Junge Städte in ihrer Region - Heft 10
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Junge Städte in ihrer Region - Heft 10
Schriftenreihe zur Stadtgeschichte 10 .Stadt Garbsen Kultur- und Sportamt - Stadtarchiv 30803 Garbsen Tel. (05131)4544 25 Fax (05131)4544 27 E-Mail [email protected] Junge Städte in ihrer Region Im Auftrag der Stadt Garbsen und des Kommunalverbandes Großraum Hannover hg. von Axel Priebs, Adelheid von Saldern und Rose Scholl Garbsen 2001 Umschlag: Abbildungsnachweise und Erläuterungen zur Gestaltung siehe S. 224 Die Deutsche Bibliothek - ClP-Einheitsaufnahme Priebs, Axel: Junge Städte in ihrer Region / Axel Priebs ; Adelheid von Saldern ; Rose Scholl. Hrsg.: im Auftr. der Stadt Garbsen und des Kommunalverbands Großraum Hannover. - Garbsen : Stadt Garbsen, 2001 (Schriftenreihe zur-Stadtgeschichte / Garbsen ; Garbsen ; H. 10) ISBN 3-9802985-7-4 Grafische Gestaltung und Druck: Kommunalverband Großraum Hannover Inhalt Seite Wolfgang Galler: Vorwort 7 Siegfried Frohner: Ansprache beim Empfang der Stadt Garbsen 9 Frank Lehmberg: Grußwort 11 Erste Arbeitssitzung Junge Städte am Großstadtrand Axel Priebs und Adelheid von Saldern: Junge Städte in ihrer Region - eine Einführung 17 Jürgen Aring: Suburbia - Postsuburbia - Zwischenstadt: Ältere und n euere Entwicklungstrends im Umland der Großstädte 27 Manfred von Essen : Junge Städte am Großstadtrand: Das Fallbeispiel Norderstedt 43 Peter Dohms: Meerbusch - Stadtgeschichte und Zentrumsplan ung (1970-2000) 57 Jens Holger Göttner: Junge Städte am Großstadtrand: Das Fallbeispiel Garbsen 85 Zweite Arbeitssitzung Gegenwärtige Vergangenheit - Gebietsreform, Stadt und Region Christian Heppner: Eine n eue Stadt entsteht. Urbanisierung und städtisches Leben in Garbsen 1945-1975 93 Jochen Franzke: Kommunale Gebietsreformen im Spannungsverhältnis zwischen Demokratie und Verwaltungseffizienz 129 Detlef Briesen: Auf der Suche nach der Stadtmitte: Die Zentren junger Städte in N ordrhein-Westfalen bis zur Mitte der 70er Jahre 147 Axel Priebs: Großstadt - Umland - Stadtregion 169 Podiumsdiskussion "Ist das Leben in jungen Städten lebenswert?" Vorbemerkung zur Podiumsdiskussion 197 Alexander Heuer: Impulsreferat: Der städtebauliche Wettbewerb "N eue Mitte" Garbsen und seine Ergebnisse 201 Beiträge zur Podiumsdiskussion Sid Auffarth: Überfordern wir nicht den Begriff Urbanität! 209 Gisela Fähndrich: Warum man die Frage nach der Lebensqualität nicht mit Ja oder Nein beantworten kann 213 Barbara ZibelI: Was macht junge Städte zu Städten? 215 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 221 WOLFGANG GALLER Saldern betreut wird. Das Projekt hatte bereits eine Vorlaufphase, die bis 1997 zurückreicht. Vorwort Prof. Dr. Jürgen Reulecke (Siegen), Prof. Dr. Ute "Junge Städte in ihrer Region", so lautete das (Siegen) waren die wissenschaftlichen Berater in Daniel (Braunschweig) und Dr. Detlef Briesen Thema der wissenschaftlichen Tagung vom 10. dieser Vorbereitungszeit und standen der Stadt bis 11. November 2000, deren Dokumentation u.a. bei der Auswahl eines Stipendiaten zur Seite. Sie hier in Händen halten. Garbsen als Veran stalterin der Tagung ist eine solche junge Stadt. Sie durchlief eine rasante Entwicklung vom "größten Dorf Niedersachsens" im Jahr 1967 zur größten Stadt im Landkreis Hannover mit 63.000 Einwohnern zur Jahrtausendwende. Ein Aspekt, den Christian Heppner nun im Zum Bild einer Stadt und zur Vorstellung, was Rahmen eines städtisch geförderten Disser eine Stadt ausmacht, gehören mehr als die tationsvorhabens untersucht, kommunalrechtliche Organisationsform und die Faktoren, die den Prozess der Urbanisierung in behandelt die Einwohnerstärke. V iele Schritte müssen der Garbsen beeinflussten; sein Beitrag in diesem Ernennung zur Stadt folgen, damit sich "urbanes Band Leben" entwickeln kann und damit sich die Forschungsvorhaben. Seine wissenschaftliche Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Stadt identifi Betreuerin, Frau Prof. Dr. Adelheid von Saldern, gibt einen ersten Einblick in das zieren. Für uns ist die Erforschung der Stadt gab geschichte dabei ein ganz wesentlicher Faktor, Tagung. Mit Herrn Prof. Dr. Axel Priebs, den wir denn ein Stadtprofil entsteht auch durch die dankenswerterweise außerdem für das Projekt Kenntnis prägender Ereignisse, Schwerpunkte gewinnen konnten, übernahm sie die gemeinsa und Besonderheiten der Geschichte. me Leitung derTagung. Als Fachbereichsleiter für die entscheidende Anregung für diese Planung und Naherholung beim Kommunal Die Tagung "Junge Städte in ihrer Region" verband Großraum Hannover und Honorar fügt einen weiteren Baustein zu unserem Stadt professor für Geographie an der Universität Kiel profil- oder unserer historischen "corporate iden gab Prof. Dr. Axel Priebs dem Vorhaben wichtige tity". Ausgangspunkt war ein Forschungsprojekt, interdisziplinäre Impulse. Fachübergreifend war das beim Stadtarchiv angesiedelt ist und das seit auch die Tagung "Junge Städte in ihrer Region" 1999 von der Historikerin Prof. Dr. Adelheid von konzipiert: außer Geographen, Planerinnen und 7 Planern, Historikerinnen und Historikern wirkten danken wir Frau Prof. Dr. von Saldern, Herrn Prof. ein Volkskundler, ein Volkswirt, ein Politologe, Dr. Axel Priebs sowie allen Referentinnen und eine T heologin mit; sie alle sind durch ihre Referenten ganz ausdrücklich. Beiträge in diesem Band vertreten. Doch wie die Besucherstruktur der Tagung gezeigt hat, beschränkte sich die Veranstaltung keineswegs auf lokales Publikum. Die Frage nach den jungen Städten ist offensichtlich von überre gionalem und wissenschaftlichem Interesse, auch wenn die jungen Städte - besonders in der Geschichtswissenschaft - noch wenig erforscht worden sind. Dem wissenschaftlich interessier ten Kreis ist der Band besonders zugedacht. Wir hoffen, dass er für weitergehende Forschungen Die Tagung war für die Stadt Garbsen zweifels hinreichend Anregungen bieten wird - und dazu ohne eine Bereicherung - und zu dem gewählten beiträgt, das "Fallbeispiel Garbsen" als Exempel Zeitpunkt ein besonderer Glücksfall, denn zur für eine junge Stadt am Großstadtrand in der selben Zeit schloss eine städtebauliche Ent Wissenschaft zu etablieren. wurfswerkstatt zur ,Neuen Mitte' Garbsen ab, deren Ergebnispräsentation aktuell in den Tagungsablauf integriert werden konnte. Der Garbsen, im März 2001 Tagungsband ist deshalb für die Verwaltung und den Rat der Stadt Garbsen ein wichtiges Instrumentarium in einer Phase der Selbst reflexion, in der Kommunalpolitikerinnen und -politiker mit Unterstützung der Verwaltung ent scheiden werden, wie sich das Zentrum Garb sens in den kommenden Jahren und Jahrzehnten Wolfgang Galler entwickeln wird. Sie werden die Meinungs Bürgermeister der Stadt Garbsen äußerungen der Fachleute, die Vergleiche mit anderen jungen Städten und die historische Rückschau zu schätzen wissen, die in diesem Band zu finden sind. Vor diesem Hintergrund 8 S I E G F R I E D F RO H N ER Ansprache beim Empfang Stadt Garbsen1 Der E rfolg hat viele Väter - dieses alte Sprich wort gilt auch für d i e Bildung der Stadt Garbsen i m heutigen Gebietszuschnitt vor 26 Jahren. Heute ist Garbsen m it gut 63.000 Einwohnern größte Stadt des Landkreises Hannover, beliebter Wohnstandort u n d wichtiges gewerbliches Zentrum im Nordwesten unserer Region. Wie im B eitrag von Herrn Heppner i m Einzelnen darge stellt, hat der Verban d Großraum Hannover, der Vorläufer des heutigen Komm u n a lverbandes, d u rch die Festlegung des so genannten Versor gungsbereichs VIII i m ersten Verbandsplan aus d e m Jahr 1967 den späteren kom m u n a l en Zusammenschluss der damals selbstä ndigen U rsprungsgemeinden z u r heutigen Stadt Ga rbsen wesentlich vorgeprägt. In diesem Anteil zur Vaterschaft liegt denn auch ein wesentlicher Grund dafür, dass der Kommunalverband Großraum Hannover gerne bereit war, die Stadt Garbsen bei der Durch fü h r u n g der Tag u n g "Junge Städte in i h rer Region" und der vorliegenden Veröffentlichung zu unterstützen. Gerade für eine j unge Stadt in der Nach barschaft einer Großstadt ist es besonders wich tig, die eigene Identität und ihr eigenes Profil zu gewinnen und zu stärken. Das große Interesse, a uf das die Tagung auch und gerade bei den Garbsenerinnen und Garbsenern, gestoßen ist, bestätigt eindrucksvoll deren Interesse an i h rem kom m u nalen Gemeinwesen. Aus der angesprochenen historischen Ver bindung zwischen der Stadt Garbsen und dem Großraumverband resultiert auch unser beson deres I nteresse für die jetzt anstehende große Aufgabe der Stadt Garbsen, nämlich d i e Schaffung (oder besser d i e Vollendung) eines urbanen, von den Bürgerinnen und Bürgern aller Ga rbsener Stadtteile a nerka n nten Zentrums. Das Rathaus hat bereits viel Lob sowohl wegen seiner Funktionalität als a uch wegen seiner überzeugenden Architektur geerntet. Auch die Einkaufs- u n d Dienstleistungsangebote i n der Nachbarschaft des Rathauses werden gut ange nommen. Und mit dem Kinozentrum entwickelt 1 Gehalten beim Empfang d e r Stadt Garbsen a m 10, November 2000, hier in einer für de n Druck überarbei teten Fassung. 9 sich ein Treffpunkt für Jung und Alt aus allen Stadtteilen. Die Regio n a l p l a n u n g des Kom m u nalverbandes hat gerade dieses Kino a l s wichtigen Baustein für e i n u rbanes Zentrum gesehen und sich nicht den Bedenken aus der Nachba rschaft angeschlossen, dieses sei für ein Mittelzentrum z u groß dimensioniert. Auch für d i e Ansied l u n g weiteren zentrenstärkenden Einzelhandels in der Stadtmitte haben wir unse re regionalplanerische Unterstützung zugesagt. Und wir sehen es a uch als Zeichen des guten Verhältnisses zwischen Stadt und Verband, dass der für die Plan ung zuständige Fachbereichs leiter des Verbandes von der Stadt Garbsen als Berater in das Werkstattverfa h ren "Ga rbsen Neue Mitte" einbezogen wurde. 10 Ich wünsche der Stadt Garbsen für die Um setzung des nunmehr gefundenen städtebau lichen Konzeptes Garbsen-Mitte alles Gute. Mit dieser E ntscheidung, in zentraler Lage zu allen Garbsener Stadtteilen einen eigenen urbanen Akzent z u setzen, ist die Stadt Garbsen gut vor bereitet, i n der künftigen Region Hannover den i h r gebührenden Part zu übernehmen. Siegfried Frohner Verbandsdireklor (Kommunalverband Großraum Hannover) FRANK LEHMBERG 1 G rußwort I n der Einladung zur Tagung "Junge Städte i n i h rer Region" bezeichnet sich d ie Stadt Garbsen selbst als Kind der Gebietsreform der 70er Jahre. Diese prosperierende Zeit hat ihr die Möglichkeit gegeben, sehr schnell zu wachsen. Die u nmittel bare Nähe zu Hannover u nd die Lage in einem verdichteten B a l l u n gsra u m haben e i nerseits große Vorteile für eine schnelle Wachstums entwicklung gebracht, andererseits aber auch Schwierigkeiten bei einer eigenen Identitäts fin d u n g hervorrufe n . Als ju nge Stadt in der Region ist es der Stadt Garbsen gelungen, i n ihrer jungen 26-jährigen Geschichte ein eigenständi ges und selbstbewusstes Profil zu entwickeln. Die Woh n u ngsnachfrage zur Zeit der Gebiets reform, insbesondere für Fam ilien, war groß. Ga rbsen hat in den ersten Jahren von den Eng pässen und Nachteilen Hannovers profitiert. Das a l lein hat aber nicht zu i nnerer Stä rke geführt. Die Chance, sich im Ballungsraum als bevorzug ter Wohnstandort zu profilieren, hat Garbsen a ufgegriffen und attraktiv u mgesetzt. Die kom- 1 Gehalten in Vertretung der Ministerin für Frauen, Arbeit und Soziales, Heidi Merk, als Schirmherrin der Tagung "Junge Städte in Ihrer Region", hier in einer für den Druck überarbeiteten Fassung. m u nale Baulandpolitik wa r i n d iesen J a h ren besonders beispielhaft für viele a ndere Städte und Gemeinden, nicht nur in Niedersachsen. Sie war sozial ausgewogen und ermöglichte beson ders j u n gen Fam i l ien einen u nkomp l izierten Zugang zu Bauland. I m mer wieder hat Garbsen das Thema Wohnen mit neuen Facetten angereichert und d a m it wertvolle I mpulse für die Region gegeben. Ich denke besonders an d i e E u ro-Bau-Aus stellung. Dass bei einer vor allem in den 70er J a h ren sehr schnellen Entwicklung n icht alles so gelaufen ist, wie wir es uns heute wünschen, werden wir erst im historischen Kontext verste hen können. Die Nähe von Garbsen zu Hannover ist ja nicht n u r eine räumliche Nähe, sondern auch eine Nähe in den Köpfen ihrer Bewohne rinnen und Bewohner. Die persönlichen lebens verflechtungen d urch den Arbeitsplatz, d urch Sport- und Kulturveranstaltungen sind vielfältig und intensiv. Die seit einigen Jahren betriebene Ausbildung einer Mitte, eines Zentrums, mit dem man sich als Bürger dieser Stadt identifizieren kann, ist eine Option, die schrittweise konsequent reali11 siert wird. Über d i e Bedeutung von Stadtzentren und Innenstädten wird wieder viel diskutiert, nachdem man sie jahrzehntelang hat ausbluten lassen, etwa d u rch den großflächigen Einzel handel auf der so genannten grünen Wiese. Oft sind es sogar die selben Akteure, die nun die Folgen beklagen. U m seinen zentralen Bereich herum hat Garbsen faktisch eine Struktur geschaffen, die auch Auswirkungen a uf eine veränderte Definition eines Zentrums haben könnte oder sollte. Deshalb kann man sich in Garbsen auch der Entwicklungen anneh men, die sich bereits in naher Zukunft a bzeichnen werden, insbesondere die Veränderungen, die sich d u rch die fortschrei tende Entwicklung der Komm u nikations- und Informationsmöglichkeiten in allen Gesellschafts bereichen auswirken wird. Für d i e anschließenden Diskussionen und zukünftigen Überlegungen sollen im Folgenden sechs Bausteine benannt werden, die wesentlich die Fundamente einer vitalen und funktionieren den Stadt bilden: 12 Erster Baustein: "Der öffentliche Raum" Im Zeitalter virtueller u nd digitaler Cyberspace-Rä u me, die kei n e r physischen Räumlichkeit mehr bedürfen, ist es um so wichti ger, attraktive öffentliche und private Straßen, Plätze und Gebäude zu schaffen und zu unter halten. Unattraktive Orte werden in Zukunft noch schneller veröden u nd von Vandalismus heimgesucht werden. Ein besonderes Augen merk soll dabei auf das Verhältnis von öffent l ichen und privaten bzw. teilöffentlichen Räumen gerichtet werden. So schön und anzie hend die vielen Passagen und Center in den Innenstädten sind, so muss man doch darauf achten, dass es weiterhin genug zugängliche Räume für alle gibt. Eine nicht zu u nterschätzen de historische Stärke der europäischen Stadt war und wird auch in Zukunft i h re m ultifunktionale Öffentlichkeit sein. Die Stadt als Ort des erlebbaren Gemein wesens, der unvoreingenom menen Kommuni kation, des Austausches von Gedanken, Ideen und Lebensvorstellungen ist auch in Zukunft wichtig. Im Bezug auf die Gestaltung der Räume sollten wir uns nicht einfach der häufig festzu stellenden G lobalisierung der E i nfallslosigkeit, der Monotonie und Langeweile h ingeben. Spezifische Besonderheiten der Städte sind her auszua rbeiten . Dazu gehören a uch Orte, a n denen wir d i e Dynamik und d i e Auseinander setzung m it Erfa h ru ngen u n d Idealen des modernen gesellschaftlichen Lebens s p ü ren. Wenngleich dem Einzelhandel d ie bedeutendste Leitfun ktion z u r Stärku ng der I n nenstädte zukommt, so m uss a uch für andere Funktionen genügend Raum verbleiben. Kunst, Kultur u nd Freizeit, privater und öffentlicher Art gehören m it in d ie Zentren. Dritter Baustein: "Erreichbarkeit" Wenn wir wollen, dass die Ortszentren und Innen städte lebendige Spiegel gesellschaftlicher Attraktivitäten sind, müssen wir auch dafür sor gen, dass sie auf vielfältige Weise von den ver- Zweiter Baustein : "Sicherheit" So u nsicher, wie manchmal in der Öffentlich keit diskutiert, sind unsere Städte in Nieder sachsen nicht. Subjektiv wird vielfach dieses Thema anders empfunden als es objektiv ist. Sicherheitsfragen werden auch eng m it Sauberkeit und Ordnung verknüpft. E i ne ästheti sche U n ordnung des öffentlichen Raumes füh rt bei vielen Menschen zu einem Gefüh l der U nsicherheit. Viele Komm unen haben in jüng ster Vergangenheit große Erfolge mit Präventiv maßnahmen gehabt, die eng i n städtebauliche Pla nungs- und Gestaltungskonzepte eingebun den waren. Die Gestaltung öffentlicher Straßen, Plätze und Parks, die bauliche Vermeidung von so genan nten Angsträ u men, wie d u n kle Unter fü h rungen, n icht einsehba re Ecken und d i e Erhaltung von Mischn utzungen verschiedenster Art, sollten u nbedingt in planerische Überlegun gen einbezogen werden. Lösungen h ierzu dienen n icht n u r besonders gefährdeten Gruppen wie Frauen und älteren Menschen, sondern tragen z u m a l lgemeinen "Sich-wohl-fühlen" in der Stadt bei. schiedensten Nutzerinnen und Nutzern erreicht und belebt werden können. Auch für Fam ilien mit Kindern, Frauen und Männer ohne Zugang zu einem Pkw, Jugendliche, ältere Menschen und auch für Behinderte muss die Innenstadt leicht erreichbar sein. Den unterschiedlichen Anforde rungen a n Fortbewegungsgewoh n heiten muss Rechnung getragen werden. Meiner Erfahrung nach haben die Verkeh rskonzepte den größten Erfolg, die möglichst alle Fortbewegungs möglichkeiten miteinander sinnvoll verknüpfen. Vierter Baustein : "Kunst, Kultur, Freizeit" Kunst, Kultur und Freizeit, privater und öffent licher Art gehören i n die Zentren; aber eben nicht n u r für Erwachsene, sondern auch und gerade für die heranwachsende Generation unserer Kinder und Jugendlichen. Darüber hinaus muss 13 es auch Spiel räu me für spontane, auch kurzlebige Entwicklungen geben. Gerade weil heute gesell schaftliche Entwicklungen relativ schnell von statten gehen, muss ein Tei l der räu m l ichen Strukturen der I nnenstädte d a ra uf reagieren können. Fünfter Baustein: "Wohnen und Leben in I n nenstädten" Belebte I n n e n städte sind vor allem a uch bewohnte I n nenstädte. Das Wohnen in der Innenstadt muss wieder attraktiver werden, ins besondere für Familien bzw. Mütter und Väter mit kleinen Kindern. Wir brauchen in unseren Städten also vermehrt familiengerechte Wohn verhältnisse