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Universität für Musik und darstellende Kunst Institut für Film und Fernsehen „Filmakademie Wien“ MAGISTERARBEIT Schriftlich-theoretische Arbeit für die Magisterprüfung PRODUKTION Titel FILM vs. COMPUTERSPIEL – Storytelling als gemeinsame Stärke Verfasser Roland Hablesreiter Matr.Nr.: 0203746 Betreuer: em.o.Univ.Prof. Dkfm. Peter A. Mayer Wien, im April 2010 EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG Ich erkläre hiermit an Eides statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe. Die aus fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind als solche kenntlich gemacht. Die Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht. Wien, am 12. April 2010 Hablesreiter Roland 2 INHALTSVERZEICHNIS EINLEITUNG................................................................................................................5 THESE.........................................................................................................................9 METHODIK................................................................................................................12 SPIELEGENRES........................................................................................................14 PRODUKTION EINES COMPUTERSPIELS.............................................................25 DAS ENDE VON FILM & TV DURCH COMPUTERSPIEL & INTERNET?................32 FILMISCHE GESTALTUNGSMITTEL IN COMPUTERSPIELEN...............................35 ! Cut-Scenes......................................................................................................37 ! Regie...............................................................................................................42 ! Drehbuch.........................................................................................................43 ! Produktion........................................................................................................44 ! Kamera & Licht................................................................................................45 ! Schnitt..............................................................................................................49 ! Ausstattung & Kostüm.....................................................................................51 ! 2D & 3D (Modeling, Compositing, Animation).................................................51 ! Sound Design und Musik.................................................................................52 ! DarstellerInnen................................................................................................55 ! Filmschaffende in der Spielebranche..............................................................59 COMPUTERSPIELE AUF DER LEINWAND UND UMGEKEHRT – DIE ADAPTION......................................................................................................61 SYNERGIEN IM TECHNISCHEN BEREICH.............................................................68 HOLLYWOOD UND DIE SPIELE...............................................................................71 DIE SITUATION IN ÖSTERREICH IM ÜBERBLICK..................................................79 TV UND SPIEL...........................................................................................................85 FILMISCHES & INTERAKTIVES ERZÄHLEN...........................................................91 ! Was Film und Game unterscheidet..................................................................91 ! Gameplay vs. Story.........................................................................................92 ! Interaktivität in Film und Fernsehen.................................................................95 ,! 3 ! Interaktives Storytelling im Computerspiel.......................................................99 ! ! Storytelling............................................................................................99 ! ! Das WIE..............................................................................................101 ! ! Das Open World Game.......................................................................102 ! ! Dialoge................................................................................................104 ! ! Beeinflussung der Erzählstruktur........................................................105 ! ! Lineares Erzählen...............................................................................106 ! ! Nichtlineares Erzählen und Mischformen............................................107 ! ! Das Drehbuch zur Interaktivität...........................................................111 ! ! Einschränkungen der Freiheit.............................................................112 ! Die emotionale Komponente..........................................................................113 ! ! Die emotionale Komponente im Film..................................................113 ! ! Die emotionale Komponente im Computerspiel..................................115 ! Das Zielpublikum...........................................................................................127 SPIELEANALYSE.....................................................................................................133 ! Fallbeispiel 1: „Uncharted 2: Among Thieves“...............................................133 ! Fallbeispiel 2: „Heavy Rain“...........................................................................142 SCHLUSSFOLGERUNGEN.....................................................................................153 QUELLENANGABEN...............................................................................................155 ! Literatur..........................................................................................................155 ! Internet...........................................................................................................161 ! Interviews.......................................................................................................166 ! Vorträge.........................................................................................................166 ! Film & TV.......................................................................................................166 ! Computerspiele..............................................................................................168 ! Grafiken & Bilder............................................................................................169 ABKÜRZUNGEN......................................................................................................172 DANKSAGUNGEN...................................................................................................175 ʻ 4 EINLEITUNG Als hätten Filmindustrie und Fernsehen nicht schon genug damit zu tun, sich mit dem Medium Internet und der Herausforderung Download-Content (ob legal oder illegal) zu arrangieren, erschrecken nun seit geraumer Zeit Meldungen anderer Art die Filmschaffenden: SCHLIMMER ALS RAUBKOPIEN Der größte Feind der US-Filmindustrie Neue Studie zeigt, dass nicht die illegalen Downloads aus dem Internet, sondern der steigende Konsum von Videospielen weniger ZuseherInnen bringt 1 Film und Fernsehen verlieren nach und nach die Gunst der MedienkonsumentInnen. Dass die Computerspielindustrie die Filmindustrie wirtschaftlich bereits teilweise überflügelt hat, beschreibt auch diese Pressemeldung: 550 Mio. US-Dollar Umsatz hat Activision Blizzard weltweit in der Releasewoche von „Call Of Duty: Modern Warfare 2“ mit dem Megablockbuster eingespielt. Nach Herstellerangaben ist es das beste Fünftageergebnis in der Geschichte der Entertainmentindustrie. Zum Vergleich werden die bislang erfolgreichsten Kinostarts herangezogen. Warners „Harry Potter und der Halbblutzprinz“ etwa schaffte innerhalb von fünf Tagen ein weltweites Einspiel von 394 Mio. Dollar. Damit ist „Modern Warfare 2“ jetzt die offiziell größte Marke im Gamesgeschäft. 2 Und diese Meldungen nehmen kein Ende. In seiner Rede auf einer Computerspielmesse, der gamescom 2009, bringt der Executive VP von Electronic Arts, einem der weltweit größten Spiele-Publisher, die wirtschaftliche Stärke von Computerspielen auf den Punkt: 1 Kucera, Gregor: „Schlimmer als Raubkopien. Der größte Feind der US-Filmindustrie“, http://der standard.at/fs/1242316685441/Schlimmer-als-Raubkopien-Der-groesste-Feind-der-USFilmindustrie (26. Mai 2009b) 2 Pototzki, Tim; Hammes, Frederik: „,Modern Warfare 2ʻ bricht weltweit Rekorde. Turbulenter Start für Blockbuster 2009“, GamesMarkt Nr. 23 (26. Nov. 2009), 4. 5 Mit Videospielen wurde hierzulande [in Deutschland, Anm. R.H.] in absoluten Zahlen mehr Umsatz erzielt als etwa durch den Verkauf von Musik. Und der beträgt mehr als das Doppelte dessen, was die Filmindustrie an den Kinokassen umsetzt. 3 Die letzten beiden Meldungen übersehen zwar, dass, im Gegensatz zum Computerspiel, ein Kinoticket weniger kostet als ein Spiel und der Kinofilm eine Auswertung auf DVD, im Fernsehen und in anderen Formaten und Medien genießt und somit mit weiteren, längerfristigen Einnahmen rechnen kann. Aber so manche/r Filmschaffende blickt voller Neid auf das Wachstumspotenzial der Computerspielbranche, während Filmindustrie und Fernsehen ihren Höhepunkt überschritten haben und den Zuseherschwund fürchten. Selbst die Vorstandsmitglieder der ProSiebenSat.1 Media AG bestätigen: „Egal ob Computer-, Video-, Mobile- oder Online-Spiele [sic!] gelten heute als größter Wachstumstreiber der Unterhaltungsbranche.