Neuregelung des gesetzlichen Ladenschlusses in Baden

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Neuregelung des gesetzlichen Ladenschlusses in Baden
Erzbischöfliches Seelsorgeamt
Abteilung Sozialpastoral
Referat Arbeitnehmerpastoral -ANPBearbeitung:
Dr. jur. Astrid Deusch
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Neuregelung des gesetzlichen Ladenschlusses in Baden-Württemberg
1. Baden-Württemberg hat von der ab 01.09.2006 auf Grund der Föderalismusreform auf die
Länder übertragenen Gesetzgebungszuständigkeit für das Recht des Ladenschlusses Gebrauch gemacht. Der Landtag hat am 14.02.2007 trotz massiver Einwendungen der Gewerkschaften, Kirchen und sonstigen Verbandsvertretern/innen das Gesetz über die Ladenöffnung und die Abänderung anderer Vorschriften beschlossen. Das Gesetz tritt voraussichtlich
am 06.03.2007 in Kraft.
Ziele des Gesetzes sollen sein:
Ø Die Aufhebung des werktäglich gesetzlichen Ladenschlusses, um dem Einzelhandel die
erforderliche Flexibilität zu ermöglichen und um für die Verbraucher/innen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erhöhen.
Ø Regelungen, die den grundsätzlichen gesetzlichen Ladenschluss an Sonn- und Feiertagen sicherstellen. Dadurch wird der Sonn- und Feiertagsschutz verwirklicht und unabhängig vom Arbeitszeitrecht ein Mindestmaß an sozialem Arbeitsschutz für Beschäftigte
und Ladeninhaber sichergestellt. Unter Beachtung des Sonn- und Feiertagsschutzes
werden Ausnahmefälle angemessen berücksichtigt.
Ø Eine Modernisierung, Vereinfachung und Entbürokratisierung der seitherigen Vorschriften,
Ø die Zusammenfassung mehrerer bestehender Regelungen wie das seitherige Bundesgesetz über den Ladenschluss, die Verordnung des Bundes über den Verkauf von Waren
an Sonn- und Feiertagen, sowie die Verordnung der Landesregierung und des Sozialministeriums über den Ladenschluss (Ladenschlussverordnung).
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2. Die beschlossenen Regelungen des Ladenöffnungsgesetzes im Einzelnen:
2.1 Ladenöffnung an Werktagen
Was die Ladenöffnung an Werktagen anbelangt, so werden dieser keinerlei Beschränkung auferlegt.
Die Ladenöffnung ist somit an Werktagen rund um die Uhr zulässig.
Den hierdurch erfolgten Wandel macht auch die Bezeichnung des Gesetzes als Gesetz über die
Ladenöffnung und nicht wie bisher als Ladenschlussgesetz deutlich.
2.2 Ladenöffnung an Sonn- und Feiertagen
Grundsätzlich müssen für den geschäftlichen Verkehr mit Kunden Verkaufsstellen an Sonnund Feiertagen sowie am 24. Dezember, wenn dieser Tag auf einen Werktag fällt, ab 14.00 Uhr,
geschlossen sein.
Während der Ladenschlusszeiten ist auch das gewerbliche Feilhalten von Waren zum Verkauf
an jedermann außerhalb von Verkaufsstellen verboten.
Von diesem Verbot sind nachfolgende Ausnahmen vorgesehen:
a) Apotheken zur Abgabe von Arznei-, Krankenpflege-, Säuglingspflege- und
Säuglingsnährmittel, Hygieneartikel und Desinfektionsmittel.
Diese Regelung bestand bereits bisher im Ladenschlussgesetz des Bundes.
b) Tankstellen dürfen an Sonn- und Feiertagen geöffnet sein.
Während der Ladenschlusszeiten ist nur die Abgabe von Ersatzteilen für Kraftfahrzeuge, soweit
dies zur Unterhaltung oder Wiederherstellung der Fahrbereitschaft notwendig ist, sowie die Abgabe von Betriebsstoffen und von Reisebedarf gestattet.
Diese Vorschrift entspricht der alten Regelung im Ladenschlussgesetz des
Bundes.
Das Problem, dass faktisch Waren aller Art auch außerhalb der Ladenschlusszeiten an
Sonn- und Feiertagen in Tankstellen verkauft werden, ist hierdurch nicht gelöst worden.
c) Verkaufsstellen auf Verkehrsflughäfen, Verkehrslandeplätzen, Personenbahnhöfen und
Fahrhäfen.
