Paraguays "Guerra Grande" gegen die Tripel

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Paraguays "Guerra Grande" gegen die Tripel
Institut für
Politische Wissenschaft
Discussion Paper
No. 33
Paraguays "Guerra Grande" gegen die
Tripel-Allianz, 1864-1870
von Ralph Rotte
August 2009
http://www.ipw.rwth-aachen.de/for/paper_tx.html
ISSN 1862-8079
Im März 2010 jährt sich zum 140. Mal das Ende des sogenannten Tripel-Allianz-Krieges
Paraguays gegen Brasilien, Argentinien und Uruguay in den Jahren 1864 bis 1870, der im
historischen Bewusstsein in Deutschland und Europa praktisch nichtexistent ist. Obwohl der
Krieg von zeitgenössischen Beobachtern aufmerksam verfolgt und im Kaiserreich, während
der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus ausführlich rezipiert wurde, ist die Zahl
der Beiträge in der deutschen Militär-, Geschichts- und Sozialwissenschaft nach 1945 sehr
überschaubar. Der Tripel-Allianz-Krieg wurde in der zweiten Hälfte des 19. und in der ersten
Hälfte des 20. Jahrhunderts in Deutschland von konservativer und nationalistischer Seite vor
allem als Heldenkampf eines autoritären Musterstaats gegen eine liberale, angeblich vom
britischen Imperialismus gesteuerte Verschwörung einer übermächtigen Allianz interpretiert
(Domnick 1990: 61-154, 216-240). Demgegenüber beschränkte sich die wissenschaftliche
Betrachtung des Krieges nach dem Zweiten Weltkrieg im Wesentlichen auf zwei Punkte:
erstens auf den Aspekt der totalen Kriegführung Paraguays, die in gewisser Hinsicht als
Muster für die deutsche Erfahrung 1939 bis 1945 gesehen wurde, insbesondere was die
Verbundenheit der leidenden Bevölkerung mit einem verbrecherischen Regime angeht (241245, 250-256); sowie zweitens auf die Frage nach der entwicklungspolitischen Deutung des
Widerstands des relativ modernen, aber isolierten Paraguays gegen ein weltmarktorientiertes
Staatensystem im Sinne des Modells der autozentrierten Entwicklung (Domnick 1990: 245249). Selbst in der internationalen Geschichtswissenschaft und in der Lateinamerikaforschung
erfährt der Krieg Paraguays gegen die Tripel-Allianz aus Argentinien, Brasilien und Uruguay
von 1864 bis 1870 erst in jüngster Zeit wieder größere Aufmerksamkeit, wie die Werke von
Leuchars (2002), Whigham (2002) und Capdevila (2007) oder die Sammelbände von
Kraay/Whigham (2004) und Richard/Capdevila/Boidin (2007) zeigen.
Tatsächlich ist der Tripel-Allianz-Krieg in mehrer Hinsicht einzigartig: Er war der größte und
verlustreichste Krieg, der jemals auf südamerikanischem Boden ausgefochten wurde; er trug
wie die ebenfalls in der Mitte des 19. Jahrhunderts stattfindenden Konflikte des Krimkriegs
(1853-1856) und des Amerikanischen Bürgerkriegs (1861-1865) bereits deutlich die
Charakteristika der modernen industrialisierten Kriegführung, wie sie in Europa mit dem
Ersten Weltkrieg verbunden werden. Vor allem aber kann er, was die paraguayische Seite
angeht, mit Fug und Recht der erste echte moderne „totale“ Krieg genannt werden, dessen
relativen humanitären und sozioökonomischen Verluste alles übersteigen, was selbst das 20.
Jahrhundert in zwei Weltkriegen an Opfern, etwa auf der Seite der Sowjetunion oder
Deutschlands 1941 bzw. 1939 bis 1945 forderte. Vor diesem noch näher auszuführenden
Hintergrund sollen im Folgenden die zentralen politischen und strategischen Aspekte dieses
außerhalb Lateinamerikas „vergessenen“ Krieges in einem knappen Überblick beleuchtet
werden.
Die La Plata-Region und Paraguay in der Mitte des 19. Jahrhunderts
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Die internationale Konstellation im westlichen Südamerika, d.h. in der La Plata-Region war
zur Mitte des 19. Jahrhunderts von einem fragilen Gleichgewicht von vier Staaten
gekennzeichnet, welche nach 1816 aus dem ehemaligen spanischen Vizekönigreich
hervorgegangen waren bzw. sich von Portugal losgelöst hatten: Argentinien, Paraguay,
Uruguay und Brasilien. Zwischen diesen Staaten bestand neben der traditionellen
Machtkonkurrenz zwischen Portugal und Spanien, welche von Brasilien und Argentinien auch
teilweise militärisch
weitergeführt
wurde,
eine Reihe von postkolonialen
Territorialstreitigkeiten und internen Instabilitäten. So beanspruchte Brasilien den Rio de la
Plata als natürliche Südgrenze und damit zumindest große Teile Uruguays, während
Argentinien Ambitionen auf eine Wiederherstellung der Einheit des ehemaligen spanischen
Vizekönigreichs La Plata besaß. Entsprechend versuchte es, in Konkurrenz zu Brasilien die
Dominanz über Uruguay herzustellen und erkannte bis 1852 die Souveränität und die Grenzen
Paraguays, insbesondere westlich des Rio Paraguay, nicht an, zumal auch Paraguay
Ansprüche auf die nordwestliche Grenzregion Argentiniens, Misiones, erhob. Gleichzeitig
gab es Grenzstreitigkeiten zwischen Paraguay und Brasilien um das Gebiet zwischen dem Rio
Apa und dem Rio Paraguay im Nordosten Paraguays, die 1855 beinahe zum Krieg zwischen
beiden Staaten geführt hätten (Leuchars 2002: 22-30).
Zugleich war Argentinien bis zu Beginn der 1860er Jahre durch innere Unruhen und
Bürgerkriege zwischen der teilweise lediglich nominellen Zentralgewalt in Buenos Aires und
den konföderalen Autonomiebestrebungen von caudillos in den Provinzen geprägt. Am
Vorabend des Krieges mit Paraguay war Argentinien unter seinem seit 1862 amtierenden
Präsidenten Bartolomé Mitre alles andere als ein gefestigter Nationalstaat. Uruguay, dessen
Souveränität stets durch die Einmischung Argentiniens und Brasiliens zur Sicherung ihrer
strategischen Interessen zur Kontrolle der La Plata-Mündung relativiert wurde, befand sich
seit den 1830er Jahren in einem Zustand offenen oder latenten Bürgerkriegs ohne starke
Regierung. Bis zur Vermittlung eines Abkommens zwischen den Bürgerkriegsparteien durch
Argentinien 1851 herrschte in Uruguay sogar ein quasi-anarchischer Zustand. Brasilien
schließlich hatte innenpolitisch dahingehend Probleme, dass Teile des Königreichs vor allem
aufgrund wirtschaftlicher Interessen ebenfalls Autonomie- oder Abspaltungsbestrebungen
zeigten, etwa die Provinz Rio Grande do Sul an der Grenze zu Uruguay. Zum anderen war das
seit 1816 gepflegte Modell eines Königreichs europäischer Prägung in Südamerika, welches
noch dazu soziökonomisch auf der Sklavenhaltung beruhte, wachsender Kritik aufgrund
seiner ökonomischen und sozialen Unbeweglichkeit, Bürokratisierung und Korruption
ausgesetzt (Leuchars 2002: 15-21).
Demgegenüber bot Paraguay ein eigentümliches Bild innerer Stabilität (Leuchas 2002: 1-14).
Praktisch seit seiner Unabhängigkeitserklärung 1813 wurde das Land diktatorisch regiert,
zunächst von José Gaspar Rodriguez de Francia (1814-1840), dann von Carlos Antonio López
(1840-1862) und schließlich von dessen Sohn Francisco Solano López (1862-1870). Francia,
selbst creolischer Abstammung legte durch die weitgehende Eliminierung der traditionellen
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adeligen weißen Oberschicht, die teilweise noch aus Europa zugewandert war, die Grundlage
für eine hohe soziale und ethnische Homogenität der paraguayischen Bevölkerung (Williams
1974). Er förderte unter strikter Beschränkung der weiterführenden Schulbildung – welche die
Basis für die Herausbildung einer politischen Opposition hätte sein können - das
Primarschulwesen und die Integration der indigenen Bevölkerung, der Guaraní, wobei er an
die Traditionen der jesuitischen Missionare des 17. Jahrhunderts anknüpfte. Im Ergebnis
konnte Mitte des 19. Jahrhunderts der Großteil der Bevölkerung lesen und schreiben, und
Guaraní war zur Verkehrssprache auch der sozioökonomischen und politischen Elite des
Landes geworden.
Francia unterstellte außerdem große Teile der Wirtschaft durch Monopolbildung der
staatlichen Kontrolle, insbesondere die zentralen agrarischen Bereiche des Anbaus von Tabak,
Zucker und Mate (Tee), und enteignete 1824 alle Kirchengüter. Der Außenhandel wurde zum
Staatsmonopol und staatliche Farmbetriebe, die estancias de la República, wurden zum
Rückgrat der paraguayischen Wirtschaft, die unter strikter bürokratischer Aufsicht die
Versorgung der Streitkräfte und – neben der üblichen Subsistenzwirtschaft - der Bevölkerung
sicherstellten und Überschüsse erwirtschafteten, deren Erträge der Staatskasse zugute kamen
(Williams 1973). Mitte des 19. Jahrhunderts war Paraguay das einzige Land der Welt ohne
Staatsschulden. Antonio López führte diesen Weg weiter, baute das Landschulwesen aus und
schaffte 1842 auch offiziell die Sklaverei ab (Leuchars 2002: 7-9).
Obwohl die diktatorische Position der paraguayischen Präsidenten auch mit brutaler Gewalt
gegen vermeintliche oder tatsächliche Oppositionelle aufrecht erhalten wurde und
insbesondere unter den Nachfolgern Francias Korruption und Nepotismus in der
Präsidentenfamilie um sich griffen, scheint die überwältigende Masse der paraguayischen
Bevölkerung mit dem herrschenden System zufrieden gewesen zu sein. Schließlich standen
der fehlenden politischen Partizipation und einem begrenzten wirtschaftlichen Fortschritt in
der agrarisch verfassten Gesellschaft die weitgehende Gleichberechtigung aller
Bevölkerungsteile (außer dem Präsidenten und seiner erweiterten Familie natürlich) sowie
öffentliche Sicherheit und Ordnung und ein wirtschaftlich gesichertes Auskommen gegenüber
(Leuchars 2002: 8-9).
Für die Außenpolitik Paraguays waren zunächst die geopolitischen und machtpolitischen
Bedingungen der Region entscheidend. Selbst vom direkten Zugang zum Atlantik
abgeschnitten, war das Land hinsichtlich seiner Außenkontakte praktisch darauf angewiesen,
dass die Mündung des Rio de La Plata und damit über den Rio Paraná die einzige
Verkehrsverbindung zwischen dem Meer und der paraguayischen Grenze offen gehalten
wurde. Daneben waren die Größenverhältnisse der vier Staaten ausgesprochen ungleich
(Abente 1987: 54-56): Den kleinen Akteuren Uruguay und Paraguay mit rund 200-250.000
bzw. geschätzt 400-500.000 Einwohnern standen die übermächtigen Großen Argentinien und
Brasilien mit einer Bevölkerung von rund 1,5-1,7 Millionen bzw. 9 Millionen gegenüber. Die
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ungleiche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Akteure zeigt sich analog zu diesen
demographischen Unterschieden auch in einem Außenhandelsvolumen von rund 560.000
Pfund Sterling und jährlichen Staatseinnahmen (um 1860) von gut 300.000 Pfund Sterling für
Paraguay gegenüber rund 24 Millionen bzw. 4,4 Millionen Pfund Sterling für Brasilien
(Argentinien: knapp 9 Mio bzw. 1,8 Mio; Uruguay: 3,6 Mio bzw. 870.000) Eine isolierte
Auseinandersetzung mit einer oder gar beiden regionalen Großmächten musste unweigerlich
eine existenzielle Bedrohung für Paraguay nach sich ziehen.
