Werner Nemetschek, Oberst der Deutschen Luftwaffe, über

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Werner Nemetschek, Oberst der Deutschen Luftwaffe, über
GEHEIMNISTRÄGER
GESICHT ZEIGEN
INFORMATIONSSILOS
04 im gespräch //
Oberst Nemetschek
15 ortswechsel //
Menschen aus der Euregio
18 hausbesuch //
Wo stand das nochmal?
login // Transparenz
04
im gespräch // Oberst Werner Nemetschek über sein Leben als Soldat im
Camp in Masar-i-Sharif in Afghanistan
nachgefragt // Kunden und Mitarbeiter über ihre Familiengeschichte
07
datenbank // Gehalt: Offen legen oder geheim halten? Mitarbeiter-Umfrage
08
input // Wir sehen alles! Die ganze Welt soll durchsichtig werden
11
tool // Bürgerhaushalt – erst Top, dann Flop
12
drei fragen an … // Kämmerer Heinz-Dieter Wette über die Beteiligung von
Bürgern am Haushalt von Herzebrock-Clarholz
13
plugin // Wie sauber ist eigentlich mein Ökostrom?
15
ortswechsel // Fotoausstellung 52 Wochen – Blick hinter die Kulissen
18
update // Menschen und Nachrichten aus der regio iT
20
hausbesuch // Lost in information: Die Firma Questback räumt auf
22
mein digitaler alltag // Wie man einen Shitstorm überlebt
23
gewinnspiel // Bilderrätsel für Leser mit Durchblick
vorschau und impressum
24
logout
Mitarbeiter, Kunden und Partner
der regio iT über ihre Ahnen
Meine Frau sieht
vor allem die Gefahr
im gespräch // Werner Nemetschek,
Oberst der Deutschen Luftwaffe,
über seinen Einsatz in Afghanistan
Das Gespräch führte Birgit-Sara Fabianek
© Georg Helmes
Oberst Nemetschek trägt beim
Gespräch auf der Nato-Airbase in
Geilenkirchen einen zerknautschten
olivgrünen Fliegeroverall. Auf meine
Frage, ob das nicht ein wenig underdressed sei, lacht er und sagt, das
gehe als Uniform durch.
login // Sie sind Soldat, seit knapp
vierzig Jahren.Wie kamen Sie auf
die Idee, zur Bundeswehr zu gehen?
Werner Nemetschek // Ich
wollte fliegen. Und bei der Lufthansa hat man mein Talent nicht
erkannt.
4
login // Der Traum vom Fliegen –
das fasziniert Sie?
Nemetschek // Ja. Ich gehöre
zur Generation, die mit dem Starfighter F-104 geflogen ist, der hat
nur ein Triebwerk, wenn das ausfällt, ist man in einer schwierigen
Situation. Aber nach einer Mission
von 45 Minuten aus diesem Flugzeug auszusteigen: Das macht so
zufrieden. Ich weiß nicht, wie man
das toppen kann.
login // Kommt es vor, dass Sie als
Privatmensch eine andere Meinung
login // Winter 2012/2013
vertreten als Ihr Arbeitgeber?
Nemetschek // Natürlich kommt
das vor. Die Bundesrepublik hat im
Januar 2011 entschieden, mit unserem Verband nicht nach Afghanistan
zu gehen. Und dies begründet. Als
es im März 2011darum ging, ob
unser Verband die militärische Operation in Libyen unterstützt, hieß
es: Wir unterstützen Libyen nicht,
dafür könnt ihr jetzt nach Afghanistan. Das konnte ich schwer nachvollziehen.
login // Trotzdem waren Sie im
Anschluss zweimal in Masar-i-Sharif,
als Verantwortlicher des E-3A-Verbands der Nato-Frühwarnflotte.
Nemetschek // Natürlich habe ich
diese politische Entscheidung nicht
in Frage gestellt. Ich bin Soldat der
Bundeswehr und als solcher loyal.
login // Wie geht Ihre Frau mit
Ihren Auslandseinsätzen um?
Nemetschek // Der Einsatz in
login // Winter 2012/ 2013
© Georg Helmes
© Georg Helmes
© Alain Ernoult/ernoult.com/images.de
nachgefragt //
Bis in welche
Zeit kennen Sie
Ihre Familiengeschichte?
» Mein Vorfahr Franz Joseph Capell
wurde um 1750 als Findelkind an
einer Kapelle ausgesetzt, daher sein
Name. Angenommen von einem
ansässigen Bauern, verfügte er zeitlebens über gute Einkünfte. Man
vermutet deshalb, dass er aus
einer unehelichen Verbindung mit
einem Adeligen stammte. «
» Mein Name lässt sich auf den
Ort Bleischwitz in Schlesien zurückführen, nahe Breslau. Meine
Großeltern hatten dort Land und
einen Hof, bis die Familie 1946
vertrieben wurde.Wir haben regelmäßigen Kontakt zu der Familie,
die heute auf dem Hof lebt, nun
schon in der dritten Generation. «
Karsten Heinrichs, geboren 1975,
Teamleiter Database-Systems,
regio iT, Aachen
Astrid Bleischwitz, geboren 1960,
Leiterin regio iT akademie,
Gütersloh
Afghanistan hat schon für Tränen
gesorgt. Meine Frau sieht vor allem
die Gefahr. Ich lebe damit. Und ich
weiß, wie es vor Ort ist.
haben.Wenn man da steht, geht
einem eine Menge durch den Kopf.
Das kann man denen, die nicht
dabei waren, nicht vermitteln. Und
ich will es auch nicht.
login // Und, wie ist es vor Ort?