Verkaufsstellen auf Verkehrsflughäfen, Verkehrslandeplätzen innerhalb der
Terminals, auf Personenbahnhöfen des Schienenverkehrs sowie auf regionalen Fahrhäfen dürfen an Sonn- und Feiertagen geöffnet sein.
Während der Ladenschlusszeiten an Sonn- und Feiertagen ist diesen Verkaufsstellen nur die
Abgabe von Reisebedarf gestattet.
Dies war auch bisher im Ladenschlussgesetz des Bundes so geregelt.
Neu ist, dass auf Verkehrsflughäfen die Einschränkung der Abgabe von Reisebedarf an Sonnund Feiertagen nicht besteht. Das bedeutet, dass im Bereich der Verkehrsflughäfen innerhalb
der Terminals Waren aller Art an Sonn- und Feiertagen verkauft werden dürfen. Dies stellt eine
Ausweitung des Warensortiments dar, vor allem im Hinblick darauf, dass die Verkehrsflughäfen
eine erhebliche Gesamtverkaufsfläche ausweisen.
Nach dem Entwurf wird die Gesamtverkaufsfläche während der Ladenschlusszeiten je nach
Fluggastzahl pro Jahr auf eine bestimmte Quadratmeterzahl beschränkt.
d) Kur-, Erholungs-, Ausflugs- und Wallfahrtsorte
In anerkannten Kur- und Erholungsorten dürfen Verkaufsstellen, die eine oder mehrere der
nachfolgend genannten Waren ausschließlich und in erheblichem Umfang führen an Sonn- und
Feiertagen für den Verkauf von Reisebedarf, Sport- und Badegegenstände, Devotionalien sowie
Waren, die für diese Orte kennzeichnend sind, an jährlich höchstens 40 Sonn- und Feiertagen
bis zur Dauer von acht Stunden geöffnet sein, sofern und soweit dies durch die zuständige Behörde festgesetzt ist. Bei der Festsetzung der Öffnungszeiten ist auch auf die Zeit des Haupt-
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gottesdienstes Rücksicht zu nehmen.
Das Regierungspräsidium bestimmt im Einvernehmen mit dem Ministerium für Arbeit und Soziales Ausflugs- oder Wallfahrtsorte oder Ortsteile von Ausflugs- oder Wallfahrtsorten mit besonders starkem Tourismus, in denen von den Bestimmungen des Absatz 1 Gebrauch gemacht
werden darf. Das Regierungspräsidium gibt eine Liste der aktuellen Orte oder Ortsteile, in denen
von den Bestimmungen des Absatz 1 Gebrauch gemacht werden darf, nach Stadt- und Landkreisen gegliedert und alphabetisch geordnet im gemeinsam Amtsblatt bekannt.
Das Warensortiment wurde im Vergleich zum Ladenschlussgesetz des Bundes in dieser
Vorschrift erweitert.
e) Weitere Verkaufssonntage
Verkaufsstellen dürfen an Sonn- und Feiertagen aus Anlass von örtlichen Festen, Märkten,
Messen oder ähnlichen Veranstaltungen an jährlich höchstens drei
Sonn- und Feiertagen geöffnet sein. Die zuständige Behörde bestimmt diese Tage und setzt die
Öffnungszeiten fest. Die zuständigen kirchlichen Stellen sind vorher anzuhören soweit weite Bevölkerungsteile der jeweiligen Kirche angehören. Satz drei gilt nicht für den 1. Mai
und für den 3. Oktober.
Wurde ein Markt oder eine Messe als Grundlage für verkaufsoffene Sonntage festgesetzt, so
sind die Kirchen im Rahmen des Festsetzungsverfahrens nach dem Sonn- und Feiertagsgesetz
Baden-Württemberg anzuhören.
Die Offenhaltung von Verkaufsstellen kann auf bestimmte Bezirke und Handelszweige beschränkt werden. Sie darf fünf zusammenhängende Stunden nicht über
schreiten, muss spätestens um 18.00 Uhr enden und soll außerhalb der Zeit des Hauptgottesdienstes liegen.