und familiengeeignete Woh n ungs bestände. Nirgends besser als in der Stadt aber lassen sich Beruf und Fa milie wirkungsvoll ver einbaren. Hier fehlt es nicht an Versorgungs möglich keiten und Infrastruktureinrichtungen im Nahraum. Stadtentwickl u n g gefördert, die eine hohe Mobilität verlangt und damit viel Autoverkehr erzeugt. Das sich in der Diskussion um eine nach haltige Stadtentwicklung n un mehr eine "Stadt der kurzen Wege" als neues Leitbild heraus kris tallisiert, kommt dem Anliegen unseres Minis teriums für eine frauen- und fam iliengerechte Stadtentwicklung sehr entgegen. Die propagier te Nutzungsm isch ung als engmasch ige Ver netzung von Wohnen, Arbeiten, Versorgen und Freizeit ka nn wesentlich zur Revitalisierung der Innenstädte beitragen. Dadurch wird der öffent liche Raum belebt und Sicherheit d u rch soziale Kontrolle gewährleistet. Zu fa mil ienfre u nd lichem Woh nen gehört auch eine stärkere Beachtung der öffentlichen Freiräume, die im Alltagsleben eine oft unter schätzte Rolle spielen. Gerade in den verdichte ten Innenstädten, die weite Wege zur freien Natur an den Stadträndern aufweisen, sind die Bewohner in besonderer Weise auf Freiräume für E rholung, kleine Entspa n n u ngspausen und Freizeitaktivitäten angewiesen. U m die I nnen städte wieder zu beleben brauchen wir nicht nur Konsumenten, sondern vielmehr Menschen, die dort tatsächlich leben und so ihr Quartier sicht bar in Besitz nehmen. Sechster Baustein : "Handel" Das ehemals gültige Leitbild der Funktions trennung von Wohnen, Arbeiten, Versorgen und Erholung der C h a rta von Athen hat eine 14 Wir wissen, dass dem Einzelhandel bei der Stä rkung der I n nenstädte die bedeutendste Leitfunktion zukommt, Um so wichtiger ist die Frage, welche Rahmenbedingungen dem Handel und Einzelhandel geboten werden, u m auch für die zukünftigen Aufgaben gewachsen zu sein, Deshalb m uss gerade diesem Bereich ein beson deres Augenmerk gegeben werden, Sicherlich sind wir uns darin e i nig, dass große Märkte nicht vollends aufzuhalten sind, Es muss gelingen, eine Misch ung zu erreichen, die der Einzelhandel verkraftet und die Stadt dennoch lebenswert erhält Engagement und Investitionen in zentrale Bereiche einer Stadt sind Zukunftsinvestitionen, die sich lohnen werden, 15 AXEL PRIEBS U N D ADELHE l D VON SALDERN Junge Städte in ihrer Region eine Einführung Die "Europäische Stadt" als Leitbild für Politik u n d Planung ist in j üngerer Zeit in erfreulicher Deutlichkeit bekräftigt u nd bestätigt worden. Vor dem Hintergrund dramatischer gesellschaft licher Veränderungen (Arbeitszeiten, Lebensstile, Mobilitäts m u ster etc.) und ökonomischer Herausforderu ngen (Global isieru ng, Desindus trialisierung, Enträ u mlich u ng etc.) ist es wichtig, ü ber d i e künftige G estaltung u n seres R a umes einen gesellschaftlichen Diskurs zu füh ren mit dem Ziel, auch unter veränderten Rahmenbedin gungen konsensfähige Leitbilder zu suchen. Dass für die Stadtregionen durchaus u nterschiedliche Zu kü nfte denkbar s i nd, hat vor einigen J a h ren der frühere Präsident der deutschen Akademie fü r Städtebau und La ndesplanung und Stadtbau rat von Hannover, Hanns Adrian, 1 in eindrucks voller Weise visualisiert (s. Abb. 1). 1 Adrian, Hanns, Gibt es eine europäische Alternative zur Amerikanisierung des Umlandes? Statement auf dem Kon gress "Die Zukunft der Stadtregionentl, in: Bundesministe rium für Bauwesen, Raumordnung und Städtebau sowie von empirie. (Hg.), Die Zukunft der 5tadtregionen, Bonn 1998, 5. 59-62. Nach u n serer Ü berzeugung ist es Aufgabe aller Fachdisziplinen, die sich mit Stadtentwick lung, Stadtplanung und Stadtgestaltung befas sen, d u rch offensive Bewusstseinsbildung einen Konsens d a rüber herbeizufüh ren, dass die von Ha nns Adrian a ufgezeigten Szenarien "Auslau gung der Stadt" und "Stadt der künstlichen WeI ten" nicht anzustreben sind. Ohne Zweifel sind jedoch Versuche, die Raumentwickl ung in diese Richtu ngen zu beeinflussen, u n ü bersehbar. Allerdings gehen d iese weitgehend von den Interessen derjenigen aus, die sich m it der Auflö sung traditioneller Stadtstruktu ren ökonomische Vorteile erhoffen, wä h rend die unterschied lichen Aspekte des Gemeinwohls bei d iesen Bestrebungen 5 0 gut wie keine Rolle spielen. Die beiden anderen von Hanns Adrian aufge zeigten Szenarien, die "bewahrte Stadt" und d ie "Stadt der kooperierenden Zentren", stellen hin gegen d i e Verkörperung des a ngesprochenen Leitbildes der europäischen Stadt dar. Allerdings ist wohl davon auszugehen, dass in einer groß17 Abb. 1 on .�WAHIITI ST"or ..�. WJ ......�. .� •. . ..•wj .. , Oll STADT o�n KONSTLICIUN WHU Iß Szenarien der Stadtentwicklung (Hanns Adrian 1998) städtischen Agglomeration das a uf Polyzentra lität a ufbauende Szenario 2 die einzige realisti sche Variante darstellt. Glücklicherweise hat sich in der Stadt- und Regiona lplanung die Erkenntnis 18 d u rchgesetzt, dass die heutige u n d künftige G roßstadt n u r noch in i h re r Gesamtheit a l s Stadtregion zu verstehen u n d z u gestalten ist erkennbar etwa an dem Motto der von den bei- den Plan ungsakademien ausgerichteten Tagung "Die Region ist die Stadt" im Jahr 1998.2 Dieses Motto drückt unmissverständlich aus, dass die Stadtregion mehr ist als die klassische Kernstadt, sondern d ie Summe der unterschied lichen stadtregionalen Siedlungselemente. Aller d i ngs scheint die emotiohale Aufmerksamkeit vorrangig der " h i storischen" Stadt zu gelten, n icht aber dem s u b u rbanen Raum m it seinen vielfältigen Siedl u ngsformen. So ist der suburba ne Rau m bzw. der Siedlungsra u m a ußerhalb der Verdichtungskerne vor allem m it negativen Attri buten belegt. So spricht Gerhard Henkel3 ableh nend von einem städtisch/ländlichen Raum und einer G rauzone d e r Stadtentwicklung. Für i h n besitzt d ieser Raumtyp weder d i e Vorteile des Dorfes noch der G roßstadt, sondern vere inigt dafür deren Nachteile auf sich. Auch wenn man diese negative Sichtweise nicht teilt, fällt es nicht i m mer leicht, Henkel zu widersprechen, weil die G estalt u n g des suburba nen R a u m s in der Tat erhebliche Defizite aufweist u n d vielerorts gekennzeichnet ist d u rch eine auffä llige lieblo sigkeit. A ußerdem fä l lt es gerade den j u ngen 2 Akademie für Raumforschung und Landesplanung/ Städten am Rande der G roßstadt nicht leicht, aus dem Schatten der dominierenden Kernstadt zu treten u nd selbstbewusst als städtisches Indivi duum aufzutreten. 4 I n diesem Zusammenhang kommt den neuen Stadtmitten der jungen Städ te a m Rande der Großstadt eine besondere funk tionale und a uch psychologische Bedeutung zu. Sie sollen i ntegrierend wirken, da mit sich die Menschen auch am Rande der Großstadt nicht nur mit der Region, sondern auch mit i h rer jewei ligen Kommune identifizieren können. Zu den Besonderheiten des suburba nen Rau mes gehört es, dass hier a uch ein großer Teil der "sperrigen I nfrastruktur" lokalisiert ist, die eine moderne Stadtgesellschaft braucht oder auf die sie nicht verzichten zu können glaubt. Die Rede ist von Flughäfen, Kongresszentren, Abfalldepo nien, Recycl inganlagen, Güterverkehrszentren, Gro ßkinos, Shopping-Ma lls, Spaßbädern, Golf plätzen, Vol lzugsa nstalten, Postfrachtzentren, Ra ngierba h n höfen und vielem a nderen mehr. Deutsche Akademie für Städtebau und Landesplanung (Hg.), Die Region ist die Stadt. Hannover 1999 (Forschungs und Sitzungsberichte 206). 3 Gerhard Henkel, Der Ländliche Raum. Stuttgart 1993, S.45. 4 Axel Priebs, Die jungen Städte im nördlichen Hambur ger Umland - Vorstädte oder eigenständige Stadtpersön lichkeiten? In: Geographische Rundschau 1990, S. 265-270. 19 Hier ist die von Adrian angesprochene Auflösung der Stadt bzw. der Stadt region i n eine Vielzahl künstlicher Welten teilweise schon Realität geworden - o h ne nach unserer Auffassung jedoch schon zu einer generellen "Auflösung der Stadt" geführt zu h a ben. Gerade d ieses Thema ist jedoch in den Wis senschaften, d i e sich m it der Stadt bzw. der Urbanistik befassen, in den 90er Jahren intensiv diskutiert worden. Im Mittelpunkt standen dabei die "Amerikanisierung" unserer StädteS und die Perspektive der Auflösung bzw. des Verschwin dens der europäischen Städte. 6 Gleichzeitig S 7 So die Titel von Tagungen und Publikationen; vgl. Zukunft Stadt 2000, Bericht der Ko mmission Zukunft Stadt 2000, Bonn 1993. Michael Bose (Hg.), Die unaufhaltsame Auflösung der Stadt 8 I nstitut für landes· und Stadtentwicklungsforschung in die Region? Hamburg 1997 (Harburger Berichte zur des landes Nordrhein-Westfalen (Hg.), Am Rand der Stadt, Stadtplanung, 9); und Thomas Krämer-Badoni/Werner Dortmund 1997 (llS·Schriften 106). Petrowsky (Hg.), Das Verschwinden der Städte; Universität 9 Thomas Sieverts, Zwischen stadt: zwischen Ort und 1997 Welt, Raum und Zeit, Stadt und Land, Braunschweig / Wies· Bremen, ZWE Arbeit und Region (Hg.), Bremen (Forschungsberichte, 8). 20 Insbesondere aber hat der Begriff der "Zwi schenstadt" a l s neue begriffliche Klammer für den weitgehend zersiedelten Raum i m engeren und weiteren Umfeld der klassischen Kernstädte für erhebliche Aufmerksamkeit gesorgt. Für Tho mas Sieverts, der diesen .Term inus 1997 in die Fachdiskussion eingeführt hat, ist die Zwischen stadt "weder Stadt noch Land, sondern hat Eigenschaften von beidem";9 er spricht von der "verstädterten Landschaft" oder der "verland- vgl. Walter Prigge (Hg.). Peripherie ist überall. Edition Bauhaus, Bd. 1, Fra n kfurt/New York 1998. 6 wurde die Gestaltung bzw. die Urbanisierung der Stadtränder thematisiert. Beispielsweise forder te d i e Kom mission "Zukunft Stadt 2000" i n i h rem 1993 vorgelegten Abschlussbericht eine "Urbanisierung des Umlandes" und die Schaf fung attraktiver Kernbereiche i n den Umlandge meinden. 7 Unter dem Titel "Am Rand der Stadt" veranstaltete das I nstitut fü r Landes- und Stadt entwicklungsforschung des Landes Nordrhein Westfa len im J a h r 1995 eine Tagung ü ber die "Ballungsrau m peripherie als Planungsschwer punkt kommunaler Stadtentwicklungspolitik". 8 baden 1997. schafteten Stadt". Allerdings versteht auch Sieverts selbst d i e "Zwischenstadt" eher a l s Z u standsbeschreibung d e n n a l s Leitbild. Viel mehr kritisiert Sieverts, dass die Kernstadtfixie rung der Stadtplanung den Blick auf die Realität i n den Verdichtungsrä u m e n verstellt habe; o bwohl ein großer Teil der Bevölkerung in den su burbanen Räumen lebt, sei d ie politische und pla nerische Gestaltungsa ufgabe, die i n der Zwi schenstadt liegt, bislang unterschätzt worden. Während der Begriff der Zwischenstadt von Tom Sieverts vor d e m H i ntergrund der realen Ra umentwicklung und Fachdi s kussion i n Deutschland geprägt worden ist, haben sich die räumlichen Muster in den nordamerikanischen Städten bereits i n einer a n deren Weise weiter e ntwickelt. Als nachfolgender Sch ritt d e r dort freilich i n ganz anderen Dimensionen und weit gehend ohne planerische Restriktionen ablau fenden S u b u rbanisierung m it e i n h e rgehender Verödung der Kernstädte haben sich dort an der Peripherie der Ballungsräume städtische Struk turen herausgebildet ("edge eities"), d ie sich aus dem Kontext der alten Kernstadt verabschieden u n d eigene, "postsuburbane" Strukturen heraus bilden. J ü rgen Aring stellt diese Entwicklungen i n seinem Beitrag über "Suburbia - Postsuburbia Zwischenstadt" im Zusammenhang d a r und g e ht der Frage nach, ob und inwieweit d iese n o rdamerika nischen Tendenzen a uch schon für die deutschen Stadtregionen Realität oder realis tische Perspektive darstellen.lO I n dem von Hanns Adrian vorgestellten Szena rio der "Stadt der kooperierenden Zentren" rich tet sich die Aufmerksamkeit nicht ausschließlich a uf d i e klassische Kernstadt, die wir vorrangig vor Augen haben, wenn wir an die "Europäische Stadt" denken. Sie umfasst vielmehr eine ganze Reihe weiterer stadtregionaler Siedlungselemen te, d ie in unterschiedlichen Epochen der Urbani sierung i n den fu n ktionalen Verflechtungsbe reich der Kernstadt einbezogen oder sogar von dieser - funktional und administrativ- integriert wurde. Bekanntlich hat ein großer Teil der kern städtischen S ubzentren wie auch der Zentren benach barter Komm u nen seine h istorischen Wurzeln in einem Dorf, i n einer Kleinstadt oder sogar - betrachtet man etwa Linden im heutigen Hannover oder Altona im heutigen Hamburg - in einer einstmals eigenständigen G roßstadt. 1 0 vgl. auch ausführlicher: Jürgen Aring, Suburbia - Post suburbia - Zwischenstadt, Hannover 1999 (ARL-Arbeitsma teriaI 262). 21 Ebenfalls bekannt ist das Phänomen, dass die pol itisch-administrativen G renzen n i rgendwo mit dem Wachstum d e r funktionalen Stadtre gion mitgewachsen sind. E ingemeindungen und kommunale Zusammenschlüsse konnten zwar jeweils besonders d rängende Nachba rschafts probleme lösen, als statische Elemente konnten die kommunalen G renzen jedoch nicht d ie Ent wicklungsdynamik der Stadtregionen a ufneh men oder einfach nachvollziehen. Bis heute bil den sich die funktionalen Stadtregionen fast nie a uch als administrative Ein heiten ab. Wie Axel Priebs in seinem Beitrag in diesem Band d a r stellt, stellen sich die administrativen Strukturen vielmehr in der Regel als kleinteilig und zersplit tert d a r. Die negativen Wirkungen werden besonders dadurch verstärkt, dass die adminis trativen Strukturen, etwa das Nebeneina nder oder Gegeneinander von Kernstädten und benachbarten La nd kreisen im Alltag u n d im Bewusstsein der Bevölkerung und der Wirtschaft längst überholte Stadt-Land-Gegensätze perpe tuieren. dass sich das Wachstum von Woh nsiedlu ngen (und damit Bevö l keru ngsza h len) u n d später a uch d e r Gewerbeflächen vor allem a ußerhal b der administrativen Grenzen der Kernstädte voll zog. Es verwundert deswegen nicht, dass die kommuna len Gebiets- u n d Verwa ltungsrefor men, d i e in allen "alten" Bundesländern i n den 60er und 70er Jahren mit hohem argumentati ven und administrativen Krafta ufwa nd vorberei tet und d u rchgefü hrt wurden, in der Ordnung d e r Stadtregionen ein besonders d rängendes Betätigungsfeld fa nden. Dabei w u rde parallel (und i n h a ltl ich eng verzahnt) die Neuordn u ng der kommunalen G renzen (d.h. der Kernstadt als a uch der Nachbarkommunen) und die Neuord nung der Stadtregion als Planungs- und Verwal tungseinheit diskutiert. Dieter Schimanke und Kla us-Achim Boesler kommen jedoch in i h ren Bewertungen der Gebietsreform zu dem ernüch ternden Ergebnis, dass trotz der i ntensiven Diskussion die Stadt-Umland-Probleme n u r sehr verhalten angegangen wurden bzw. kaum gelöst wurden.11 Auf der einen Seite waren großzügige territoriale Arrondieru ngen d e r Kernstädte bis hin z u r Bildung von Regionalstädten nicht mehr d u rchfü h rbar, andererseits blieb die Bildung neuartiger überörtlicher Verwaltungsstrukturen 11 Dieter Schimanke, Die Verwaltung von Verdichtungs� Die im Zeitalter des Wirtschaftswunders nach dem Zweiten Weltkrieg mit hoher Dynamik ein setzende S u b u rbanisierung hat dazu geführt, 22 räumen in der Bundesrepublik Deutschland, in : Die Öffent� liehe Verwaltung 1983, 5.704, und Klaus-Achim Boesler, Politische Geographie, 5tuttgart 1985, 5. 80. bestenfa l l s im Sta d i u m d e r B i l d u n g von P l a n u ngsverbänden stecken - ein Phä nomen, das nicht nur i n den Regionen Frankfurt und Kiel zu beobachten war, sondern auch im Großraum Hannover. Wäh rend die Kernstädte - oft mit G rollen meist nur bescheidene oder gar keine territoriale Erweiterungen erfuhren, entstanden am Rande der Großstädte n e u e kom m u n a l e E i n h eiten. Diese bildeten sich entweder um eine gewachse ne Kleinstadt herum (im Großraum Hannover sei a l s Beispiel die neue Stadt Neustadt am Rüben b erge m it 33 Ortsteilen außerhal b der Kernstadt erwähnt) oder solche, die aufgrund funktionaler Ü berlegu n gen a l s "Kunstgeb i lde" entstanden (im Großra u m H a n nover waren d a bei die so genannten Versorg u n gsbereiche, d i e der Ver band Großra um H a nnover ermittelt hatte, von besonderer Bedeutung). Diese j ungen Städte, die in den 60er und 70er Jahre im Zuge der Gebiets und Verwa ltungsreformen gebildet wurden, ste h e n i m Mitte l p u n kt d e r hier doku mentierten Tagung, d i e d i e Stadt Ga rbsen mit Unterstüt zung des Kommunalverbandes Großra u m Han nover im November 2000 durchgeführt hat. Der Aufbau der Tagung und dieserTagungsdokumen tation verfolgt dabei die Konzeption, in einem ersten Schritt d re i besonders chara kteristische Neubildungen der damaligen Reformphase a l s Individuen vorzustellen, bevor i n einem zweiten Schritt vertieft auf übergreifende Frageste l l u n g e n eingegangen wird. Manfred von Essen stellt in seinem Beitrag die Stadt Norderstedt dar, die 1970 am nördlichen Stadtrand H a m burgs entstanden ist und m i t e i n e m Schlag die fünftgrößte Stadt Schleswig Holsteins mit heute ca. 72.000 Einwohnerinnen und E i nwohnern wurde. Peter Dohms stellt anschließend das Beispiele der Stadt Meerbusch am Rande von Düsseldorf vor, die im selben Jahr gebildet wurde und heute ca. 56.000 Einwohne rin nen und Einwohner zählt. Während die beiden e rsten Beispiele a u s der S icht von H i storikern aufbereitet und bewertet werden, wird das Bei spiel der Stadt Garbsen im G roßraum Hannover von einem der Akteure, dem langjährigen Bau dezernenten Jens-Holger Göttner vorgestellt. Die Stadt Garbsen in i h rer heutigen Abgrenzung ent stand im Ja h r 1974, wobei dieser Zusammen sch l u ss bereits d urch a ndere kom m u n a le Zusammenschlüsse vorbereitet wurde. Heute ist Ga rbsen mit ca. 63.000 Menschen die größte Stadt im Landkreis H a n nover u n d ni mmt den 13. Rang im Land Niedersachsen ein. Die E ntste h u n g der Stadt G a rbsen wird anschließend noch einmal ausführlicher und his torisch zurückgreifend bis zur Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg a us dem B l ickwi nkel des 23 Historikers aufgearbeitet durch Christian Hepp ner. Wie auch schon im Vorwort von Bü