Francia und Antonio López reagierten auf die strategisch schwierige Lage Paraguays in
dreierlei Hinsicht (Leuchars 2002: 3-8): Erstens setzten sie auf die Isolation und Autarkie des
Landes. Mit Ausnahme eines streng reglementierten, beschränkten Staatshandels gab es seit
den 1830er Jahren kaum einen nennenswerten Außenhandel Paraguays. Zweitens betrieben
sie eine ausgeprägte Gleichgewichtspolitik zwischen Argentinien und Brasilien. Dabei setzten
sie auf die andauernde Rivalität der beiden Mächte, in denen Paraguay trotz des
Territorialdisputs insbesondere als Puffer gegenüber argentinischen Ambitionen durchaus
prinzipiell auf die Unterstützung Brasiliens zählen konnte und dies u.a. wiederholt durch
Waffenlieferungen und ein Defensivbündnis im Jahr 1850 bestätigt bekam. Zugleich
bemühten sie sich um gute Beziehungen insbesondere zu den caudillos der argentinischen
Grenzprovinzen, etwa durch deren Unterstützung gegenüber der Zentralgewalt in Buenos
Aires. Drittens setzten Antonio López und auch sein Nachfolger Solano López auf eine
gezielte sektorale Modernisierung der paraguayischen Wirtschaft und Infrastruktur,
insbesondere im rüstungstechnischen Bereich (Williams 1977; Whigham 1978). Dazu warben
sie auch gezielt ausländische Fachkräfte an, mit deren Hilfe es gelang, 1849 ein Hütten- und
Stahlwerk in Ybicuy, 1855 eine Schiffswerft in Asunción und 1856 eine
Telegraphenverbindung zwischen Asunción und der südlichen Grenzstadt Paso de la Patria
am Zusammenlauf von Rio Paraguay und Rio Paraná aufzubauen. 1862 produzierte die
Anlage von Ybicuy die erste Kanone; bis 1870 wurden auf der Werft von Asunción sieben
moderne Dampfschiffe gebaut.
Gleichzeitig wurde die Armee unter der Anleitung brasilianischer, britischer und
österreichischer Spezialisten ausgebaut und modernisiert. Damit verbunden war auch eine
allmähliche Militarisierung der Gesellschaft und des Staates, wozu auch die Neugliederung
des Staatsgebietes in Militärdistrikte gehörte, in denen die Militärkommandanten zugleich
auch polizeiliche und administrative Aufgaben hatten und beispielsweise die Freizügigkeit der
ansässigen Bevölkerung aufheben konnten. Die damit verbundene Priorität auf der
Verteidigungs- und Selbstversorgungsfähigkeit des Landes gegenüber anderen kulturellen
oder sozialen Fortschritten erinnert dabei stark an die byzantinische Themenverfassung des 7.
und 8. Jahrhunderts (Thiess 1992: 441-453). Außerdem wurde die Festung Humaitá, die die
große Flussschleife des Rio Paraguay nördlich des ebenfalls befestigten Grenzortes Paso de la
Patria und damit den direkten Weg nach Asunción beherrschte, ausgebaut.
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In der Folge besaßen die paraguayischen Streitkräfte am Vorabend des Krieges mit einem
Friedensumfang von rund 10.000 Mann, Reserven von etwa 28.000 Mann, rund 400
Geschützen, 17 kleinen bewaffneten Dampfern sowie zusätzlich verfügbaren rund 35.000
kriegsdienstfähigen Männern eine relative Stärke, die weit über das demographische und
wirtschaftliche Gewicht des Landes im Vergleich zu seinen Nachbarn hinausging. Brasilien
verfügte demgegenüber über eine stehende Armee von rund 17.000 Mann mit der Guarda
Nacional von rund 20.000 Mann als Reserve (wobei die Schätzungen der im Ernstfall
mobilisierbaren Männer bis zu insgesamt rund 120.000 gehen), mehrere hundert Geschütze
und 17 Kriegsschiffe; Argentinien über rund 8.500 Mann der regulären Armee und etwa
20.000 Mann, die auf Provinzebene mobilisiert werden konnten, sowie rund 250 Geschütze
und 4 kriegstaugliche Schiffe. Die uruguayische Armee umfasste rund 1.500 Mann und 8
Geschütze (Scheina 2003: 314-317). In qualitativer Hinsicht bot die paraguayische Armee ein
ambivalentes Bild, auch wenn sie von zeitgenössischen Beobachtern als vielleicht beste in
Südamerika betrachtet wurde. Ihre Ausrüstung war ein Sammelsurium moderner und
überholter Waffen, von Musketen aus napoleonischer Zeit bis hin zu relativ neuen Gewehren
bei der Infanterie und Kanonen aus der spanischen Kolonialzeit bis hin zu modernen
Geschützen mit gezogenem Lauf bei der Artillerie. Entsprechend groß waren die logistischen
Probleme der Munitionsversorgung (Cooney 2004: 25-26). Im Unterschied zu den Truppen
insbesondere
Uruguays
und
Argentiniens,
welche
durch
ihre
diversen
Bürgerkriegserfahrungen geprägt waren, besaßen die Paraguayer außerdem praktisch keine
Kampferfahrung. Die größten Stärken der paraguayischen Armee lagen - neben dem Ruf
einer ausgezeichneten Ausbildung insbesondere der Artillerie - entsprechend in ihrer
ethnischen und sozialen Homogenität, in ihrer fanatischen Vaterlandsliebe und Loyalität
gegenüber Solano López sowie in ihrer strikten Disziplin (Leuchars 2002: 49-50; Scheina
2003: 318).
Der Weg in den Krieg
Zu Beginn der 1860er Jahre wurde die außenpolitische Situation Paraguays immer
schwieriger (Domnick 1990: 14-16). Ursache hierfür war das Wiederaufflammen des
Bürgerkriegs in Uruguay zwischen den Parteiungen der „liberalen“ Colorados unter Venancio
Flores und der „konservativen“ Blancos. Im Unterschied zur längerfristigen
Grundkonstellation ergab sich seit April 1863 die Besonderheit, dass sich sowohl Brasilien als
auch Argentinien auf die Seite der aufständischen Colorados und damit gegen die amtierende
Blanco-Regierung Uruguays stellten. Dies geschah einerseits aufgrund des Drucks
brasilianischer Siedler und Viehzüchter, die uruguayisches Territorium entgegen den Plänen
der Regierung in Montevideo weiterhin steuerfrei für ihre Herden nutzen wollten und um den
Sezessionsbestrebungen in Rio Grande del Sul keinen neuen Auftrieb zu geben; andererseits
aufgrund persönlicher und ideologischer Verbindungen zwischen Mitre und Flores (Scheina
2003: 314).
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Solano López sah in dieser Interessenkohäsion eine grundlegende Bedrohung der Position
Paraguays, die ja auf einem Gleichgewicht zwischen den Großmächten beruhte, und verlangte
Anfang September 1863 vergeblich eine Klarstellung von der argentinischen Regierung.
Vorläufig zog er es jedoch vor, die beiden großen Nachbarstaaten nicht direkt zu provozieren
und lehnte wiederholte Hilfsersuchen der uruguayischen Regierung ab. Zugleich erging im
Januar 1864 der Befehl zur schrittweisen Mobilmachung der paraguayischen Streitkräfte.
Angesichts wachsender Schwierigkeiten auf Seiten der Aufständischen stellte Brasilien
jedoch am 4. August 1864 ein Ultimatum an die uruguayische Regierung, auf die Anliegen
seiner Bürger in Uruguay einzugehen und drohte mit einer offenen militärischen Intervention.
López, der mittlerweile rund 30.000 Mann unter Waffen stehen hatte, reagierte mit einer
deutlichen Warnung an die brasilianische Regierung, welche aber ignoriert wurde. Während
die argentinische und die brasilianische Regierung, welche sich bereits im Juni 1864 auf ein
gemeinsames Vorgehen im Falle einer paraguayischen Einmischung geeinigt hatten, auf das
„aggressive“ Verhalten der Mobilmachung Paraguays verwiesen, begannen brasilianische
Marine- und Heereseinheiten Mitte September 1864 mit der Intervention in Uruguay. Ende
Oktober 1864 erschien die Lage der uruguayischen Regierung bereits aussichtslos. Erst in den
darauffolgenden Wochen entschloss sich López jedoch, in den Konflikt einzugreifen, und am
12. November 1864 kaperte die paraguayische Marine auf dem Rio Paraguay den
brasilianischen Dampfer Marquês de Olinda. Am 13. November 1864, als das Schiff in
Asunción eingebracht wurde, wurde dem brasilianischen Gesandten der Kriegszustand
zwischen Paraguay und Brasilien mitgeteilt (Leuchars 2002: 32-46).
Mitte Dezember 1864 begann dann die paraguayische Offensive mit der Invasion der im
Nordosten angrenzenden Provinz Mato Grosso durch zwei Korps von insgesamt rund 5-6.000
Mann (Leuchars 2002: 31-37). Bis Ende 1865 wurden die kaum verteidigten grenznahen
Städte, darunter Coimbra und Corumbá mit reicher Beute eingenommen und der westliche
Teil der Provinz bis zur Rückeroberung durch brasilianische Truppen im Frühjahr 1867
besetzt (Scheina 2003: 314). Am 14. Januar 1865 ersuchte Paraguay Argentinien um
Durchmarschrechte durch die südlich der Grenze gelegene Provinz Corrientes, um der
Regierung Uruguays zu Hilfe kommen zu können, was von Mitre am 9. Februar unter
Hinweis auf die argentinische Neutralität abgelehnt wurde – zumal gleichzeitig paraguayische
Truppen langsam in die umstrittene Provinz Misiones vordrangen. Daraufhin erklärte der
paraguayische Kongress Argentinien am 18. März den Krieg, was von López jedoch erst am
29. März offiziell weitergegeben wurde. Die argentinische Regierung erfuhr angeblich erst am
3. Mai 1865 davon, genehmigte aber bereits Anfang April die Durchfahrt brasilianischer
Kriegsschiffe, die am 10. April bei Goya, im Süden der Provinz Corrientes eine Blockade des
Rio Paraná errichteten (Leuchars 2002: 38-44). Am 13. und 14. April 1865 griffen
paraguayische Schiffe und Landungstruppen die argentinische Stadt Corrientes an, besetzten
sie und kaperten 2 argentinische Kriegsschiffe, woraufhin am 24. April 1865 die ersten
mobilisierten argentinischen Kräfte zur Rückeroberung aufbrachen (welche am 25. Mai für
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rund 24 Stunden erfolgte) und Argentinien am 3. Mai 1865 Paraguay den Krieg erklärte
(Scheina 2003: 318-320).
Bereits zuvor, am 1. Mai, hatten die Außenminister Argentiniens, Brasiliens und Uruguays
(nach der mittlerweile erfolgten Machtübernahme durch Flores) einen Bündnisvertrag über
die sogenannte Tripel-Allianz unterzeichnet, in welchem betont wurde, dass Krieg sich nicht
gegen das paraguayische Volk richte, sondern die Beseitigung der Herrschaft López’ zum
unbedingten Ziel habe. Die paraguayischen Verteidigungsstellungen von Paso de la Patria und
Humaitá sollten geschleift, seine Armee völlig demobilisiert werden. Obwohl zugleich die
Souveränität und territoriale Integrität Paraguays betont wurden, sollten sowohl Brasilien als
auch Argentinien ihre Territorialansprüche geltend machen können, was einer weitgehenden
Annexion oder Abtretung von rund drei Vierteln des paraguayischen Staatsgebietes
entsprochen hätte. Schließlich sollte Paraguay für die Kriegskosten aufkommen. Von Mai
1865 an sah sich López also mit einer Situation konfrontiert, die von ihm und dem
paraguayischen Volk als Programm eines buchstäblichen Vernichtungskrieges einer
übermächtigen Feindallianz gegen Paraguay interpretiert wurde (Warren 1962: 17-19; Ganson
1990: 359-360).
