas vertreiben. Geplant ist, die drei Geschäftsfelder Erzeugung, Verteilung und Vertrieb zu entwickeln, um die Stadt mit ökologisch erzeugter Energie zu versorgen. Das Besondere: In Stuttgart, wo man gelernt hat, die Bevölkerung mit einzubeziehen, sollen auch die Bürger an Entscheidungen beteiligt werden. Und ein starker kommunaler Versorger könnte mit Rückenwind starten. „Die Stadt wird künftig mehr Einfluss beim Thema Energie haben“, denkt auch Peter Pätzold, Stadtrat und Fraktionschef der Grünen. Trend zum Windstrom Die Stadtwerke München sind schon einige Schritte weiter. Sie wollen bis zum Jahr 2025 genug Ökostrom in eigenen Anlagen produzieren, um den gesamten Bedarf Münchens (7,5 Milliarden Kilowattstunden) zu decken. Bei ihrer Ausbauoffensive setzen die Bayern auf ein breites Spektrum erneuerbarer Energien wie Wasserkraft, Sonne, Bio- Impuls #27 SAG / Markus Golde; iStockphoto / kontrast-fotodesign, Rolphus, guenterguni W as ist ein Knösterpitter? Diese Frage kann wohl nur ein Remscheider beantworten. In der 109 000-Einwohner-Stadt im Bergischen Land gibt es überdurchschnittlich viele Erfindungen und Patente. Das liegt in der typischen Mentalität der Bürger begründet. Sie probieren gerne aus. Ein Knösterpitter ist ein Tüftler und Bastler. Und weil hier schon traditionell viel Innovationsgeist herrscht, geht die Stadt auch bei der Energieversorgung neue Wege. Die Stadtwerke Remscheid sind Teil eines beeindruckenden Energienetzwerks von etwa 100 kommunalen Versorgern, die sich unter dem Dach der Thüga verbunden haben. Die Stadt folgt damit einem aktuellen Trend: Regionale Stadtwerke sind derzeit stark im Kommen. Sie könnten schon bald eine Schlüsselrolle übernehmen. titelstory masse und Erdwärme. Investitionsvolumen bis 2025: rund neun Milliarden Euro. Gemeinsam mit Vattenfall Europe realisieren die Münchner westlich von Sylt den Windpark DanTysk. Dieser soll 80 Turbinen umfassen und ab 2013 etwa 500 000 Haushalte mit Strom versorgen. »Die interessantesten Geschäftsmodelle werden im Bereich Smart Grids entstehen.« Sven Behrend, CTO SAG Zuvor muss der Strom jedoch von der Küste nach Bayern transportiert und dort verteilt werden, und dazu bedarf es modernster Netztechnologie. Nicht umsonst ist der Ausbau der Infrastruktur ein Schlüsselthema. „Die interessantesten Geschäftsmodelle werden die sein, die im Bereich Smart Grids entstehen. Und diese intelligenten Netze werden es den kommunalen Versorgern ermöglichen, neue Angebote für ihre Kunden zu eröffnen“, meint SAG-Technikchef Behrend. Vielleicht arbeiten dabei künftig mehrere Stadtwerke eng zusammen. Denn auf der Suche nach neuen Strategien setzen mehr als drei Viertel der regionalen Versorger auf Kooperation. Favorit ist dabei die horizontale Zusammenarbeit mit Partnern der gleichen Versorgungsstufe. Daneben wird auch die vertikale Kooperation mit vorgelagerten Unternehmen zunehmend interessanter. Den Gewinn solcher Modelle sehen die Stadtwerke vor allem in Synergien, im Zugriff auf fehlendes Fachwissen und qualifiziertes Personal sowie in einem Plus an verfügbaren Finanzmitteln. Ernst & Young-Berater Edelmann emp- Impuls #27 fiehlt den Stadtwerken, grundsätzlich neue Wege zu beschreiten: „Gewinnbringend wäre es, bei einer Kooperation mal zurückzustecken und den Lead dem Partner überlassen, wenn der in einem bestimmten Bereich besser aufgestellt ist.“ Prominentestes Beispiel für eine gelungene Zusammenarbeit ist das Projekt 8KU. Darin haben sich acht große kommunale Energie-Versorger miteinander verbunden, darunter Mainova, Rheinenergie und die Stadtwerke Leipzig. Erweitertes Portfolio Dass die Stromversorgung heute vielerorts noch dezentraler, nämlich im privaten Heizungskeller stattfindet, ist ebenfalls ein Trend. Kleine Kraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) in Wohnhäusern gewinnen zunehmend an Bedeutung. Wurden 2011 in Deutschland rund 8 000 solcher Anlagen ver- kauft, so soll die Nachfrage bis 2020 auf etwa 28 000 Stück jährlich steigen. Den Stadtwerken kommt hier eine zentrale Aufgabe zu, denn sie sollen die Bürger vor Ort kompetent beraten. Mehr Kundenservice, mehr Innovationen, ein erweitertes Portfolio, mehr Flexibilität, mehr Offenheit – von den Entscheidern der Stadtwerke wird viel gefordert. Aber die Voraussetzungen für die lokalen Versorger sind gut. Jetzt gilt es, Engagement zu zeigen. SAG- Geschäftsführer Behrend: „Gewinner wird derjenige, der am besten trainiert.