rgermeis ter Wolfgang G a l ler zum Ausdruck gebra cht wurde, bildete d a s Dissertationsvorhaben von Christian Heppner den Nukleus der hier doku mentierten Tagung, die nicht zuletzt der Frage nachgehen will, ob die von Heppner für Garbsen nachgezeichneten und herausgearbeiteten Ent wicklungslinie n s inguläre Erscheinu ngen sind oder inwieweit diese ggfs. auch in den jüngeren Stadtbildu ngen a nderer deutscher Stadtregio nen aufscheinen. Die folgenden Beiträge beleuchten dann eine Reihe ü bergreifender Aspekte der j ü ngeren stadtregiona len Entwicklungen. Jochen Franzke, der kom m unale Gebietsreformen im Span nungsfeld von Demokratie und Verwa ltungseffi zienz analysiert, baut in seinem Beitrag auf den Ergebnissen der kom munalen Gebietsreformen der 60er und 70er Jahre auf u n d richtet sein Augenmerk schwerpunktmäßig auf die Gebiets reformen der 90er Jahre in den ostdeutschen Ländern. Detlef Briesen setzt den Akzent seiner Darstellungen auf die Frage der Zentrenbildungen 24 in den j ungen Städte und ana lysiert u nter die sem Aspekt d ie Entwicklung j u nger Städte in Nordrhein-Westfalen bis zur Mitte der 70er Jah re. Axel Priebs schließlich greift d ie schon angesprochene Frage der stadtregionalen Orga nisation auf. In seinem Beitrag arbeitet er die wesentlichen E ntwicklungsstufen in den bun desdeutschen Stadtregionen heraus, setzt aber auch einen regionalen Schwerpunkt bezüglich der Entwicklung im Großraum Hannover. Der letzte Teil des Bandes doku mentiert die Kernaussagen der im Rahmen der Tagung veran stalteten Pod i u m sdiskussion, in der regionale Akteure mit unterschiedlichem Erfahrungshin tergrund aus ihrer Sicht die Frage beantworten, ob das Leben i n j ungen Städten lebenswert ist. Nach einem Impulsreferat des Garbsener Baude zernenten Alexander Heuer, der d ie Ergebnisse des städtebaulichen Wettbewerbs zur "Neuen Mitte" für Garbsen vorstellt, folgen Beiträge des Bauhistorikers Sid Auffarth, der Superintenden tin Gisela Fähndrich und der Stadtplanerin Bar bara Zibell. Ziel der hier vorgelegten Dokumentation ist es, der wissenschaftlichen und planerischen Dis kussion zum so gena nnten subu rbanen Raum und zu den Potenzialen und Perspektiven der jungen Städte neue I mpulse zu geben. Dieser Band ist ein Bekenntnis zur europäischen Stadt verstanden a ls polyzentrische Stadtregion und als Gemeinschaft größerer u n d kleinerer selb- ständiger, jedoch funktional eng verflochtener kommunaler E in heiten. Diese polyzentrische Stadtregion - d ie Stadt der kooperierenden Zen tren - verstehen wir dabei bewusst als Gegen modell zur Auslaugung oder gar z u r Auflösung der Stadt. Diesen letztgenannten Szenarien, die H a n n s Ad rian so eindrucksvoll da rgestellt hat, wollen wir mit diesem Band eine Absage ertei len. Gleichzeitig wollen wir gerade d i e j ungen Städte am Rand der G roßstädte aufrufen, sich selbstbewusst als Glieder dieser stadtregionalen Gemeinschaft i h re u rbanen Mitten zu schaffen u n d dem Wildwuchs von Handel und Dienstleis tu ngen in "künstl ichen Welten" am Stadtra nd E i n halt zu gebieten. Die j üngeren Aktivitäten der Stadt Garbsen, insbesondere der soeben abge schlossenen Wettbewerb z u r Neuen Mitte, stellen ein ermutigendes Beispiel für selbstbe wusstes und solidarisches Handeln in der Stadt region gleichermaßen dar. 25 liegt nur in der gedruckten Fassung von "Junge Städte in ihrer Region" vor. J E N S HOLG E R G ÖTTNER Junge Städte am Großstadtrand: Das Fallbeispiel Garbsen 1. Ausgangssituation Die Betrachtung und Bewertung der Entwick l u ng d e r Stadt Garbsen bezieht sich auf den Zeitraum von 1974, dem Jahr der Gebietsreform, bis zum Ende der 90er Jahre. Die Verä nderungen vollzogen sich geradezu rasant, wobei sich der enorme Bevölkerungszuwachs i m Wesentlichen a uf d i e Gemeinden Berenbostel u n d Garbsen konzentrierte. Damit waren die G rundstrukturen d e r Sied l u ngsentwicklung und der z u kü nftigen Stadtentwicklung vorgegeben. Durch die Ge bietsreform wurden völlig heterogene Gemein d e n, nämlich hier ländliche und dort verstädterte O rte, die n u r die räu mliche Nähe untereinander und z u m Oberzentrum Hannover miteinander verband, zu einer e i n heitlichen Gemeinde, die d a mals schon Stadtrechte hatte, aber i m tradi t i onellen S i n n e keine Stadt wa r, zusammen gefasst. So entstand im Jahr 1974 als eine Art Retortenschöpfung d ie einwohnermäßig größte Stadt im Landkreis Hannover. 1 1 Damit verbunden waren erhebliche Proble me, aber zugleich auch riesige Chancen, die die Entwicklung der Stadt bis heute prägen. Der Dual i s m us der einerseits d u rch die forcierte Woh n ungsbauentwicklung und a nd ererseits d u rch d i e begrenzte Infrastrukturentwicklung, Abb.l Zur Entwicklung vor 1974, insbesondere zum Zusammenschluss der Gemeinden Garbsen u nd Havelse zur Großgemeinde (19671 und zur Stadt (1968) vgl. den aus führlichen Beitrag von Christian Heppner in diesem Band. Umgebungsplan der Stadt Garbsen (Entwurf: Gutsehe, ca. 1 998) 85 d i e beständig Ja h re h interher h in kte, geprägt war, verschä rfte d i e Herausforderungen und Ansprüche an d i e Entscheidungsträger. Aber welche Alternative bestand tatsächl ich fü r die damals Verantwortlichen? Die Beseitigung der Kriegsfolgeschäden in Hannover, die Verände rung der Aufgabenverteilung in den Landkreisen Abb. 2 um Hannover waren die Vorgaben für d i e sich dann vollziehenden Entwicklungen und Anforde rungen an den Raum Garbsen. "Konsum"-laden in provisorischem Gebäude, März 1965 (Foto: R. Garbsen-Auf der Horst: Typische Wohnzeile. Im Vordergrund Die Lösung der Wohnungsnot, die Beseitigung der zum Teil erbärmlichen sozialen Verhältnisse hatten nur eine Priorität, den Wohnungsba u . Kennzeichnend f ü r d iese Entwicklung ist d e r Stadttei l "Auf der Horst". Auf der G rundlage eines interkom m unalen Vertrags der Gemeinden Garbsen und Havelse, des Landkreises Neustadt a. Rbge. und der Landeshauptstadt ist er eine planerische Schöpfung der Stadt Hannover, errichtet in Garbsen und gebaut in Plattenbau weise - also einer industriel len Fertigungs methode, d i e in kurzer Zeit neben einer ange messenen q ua litativen Ausstattung eine hohe quantitative Leistung hervorbringen sollte - was auch i m Ergebnis gelang. 86 Guthmann, Stadtarchiv Garbsen) Dabei blieb weder Zeit noch Kraft, zudem war a uch d i e erforderliche Finanzausstattung nicht gegeben, um weitere Infrastru kt u rvorhaben umzusetzen. Dies blieb zukünftigen Entschei d ungen vorbehalten, mit der Konsequenz, d i e entstandenen Puzzletei l e z u e i n e m Ganzen, wenn möglich zu einer Ein heit, zusam men zu fügen. Historisch gesehen war d ies mit der Gebiets reform sogar in einem gewissen Maße erfolgt. Ohne, dass sich der Gesetzgeber darüber bewusst gewesen ist, wa r m it Besch luss des Landtages zur Bildu ng der Stadt Ga rbsen das alte Amt Ricklingen, das bis 1852 existiert hatte, in seinen Abgrenzungen im Wesentlichen wieder entstanden.2 2. Strukturelle Probleme Die Lage der Stadt Garbsen im G roßra u m H a nnover u n d i n direkter Nachbarschaft z u r Lan desh a u ptstadt ist als gut zu bewerten. D i e u n m ittelbare Ä.nbi n d u n g a n d i e Autobah n A 2 u n d ü ber d i e Eckverbindung A 3 52 a n d i e A 7 sowie die. B 6 sind Standortvorteile, die n u r noch die Stadt Langenhagen gleichermaßen a ufweist. Auch die Nähe zum Flughafen und der zwischen zeitlich erfolgte Stadtbahna nschluss begünsti gen die Lage in der Region. Der fehlende Bahnan sc.h luss wird h ingegen - a uch h insichtlich der G rößenord n u ng der Stadt - als d a uerhafter N achtei l sein e Wirkungen haben. Trotz dieser Lagevorteile, d ie d i e Stadt insgesamt a ufweist, hat sie n i e eine vergleich bare wirtschaftliche E ntwicklung wie beispielsweise die Städte Lan genhagen, Lehrte, Laatzen oder a uc h Neustadt gehabt. Vielmehr war d i e Arbeitsplatzausstat tung von der Größe her dörfl ich, so dass lange Zeit Garbsen nur als Vorort von Hannover galt oder wie N D R-Reporter - herablassend aus Lan deshauptstadtsicht - n u r von der Sch lafstadt sprachen: Als wenn Garbsen n u r das kalte Schlaf z i m me r der schönen u n d warmen Woh n u ng H a n novers wäre. Das Vorurteil stimmte schon damals nicht. Das Bewusstsein, den Lagevorteil z u nutzen, erfolgte erst zu Beginn der 80er Jahre, 2 Der heutige Stadtteil HeitJingen gehörte zum Amt la ngen hagen und bis 1974 zum landkreis Hannover. nachdem die d r i n gendsten P robleme, die i m Zusammenhang mit dem rasanten Woh n ungs a n stieg a n standen, im Wesentlichen gelöst waren. Von da an war eine kontinu ierliche u n d ü berproportionale Zunahme von Arbeitsplätzen zu verzeichnen, d ie sich ü ber viele Jahre verfes tigte. Auch diese Entwicklung beförderte die Stadt werd u ng, n icht n u r der Woh nra um, sondern auch die Arbeitsstätten wurden Teil d e r Sied l u n gsstruktur. Die I nfrastrukturausstattu ng im privaten u nd öffentlichen Bereich war n u r bedingt oder gar nicht entwickelt. Das galt u.a. für Kindergärten, Schu len, Einzelhandel, Gesund heitsversorgung, Gastronomie, Dienstleistungen ete. Alles, was an herkömm licher Ausstattung für d i e G röße d ieser Stadt n icht vorhanden war, wurde überwiegend in Hannover oder der vor m aligen Kreisstadt Neustadt a . R bge. nachge fragt. Damit war ein Kaufkraftverlust verbunden, der eine eigene wirtschaftliche Entwicklung der Stadt verhinderte. Trotz aller Vorgaben u n d ra umord nerischer Steuerungsinstrumente konnte d i e Stadt im Wettbewerb m it den a nderen Kom m u ne n im 87 Raum nur bed i n gt bestehen, s o dass zunächst die Vervollständigung und Ausdifferenzierung der öffentlichen sowie privaten Infrastruktur Vorrang hatten. Dabei wurden sowoh l die länd lichen wie. die verstädterten Stadtteile gleicher ma ßen gefördert, um sowohl intern, a l s auch extern die Wachstumspotentiale zu stärken. Letztl ich hat diese Entwicklung dazu beigetra gen, dass trotz der schwierigen Ausgangslage, in der sich Garbsen Mitte der 70er J a h re befand, die Finanzäusstattung verbessert und damit not wendige, a ber i mmer wieder zurückgestellte Maßnahmen zur Verbesserung der Stadtstruktur umgesetzt werden konnten. Die sozialen Probleme, mit denen die Stadt seit ihrer Gründung zu tun hat, sind nicht in i h rer Ausprägung, aber in i h rer Dimension einzigartig. Im Wesentlichen waren dies über die Wohnungs· bauentwicklung durch die Stadt Han nover exportierte Soz i a l p robleme. Dass das schon damals ein gravierendes Problem war, zeigen die dazu getroffenen Regelungen in dem damaligen interkommunalen Vertrag, in dem die Stadt Han nover s ich verpflichtete, bei der Ausübung der Belegungsrechte für die Wohnungen für einen B8 sozialen Ausgleich zu sorgen. Was d ies letztlich auch immer sein mochte, die Zah l der Sozialhilfe empfänger stieg von J a h r zu Jahr und ein Aus gleich war nicht mehr erreichbar. Ein Problem für Garbsen, das für lange Zeit gar das Image prägte, auch wen n es nur in Teilen der Realität ent sprach. Mit der steigenden Arbeitslosigkeit seit Ende der 7Der Jahre, der Abhängigkeit von der Auto mobilindustrie und der damals unterproportio nalen Arbeitsplatzausstattung wurde die Stadt mit einem weiteren sozialen Problem ü berpro portional belastet. Die Zuwan derung von Aus siedlern, Asylbewerbern und der durch die inner deutsche G renzöffnung bedingte Zuzug Ende der 8Der Jahre verschärfte die soziale Lage. Sie führte nicht nur im Bund, sondern auch in der Stadt zu hitzigen D i s kussionen, wie ma n den Zuzug steuern könne. Auch wenn Mitte der 8Der J a h re noch Überle gungen angestellt worden waren, ob man einige Hochhäuser abreißen sollte, wurde d a n n kurz fristig der soziale Wohnungsbau auf neue Rekordhöhen wieder hochgefa h ren. Innerha l b von vier Ja hren nahm die Bevölkerung der Stadt um rund zehn Prozent auf 63.000 Einwohner zu. Alle Prognosen, d i e bis dahin a l s seriös galten, waren nun zu Makulatur geworden - und damit auch ein Teil der so genannten behutsamen und langfristig angelegten Stadtentwicklung. 3. Stadtgefüge Das Gefüge der Stadt ist geprägt d u rch eine b i polare Stru ktu r einerseits der ehemaligen Gemeinde Berenbostel und andererseits der ehe m aligen Stadt Garbsen, die räu mlich durch das D reieck zwischen A 2 und B 6 getren nt waren und auf das keine der beiden Kommunen beson deren Anspruch erhob oder gar m it Entwick l u ngskonzepten belegte. Um d iese Sied l u n gs struktur herum bilden die ländlichen Stadtteile einen Ring, der nur mit zwei Ausnahmen baulich verknüpft ist. Damit ist klar und eindeutig vorge geben, dass d ie Stadt als einheitliches Siedlungs gefüge n icht existiert und auch dem historischen Beispiel einer konzentrischen E ntwickl u ng um eine Altstadt, bestehend aus Rathaus, Kirche, Markt und B ü rger h ä u sern, n icht folgen ka n n . Ohne diese Leistung wäre die Vermittlung der Idee "Stadt Garbsen" gegenüber der Bevölkerung n icht möglich gewesen. Natürlich ist dies a u ch ein Prozess über jetzt eine Generation h inweg, der a ber noch l ä n gst n icht beendet ist. Inzwi schen hat die Stadt Garbsen im Bewusstsein der eigenen Bevölkerung, aber a uch unter den Akteu ren im Großra u m, einen N a men - und gewiss nicht mehr den schlechtesten. 3 Die Stadtwerdu n g ist trotz ma ncher Kritik u nd Zurückhaltung d u rch die politisch Vera nt wortlichen konstruktiv begleitet u nd entschie den worden. Die Einrichtung der Orts räte, die das Abbild der Kommu nalstruktur vor der Gebietsre form sind,3 sowie deren gleichberechtigte Einbe ziehung in die Arbeit der Stadtratsfraktionen hat d a s notwendige Vertrauen und d ie erforderliche Akzeptanz geschaffen, die für die Stadtwerdung, a ber auch für die Identifikation m it der Stadt erforderlich waren. 1968 kam es zu mehreren kommunalen Zusammen schlüssen im heutigen Stadtgebiet Garbsen und Havelse. seit 1967 zur Großgemeinde vereint, erhielten die Bezeich n u ng "Stadt"; für diesen Bereich ist heute der Ortsrat Garb· sen zuständig. Horst, Meyenfeld, Frielingen und Schloss Ricklingen wurden zur Samtgemeinde Horst zusammenge schlossen, der Bereich fällt in die Zuständigkeit des Ortsrats Horst. Osterwald Oberende und Osterwald Unterende ver einigten sich ebenfalls 1968 zur Samtgemeinde; der heutige Ortsratsbereich umfasst außerdem Heitlingen. Berenbostel und Stelingen beabsichtigten die Bildung einer Ein heitsge meinde und leiteten erste Schritte dazu ein, jedoch kam es nicht zu einer kommunal rechtlich gültigen Vereinbarung. Für die beiden heutigen Stadtteile ist der Ortsrat Berenbos- tel zuständig. 89 4. Stadt als soziale Veranstaltung Die Betrachtung u n d Bewertung einer Stadt erfolgt jeweils aus dem Blickwinkel des Be trachters. Das gilt insbesondere für diejenigen, die sich beruflich damit beschäftigen, wie z.B. Stadtplaner oder Architekten. Orientiert a n Ent- Abb. 3 Die Stadtteile Garbsens (Entwurf: Gutsehe, ca.19g8) 90 wü rfen, Plä nen oder gar Weltansch a u u ngen werden Quartiere, Stadträume oder sogar ganze Städte entworfen. I n der Architekturgeschichte gibt es dafür positive und damit auch nachhalti ge Beispiele, die geradezu durch die Bewohner in Besitz genommen worden sind, a ber ebenso auch negative. Selten ist der Betrachter a uch der N utzer, und deswegen wird häufig a uch überse hen, dass - jenseits der eigenen Vorstellungen die Stadt ein sozia les und kei n städteba u lich abstraktes Gefüge ist. Ginge es nach den Vorstell ungen der Mehr heit unserer Bevölkerung, hätten wir vornehm l ich das E i nfami lienhaus im Quad rat. Selbst architektonisch hervorragende Beispiele begei stern n u r eine Minderheit. Auch die Ansprüche an Gru ndriss und Ausstattung werden n u r bedingt.den Beifall der hier Anwesenden finden. Und trotzdem müssen wir u n s bewusst sein, dass die Menschen i h re Wohn ungen, i h r Wohn umfeld, i h re Stadt a nnehmen müssen, das heißt, i h re Vorstell ungen in den sozialen Prozess von Stadtwerd ung einbri ngen. Allein der Bevölke rungsdruck, der auf dieser Stadt gelastet hat, hat Lösungen geradezu erzwungen. Wären sie ver weigert worden, wäre es zu einem Dammbruch gekommen. Auch d ie Wi rtschaft hat i h re Betrachtungs weise, nämlich die der Effektivität und der Renta bilität. Diese Ziele sind nicht immer gleich den städtebau l ichen Zielen. I nsoweit bedarf es eines Abgleiches, einer Ord n ung, um Schaden zu ver meiden. Jedoch werden überhöhte Grundstücks preise und u n kalkulierbare Auflagen Investitio nen verhindern und damit neben den negativen Wirtschafts- und Arbeitsplatzeffekten a uch die Ordnung des städtischen Rau mes u nmöglich machen. Die These, im innerstädtischen Bereich Räume u ndefiniert freizuhalten für zukünftige Entwicklungen, hat bisher n icht funktioniert. Der Herausforderung, der die Stadt Garbsen siCh bis heute stellen muss, ist, wie sie konkret i h r Siedlungsgefüge ordnen will und wie sie auch im Bewusstsein d e r Bewohner als ein heitl iche Stadt wahrgenommen wird. Die klassische, his torische Stadtstruktur, die im Hinterkopf als per manente Vorlage vorhanden ist, war nicht reali sierbar, so d ass a ndere Lösu ngen gefu nden werden m ussten. Das u n beplante Dreieck zwischen A 2 und B 6 war hinsichtlich d e r Raum- und Naturausstat t u n g d i e Initi a l z ü n d u n g für d i e "Grüne Mitte Ga rbsen", um so a uch Identifikationen über den n e u en Stadtteil Garbsen-Mitte hinaus zu entwickeln. Zudem ist d ieser Bereich a uch d ie geographische Mitte, so dass sich die Zentrums entwicklu n g hier geradezu a nbot. Auch die U ntersuchungen zum Rathausstandort h a be n dies deutlich bestätigt. Die Entscheidung, Grün stru kturen, G rünord nungselemente, Teiche und Wasserlä ufe z u vernetzen u n d d a m it die Zentrumsbildung ZU befördern, scheint zunächst im Widerspruch z u m Anspruch einer städteba u lichen Ord n u ng zu stehen. Z u m i ndest in der j ü n gsten Tra d ition der Bundes- und Landesgar tenscha u e n sind d ie G rü ndord n u ngsmaßnah men z u struktu rbildenden Maßnahmen der Stadtentwickl ung geworden. Und von daher hat sich d i e Stadt Ga rbsen damals auch nicht umsonst um die Ausrichtung der Landesgarten schau in N iedersachsen beworben, die d a n n d u rch d a s La nd a b e r nicht m e h r d u rchgeführt wurde. Abb. 4 Erste Anlagen im entstehenden Stadtpark Garbsen, Teich und Baumlehrpfad, 1995 (Foto, Bruno Austen) 91 Die Entwicklung der Stadt als räumliche Ein heit ist noch l ä ngst nicht abgeschlossen. Aber durch die Entwicklung, die seit den 60er Jahren erfolgte, wird deutlich, dass die Struktur in ihren Grundzügen l ä ngst vorgegeben ist und dass die noch zu beplanenden Bereiche die Scharn ier fu n ktion zwischen den Stadtteilen so wahrge nommen werden muss, dass daraus tatsächlich eine auch im Bewusstsein der Bevölkerung ein heitliche Stadt in ihrer Vielfältigkeit wird, zumin dest was den Kernbereich anbetrifft. 