Kriegsursachen
In der Forschung ist bis heute umstritten, warum López sich durch seine Aggression gegen
Brasilien und Argentinien in eine solche, zumindest langfristig weitgehend hoffnungslose
Situation hineinmanövrierte. In der zeitgenössischen und älteren Literatur sowie in populären
Darstellungen wird der Kriegsausbruch abhängig von der nationalen und ideologischen
Haltung des Autors entweder den Ambitionen eines aggressiven größenwahnsinnigen
Diktators zugeschrieben, welcher sich durch die Einverleibung des nordwestlichen
Argentiniens, Südbrasiliens und Uruguays zum Kaiser Südamerikas aufschwingen bzw. eine
eigene paraguayische Dynastie begründen wollte (Washburn 1871: 522-525; Domnick 1990:
15; Williams 2000: 58; von Flocken 2007), oder einer lange geplanten Verschwörung
Brasiliens und Argentiniens zur Aufteilung des Landes. Als Indizien für die erste Position
werden neben dem diktatorischen und personenzentrierten – in dieser Sicht quasi-totalitären politischen System vor allem die Aufrüstung Paraguays und die im Laufe des Krieges immer
stärker zu Tage tretende Paranoia López’ angeführt, welche wiederholt zu brutalen und wohl
weitgehend grundlosen Säuberungsaktionen in der politischen und militärischen Elite
einschließlich der Präsidentenfamilie führte. Demgegenüber verweisen diejenigen, welche in
López’ Aktionen letztlich einen gerechtfertigten Präventivkrieg sehen, auf die Absprachen
zwischen Argentinien und Brasilien von Juni 1864 und den Tripel-Allianz-Vertrag selbst mit
seinen Forderungen nach einer weitegehenden Auflösung Paraguays und seines politischen
Systems.
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Die neuere Forschung diskutiert drei mögliche Erklärungsansätze (Abente 1987). Marxistisch
orientierte Historiker sehen den Paraguayischen Krieg als Ergebnis eines indirekten
Imperialismus Großbritanniens, das Argentinien und Brasilien zu Krieg gegen Paraguay
anstachelte, um endlich den infolge der Autarkiepolitik weitgehend abgeschlossenen Markt
des Landes für den – dann britische dominierten – transnationalen Handel und
Investitionstätigkeit zu öffnen. In diesem Sinne wäre der Krieg Ausfluss einer langfristigen
Planung eines liberalen, wirtschaftlich motivierten Imperialismus gewesen, der sich regionale
Konflikte zunutze machte und sich auch gut mit Ansätzen der Neoimperialismus- oder
Dependencia-Theorie vereinbaren ließe. Als Belege für diese Sicht werden u.a. die kritische
Haltung des britischen Gesandten gegenüber der Präsidialdiktatur López’, britische Interessen
zur Erschließung neuer Anbaugebiete insbesondere für Baumwolle für die britische
Textilindustrie (vor dem Hintergrund der Beeinträchtigung der Lieferungen aus dem Süden
der USA in Folge des dortigen Bürgerkriegs) und die mangelnde diplomatische Aktivität zur
Vermeidung des Krieges ins Feld geführt (Williams 1977: 234-235; Whigham 1978: 213-214;
Abente 1987: 51-52; Domnick 1990: 244-249). Betrachtet man jedoch das tatsächliche,
naturräumlich und demographisch beschränkte ökonomische Potenzial und die geringe
Ausdehnung Paraguays, welche der britischen Regierung auch bekannt waren, so erscheint
diese Argumentation wenig überzeugend, ganz abgesehen von Aspekten wie der MonroeDoktrin, welche von den USA gerade nach dem Ende des Bürgerkrieges besonders betont
wurde (Abente 1987: 56-59).
Zielführender erscheinen demgegenüber die beiden anderen Erklärungsansätze. Der eine
argumentiert auf der Basis der realistischen Theorie der Internationalen Beziehungen
dahingehend, dass aus der Sicht Paraguays mit der regionalen Konstellation von 1863/64 das
zentrale Fundament paraguayischer Sicherheit, nämlich die gegenseitige Balance der beiden
Großmächte Argentinien und Brasilien hinfällig geworden sei (Warren 1962; Abente 1987:
49-50). Nach dieser Lesart blieb Paraguay, wollte es überhaupt eine Chance auf Bewahrung
seiner Existenz und Souveränität haben, letztlich gar nichts anderes übrig, als die
zugegebenermaßen geringen Erfolgsaussichten eines militärischen Konflikts zu nutzen.
Letztlich war es damit die Erwartung, aufgrund des Zusammenbruchs des regionalen
Machtgleichgewichts in jedem Fall früher oder später dem Zugriff Brasiliens und
Argentiniens ausgesetzt zu sein, die zum Krieg führte. Das Beispiel Uruguays als dem
zweiten kleinen Akteur in der regionalen Konstellation bot hier ein zusätzliches Warnsignal.
Aus der Sicht Paraguays war im Sinne der Aufrechterhaltung des regionalen Gleichgewichts
auch das Verhalten Mitres weitgehend irrational oder verräterisch, sah man in der UruguayKrise doch eigentlich in Argentinien einen natürlichen Verbündeten gegen die
Hegemonialansprüche Brasiliens (Warren 1962: 13-17). Das Verhalten Paraguays entsprach
damit letztlich dem Musterbild eines realistischen Akteurs, der angesichts von
Machverschiebungen im internationalen System für die Zukunft den sicheren Untergang
erwartet und entsprechend lieber heute als morgen zu den Waffen greift – letztlich, weil die
militärischen Erfolgschancen heute wenngleich gering so doch immerhin noch größer sind als
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morgen, wenn sie gegen Null tendieren. Auch hier ergeben sich nicht nur Parallelen zum
Paradebeispiel einer realistischen Interpretation von Kriegen, nämlich dem Entschluss Spartas
zum Peloponnesischen Krieg, sondern auch etwa zur deutschen Wahrnehmung der Julikrise
1914 (Rotte 2002: 297-328).
Schließlich betont die dritte Interpretation des Kriegsausbruchs 1864/65 die innenpolitische
und strukturelle Situation der beteiligten Staaten (Abente 1987: 49-50). Die vier Länder der
La Plata-Region waren angesichts ihrer noch recht jungen Unabhängigkeit bzw. ihrer
fragmentierten Gesellschaften letztlich alle nicht „saturiert“ in dem Sinne, dass sie nach innen
und außen stabile politische Gemeinwesen waren. Am ehesten galt dies tatsächlich noch für
Paraguay; aber auch hier finden sich in den territorialen Ansprüchen an die Nachbarn und
sozioökonomischen Neuerungsansätzen durch die Teilmodernisierung der Wirtschaft Aspekte
potenzieller Instabilität. So stellten etwa die ausländischen Experten im Land ein beständiges
Potential für Unruhe in der ausgesprochen isolationistisch und xenophob geprägten
Bevölkerung dar. Für Argentinien und Uruguay kann man Mitte des 19. Jahrhunderts von
einem noch nicht abgeschlossenen Prozess des nation-building sprechen, während Brasilien
an den sozialen und ökonomischen Problemen des monarchisch-feudalen Systems und der
Sklaverei litt. Entsprechend sahen sich alle beteiligten Regierungen, insbesondere diejenigen
der Tripel-Allianz vor strukturelle innen- und gesellschaftspolitische Probleme gestellt, die
zur Weiterentwicklung bzw. Bewahrung die innenpolitisch einigende Wirkung eines Krieges
durchaus attraktiv erscheinen ließ bzw. den außenpolitischen Spielraum für eine
diplomatische Lösung der Uruguay-Krise massiv einschränkte (Whigham 2004).
Exemplarisch hierfür ist etwa die ausgesprochen heftige Reaktion der argentinischen Presse
und der Bevölkerung von Buenos Aires auf den – in seinem Umfang doch deutlich
beschränkten – paraguayischen Angriff auf Corrientes im April 1865 (Leuchars 2002: 42-43).
Folgt man dieser Argumentation, so war nicht nur die regionale internationale Konstellation,
sondern auch die innenpolitische Situation der fragilen südamerikanischen Gesellschaften mit
ihren unter Legitimationsdruck stehenden Eliten zu Beginn der 1860er Jahre dergestalt, dass
ein Krieg früher oder später hochwahrscheinlich war (Domnick 1990: 13-14).
Strategisch-operative Fehler Lopez’ (1864-1865)
Unabhängig von den konkreten Kriegsursachen befand sich Paraguay ab dem Frühjahr 1865
in einer ausgesprochen schwierigen strategischen Lage, die durch verschiedene
Entscheidungen López’ noch verschärft wurde. Paraguay hatte angesichts der
Kräfteverhältnisse letztlich nur zwei theoretische, in jedem Fall aber risikoreiche
Möglichkeiten, einen Krieg gegen die Tripel-Allianz halbwegs erfolgreich zu bestehen.
Entweder setzte es alles auf eine Karte und versuchte durch das Ausnutzen seiner bereits
erfolgten Mobilmachung und seiner relativ großen Armeestärke eine schnelle militärische
Vorentscheidung zu suchen, bevor seine Gegner ihr übermächtiges Potential mobilisieren
konnten. Oder es stellte sich von vorneherein darauf ein, gestützt auf seine wirtschaftliche
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Autarkie, die Kohärenz der Bevölkerung und die Vorteile seiner natürlichen und künstlichen
Verteidigungsstellungen einen Defensivkrieg zu führen, mit dem Ziel, dem gegnerischen
Bündnis so stark zuzusetzen, dass dessen ohnehin fragiler politischer Zusammenhalt
gebrochen und der Druck der öffentlichen Meinung angesichts sinnlos erscheinender Verluste
eine für Paraguay vorteilhafte Beendigung des Krieges herbeiführen würde. In dieser Hinsicht
ergibt sich ein strategisches Dilemma, das durchaus mit dem der deutschen Führung im Ersten
Weltkrieg vergleichbar ist und wie es seinen Niederschlag im Schlieffenplan bzw. in der
Abnutzungsstrategie der Zweiten Obersten Heeresleitung (von Falkenhayn) 1914/15 bis 1916
fand (z.B. Afflerbach 2000: 115-122; Strachan 2000: 24-29; Rotte 2002: 256-258; Foley
2005: 25-41).
Tatsächlich verfolgte López keine der beiden möglichen Strategien (Leuchars 2002: 34-35,
60-61), obwohl er sich gegenüber dem US-Geschäftsträger durchaus im Sinne einer
defensiven Abnutzungsstrategie gegenüber Brasilien äußerte (Washburn 1871: 563-564).
Sofern er die Legitimationsgrundlage seiner Intervention in den brasilianisch-uruguayischen
Konflikt nicht verlieren wollte und möglicherweise bestehende Chancen nutzen wollte, einen
Krieg mit Argentinien durch ein Wiederaufflammen des Konflikts zwischen den Provinzen
und Buenos Aires begrenzt zu halten, so wäre die einzige sinnvolle Option nach der
Kriegserklärung an Brasilien ein schneller Vorstoß durch die Provinzen Misiones, Corrientes
und (südlich davon) Entre dos Rios nach Uruguay gewesen. Nachdem sich der Gouverneur
von Corrientes, Justo José de Urquiza, ein Rivale Mitres, zuvor durchaus pro-paraguayisch
geäußert hatte, bestand dann noch die beste Chance, diese Provinzen zum Abfall von der
Zentralregierung zu bewegen und möglicherweise durch ein noch rechtzeitiges Eintreffen in
Uruguay den Kollaps der dortigen Blanco-Regierung zu verhindern. In einer solchen Lage
bestanden dann die besten Chancen für eine politische Lösung der Krise. Scheiterte diese, so
gab es zumindest die Aussicht, dass Argentinien aufgrund innerer Probleme faktisch nicht am
Krieg teilnehmen oder gar durch einen Umsturz mit Hilfe paraguayischer Truppen zu einem
faktischen Verbündeten gemacht werden könnte (Leuchars 2002: 38-40). Dass ein Ausnutzen
der innenpolitischen Fragilität Argentiniens durchaus nicht abwegig war, zeigt beispielsweise
der Ausbruch des Bürgerkrieges zwischen der Provinz Entre dos Rios und Buenos Aires
1870.