Wird die Offenhaltung von Verkaufsstellen auf bestimmte Bezirke beschränkt, so sind die
verkaufsoffenen Sonn- oder Feiertage nach Absatz 1 nur für diese Bezirke verbraucht.
Die Adventssonntage, die Feiertage im Dezember sowie der Oster- und Pfingstsonntag
dürfen nicht freigegeben werden.
Im Vergleich zur bisherigen Regelung in § 14 Ladenschlussgesetz des Bundes ergeben sich folgende Änderungen:
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Bisher vier Sonntage, nunmehr drei Sonntage pro Jahr
Entscheidung nicht wie bisher per Rechtsverordnung durch Kommunalparlament, sondern durch die Kommune als zuständige Verwaltungsbehörde
Der Anlass für die verkaufsoffenen Sonntage wird erweitert um örtliche Feste
Es wird ein Anhörungsrecht der zuständigen kirchlichen Stellen eingeführt, die
vorher anzuhören sind, soweit weite Bevölkerungsteile der jeweiligen Kirche angehören.
Bisher hatte die KAB eine Empfehlung des Ministerpräsidenten erreicht, die
zuständigen kirchlichen Stellen vor der Freigabe eines verkaufsoffenen
Sonntags auch bei ähnlichen Veranstaltungen zu hören
Die extensive Auslegung der bisherigen Regelung im Ladenschlussgesetz
Bund, die Zahl der verkaufsoffenen Sonn- und Feiertage auf Stadtteile bzw.
Bezirke zu beschränken und so die Höchstzahl für jeden Bereich ausschöpfen
zu können, wird gesetzlich ausdrücklich zementiert.
Eine Verbesserung ergibt sich durch den Schutz aller Adventssonntage und der
Feiertage im Dezember sowie des Oster- und Pfingstsonntags
f) Besondere Warengruppen
Verkaufsstellen dürfen an Sonn- und Feiertagen geöffnet sein für die Abgabe von
– frischer Milch für die Dauer von insgesamt drei Stunden
– Konditor- und frischen Backwaren für die Dauer von insgesamt drei Stunden,
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Blumen, wenn Blumen in erheblichem Umfang feilgehalten werden für die Dauer
von drei Stunden, am 01. November (Allerheiligen), am Muttertag, am Volkstrauertag, am Totensonntag und am ersten Adventssonntag für die Dauer von
sechs Stunden,
selbsterzeugten landwirtschafltichen Produkten in Verkaufsstellen auf landwirtschaftlichen Betriebsflächen, in Hofläden und Verkaufsständen von Genossenschaften für die Dauer von sechs Stunden,
Zeitungen, Zeitschriften für die Dauer von sechs Stunden,
Zubehör für die Dauer der Hauptleistungen in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang dazu.
Dies gilt nicht für Warengruppen nach dem ersten bis vierten Spiegelstrich am
1. Weihnachts-, Oster- und Pfingstfeiertag.
Weiter dürfen am 24. Dezember, wenn dieser Tag auf einen Sonntag fällt, Verkaufsstellen, die überwiegend Lebens- und Genussmittel feilhalten, alle Verkaufsstände für die Abgabe von Weihnachtsbäumen während höchstens drei Stunden
bis längstens 14.00 Uhr geöffnet sein.
Die zuständige Behörde kann darüber hinaus Ausnahmen für das Feilhalten
von leichtverderblichen Waren und Waren zum sofortigem Verzehr, Gebrauch
oder Verbrauch zulassen, sofern dies zur Befriedigung örtlich auftretender
Bedürfnisse notwendig ist.
Der Inhaber der Verkaufsstellen hat bei der Festlegung der jeweiligen Öffnungszeiten die Zeit des Hauptgottesdienstes zu berücksichtigen. Der Inhaber hat an
der Verkaufsstelle gut sichtbar auf die Öffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen
hinzuweisen.
Im Vergleich zum bisherigen Ladenschlussgesetz des Bundes werden die
Warengruppen erweitert, die an Sonn- und Feiertagen verkauft werden dürfen. Zum einen sind dies die Hofläden, zum anderen die Waren zum sofortigen Verzehr, Gebrauch oder Verbrauch, sofern dies zur Befriedigung
örtlich auftretender Bedürfnisse notwendig ist. Weiter wird die Dauer der
jeweils zulässigen Öffnungszeiten bei nahezu allen Warenarten ausgeweitet.