“ Oder, wer fruchtende Ideen hat. Wie ein Knösterpitter eben. Experteninterview „Mut zu neuen Wegen“ impuls: Herr Edelmann, können die Stadtwerke die Gewinner der Energiewende werden? Helmut Edelmann: Dazu müssen sie sich noch verändern und mehr Mut für neue Wege entwickeln. Zudem fehlt es an der Finanzierungsbasis. Energieversorger sind sehr konservativ in ihrem Finanzierungsverhalten. Ich empfehle, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die die Finanzmärkte bieten. impuls: Ein Weg, den viele Versorger gehen, ist die Kooperation im größeren Verbund. Helmut Edelmann: Die Stadtwerke müssen sich öffnen für Branchenfremde, zum Beispiel Anlagenhersteller oder Unternehmen aus dem erneuerbaren Bereich. Die Kooperation untereinander hat sich bewährt, weil man kulturell gut zusammenpasst. Aber neue Herausforderungen kann ich nicht nur mit alten Mitteln lösen. impuls: Wo sind die Stadtwerke noch gefordert? Helmut Edelmann: Es ist wichtig, die Beziehung zu den Kunden wirklich zu vertiefen, regelmäßig mit ihnen zu kommunizieren und sie nachhaltig einzubinden. Wer die Neuen Medien nur nutzt, um seine Marketingbotschaften loszuwerden, läuft ins Leere. Helmut Edelmann, Leiter für den Bereich Energieversorgung bei der internationalen Beratungsfirma Ernst & Young in Düsseldorf, über die C hancen der lokalen Versorger. 7 smart metering Werner Otto/vor-ort-foto.de (3) Zum Leistungsangebot der SAG im Bereich Smart Metering gehören das Projektmanagement einschließlich Einsatz- und Tourenplanung. Verbraucher profitieren von intelligenten Zählern Für RWE und RheinEnergie rüstet SAG im Rahmen von Pilotprojekten Tausende Mülheimer und Kölner Haushalte mit Smart Metern aus. D erzeit werden deutschlandweit im Rahmen von Pilotprojekten verschiedener Energieversorger in zahlreichen Haushalten intelligente Stromzähler, sogenannte Smart Meter, eingebaut. So auch bei RWE: Unter dem Motto „Mülheim zählt“ werden insgesamt 116 000 Haushalte der Stadt mit den neuen Zählern ausgestattet. SAG hat diese Aufgabe übernommen. Full-Service-Paket „Wir bieten unseren Kunden ein FullService-Paket rund um den Zählertausch an“, erklärt Ulrich Springer, Leiter des Regionalbüros Essen, das Leis tungsspektrum der SAG. „Das reicht vom Projektmanagement mit Einsatz8 und Tourenplanung durch einen Koordinator über die Kundenkommunikation, bei der wir Kontakt mit den Endverbrauchern aufnehmen und Termine für den Zählertausch vor Ort vereinbaren, bis hin zur Montage und Dokumenta- »Wir bieten unseren Kunden ein Full-Service-Paket rund um den Zählertausch an.« Ulrich Springer tion.“ Letztere umfasst zunächst die Aufnahme der Daten des alten Zählers durch Abscannen und Fotografieren mittels Geräten zur mobilen Datenerfassung (MDE-Geräte). Diese Daten ge- hen zurück an den Auftraggeber, in diesem Fall RWE. Anschließend werden Smart Meter und Konzentrator (auch MUC = Multi Utility Communication Controller) installiert und die Datenübertragung überprüft. Im Bereich Logistik übernimmt das Team in Essen die komplette Lagerverwaltung der Zähler. Diese werden in großen Stückzahlen angeliefert, bei Wareneingang kontrolliert und gegebenenfalls reklamiert. Zudem werden die ausgetauschten Zähler entsprechend den Kundenvorgaben teilweise als Stichproben zurückgeführt, der Rest wird entsorgt. Das RWE-Projekt startete 2009 und soll bis Mitte dieses Jahres abgeschlossen sein. „In Spitzenzeiten hatten wir für diesen Auftrag bis zu zwölf Mitarbeiter im Einsatz.“ Einen ähnlichen Auftrag realisiert das Team von Ulrich Springer gerade für die RheinEnergie in Köln. Die Essener Kollegen installieren hierbei mehrere Tausend Zähler in Hochhäusern. „Das ist auch für uns eine Art Pilotprojekt, da wir bei diesem Versorger noch nicht als Dienstleister gelistet sind“, so Ulrich Springer weiter. Die Ausschreibung dafür wurde in der Niederlassung Köln eingereicht. „Die Kollegen haben jedoch uns darüber informiert. Da wir über das entsprechende Know-how im Zählerwesen verfügen, haben wir letztlich ein entsprechendes Angebot abgegeben und den Auftrag gewonnen.“ Angebot erweitern Die bisherigen Leistungen der SAG im Bereich Smart Meter sollen künftig um weitere Angebote erweitert werden, wie die technische Beratung und Planung sowie die Betriebsführung. „Wir erwarten für die kommenden Jahre einen großen Aufwärtstrend, was die Zählerwechsel betrifft. Darauf sind wir dank eines flexiblen Konzepts, mit dem wir auf die verschiedenen Kundenwünsche eingehen können, gut vorbereitet.“ Smart Meter sind Zähler, die den tatsächlichen Energieverbrauch und die tatsächliche Nutzungszeit anzeigen, und zwar nicht nur für Strom, sondern auch für Erdgas, Fernwärme und Warmwasser. Damit soll die Möglichkeit geschaffen werden, dem Verbraucher in Zukunft tageszeitabhängig die jeweils günstigste Energie anzubieten. Im Gegenzug kann der Energieversorger mithilfe der übermittelten Daten die verfügbaren Kraftwerkskapazitäten optimal ausnutzen und Lastspitzen verringern. Ulrich Springer, +49 201 649389-23 Impuls #27 interview „Wir gestalten die Energiewende“ Bernd Wilmert, CEDEC-Chef und Sprecher der Geschäftsführung der Stadtwerke Bochum, spricht im Interview über die besondere Rolle der regionalen Energieversorger impuls: Herr Wilmert, die Herausforderungen der Energiewende sind riesig. In welcher Rolle sehen Sie die Stadtwerke? Bernd Wilmert: Die Stadtwerke nehmen eine besonders wichtige Rolle ein. Wir sind der zentrale Ansprechpartner vor Ort, sorgen für eine zuverlässige, sichere und ökologische Energieversorgung. Damit das auch so bleibt, inves tieren wir viel Geld in die Infrastruktur. Das ist unsere Rolle: Wir gestalten die Energiewende. »Die Stadtwerke sorgen für eine zuverlässige Energieversorgung.