Stattdessen startete Paraguay im September 1864 die erwähnte Invasion in das strategisch
weitgehend bedeutungslose brasilianische Gebiet von Mato Grosso und verharrte gegenüber
Argentinien bis April 1865 – mit Ausnahme des vorsichtigen Vorrückens in Misiones passiv. Die Anfrage nach Durchmarschrechten vom Januar 1865 gab der argentinischen
Regierung darüber hinaus die Möglichkeit der öffentlichkeitswirksamen Betonung der
(faktisch nicht gegebenen) eigenen Neutralität, deren Bruch durch Paraguay zu einer so
massiven öffentlichen Reaktion führte, dass Urquiza keine Unterstützung López’ wagte. Als
der Vorstoß durch Corrientes und Misiones Richtung Uruguay bzw. Rio Grande do Sul dann
im Mai/Juni 1865 erfolgte, war auch die Blanco-Regierung in Montevideo längst gestürzt.
11
Dem paraguayischen Vorstoß nach Argentinien fehlte, als er schließlich begann, bereits die
strategische Ausrichtung. Hinzu kamen operative Fehler López’ und seiner Armeeführer. Die
Offensive in Argentinien verfolgte zwei Stoßrichtungen: Eine Armee unter General
Wenceslao Robles sollte der Rio Paraná durch Corrientes entlang nach Süden vorrücken,
während eine zweite unter Oberst Antonio de la Cruz Estigarríbia durch Misiones zum Rio
Uruguay vorstoßen, in die brasilianische Provinz Rio Grande do Sul einfallen und den Fluss
entlang nach Süden Richtung Uruguay marschieren (Leuchars 2002: 71-75; Scheina 2003:
319-320).
Beide Armeen waren offensichtlich zu weit voneinander entfernt, um sich gegenseitig
wirklich zu unterstützen, und Robles fehlte darüber hinaus ein konkretes operatives Ziel. Bis
Ende Mai 1865 rückte er bis nach Goya, etwa 220 Kilometer südlich von Corrientes, vor und
wurde dann von López zurückbeordert. Nachdem er diesem Befehl – wahrscheinlich aus
logistischen Gründen - nicht umgehend Folge leistete, wurde er nach seiner Rückkehr vor ein
Militärgericht gestellt und als Verräter erschossen. Sein Nachfolger, General Francisco
Isodoro Resquin, wiederholte im Juli/August 1865 mit 25-30.000 Mann den Vorstoß bis Bella
Vista, etwa 140 Kilometer südlich von Corrientes, und zog sich dann im Oktober wieder nach
Norden zurück (Leuchars 2002: 61-65). Unterdessen war der Versuch der paraguayischen
Flotte gescheitert, durch die Vernichtung des brasilianischen Geschwaders auf dem Paraná die
Herrschaft über den Fluss zu erringen und so die Versorgung mit der Armee zu sichern. Am
11. Juni 1865 misslang der paraguayische Angriff bei Riachuelo südlich von Corrientes. Die
paraguayische Flotte verlor vier von acht Dampfern (die brasilianische einen von neun),
erreichte aber immerhin, dass sich die Brasilianer weiter nach Süden zurückzogen (Leuchars
2002: 65- 70; Scheina 2003: 320).
Der paraguayische Vorstoß nach Rio Grande do Sul geriet zu einem Desaster (Domnick 1990:
18-20; Leuchars 2002: 76-84). Estigarríbia teilte beim Erreichen des Rio Uruguay seine
Truppen und ließ eine Gruppe von rund 3-4.000 Mann ohne Artillerie auf dem Westufer und
den Rest von etwa 8-9.000 Mann auf dem Ostufer nach Süden marschieren. Bis Anfang
August 1865 stießen sie – entgegen López’ Befehl - über 250 Kilometer weit bis Uruguayana
vor. Am 17. August wurde die Westgruppe von einer drei- bis vierfachen Übermacht aus
brasilianischen und uruguayischen Truppen mit 24 Geschützen in einer ungünstig gewählten
Position am Rio Yatay gestellt und praktisch aufgerieben. Die fanatisch Widerstand
leistenden Paraguayer verloren rund 2.000 Tote, die Alliierten rund 350 Tote und
Verwundete. Insbesondere die uruguayischen Truppen taten sich dabei durch eine besondere
Brutalität hervor, etwa dadurch, dass sie Gefangene einfach umbrachten und beraubten. Nach
der Niederlage von Yatay kapitulierte die isolierte und in Uruguayana von überlegenen
alliierten Verbänden belagerte Ostgruppe Estigarríbias am 18. September 1865 (Scheina
2003: 320-321).
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Damit war die Invasion Paraguays in Argentinien und Brasilien beendet und die strategische
Initiative an die Alliierten übergegangen, welche nun mit ihren neu mobilisierten, in der
Masse aus Freiwilligen bestehenden Truppen zur Gegenoffensive übergingen. Bis Anfang
November 1865 hatten sich alle paraguayischen Verbände nach geschätzten Gesamtverlusten
von rund 20-30.000 Mann (einschließlich krankheitsbedingten Ausfällen) über den Rio
Paraná auf eigenes Staatsgebiet zurückgezogen. Der offensichtliche Mangel einer
strategischen Planung, das lange Zögern López’, die Verzettelung der eigenen Kräfte und
operationelle wie taktische Fehler waren die zentralen Ursachen für das verlustreiche
Scheitern der paraguayischen Kriegführung 1864/65.
Gegenüber der nun bereits deutlich an Personal- und Versorgungsproblemen leidenden
paraguayischen Armee, die von López durch Neurekrutierungen nochmals auf rund 30.000
Mann verstärkt wurde, bereiteten die Alliierten die Invasion Paraguays vor.
Nachschubprobleme und Uneinigkeit im alliierten Oberkommando sowie die klimatischen
Bedingungen im Dschungel und in den Sümpfen entlang des Grenzflusses Rio Paraná im
südamerikanischen Hochsommer verzögerten den Angriff bis April 1866 (Leuchars 2002: 90108). Von Ende 1865 bis Frühjahr 1866 entwickelte sich so ein von paraguayischer Seite
initiierter Kleinkrieg, in dem die Truppen López’ durch wiederholte Raids am Südufer
versuchten, den Alliierten Verluste beizubringen und ihre Moral zu erschüttern. Dennoch
erfolgte nach einer Reihe vorbereitender Gefechte am 26. April 1866 der Übergang der
alliierten Truppen über den Rio Paraná. Der paraguayische Versuch, den so entstandenen
Brückenkopf einzudrücken, scheiterte in der Schlacht von Estero Bellaco am 2. Mai 1866
nach Anfangserfolgen unter schweren Verlusten (etwa 3.000 von 6.000 eingesetzten Soldaten,
gegenüber rund 1.500 alliierten Ausfällen). Die Paraguayer zogen sich auf eine mit
Schützengräben und Feldbefestigungen verstärkte Verteidigungslinie entlang des Rio Estero
Bellaco Norte zurück (Leuchars 2002: 109-116; Scheina 2003: 323).
Von hier aus versuchte López, die langsam vorrückenden alliierten Truppen mit Hilfe eines
groß angelegten Überraschungsangriffs zu zerschlagen und vom paraguayischem Boden zu
vertreiben. Die als entscheidend konzipierte (erste) Schlacht von Tuyutí fand am 20. Mai
1866 statt (Williams 2000; Leuchars 2002: 117-128). Vier paraguayische Angriffskolonnen
mit (je nach Quelle) insgesamt ca. 20-25.000 Mann sollten überraschend simultan aus den
Wäldern und dem dichten Unterholz hervorbrechen, die Front der lagernden Alliierten (ca.
35.000 Mann) durchbrechen und ihr Zentrum einkreisen und vernichten (Williams 2000: 58;
Scheina 2003: 323). Tatsächlich verzögerte sich der Anmarsch der paraguayischen Kolonnen
aufgrund des schwierigen Geländes und die komplexe Abstimmung der Angriffe gelang mit
den teilweise unerfahrenen Truppen und Offizieren nicht (Williams 2000: 59). In der Folge
wurden die Alliierten nicht wirklich überrascht und die paraguayische Offensive geriet zu
einer Reihe frontaler Sturmangriffe gegen die alarmierten alliierten Infanterie- und
Artillerieeinheiten. Nirgends gelang ein entscheidender Einbruch in die alliierten Linien und
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trotz verschiedener örtlicher Krisen gelang es der konzentrierten alliierten Feuerkraft, die
Paraguayer überall unter verheerenden Verlusten zurückzuschlagen (Williams 2000: 59-63).
Das Erscheinungsbild und die Auswirkungen der Schlacht waren durchaus typisch für den
gesamten Kriegsverlauf, zeigten sie doch auf der einen Seite bis zur Selbstaufopferung
hartnäckig kämpfende Paraguayer, deren Führung jedoch allzu oft der taktischen und
operativen Lage nicht gewachsen war, und auf der anderen Seite durchaus tapfere, aber nicht
so fanatisch kämpfende Alliierte, die letztlich auf ihre zahlenmäßige Überlegenheit und
stärkere Feuerkraft vertrauen konnten, auch wenn ihre Führung ebenfalls nicht immer auf der
Höhe der Zeit war. Das Ergebnis war – wie bei praktisch allen Gefechten dieses Krieges, in
denen sich die Paraguayer nicht konsequent defensiv in ihren Stellungen verschanzten – trotz
selbstmörderischer Tapferkeit eine Niederlage für die Paraguayer und eine höchst
ungleichgewichtige Verlustbilanz zu ihren Ungunsten. Insbesondere letztere war besonders
bedenklich, da gerade Paraguay nicht über das demographische Reservoir verfügte, um die
Verluste ausgleichen zu können. Bei Tuyutí büßten die Paraguayer rund 14-15.000 Tote und
Verwundete, d.h. wahrscheinlich rund zwei Drittel der eingesetzten Truppen ein, die
Alliierten verloren etwa 4.000 Mann, davon ca. 3.000 Brasilianer (Williams 2000: 64).
Stellungskrieg vor Humaità (1866-1868)
Nach Tuyutí, wo er seine besten Truppen verloren hatte (Scheina 2003: 323), fehlten López
die Mittel, um die Alliierten in einer einzigen großen Aktion entscheidend zu schlagen.
Gleichwohl hoffte er weiter, durch eine aktive Verteidigung allmählich die Kohärenz der
Alliierten und die öffentliche Meinung in Argentinien und Brasilien so zu schwächen, dass
eine für ihn akzeptable Verhandlungslösung des Krieges möglich sein würde.
Nachschubprobleme bei den Alliierten, die Unschlüssigkeit der alliierten Führung unter Mitre
über das weitere Vorgehen und der Eindruck, den der fanatische Kampfgeist der Paraguayer
auf die alliierten Soldaten und Offiziere gemacht hatte, führten dazu, dass die alliierte Armee
fast zwei Monate untätig blieb und gaben den paraguayischen Verbänden eine wichtige
Atempause. Sie wurde dahingehend genutzt, dass zum einen neue Rekruten die erlittenen
Verluste wenigstens zum Teil ausgleichen konnten und zum anderen unter Ausnutzung des
sumpfigen und dicht bewaldeten Terrains neue Abwehrstellungen, die „Linien von Rojas“,
angelegt wurden, teilweise auch tief in der linken Flanke der Alliierten. In der Folge
erwarteten ab Anfang Juli 1866 insgesamt rund 20.000 Paraguayer in ihren neuen und
verstärkten Schützengrabenlinien die alliierte Offensive (Leuchars 2002: 128-132; Scheina
2003: 324).