92 C H R ISTIAN H E P P N E R Eine neue Stadt entsteht. Urbanisierung und städtisches Leben i n Garbsen 1945-19751 Die E ntstehung dieser Stadt ordnet sich ein in den starken Suburbanisierungsschu b der deut schen Nachkriegszeit. Angetrieben durch Bevöl kerungsvermehrung, Wirtschaftswachstum und ' Automobilisierung, brachte er nicht nur ein wei- 1. Einleitung Die Stadt Garbsen am Rande der niedersäch sischen Landeshauptstadt Hannover entstand in den J a h ren um 1970 d u rch den Zusammen ' s c h luss von ursprünglich elf selbständigen Gemeinden. Die Errichtung einer Großsiedlung durch die Stadt Hannover - heute der Garbsener Stadtteil ,Auf der H orst' - gab 1967/68 den An lass, die a ngrenzenden Orte Ga rbsen und Havelse mit dem Neubaukomplex zu einer Dop pelgemeinde zu vereinen und zur Stadt zu erhe ben. Die n iedersächsische Verwa ltungs- und Gebietsreform brachte 1974 den Zusammen schluss mit den übrigen, bis auf d ie Gemeinde Berenbostel ländlich geprägten Orten zur heuti gen Stadt.2 teres Vordringen städtischer Verhältnisse "in die Fläche", sondern auch ein völlig neues Bild von Stadt hervor. Es hat sich inzwischen a l s ,Zwischenstadt' oder ,Post-S u bu rbia' eine feste d u rc h verschiedene Bezeichnungen kenntlich gemacht. Dabei steht , (Alt-) Garbsen für die bis 1966 bestehende, alte Dorfge meinde "Garhsen", 1 Grundlage des Textes ist ein vom Autor seit 1999 unter gleichem Titel d urchgeführtes, zeitgeschichtliches Disserta· , (Havelse-) Garbsen für die 1967 gebildete, 1968 zur Stadt erhobene Großgemeinde "Garbsen", und tionsprojekt. Betreuung: Prof. Dr. Adelheid v. Saldern, Uni , Garbsen für die 1974 gebildete, heutige Stadt "Garbsen". versität H a nnover, Historisches Seminar und Dr. Sid Auf� Die ehemaligen Ga rbsener Teilgemeinden haben ihre farth, Universität Hannover, Fachbereich Architektur, Namen als Ortstei lbezeichnung beibehalten. Neu einge· Institut für Bau- und Kunstgeschichte. führt wurde lediglich die Bezeich nung "Altgarbsen" für den 2 Zum besseren Verstä ndnis werden d i e unterschied· lichen Stufen der kom mu n a l e n Entwicklung Garbsens Bereich des früheren Dorfs (Alt-) Garbsen im heutigen Stadtgebiet. 93 Abb. l OtiernlJagen :_ _--- '. Resse \:\<, , !-- •• , , Entwicklung der Ortsteile : ... bis 1900 Die Stadt Garbsen seit 1974. Eingerahmt: d i e GroßsiedJung Garbs<en· (Karte, W. Kaemllng) 94 _ bis 1977 ,Auf der Horst', .im Südosten die Landeshauptstadt Hannol{er Position in der stadtplanerischen Diskussion erobert.3 Garbsen wa r - und ist - e i n Musterbeispiel d i e ser Entwicklung: ein schwer zu erfassendes Durchei nander aus dörflichen und städtischen Siedlungskernen, geschützten Landschaftsstrei fen und pulsierenden Hauptverke h rsadern, Wohn- und Gewerbegebieten, eine Kommune oh ne Zentrum und klar erkennbare G renze zur benachbarten Großstadt, aber mit vielen Anlauf punkten und "versteckten" Qual itäten. Ökono misch u n d sozial vielfältig auf die Landeshaupt stadt bezogen, wird d ie über 60.000 Einwohner große Stadt bis heute von einer überaus hetero genen Bevölkerung aus alteingesessenen Dorf bewohnern, ehemaligen Weltkriegsflüchtlingen, h a n noverschen Industriearbeitern, woh lhaben den G roßstadtemigranten, ausquartierten Sozi a lfä llen sowie deren Nachkommen bewohnt. Konnte es überhaupt gelingen, hieraus ein ein h e itliches städtisches Gemeinwesen entstehen zu lassen? Und was bedeutete ferner eine solche Stadtwerdung unter Verhältnissen, in denen die "U rbanität" selbst i n die Krise geraten schien?4 Ga rbsen entstand zu einer Zeit, als vorstädtische E i n kaufszonen n icht m e h r als öffentliche Geschäftsstraßen, sondern als private E i nkauf zentren rea lisiert wurden, als pla nerische AII ma chtspha ntasien und -möglichkeiten ganze Stadteile " a u s einem G uss" entstehen ließen, neue Massenmedien und Konsumangebote die kulturellen Unterschiede zwischen Stadt u n d Lan d weiter einebneten u nd, in d e n J a h ren u m 1968, d i e Insignien klassischer, bürgerlich-städti scher Bildung und Kultur in Frage gestellt wur den.5 4 Vgl. Edgar Salin, Urbanität, i n : Deutscher Städtetag (Hg.), Erneuerung unserer Städte, Köln 1960 (Neue Schriften des Deutschen . Städtetags, Heft 6), ferner etwa die Kritik von Jane Jacobs, Tod u nd Lehen amerikanischer Städte, Gütersloh 1963: Alexander Mitscherlieh, Die Unwirtlichkeit unserer Städte. Anstiftung zum Unfrieden, Frankfurt 1965; oder Edith Pfeil, Großstadtforschung, 3 Vgl. Thomas Sieverts, Zwischenstadt, 1997 (Bauwelt Hannover 1972. Fundamente 118), und J ü rgen Aring, Suburbia - Postsubur 5 Vgl. dazu im Ü berblick Axel Schildt, DetlefSiegfried, Karl bia - Zwischenstadt, 1999. Siehe dazu auch den Beitrag von C. lammers (Hg.), Dynamische Zeiten. Die sechziger Jahre in Jü rgen Aring in diesem Band. den beiden deutschen Gesellschaften, H a mburg 2000. 95 Eine Untersuchung der urbanen Entwicklung dieser Stadt, das lassen die eben gen a nnten Stichworte erkennen, kann sich nicht auf Bevöl kerungszahl, städteba u l ichen Ausd ruck, Wirt schaftskraft u n d Zentralität in der öffentlichen Versorgung beschrä nken. Sie m u s s a u c h a uf Aspekte von Bi l d u n g, von städtischen Freizeit und Kulturformen, eben von "städtischem Leben" bezogen werden. Die Geschichtswissensch aft ist allerdings n ach der vorsichtigen Erfassung der SOer Jahre gerade erst dabei, den Zeitrau m der 60er u nd frühen 70er Jahre mit ihren Mitteln z u erschließen.6 Auch die Stadtgeschichtsforschung hat sich hi nsichtlich dieser Epoche bislang a uf die Erforsc h u n g einzelner Phänomene v.a. i m Bereich des Woh n ungs-, Siedlungs- u n d Städte baues beschränkt und dabei vornehmlich Groß und Mittelstädte im Blick gehabU J u nge Städte, noch d a z u i m s u bu rbanen Rau m, haben s ich dagegen n u r einer geringen Aufmerksamkeit erfreut, galt doch die Urbanisierung - verstan den als Wandel von einer überwiegend a uf dem Land zu einer überwiegend in Städten lebenden Bevölkerung und als D u rchsetzu n g einer städ tisch orientierten Lebensweise a uch a uf dem Dorf - ohnehin eher als e i n Phänomen des 19. J a h r h underts.8 Ähnliches lässt sich, was das historische Forschungsinteresse angeht, schließ lich auch für die Gebietsreform sagen, obwohl diese sowohl für die Praxis kommunaler Verwal tung u n d Polit i k als auch für die Entste h u ng neuer Städte i n der bu ndesdeutschen Nach- 7 Vgl. z.B. Klaus v. Beyme u.a. (Hg.), Neue Städte a u s Rui nen. Deutscher Städtebau der Nach kriegszeit, München 1992; Ulfert Herlyn, Adelheid v. Saldern, Wulf Tessin (Hg.), Neubausiedlungen der 20er und 60er Jahre, Frankfurt a.M. 1987; Adelheid v. Saldern (Hg.I, Bauen und Wohnen in Niedersachsen während der fünfziger J a h re, Hannover 1999; sowie im Ü berblick Horst Matzerath, Stand und Leistung der modernen Stadtgeschichtsforschung, in: J. J. Hesse (Hg.), Kommunalwissenschaften in der BRD, Baden Baden 1989. 8 1n den bereits älteren, aber noch immer grundlegenden Ü bersichtsdarstellungen von J. Reulecke, W. R. Krabbe und H. J . Teuteberg wird die (Sub-I Urbanisierungsphase der Nachkriegszeit nur a m Rande erwähnt. Vgl. Wolfgang R. Krabbe, Die deutsche Stadt im 19. und 20. Jh. Eine Einfüh rung, Göttingen 1989; J ü rgen Reulecke, Geschichte der 6 96 Vgl. z.B. Ebd., sowie Axel Schildt: Moderne Zeiten. Frei Urbanisierung in Deutschland, Frankfurt 1985; Hans Jürgen zeit, Massenkultur und Zeitgeist in der BRD der fünfziger Teuteberg (Hg.), Urbanisierung im 19. und 20. Jahrhundert. Jahre, Hamburg 1995. Historische und geographische Aspekte, Köln 1983. kriegsgeschichte eine entscheidende Rolle gespielt hat.9 I m folgenden Beitrag soll exemplarisch nach gezeichnet werden, wie die Urbanisierung eines stadtnahen Raums i n der Nachkriegsära abge la ufen ist, welche Faktoren zu der eigentlich eher ü berraschenden komm u n a l rechtJichen Formie ru n g und Stadtwerdung Garbsens beigetragen h a ben u n d mit welchen Startvoraussetzungen d iese Stadt in ihre weitere Entwicklung eingetre ten ist. Dabei soll gezeigt werden, dass d i e niedersächsische Verwaltungs- u n d Gebietsre for m nicht erst bei i h rem Abschluss 1974, son dern schon während des ganzen davor liegenden u n d fü r d ie Garbsener Stadtbildung zentralen Jahrzehnts einen erheblichen Einfluss auf diesen Prozess ausgeübt hat. Ferner soll - insbesondere a m Beispiel der Großsiedlung ,Auf der Horst' der Frage nachgegangen werden, welche Bedeu tung die E i nlösung des mit der Stadtwerdung auf sich genommenen Anspruchs auf "Urban ität" für die Entwicklung einer gemeinsamen und städti schen Identität in Garbsen gewonnen hat. Unge achtet der Tatsache, dass auch der länd liche Raum durch die Suburbanisierung einschneiden den Verä nderu ngen unterworfen ist, 10 werden d a h e r d i e am meisten verstädterten Ortsteile Altgarbsen, Havelse u n d ,Auf der Horst' i m Mittelpunkt dieses Beitrags stehen. Zeitlich kon zentriert er sich auf die Jahre von 1945 bis 1975. Dass die Urbanisierung im Raum Garbsen aller dings einen viel längeren zeitlichen Vorlauf besitzt, soll im Folgenden kurz erläutert sein. 10 In diesem Sinne ist auch auf der Garbsener Tagung ,Junge Städte i n ihrer Region' z u Recht darauf verwiesen worden, dass jene Prozesse, die die Entwicklung einer 9 Die Verwa ltungs- u n d Gebietsreform ist bislang v.a. gemeinsamen und städtischen Garbsener Identität voran Thema politik- und verwaltungswissenschaftlicher Arbeiten trieben, mit dem Verlust einer ländlichen und ortsbezoge gewesen. Vgl. dazu einführend Eberhard Laux, Erfahrungen nen Identität verbunden waren. Auf der Ebene von menta und Perspektiven der kommunalen Gebiets- und Funktio len Strukturen und kulturellen Traditionen ist Urbanisie nal reform, i n: Roland Roth, H. Woll mann (Hg.), Kommunal rungsgeschichte somit stets auch als eine Verlustgeschichte politik, Bonn 1999. zu begreifen. 97 2. Kontinuitätslinien der Suburbanisierung d i e ,klassische' U rb a n isierungsphase im Raum Garbsen Das G a rbsener Beispiel zeigt exe m p l a risch, dass die nach dem Zweiten Weltkrieg beschleu nigte U rbanisierung stadtnaher Räume u nm it- tel b a r an frü here Veränderungen a n k n ü pfen konnte. Die Stadtwerdung G arbsens baute auf einem Urbanisierungsprozess a uf, der i n den drei südöstlichen, H a nnover zugewandten Ortsteilen Berenbostel, Havelse und (Alt-) Garbsen schon in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts eingeleitet worden war. Agrarisch-dörfliche Elemente waren d a bei um gewerblich-industrielle ergänzt wor den. Dazu hatten Ziegeleien und später a uch Ka lksteinwerke beigetragen, die für den hanno verschen Markt produzierten; ferner Siedlungen von Arbeitern, d ie hier und in Nachbargemein den entlang der B a h n l i n ie H a n nover-Seelze Beschäftigung gefu nden h atten.ll Diese Ent- wicklung wurde noch verstärkt, als sich nach der Errichtung von Mittelland ka n a l (1916) und Reichsautobah n (1938) am Kreuzungspunkt d i eser Verkehrswege m it der heutigen B u ndes straße 6 u n m ittel b a r südöstlich G a rbsens weitere Industriebetriebe ansiedelten, etwa der G u m m i- und Reifenhersteller Continental AG oder das Batteriewerk der heutigen Varta AG. Der Ga rbsener Südosten profitierte somit in seiner Entwicklung von topogra phischen Gege benheiten und natürlichen Ressourcen ebenso wie von einer industriellen Randwanderung h a n noverscher Betriebe, die durch innerstädtischen Platzma ngel und neue Verkehrsei n richtungen a ngeregt wurde,12 Das mit der Industrialisierung einsetzende Bevölkerungswachstum entwickelte in Beren bostel, Havelse und (Alt-) Garbsen d i e größte Dynamik: fast drei Viertel (71 Prozent) des Gesa mtgarbsener Bevö l kerungszuwachses von 1821 bis 1939 entfielen auf diese drei Orte. 1939 beherbergten sie bereit s knapp die Hälfte aller 12 Von den genannten G roßbetrieben hatten die Conti nental AG, die Firma Riedel de Häen, das Eisenbahnausbes serungswerk leinhausen und der Rangierbahnhof Seelze/ letter vor herige i n n e nstadtnahe Standorte aufgegeben 11 Hierzu sind d a s 1878 eingerichtete Eisenbahnausbes serungswerk in leinhausen, das 1902 eröffnete Chemie werk Riedel d e Häen in Seelze sowie der seit 1909 beste hende Rangierbahnhof bei Seelze und letter zu zählen. 98 oder ergänzt. Für die Führung von Autobahn und MitteI landkanal durch den Raum Garbsen waren u,a. die hier ver laufende leineniederung un d die Geestkante mit ihren weitgehend ebenen Geländekonturen entscheidend. Ga rbsener Einwohner. 1 3 Arbeiter, auch Ortsfrem de ( Saisonarbeiter) waren in diesen sonst noch i m mer landwirtschaftlich bestimmten Ortschaf ten zu einem festen Bestandteil der Sozialord nung geworden - eine Tatsache, die die tiefgrei fende Veränderung der dörflichen Sozialstruktur in der Nachkriegszeit erleichtert haben wird. Da d i e drei Dörfer d u rch die Eingemeind ung von Nachba rorten nach Hannover inzwischen a uch sel bst un mittelbare oder mittelbare Stadtrand gemeinden geworden waren, 1 4 wurden sie i n d e n 30er J a h ren bereits z u m han noverschen "Großsied lungsra u m " gezählt und in eine ü ber das Stadtgebiet h i n a u sgreifende Siedlungspla nung einbezogen. 1s Die Entwicklung im Südosten stand in merkli chem Gegensatz zu der in den übrigen Garbsener Dörfern: Sie hatten einen geringeren Wandel der dörflichen Sozialstruktur u nd einen schwächeren Bevölkerungsanstieg zu verzeichnen. Besonders d e utlich zeigte sich die Gewichtsverschiebung innerhalb des Ga rbsener Sied l u ngsgebiets im Bedeutungsverl u st der ehemals zweitgrößten Gemeinde Ga rbsens, Schloss Ricklingen. Der Ver waltungsmittelpunkt des früheren ( und mit dem 1 3 Der Anteil dieser drei Orte an der damaligen Garbsener Gesamtbevölkerung betrug 48 Prozent, vgl. Statistischer überwiegend auswärts und nicht-agrarisch arbeitender Viertelj ahresbericht Hannover, Sonderband 1988, S. 26 f. Bevölkerung zuzuordnen. Mit Rücksicht auf die Expansions 1 4 Eingemeindet wurden die an Berenbostel grenzende pläne der Großstadt wurden 1934 neben den Gemeinden Gemeinde Stöcken 1907 sowie der Berenbostel und Havelse des Land kreises Hannover offenbar auch die im Landkreis benachbarte Gutsbezirk Marienwerder 1928. I h n trennten Neustadt gelegenen Gemeinden Stelingen, Berenbostel, auch von der Gemeinde (Alt-) Garbsen n u r wenige hundert Garbsen und Havelse zu "Wohnsiedlungsgebieten" erklärt Meter. Vgl. Heinrich Knibbe, Die Großsiedlung Hannover, und in einem vier Jahre darauf aufgestellten "Wirtschafts H a nnover 1934, S. 14 ff. plan für das Wohnsiedlungsgebiet Han nover" als Flächen 1 S Ebd. Knibbe definierte den Großsied l u ngsraum in für künftige Siedlungsprojekte a usgewiesen. Bis 1948 sah seiner 1932 abgeschlossenen Untersuchung vornehmlich der Plan in den genannten Gemeinden Möglich keiten für als wirtschaftlichen Verflechtungsraum und kam z u dem den Bau von bis zu 530 neuen Wohnungen. Vgl. Wirt S c h l uss, Garbsen, Havelse, Beren bostel, Stelingen u nd schafts plan für das Wohnsiedlu ngsgebiet Hannover, Stadt Meyenfeld seien diesem als "Wohnortgemeinden" mit archiv Hannover, Sammlung ,Auf der Horst' Nr. l04. 99 heutigen Stadtgebiet fast identischen) Amts Ricklingen verlor nach dessen Auflösung im Jahre 1855 sämtliche übergeordneten Verwaltu ngs und Gerichtsfun ktionen und verfiel einer langan haltenden Stagnation in der Bevö l kerungsent wicklung.16 3 . Der (Sub-) Urbanisierungsschub der Nach kriegszeit I m Wirtschaftsa ufschwu ng der Nachkriegs zeit konnten die drei südöstlichen Ortsteile (Alt-) . Garbsen, Havelse und Berenbostel a n die vorhan denen ökonomischen Strukturen anknüpfen u n d von der günstigen Verkehrslage, d e m Wiederauf bau Hannovers sowie vom Boom der Automobil industrie profitieren. Diese war im benachbarten Hannover-Stöcken mit Werken von ,Continental', ,Varta' und - seit 1955 - der Volkswagen AG stark vertreten . Die dort geschaffenen Arbeitsplätze bewirkten, dass d ie genannten Orte im Gegen satz zu vielen a nderen n iedersächsischen Gemeinden nach der Währungsreform nicht von einer Wiederabwa nderung der zuvor aufgenom menen Kriegsfl üchtl i n ge u n d Vertriebenen erfasst wurden. Die Einwohnerzahl, die sich in a llen Garbsener Ortschaften d urch die Flücht l ingsaufn a h m e gegenüber der Vorkriegszeit ohnehin schon verdoppelt hatte, nahm in (Alt-) Garbsen, Havelse und Berenbostel von 1950 bis 1960 nochmals u m die Hä lfte z u.17 Dagegen sank sie in den anderen Orten wieder um durch schnittlich 10 bis 15 Prozent ab. Erst mit einiger Verzögerung schlug die Abwanderung auch dort in ein moderates Wachstum u m, so dass diese Gemeinden oft erst Mitte der 60er Jahre wieder den Bevölkerungsstand von 1950 erreichten, in einem Fa ll - Heitlingen - erst 1972. Im Garbsener Südosten konnte der d urch die Flüchtlingsaufnahme bewirkte Aufbruch bisheri ger dörflicher Verhä ltn isse bereits in den SOer Jahren in eine dauerhafte Veränderung von Sied l ungsbild, gewerblicher u n d sozialer Struktur überführt werden. Der 1948 einsetzende Woh n u ngsbau besta nd dort zwar wie ü bera l l i m l ä n d l ichen R a u m vorneh mlich aus kleinen, z.T. genossenschaftlich errichteten Siedlu ngshäu- 17 Die Bevölkerungszu nahme l a g im Schnitt d e r drei Dörfer bei 54 Prozent, war aber a m deutlichsten in Havelse 16 Heimatchro n i k des Kreises Neustadt a. Rbge., Köln spürba r. Dieser Ort konnte seine Einwohnerzahl in den Jah· S. 105 ff. Bis 1939 konnte das Dorf gerade 16 neue ren 1950·60 verdoppeln. Statistischer Vierteljahresbericht 1974, Einwohner hinzu gewinnen. 