« Bernd Wilmert, Stadtwerke Bochum Aus seiner Sicht bleiben länderspezifische Besonderheiten wichtig: Bernd Wilmert Bernd Wilmert Bernd Wilmert, seit 1993 Sprecher der Geschäftsführung der Stadtwerke Bochum, ist kürzlich für weitere zwei Jahre zum Präsidenten der CEDEC (Confédération Européenne des Entreprises Locales d’Energie = Europäischer Verband der lokalen Energieunternehmen) gewählt worden. Der Verband hat seinen Sitz in Brüssel und vertritt die Interessen von 2 000 kommunalen und lokalen Energieunternehmen auf Ebene der Europäischen Union. ren, so etwa bei den erneuerbaren Energien, dem Elektrizitätsbinnenmarkt und dem Emissionshandel. In vielen Bereichen fungiert die Europäische Union also durchaus als treibende Kraft und beeinflusst damit die deutsche Energiewirtschaft. impuls: Gibt es Grenzen einer europäischen Energiepolitik? Wilmert: Ein Umbau der Energiewirtschaft ist gut. Dennoch darf die Subsidiarität nicht durch ein Hintertürchen verschwinden. Länderspezifika müssen weiterhin Berücksichtigung finden. Denn eine sichere, preisgünstige, und umweltverträgliche Versorgung lässt sich nicht zentral aus Brüssel steuern. Da brauchen wir auch Kompetenzen auf nationaler und regionaler Ebene. Stadtwerke Bochum impuls: Wie sehen die nächsten Aufgaben aus? Bernd Wilmert: Alle reden davon, Kohle-, Gas- und Kernkraftwerke durch regenerative Erzeugung zu ersetzen. Das ist in der Tat ein wesentlicher Baustein. Wir müssen aber noch viel bewusster und sparsamer mit Energie umgehen und deren Nutzung optimieren. Hierzu sind umfangreiche Investitionen vor allem in die Verteilnetze notwendig. Es sind größtenteils die Stadtwerke, die diese Netze warten und betreiben. impuls: Welche Innovationen werden von den Stadtwerken vorangetrieben, um für die Zukunft gerüstet zu sein? Wilmert: Wir werden an innovativen Erzeugungstechnologien dranbleiben, so etwa an der Geothermie. Auch Kraft-Wärme-Kopplung ist ein Thema. Das ist zwar nicht besonders smart, aber ausgesprochen effizient. Hinzu kommen Pumpspeicherkraftwerke. Zudem gilt es, Ideen für die lektromobilität voranzutreiben. Es E wird nicht eine einzelne Technologie sein, die alles revolutioniert, sondern es wird ein breiter Mix sein. impuls: Ist die Energiewende schon auf europäischer Ebene angekommen? Wilmert: Ja, das ist sie. Wir brauchen jedoch eine konstantere Energiepolitik in Deutschland, um weiterhin als zuverlässiger Partner wahrgenommen zu werden und notwendige Investitionen nicht zu hemmen. Viele Elemente der Energiewende sind heute integrale Bestandteile der europäischen Energiepolitik und damit keine deutschen Erfindungen. impuls: Wie nimmt die Europapolitik schon heute Einfluss auf die deutsche Energiewirtschaft? Wilmert: Die europäische Politik ist heute bereits ein gelebter Teil der deutschen Energiewirtschaft. Vielfach ist eine EU-Richtlinie der Startschuss für ein deutsches Gesetzgebungsverfah- Impuls #27 9 infrastruktur Basis der Energiewende Durch den Trend zur dezentralen Erzeugung entstehen Kapazitätsengpässe im Netz. Diese zwingen die Betreiber zum Handeln: Sie müssen ihre Netze ausbauen und intelligent machen. E in ehrgeiziges Ziel: Im Jahr 2020 sollen 35 Prozent des Strombedarfs aus regenerativen Quellen kommen, zehn Jahre später schon die Hälfte – so die Vorgabe der Bundesregierung. Für Netzbetreiber zieht die Energiewende ein ganzes Bündel neuer Herausforderungen nach sich: Denn die Menge der eingespeisten Energie schwankt stärker, je höher der Anteil der Erneuerbaren ist. Zudem führen immer mehr Verbraucher den Netzen Strom zu. Das schraubt den Kapazitätsbedarf deutlich nach oben: Gerade in ländlichen Gebieten geraten Netze zunehmend an ihre Grenzen. »Ein Smart Grid ist kein Zustand, sondern ein Prozess.« Professor Michael Sonnenschein, Smart Nord Daher müssen die Betreiber ihre Netze ausbauen, wo es nötig und wirtschaftlich sinnvoll ist – und gleichzeitig zu Smart Grids aufrüsten. Im Juni 2012 hat der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) eine Studie zu den Investitionskosten für intelligente Netze veröffentlicht. Demnach müssen die deutschen Verteilernetzbetreiber bis 2030 sieben Milliarden Euro in den Aufbau von Smart Grids stecken. Der Netzausbau ist zwingende Voraussetzung für die Energiewende – je schneller er vonstattengeht, desto eher lassen sich die Anforderungen der Zukunft umsetzen. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und der Zen tralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) haben kürzlich eine Analyse zu intelligenten Netzen in Deutschland herausgebracht. Sie legt dar, welche technischen Komponenten 10 besonders viel Potenzial haben und bereits als relativ marktnah gelten. Demnach können zum Beispiel intelligente Ortsnetzstationen und neue Wechselrichter dabei helfen, die bestehende Netzinfrastruktur besser auszulasten. SAG führt zu diesem Thema zurzeit das Pilotprojekt iNES („Intelligente Netzstation“, siehe auch Seite 12) durch. Außer dem, heißt es in der Studie weiter, ließen sich mit regelbaren Ortsnetztransformatoren rund 90 Prozent aller Spannungsabweichungen ausregeln. Vorbilder in der Tierwelt Wo aber anfangen? „Die Schlüsselkomponente schlechthin auf dem Weg zum Smart Grid ist eine vernetzte IKTInfrastruktur (Informations- und Kommunikationstechnik), die alle steuerbaren Komponenten – vom Erzeuger über größere Verbraucher bis hin zu intelligenten Ortsnetzstationen – mitein ander in Verbindung bringt“, erklärt Professor Michael Sonnenschein, Sprecher des norddeutschen Forschungsverbunds Smart Nord. Zu Letzterem gehören vier Hochschulen und drei Forschungsinstitute unter der Leitung der Universität Oldenburg. Gemeinsam konzipieren sie eine solche IKT-Infrastruktur, beschäftigen sich mit Fragen rund um die Netzstabilität und wie sie sich bei neuen Betriebsweisen gewährleisten lässt. Im Fokus der Smart-Nord-Forschung stehen sogenannte Selbstorganisationsverfahren. Auf dieser Basis kann künftig die Koordination dezentraler Komponenten funktionieren, die sich zu virtuellen Kraftwerken zusammengeschlossen haben. „Jeder Akteur hat dabei einen Softwareagenten, der seine Interessen automatisch vertritt“, erklärt Sonnenschein. „Gibt es etwa eine Ausschreibung für ein Produkt, sprechen sich die Agenten untereinander ab Impuls #27 infrastruktur und geben gemeinsame Angebote ab – ohne, dass es eine zentrale Koordinationsstelle braucht.“ Vorbild für diese Selbstorganisation ist die Natur: Auch Ameisen, Bienen, Vögel und Fische koordinieren sich dezentral. Einzelne Tiere orientieren sich oft nur an ihren Nachbarn in direkter Nähe. Dennoch kann ein ganzer Schwarm von mehreren tausend Fischen schlagartig die Richtung wechseln, ohne dass dafür ein zentrales Kommando erfolgen muss. Technologisch weit vorne Welches Potenzial intelligente Netze bergen, zeigt eine aktuelle Studie des Elektrotechnik-Verbands VDE zum Thema Lastverschiebungen in Deutschland. Demnach liegt das technisch nutzbare Leistungspotenzial durch einen gesteuerten Stromverbrauch schon heute bei täglich 8,5 Gigawatt (GW). Das entspricht dem Bedarf von circa vier Millionen Haushalten. Gemeinsam mit China und den USA sieht Energieinformatiker Sonnenschein Deutschland auf den ersten drei Plätzen, was den aktuellen Entwicklungsstand intelligenter Netze angeht. Insbesondere technologisch sei die Bundesrepublik sehr gut aufgestellt. Aber mit der Umsetzungsgeschwindigkeit hapere es hierzulande noch. „Ein Smart Grid ist kein Zustand, sondern ein Prozess. Zumindest im Moment“, fasst Professor Sonnenschein abschließend zusammen. „Wir bewegen uns gerade schrittweise auf unser Ziel zu, aber etwa 15 bis 20 Jahre kann dieser Prozess noch andauern.“ Photocase / to-fo Smart Grid Impuls #27 BDEW und ZVEI favorisieren drei Handlungsfelder, die es beim Aufbau intelligenter Netze zu berücksichtigen gilt: Erstens soll eine Sensorik im Netz für eine bessere Informationslage sorgen, um jederzeit die größtmögliche Strommenge durchleiten zu können. An zweiter Stelle steht eine Kombination verschiedener Komponenten – darunter eine standardisierte Kommunikations- und Dateninfrastruktur, die gemeinsam das Verteilnetz automatisieren, um Erzeugung und Verbrauch bedarfsorientiert zu steuern. Drittens wird eine systemorientierte Ein- und Ausspeisung benötigt, wie sie regelbare Photovoltaikanlagen und Windparks oder Wärmepumpen leisten können. 11 innovation Ausweg aus der Datenwü Als Leiter des Projekts „Intelligente Netzstation“ arbeitet Martin Stiegler mit seinem Team an einem Meldesystem für den Netzzustand. V om Blick in die Glaskugel hält Martin Stiegler eigentlich nichts. Aber beruflich muss der Münchener in die Zukunft schauen: Der 47-Jährige hat bereits heute ein konkretes Bild von der Energieverteilung von morgen. Stiegler leitet bei SAG das Projekt iNES („Intelligente Netzstation“), das eine Ortsnetzüberwachung in der Niederspannung ermöglicht. Und so eine wichtige Basis für intelligente Netze schafft. »Wir schließen eine Intelligenzlücke im Niederspannungsbereich.« Martin Stiegler, SAG-Projektleiter iNES Gemeinsam mit seinem Team leistet Stiegler, der seit zehn Jahren bei SAG tätig ist, tägliche Pionierarbeit. Er koordiniert geschäftsfeldübergreifend SAGMitarbeiter – Softwareentwickler, Fernwirktechniker oder auch Kollegen aus Marketing und Service. Gleichzeitig ist er Schnittstelle für beteiligte Wissenschaftler der bergischen Universität Wuppertal, die Hardwarelieferanten der Firma Mauell und Partner in Sachen Kommunikationstechnologie. Netzausbau kostet Zeit Am Beginn des iNES-Projekts stand die wachsende Anzahl dezentraler Energieerzeuger. „Klassischerweise fließt der Strom vom Kraftwerk zum Verbraucher. Heute sieht es vielerorts aber so aus, dass etwa ein Straßenzug mit vielen Solarmodulen auf den Dächern Energie einspeist und so die Nachbarstraße mitversorgt“, erläutert Stiegler. Gerade auf dem Land sind die Netze darauf nicht ausgerichtet. Es kommt zu Belastungsspitzen, die zu einer Umkehr des Leistungsflusses führen können – oder zu einer Überlastung der Betriebsmittel. Schlimmstenfalls kann dadurch die Stromversorgung ausfallen. Der Netzbetreiber hat