Teilweise als Reaktion auf paraguayische Provokationen, teilweise aufgrund des wachsenden
Drucks, endlich aktiv zu werden, begann eine Reihe alliierter Angriffe auf das paraguayische
Stellungssystem, die zu mehreren defensiven Abwehrsiegen von López’ Truppen führten
(Leuchars 2002: 129-154). Am 11. Juli (Schlacht von Yataity Corá) und von 16. bis 18. Juli
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(Schlacht von Boquerón del Sauce) scheiterten alliierte Frontalangriffe unter dem Verlust von
über 5.000 Mann (gegenüber etwa 3.000 Paraguayern). Nach dem Eintreffen von
Verstärkungen versuchten die Alliierten, die paraguayische Front an ihrem westlichen Ende,
am Rio Paraguay zu durchbrechen. Am 2. September 1866 landeten rund 9.000 Brasilianer
bei Curuzú und stürmten unter dem Verlust von 700 Mann und einem Ironclad (bei etwa 800
paraguayischen Ausfällen) eine befestigte Batterie, welche den weiteren Weg flussaufwärts
Richtung Asunción versperrte. Dies machte den Weg frei für ein (erfolgloses) Bombardement
der etwas weiter nördlich gelegenen Befestigungslinien von Curupaití durch die brasilianische
Marine am 22. September 1866, dem ein Sturmangriff zu Lande folgte. Letzterer scheiterte
völlig an den durch spanische Reiter, Verhaue und Stolpergräben verstärkten paraguayischen
Schützengräben. Die Alliierten verloren rund 4.000 von rund 19.000 Mann, etwa je zur Hälfte
Argentinier und Brasilianer, die Paraguayer lediglich etwa 100 (Scheina 2003: 324-325).
Daraufhin stellten die Alliierten ihre Angriffe bis zum August 1867 ein und die Kämpfe in
den Frontlinien südlich von Humaitá reduzierten sich auf einen statischen Stellungskrieg ohne
große Schlachten, dafür aber mit ständigen Artillerieduellen, Scharmützeln und kleineren
Angriffsoperationen insbesondere von paraguayischer Seite mit mehreren Hundert, bisweilen
über 1.000 Mann Umfang und mit permanenten Verlusten (Leuchars 2002: 155-158).
Angesichts des verheerenden Rückschlags von Curupaití ergab sich auf alliierter Seite ein
umfassendes Revirement in der Führung, welches durch innenpolitische Probleme forciert
wurde (Scheina 2003: 325). Angesichts eines Aufstands in der Provinz Menoza sah sich Mitre
gezwungen, nach Argentinien zurückzukehren. Ähnliche Probleme in Uruguay bewogen
Flores dazu, die alliierte Armee ebenfalls zu verlassen. Beiden wurde die Entscheidung auch
dadurch erleichtert, dass angesichts des langsamen Fortschritts im Krieg und der steigenden
Verluste der Rückhalt für die Invasion Paraguays in Argentinien und Uruguay deutlich sank.
Paraguay wurde dort nicht mehr als Bedrohung für die nationale Sicherheit wahrgenommen
(Scheina 2003: 321). Nach der Abreise Mitres übernahm der neue Befehlshaber der
brasilianischen Verbände, Marschall Luis Alves Lima e Silva Caxias auch das
Oberkommando über die alliierten Streitkräfte, die Ende 1866 etwa 35.000 Mann umfassten,
davon knapp 30.000 Brasilianer, etwa 5.000 Argentinier und einige Hundert Uruguayer.
Damit wurde auch formal offenbar, dass die Hautlast des Krieges bei Brasilien lag, das mehr
und mehr zum faktisch alleinigen Kriegsgegner Paraguays wurde (Leuchars 2002: 154, 168;
Scheina 2003: 326).
Die „große Pause“ von September 1866 bis August 1867 eröffnete auch ein Zeitfenster für
diplomatische Friedensbemühungen. Bereits vor der Schlacht von Curupaití hatte López am
12. September 1866 ein Waffenstillstandsangebot gemacht, das jedoch von Mitre angesichts
der Positionen seiner Verbündeten in direkten Verhandlungen mit dem paraguayischen
Präsidenten abgelehnt worden war (Leuchars 2002: 145-147). Flores hatten an dem Treffen
nur kurz, der brasilianische Befehlshaber General Jordao auf Weisung seiner Regierung gar
nicht teilgenommen. Entscheidend für das Scheitern der – wohl eher halbherzigen oder zum
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Zweck des Zeitgewinns für den Ausbau der Stellungen von Curupaití ergriffenen - Initiative
López’ war, dass letzterer sein Verbleiben im Amt als unabdingbare Voraussetzung für einen
Friedensschluss forderte. Gleichwohl versuchten seit 1866 auch andere südamerikanische
Staaten wie Peru, Chile, Bolivien und Ecuador, die teilweise offen Sympathien für Paraguay
äußerten, sowie die Vereinigten Staaten vergeblich, Verhandlungen zwischen den
Kriegsgegnern zu initiieren (Leuchars 2002: 166; Scheina 2003: 321). Im März 1867 bot der
US-Gesandte in Paraguay, Charles Washburn seine Vermittlung an, welche jedoch von
Caxias wie von López abgelehnt wurde. Für die brasilianische Seite gab es keine Möglichkeit
zu Verhandlungen mit López als Präsidenten Paraguays, während letzterer gerade das
Angebot einer „goldenen Brücke“, d.h. Abdankung und ein ehrenvolles, luxuriöses Exil, z.B.
in Europa rundweg ablehnte (Leuchars 2002: 164-166).
Basis für die harte Haltung Brasiliens waren zum einen die Bestimmungen des Tripel-AllianzVertrags, zum anderen die persönliche Position Kaiser Pedros II., der einen regelrechten Hass
auf López entwickelte und im November 1865 jede Verhandlung mit ihm explizit untersagte.
Diese Haltung des Kaisers wurde von den Eliten Brasiliens unterstützt, welche in Folge der
innenpolitischen und sozialen Probleme und angesichts ihrer eigenen Propaganda keine
andere akzeptable Möglichkeit als einen eindeutigen und vollständigen Sieg als Ergebnis des
Krieges sahen, um ihre eigene Stellung im sozioökonomischen und politischen Gefüge
Brasiliens gegenüber der Bevölkerung weiter zu legitimieren (Leuchars 2002: 147, 189-190).
Im August 1867 scheiterte ein inoffizieller Vermittlungsversuch Großbritanniens ebenfalls;
Gleiches galt für eine neuerliche US-Initiative im Januar 1868 (Leuchars 2002: 166-168).
Ein Kompromissfrieden irgendwelcher Art schied damit für Brasilien aus und dies wurde,
auch wenn insbesondere Argentinien möglicherweise durchaus verhandlungsbereit gewesen
wäre, angesichts der Lastenverteilung unter den Alliierten zur generellen Linie gegenüber
Paraguay. López’ nicht völlig unbegründeten Hoffnungen auf ein Zerbrechen der TripelAllianz wurde angesichts des Übergewichts Brasiliens obsolet. Seit dem Rückzug Mitres aus
der Kriegführung und der praktischen Irrelevanz des uruguayischen Beitrags nach den ersten
Schlachten 1865 war der Tripel-Allianz-Krieg praktisch zu einem brasilianischparaguayischen Krieg geworden. Selbst wenn die unnachgiebigen Forderungen Brasiliens
López ein zentrales und offenbar überzeugendes Argument zur weiteren Mobilisierung der
paraguayischen Bevölkerung an die Hand gaben – hierin ähnelt der Effekt dem der alliierten
Forderung nach einer bedingungslosen Kapitulation Deutschlands und Japans im Zweiten
Weltkrieg – bedeuteten sie doch zugleich, dass ein für Paraguay halbwegs erfolgreiches Ende
des Krieges nunmehr praktisch ausgeschlossen war.
Nachdem es Caxias bis zum (südamerikanischen) Winter 1867 gelungen war, die
zahlenmäßige, materielle, moralische und ausbildungsmäßige Situation der alliierten Armeen
wesentlich zu verbessern, insbesondere durch organisatorische und logistische Maßnahmen
sowie die Zuführung von zusätzlichen rund 10.000 brasilianischen Soldaten, begann er im Juli
16
1867 mit der systematischen Eroberung von Humaitá. Die alliierten Streitkräfte umgingen die
paraguayischen Verteidigungslinien im Osten und umfassten die Festung unter permanenten
kleineren Gefechten bis November 1867 auf dem Ostufer des Rio Paraguay völlig (Domnick
1990: 23-25; Leuchars 2002: 169-177; Scheina 2003: 326). Damit gelang ihnen auch die
Unterbrechung der Verbindungen nach Asunción. Ein Versuch der Paraguayer, die
Umgehung durch einen Angriff auf die alliierte Nachschubbasis im Süden zu unterbinden,
scheiterte in der zweiten Schlacht von Tuyutí am 2. November 1867. Der
Überraschungsangriff von rund 8-9.000 Paraguayern war zunächst erfolgreich; als sich aber
die ausgehungerten Soldaten auf die reichhaltigen Nahrungsmittel des Lagers stürzten,
gewannen die Alliierten Zeit sich zu reorganisieren und konnten einen erfolgreichen
Gegenangriff führen. Die paraguayische Seite verlor etwa 4-5.000, die alliierte etwa 2.500
Mann (Scheina 2003: 327).
In der Folge durchbrach die brasilianische Flotte am 19. Februar 1868 die paraguayischen
Flusssperren auf dem Rio Paraguay und isolierten die Festung auch von der Flussseite her.
Paraguayische Versuche von März bis Juli, die Blockade Humaitás durch den Einsatz von
Kanuflottillen zu durchbrechen, scheiterten (Leuchars 2002: 179-186; Scheina 2003: 327328). Zwar misslang am 16. Juli 1868 nochmals ein alliierter Sturmangriff auf die Festung,
doch am 24. Juli räumten López’ Truppen Humaitá. Die letzten verbliebenen Verteidiger
kapitulierten am 5. August (Scheina 2003: 328-329). Damit war der paraguayische
Sperrgürtel überwunden, und zwischen Asunción und der alliierten Verbänden standen
nurmehr die noch verfügbaren, zahlenmäßig unterlegenen, unterversorgten Truppen der
paraguayischen Feldarmee.
Totaler Krieg Paraguays
Für Paraguay begann nun, nach dem Fall der zentralen Verteidigungsbollwerke an der
Südgrenze die unmittelbare Invasion der Alliierten. Bereits Ende Februar 1868 war Asunción
evakuiert worden. Die Streitkräfte López’ gingen im August und September unter einer Reihe
von Rückzugsgefechten bis auf eine neue Verteidigungslinie entlang des Rio Piquisirí zurück,
etwa 60 Kilometer südlich der Hauptstadt und wie die bisherigen Stellungen auf dem Ostufer
des Rio Paraguay gelegen.
Aus der Sicht López und der Masse der paraguayischen Bevölkerung nahm der Krieg nun
endgültig den Charakter eines nationalen Existenzkampfes an. Die Forderungen der
Alliierten, d.h. praktisch der Brasilianer, nach der Erfüllung der Friedensbedingungen des
Tripel-Allianz-Vertrags erschienen völlig unannehmbar. Dabei spielten sicherlich neben der
traditionellen Loyalität zum Präsidenten, der patriotischen und autoritätshörigen Erziehung
der Bevölkerung sowie dem Mangel von Informationen außer der amtlichen Propaganda
zumindest zum Teil auch die häufiger werdenden Säuberungsaktionen in der militärischen
und politischen Elite eine Rolle. Gleichwohl ist unbestritten, dass auch angesichts der immer
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schlechter werdenden militärischen Lage eine Kapitulation und die Abdankung López’ für die
Paraguayer weitgehend unvorstellbar war (Warren 1962: 13-18).