100 Hannover (wie Anm. 13). sern, aber er füllte n icht einzelne Straßen, son dern große Areale a uf. Au ßerdem fa nd er fast d urchweg als städtische "Kleinsiedlung" und n u r selten a l s l a ndwirtschaftliche Nebenerwerbs steIle statt. Die Siedlungsgebiete wurden ferner schon früh von mehrstöckigen Reihen- und Miet wohnungshäusern d u rchsetzt, die i n diesem U mfeld a l s verdichtete, städtische Ba uformen wirkten.1a Der für Ga rbsen zuständige Kreisna tu rschutzbeauftragte stellte 1959 in diesem Sinne fest, die Gemeinde Havelse sei auf eine Weise gewachsen, dass "der noch vor zwei Jah ren geplante ländliche Siedlungscharakter durch eine Vorstadtbe b a u u n g vernichtet" sei.19 N a mentliche Zusch rei b ungen wie "VW-Sied l u n g" zeigten dabei, dass die neuen Bauten z.T. u nter dem sozialen Einfluss der nahen Industrie betriebe ( ent) standen.20 18 Bis Ende der SOer J a h re wurden in Altgarbsen sieben, in Berenbostel acht, in Havelse fünf ortsnahe Gebiete durch Verabschied ung von ,Äufba u p länen' für die Beba u u ng erschlossen. Die seit Mitte der SOer J a hre a ufgestellten Flächennutzungspläne dieser Gemeinden sahen Wohnbau· flächen von jeweils mindestens 20 ha vor. Vgl. Stadtverwal t u n g Garbsen (im Folgenden: StVG), Archiv Stadt planu ngsamt. 19 Ste l l u n gnah m e d e s Naturschutzbeauftragten des Landkreises Neustadt, Sagatz S ehr , . v. 18.10.1959; in: StVG, Archiv Stadtplanungsamt, Nr. 58. 20 " leinezeitung, 27.1.1959, ähnlich auch die spätere Gummisiedlung in Altgarbsen, leinezeitung, 20.7.1974. " Landwirtschaft hatte i n d iesen Orten schon vor dem Krieg eine a bnehmende Rolle bei der Erwerbsarbeit gespielt. Ihr Stellenwert sank n u n weiter, j e mehr LandarbeitersteIlen u n d Neben erwerbsbetriebe in den 50er J a h re n im Tausch gegen einen festen gewerblichen oder i n du s triellen Arbeitsplatz a ufgegeben wurden. Den Flüchtlingen und Vertriebenen erlau bten insbe sondere die seit 1952 i m Rahmen des Lastenaus gleichs vom Staat a usgezahlten Mittel, sich m it Handwerks- oder Gewerbebetrieben selbständig zu machen und damit die Erwerbsstruktur in den Ortschaften weiter zu verändern. Bevö l kerungswachstum und Sied l u ngsver dichtu ng ermöglichten den südöstlichen Orten ferner einen Ausbau der kom m u n a len Versor gungsein richtungen. Bereits in den 50er Jahren w u rde dadurch eine Angleichung a n städtische Standards begonnen. In elektrischer Straßen be leuchtung, Gasanschluss, Kanalisation, komm u n a l e r Müllabfuhr u n d Asphaltstraßen m it B ü r gersteigen manifestierte sich die Urbanisierung im Garbsener Südosten als ein augenfälliger, z.T. allerd i n gs n u r kurzfristig wah rnehmbarer Modernisierungsvorsprung vor den ü brigen Garbsener Ortschaften. Wenige J a h re später 101 waren diese ehemals städtischen Ausstattungs privilegien z u m sel bstverstän d l ichen Sta ndard auch der ländlichen Siedlungen geworden. Manche dieser Maßnahmen können zugleich als Ausdruck der sozialen Veränderungen i m Dorf Wohnen im Vorort: Siedlungshäuser der 50eT (links) und deo, frü verstanden werden. Elektrische Ortsbeleuchtung oder die um 1950 begonnene Vergabe von festen Straßennamen waren nicht n u r modern, sie deu teten auch a uf vermehrten Verkeh r und auf Orientierungsprobleme von Ortsfremden hin. Es ka n nte nicht mehr selbstverständlich "jeder jeden" im Ort; dörfl iche Vertra utheit wurde z u m i ndest tendenziell - d u rch Anonymität ersetzt. Zugleich nahm auch die kulturelle Viel falt der Ortsbevölkerung zu. Dies machte sich z.B. durch die Gründung katholischer Kircheneinrich tu ngen als bevorzugten Anla ufsteilen von Flüchtlingen und Vertriebenen bemerkbar, oder d u rch das Entstehen neuer Vereine, in denen sich - nach vorsichtiger I nterpretation - n U ll vor allem die verbreiterten proletarisch-kleinbürger lichen Bevölkerungsgruppen organisierten.2 1 hen 60er jahre (rechts) in Havelse, 1963 (foto: R. Guthmann, Stadt archiv Garbsen) Die genannten Beispiele dokumentieren Ver änderu ngen der d rei südöstlichen Ga rbsener Ortschaften, die als " E ntdörflic h u ng" und als Tei lsch ritte auf dem Weg z u r Stadt gewertet 21 Bis Mitte der 50er Jahre entstanden in (Alt-) Garbsen und Havelse ein Kleingarten-, ein Kaninchenzucht- und ein Taubenzuchtverein sowie Ortsgruppen von Reichsbund, Rotem Kreuz und Arbeiterwohlfahrt. Ferner wurden in den vormals rein evangelischen Orten seit den 50�r Jahren . katholische Gottesdienste organisiert. Der Anteil der Katho liken betrug seit Kriegsende ca. 20 Prozent, v�1. Niedersäch sisches landesverwaltungsamt, Gemeindestatistik Nieder sachsen 1950, 1970. 102 werden können. Auch zeitgenössische Quellen n a h men diese Entwicklung wahr und bezeichne ten die Orte Mitte der 50er J a h re a ls "Arbeiter wohngemeinden" oder sch licht a l s "Vorortge meinden" Hannovers.22 brachten sie d u rch Aufstockung a uf drei bis vier Stockwerke und eine bis zu 40%ige Überbau u n g der Grundstücke eine erhebliche b a u l iche Ver d ichtung.23 Neu waren ferner Gebäude mit Flachdach, Hochhäuser mit bis zu elf Stockwer ken u n d die d u rchgängige Anord n u n g der 4. Die 60er Jahre: ein ,Qu a ntenspru ng' der städtischen Entwicklung Der eigentliche "Quantensprung" in der städ tischen E ntwickl u ng Garbsens fand indes in den 60er J a h ren statt. H ierzu trugen v.a. mehrere große Woh n u ngsbau projekte in den drei südöst lichen Gemeinden bei. Durch ihren Umfang von z.T. mehreren h u ndert Woh n ungen entfalteten sie städtebau lich u n d sozial ein erhebliches, orts prägendes Gewicht. Insbesondere die Siedlung ,Auf der Horst' zwischen Havelse und (Alt-) Garb sen sowie die Sied l u n g auf dem Berenbosteler ,Kronsberg' nahmen dabei m it rund 3000 bzw. 8 5 0 Woh n u ngen e i n e hera u s ragende Ste l l u ng ein. Mit d iesen und a nderen, vereinzelt schon ab Ende der 50er Jahre realisierten Neubauten zog n u n endgültig die städtebauliche und architek tonische Moderne in diese Orte ein. Hatte sich die bisherige Beba u u n g noch d u rchweg an tradi tionelle Ba uformen u n d -höhen geha lten, so Gebä ude i n Zeilen oder Win keln. Von 1960 bis 1970, d . h . innerhalb von nur zehn J a h re n ver vierfachte sich die Einwohnerzahl in diesen drei Ortschaften d urch derartige B a u m a ßnah men 23 Erreicht wurden Geschossflächenzahlen von bis zu 1,0, vgl. Bebauungspläne (Alt-) Garbsen, Havelse und Berenbos tel i n : StVG, Archiv Stadtplanu ngsamt. Die Geschoss flächenzahl (GFZ) beschreibt die bauliche Dichte eines Sied l u n gsgebiets als Verhältnis von Grundstücksgröße u n d S u m m e der Flächen aller darauf errichteten Stockwerke. E i n einzelnes Hochhaus auf großem Grundstück erreicht somit u.U. eine ä hnliche Dichte wie ein großflächiger Flachbau. Die tatsächliche Ü berbauung eines Grundstücks bzw. der Anteil der verbliebenen Freiflächen wird a u s der Grund� flächenzahl (GRZ) ersichtlich, dem Quotienten aus Grund 22 Erläuterungsberichte zu den Flächennutzungsplänen Ga rbsen und Havelse, 1954/55, in: stvG, Archiv Stadtpla stücksgröße und überbauter Fläche, Die hier angegebene Ü berbauung von max. 40% entspricht somit einer GRZ von nungsamt. 0,4. 103 na hezu.24 Geteilt in die Sied l ungsgebiete (Alt-) Garbsen/Havelse/.Auf der Horst' einerseits und Berenbostel a ndererseits, wurde der Hannover zugewandte Südosten n u n endgültig zum Garb sener Siedlungsschwe r p u n kt. H ier wohnten 1970 fast 77 Prozent a l ler Garbsener Einwohner. In den anderen Ortsteilen hatte sich die Bevölke- Eine mit dem weiteren Ausbau des öffent l ichen Nahverkehrs, v.a. a ber mit der allge meinen Automotorisierung wachsende Mobi lität der Bevölkerung, die ein Berufspendeln in die zentrale Großstadt möglich machte.26 E i n fortgesetzter Bevölkeru ngsz u l a uf in d i e städtischen Verdichtungsräume in Folge einer boomenden gewerblichen Wirtschaft u n d einer Ausweitung des Dienstleistungssektors bei gleichzeitigem Arbeitskräfteabbau in der Landwirtschaft. rung dagegen von 1960 bis 1970 nicht einmal verdoppelt. E i n Baulandmangel i n den Großstädten nach Abschluss des Wiederaufbaus, insbesondere, wen n dieser im Zuge des Leitbildes von der .. gegliederten u n d a ufgelockerten Stadt" m it einem erhöhten Flächenverbrauch einherge gangen war. Die fü r Ga rbsen maßgebliche und d iesem Leitbild verpflichtete Landes hauptstadt Hannover hatte bereits 19S6 den Vorkriegsstand an Einwohnern und Wohnun gen überschritten u n d wies bald eine der höchsten Bevölkerungsdichten u nter den bundesdeutschen Großstädten auf - mit der Folge e i nes entsprechenden Expansions drucks. Das Entstehen solcher Großsiedlungen a m Stadtrand wurde seit Ende der SOer Jahre d u rch mehrere Faktoren gefördert: Ein generellerWohnungsmangel als Spätfolge von Krieg, Fl üchtlingszuwa nderung und einer bis z u m .. Pillenkn ick" Ende der 60er J a h re ansteigenden Kinderzahl.25 24 Der Anstieg betrug in den drei erstgenannten Orten i. D. 267 Prozent, in den übrigen i. D. 75 Prozent. Vgl. Statisti scherVierteljahresbericht Hannover (wie Anm. 13). 2S Bundesweit fehlten Mitte der SOer Jahre ca. fünf • Eine Verdrängung von Wohnbevölkerung a us den I n nenstadtquartieren i n Folge des dort Millionen Wohnungen. Vgl. Adelheid v. Saldern, Häuser leben. Zur Geschichte des städtischen Arbeiterwohnens vom Kaiserreich bis heute, Bonn 21997, S. 267. 104 26 Vgl. Axel Schildt ... (wie Anm. 5), S. 28. stark expa n d i e renden D ienstleistungsbe reichs. Eine Verbreiterung der Palette günstig finan zierbarer Woh n u ngstypen, da die staatliche Woh n ungsbauförder u n g im Rahmen des sozialen Woh n ungsbaues seit Beginn der 60er J a h re auch höherwertige Woh n u ngen einschloss und eine Vermietung dieser Woh n u ngen d u rch steigende E in kommen u n d wachsende Woh n bed ü rfnisse gesichert er schienP Die E rwartung von Kosteneinsparungen beim Bau von G roßsie d l u n gen d u rch hohe Woh n ungsstückzahlen, i n d ustrielle Fertigu ngs methoden (Platten bau), optim a l e Aus n utzung von B a u l a n d und techn ischer Infrastruktur sowie rasche und reibungslose Projekta bwickl u n g in der Hand einzelner Unternehmer. E i n e wirtschaftliche Konzentration i m B a u sektor. Die Erwartung besserer Planbarkeit der Sied l ungsentwickl u n g, v.a. hinsichtlich der nöti gen Versorgungseinrichtungen wie Sch u len, 27 Diese Änderungen und Erwartungen beruhten v,a. auf dem 1960 beschlossenen, 50 genannten ,Lücke·Plan', vgl. v. Saldern (wie Anm. 25), S. 3S1. Ä rzten und Einka ufsmöglichkeiten. Diese i m Nachhinein a l s "Planungseuphorie" kritisierte H a ltung wa r in einen a l lgemeinen zeittypi schen Optimismus h insichtlich der Steuerbar keit gesellschaftlicher Prozesse eingebettet. E i ne grundsätzliche Bej a h u n g des Massen wohnu ngsbaues als Eckpfeiler v.a. der sozial d e m o kratischen Sozialpolitik, u n d a l s Ant wort a u f d i e "Krise der Stadt", m it d e r z u m indest auf der Ebene der Leitbilder - der i n der Nachkriegszeit bevorzugten "geglieder ten und a ufgelockerten Stadt" wieder mehr "U rbanität d u rch Dichte" entgegen gesetzt werden sollte. Als Paradebeispiel einer solchen Politik kann die von 1964 bis 1966 grenzü bergreifend zwi schen H a n nover-Ma rienwerder, (Alt-) G a rbsen u n d Havelse erba ute Großsied l u n g ,Auf d e r Horst' gelten. D a s seit 1960 geplante Projekt war - n ach der "Gartenstadt Loh nde" u n d der "Neuen Stadt Heitlingen" - der d ritte Versuch hannoverscher Planer, nördlich der Landeshaupt105 stadt eine Großsiedl ung zu errichten.28 Wichtige Vorbed i ngungen fü r die Verlegun g des Vorha bens nach Garbsen waren der gegenüber Lohnde u n d Heitlingen vergrößerte Abstand z u m Flughafen La ngenhagen, d i e N ä h e z u den Arbeitsplätzen der nord h a nnoverschen I nd us triebetriebe u n d die Verfügung der Stadt Hanno- Unterbringung h a nnoverscher Woh n u ngs suchender.29 Die meisten Gebä ude wurden als freistehende, dreigeschossige Mietwohn ungs blocks mit Flachdach errichtet. Daneben ent standen 439 Einfa m ilien-Reihenhä user und ein achtgeschossiges Hochhaus. Grundprinzip aller Bauten war die industrielle Fertigung im PlattenAbb. 3 ver über das benachbarte Klostergut Marienwer der. Der Klosterbesitz ermöglichte es der Stadt, den bäuerlichen Grundeigentümern des Bauge biets Ausgleichsflächen fü r den Erhalt i h rer Betriebe anzubieten. Die neue Siedlung war mit über 100 ha Fläche und rund 10.000 Bewohnern etwa so groß wie die beiden benachbarten Gemeinden (Alt-) Garbsen u n d Havelse zusam men. Sie wurde komplett mit zwei Volksschulen, zwei Ladenzentren und Erschließungsflächen für weitere öffentliche Gebäude von der Stadt Hannover geplant u nd z.T. auch erbaut. Sinn u nd Zweck dieser erheblichen Investitionen war die Plan und erste Bauten ,Auf der Horst' dem Weg zur Stadt, - ein Maßstabssprung auf 1965 (Foto: R. Guthmann, Stadtarchiv Garbsen) 29 Die Stadt hatte sich die Belegungsrechte an den Woh nungen durch Besitz oder Bauzuschüsse gesichert. Zu Finanzierung, Konzeption und Errichtung vgl. die umfassen· 2 8 Vgl. S i d Auffarth, Trabantenstadtplanung in d e n fünf 106 de Darstellung bei: Ernst Kratzsch, Ü ber das E ntstehen einer ziger Jahren: Die neue Stadt Heitlingen, in: Ha ns-Dieter großstädtischen Wohnsiedlung, Städtische Planung und Schmid (Hg.), H a nnover - Am Rande der Stadt, Bielefeld organisatorische Einflüsse beim Gründen und 'A ufbauen 1992 (Hannoversche Schriften zur Regional- und Lokalge eines Stadtteiles für 10,000 Einwohner in den Jahren 1955- schichte, 5). 1965. Diss. Arch., Hannover 1987. bauverfa h ren, damals etwas vornehmer "Groß tafelbauweise" genannt. Dies und der große Pro jekt u mfa ng bewirkten, dass der Siedlungsbau als "Demonstrativma ßnahme" vom Bundesbau m i n i ster i u m gefördert u n d wissenschaftl ich begleitet wurde.3D Die Großsiedl u n g ,Auf der Horst' trug auf ver sch iedene Weise z u r U rbanisierung in Havelse u n d (Alt-) Ga rbsen bei. Der a bsehbare Zuzug z a h l reicher neuer Einwo h ner intensivierte die Zusammenarbeit zwischen den beiden Gemein den in Fragen der Versorgung mit Kindergarten plätzen, Unterricht, S port- u n d Freizeitan lagen soweit, dass ein Z u s a m mensch luss i n s Auge gefasst w u rde. Zwar ka m eine 1962 gepla nte Sa mtgemeinde "Garvelse" a u s Sorge u m den Erhalt der örtlichen Demokratie nicht zustande, sondern wurde auf ei nen , i nterkomm unalen Ver trag' zwischen den a m Bau beteiligten Kommu nen reduziert,31 doch dann sorgte die Fertigstel l u n g der Sied l u n g fü r eine Ü berwi n d u ng der Bedenken. Zum J a h resbegi n n 1967 wu rde der Zusammenschluss von (Alt-) Garbsen und Havelse zu r Ein heitsgemeinde (Havelse-) Ga rbsen rea li siert. Die urbane städtebauliche Anlage und das demographische Gewicht der Sied l u ng ,Auf der Horst' bewirkten ferner, dass der neuen Kom m u ne nach anfänglichem Zögern im Folgejahr auch die Stadtrechte erteilt wu rden.32 Mit m e h r a l s Hannover, Havelse und (Alt-) Garbsen sowie dem Landkreis Neustadt a ls zuständiger u nterer Planungsbehörde. Es schrieb ferner die Modalitäten der Woh n u ngsbelegung sowie die von der Stadt Hannover z u erstellenden öffent lichen Einrichtungen der Siedlung fest. Auf weitere not wendige I nvestitionen jenseits der vereinbarten "Erstaus statt ung" sowie auf deren weiteren Betrieb ging der Vertrag allerdings n u r a m Rande ein. Er genoss wegen zahl reicher ä h nlich gelagerter Fälle dennoch überregionale 30 Vergleichsbauten. Versuchs- u n d Vergleichsbauten und Demonstrativma ß na hmen des Bundesministeriums Beachtung. Vgl. die zusam menfassende Darstellung i n : Vergleichsbauten (wie Anm. 30), S. 22 ff. für Städtebau und Wohnungswesen. lnformationen aus der 32 Dies wird aus den Stadtrechtsanträgen deutlich, in Praxis - für die Praxis, Nr, 29, Hannover-Garbsen, Hannover denen mehrfach auf die Bevölkerungszahl und - implizit 1971. 31 Das 1964 beschlossene Vertragswerk regelte die für den "urbanen" Charakter der Siedlung ,Auf der Horst' hin gewiesen wurde. Kreisarchiv H a nnover (im Folgenden: die Baumaßnah men erforderliche planu ngstechnische KrAH), Landkreis Hannover N r. 3838, Antrag v. 8.6.1966, und Zusammenarbeit zwischen den drei beteiligten Kommunen Gemeinderat Garbsen, 26.4.1967. 107 2 5.000 Personen hatte d i e E i nwoh nerzahl des Ortes 1968 fast schlagartig städtische Dimen sionen erreicht. Das Bevölkerungs- und Kauf kraftpotenzial der Sied l u n g ermöglichte ferner die P l a n u n g und E rrichtun g von zentralen städtischen E i n richtungen wie höheren Schulen, einem E i n ka u fzentrum oder einem H a l le n bad, die erfolgreich i n den Stadtrechtsantrag einge bracht werden konnten.33 Schließlich verbreiter ten die a u s H a n nover stammenden Bewohner der Großsiedlung a uch die (Havelse-) Garbsener Sozialstruktur sowohl u m sozial schwache Perso nengruppen a l s auch u m Angehörige der unte ren u n d gehobenen Mittelschicht. Sie trugen so trotz Ansätzen zu einer sozialdemokratischen Milieubildung zum Entstehen einer eher unspe zifisch-städtischen Gesellschaft i m Ort bei. Dies machte sich auch in einer erneuten Erweiterung ' de s kult u rellen Lebens bemerkbar, a ngezeigt d u rch weitere Vereinsgründungen, Ansätze eines gehobenen Kulturbetriebs u n d das E ntstehen einer städtisch geprägten, "alternativen" Jugend kultur im k u l t u rellen U mbruch der 68er J a h re 33 KrAH, landkreis Hannover Nr. v. 5.10.1967 u nd Antrag v. 26.4.1968. 