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PRAXISTEST KOMPONENTEN Nachuntersuchung Früh im Jahr unterzog TOUR die aktuellen Komponenten von Campagnolo, Shimano und SRAM umfangreichen Labortests. Der beste Prüfstand ist und bleibt aber die Praxis, insbesondere für Langzeitergebnisse. Es ist an der Zeit, einige davon nachzutragen D ie beste Note für ein Produkt nützt wenig, wenn sie nicht dauerhaft Bestand hat. Oder wenn sie nicht für alle Exemplare gelten kann. Bei unserem Test im FebruarHeft haben wir die neuen Komponenten zwar intensiv im Labor getestet und vermessen – doch das musste zwangsläufig eine Momentaufnahme bleiben, weil Langzeiterfahrungen und Hinweise auf Qualitätsstreuungen in der Serie noch fehlten. Das hat sich inzwischen geändert: Die Gruppen sind seit einem halben Jahr an den Rädern der Test-Redakteure unterwegs; Dutzende neuer Test- räder wurden zerlegt, wieder zusammengesetzt, gefahren; und nicht zuletzt der Lesertest im TOUR-Trainingscamp hat viele neue Erkenntnisse gebracht. Dort nämlich waren 22 Räder mit den aktuellen Top-Gruppen täglich im Einsatz, die Leser konnten vergleichen und notierten ihre Eindrücke in Bewertungsbögen. Gut 10.000 Testkilometer kamen so in zwei Wochen zusammen, etwa nochmal so viele haben wir in den vergangenen Monaten mit den Testgruppen in der TOUR-Redaktion gesammelt. Und nicht alles, was dabei zum Vorschein kam, ist erfreulich. ǹǮǯdzǧǴǵ ei Shimano ärgerte die Teilnehmer des Trainingscamps häufig der Umwerfer. Bei vielen Rädern ließ sich die Kette nur widerwillig aufs große Kettenblatt bewegen, oft musste mehrmals und mit ungewohnt hohem Kraftaufwand am Schalthebel nachgedrückt werden. Ein Problem, das sich mit der richtigen Einstellung beheben lässt. „Der Trick ist: Die neue ,Dura-Ace‘ arbeitet mit viel weniger Macht früh Ärger: „Quick-Link“ von Shimano 46 TOUR 7 | 2009 »Wir wissen, dass der Qualitätsstandard der Kette mit dem Quick-Link nicht erreicht wird« Zugspannung als gewohnt“, sagt Test-Ingenieur Dirk Zedler. Der neue Umwerfer, bei dem keine Trimmung mehr notwendig ist, verlangt nach etwas anderer Einstellung – was so auch in der Bedienungsanleitung steht: „Zur Verbesserung der Schaltleistung weicht die SIS-Einstellung für den Umwerfer FD-7900 geringfügig von der Einstellung für frühere Umwerfer ab.“ Beachtet man das, arbeitet die Schaltung leichtgängig und präzise. Unmut verursachte indessen ein kleines Teil: das neue Shimano-Kettenschloss. Es verschleißt ungewöhnlich schnell und lässt dann die Kette auf den Ritzeln springen. Nach 2.000 Kilometern ist die Kette an sich noch fit, das Kettenschloss aber hinüber, weil deutlich gelängt. In Einzelfällen passierte das sogar schon nach 500 Kilometern. Es empfiehlt sich, Shimano-Ketten weiterhin mit dem mitgelieferten Nietstift zu verschließen. Michael Wild von Shimano-Importeur Paul Lange sagt dazu: „Wir wissen, dass der Qualitätsstandard der Kette mit dem Quick Link nicht erreicht wird. Wir bieten daher einen kostenlosen Austausch gegen die bekannten Nietstifte an.“ Dies bleibt aber einzige Problem, das man Shimano zu diesem Zeitpunkt ankreiden kann. + Schaltverhalten und -präzision, Züge, Kette, Bremsen ǖ T E X T: J E N S K L Ö T Z E R ; F O T O S : G R E B E R ; Z E D L E R B PRAXISTEST KOMPONENTEN ǩǧdzǶǧǭǴǵDzǵ GREBER »Wir behalten uns vor, von Fall zu Fall eine für den Kunden zufriedenstellende Lösung zu finden« Katze im Sack? Die Schalthebel von Campagnolos neuen Zehnfach-Gruppen unterscheiden sich je nach Produktionszeitpunkt in ihrer Charakteristik 48 TOUR 7 | 2009 D as Verhalten einzelner Campa-Schaltgruppen verursachte in der TOUR-Redaktion mitunter Kopfschütteln. Bei der Erstvorstellung der „Super