nun zwei Möglichkeiten: Entweder, er rückt mit dem Bagger an und verlegt größere Kabelquerschnitte. Das kostet aber viel Geld 12 und Zeit und ist nach Stiegler nur bedingt sinnvoll. Pro Jahr werden die kritischen Grenzwerte für die Netzauslas tung vielerorts nur an wenigen Stunden erreicht. „Dafür sämtliche Netze zu verstärken, wäre ungefähr so, als würden Sie jeden Feldweg zur Autobahn ausbauen“, macht Stiegler klar. Oder Möglichkeit zwei: Der Betreiber behält konstant den Netzzustand im Blick, um im Fall der Fälle eingreifen zu können. Und da setzt iNES an – mit einem selbstregelnden System in der Ortsnetzstation. Messwerte als hilfe An vier Testnetzen – im Gebiet der Mainova in Frankfurt und Rhein-Main sowie der Stadtwerke Ratingen und der Energieversorgung Leverkusen – er- Impuls #27 innovation wüste drosseln? Diese Fragen stellt sich der Netzbetreiber täglich. „Die Messwerte helfen ihm, den Netzzustand zu bestimmen und zu steuern“, erklärt Stiegler. So lässt sich ein Ausbau teils verhindern, teils hinauszögern. iNES hat er zusätzlich übernommen – im Bereich CeGIT ist er für das Produktmanagement verantwortlich. Eine Herausforderung, die er gemeinsam mit seinem Team stemmt: „Die iNESianer arbeiten sehr eigenverantwortlich“, erzählt der Bayer. Das sei wichtig: „Wer Verantwortung trägt, ist auch motiviert, das Projekt zu einem guten Abschluss zu bringen.“ SAG Mit iNES lässt sich der Netzzustand im Ortsnetzbereich konsequent und sicher überwachen. Impuls #27 probt SAG zurzeit Messstationen und Steuerinstrumente. Sie sind an wichtigen Knotenpunkten installiert und überwachen die dezentrale Stromeinspeisung in ländlicher und städtischer Netzstruktur. Muss die Spannung am Stufensteller des Ortsnetztrafos geändert werden? Ist Blindleistungsregelung erforderlich? Soll ich einen Speicher füllen oder gar die Einspeisung Was fordert der Markt? Unter der Woche ist Stiegler ständig unterwegs, fährt von Kunde zu Partner, von Projektleitermeeting zu Konferenz, referiert und hört sich Vorträge an, erstellt Berichte. Oder wälzt Gesetzestexte: „Was fordert der Markt? Welche gesetzlichen Vorgaben gibt es? Solche Fragen müssen wir beantworten, um praxistaugliche Produkte zu entwickeln“, erzählt der studierte Holzbauingenieur, der sich direkt zum Berufseinstieg der IT zugewandt hat. Das Entwicklungsteam schließt mit iNES „eine Art Intelligenzlücke im Niederspannungsbereich“, so Stiegler weiter: „Wir sind hier im datentechnischen Niemandsland.“ Projektziel ist es, diesem Blindflug ein Ende zu setzen. „Mit dem System erfassen wir erstmals die Aufnahmekapazitäten eines Netzes, und zwar in Echtzeit.“ So lässt sich die bestehende Infrastruktur besser nutzen: Kommunikation und Datennutzung ebnen den Weg zu „intelligenten“ Verteilungsnetzen. Verschiedene Markt szenarien sind darauf aufbauend denkbar, zum Beispiel sogenannte virtuelle Kraftwerke, sprich eine Zusammenschaltung vieler kleiner Einspeiser zu einem großen Verbund. Im ersten Quartal 2013 soll das Entwicklungsprojekt mit der Mainova zum Abschluss kommen, dann beginnt die Vermarktung. Zielgruppe sind die Netzbetreiber. „Wie zum Beispiel Stromanbieter auf Basis unseres Projekts künftig arbeiten, haben wir nicht mehr in der Hand“, meint Stiegler abschließend. „Aber wir stellen uns vor, dass es in paar Jahren zum Beispiel ein ‚HappyHour-Signal‘ geben könnte, das uns informiert, wenn der Strompreis günstig ist. Dann könnten wir unsere Speicher füllen oder Elektrofahrzeuge aufladen. Damit hätte iNES seine Pionierrolle doch erfüllt.“ markus golde, +49 6103 4858-383 13 Essay Riesenchance für die Zukunft Andreas Steinle ist Visionär, Vordenker und Ideengeber. In einem exklusiven Essay plädiert der Geschäftsführer des Zukunftsinstituts in Kelkheim für einen konstruktiven Umgang mit der Energiewende. Dabei sieht der Trendforscher gerade für deutsche Energieunternehmen glänzende Perspektiven. E nergie ist für uns alle ein unausweichliches Thema: Jeder ist betroffen. Das prägt natürlich unseren Diskurs. Deutschland ist das einzige Land, das so drastisch, mit einer so emotionalen Vehemenz auf die Ereignisse von Fukushima reagiert hat. Was sagt das aus? Einiges. Gerade über unsere deutsche Seele. Und über den Umgang mit Energie. Grüne Energie ist hierzulande mit Zukunft verknüpft, Atomkraft mit Vergangenheit. Das Schwierige ist: Die Energiewende beinhaltet einen Zielkonflikt. In dem Thema drückt sich die ganz Widersprüchlichkeit des Menschen aus. Viele wollen eine grüne Energiezukunft, aber viele sträuben sich gleichzeitig gegen Stromautobahnen, die mitten durch unsere Wälder führen. Frei nach dem Motto „Wasch‘ mir den Pelz, aber mach‘ mich nicht nass“. Dennoch: Nirgendwo gibt es so eine hohe Zustimmung für erneuerbare Energien wie in Deutschland. Sonst wäre dieser Schritt nicht durchsetzbar. Aber ein langer Atem wird hierbei wichtig sein. »Man glaubt, es bewegt sich nichts, aber das täuscht eben.