108 3838, Schreiben (s.u.). Gestärkt d u rch die sozialdemokratische Wä hlerschaft der Siedlung ,Auf der Horst', erhielt (Havelse-) Garbsen mit Projekten wie einer Inte grierten Gesamtschule (IGS), einem Freizeitheim oder einem (nicht verwirklichten) unabhängigen J u ge ndzentrum a uch auf fachlicher E bene Anschl uss an damals aktuelle und vornehmlich im städtischen Umfeld verankerte gesellschaftli ·che Reformdiskussionen. Die Siedlung ,Auf der Horst' trug somit maß geblich z u r städtebau l ichen, kom m u n a l recht lichen u n d soziokulture l len Stadtwerdu n g (Havelse-) Garbsens bei. S i e kan n a l s Initialzün d ung für diese Entwicklung betrachtet werden u n d stellt dabei den u ngewöhnl ichen Fall einer u n m ittelbar d u rch das Oberzentrum Hannover vorangetriebenen Urbanisierung dar. I m zweiten städtischen Siedlungsschwer p u n kt Garbsens, dem Ort Berenbostel, kann der um 1965 errichteten ,Kronsbergssied l ung' eine ä h n liche Rolle zugesprochen werden. Sie wies i n Konzeption, a rchitektonischer Gestalt u n g u n d E ntste h u ngszusa mmenhang einige Pa ra llelen z u r Sied l u n g ,Auf der Horst' a uf, entfaltete aber wegen ihrer geringeren Größe und einem insge samt a nderen Siedl u ngsgefüge des Ortes eine weniger d u rchsch lagende Wirkung. Den noch entwickelte auch Berenbostel u nter dem E i n druck dieser und anderer Neubausiedlungen in d e n 60er Jahren e i n a nsatzweise städtisches Gepräge, a n gezeigt d u rch moderne Bauformen, e i nen Anstieg der E i nwohnerza h l a u f rund 1 3.000 Personen ( 1968 ) , eine Verdichtung des Ei nzelha ndels im Ortskern und eine Vermehrung des Kultur- und Bildungsangebotes. Demgege n ü ber beh ielten die übrigen heute zu Garbsen gehörenden Ortschaften ihren dörf lichen Chara kter weitgehend bei. Unter dem Ein d ruck des e insetzenden landwirtschaftlichen Struktu rwa ndels, d e m Zuzug städtischer Neu b ü rger u nd einer d a m it verbundenen Einfa m ili e n ha usbeba u u n g trat das la ndwirtschaftliche E l e ment a l lerdi ngs auch hier weiter z urück, so dass diese Orte sich i n d ie Richtung von länd lichen Wohnsiedlungen wandelten. 5. Die Gebietsreform a l s Motor städtischer Identitätsbildung Einen weiteren wesentlichen I m p u ls erhielt d i e städtische Entwicklung Garbsens d u rch d i e s e it Anfang der 60er J a h re i n a l l e n westdeut schen B u n desländern diskutierte Verwaltungs u nd Gebietsreform. ln den Gemeinden Berenbos tel, Havelse u n d (Alt- ) Ga rbsen bzw. ( Havelse- ) G a rbsen wurde sie - wie fast übera l l i m Raum H a nnover - vornehmlich u nter dem Aspekt einer d rohenden Eingemeindung in die Landeshaupt stadt betrachtet und daher abgelehnt. Diese Ein schätzung beruhte z u m einen auf einem histori schen Erfa h rungshintergru nd, denn die Stadt Hannover hatte sich seit Beginn ihrer Expansion im 19. J a h rh u ndert bereits um 39 Kom m u nen u n d G utsbezirke erweitert.34 Zwar waren nach dem Zweiten Weltkrieg keine Eingemeindungen mehr vorgenommen worden, aber verschiedene I n itiativen der Stadt belegten, dass sie h ieran weiterhin Interesse hatte. 35 Zum zweiten ließen die erheblichen Investitionen Hannovers in d i e Ve rkehrsanbindung u n d d i e öffentliche Versor gung der Siedlungen ,Auf der Horst' und auf dem Kronsberg erahnen, dass die südöstlichen Garb sener Orte sichere Kandidaten für solche Ambi tionen waren. Zum d ritten schließlich l i e ß die 3 4 Knibbe (wie Anm. 14), S. 28. 35 1945 hatte der Bürgermeister der Stadt eine liste mit zwölf neuen Eingemeindungswünschen vorgelegt, vgl. Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein (Hg.), Hannover-Chro nik.Von den Anfängen bis z u r Gegenwart, S. 194 f. 19S5 waren in den Garbsener Raum gerichtete Eingemeindungs� wünsche im Zusammenhang mit der Errichtung des VW� Werks in Hannover-Stöcken laut geworden. Han noversche Allgemeine Zeitung, 23.2.1955, Bericht z u r Schuleinwei hung Havelse. 109 1965 von der niedersächsischen Landesregierung mit einem Gutachten zur Gebietsreform beauf tragte Sachverständigen kommission, d i e so genannte "Weber-Kommission" schon bald eine positive E instell ung gege n ü ber Eingemeindun gen erkennen.3 6 Die dadurch a usgelösten Ä ngste wurden auch d u rch d i e Existenz des heutigen Komm u nalverba nds Großra u m Hannover n icht verm indert. Dieser war zwar 1962 gera d e als I n strument z u r Verbesserung der Stadt-Umland Kooperation o h n e E i ngemein d u ng ins Leben gerufen worden, doch d i e vom Verband 1964 begonnenen Zentralitätsuntersuch ungen zeig ten die vielfältigen Verbindungen der südlichen Garbsener Orte nach Hannover deutlich auf. Sie gaben somit Angliederungsbefürwortern schlag kräftige Argumente an die Hand (s.u.). Abgelehnt wurde eine E i ngemeindung nach H a n nover in den d rei südöstlichen G a rbsener Orten nicht n u r, um die gewachsene kom m unale Identität zu erhalten. Befürchtet wurd e a uch, dass sich die Versorg u n g m it kom m u nalen Dienstleistungen vor Ort verschlechtern oder z u m indest nicht verbessern würde. Die Stadt, so wurde a rg u mentiert, sei vornehmlich an einer Auslast u n g i h re r vorhandenen E i nrichtungen interessiert und würde weitere Investitionen v.a. i n d e r weit entfernten City konzentrieren. Als Beispiel für ein solches Schicksal galt in Ga rbsen der benachbarte Stadtteil H a n nover-Stöcken. D u rc h die schwierigen Zeitu m stände belastet, hatte dessen I nfrastru kt u ra usstatt u n g i n den fünf auf d i e E i ngeme i n d u n g im J a h re 1907 folgenden J a h rzehnten trotz gewerbesteuer trächtiger I n d u strieansiedel u n g n u r geringe Fortsch ritte gemacht. Derartige E ntwicklungen waren d u rchaus nicht singulär und wurden auf dem Deutschen Städtetag 1960 als maß geblicher G r u n d für die generell eingemein d ungsfe i n d l iche Stim m u ng i n den städtischen Umland kom munen identifiziert,37 Mit dem kom munalen Zusammenschluss und den B e m ü h u n gen um die Erhebung z u r Stadt verfolgten die Verantwortlichen in (Alt-) Garbsen u n d Havelse daher auch das Ziel, eine solche Ein geme i n d u n g z u ver h i ndern. I nsbesondere das Stadtrecht war nach Ansicht der beiden damali gen Gemeindedi rektoren Wulf u n d Hööt m a n n geeignet, " d i e Selbstä ndigkeit ( ... ) Han nover 36 50 in ihrem Zwischenbericht 1967, vgl. Verwaltungs und Gebietsreform in Niedersachsen, Bd. l, S. 67. 110 37 Vgl. Deutscher 5tädtetag (wie Anm. 4), 5. 83. gegen ü ber besser z u demonstri.eren".38 Die h a rten (aber erfolglosen) Auseinandersetzun gen, d i e d i e Gemeinde Havelse sel bst bei dem " kleinen" Zusam menschluss u m den Erhalt i h res Namens als Teil eines Doppelnamens "Garbsen Havelse" führte, zeigten deutlich, wie hoch der Wert einer klar erken nbaren, orts bezogenen I dentität in den Dörfern eingeschätzt wurde.39 Die politisch Verantwortlichen, insbesondere d e r damalige Havelser B ü rgermeister E kkehard Wagler, gingen bei den Vereinigungsverhandlun gen im Ü brigen d u rchaus offensiv vor und son d ierten Möglichkeiten, in das neue Gebilde auch den hannoverschen Stadtteil Marienwerder ein z u beziehen. Mit diesem war die Ortschaft Havel se kirchlich, baulich40 und d u rch Kooperationen i m Schu l bereich verbunden, während eine ent s p rechende Verbindung zwischen Marienwerder u n d H a n nover n icht besta nd. Das Vor h a ben scheiterte jedoch. 3 8 Stadtarchiv Garbsen (im Folgenden: StAG), Verwal tu ngsvorlage z u r Verwaltungsausschusssitzung Havelse Im Zuge derVereinigung beschloss der Rat der neuen Doppelgemeinde ferner zahlreiche Inves titionen in die öffentliche Infrastruktu r. Sie soil ten zwar vor allem die Versorgung der Einwohner verbessern, ordneten sich a ber ebenfa l l s in die Bemühungen u m den Erhalt der Selbständigkeit ein. Ziel der Verwaltungs- u n d Gebietsreform a uf kom munaler Ebene war es, Städte u nd Gemein den z u schaffen, die d u rch i h re G röße eine ange messene Versorgung ihrer Einwohner mit öffent lichen Dienstleistungen gewährleisten konnten. Während es auf dem platten Land darum ging, entsprechende E i n richtungen in akzeptabler Ent fer n u n g überha u pt erst zu schaffen, standen Orte i m U mkreis großer Städte vor der Aufgabe, d u rch eigene Angebote die großstädtischen Ein richtungen zu entlasten. v. 29.12.1965. Diese Begründung wurde von bei den Verwal· tungsausschüssen übernommen, vgl. StAG, gemeinsame Verwa Itu ngsa ussch usss itzung Ga rbsen-Havel se, 12.1.1966. 39 Vgl. die diesbezüglichen Schriftsätze in: KrAH, land kreis Hannover N r. 3837. 40 Die bauliche Verbindung wurde durch die grenzüber schreitenden Siedlungen ,Auf der Höchte' und ,Auf der Horst' hergestellt. In Havelse, (Alt-) Garbsen u n d Beren bostel wa r dies angesichts der explosionsartig anwach senden Bevölkerung zunächst a ber ka u m mög lich. Hier fehlten Mitte der 60er Ja hre nicht n u r höhere Schulen, sondern hier gab e s selbst in den Volksschulen große Raumnot und daher biswei len Schichtunterricht an Vor- und Nachmittagen. 111 Gemeindebüchereien waren zwar vorhanden, wurden aber ehrenamtlich betreut und entspre chend selten geöffnet. Vereine hatten ernste Schwierigkeiten, Sportplätze, Turn hallen oder Versa m m l ungsrä um e z u fin d e n ; ein Frei- oder Hallenbad für Schwim msport und - unterricht fehlte ganz. Wollten die drei Kom m u nen beste hen bleiben, d a n n m u sste'n sie i h re Fähigkeit beweisen, solche Mängel auch ohne han nover sche Unterstützu n g z u beheben. (Alt-) Garbsen u nd Havelse beschlossen daher bei ihrer Vereinigu ng' einen umfangreichen Kata log von öffentlichen Einrichtungen, deren Reali sierung in den nächsten Jahren Ziel des kommu n a l politischen Handeins sein sollte.4 1 Mit Gymnasium, Hallenbad und Freizeitheim waren dabei v.a. solche I n stitutionen vorgesehen, d i e wegen i h res ü berörtlichen E i n z ugskreises den städtischen C h a ra kter der neuen Gemeinde betonten.42 I h re P l a n u n g floss daher - wie erwäh nt - in den Stadtrechtsantrag ein. I nsbe sondere d ie Schulbauprojekte wurden sogleich i n Angriff genommen. 1966 u n d 1968 wurden Realschul- und Gym nasial klassen eingerichtet u n d Vorbereitungen für entsprechende Bauten eingeleitet. Schon 1965 war eine Sonderschul klasse ei ngerichtet worden, d i e ebenfa l l s z u ' einer eigenständigen Schule m i t Gebä ude ausge baut werden sollte. An den Volksschulen wurde d i e Unterrichtssituation d ur.ch Turnhal len, ein lehrschwimmbecken u n d eine Au la verbessert, nahe der Großsiedlung ,Auf der Horst' ein Sport zentrum errichtet. Damit wurde die Fäh igkeit der Gemeinde zur angemessenen kom m unalen Ver sorgung i h re r E i nwohner und E i nwohnerinnen i n absehbarer Zukunft deutlich demonstriert. 42 Im Grundsatzbeschluss zur kommunalen Vereinigung (siehe vorherige Anmerkung) erklä rten die Mitglieder beider Räte die Errichtung von Realschule, Sonderschule, Gymnasium, Hallen-/Freibad, Freizeitheim, Krankenhaus, 41 Vgl. StAG, Gemeinderäte Garbsen/Havelse, 25.5.1966, 112 Altenheim, Kindergärten sowie Spiel- u nd Sportplätzen Grundsatzbesch luss zur kommunalen Vereinigung. Der zum Ziel. Das 1967 beschlossene Investitionsprogramm Beschluss wurde schon bald darauf durch ein verbindliches enthielt Freizeitheim, Zentralbücherei, Hallenbad, Gymna Investitionsprogramm konkretisiert, vgl. StAG, Gemeinde sium, Sportzentrum. Kindergärten sowie verschiedene rat Garbsen, 27.9.1967. $chulerweiterungen. Das Investitionsprogra m m sol lte al lerdi ngs a uch dazu d ienen, diesen Versorgungsstandard für den Fall eines Scheiterns der Selbstbehaup t ungspläne zu sichern. "Sollte es zu einer Einge m eind u n g kommen", so rechtfertigte e i n Rats herr d i e Ausgaben, m üsste ein "Stadtteil G a rbsen (... ) ewig darauf warten, mit solchen Ein richtu ngen ausgestattet z u werden".43 Was d agegen bereits vorhanden wa r, würd e auch u nter anderen kom m u na len Verhä ltnissen sei n en Nutzen behalten. Schließlich korrespondierten die Investitions a bsichten i n (Havelse-) Garbsen a uch m it d e r Planungstätigkeit d e s Kom m u nalverbands Groß raum Hannover. Der Verband bereitete seit 1963 ein landesplanerisches Entwicklungskonzept für den Großra u m vor, in dem verbindliche Vorgaben ' fü r die H e rausbild u ng regionaler Zentren u n d i h rer jeweiligen Versorgungsbereiche enthalten sein sollten. Dass die Planvorgaben auch Einfluss a uf die kom m u na l e Neuord n u n g im Ra u m Hannover haben würden, war absehbar. Im Gegensatz z u den benachbarten Städten Neustadt, Wunstorf und Langenhagen gelang es ( Havelse-) G a rbsen z u n ä chst n icht, in d iesem E ntwicklungskonzept als regionales Zent r u m e ingestuft zu werden. Z u s a m m e n mit Beren bostel wurde der Doppelkom mune i n der 1967 vorgelegten Planfassung lediglich ein gemeinsa mer Versorgungsbereich z u geord net, der aber außer den beiden Gemeinden nur das Dorf Ste lingen u mfasste.44 Außerdem wurde er der Han nover-nahen , Ke r n ra n dzone' des G roßra u m s zugeord net, d a i n den d rei Orten nach Ansicht der Planer "die meisten zentralen Aufgaben in kaum zu beeinflussender Weise von der Landes h a uptstadt wah rgenommen" w ü rden.4 s Z u r Versorgung d e r ü brigen Garbsener Gemeinden s o l lte dagegen die Ortschaft Osterwa ld z u r Mittelpunktgemeinde entwickelt werden. 46 Den Dörfern Heitlingen und Schloss Ricklingen wurde eine Versorgu n g d u rch Langenhagen u nd Wuns torf empfohlen. 47 44 Es handelte sich um den sog. ,Versorgungsbereich VIII\ vgL Großraumverband Hannover, Verbandsplan 1967, S, 16. 45 Ebd., S. 9 f. 46 Ebd., S. 33. 47 Ebd., S. 8, 5. 42. 43 Leinezeitung, 29.9.1967. 113 Nachdem die Gemeinden auf die in (Havelse-) Garbsen und Berenbostel neu geplanten Versor gu ngseinrichtungen aufmerksam gemacht hat ten, wurde der Raum Garbsen z unächst von der Festste l l u ng der Verba n d s p l a n u n g a usgenom men u n d sch ließlich der Versorgungsbereich 114 6. I n nere Konsolidierung und städtisches Leben als Garanten künftiger kom m u naler E igenständigkeit (Havelse-) Garbsen(Berenbostel(Stelingen u m d i e nördlichen Garbsener Orte vergrößert. Damit hatten d i e d rei Gemeinden einen wichtigen Erfolg errungen, denn die so geschaffene planeri sche E i n heit w u rde i n der Gebietsreform z u r u n m ittelbaren Vorlage für die neue Stadt Garb sen (s.u.). Die von der Kom m une (Havelse-) Garbsen auf den Weg gebrachten Einrichtungen dienten a uch dazu, d i e kom m u n a l rechtliche Vereinigung d u rch eine i nnere Konsolidierung abzustützen. Die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung erkan nten zu Recht, dass die Probleme der rapide wachsenden j u n gen Stadt n u r d u rch die a ktive E i n b i n d u n g der ganzen Bevölkerung bewältigt werden konnten u n d dass sich auch n u r d a n n eine Mehrheit der Einwohner für die Weiterexis tenz dieser Stadt einsetzen würde. Kom m u nal politisches Ziel m usste es also sein, die Identifi kation aller Beteiligten mit der neuen Komm une zu stärken, die Integration von Neu- und Altbür gern zu fördern und das m it der Stadtwerd u n g gegebene Versprechen eines urbanen öffent lichen Lebens zu erfüllen. Gebietsrefo r mdebatte u n d P l a n u ngsarbeit des Großraumverban d s forcierten somit i n Havelse u nd (Alt-) Garbsen bzw. i n der Großge meinde (Havelse-) Garbsen Aktivitäten, durch die bereits einige Jahre vor der Gründunc; der heuti gen Stadt wesentliche weitere Züge ihres städti schen Chara kters geschaffen wurden. Wie i m nächsten Abschnitt gezeigt wird, ging e s bei die sen Maßnahmen allerdings um mehr als n u r u m die Bereitste l l u n g a u s reichender u n d "städti scher" Dienstleistungen. Dass d ies kein einfacher Prozess war, zeigte sich n icht n u r in Anfa n gsschwierigkeiten, Neubürger ü berh a u pt fü r örtliche Vereine u n d I nstitutionen zu interessieren. Auch Vereinsneu gründu ngen, in denen die Bewohner der Neu bausiedlungen zwar aktiv wurden, aber weitge hend unter sich blieben, waren dem Ziel einer I ntegration nur bedingt dienlich. Ferner sollten sich auch Altbürger im radikal vergrößerten Ort noch wiederfinden. Deren Probleme waren etwa a uf der lokalen politischen Ebene zu beobachten. Hier wa r nicht n u r d u rch den Zuzug vieler Arbei ter eine deutliche Machtverschiebung zugunsten der SPD zu verzeichnen. Auch i n nerhalb dieser Pa rtei gab es Querelen, als 1967 im Ortsvorstand ein kompletter Führungswechsel zugunsten der n eu gegründeten, m itgliederstärksten Abteilung ,Auf der Horst' drohte. Die Gemeinde bzw. Stadt bemü hte sich, Aneign u n gsprozesse trotz solcher Probleme d u rch ein umfassendes Programm zu fördern. Sie bot Informationsgespräche und Ortsrundgänge für N e u b ü rger an, ba ute die neue Vol kshoch schule a us, veranstaltete J ugend-Diskussionen m it zeittypisch-kontroversen Themen wie Dritte Welt, Militarismus oder Hochsch u l reform, o rganisierte volkstüm liche und klassische Kon zertabende, Opernauffüh rungen, Kunstausstel l ungen, ja sogar i nternationale Gemeinde partnerschaften und leistete sich, für eine Stadt d ieser G röße u n gewöhn lich, einen h a u ptamt l ichen J ugendpfleger und ,Kulturreferenten'. Eini g e der genannten I nitiativen hatten schon vor d er Doppelgemeindebildung eingesetzt u n d wiesen noch Mischformen zwischen städtisch moderner Liberalität und traditioneller dörflicher Vertrautheit auf. So sollte in einer 1965 durchge f ü h rten J ugendveranstaltung öffentlich und i n großer Runde über "Liebe, Mädchen, junge Män n e r" diskutiert werden, während d ie Einladung n och d u rch persönliche Briefe der Gemeindever walt u n g a n sämtliche ortsansässigen J ugend l i chen erfolgt war.48 Sichtbar bemühten sich Rat u n d Verwaltung m it i h ren Initiativen daru m, im Ort ein moder nes, städtisch orientiertes Kulturleben zu eta b l i eren. H i e rm it sollten z u n ächst v.a. die neu zugezogenen bürgerlichen Schichten eingebun den werden. U nterstützt wurden d iese Bemü h ungen d u rch die zeitgleich durchgeführte Bil- d u n gsreform, d ie die E i n richtu ng höherer Schu len in (Havelse-) Garbsen erleichterte. Das Programm war dennoch nicht a uf die bürgerliche Zielgruppe beschränkt, sondern sollte, von dort a usgehend, weitere Bevölkeru ngskreise e rrei chen. Es war, wie am bereits erwähnten Freizeit heim oder an der 1968 beantragten Integrierten Gesa mtschu l e (IGS) d e utlich w u rde, Ausd ruck e i n e r a n sozialdemokratischen Reformvorstel l ungen orientierten Kommunalpolitik, der es u m e i n e positive Ausdeutung d e s Gesamtprojekts ,Auf der Horst' bzw. "Stadt (Havelse-) Garbsen" ging. Tatsächlich gelang es m it diesen Mitteln i n den Ja hren u m 1968, so etwas wie e i n e Auf- 48 Vgl. StAG, Ace. 32/92 Nr. 168, Havelser Helferkreissit zu ng v. 28.11.1965. 