Spätestens seit dem Rückzug hinter den Rio Paraná und der alliierten Invasion Ende
1865/Anfang 1866 hatten die Kriegsanstrengungen Paraguays immer totalere Züge
angenommen. Die geographische Isolation, die alliierte Übermacht, die verlustreichen
Angriffsoperationen López’ gegen die Invasionsstreitmacht sowie der Abnutzungskrieg in den
Stellungen um Humaitá zehrten massiv an den demographischen und ökonomischen
Ressourcen des Landes. Sukzessive wurden alle Bereiche der Gesellschaft und der Wirtschaft
den Kriegsanstrengungen untergeordnet und dienstbar gemacht. Unter der tatkräftigen Ägide
von Vizepräsident Domingo Sanchez wurde die paraguayische Ökonomie in eine
Kriegswirtschaft umgewandelt, deren Hauptaufgabe die Versorgung der Armee mit Waffen,
Munition, Ausrüstung und Verpflegung war. Patriotische Aktivitäten und das Bekenntnis zum
Präsidenten und zu den nationalen Kriegsanstrengungen wurden zu einer gängigen Praxis
insbesondere im Bürgertum. Dazu gehörten etwa Geld- und Schmuckspenden, das Verfassen
patriotischer Aufrufe und Lieder oder (Ganson 1990: 358-360; Potthast 2004: 48-52). Das
Spendenaufkommen an Juwelen, Gold und Silber ermöglichte es der Regierung, trotz der
Umstellung auf eine praktisch reine Papierwährung, des Ausfalls von Staatseinnahmen aus
Handel und Steuern sowie des steigenden Finanzbedarfs für die Kriegsanstrengungen, die
Inflation während des Krieges auf etwa 150 Prozent zu limitieren. Gleichwohl führten der
wachsende Mangel an Edelmetall und der Verlust der vorhandenen Münzreserven infolge der
Eroberung Asuncións Ende 1869 schließlich zum Kollaps des paraguayischen
Währungssystems, nachdem es – teilweise auch wegen der Hortung von Edelmetall durch die
Bevölkerung - kaum kleine Münzen für alltägliche Transaktionen mehr gab (Reber 1999: 2728; Cooney 2004: 24-25).
Der Umstellung auf einen totalen Krieg, in dem jeder Bereich der Gesellschaft der
Kriegsanstrengung untergeordnet und dienstbar gemacht wurde, ging auch aufgrund der
besonderen Struktur des paraguayischen Wirtschaftssystems relativ problemlos vonstatten.
Während die Landwirtschaft ohnehin auf eine autarke Subsistenzwirtschaft ausgerichtet war,
was die Masse der ländlichen Bevölkerung anging, waren die estancias und die
Schwerindustrie vor vorneherein staatswirtschaftlich organisiert und konnten – natürlich
teilweise mit einer anderen Produktpalette - im Rahmen der zentralistischen Organisation
praktisch nach dem gleichen Muster wie in Friedenszeiten weiterarbeiten (Reber 1999: 17-21;
Cooney 2004: 29). Dabei unterstützten die ausländischen Techniker und Experten die
paraguayischen Kriegsanstrengungen nach Kräften (Reber 1999: 29-31). Gleichwohl war die
Kriegswirtschaft Paraguays eine ausgeprägte Mangelwirtschaft. Obwohl es praktisch bis
Mitte 1869 trotz der Besetzung großer Teile des besiedelten Landes durch die Alliierten
gelang, die verbliebenen Truppen einigermaßen mit Waffen und Munition – eine gravierende
Ausnahme waren leichte Geschütze - auszustatten (Cooney 2004: 29-31) und die
Agrarwirtschaft prinzipiell ausreichend Mais und Maniok produzierte (Reber 1999: 18),
18
zeigten sich bereits früh gravierende Mängel in der Bekleidung und Versorgung der Soldaten.
So berichteten alliierte Beobachter bereits nach der ersten Schlacht von Tuyutí, dass die
paraguayischen Soldaten – abgesehen von ihrem abgerissenen Erscheinungsbild ohne
Uniformröcke und Stiefel - so ausgezehrt und unterernährt gewesen seien, dass viele ihrer
Gefallenen auf dem Schlachtfeld nicht in der feuchten Hitze verwesten, sondern einfach
mumifizierten und auch nicht verbrannt werden konnten (Leuchars 2002: 127; Cooney 2004:
39). Dabei bestand das Hauptproblem offenbar in der logistischen Herausforderung, die
vorhandenen Vorräte trotz des Mangels an Straßen und Transportfahrzeugen an die Front –
wie im übrigen auch nach Asunción, wo die Preise für Grundnahrungsmittel in den ersten
neun Monaten um 160 Prozent stiegen (Cooney 2004: 24) - zu befördern (Reber 1999: 26;
Cooney 2004: 30, 38-40). Unter- und Mangelernährung war auf paraguayischer Seite bereits
1866 an der Tagesordnung, bestand die Verpflegung der Frontsoldaten doch zu großen Teilen
einseitig aus (zu wenig) Fleisch von Rindern, die an die Front getrieben und dort geschlachtet
wurden. Außerdem fehlte es an Salz, das in Paraguay praktisch nicht produziert wurde,
insbesondere im herrschenden humiden, heißen Klima Südparaguays ein ausgesprochen
gravierendes Problem für die Gesundheit der Soldaten (Cooney 2004: 37).
Obwohl es gelang, die landwirtschaftliche Produktion durch den – bereits in Friedenszeiten
sehr intensiven - Einsatz von Frauen (und Kindern) auf den Feldern auf einem Mindestniveau
zu halten (Ganson 1990: 348-350; Reber 1999: 27; Potthast 2004: 45-48), reichte ihr Output
mangels Arbeitskräften mit Laufe des Krieges immer weniger aus, um die Bedürfnisse von
Armee und Bevölkerung völlig zu befriedigen. Bereits 1867 war die Agrarproduktion deutlich
gesunken, wenngleich die Ernte an Mais, Maniok und Bohnen noch immer verhältnismäßig
hoch war. Steigende Preise aufgrund der Kriegsnachfrage führten zu wachsenden Anreizen
der Baumwollpflanzung, zu Lasten insbesondere des Tabak- und Obstanbaus (Reber 1988:
315-317; Leuchars 2002: 161). Die Bevölkerung litt in wachsendem Maße an
Mangelernährung und Krankheiten. 1865 wurden die meisten ländlichen Schulen aufgrund
einer Masernepidemie geschlossen (Ganson 1990: 355). Zwangsweise Kleiderspenden, die
Verwendung von Ersatzstoffen wie den Fasern der Caraguatá-Pflanze anstatt von Baumwolle
zur Herstellung von Uniformen (die bereits 1866 üblicherweise lediglich aus Ponchos oder
Hemden bestanden) oder die Verwendung von Kräutern und pflanzlichen Tinkturen an Stelle
fehlender Medikamente und Betäubungsmittel in den Lazaretten waren Versuche, dem
Mangel insbesondere bei der Armee entgegenzuwirken (Ganson 1990: 351-352; Reber 1999:
20-21; Cooney 2004: 27-29).
Gleichzeitig nahmen die Sicherheits- und Überwachungsmaßnahmen insbesondere im Umfeld
des Präsidenten zu und die ohnehin harschen Disziplinarmaßnahmen in den Streitkräften
wurde weiter verschärft (Leuchars 2002: 158-162). Selbst geringfügiger öffentlicher
Widerstand, auch von Frauen, etwa Kritik an der staatlichen Propaganda oder der
Weiterführung des Krieges nach dem Fall von Humaitá wurde mit Gefängnis, Zwangsarbeit,
19
Auspeitschung oder Exilierung auf das Land geahndet (Ganson 1990: 364; Potthast 2004: 5355).
Die Armee nahm angesichts der gefechts- und krankheitsbedingten Ausfälle – ab dem
Frühjahr 1867 litten die Paraguayer aufgrund der hygienischen Bedingungen an der Front,
ihrer Unternährung sowie dem Mangel an medizinischer Versorgung immer stärker an
Seuchen wie der Cholera - immer größere Teile und schließlich praktisch die gesamte
männliche Bevölkerung in Anspruch. Dies führte sogar zur Beeinträchtigung der
Rüstungsproduktion, welche schließlich nur durch den Einsatz politischer Gefangener,
Kriegsgefangener und Invalider aufrecht erhalten werden konnte (Whigham 1978: 213-214;
Cooney 2004: 33). Ab Oktober 1866 wurden auch praktisch alle bis dahin als unabkömmlich
geltenden höheren Beamten der öffentlichen Verwaltung sowie Lehrer an die Front bei
Humaitá geschickt. Siebenjährige Jungen dienten als Ochsenkarrenfahrer, unter 14-Jährige
sollten im öffentlichen Dienst die eingezogenen Männer ersetzen; im März wurde die
Mobilisierung aller Dreizehn- bis Sechzehnjährigen befohlen; und im Mai 1867 wurden sogar
Leprakranke eingezogen (Ganson 1990: 355; Leuchars 2002: 159; Cooney 2004: 32-34).
Nach dem Fall Humaitás wurden Vierzehnjährige zu Unteroffizieren befördert, und
Siebzigjährige als Offiziere eingestellt (Domnick 1990: 25).
Am Ende des Krieges wurden buchstäblich alle männlichen Einwohner, von Kindern, die
gerade ein Gewehr halten konnten, bis zu Greisen für die Armee mobilisiert. 1864 bestand die
mobilisierte paraguayische Armee aus 37 Infanteriebataillonen und 29 Kavallerieregimentern
mit insgesamt rund 35.000 Soldaten und 3.300 Offizieren. Zu Beginn des Krieges stieg ihr
Umfang durch die Einstellung von Rekruten auf rund 60.000, bis Anfang 1865 durch die
zusätzliche Mobilisierung von Miliztruppen bis zu geschätzten 75.000 Mann im Alter von 16
bis 45 Jahren. Dies waren rund 50 Prozent der etwa 140.000 wehrdienstfähigen
paraguayischen Männer (Cooney 2004: 31-32). Die Gefechtsverluste 1864/65 betrugen etwa
25.000 Mann, diejenigen zwischen 1865 und 1867 nochmals etwa 25-30.000 Mann – nicht
gerechnet die Ausfälle infolge von Krankheiten (Cooney 2004: 32). Bis Mitte 1867 hatte
Paraguay rund 100.000 Mann verloren. In der Folge umfasste die den Alliierten
gegenüberstehende Armee ab 1867 kaum mehr als 20.000 Mann, und die Ausfälle konnten
durch die im Laufe des Krieges rund 70-80.000 eingezogenen Männer nicht wieder
ausgeglichen werden (Reber 1999: 28-29).
Der Mangel an Männern führte nicht nur zu gravierenden ökonomischen Problemen, sondern
auch zur Aufstellung und ansatzweisen Ausbildung von Frauenkompanien, welche dann aber
außer zu Propagandazwecken in Asunción nicht eingesetzt wurden (Ganson 1990: 361-363;
Leuchars 2002: 161). Gleichwohl gibt es Belege dafür, dass paraguayische Frauen in der
dritten Phase des Krieges (1868-1870) nicht nur als Freiwillige (und damit ohne Anspruch auf
Verpflegung) Unterstützungsdienste im Heer leisteten, etwa bei der Logistik oder der Pflege
der Verwundeten und Kranken, sondern bisweilen sogar aktiv an den Kämpfen gegen die
20
Alliierten teilnahmen – insbesondere an der Seite ihrer minderjährigen Söhne. Hunderte
Frauen sollen im Kampf gegen die brasilianischen Truppen getötet worden sein (Ganson
1990: 356-357, 365-367).