« Wie auf der Wanderdüne Wie bei allen Megaprojekten ist aller Anfang schwer. Wichtig ist, Verlässlichkeit, sichere Rahmenbedingungen und Kontinuität herzustellen. Die Energiewende ist eingebettet in den Megatrend Neoökologie, und da sehen wir sehr langsame Entwicklungen. Diese MiniFortschritte bedeuten dann eben ein Prozent mehr Erneuerbare pro Jahr. Aber die Jahre schreiten voran, und das macht sich bemerkbar. Nach 30 Jahren werden wir erstaunt zurückblicken und Aufgrund der Langsamkeit stellt sich bei vielen Menschen eine Frustration ein. Das ist eine klassische Entwicklung, die auf übertriebenen Erwartungen basiert, ähnlich wie bei der New Economy zur Jahrtausendwende: erst große Euphorie, dann Desillusionierung. Genau in dieser Downphase aber beginnen sich Dinge zu verändern. Das ist vergleichbar mit der Digitalisierung. Was hat das Internet mit dem unbegrenzten Zugriff auf individuell angepasste Informationen nicht alles verän- 14 sagen: Okay, jetzt hat sich alles gedreht. Bis dahin haben wir allerdings oftmals das seltsame Gefühl, auf einer Wanderdüne zu stehen. Man glaubt, es bewegt sich nichts, aber das täuscht eben. Es bewegt sich. Nur eben sehr langsam. dert. Es macht die Menschen selbstständig, schafft völlig neue Chancen des Unternehmertums, neue Möglichkeiten der Politik, macht Märkte transparent, eröffnet neue Wege der Kommunikation mit Firmen, es steigert die Mobilität. Mit Energie wird das ähnlich sein, wir werden insgesamt flexibler werden. Wir werden daran wachsen. Der Wandel wird uns generell weiterbringen – ge- Impuls #27 Essay Andreas Steinle Nirgendwo gibt es eine so hohe Zustimmung für erneuerbare Energien wie in Deutschland. 123 RF / sellingpix zende Perspektiven. Deutschland hat auf diesem Gebiet Enormes zu bieten. Diese Botschaft höre ich aber gar nicht. Und das ist verwunderlich. Statt um Sachprobleme zu streiten, gilt es doch, unseren Know-how-Vorsprung deutlicher herauszustellen und das Ganze mit einer großen Vision zu verknüpfen. Letztlich sind ja alle daran interessiert, dass es am Ende klappt. sellschaftlich, wirtschaftlich, politisch und kulturell. Insgesamt können wir uns global als grüner Technologieführer positionieren. Kauft jemand aus Südafrika, Brasilien oder China innovative Umwelttechnologie ein, dann guckt er zuallererst auf deutsche Firmen. Das sind glän- Impuls #27 »Deutschland kann sich als grüner Technologieführer positionieren.« Andreas Steinle, Geschäftsführer Zukunftsinstituts Kelkheim / Taunus Steinle ist Geschäftsführer des Zukunftsinstituts in Kelkheim/ Taunus. Er betreut dort nationale wie internationale Kunden in der Strategie- und Innovationsentwicklung. Zuvor leitete der 42-Jährige das Hamburger Trendbüro. Seinen Abschluss als Diplom-Kommunikationswirt machte Steinle am Institut für Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Hochschule der Künste in Berlin. Neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer tritt er als Redner auf internationalen Kongressen auf und ist Autor mehrerer Bücher und Studien. Das Zukunftsinstitut wurde 1998 gegründet und hat die Trend- und Zukunftsforschung in Deutschland mitgeprägt. Heute gilt das Institut als einer der einflussreichsten Think tanks der europäischen Zukunftsforschung. Aufgaben herangehen. Ich vermisse häufig die Kreativität. Aus meiner Sicht liegt der größte Fehler darin, wie man die Energiewende beworben hat. Die Politik hat es versäumt, frühzeitig zu kommunizieren, dass die Energiewende nicht nur eine Kostenfrage ist und technische Lösungen erfordert. Sie ist eine Riesenchance für die Zukunft. Auch die lokalen Stadtwerke können hier gewinnen, denn sie verfügen über lokale Strukturen und sind nah am Kunden. Sie können dabei helfen, das Thema von der abstrakten Politik zu lösen und in den Alltag der Menschen zu bringen. Im Sinne von: Ich bin nicht passiv getrieben, sondern selbst gestaltende Kraft. Das ebnet den Weg für die Umsetzung, wenn es darum geht, neue Stromautobahnen zu bauen oder regenerative Anlagen. Denn das alles Entscheidende ist doch: Mehrwert schafft soziale Akzeptanz – für mich ein Schlüsselfaktor. Ein so umfassender Wandel funktioniert nur mit Bürgerbeteiligung. Denn wer mündig ist, macht lieber mit.“ Wenn wir erfolgreich sein wollen, sollten wir mit mehr Fantasie an die 15 projekte Aus Alt mach Neu Im Auftrag der Kraftwerke Mainz-Wiesbaden ertüchtigt der SAG Schaltanlagenbau Weinheim zwei Umspannanlagen. Um eine hohe Versorgungssicherheit zu gewährleisten, bleiben die Anlagen auch während der Umbauphase in Betrieb. B ereits seit über 40 beziehungsweise 50 Jahren sind die beiden Umspannanlagen „Berkach“ und „Goddelau“ der Kraftwerke Mainz-Wiesbaden AG (KMW) in Betrieb. Um auch in Zukunft eine hohe Versorgungssicherheit zu gewährleisten, wurde die Ertüchtigung beider Anlagen von KMW im vergangenen Jahr ausgeschrieben und schließlich an SAG beauftragt. Bevor neue Hochspannungs komponenten montiert werden können (unten) müssen die alten demontiert werden. 