Der Verkauf dieser Waren basierte bisher auf der Verordnung des Bundes über
den Verkauf bestimmter Waren an Sonn- und Feiertagen.
Nach der Regelung im Ladenschlussgesetz des Bundes konnte bisher die Offenhaltung auf bestimmte Sonn- und Feiertage oder Jahreszeiten sowie auf bestimmte Arten von Verkaufsstellen beschränkt werden.
Dies ist in der Neuregelung ausdrücklich nicht mehr ersichtlich.
g) § 11 des Ladenschlussgesetz Bund
Die Zulassung des Verkaufs von Waren in ländlichen Gebieten an Sonntagen
wurde nicht übernommen.
Dies ist zu begrüßen, die KAB hat mehrfach vorgetragen, dass dringende Kaufbedürfnisse der Landbevölkerung heute nicht mehr in der Weise bestehen, dass sie
an Sonn- und Feiertagen während der Zeit der Feldbestellung und Ernte befriedigt werden müssten.
h) Ausnahmen im öffentlichen Interesse
Die zuständige Behörde kann in Einzelfällen befristete Ausnahmen von den Vorschriften über die Öffnung an Sonn- und Feiertagen bewilligen, wenn die Ausnahmen im öffentlichen Interesse dringend nötig werden.
Inhaltlich aufgegriffen wird hier die bisherige Regelung des § 23 Ladenschlussgesetz Bund.
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Diese Regelung ist als allgemeine Ausnahmevorschrift kritisch zu sehen. Im
Rahmen der Fußballweltmeisterschaft 2006 wurde die Vorschrift rechtswidrigerweise als Grundlage für eine Ladenöffnung an Sonn- und Feiertagen herangezogen. In der Begründung wird ausgeführt, dass private oder individuelle Interessen
eine Offenhaltung von Verkaufsstellen nicht rechtfertigen. § 11 soll der Wahrung
eines solchen öffentlichen Interesses dienen, das als Versorgungsinteresse – oder
allenfalls noch als Verwertungsinteresse – unmittelbar durch den Warenerwerb während
der Ladenöffnungszeiten an Sonn- oder Feiertagen befriedigt werden kann.
Die Vorschrift biete keine rechtliche Grundlage, um von der Gesamtkonzeption
des Gesetzes abzuweichen oder durch die Bewilligung von Ausnahmen die Wirkung des Gesetzes in Frage zu stellen. Über den Anwendungsbereich dieser Vorschrift hinausgehende Ausnahmen blieben einer ausdrücklichen Entscheidung des
Gesetzgebers vorbehalten.
Diese Klarstellung in der Gesetzesbegründung ist zu begrüßen, es wäre
allerdings sinnvoll gewesen, die entsprechenden Tatbestandsmerkmale direkt in
die Gesetzesvorschrift mit aufzunehmen.
3. Besonderer Arbeitnehmerschutz
Von der Regelung der Ladenöffnung ist der dem Arbeitsschutz entstammende Gedanke des
Arbeitnehmerschutzes als Arbeitszeitschutz zu trennen.
§ 17 des Ladenschlussgesetz Bund hat den besonderen Arbeitnehmerschutz von Arbeitnehmern/innen in Verkaufsstellen oder beim gewerblichen Feilhalten manifestiert.
In § 12 übernimmt das Land Baden-Württemberg diese Regelungen in vollem Umfang.
Danach dürfen Arbeitnehmer/innen an Sonn- und Feiertagen nur während der ausnahmsweise zugelassenen Öffnungszeiten und falls dies zur Erledigung von Vorbereitungs- und Abschlussarbeiten unerlässlich ist, an insgesamt weiteren 30 Minuten beschäftigt werden.
Die Beschäftigungszeit des einzelnen Arbeitnehmers darf die Dauer von acht Stunden nicht
überschreiten.
Bei Beschäftigung von Arbeitnehmern in Kur-, Erholungs-, Ausflugs- und Wallfahrtsorten
dürfen Arbeitnehmer an jährlich höchsten 22 Sonn- und Feiertagen für jeweils nicht mehr als
vier Stunden beschäftigt werden.