Widerstand bis zum Äußersten (1868-1870)
Die paraguayischen Verbände entlang des Rio Piquisirí umfassten Anfang Oktober 1868 noch
rund 18.000 Mann und 70 Geschütze. Die Hauptmacht der Alliierten ihnen gegenüber bestand
aus rund 30.000 Mann und ca. 200 Geschützen (Leuchars 2002: 191-192). Angesichts der
negativen Erfahrungen mit den gescheiterten Frontalangriffen auf die paraguayischen
Verteidigungsstellungen südlich von Humaitá entschlossen sich die Alliierten, die
gegnerischen Linien erneut zu umgehen, und zwar diesmal auf dem Westufer des Rio
Paraguay. Entgegen der Erwartungen López’ gelang es den Brasilianern tatsächlich, im
Oktober und November 1868 eine etwa 50 Kilometer lange Straße durch den dichten
Dschungel des Chaco zu bauen. Sie ermöglichte es schließlich rund 22.000 Alliierten, Anfang
Dezember den Rio Paraguay im Rücken der Paraguayer zu überschreiten. Am 6. Dezember
1868 erzwangen sie unter Verlusten von rund 2.400 Mann (gegenüber ca. 1.200 Paraguayern)
den Übergang über den Rio Ytororó. Am 11. Dezember 1868 wurde die operative
Einkreisung der paraguayanischen Armee durch die praktische Vernichtung der letzten
Deckungsverbände unter General Bernardino Caballero am Rio Avahy weitgehend vollendet.
In dieser erbitterten Schlacht verloren die Paraguayer von etwa 5.500 Mann etwa 3.600 Tote
und 1.200 Gefangene, die Brasilianer von knapp 18.000 Mann rund 200 Tote und 600
Verwundete. Die Reste der paraguayischen Armee wurden in der Folge in der siebentägigen
Schlacht von Lomas Valentinas/Ita Ivaté vom 21. bis 27. Dezember 1868 vernichtet.
In den Dezember-Kämpfen verloren die Alliierten insgesamt etwa 9.000 Mann, die
Paraguayer rund 20.000, davon ca. 2.000 durch Exekution oder Desertion (Leuchars 2002:
196-212; Scheina 2003: 329-330). Am 31. Dezember 1868 marschierten alliierte Einheiten in
Asunción ein. Im Januar wurde dann eine den alliierten genehme paraguayische Verwaltung
eingesetzt, der im Juni eine aus Regimegegnern und Exilpolitikern gebildete provisorische
Regierung folgte (Leuchars 2002: 218-219).
Dennoch war der Krieg noch keineswegs beendet. López, der bei Ita Ivaté einer
Gefangennahme entgangen war, gelang es in den folgenden Monaten die paraguayische
Armee teilweise neu aufzustellen, insbesondere durch die Eingliederung von
Rekonvaleszenten, Invaliden, geflohenen Gefangenen, Greisen, Teenagern und Kindern
(Domnick 1990: 26). Der Regierungssitz und Teile der Industrieanlagen wurden unter
Einbeziehung Tausender Zivilisten, die mit den Truppen zogen, weiter nach Osten und
Norden verlegt. Im Mai 1869 verfügte López wieder über eine Armee von immerhin 12.000
Mann – wenngleich fragwürdiger militärischen Werts – und 18 Geschützen und hatte sein
neues Hauptquartier in Peribebuy in den Azcurra Cordilleren, etwa 80 Kilometer südöstlich
21
von Asunción, aufgeschlagen. Die alliierten Streitkräfte, ab Januar 1969 unter dem Befehl von
Graf Luis Felipe Gastão d’Eu,, dem Schwiegersohn Pedros II., umfassten demgegenüber rund
28.000 Brasilianer, 4.000 Argentiner und etwa 100 Uruguayer (Leuchars 2002: 214-216).
Von Mai 1869 bis August 1869 rückten diese alliierten Verbände umfassend gegen das
Bergland der Sierra de Azcurra vor und schlossen López mit rund 2.000 Mann und 20
Geschützen nach einer Reihe erbitterter Gefechte, die angesichts der Übermacht allesamt für
die fanatisch kämpfenden Paraguayer unter großen Verlusten verloren gingen, am 11. August
1869 in Peribebuy ein. Bei der Einnahme der Stadt in der folgenden Schlacht vom 12. August
verloren die Paraguayer rund 1.500 Tote und 19 Geschütze, die Alliierten etwa 500 Mann;
López konnte jedoch erneut entkommen, verlor jedoch nun schrittweise auch die letzten
Ressourcen, den Krieg noch weiterzuführen (Leuchars 2002: 218-222). So nahmen die
Alliierten Mitte Mai Ybicuy mit seinem Eisen- und Stahlwerk und Ende Juni Caacupé mit
seinem Arsenal ein und beraubten die paraguayischen Streitkräfte damit im Wesentlichen
ihrer Waffen- und Munitionsversorgung (Leuchars 2002: 218, 222).
Der Feldzug von 1869/70 wurde nicht nur von den Paraguayern, sondern zunehmend auch
von den Alliierten mit einer grimmigen Entschlossenheit geführt, in deren Folge die
Grausamkeit der Kriegführung nochmals deutlich zunahm. Nachdem bereits die Einnahme
Asuncións weitreichende Plünderungen und Vergewaltigungen im Januar 1869 nach sich
gezogen hatte (Leuchars 2002: 213-214), verlegten sich insbesondere die Brasilianer in der
letzten Phase des Krieges darauf, den immer wieder aufflammenden Widerstand mit größter
Härte und Brutalität zu beantworten, insbesondere durch die Zerstörung des Landes und die
häufige Ermordung von (meist verwundeten) Gefangenen (Leuchars 2002: 220-222).
Umgekehrt nahm auch López keinerlei Rücksicht auf die eigene Bevölkerung und versuchte,
mit allen Mitteln weiterzukämpfen. Dazu gehörte neben ausgeprägten Terrormaßnamen gegen
vermeintliche Verräter und Deserteure bis hin zu Massakern an Frauen und Kindern
(Leuchars 2002: 219) die rücksichtslose Rekrutierung aller männlichen Paraguayer.
Symbolisch hierfür ist die Schlacht von Campo Grande (auch: Los Niños oder Acosta-ñu) am
16. August 1869, wo die sich sammelnde, erschöpfte paraguayische Armee von den weit
überlegenen Alliierten eingeholt und umfasst wurde. In fünfstündigem fanatischen Kampf
wurden von 4.000 Paraguayern etwa 3.000 getötet oder verwundet, zu großen Teilen
Jugendliche und Kinder. Die Alliierten verloren knapp 400 Mann (Leuchars 2002: 223;
Scheina 2003: 330). Bei Campo Grande zeigte sich dabei das gleiche Phänomen, wie es
bereits von der Schlacht von Lomas Valentinas berichtet wurde: Auf paraguayischer Seite
wurden erst zehn- und elfjährige Kinder eingesetzt, die sich zur Täuschung der Alliierten
falsche Bärte anklebten oder aufmalten (Leuchars 2002: 211).
Die Schlacht von Campo Grande war das letzte große Gefecht des Krieges, dennoch weigerte
sich López noch immer, sich zu ergeben und damit den Krieg zu beenden. Stattdessen zog er
sich seit September 1869 mit den Resten seiner Truppen unter permanenten
22
Rückzugsgefechten und Scharmützeln und begleitet von Hunderten oder Tausenden von
Zivilisten immer weiter nach Norden zurück. Erst am 1. März 1870 wurde er mit den ihm
verbliebenen rund 500 zumeist kranken und hungernden Männern im Dschungel bei Cerró
Corá, etwa 400 Kilometer nördlich von Asunción, gestellt und mit 200 von ihnen sowie einer
unbekannten Zahl von Zivilisten getötet (Scheina 2003: 330). Mit López, dessen letzte Worte
angeblich „Ich sterbe mit meinem Land!“ (Leuchars 2002: 230) gewesen sein sollen, starb
schließlich auch der letzte Widerstand gegen die Alliierten.
Nicht zuletzt durch den äußersten Widerstand der Paraguayer verloren die Alliierten im
Tripel-Allianz-Krieg insgesamt gut 120.000 Mann, wobei naturgemäß der Hauptteil von
Brasilien zu tragen war. Die brasilianische Armee büßte rund 100.000 Tote ein, davon etwa
drei Viertel infolge von Krankheiten, die argentinische etwa 20-25.000 und die uruguayische
rund 3.000 (Leuchars 2002: 236-237; Scheina 2003: 331). Die Kriegsverluste Paraguays sind
seit langem einer der zentralen Streitpunkte in der Forschung zum Tripel-Allianz-Krieg.
Ursache hierfür sind quantitative und qualitative Probleme hinsichtlich der Zensusdaten für
Paraguay vor und nach dem Krieg, welche eine Reihe teilweise hoch kontroverser
Schätzungen und erbitterter wissenschaftlicher Auseinandersetzungen über die
paraguayischen Bevölkerungseinbußen nach sich gezogen haben (Reber 1988;
Whigham/Potthast 1990; Whigham/Potthast 1999; Kleinpenning 2002; Leuchars 2002: 237;
Reber 2002; Whigham/Potthast 2002). Extrempunkte der Diskussion liegen bei rund 10 und
70 Prozent der Bevölkerung, die in Folge des Krieges gestorben sein sollen. Geht man
vorsichtig von einer Vorkriegsbevölkerung von rund 450.000 Menschen aus und akzeptiert
die Zahl von etwa 220.000 Einwohnern Paraguays zu Beginn der 1870er Jahre, so ergibt sich,
dass etwa die Hälfte der Paraguayer den Krieg nicht überlebte. Nach 1870 gab es in Paraguay
überdies etwa dreimal so viele Frauen wie Männer (Kleinpenning 2002).
Infolge der Friedensschlüsse mit den Alliierten – welche sich kurz nach dem Ende der
Kämpfe über das weitere Vorgehen keineswegs einig waren und entsprechend separate
Verträge mit Paraguay abschlossen – verlor Paraguay ein gutes Viertel seines Staatsgebietes.
Brasilien erhielt 1872 die nordöstliche Grenzregion bis zum Rio Apa. Argentinien gewann
1873 die Region Misiones, während der Besitz des mittlerweile von argentinischen Truppen
besetzten Chaco umstritten blieb. Nicht zuletzt auf Betreiben Brasiliens, dass nun – letztlich
entgegen der Vereinbarungen des Tripel-Allianz-Vertrages - einer zu großen territorialen
Expansion Argentiniens seinen Widerstand entgegensetzte, wurde Chaco-Frage dem
Schiedsspruch des US-amerikanischen Präsidenten Rutherford Hayes unterbreitet, der 1878
den Chaco nördlich des Rio Pilcomayo Paraguay zusprach. 1879 räumte Argentinien
vertragsgemäß das umstrittene Gebiet.
Angesichts dieser Kriegsverluste stellt sich die Frage, wie die paraguayische Armee und
Bevölkerung diesen Krieg mit einer solchen Entschlossenheit bis zu seinem katastrophalen
Ende durchkämpfen konnte. Um sich die relativen Größenordnungen der Verluste vor Augen
23
zu führen, sei lediglich darauf hingewiesen, dass Verlustquoten von regelmäßig um 50
Prozent der eingesetzten Kräfte und darüber, wie sie in den Schlachten des Tripel-AllianzKrieges für die Paraguayer durchgängig üblich waren, für die moderne Kriegführung extrem
hoch waren. Zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert lagen die Verlustquoten auf Seiten des
Verlierers (der üblicherweise mehr Soldaten verlor als der Sieger) bei rund 15 bis 30 Prozent
(Dupuy 1990: 33). Die Schlacht von Waterloo 1815 etwa, die als eine der blutigsten der
napoleonischen Ära galt, führte auf französischer Seite zu etwa 36 Prozent Verlusten (Dupuy
1990: 115). Die paraguayische Armee wurde, gemessen an ihrer Mobilisierungsstärke 1864
im Laufe der Kämpfe bis 1870 rein rechnerisch drei bis viermal völlig aufgerieben und wieder
aufgestellt. Geht man von ca. 30.000 überlebenden Männern und männlichen Jugendlichen
aus, die nach dem Krieg gezählt wurden so ergibt sich bei 140.000 Wehrdiensttauglichen (zu
denen dann noch einige Tausend oder Zehntausend Kindersoldaten zu rechnen sind, die
1868/69 mobilisiert wurden), eine Verlustquote von mindestens 80 Prozent bei der
paraguayischen Streitkräften.