16 Arbeit unter Spannung Noch im Oktober 2011 begannen die Bauarbeiten in Berkach. Mit wechselweisen Freischaltungen einzelner Anlagenteile werden eine Hilfssammelschiene, ein Hilfsportal für zwei Freileitungsansprünge und zwei Transfor matorenfelder demontiert, die Hilfssammelschiene durch zwei oben liegende Rohrsammelschienen ersetzt sowie ein Kuppelfeld und zwei Leitungsfelder neu aufgebaut. Die vorhandenen Transformator-Felder werden abgebrochen und neu aufgebaut. Im Zuge der Erweiterung der Umspannanlage müssen auch neue Kabelkanäle eingebaut und an den Kabelkanalweg zur neuen Warte angebunden werden. Projektleiter Edwin Demmerling: „Selbstverständlich werden bei einem Projekt dieser Art auch alle vorhandenen Steuer-, Schutz-, Melde- und Versorgungskabel demontiert, entsorgt und durch neue ersetzt!“ Um die Versorgung im Netz sicherzustellen, kann immer nur ein 110-kV-Feld abgeschaltet werden. Die Abstände zu den spannungsführenden Betriebsmitteln sind somit strengstens einzuhalten, und die Arbeiten erfordern besonders hohe Aufmerksamkeit. Im Zuge der Arbeitssicherheitswoche besuchten die Geschäftsführer Joakim Olsson und Engelbert Imkeller die Anlage in Berkach und informierten sich über die ergriffenen Arbeitsschutzmaßnahmen. Doch nicht nur Technik und Arbeitssicherheit sind bei derartigen Projekten eine Herausforderung. „Umwelt- und Naturschutz sind auch immer sehr wichtige Aspekte“, so Demmerling. Ein Storchennest in einem wegfallenden Hochspannungsmast kann nicht ohne Wei- teres entfernt werden. „Als Ersatz haben wir in unmittelbarer Nähe einen Stahlmast mit Nisthilfe aufgestellt“, so Demmerling weiter. Erfreulicherweise ist „Meister Adebar“ bereits umgezogen. »Bei solchen Projekten spielt nicht nur der Arbeitsschutz eine wichtige Rolle. Es kommt auch darauf an, die Aspekte des Umwelt- und Naturschutzes zu beachten.« Edwin Demmerling, Projektleiter Bis Oktober sollen die Arbeiten in der Umspannanlage Berkach abgeschlossen sein. Die Schutzprüfung und Inbetriebnahme der 110-kV-Felder erfolgt durch KMW. Ähnlich gestalten sich die Leistungen der SAG im Umspannwerk Goddelau. Die im April dieses Jahres begonnenen Arbeiten sollen im Juli 2013 abgeschlossen sein. Edwin Demmerling, +49 6201 87809-21 Die Leistungen und Lieferungen der SAG: Rückbau aller vorhandenen Hochspannungsbetriebsmittel inklusive Stahlstützen und Fundamenten (der 110/20-kV-Transformator bleibt bestehen) Neubau der Fundamente und Kabelkanäle Montage der Portale, Blitzschutzmasten, T-Stützen und Geräte-Unterkonstruktionen Montage der neuen 110-kV-Betriebsmittel (Beistellung durch KMW), Sammelschienen mit Umführung SS1 und Kupplung sämtliche Aufbaumaterialien wie HS-Klemmen, Leiterseile etc. Komplett-Erneuerung der Sekundärverkabelung Verlegung des Erdungsmaschennetzes Installation der Beleuchtungsanlage Lieferung und Installation der Feldsteuerschränke mit beigestellten Schutzgeräten Montage der Eigenbedarfsversorgung (400VAC und 220VDC mit Beistellung von Gleichrichter und Batterie) Montage des Störmeldeschranks und der Traforegelung Funktionsprüfung der neu aufgebauten Betriebsmittel Impuls #27 projekte stefan wildhirt (6) Bei Arbeiten in der Nähe spannungsführender Betriebsmittel ist die Einhaltung der Sicherheitsabstände oberstes Gebot. Die Umspann anlagen sind auch während der Umbauphase in Betrieb. Impuls #27 17 projekte Immer auf dem neuesten Stand Tag für Tag gilt es, betriebliche Leitungsnetzänderungen genau zu dokumentieren: SAG CeGIT in Ergolding unterstützt die Stadtwerke München bei der Pflege ihrer digitalen Leitungsinformationen. I n einem Münchner Stadtteil wird ein Mehrfamilienhaus gebaut, der Spatenstich steht kurz bevor. Das Haus muss an das öffentliche Stromnetz angeschlossen werden. Deshalb markieren die Mitarbeiter bei CeGIT in Ergolding das Bauvorhaben mit dem entsprechenden Anschluss jetzt schon auf der Karte in der Fachschale Strom des Netzinformationssystems. Täglich sind Einträge dieser Art notwendig, schließlich versorgen die Stadtwerke München (SWM) fast 1,4 Millionen Einwohner auf 310 Quadratkilometern mit Strom und Wasser. Der SAG-Bereich CeGIT in Ergolding kümmert sich fortan um Teile der digitalen Leitungsinformationen in der Stromsparte. müssen sie bereits in der Planungsphase dokumentieren und nach Bauausführung und Inbetriebnahme aktualisieren. Rund 70 000 Meter Trassenlänge sind in diesem Jahr von Neubauten oder Stilllegungen betroffen – dementsprechend oft muss CeGIT Ergolding vorgezogene Einträge im Netzinformationssystem vornehmen. Im vergangenen Jahr seien fünf bis sechs Mitarbeiter mit den Aufträgen der Stadtwerke München beschäftigt gewesen, sagt Kopperschmidt. „Auf Basis des neuen Rahmenvertrags wird das CeGIT-Team bei den Stadtwerken München vergrößert, je nachdem wie viele Änderungen wir in das Netzinformationssystem einpflegen.“ »Der Rahmenvertrag läuft über vier Jahre.