Werden Arbeitnehmer während zugelassener Öffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen beschäftigt, so sind sie an einem Werktag derselben Woche bei einer Beschäftigung von mehr
als drei Stunden ab 13.00 Uhr, bei einer Beschäftigung von mehr als sechs Stunden ganztägig freizustellen.
Jeder dritte Sonntag muss beschäftigungsfrei bleiben. Werden Arbeitnehmer während zugelassener Öffnungszeiten kürzer als drei Stunden an Sonn- und Feiertagen beschäftigt, muss
in jeder zweiten Woche ein Nachmittag ab 13.00 Uhr oder ein Samstag- oder Montagvormittag oder jeder zweite Sonntag beschäftigungsfrei bleiben.
Arbeitnehmer/innen können verlangen, in jedem Kalendermonat an einem Samstag freigestellt zu werden.
Inhaber einer Verkaufsstelle haben bei einer Beschäftigung von mehr als einem Arbeitnehmer einen Abdruck des Ladenöffnungsgesetzes an geeigneter Stelle in der Verkaufsstelle
auszulegen oder auszuhändigen und ein Verzeichnis über Namen, Tag, Beschäftigungsart
und -zeiten der an Sonn- und Feiertagen beschäftigten Arbeitnehmer/innen sowie die Freistellungszeiten nach Absatz 3 zu führen.
Grundsätzlich ist zu begrüßen, dass die besonderen Schutzvorschriften bei der Beschäftigung von Arbeitnehmern/innen nahezu eins zu eins vom Ladenschlussgesetz
Bund in das Ladenöffnungsgesetz Baden-Württemberg übernommen wurden.
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Es ergibt sich jedoch ein rechtliches Problem, soweit die Gesetzesmaterie des Arbeitsschutzes in die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes fällt und somit von den Ländern
nicht eigenständig geregelt werden kann.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales vertritt insoweit die Auffassung, dass der Arbeitnehmerschutz bei Arbeitnehmern/innen in Verkaufsstellen im Zusammenhang mit der
Regelungsbefugnis der Länder zur Ladenöffnung geregelt werden könne.
Diese Auffassung begegnet allerdings rechtlichen Bedenken. So wird in der juristischen
Fachöffentlichkeit von namhaften Vertretern/innen die Auffassung vertreten, dass für den Arbeitsschutz im Handel lediglich der Bund Gesetzgebungszuständigkeit besitzt.
Dies bedeutet für den Arbeitsschutz der Arbeitnehmer/innen im Handel an Werktagen, dass
die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes anzuwenden sind.
Für die Beschäftigung von Arbeitnehmern/innen an Sonn- und Feiertagen besteht im Arbeitszeitgesetz keine Regelung, so dass in der Fachöffentlichkeit vertreten wird, dass ohne eine
entsprechende Regelung durch den Bundesgesetzgeber auf Grund der landesrechtlichen Vorschriften eine Beschäftigung von Arbeitnehmern/innen an Sonn- und Feiertagen rechtlich allenfalls im Rahmen des bisherigen Ladenschlussgesetzes Bund zulässig ist.
Was die Zulässigkeit der Beschäftigung von Arbeitnehmern/innen an Werktagen zur
Nachtzeit anbelangt, bietet derzeit das einschlägige Arbeitszeitgesetz nur wenig
Schutz. Auf diesem Hintergrund erscheinen einschränkende Regelungen erforderlich,
was die tägliche Dauer und Lage der Arbeitszeit der Beschäftigten im Handel, darunter
2/3 Frauen, anbelangt.
Resümee
Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Landesregierung die Ladenöffnung an
Werktagen rund um die Uhr freigeben will, besteht aus unserer Sicht keinerlei Erfordernis zur Freigabe von verkaufsoffenen Sonntagen. Dies auch im Hinblick darauf,
dass die darüber hinaus gehenden weitreichenden Ausnahmeregelungen für den Verkauf bestimmter Waren an Sonn- und Feiertagen zur Deckung eines besonderen Bedarfs an Sonn- und Feiertagen völlig ausreichend sind.
Das Zugeständnis der Landesregierung, die verkaufsoffenen Sonntage von vier auf drei zu
reduzieren, dürfte unter Berücksichtigung dessen, dass die Anlässe für die verkaufsoffenen
Sonntage auch auf örtliche Feste ausgedehnt werden, faktisch zu einer gleichen Zahl von
verkaufsoffenen Sonntagen in der Praxis führen.