115 bruchstimmung in der Stadt zu erzeugen. Zahl reiche in den Neu baugebieten a u ftretende Probleme konnten n u n m it I m p rovisation gemeistert und in positive Aneig n ungsleistun gen verwandelt werden. Es gelang, Neubürger z u r Beteiligung am örtlichen Vereinsleben, a n Abb. 5 lIeauchen Sie die GARBSER WIRTSCHAFTS -SCHAU Au• •taUung und V.,..k..u ••rn..... vom 2115. M G... 1972 bis 3 . Ap..11 U)72 TSglloh von 10 blatS Uhr _ Q..r-b •• n _ Aul dor Ho.. "t • KubSchraube�Ruo�lIlloa - SUOOlaoS ffilhlCbOoDln-!ODlerl • mOIlCn zwei MOnenSCnauen - TauSenns TOomoeo 'PM i�eiqui� Ijj� bie <1M�e 'flillliliel Mit einer Verkaufs messe präsentierte sich (Havelse-) Garbsen 1972 auch als ökonomisches Zentrum (Stadtarchiv Garbsen) Abb. 4 Schulelternbeiräten, Kirchenvorst änden und der Kommunalpolitik zu bewegen.49 Mit seinen Kul turveranstaltungen, seinen großen Schützenfes ten und Schlagerfestivals entfaltete die Stadt i n d iesen Jahren auch nach a u ßen die Wirkung eines a ufstrebenden städtischen Zentrums. Reichte dies aber aus, um in der Gebietsreform die kom munale Eigenständigkeit zu verteidigen? 49 Von 1964 bis 1967 war die Kommunalwahlbeteiligung in (Havelse-) Garbsen von 78 Prozent auf 60 Prozent abge sun ken; insbesondere in der Siedlung ,Auf der Horst' wählte 1967 nicht einmal jeder zweite Wahlberechtigte. 1968 stieg 116 Vereinskultur in der jungen Stadt - vielleicht nicht urban. aber die Beteiligung wieder auf 70 Prozent an. Vgl. Vergleichs integrativ: Garbsen-,Auf der Horst', 1972 (Foto: Sig. Strehlke) bauten (wie Anm. 30), S, 77. 7. Ablauf und Ergebnisse der Gebietsreform in Garbsen Der Abschlussbericht der Sachverständigen kommission für die niedersächsische Verwa l t u ngs- u n d Gebietsreform, das so genannte ,Webergutachten', em pfa h l 1969 erwartungsge mäß die Eingemeindung von (Havelse-) Garbsen, Beren bostel und Stel i n gen nach H a n n over.so Offen blieb dagegen die Situation für die nörd l i chen Ga rbsener Gemeinden. Hier hatten sich 1968 zwei Samtgemeinden um die Dörfer Horst und Osterwald gebildet, die a ber mit rund 4000 b zw. 6000 E i nwohnern beide n icht "leitbildge recht" i m S i n n e der Reformvorgaben waren .S 1 Auch nach einem Zusammenschl uss hätten sie n u r knapp die im Agglomerationsraum Hanno ver a n gestrebte Mi ndestgröße a ufgewiesen, zumal einer Teilgemeinde - Schloss Ricklingen n a he gelegt wurde, sich a n Wunstorf anzuglie dern.s2 Eine mögliche Lösung dieses Problems bot die Vereinigung der beiden Samtgemeinden m it Stelingen und Berenbostel, ü ber deren Angliederung an H a n nover ein Ver h a n d l ungs- spielra u m bestand. Anders a l s in Garbsen-,Auf der Horst' hatte die Großstadt in der Berenboste ler Kronsbergsied l u ng keine I nvestitionen i n öffentliche E i n richtungen getätigt, deren Aus maß eine Eingemeindung unabdingbar erschei n e n l ieß. Allerd ings konnten die beiden Oster waider Gemeinden diesem Modell n u r wenig a bgewinnen, und auch die Stadt (Havelse-) Garb sen wollte sich mit ihrem Schicksal nicht abfin den. Neue Wege in der Zuordnungsfrage zeichneten sich a b, als der Schloss Ricklinger Gemeinderat u m 1970 entschied, die Kinder der a ufgelösten Dorfsch u le nicht nach Wu nstorf, sondern nach 52 Im hannoverschen Umland wurde die Bildung mög lichst kräftiger Kommunen a ngestrebt, um der Hauptstadt h i n reichend starke Verhandlungspartner für 50 Verwaltungs- und Gebietsreform ... (wie Anm. 36), S . 83. 5 1 Es handelte sich u m die Samtgemeinde Osterwald, bestehend aus den selbständigen Gemeinden Osterwald eine ausge glichene Gestaltung der Gesamtregion gegenüber zu ste lle n. In größerung die gleiche Richtung wies die a ngestrebte Ver des landkreises Han nover; er sollte gegenüber Oberende und -Unterende, sowie um die Samtgemeinde der Großstadt ebenfa l ls genügend demograph isches Horst mit Horst, Frielingen, Meyenfeld un d Schloss Ricklin ,Gewicht' aufweisen, in der Anzahl seiner Mitgliedsgemein gen. Zielvorga be für die Bildung neuer Gemeinden Einwohnerzahlen von mindestens 7-8000 Personen. ware n den aber überschaubarer- und das hieß: nicht zu kleinteilig - werden. 117 (Havelse-) Garbsen einzuschulen. Alltagsschwie rigkeiten wie d i e hä ufige Sperrung d e r alten, ü berschwem m u ngsgefä h rdeten Verbi ndu ngs brücke nach Wunstorf spielten dabei eine ebenso wichtige Rol l e wie die Aussicht a uf d u rchgehende Schullaufbahnen der Dorfjugend im inzwischen s c h u lisch voll a u s gestatteten (Havelse-) Garbsen.53 Die Schloss Ricklinger Ent scheid ung bewirkte a u c h bei den ü b rigen von Schulschließungen und -einschränkungen betrof fenen, bislang nach Berenbostel orientierten Ort schaften d e r Samtgemeinde Horst e i n e Umorientierung i n Richtung (Havelse-) Garbsen. Die von staatlicher Seite seit Anfang der 60er Jahre voran getriebene Auflösung der dörflichen Zwergsc h u l en 54 trug so im Ver b u n d m it d e m Ausbau d e s weiterfü h renden Schulwesens z u e i n e r I ntensivierung d e r in t erko m m u nalen Zusammenarbeit in Garbsen bei und unterstütze auch d i e E i n i g ungsprozesse im Rahmen der Gebietsreform. Schon die B i l d u ng der Samtge meinden Horst und Osterwald wie a uch die Ver einigung von (Alt-) Garbsen u n d Havelse waren u.a. d u rch d i e E in richt u n g von höheren bzw. ,Mitte l p u n ktschulen' a ngeregt worden. Jetzt füh rte d i e Sch u l kooperation erneut zu Ü berle gungen, diese zu einem festen kom m u nalen Zusammenschluss auszuba uen. Die Investitionen (Havelse-) Garbsens in den Bildungssektor wurden damit zum entscheiden den Faktor, d e r die Stadt in die Lage versetzte, den E i ngemeindu ngsforderu ngen Hannovers praktika ble Gege n modelle e i n e r kom m u nalen Einigung entgegen zu setzen. Zwei Alternativen kristallisierten sich hierbei heraus: entweder Bil d u n g von zwei Kom m u nen, bestehend a u s (Havelse-) Garbsen und d e r Samtgemeinde Horst einerseits sowie Berenbostel, Stelingen u (ld der Samtgemeinde Osterwald andererseits, oder Bil d u n g einer G roßkom m u n e a us a l len diesen 54 In Garbsen begann die Auflösung der Zwergschulen 53 D i e 1966 un d 1968 eingerichteten Realschul- u n d 118 1962 mit der Unterrichtung der neu eingeführten 9. Jahr Gym nasialklassen waren 1969 u n d 1971 d u rch Errichtung gänge in gemeinsamen Mitte lpu nktschulen. Bis 1970 eigener Gebäude zu vollwertigen Schulen geworden, 1972 führte sie zur Konzentration fast aller Jahrgänge ab Klas auch die seit 1965 bestehende Sonderschulklasse. Vgl. Gerd senstufe 5 an diesen Standorten. Fünf der dadurch a u f reine Pehl, Viel Schüler gab es und wenig Raum. Das Garbsener Grundschulen reduzier�en Dorfschulen wurden bis 1976 Schulleben nach 1965, Garbsen 1998 (Schriftenreihe z u r ganz geschlossen oder in reduzierte Grundschulen (Jg. 1 Stadtgeschichte, 9). und 2) verwandelt. Vgl. Pehl (wie Anm. S3). Orten. Ergänzt u m die kleine Ortschaft Heitlin gen, setzte sich die letztere schließlich d u rch. Damit wurde nicht nur den bereits bestehenden Gemeindekontakten im ,Versorgungsbereich V I I I ' der G roßrau mverba ndsplanung Rechnung getragen, sondern auch der besseren politischen Ü berlebensfä h i gkeit eines möglichst großen komm u nalen Gebildes. Der Entwurf zu einem entsprechenden Grenzänderungsvertrag wurde bereits im Sommer 1971 von der Mehrheit der Gemeinden und wen ig später von a l len zehn Komm u nen gebilligt. Dieser Absichtserklärung vermochte sich der Gesetzgeber bei der komm u n alen Neuord nung d e s R a u m s Hannover 1974 n i cht m e h r zu widersetzen. Die heutige Stadt G arbsen war entstanden. 8. (Havelse-) Garbsen - ein Zentrum für die neue Stadt? Mit c;ier gefu ndenen Lösung war das Kal kül des (Havelse-) Garbsener Stadtrats aufgegangen, dem Ort d u rch den Aufbau zentralörtlicher Ein r i chtungen die notwendige Bedeutung fü r ein kommunales Überleben im größeren Rahmen zu verschaffen. Auch für Berenbostel und die übri gen Garbsener Ortschaften war h iermit eine gut ü berschaubare Verwaltungseinheit geschaffen worden, die mit dem nahezu deckungsgleichen Amt Ricklingen sogar einen historischen Vorläu fer besaß.5s Konnte a ber die n u r wenige J a h re a lte Stadt (Havelse-) Garbsen ein identitätsstif- tender Mittelpunkt dieser neuen Stadt werden? Reichte ihr u rbanes Gewicht a u s, u m i h r einen insgesamt "städtischen" Charakter zu verleihen? Die Chancen h ierfür standen nicht sonderlich gut. Die neue Stadt Garbsen war d u rch die E i n bindung einer Korona dörflich strukt u r ierter Gemeinden nicht n u r sehr heterogen z u s a m mengesetzt, sondern s i e verfügte m it Berenbos tel auch über einen zweiten, wenn a uch weniger ausgeprägten städtischen Schwerpu n kt. Ferner war sie d u rch die zwischen den Ortsteilen liegen den, offenen Landsch aftsräume sowie die d rei Hauptverkehrsadern Autobahn, Mittellandkanal und Bundesstraße stark segmentiert. Insgesamt entsp rach die Stadt so ka u m dem Leitbild der klassischen eu ropäischen Stadt, das trotz a l ler faktischen Auflösungserscheinu ngen bei La ien wie Fachleuten weiterhin a l s Maßsta b für die Bewertung der ,Urbanität' einer Stadt wirksam war. 55 Ihm hatten bis auf Heitlingen alle Orte der heutigen Stadt Garbsen angehört. Vg l Heimatchronik . (wie Anm. 16), S. 105 ff . .. 119 Vor a l lem aber brachte die ehema lige Stadt (Havelse-) Ga rbsen selbst keine optimalen Vor aussetzungen m it, u m der Aufgabe als Zentrum gerecht zu werden. Dies hatte mehrere Gründe: Zum einen wa r d ie Konzeption eines eigenen identitätsstiftenden Stadtzentru ms i n Anknüp- fun g a n die Siedlung ,Auf der Horst' mangelhaft geblieben. Sie war als Wohnstadtteil geplant worden und verfügte daher n u r über einen klei nen, nach i n n e n gekehrten Sied l u n gs mittel p u n kt.56 Der Versuch, dieses Siedlungszentrum d u rch den Bau von Freizeitheim, Hallenbad und höheren Schulen zu einer "kulturellen Mitte" der Stadt aufzuwerten, erwies sich als unzureichend. Das an zentra ler Stelle geplante Freizeitheim konnte die ihm zugedachten kulturellen Aufga ben nicht wa h rneh men, da es a u s fi nanziellen G ründen n u r zur H ä lfte fertiggestel lt wurde. H i e rd u rch entfiel u.a. d i e Stadtha l le, die eine wichtige Voraussetzung für einen urbanen Kul turbetrieb gewesen wäre. Die ü brigen R ä u m e mussten dagegen fast gänzlich d e r J ugendarbeit vorbehalten bleiben. Ferner war das für den Auf bau einer Stadtidentität bedeutsame neue Rat haus i n einer übereilten Aktion noch 1965/66 von der alten Gemeinde Havelse und abseits des potenziellen Stadtmittelpunkts errichtet worden - vermutlich eine Folge der zu dieser Zeit geheg ten Hoffn ungen, a uch den Stadtteil Hannover Marienwerder in die neue Kom m u n e einbinden zu können.57 Ein 1973 neben der Sied l u n g ,Auf der Horst' e röffnetes E i nkaufszentrum konnte die mangelnde Zentrumsfunktion des Neubau gebietes zwar etwas a usgleichen, schmälerte aber seinerseits das Gedeihen der beiden sied lungsinternen Ladengruppen. Außerdem zeigten sich schon bald die Grenzen dieses Versuchs, i m halböffentlichen R a u m eines Privat u nterneh mens einen City-Ersatz zu schaffen. Außerhalb des Gebäudes war von dem geschäftigen I nnen leben der E i n ka ufspromenade n u r wenig spür bar, und ab 18.30 U h r stand sie der Öffentlichkeit ohnehin nicht mehr zur Verfügu ng. Zum zweiten hatte das wichtigste urbane Ele ment (Havelse-) Garbsens, die Siedlung ,Auf der 56 Gemeint ist der ,Herouville Saint�Clair*Platz', an dem sich zunächst ein kleiner Ladenkomplex, zwei Kirchen mit Gemeinderäumen sowie ein Postamt versammelten. 1972 120 57 Hierauf deutet v,a. die Lage d'es Gebäudes im Ortsteil wurde das Freizeitheim der Stadt hinzugefügt, das auch ein Havelse hin. Sie wäre in einer Stadt G a rbsen-Havelse Hallenbad enthält. Marienwerder zentral gewesen. H orst', ihre anfangs d u rchaus positive Besetzung nach einiger Zeit eingebüßt. Ab etwa 1970 wurde ein "Abkippen" der Bewohnerstruktur in Richtung einer als problematisch wahrgenom menen sozialen Zusammensetzu ng festgestellt. D ieser a us anderen G roßsied lu n gen bekannte Vorgan g beruhte z u m Tei l a uf der natürlichen Bewohnerfl u ktuation, wenn etwa Mieter der E rstbeziehergeneration die Siedlung nach einer beruflichen Verbesserung verließen, um anders wo eine größere Wohn ung oder ein Häuschen im G rünen zu beziehen. Frei werdende Wohnungen wurden ,Auf der Horst' wegen der bestehenden Sozialbindung a ber vornehmlich erneut mit ein kommensschwachen Mietparteien a u s Hanno ver besetzt, so dass die Siedlung mit der positi ven ökonomischen Entwicklung ihrer Umgebung n icht Schritt ha lten konnte. Dieser Trend verstärkte sich d u rch Fä l le, i n d enen - i n s besondere b e i H a u s ha ltsneugrün d ungen - finanziell u ngenügend a bgesicherte M ietparteien den U m z u g in die N e u ba uwoh n ung ökonomisch n icht verkraften konnten. Höhere Mieten, E i n kommensei n b u ßen bei einem oder gar beiden Ehepartnern, hervorgeru fen d u rch den Mangel an ortsnahen Arbeitsstel l e n oder den j a h rzeh ntelang a ufgeschobenen Bau der Garbsener Straßenbahnanbindung, die Geburt von Kindern und schließlich der Ausfall von Unterstützungsleist ungen Bekannter u n d Verwandter i m neuen sozialen Umfeld waren die A uslöser für vielfältige Schwierigkeiten. Die in den Ja hren um 1970 ,Auf der Horst' hä ufigen Zwangsräu m ungen ließen die Probleme solcher Familien d u rch das Auftreten von Gerichtsvollzie her oder Polizei auch ins Licht der Öffentlichkeit treten und verstärkten so den schlechten Ruf der Siedlung. Die große F l u ktuation der Mieter erschwerte zudem den Aufbau stabiler nachbar schaftlicher Beziehu ngen innerh a l b der Sied l u ng. Bewohner wie Stadtverwaltung waren hierd u rch stets a u fs Neue vor die Aufgabe gestellt, N e u b ü rger zu i ntegrieren. Techn isch organisatorische Mängel wie schlechte Schall iso lierung u n d ä u ßere Reizlosigkeit der H ä user, u ngenügende Versorg u n gsmöglichkeiten u n d eine chronische Überbelegung der Sch ul klassen trugen schließlich ein Ü b riges dazu bei, sol ventere Mieter a us dem Neuba u komplex zu ver treiben. Der Gleichklang i n der generativen Entwicklung der Siedlu ngsbewohner stellte die Stadtverwa ltung vor große Probleme bei der Beschaffu ng von Sch u l rä u men, Ki ndergarten plätzen und Freizeiteinrichtungen, denn auf den Einzug vieler j unger Paare und Familien a ls dem mobilsten und am stärksten von Woh n ungsnot betroffenen Bevölkerungsteil folgte schnell das 121 Anwachsen eines , Kinderbergs', der später in eine entsprechend große Zahl von Jugendlichen überging. Bemü h ungen der Stadt Garbsen, Einfluss a uf die ungünstige Belegungspraxis der Stadt Han nover zu erhalten, blieben weitgehend erfolglos. Die E i gentumsverhältnisse und der 1964 a bge schlossene ,interkommu nale Vertrag' erlaubten es der Hauptstadt, den Sozialwohnungsbestand der Siedlung ohne Rücksicht auf (Havelse-) Garb sener I nteressen fü r die Lösung der eigenen, drängenden Probleme bei der Wohnungsversor gung zu nutzen. Zum d ritten waren die Versuche, in (Havelse-) Garbsen ein an städtisch-bürgerlichen Kulturvor stellungen orientiertes, urbanes Kulturleben zu etablieren, das a uch in den umliegenden Orten Beachtung gefunden hätte, letztlich nur mäßig erfolgreich geblieben. Hierfü r waren u.a. d i e u n z u reichenden Rahmen bedingu ngen verant wortlich: Kammermusikabende in Sch u l a u len mit schlechter Akustik, die wegen eines ver sti mmten Klaviers stu ndenlang nicht begin nen konnten und schließlich d u rch ein Akkordeon aus 122 dem Besucherkreis gerettet werden mussten, waren zwar ei nzigartig, trugen aber nicht zum Ruf Garbsens als ,Kulturstadt' bei.58 Autobesitzer besuchten solche Vera nsta ltungen bald nicht mehr, da sie in einer halben Stunde ein Theater oder das Opernhaus in Hannover erreichen konn ten. Neben ungestörtem Kunstgenuss fanden sie dort auch einen angemessenen Rahmen für die Pflege gesellschaftlicher Kontakte - ein für die zah l reichen i n Han nover tätigen Garbsener ohneh i n interessanter Nebenaspekt. I m Ver gleich zum modernen hannoverschen Kulturge schehen boten die G a rbsener Veranstaltungen a u ßerdem n u r einen begrenzten Neuigkeitswert. Schließlich litt der örtliche Kultu rbetrieb auch unter einer allgemeinen Zunahme der familiären Häuslichkeit. I h r wurde in den Jahren um 1970 durch die Verbreitung von Fernsehern und neuen Audiogeräten m it H i Fi-Qual ität u n d Stereo Sound neuer Vorsch u b geleistet. Lifeveranstal tungen m ussten mit diesen Medien in Konkur renz treten, und a uch in (Havelse-) Ga rbsen begannen Veransta ltungshinweise der Lokal presse nun bisweilen mit der Aufforderung, doch einmal "das Fernsehgerät ausgescha ltet zu las sen" und auszugehen. Die städtischen Kulturini tiativen blieben dennoch stets Zuschussvera n staltu ngen, die oft n u r einen kleinen Kreis kulturell Interessierter erreichten. 