Record“ in TOUR 10/08 mussten wir der Schaltung mangelnde Präzision attestieren. Beim KomponentenTest im Februar arbeiteten die Komponenten dann aber ebenso fehlerfrei wie an den meisten Testrädern mit Campagnolo-ElffachGruppen – bis zum TOUR-Trainingscamp: Die Kette verursachte in einzelnen Gängen starke Laufgeräusche. Penible Justage konnte das Problem nicht beheben, sondern verlagerte das Rasseln lediglich auf andere Gangstufen. Ein weiteres Problem war der Druckpunkt des rechten Schalthebels, der die Kette auf ein größeres Ritzel wandern lässt. Der war von Hebel zu Hebel öfter sehr unterschiedlich ausgeprägt. „Der Widerstand ist viel zu weich, manchmal kaum zu spüren, und das Campa-Klicken ist, besonders bei lauten Umweltbedingungen, kaum oder gar nicht zu hören“, bemängelte TOUR-Leser Gerhard Süßle. Fritz Baumgarten von Campagnolo Deutschland erklärt: „Es gab in der Entwicklungsphase Prototypen mit höheren Bedienkräften. In der Serie jedoch verfügen alle Hebel über geringere Bedienkräfte und damit verbunden über einen etwas weniger definierten Druckpunkt.“ Bei den Testrädern fürs TOUR-Camp sei nicht auszuschließen, dass diese möglicherweise mit Prototypen ausgestattet waren, so Baumgarten. Darauf könne man auch die Ungenauigkeiten zurückführen. Gleichzeitig gibt er zu bedenken, dass das Schaltverhalten aber auch von ungünstigen Zugführungen negativ beeinflusst werden kann: „Vor allem bei im Rahmen verlegten Zügen ist die Elffach-Schaltung sehr anfällig.“ An den Campa-Testrädern waren alle Züge allerdings außen an den Rahmen verlegt. Ein ähnliches Phänomen trat auch bei Campas Zehnfach-Gruppen auf, allerdings noch stärker ausgeprägt. Im jüngsten Fall eines Testrades gab der rechte Hebel einer Centaur-Schaltung keinerlei Rückmeldung über den Schaltvorgang. „Das erinnert an einen alten Friktionsschalter“, äußerte sich Test-Redakteur Manuel Jekel ungläubig über das Schaltverhalten. Die Kette fiel beim Loslassen des Hebels manchmal einfach wieder runter, oder es wurden mehr Gänge geschaltet als gewünscht. Auch hier wurde laut Campagnolo nachgebessert, allerdings erst in der bereits laufenden Serienproduktion. „Am Anfang waren die CentaurHebel auf ultraleichte Bedienkräfte ausgerichtet, was jedoch ein klares Gefühl für den Schaltpunkt vermissen ließ. Wir haben das inzwischen geändert.“ Im Klartext heißt das: Auf dem Markt existieren Campa-Zehnfach-Schalthebel mit unterschiedlicher Charakteristik, je nachdem wann sie produziert wurden. Welchen davon man erwischt, ist mehr oder weniger Glückssache, denn auch der Produktionsstempel nützt nicht viel: „Bei den erwähnten Änderungen an den Zehnfach-Ultra-Shift-Ergopowern handelt es sich um sogenannte ,running changes‘ – Detailmaßnahmen, die Schritt um Schritt eingeführt wurden. Ein festes beziehungsweise exaktes Datum für die Einleitung dieser Richtungsänderung können wir nicht nennen“, sagt Baumgarten zu dieser Problematik. Ein genereller Anspruch zum Tausch oder zur Umrüstung des rechten Hebels auf ein aktuelles Modell bestünde zwar nicht, dennoch bemüht sich Campagnolo um zufriedene Kunden: „Wir behalten uns vor, von Fall zu Fall eine entsprechende für den Kunden zufriedenstellende Lösung zu finden.“ ǖ+ Kette, Züge, Bremsen, Hebelform 7 | 2009 TOUR PRAXISTEST KOMPONENTEN ǹǸǧdz BORCHERS Das alte Lied: Wegen der fehlenden Feinjustierung lassen sich auf dem kleinen Kettenblatt bei SRAM nicht alle Gänge fahren, ohne dass die Kette am Leitblech des Umwerfers schleift F unktion der Schaltung: Note 1, wenn eine Nachstellmöglichkeit für den Umwerfer vorne bestehen würde.