« Regionalbüroleiter Winfried Kopperschmidt Grundlage für die kontinuierliche Pflege der Lage- und Sachdaten sind die aktuellen Änderungsmitteilungen im Geoinformationssystem Smallworld GIS 4.1. „Wöchentlich laufen bei uns bis zu 20 Änderungen ein“, berichtet Kopperschmidt. Zweitens kümmert sich CeGIT Ergolding darum, dass betrieblich initiierte Änderungen im Stadtgebiet München rechtzeitig im Netzinformationssystem erfasst sind. Das heißt, die Mitarbeiter Winfried Kopperschmidt +49 879 704-516 München gilt im Volksmund als nördlichste Stadt Italiens, ist aber real nach Berlin und Hamburg die drittgrößte Stadt Deutschlands. istockphoto / bkindler Europaweite Suche Für die Stadtwerke München ist es absolut notwendig, dass ihre Netzinformationen zu jeder Zeit auf dem neuesten Stand sind. Im vergangenen Jahr haben sie daher europaweit Dienstleister gesucht, die ihre digitalen Leitungsinformationen pflegen, prüfen und korrigieren. Nun erhielt CeGIT Ergolding einen Zuschlag. „Bislang haben wir für die Stadtwerke München immer aufgrund einzelner Aufträge gearbeitet. Nun aber wird ein Rahmenvertrag für vier Jahre geschlossen“, freut sich Regionalbüroleiter Winfried Kopperschmidt. Sein Team übernimmt für die Stadtwerke München zweierlei Leistungen. Erstens bringen die Mitarbeiter von CeGIT regelmäßig die Lage- und Sachdaten im Netzinformationssystem der Stadtwerke München auf den neuesten Stand. Denn bei Neubauten oder Leitungserweiterungen ändert sich jeweils das Bestandsplanwerk. 18 Impuls #27 kurz notiert Interessante Vorträge und angeregte Diskussionen: Der Kundentag ist ein beliebter Termin. sag voltaik und Wasserkraft. Dies sind erfreuliche Zahlen. Klar ist aber auch: Um die ehrgeizigen Ziele der Energiewende zu erreichen, ist ein technologischer Fokus allein auf die Stromerzeugung wenig zielführend. Vor diesem Hintergrund spielen Erdgas, Biogas und das Gasnetz eine bedeutende Rolle bei der Energiewende. Siebter SAG Kundentag Am 14. November lädt die SAG ihre Kunden und Partner erneut zu einem spannenden Gedankenaustausch ins Capitol Theater Offenbach ein. Thema diesmal: Erdgas und Bio-Erdgas als leistungsstarke Energieträger. D as Jahr 2012 wird ein Rekordjahr für die erneuerbaren Energien in Deutschland. Allein im ersten Halbjahr trugen sie mit 67,9 Milliarden Kilowattstunden erstmals 25 Prozent zum deutschen Strommix bei. Zum Vergleich: Im ersten Halbjahr 2011 waren es noch 21 Prozent. Die Wind energie spielt dabei die bedeutendste Rolle, danach folgen Biomasse, Photo- NACHHALTIGER UMBAU Unter dem Motto „Gas – Potenziale im zukünftigen Energiemix“ lädt die SAG ihre Kunden und Partner herzlich ein, auf dem 7. SAG Kundentag am 14. November (10.00 Uhr bis 16.30 Uhr) zu erfahren, welche vielfältigen und effizienten Anwendungsmöglichkeiten Gas beim nachhaltigen Umbau des Energiesystems bietet. Dr. Ing. Thomas Gößmann, Geschäftsführer Technik und Sprecher der Geschäftsführung der Terranets bw GmbH, führt im Capitol Theater Offenbach durch ein abwechslungsreiches Programm mit ausgewiesenen Experten der Gaswirtschaft. Terranets ist ein führender Betreiber von Gashochdruckleitungen. Zentrale Themen der Veranstaltung werden unter anderem sein: „Die Konvergenz von Stromund Gasnetzen zur Integration regenerativer Energiequellen“ und „Gas als Lösung des Speicherproblems“. In der begleitenden Ausstellung „SAG Marktplatz“ informiert die SAG außerdem anhand ausgewählter Beispiele über innovative Lösungsansätze im Rahmen der Energiewende. dr. heiko lenhard, +49 6103 4858-350 SAG und Bohlen & Doyen auf der GAT „Energiewende aktiv gestalten“ ist das Motto der diesjährigen Gasfachlichen Aussprachetagung (GAT) die vom 25. bis 27. September in Dresden stattfindet. SAG und Bohlen & Doyen werden ihre Leistungen auf einem Gemeinschaftsstand in Halle 1 (Stand H1B5) präsentieren. Kern der Darstellung ist die Verknüpfung der Energienetze von Strom und Gas. Besonders der auf See gewonnene Windstrom muss über geeignete Verfahren wie zum Beispiel Power-to-Gas speicherbar gemacht werden. Hier kann die Unternehmens- gruppe ihre ganze Erfahrung in den Bereichen Strom und Gas präsentieren. Auf den Außenanlagen werden Möglichkeiten der Gasferndetektion und der Konzentrationsmessung vorgestellt. Ines hermann, +49 6103 4858-419 Impressum Herausgeber SAG GmbH, Pittlerstraße 44, 63225 Langen Verantwortlich Dr. Heiko Lenhard, [email protected] Redaktion Markus Golde, +49 6103 4858-383, [email protected] Gestaltung & Produktion idea Kommunikation, Dortmund Druck Grunewald GmbH, Kassel Impuls #27 19 Partner für die Energie- Infrastruktur Smart Energy Services – Intelligente Lösungen für die Netze der Zukunft Messen Sie noch oder regeln Sie schon? Die Herausforderung für die Netze der Zukunft liegt darin, Energieflüsse sichtbar zu machen, um diese im Rahmen eines intelligenten Lastmanagements effizient und zielgerichtet regeln zu können. Die SAG bietet Ihnen hierzu unter anderem innovative Produkte für die Realisierung einer intelligenten Ortsnetzstation. Die SAG Gruppe ist seit fast 100 Jahren der führende Dienstleister für den Bau und den wirtschaftlichen Betrieb energietechnischer Anlagen im Versorgungs- und Industriebereich. Für Fragen zwischen Kraftwerk und Steckdose ist die SAG Ihr kompetenter Partner – dienstleistungsorientiert und innovativ. SAG GmbH · CeGIT · Herr Martin Stiegler · Niederlassungsleiter Stockholmer Allee 30b · 44269 Dortmund · T +49 231 725488-24 · F +49 231 725488-25 E [email protected] · www.sag.eu/cegit