Diese militärischen Verluste sind wie die der Bevölkerung insgesamt unerreicht in allen
modernen Kriegen. Zieht man etwa die beiden Weltkriege zum Vergleich heran (Keegan
1993: 365; Overmans 2000: 260-269; Overy 2003: 485-487; Strachan 2003: 196), so betrugen
die höchsten militärischen Verlustquoten im Zweiten Weltkrieg rund 30 Prozent für
Deutschland 1939-45 (ca. 5,5 von rund 18,3 Mio Mobilisierten) und ca. 26 Prozent für die
Sowjetunion 1941-45 (9 von 34 Mio). Die Bevölkerungsverluste betrugen im Fall der UdSSR
rund 15 Prozent (ca. 26 von 190 Mio) und in Deutschland maximal 10 Prozent (ca. 6,5-7,5
von rund 80 Mio). Die höchsten Bevölkerungsverluste im Ersten Weltkrieg erlitten Serbien
mit etwa 16 Prozent (ca. ¾ von 4,5 Mio) und Frankreich mit gut 4 Prozent (ca. 1,7 von 39
Mio). In keinem Fall reichten die horrenden Opferzahlen also an die relativen Verluste
Paraguays 1864-70 auch nur annähernd heran.
Als Erklärung für den somit beispiellosen fanatischen Widerstand der Paraguayer gegen die
Alliierten, der im 20. Jahrhundert wohl am ehesten mit dem der Japaner bei der Verteidigung
der Pazifikinseln gegen die US-Truppen, etwa Saipans (1944) oder Okinawas (1945)
vergleichbar scheint, wird in der Literatur ein ganzer Komplex von Gründen angeführt.
Obwohl insbesondere gegen Ende des Krieges Terrormaßnahmen von Seiten López’
sicherlich eine Rolle spielten, reicht der Verweis auf die Angst und die Bedrohung durch ein
Zwangsregime nicht aus, um den unglaublichen Durchhalte- und Opferwillen der
paraguayischen Streitkräfte und Bevölkerung 1864 bis1870 zu erklären (Leuchars 2002: 228).
Von zentraler Bedeutung war demnach zum einen die Wahrnehmung der Krieges als Kampf
um die nationale Existenz, die durch die Ziele des Tripel-Allianz-Vertrags noch verstärkt
wurde (Warren 1962: 18-20; Whigham 2004: 192). Zum anderen hatten die ethnischgesellschaftliche Homogenität und xenophobe Abgeschlossenheit des Landes zusammen mit
der autoritätshörigen Erziehung, der kollektiven Bedrohungswahrnehmung, dem seit der
Unabhängigkeit gepflegten ausgeprägten Nationalismus und der Militarisierung der
24
Gesellschaft zu einer einmaligen ideologischen wie affektiven Einheit von Bevölkerung und
Diktator geführt, welche die Treue zu letzterem bis in den Tod zu deutlich mehr machte als
einer Floskel (Williams 1974; Leuchars 2002: 228; Whigham 2004: 181-183). Schließlich
wird noch die kulturelle Eigenart des südamerikanischen Machismo mit seiner
gesellschaftliche Ächtung scheinbarer Feigheit genannt, die insbesondere im paraguayischen
Offizierskorps zu einem Ehrverständnis bis hinzu selbstmörderischer Tollkühnheit führte, wie
sie in den Schlachten von Tuyutí, Ytororó oder Avahy so augenfällig wurde (Leuchars 2002:
200).
Konsequenzen
Der Tripel-Allianz-Krieg wird heute als wichtiger Bestandteil des nation building-Prozesses
in Südamerika im 19. Jahrhundert betrachtet. So leistete er einen bedeutenden Beitrag zur
nationalen Konsolidierung Argentiniens, trotz der folgenden Rückschläge durch Aufstände
von Provinzgouverneuren in den 1870er Jahren (Whigham 2004: 195-196). In Brasilien führte
er zwar zu einer zeitweisen Stabilisierung des monarchischen Systems durch eine
nationalistische Außenpolitik, aber angesichts der scheinbaren Sinnlosigkeit des sich
dahinziehenden Krieges auch zu einer Stärkung des Republikanismus, vor allem im jüngeren
Offizierskorps. Zusammen mit der auf die Rekrutierung zahlreicher schwarzer Freiwilliger
(Freigelassener) zurückzuführenden schrittweisen Abschaffung der Sklaverei, die schließlich
1888 endgültig erfolgte (Whigham 2004: 192-195), ging hiervon langfristig eine
Unterminierung der ideologischen und sozioökonomischen Basis des monarchischen
politischen Systems aus, die schließlich 1891 zu seiner Abschaffung führte.
Die längerfristigen sozioökonomischen und politischen Konsequenzen des Krieges für
Paraguay waren keineswegs positiv. Zwar wird hinsichtlich der Entwicklung der Frauenrechte
bisweilen ins Feld geführt, dass die weitgehende Aufrechterhaltung der Kriegsanstrengungen
an der Heimatfront durch Frauen und Kinder auch von der Regierung gewürdigt wurde und
einen Schritt zur echten Gleichstellung und Emanzipation der Frauen dargestellt habe.
Tatsächlich ergab sich aber keine wirklich grundlegende gesellschaftliche Veränderung der
Stellung der Frau: Zwar ersetzten Frauen die während und nach dem Krieg fehlenden Männer
in der Landwirtschaft - nach 1870 gab in Paraguay wie erwähnt etwa dreimal so viele Frauen
wie Männer. Damit war aber keine grundlegende Änderung der sozialen und politischen
Position, z.B. was Führungspositionen in der Wirtschaft und Verwaltung oder das Wahlrecht
angeht, verbunden (Ganson 1990: 368-371; Potthast 2004: 56-60). In diesem Sinne war die
scheinbare Emanzipationswirkung des Krieges weitgehend ein Strohfeuer und entsprach
damit etwa der Erfahrung europäischer Frauen im und nach dem Ersten Weltkrieg (NaveHerz 1988: 54-61; Rotte 2002: 253-254).
In politischer Hinsicht führte die paraguayische Niederlage zunächst zur Machtübernahme
einer den Alliierten genehmen Junta, welche dann – ganz analog etwa zum Fall Uruguays –
25
zu einer permanenten Zersplitterung der politischen Landschaft in unterschiedlichste
Fraktionen von Blancos und Colorados, von Traditionalisten und Modernisten, von Lópiztas
und Anti-Lópiztas führte, an deren Ende die Militärdiktatur stand, welche in verschiedenen
Ausprägungen vom Ende der 1930er Jahre bis 1988/89 dauerte. Die wirtschaftlichen und
demographischen Schäden und Verluste trugen das Ihrige dazu bei, dass Paraguay durch den
Krieg von einem der fortschrittlichsten Länder Südamerikas zu einem seiner Armenhäuser
wurde. Die traumatische Erfahrung des Tripel-Allianz-Krieges mit ihrer Folge einer kaum
entwickelten demokratischen Governance auch nach dem Ende der Diktatur López’ bis hin
zur Militärdiktatur Stroessners 1954 bis 1988 wird bis heute von der Weltbank als
fundamentales sozioökonomisches Entwicklungshemmnis Paraguays angesehen (Marió/SilvaLeander/Carter 2004: 19).
Die kollektive Erinnerung an den Tripel-Allianz-Krieg war im Fall Paraguays auch der
Auslöser eines ausgeprägten Nationalismus, welcher in der Folge weitere
Souveränitätseinbußen oder den Verzicht auf territoriale Ansprüche sowohl aus der Sicht der
herrschenden Eliten als auch der öffentlichen Meinung ausschloss. Als zu Beginn der 1930er
Jahre die Streitigkeiten um das Gebiet des Chaco mit Bolivien zunahmen, weil man dort (zu
Unrecht) Ölvorkommen vermutete, war Paraguay bereit, seine Ansprüche gegenüber dem
dreimal so großen Nachbarland wiederum mit Waffengewalt durchzusetzen. In einem
dreijährigen Krieg von Juni 1932 bis Juni 1935 gelang es der zahlenmäßig und technisch
unterlegenen, aber taktisch-operativ wie logistisch überlegenen paraguayischen Armee, die
bolivianischen Streitkräfte klar zuschlagen und etwa drei Viertel des umstrittenen Gebietes für
Paraguay zu sichern (Hughes 2005). Aus paraguayischer Sicht war der Sieg im Chaco-Krieg,
der das Territorium gegenüber 1932 in etwa verdoppelte, in gewissem Sinn eine
Teilkompensation für die Katastrophe von 1870 und Ausfluss des durch den Tripel-AllianzKrieg keineswegs reduzierten paraguayischen Nationalismus (Williams 1974: 188). Bis heute
findet man in Paraguay eine besondere Betonung der territorialen Integrität und Souveränität
des Landes, wie noch im Herbst 2008 die Spannungen mit Brasilien über illegale Landnahme
brasilianischer Farmer und von ihnen finanzierter Milizen im Nachbarland zeigten (New York
Times, 24.10.2008).
Wie die Werke Meisters (1987) und Saegers (2007) ausführlich darlegen, muss die Person
Francisco Solano López’ und seine Rolle für den Ausbruch, Dauer und katastrophalen
Ausgang des Tripel-Allianz-Krieges durchaus sehr ambivalent gesehen werden: Auf der einen
Seite steht das Bild eines gesellschaftlich-ökonomischen Modernisierers und Verteidigers der
paraguayischen Unabhängigkeit; auf der anderen der überambitionierte, paranoide und brutale
Diktator, der durch sein Verhalten, insbesondere seine Weigerung rechtzeitig abzudanken, für
den Tod der Hälfte der paraguayischen Bevölkerung und des Verlusts großer Teile des
nationalen Territoriums (mit-) verantwortlich war (Whigham 2004: 197-198). In der
Erinnerungskultur Paraguays, welche stark durch die nationalistische Ausrichtung der späten
Republik und der darauf folgenden Militärdiktaturen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
26
geprägt wurde, spielt die kritische Wahrnehmung López’ jedoch kaum eine Rolle. Hier stehen
Patriotismus, Heroismus und Opferkult im Mittelpunkt. So gibt es im Pantheon de los Heroes
in Asunción, der Les Invalides in Paris nachempfunden ist und 1937 eröffnet wurde, ein
Mausoleum für López und einen mit der paraguayischen Flagge drapierten Sarg für die
getöteten Kinder von Acosta-ñu. Darüber hinaus werden zahlreiche originalgetreue
Kriegsgedenkstätten aufrecht erhalten und gepflegt, etwa die Schützengräben von Humaitá
oder zeitgenössische Schiffe der paraguayischen Marine (o.V. 2007). Insbesondere dem Opfer
der Kinder und der damit verbundenen Grausamkeiten der brasilianischen Kriegführung wird
bis heute etwa dadurch gedacht, dass der international gefeierte Kindertag in Paraguay stets
der 16. August ist - der Jahrestag der Schlacht von Acosta-ñu.
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30
Karte 1: Die La Plata-Region Mitte des 19. Jahrhunderts
Quelle: Kraay/Whigham (2004): 8
31
Karte 2: Der besiedelte Teil Paraguay Mitte des 19. Jahrhunderts
Quelle: Reber (1999): 19
32
Karte 3: Das Operationsgebiet südlich von Humaitá 1866-1868
Quelle: Kraay/Whigham (2004): 11
33
Karte 4: Gebietsverluste Paraguays
Quelle: Reber (1999): 24
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