Nemetschek // Relativ sicher. Als
ich dort war, sind drei Raketen ins
Camp geflogen, weitab der Zelte
und Unterkünfte ins freie Gelände.
Trotzdem: Wir haben erfahren,
man kann von draußen auch hineinschießen. Ich spreche mit meiner
Frau über die Gefahr, aber ich
überlege mir, ob ich das haarklein
mache oder lieber sage: Mädel,
ich tue alles, um heil wieder nach
Hause zu kommen.
login // Sind alle heil wieder zurückgekommen, als Sie dort waren?
Nemetschek // Nein. Dreimal
stand ich Spalier an der Straße. Da
haben wir die vorüberziehenden
Särge der Kameraden verabschiedet, die den Einsatz nicht überlebt
login // Wie sah Ihr Alltag aus?
Nemetschek // Masar-i-Sharif
hat etwas von einem offenen Strafvollzug, wegen der strikten Ausgehbeschränkung. Wir von Awacs
dürfen das Camp nicht verlassen.
Ich habe auch kein Interesse daran.
Weil ich nicht weiß, wie es mir
draußen ergeht.Wir sehen die Kameraden jeden Tag hinausfahren
und zurückkommen, aber die sind
ganz anders ausgerüstet als wir.
Ganz anders ausgebildet. Ganz anders vorbereitet.Wir haben nicht
einmal die Fahrzeuge, um das
Camp zu verlassen. Das heißt, wir
operieren im Luftraum über Afghanistan und leben innerhalb der
vier Quadratkilometer, die dieses
Camp umfasst.
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5
Fotos: Georg Helmes
» Mein Großvater ist 1894 geboren, als er vier war, starb seine
Mutter. Mit 13 kam er als Knecht
auf einen Bauernhof. Im Zweiten
Weltkrieg verlor er beide Söhne.
Davon haben er und seine Frau
sich nie erholt, auch wenn in der
Familiengeschichte steht: Gott hat
es gewollt. «
» Bisher bin ich nur bis zu den
Urgroßeltern vorgedrungen, die
alle aus dem belgischen Grenzgebiet stammen, aber irgendwann
nach Aachen gezogen sind. Mich
und meine Familie hat es wieder
nach Belgien gezogen. Meine Kinder sind wieder in Aachen. Mal
sehen, wie es weitergeht. «
» Bürgerhausen ist ein typischer
Aachener Name. Meine Vorfahren
waren im Mittelalter so etwas
wie Hausmeister im Grashaus am
Fischmarkt, das die Bürgerverwaltung beherbergte. Sie wurden
daher „die in der Bürger Haus“
genannt, woraus unser Familienname entstand. «
Luise Clemens, geboren 1965,
Fachbereich Wirtschaftsförderung,
Stadt Aachen
Hans Poth, geboren 1948, Leiter des
Fachbereichs Presse und Marketing,
Stadt Aachen
Corinna Bürgerhausen, geboren
1970, Unternehmenskommunikation
der E.V.A.,Aachen
> login // Wie viele Menschen
leben dort?
Nemetschek // Mehrere Tausend Soldaten. Gelebt wird dort
auf engstem Raum, da sind zwei,
manchmal drei Leute in einem
Zimmer von vielleicht zehn Quadratmetern. Es gibt Schichtdienst,
der eine geht morgens um zwei
Uhr raus, der andere nachmittags
um vier. In einem Wohncontainer
gibt es 27 solcher Räume. Am Ende
sind die Toiletten und Duschen.
im eigenen Land zu sorgen. Und
politische Lösungen dafür zu finden.
Der militärische Einsatz in Afghanistan ist gut gemeint. Aber das
Militär kann der Politik nur folgen.
vita
Werner Nemetschek, geboren
1954 in Köln, ist seit 1973 beim
Bund. Er studierte an der Uni der
Bundeswehr in München mit dem
Abschluss Diplom-Kaufmann. Seine
Ausbildung zum Piloten machte
er in Texas und Arizona, USA.
1999 wurde er zum Oberst befördert und Leiter eines Jagdbombergeschwaders in Nörvenich.
Drei Jahre war er Militärattaché
in London, wechselte als Referatsleiter zum Bundesverteidigungsministerium und wurde danach
Chef des Stabes auf der Nato Airbase in Geilenkirchen. Als Dienstältester Deutscher Offizier steht
er auch den mehr als 400 deutschen Soldaten auf der Base vor.
Er ist verheiratet und hat zwei erfab
wachsene Töchter.
6
login // Was haben wir in Afghanistan zu suchen?
Nemetschek // Ich bin von der
Arbeit des Militärs in Afghanistan
vollkommen überzeugt. Aber ich
habe manchmal das Gefühl, in eine
Verantwortung gedrückt zu werden, die die Politik übernehmen
sollte. Es fehlt die Antwort auf die
Frage, wie die Welt damit umgeht,
wenn es Staaten wie Afghanistan
oder Syrien nicht gelingt, für Ruhe
login // Letzte Frage: Es ist heute
möglich, dem Verteidigungsminister direkt auf sein iPad ins Büro zu
beamen, was ein Soldat vor Ort
auf dem Gefechtsfeld sieht. Fördert
das die Transparenz?
Nemetschek // Nein. Es könnte
Befehlsstrukturen und Entscheidungsabläufe ändern. Aufgabe der
Politik ist es, Militärs einzusetzen,
um ein politisches Ziel zu erfüllen.
Aufgabe der Militärs ist es, das
auszuführen und zu entscheiden,
wie sie das im Rahmen der Vorgaben tun. Die heutigen technischen
Möglichkeiten bergen die Gefahr,
dass die beiden eigentlich strikt
getrennten Bereiche verschwimmen.
login // Winter 2012/2013