Besonders eklatant ist die Tatsache, dass jeder Bezirk und somit jeder einzelne Stadtteil die
volle Zahl von 3 verkaufsoffenen Sonntagen ausschöpfen kann.
Fragwürdig erscheint auch die Vorschrift, die derzeitige Regelung im Ladenschlussgesetz
von vier verkaufsoffenen Sonntagen mit der Möglichkeit von örtlichen Festen als Anlass
übergangsweise im Jahr 2007 beizubehalten.
Was der Schutz der Sonn- und Feiertage anbelangt, so wird dieser negativ durch die Tatsache tangiert, dass die Ladengeschäfte am Samstag bzw. am vor dem Feiertag gelegenen
Werktag bis 24.00 Uhr und dann ab 0.00 Uhr am darauffolgenden Werktag geöffnet sein
dürfen.
Nach unserer Ansicht ist eine Regelung zu treffen, die die Öffnung an Samstagen bzw.
Werktagen vor Sonn- bzw. Feiertagen bis 18.00 Uhr beschränkt und am darauffolgenden Werktag eine Öffnung der Ladengeschäfte erst ab 6.00 Uhr erlaubt.
Das festgeschriebene Anhörungsrecht der zuständigen kirchlichen Stellen ist zu begrüßen,
muss allerdings im Hinblick auf den Begriff „weite Bevölkerungsteile“ konkretisiert werden.
Zweifellos wird sich für die Beschäftigten, die am Samstag bis 24.00 Uhr in den Ladengeschäften zum Einsatz kommen, die Gestalt des Sonntags erheblich verändern.
Eine sogenannte „Rund-um-die-Uhr-Gesellschaft“ gefährdet die Menschen, unsere Familien
und die vorhandenen Gemeinschaften.
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Es darf auch nicht übersehen werden, dass eine etwaige Freigabe der Ladenöffnungszeiten
den Druck auf andere Bereiche wie Banken, Behörden, Kinderbetreuungseinrichtungen sowie sonstige Dienstleistungen verstärken wird, ihre Öffnungszeiten entsprechend anzugleichen. Weiter wird erheblicher Anpassungsbedarf bestehen, was die Angebote des öffentlichen Personennahverkehrs anbelangt, soweit zukünftig werktags rund um die Uhr eingekauft
werden soll.
Es sind somit langfristig nicht nur die Beschäftigten im Handel von der Änderung betroffen.
Der Trend zur Schicht-, Nacht-, und Wochenendarbeit hält an. Diese von der Normalarbeitszeit abweichenden Lagen der Arbeitszeit werden als atypisch eingestuft, weil sie mit hohen
gesundheitlichen Belastungen verbunden sind und die Teilnahme am familiären und sozialen
Leben einschränken. Mit einem Anteil von 56% dominieren heute solche atypischen Arbeitszeiten. Besonders zugenommen hat die Wochenendarbeit, was sich durch die Freigabe der
Ladenöffnungszeiten noch verschärfen wird. So haben im Jahre 2005 25% der abhängig Beschäftigten Sonntagsarbeit geleistet.
Der Trend zur „Rund-um-die-Uhr-Gesellschaft“ und zur „Rund-um-die-Uhr-Arbeit“ hat
gesellschaftliche Folgen. Das Synchronisationsproblem zwischen Beruf und Familie verschärft sich, wenn zu ohnehin langen Arbeitszeiten noch eine ungünstige Lage während der
Nacht oder am Wochenende hinzu kommt. (Hans Böckler Stiftung, Hartmut Seifert: Kürzer,
länger und flexibler. Entwicklungs- und Konfliktlinien in der Arbeitszeit).
Freiburg, 28. Februar 2007
Dr. jur. Astrid Deusch
Stabsstelle Bildung und Recht
----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Unter der o.g. Adresse sind weitere Informationen und Arbeitshilfen, u.a. das im Auftrag der KAB
Deutschlands e.V. erstellte Gutachten
„Die Folgen einer etwaigen Verlagerung der Gesetzgebungskompetenz auf die Bundesländer im Bereich des Ladenschlusses - Plädoyer für die Beibehaltung der bundeseinheitlichen Regelung zum Ladenschluss“
von Dr. jur. Astrid Deusch, Stabsstelle Bildung und Recht, zu erhalten.
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