58 Vgl. den Bericht in der Leinezeitung v. 3.6.1970. Die Stadtgründung (Havelse-) Garbsens u n d d er Versuch, dort e i n städtisches Leben entste hen zu lassen, fielen somit in e i n e kulturelle U m b r uchzeit, i n der die I nsignien klassischer b ü rgerlicher U rbanität unter dem E indruck von Haushaltsverkna p p u n gen, wachsender Mobi l ität, neuen medialen Angeboten u n d neuen Ausdrucksformen vor Ort nicht mehr finanzier b a r waren, nicht genügend nachgefragt oder sogar in Frage gestellt wurden. Dies wurde insbe sondere im Bereich der Jugendarbeit und -kultur deutlich. Jugendliche forderten - wenn a uch n u r i n Teilgruppen - i n d e n Jahren u m 1970 von der Stadt Unterstützung bei der Veranstaltung von Beatkonzerten u n d D iskoabenden, sowie weite Freirä u m e in der Organisation u n d Gesta ltung der von der Stadt geschaffenen Jugendtreffpunk te. Ihre ,alternativen' Vorstell u n gen können zwar im Nachhinein als wichtiges Element einer kultu rellen Modernisierung und als Tei l e ines u rbanen (Havelse-) Garbsener Stadtlebens identifiziert werden, stießen d a m a l s a ber weitgehend auf Ablehnung. Der Betrieb des von ihnen gehutzten Freizeitheims im Stadtteil ,Auf der Horst' wurde wegen Konflikten um j ugend liche Mitverwa l t u ng, Alkoholausschank u n d Disko-Öffn ungszei ten zeitweilig zum öffentlichen Streitpunkt. Die u rbanen j ugendkulturellen Ausdrucksformen w u rden weder i n ne r h a l b (Havelse-) Ga rbsens noch in den U m landdörfern "verstanden", son dern waren eher geeignet, die Vorbehalte gegen über der Siedlung ,Auf der Horst' zu verstärken. Die überwiegende Mehrheit der Einwohner u n d a uch ein großer Tei l der J ugendlichen begeisterte sich dagegen eher für die erwähnten Schützenfeste oder die von der Stadt organisier ten Sch lagerfestiva ls. Sie konnten mit der Ver pfl ichtung von bekannten TV- und Radiostars erfolgreich an neue, massenmedial vermittelte Trends anknüpfen und zogen bisweilen mehrere Ta usend Besucher a uch a u s den Nachbarorten an. Für den kommunalen E inigungsprozess mit den u mliegenden Dörfern mochte dies günstig sein, da es eine kulturelle Gleichheit signalisierte und bestehende Kontakte vertiefte. "Städtische" Qualitäten bewies Ga rbsen-Havelse a l lerd ings weniger d u rch qualitativ andere, sondern allen fa lls d u rch größere und häufigere Veranstaltun gen, als sie in der ländlichen Umgebung zu fin den waren. Außerdem m usste sich d i e Stadt Anfang der 70er Jahre a uch aus diesen Projekten wieder zurückziehen, da ihr fina nzieller und per soneller Spielra u m d urch Maßnahmen z u r Bewä ltigung der sozialen Probleme, d u rch unvorhergesehene Kostensteigerungen bei den S c h u l ba uten und d u rch einen wirtschaftlichen 123 Abb. 6 Das Zentrum der neuen Stadt Garbsen? Die Stadtteile Havelse (unten), Altgarbsen (links) und ,Auf der Horst' (oben) mit den Schneidelinien Autobahn und Mittellandkanal, um 1972. Erst mit der Bebauung der Freiflächen zwischen Autobahn und Berenbostel (ganz oben) fand Garbsen seinen Mittelpunkt (Foto: Sig. Strehlke) Strukturwa ndel e ingeschränkt wurde. Ihm fielen die verbliebenen Ziegeleien und Ha rtsteinwerke 124 z u m Opfer, wä h rend d i e Ansiede l u ng neuer Betriebe nur langsam voransch ritt.s9 Vor dem Hintergrund dieser Probleme war das Ziel einer in neren Konsolidierung in (Havelse-) Garbsen somit nur teilweise erreicht worden. I n d e n wenigen J a h ren i h rer Existenz hatte d i e Kom m u ne daher a u c h n icht genügend städti sche Identität u n d Ausstra h l u ngskraft entwi ckeln kön nen, um in der 1974 neu gebildeten Stadt unangefochten a ls Mittelpunkt zu fungie ren. Zu groß war h ierfür das Eigengewicht des zweiten Garbsener Siedlungsschwerp u n kts Berenbostel, und zu stark die räu mliche und sozi a l e Trennung zwischen den verschiedenen Orts teilen. Die Altei n gesessenen der neu hinzu gekommenen Dörfer waren noch stärker ländlich geprägt als die (Havelse-) Garbsener Altbürger es waren, und auch die städtischen Neubürger die ser Orte hatten i h ren Wohnort bewusst gerade a uf dem land gewählt. Oftmals d u rch eine geho bene E i n kommenslage unterstützt, u nterhielten s i e zwar viele berufliche u n d private Kontakte nach Hannover, zeigten a ber a n der nahen, mit sozialen Problemen belasteten Klei nstadt (Havelse-) Garben wenig Interesse. Die neue Stadt Garbsen blieb a u s d i esen Gründen vorerst ein verwaltungstechnisch zwar erfolgrei.c hes, in der sozialen Alltagswirklichkeit Sg Stadt Garbsen (Hg.), Garbsen, eine j unge Stadt, Garb sen .1971, S. 31 f., S. 161. Die Ausweisung von Gewerbege bieten war wegen Planungsvorbehalten und Erschließungs problemen auf Flächen südlich der Autobah n besch ränkt. aber wenig präsentes Gebilde, das nur allmäh lich in der lage war, die orts- und dorfbezogenen Identitäten u m e i n e neue, Gesamtgarbenser Identität z u ergä nzen. Die Frage nach einem Mittelpunkt, einem identitätsstiftenden Garbse ner Stadtzentrum wurde unter diesen Umstän- den zunächst nicht gestellt bzw. im Sinne dezen traler Einrichtungen beantwortet. Garbsen war, mehr noch als das bisherige (Havelse-) Garbsen, eine Vorstadt, die städtische mit ländlichen Ele menten verband, ohne einen eindeutig urbanen Charakter auszustrahlen. Dass die Diskrepanz zwischen realem Stadt verba nd u n d fragmentarischer Stadtidentität, zwischen urbanem Anspruch und vorstädtischer Al ltagswirkl ichkeit dennoch als unbefriedigend e m pfunden wurde, zeigen die einige Jahre nach 1974 eingeleiteten Bem ü h ungen, die beiden Siedlungsschwerpunkte Berenbostel und (Havel se-) Garbsen zu einem vergrößerten städtischen Siedlu n gs bereich zu vereinen. Mit der Erschlie ßung des trennenden Geländestreifens zwischen beiden Ortsteilen d u rch den neuen Stadtteil ,Garbsen-Mitte' konnte allerdings erst ab 1980 125 begonnen werden, denn an weiterem Massen woh nungsbau bestand in Garbsen weder Inte resse noch Bedarf, und die Errichtung von Eigen heimen schritt in der wirtschaftlichen Rezession der 70er und 80er J a h re nur langsam voran. Die a l lmähliche Schließung der großen Baulücke bot zugleich den Ansatzpu n kt fü r die Planung eines neuen, gesamt-Garbsener Stadtzentrums. Diese ,Neue Mitte' Garbsens nahm zwar angesichts der gerade erst geschaffenen, umfangreichen öffent lichen E i n richtungen ebenfalls nur langsam Kon t u ren an, bietet a ber inzwischen - ein Viertel j a h r h u ndert nach dem Entstehen der neuen Stadt - vielversprechende Ansätze zur Herausbil d un g eines identifikatorischen städtischen Mittelpunkts. 60 60 Vgl. Stadt Garbsen (Hg.), Garbsen ,Neue Mitte', Werk stattverfahren 2000. Projektinformation, Dortmund/Ga rb sen 2000, S. 8 ff. 126 9. Resümee Die Stadt Garbsen, so lässt sich zusammen fassen, stellt sich z u nächst a l s M u sterbeispiel einer d u rch das regionale Oberzentrum bewusst vora ngetriebenen Suburbanisierung dar. Dessen Einfluss beschrän kte sich nicht auf wirtschaftli che u n d i nfrast r u kturelle Verflechtu ngen, son dern wu rde d u rch stadteigene B a u p rojekte d i rekt und für die Garbsener Stadtentwicklung entscheidend wirksam. Die Gebietsreformdebat te u n d die damit e i n h e rgehende Befürchtung einer Eingemeindung stadtnaher Gemeinden in die La ndeshauptstadt H a nnover forcierten seit Mitte der 60er Ja hre kom m u na l e Aktivitäten, d u rch die in Berenbostel und v.a. in Havelse und (Alt-) Ga rbsen wesentliche weitere, städtische Chara kterzüge geschaffen wurden. Sie konnten 1967/68 du rch die Vereinigung u n d Stadtwer dung (Havelse-) Garbsens ,gekrönt' werden. Die in der Folge neu errichteten, zentra lörtlichen Institutionen ermöglichten es der j u ngen Stadt ferner, u nter dem Druck der Verwaltu ngs- und Gebietsreform Partner für einen weiteren kom munalen Zusammenschluss zu finden. Mit der Bildung der heutigen Stadt Ga rbsen gelang es den Garbsener Gemeinden 1974, die komm u na le Eigenständigkeit im vergrößerten Rah men zu bewahren. Die zunächst von Hannover i n itiierte u rbane Entwicklung wurde somit i n einer zwei ten Phase u m einen gegen die Landeshauptstadt gerichteten I m p u l s ergänzt, in dem sich Sorgen um die kom munale Identität m it pragmatischen Z ielen h i n sichtlich einer a u s reichenden u n d a ngemessenen öffentlichen I nfrastrukturaus stattung verbanden. Die Verwaltungs- und Gebietsreform hatte i ndes e i n e sozial u n d siedl ungsgeographisc h stark segmentierte, heterogene Stadt entstehen lassen, d i e nicht m e h r dem Leitbild der klassi. schen europäischen Stadt entsprach, sondern neben einer Korona von ländlichen Siedlungen ü ber zwei städtische Schwerpunkte verfügte. Die F u nktion eines Stadtzentrums konnte von der b isherigen Stadt ( Havelse -) Garbsen nicht ausge f ü l lt werden, da d a s d u rch die Gebietsreform bestimmte Entwicklungstempo einer i n neren Konsolidierung d ieser Kommune wenig Zeit gelassen hatte. Die Stadtgründung fiel zudem in e ine Zeit, in der einerseits d ie negativen Aspekte e iner städtischen Gesellschaft stärker zum Vor schein traten, u n d a ndererseits die I nsignien klassischer bürgerlicher Urbanität vor einer Kon k urrenz aus höherwertigen Angeboten i n Han n over, medial vermittelter Massen ku l t u r u n d neuen kulturellen Vorstellungen z u rückweichen m ussten. Das den noch bestehende Bedürfn is n ach einem gemeinsamen, identifikatorischen M ittelpunkt der Stadt konnte u nter veränderten ökonom ischen Bedingunge n erst nach einer mehrjährigen Atempause i n eine entsprechende Zentrumsplanung u mgesetzt werden . Dessen i nzwischen weit fortgeschrittene Umsetzung a ngezeigt d u rc h die Schließung der B a u l ücke zwischen Berenbostel u n d (Havelse-) Ga rbsen, die Errichtung mehrerer Geschäftszentren, eines Kinos u n d eines neuen Rathauses im zentralen Bereich - verdeutlicht sowohl die lange Dauer städtischer Entwicklungsvorgänge als auch d ie anhaltende Wirkungskraft des ,klassischen' urba nen Vorbilds bei der Gestaltung von Stadt. 127 Tagungsband "Junge Städte In Ihrer Region": MItarbeiterinnen und Mitarbeiter Arlng, J ü rgen, Dr. rer. nat., Dip!.-Geograph, geb. 1961. - 1987-89 wiss. Mitarbeiter an der U niv. Münster, 1989-90 wiss. Mitarbeiter bei e m pirica Kom m u ni kations- u n d Tech nologie forschu ng G mbH in Bonn, seit 1991 Projektleiter bei empirica Strukt u r- und Stadtforschung G mbH; ergänzend Leh ra ufträge an der Univer sität sowie Publikation zah l reicher Fachaufsätze. - Adresse: empirica Gm bH, Kaiserstraße 29, 53113 Bonn. Auffarth, Sid, Dr.-Ing., geb. 1938. - Nach Mau rerlehre und Architekturstudium als Bauhistori ker, Hannoverkenner und B ü rgeranwalt aktiv: h a u ptberufl ich an der U niversität H a nnover, d a neben Bürgerbüro Stadtentwicklung Hanno ver. - Arbeitsschwerpunkt : Stadtbaugeschichte u nd Stadtbaugeschichten des 19. und 20. Jahr h u nderts. - Adresse: Institut für Bau- und Kunst geschichte, Schlosswender Straße 1, 30159 Han nover. Briesen, Detlef, Dr. ph i!., Privatdozent, geb. 1957. - Oberassistent im Fach Geschichte an der U niversit�t Siegen, Leiter eines Forsch ungspro jekts der Volkswagen-Stiftung zur Geschichte der Jugendkriminalität in BRD und USA nach 1945. Veröffentlichungen zur Stadt-, Regional- und Kul t u rgeschichte. - Adresse: Universität Siegen, Fach bereich 1, Adolf-Reichwein-Straße, 57068 Siegen. Dohms, Peter, Dr. p h i l, geb. 1941. Historiker, Staatsarchivdirektor a m Nord rhein-Westfä l i schen Hauptstaatsarchiv Düsseldorf. - Seit 1990 Schriftleitung "Der Archivar". Lehrbeauftragter an der Universität Düsseldorf. - Arbeitsschwer punkte: Stadtgeschichte, Frömmigkeitsge schichte, Drittes Reich, Studentenbewegung. Adresse: Nordrhein-Westf. H a u ptstaatsarch iv, Zweigarchiv Schloss Kalkum, 40489 Düsseldorf. Essen, Ma nfred von, Dr. phil, geb. 1952. Vol kskundler, Leiter des Stadtarch ivs und des Stadtmuseums Norderstedt . - Adresse: Stadtar chiv Norderstedt, Rathausallee 38, 22846 Nor derstedt. Fäh ndrich, Gisela, geb. 1943. - Su perinten dentin im evangelisch-lutherischen Kirchenkreis Garbsen-Seelze (seit 2001: Stadtkirchenverband, Amtsbereich Garbsen-Seelze), seit August 1993 Bürgerin der jungen Stadt Garbsen. - Adresse: Auf dem Kronsberg 36, 30827 Garbsen. 221 Franzke, Jochen, D r. rer. pol. habil., geb. 1954. - Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrst u h l Verwaltung und Organisation, Wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Fakultät der Universität Potsdam. - Lehre und Forschung zur Kommunal und Regionalpolitik in Deutschland u nd E uropa sowie zur Transformation des politischen Sys tems postsozialistischer Staaten. - Adresse: Uni versität Potsdam, Postfach 900 327, 14439 Pots dam. Göttner, Jens Holger, Dr. rer. pol., geb. 1944. Seit 2000 Regierungspräsident in Ha lle. E r war bis 1998 als Dezernent fü r Stadtentwickl u ng, Bauen und Wi rtschaft und Allgemeiner Vertreter des Stadtdirektors in Ga rbsen tätig. - Adresse: Regierungspräsidium, Postfach 200 256, 06003 Ha lIe. Heppner, Christian, M.A., geb. 1964. - Histori ker. Arbeitet Z.Zt. an einer Dissertation z u m Thema "Eine n e u e Stadt entsteht. Urbanisierung und städtisches Leben in Garbsen 1945-1975", gefördert d u rch ein Forschungsstipendium der Stadt Garbsen. - Veröffentlichungen z u Stadt222 und Regionalgeschichte. - Adresse: c/o Stadtar chiv Garbsen, Lehmstraße 1, 30826 Garbsen. Heuer, Alexander, geb. 1954. - Diplom-Inge nieur der Fachrichtung Raumplanung, Bauasses sor, Stadtbaurat der Stadt Garbsen seit 1999. Adresse: Rathausplatz 1, 30823 Garbsen. Lehmberg, Frank, geb. 1939. - Zum Zeitpunkt der Tagung Referatsleiter für den Städtebau im Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales; seit der Kabi nettsumbildung ab 1. J a n u a r 2001 i m I n n e n m i nisteriu m i n gleicher F u n ktion tätig. Referierte in Vertretung der N iedersächsischen Ministerin für Frauen, Arbeit und Soziales, Heidi Merk (Schirmherrin der Tagung) . - Adresse: Niedersächsisches Innenministerium, Lavesallee 6, 30169 Hannover. Priebs, Axel, Prof. Dr. rer. nat., geb. 1956. - Wis senschaftliche Leitung der Tagung. - Fachbe reichsleiter beim Kommunalverband Großraum Hannover und Honorarprofessor am Geographi schen Institut der U niversität Kiel. Er ist Mitglied der Akademie für Raumforsch ung und Landes p l a n u ng sowie der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung. - Adresse: Kom mu nalverband Großraum Han nover, Arnswaldt straße 19, 30159 Hannover. Saldern, Adelheid von, Prof. Dr. p hil, geb. 1938. - Wissenschaftliche Leitung der Tagung und Betreuung des Promotionsvorhaben zur Garbse- ner Stadtgeschichte (s.o.). - Professorin für Neue re Geschichte am Historischen Seminar der Uni versität Hannover. Sie ist Vorsitzende des Wis senschaftlichen Beirats der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in H a m burg u n d Mitglied des Kuratoriums, stellv. Vorsitzende der Gesellschaft für Stadtgesch ichte u n d U rbanisierungsfor schung und stellv. 5precherin des Arbeitskreises für Sozial- u n d Wirtschaftsgeschichte der H isto rischen Kommission für Geschichte Niedersach sens und Bremen. - Adresse: H i storisches Semi n a r der U niversität H a n riover, Im Moore 21, 30167 Hannover. Scholl, Rose, geb. 1957. - Orga n i?ation der ' Tagung. - Leiterin des Stadtarchivs Garbsen. Schriftleitung der "Schriftenreihe zur Stadtge schichte" u n d redaktionelle Betreuung des vor l i egenden Ba nds. - Adresse: stadtarchiv Garb sen, Lehmstraße 1, 30826 Garbsen. ZibelI, Ba rbara, Prof. Dr. sc. techn., geb. 1955. - Stadt- und Regiona l planerin. Professorin am I nstitut für Architektur- und Planungstheorie der U n iversität Hannover (Fachgebiet: Architektur soziologie u nd Frauenforschung); zahlreiche Ver öffentlichu ngen, Projekte und Beratu ngsman date, u.a. zur Stadtentwicklung Hannovers. Sie ist korrespondierendes Mitglied der Akademie für Raumforschung u n d Landesplanung. - Adresse: I n stitut fü r Architektur- und Planu ngstheorie, Schlosswender Straße 1, 30159 Hannover. 223 U msch laga bbi Id ungen: Alle Abbildungen zeigen Garbsen, den Vera nstaltungsort der Tagung "Junge Städte in i h rer Region", a l s Beispiel fü r d i e Entwi c k l u n g e i n e r j u n gen Stadt. D i e I l lustrationen symbolisieren Vergangenheit, Gegenwart und Zuku nft und greifen in ihrer Anordnung die Dyn a m i k des Stadt logos - einen sich entrollenden Pfeil - a uf. c..Stadt Garbsen I m Einzelnen in Pfei lrichtung, beginnend im Feld oben rechts: "Vergangenheit" 1. Auf der Horst, Wohnhäuser, August 1965 2. Auf der Horst, Alte Mühle, August 1965 3 . Auf der Horst, Panorama, Mai 1965 4. Auf der Horst, Woh n häuser, August 1965 (alle Fotos: Rudolph Guthmann, Stadtarchiv Garbsen) "Gegenwa rf' 1. Rathaus Garbsen, Südeingang, 2. 2000 (Foto: Carla Schmidt) Luftbild des P l a n u ngsgebietes "Neue Mitte Garbsen", Mai 1998 (Foto: Aerowest Photogrammetrie G m b H / Landesvermessung und Geobasisinformation Niedersachsen) 3. Teich und B a u m l e h rpfad im Stadtpark Ga rbsen, 1995 (Foto: Bruno Austen, Stadtarchiv G arbsen) 4. Rathaus Garbsen, Westa usgang mit Blick auf das Planungsgebiet "Neue Mitte G arbsen", 2000 (Foto: Carla Schmidt) JJZukunftli 224 2000 (s. s. 202) 2, 2000 (s. S. 203) 1. Entwurfswerkstatt Neue Mitte Garbsen: Städteba ulicher Masterp l a n von Tea m 4, 2. Entwurfswerkstatt Neue Mitte Garbsen: Städteba u l icher Entwurfvon Tea m Junge Städte - "Kinder" von Gebietsreformen - gibt es viele. Mit Garbsen, Norderstedt und Meerbusch werden in diesem Band drei besonders charakteristische Stadtgründungen der Reformphase um 1970 im historischen Rückblick vorgestellt. Dabei stehen Fragen zur Bildung eigener Stadtzentren und zur Entwicklung "urbanen Lebens" im Schatten angrenzender Großstädte im Mittelpunkt und fordern zum Vergleich auf. - Weitere Beiträge beleuchten eine Reihe übergreifender As pekte aus planerischer, historischer und politischer Perspektive; auch die Lebensqualität in jungen Städten wird diskutiert. Als aktuelles Beispiel für die Planung einer "Neuen Mitte" in der Region Hannover werden die Ergebnisse der "Städtebaulichen Entwurfswerkstatt Garbsen" vorgestellt. Der vorliegende Band dokumentiert die Tagung "Junge' Städte in ihrer Region", eine Veranstaltung der Stadt Garbsen mit Unterstützung des Kommunalverbandes Großraum Hannover vom 10. bis 11. November 2000. " Dieser Band ist ein Bekenntnis zur europäischen Stadt - verstanden als polyzentrische Stadtregion und als Gemeinschaft größerer und kleinerer selbständiger, jedoch funktional eng verflochtener kom munaler Einheiten. " Axel Priebs und Adelheid von Saldern (W issenschaftliche Leitung der Tagung), S. 24 Schriftenreihe zur Stadtgeschichte, 10 ISBN 3-9802985-7-4 ISSN 0940-0974 .Stadt H!N NOVER REGieN Garbsen KO M M U NALV E R BA N D GROSSRAUM HANNOVER