“ TOUR-Lesertester Mirko Pfauth brachte in seiner Bewertung die Meinung vieler Tester über die Schaltung der SRAM-Red-Gruppe auf den Punkt. Die fehlende Feinjustierung auf dem kleinen Kettenblatt lässt nicht alle Gänge zu, schon bei mäßigem Schräglauf schleift die Kette am Leitblech des vorderen Umwerfers. Das Problem lässt sich auch mit penibler Einstellung nicht beheben, der Umwerferkäfig ist schlicht zu schmal, um die fehlende Trimmstufe auszugleichen. Doch SRAM hält an dem Konzept fest: „Da unsere Umwerfer fünften Ritzel auftreten kann. Ein Tuning-Tipp zur Linderung von TOUR-Tester Dirk Zedler: „Der FSA-Kompaktumwerfer zusammen mit der FSAKompaktkurbel funktioniert ausgezeichnet.“ Weitere Knackpunkte bei SRAM sind Kette und Kassette. Der Antrieb gibt stetig mahlende Geräusche von sich, die auch nach längerer Einfahrzeit nicht weniger werden. Das tut der Funktion zwar keinen Abbruch, ist für die Fans der lautlosen Fortbewegung aber mitunter nervig. Allwang nennt die leichte, hohle Kassette der „Red“ als Ursache, die wie ein Resonanzkörper fungiert. „Mit der PG1070Kassette aus der ,Force‘-Gruppe läuft die Kette »Es ist normal und so ausgelegt, dass man auf dem kleinen Kettenblatt die sieben großen Ritzel schleiffrei fahren können sollte« und Schalthebel seit dem Modelljahr 2009 alle die Trimmung auf dem großen Kettenblatt haben, ist es normal und so ausgelegt, dass man auf dem kleinen Kettenblatt vorn die sieben großen Ritzel schleiffrei fahren können sollte. Das heißt, bei den eher wenig gefahrenen Kombinationen 39/11, -/12 und -/13 schleift die Kette an der rechten Käfiginnenseite des Umwerfers“, sagt Christoph Allwang von SRAM Deutschland. Gleichzeitig räumt er ein, dass das Problem, abhängig von Umwerfersockel und Hinterbaulänge, schon auf dem vierten oder 50 TOUR 7 | 2009 deutlich leiser. Allerdings ist die Force-Kassette schwerer“, so Allwang weiter. Die Kette selbst ist nach rund 2.000 Kilometern meist verschlissen – da schafft die Konkurrenz deutlich mehr. Die Lösung für beide Probleme ist in der Szene ebenso bekannt wie für den Hersteller unangenehm: Kette und Kassette von Konkurrent Shimano sind hundertprozentig kompatibel, laufen ruhiger und halten länger. Auch die originalen Gore-Züge empfehlen sich zum Austausch oder Tuning. Nach 8.000 Kilometern und wenigen Regenfahrten registrierte Testfahrer Dirk Zedler sehr schwergängige Brems- und Schaltzüge an seinem Transalp-Rad und an dem dem seiner Partnerin. TOUR-Redakteur Manuel Jekel sieht die Ursache im Verzicht auf die zugehörigen dünnen Hüllen („Liner“) für die Bereiche, in denen die Züge frei laufen: „SRAM wirbt zwar mit den Gore-Zügen, ist aber nicht konsequent, weil die Züge ohne Liner verwendet werden. Ich fahre seit September 2007 Original Gore-Züge mit Liner und bin nach wie vor begeistert.“ SRAM hat das Problem erkannt und arbeitet laut Christoph Allwang an einer Lösung: „Die demnächst auf den Markt kommenden GorePro-Züge haben im Bereich der Umlenkung und engen Radien am Schalthebel eine veränderte Beschichtung, damit sie nicht mehr so leicht ausfransen. Auch bekommt das Zugsystem einen Liner vom Rahmenanschlag bis zum Schaltwerk beziehungsweise Umwerfer, welcher am Ende mit einer Gummitülle das System vor Verschmutzung schützt.“ Bei der neuen Rival-Gruppe musste TOUR-Testredakteur Matthias Borchers bereits im Neuzustand deutliches radiales Spiel der Kurbel feststellen. Der Grund: das vorgeschriebene Anzugsmoment der Kurbel reichte für einen festen Sitz nicht aus. Das linke Lager ist im Durchmesser zwei Zehntel größer als die Welle der Kurbel; sitzt die Kurbel nicht richtig auf dem Vielzahn, hat die Welle Spiel. Erst bei 64 Newtonmetern (vorgeschrieben: 54 Newtonmeter) war die Kurbel schließlich fest. ǖ+ Bremsen, Schaltpräzision hinten, robuste Schaltmechanik