Zeugnisse aus den Todesfabriken - Friedrich-Ebert

Transcription

Zeugnisse aus den Todesfabriken - Friedrich-Ebert
Die Firma
Die Gebrüder Topf
Die Belegschaft
Die Produkte
Ingenieur Kurt Prüfer
Feuerbestattung in Deutschland
Das Feuerbestattungsgesetz von 1934
Als in Auschwitz und den anderen deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagern Millionen Menschen
ermordet wurden, standen die Mörder vor technischen Problemen. Tötung und Leichenbeseitigung sollten ohne
Unterbrechung, kostengünstig und Brennstoff sparend vonstatten gehen und möglichst wenig Spuren
hinterlassen. Um dies zu bewerkstelligen, war die SS auf zivile Experten angewiesen, die keine Skrupel hatten,
sich in die praktischen Probleme der Vernichtung hineinzudenken und entsprechende Lösungen zu entwickeln.
Die Erfurter Firma Topf & Söhne hat dabei eine entscheidende Rolle gespielt. Die Geschichte dieser ganz
normalen deutschen Firma wird im Folgenden erzählt. Sie beginnt im Erfurt des 19. Jahrhunderts und führt bis in
die Krematorien von Auschwitz.
Anmeldung zum Patent
Querelen – Selbstbewusstsein – persönliche Vorteile
Kurt Prüfers Kündigung
Die Vernichtung von Menschen war im Nationalsozialismus keine vorübergehende Erscheinung. Sie war, so
erkannte man bei Topf & Söhne, offensichtlich auf Dauer und Ausweitung angelegt. Ohne Auftrag, aus freien
Stücken, erfanden Ingenieure der Firma noch effizientere Vorrichtungen zur Beseitigung von immer mehr
Menschen. Sie eilten mit ihren Entwürfen den Anforderungen der SS weit voraus. Die dadurch erzielten
persönlichen und ökonomischen Vorteile waren bescheiden und können das große Engagement nicht erklären.
Heimliche Aufzeichnungen von Chaim Herman
Zeugenaussage
von Henryk Tauber
Zeugnisse aus den Todesfabriken
Als Zeugen des Massenmordes versuchten KZ-Häftlinge schon vor der Befreiung von Auschwitz
Zeugnisse zu hinterlassen. Hier versammelt sind Berichte von Angehörigen der Sonderkommandos,
die gezwungen waren, in den Krematorien zu arbeiten. Sie dokumentieren die Abläufe von
Massenmord und Leichenbeseitigung aus eigener Anschauung. Sie bezeugen, was den Menschen dort
angetan wurde. Zugleich bestätigen sie die Bedeutung, die Topf & Söhne für die Perfektionierung der
industriell betriebenen Vernichtung hatte.
Heimliche Aufzeichnungen von Chaim Herman
Zeugenaussage
von Henryk Tauber
„Seitdem
ich hier bin, habe ich niemals an die Möglichkeit der Rückkehr gedacht, ich wusste ebenso wie wir
alle, dass die Verbindung mit jener Welt unterbrochen ist, es ist hier eine andere Welt. Wenn ihr wollt, so ist es
die Hölle, aber Dantes Hölle ist ungeheuerlich lächerlich im Vergleich zur Wirklichkeit von hier und wir sind
ihre Augenzeugen, die nicht überleben dürfen.“
Aus den heimlichen Aufzeichnungen von Chaim Herman, Häftling des Sonderkommandos, Ende November
1944 von der SS ermordet
Spurenbeseitigung und Spurensuche
Um die Spuren der Verbrechen zu verwischen, sprengte die SS im Januar 1945 die Krematorien von
Auschwitz-Birkenau. Aber die Trümmer blieben und bezeugten den Massenmord. Die Überreste der
Krematorien wurden schon bald symbolisch zu Grabmalen und Gedenksteinen. Sie geben der
Erinnerung Anschaulichkeit und Halt. Die Firmenleitung von Topf & Söhne sowie die beteiligten
Mitarbeiter stritten jede eigene Schuld und Mitverantwortung an den Verbrechen ab. Die SS wurde
als allein schuldig dargestellt; im DDR-Folgebetrieb versuchte man, jede Mitverantwortung auf die
kapitalistischen Firmeneigentümer abzuwälzen.
Zeugenaussage von Henryk Tauber
Jedes Krematorium hatte zwei eiserne Tragen zum Laden der Leichen in die Öfen. [...] Zwei Häftlinge
legten die Leichen darauf. Sie legten sie so ab, dass die erste Leiche mit den Beinen zur
Verbrennungskammer, dem Rücken nach unten und dem Gesicht nach oben hingelegt wurde. Auf
diese Leiche wurde ebenfalls mit dem Gesicht nach oben eine zweite gelegt, deren Kopf in Richtung
der Verbrennungskammer zeigte. Das wurde deshalb gemacht, damit die obere Leiche die Beine der
unten liegenden Leiche nach unten drückte und die Beine der oben liegenden Leiche nicht in den Ofen
gedrückt werden mussten, sondern selbst in den Ofen hineingezogen wurden. Zwei Häftlinge
befassten sich damit, die Leichen auf die Tragen zu laden. Zwei andere Häftlinge standen bei einer an
ihrem Ende näher zur Verbrennungskammer hin unter der Trage durchgeführten Stange. Während die
Leichen auf die Trage gelegt wurden, öffnete einer von ihnen die Tür der Verbrennungskammer, und
der andere setzte die Trage auf die Rollen auf. Der fünfte Häftling hob die Trage an den Griffen hoch
und stieß die Trage, nachdem die beiden vorgenannten sie an der Stange hochgehoben und auf die
Rollen aufgesetzt hatten, in die Verbrennungskammer. Wenn sich die Leichen dann in der
Verbrennungskammer befanden, hielt sie der sechste Häftling mit einer eisernen Rührstange im
Inneren der Verbrennungskammer fest, und der fünfte zog die Trage unter ihnen weg. [...] Schließlich
kontrollierte der SS-Kommandoführer auch nach jedem Laden, ob die Öfen auch richtig geladen
waren. Wir mussten ihm die Tür jeder Verbrennungskammer aufmachen und wir sahen bei dieser
Gelegenheit, was im Inneren geschieht.“
Henryk Tauber, ehemaliger Häftling des Sonderkommandos, bei seiner Zeugenaussage vor der
polnischen Untersuchungskommission zu den in Auschwitz begangenen Verbrechen, Mai 1945