“4 Was bedeutet das nun für uns Filmschaffende? Müssen wir so schnell als möglich das sinkende Schiff Filmproduktion verlassen und uns in die Welten der interaktiven Unterhaltung stürzen, während ein paar Letzte die Masse verwalten? Oder ist es dafür ohnehin schon zu spät, nachdem die Versuche der Filmindustrie, interaktiv Geschichten zu erzählen, in den 90er Jahren gescheitert sind? Hat die Filmindustrie den Anschluss an interaktive Unterhaltung verschlafen? Muss sie der Computerspielindustrie das Feld überlassen? Immerhin schickten während des letzten „Writerʼs Strike“ Hollywood-DrehbuchautorInnen bereits ihre Bewerbungen an das Spieleentwicklerstudio Deep Silver Vienna, um sich als AutorInnen für Computerspiele „Made in Austria“ zu verdingen.5 Die großen Regisseure der Entertainmentindustrie, unter ihnen Steven Spielberg, George Lucas, Peter Jackson und andere, arbeiten an Computerspielen und gehen dabei längst über schlichte Adaptionen ihrer eigenen Kinofilme hinaus. Die technischen Möglichkeiten, Computerspiele „filmischer“ zu gestalten, sind in den letzten Jahre rapide gestiegen. Games werden in den Medien mit Filmen verglichen und sind längst mehr als billige Unterhaltung für Jungs. Ein Beispiel aus derstandard.at das Computerspiel Uncharted 2 betreffend: „Das Ergebnis ist schlicht3 Florin, Gerhard: „Die Zukunft der Games zwischen Leitindustrie und kultureller Relevanz“, GamesMarkt Nr. 16 (20. Aug. 2009), 32. 4 Posch, Guillaume de; Englert, Marcus: „Zukunft Fernsehen – Content ist King Kong“. In: Auslaufmodell Fernsehen? Perspektiven des TV in der digitalen Medienwelt. 2008. 170. 5 Kenning, Julian: Art Directing Cursed Mountain. Vortrag bei Pixel 4.0. (27. Sept. 2009) 6 weg glaubhaft, spielerisch mitreißend und für Zuschauer beinahe wie ein Kinofilm.“6 Welche Chancen bietet dieses Medium für Filmschaffende, wenn verheißen wird: „Making a game more ʻcinematicʼ is a hot topic in todayʼs gaming world.“7 Auf der anderen Seite besteht in der Computerspielbranche zum Teil große Skepsis gegenüber den Ambitionen, „filmische“ Computerspiele zu erstellen. Der Tenor lautet: Der Spielspaß steht an erster Stelle, Games sind keine interaktiven Filme, der/die SpielerIn erzählt und schafft seine eigene Geschichte, d.h. das Spiel darf ihm nicht die Geschichte des/der Autors/-in aufzwingen, usw. Das geht so weit, dass der Game Designer Ernest Adams für Computerspielhersteller das „Dogma 2001“, in Anlehnung an Lars von Triers Dogma 95, verfasste und darin festhielt: „The secret desire of game designers to be film directors is deleterious to their games and to the industry generally. This desire must be stamped out.“8 „Deleterious“9 und „stamp out“10 sind starke Worte für die KollegInnen aus der Spieleproduktion, welche Ambitionen hegen, Spiele „filmischer“ zu gestalten. In der Filmbranche wiederum, wie auch in der Gesellschaft, besagen bestehende Vorurteile, Computerspiele haben nichts mit Kunst und Kultur zu tun und sind lediglich stupider Zeitvertreib. Manchmal werden auch schlichtweg die Möglichkeiten von Computerspielen unterschätzt. Ein Kollege sagte vor kurzem zu mir: „Ich beschäftige mich in meiner Arbeit mit zwischenmenschlichen Beziehungen und deren Geschichten. Das lässt sich anhand eines Computerspiels nicht erzählen.“ (Anonymes Zitat eines Regiestudenten der Filmakademie Wien.) 6 Zsolt, Wilhelm: „Uncharted 2: Das Abenteuer des Jahres“, http://derstandard.at/1254310789424/ Uncharted-2-Das-Abenteuer-des-Jahres (11. Okt. 2009b) 7 Newman, Rich: Cinematic Game Secrets. For Creative Directors and Producers. Inspired Techniques from Industry Legends. 2009, xi. 8 Adams, Ernest: „Dogma 2001: A Challenge to Game Designers“, http://www. gamasutra.com/view/ feature/3104/dogma_2001_a_challenge_to_game .php? page=2 (2. Feb. 2001) 9 schädlich (PONS Globalwörterbuch Englisch – Deutsch. 1997, 293.) 10 u.a. ausrotten, unterdrücken, zunichte machten, niederschlagen, unschädlich machen (PONS Globalwörterbuch Englisch – Deutsch. 1997, 1170.) 7 Diese Arbeit versucht, mit bestehenden Vorurteilen aufzuräumen und zu zeigen welches Potenzial in einer Zusammenführung von Film- und Computerspielbranche steckt und welche Barrieren bestehen. Außerdem untersucht sie folgende Fragen: Wie werden filmische Elemente in Computerspielen eingesetzt? Welche Bedeutung hat Storytelling für Computerspiele und welche Chancen bietet interaktives Geschichtenerzählen? 8 THESE Film und Computerspiel haben viele Gemeinsamkeiten in der Verwendung ihrer Mittel. Aufgrund der Interaktivität des Computerspiels gibt es jedoch auch viele Punkte, die sie trennen. Aber sie haben eine große, gemeinsame Chance – Interaktives Geschichtenerzählen. Diese Arbeit untersucht diese neue Form des Geschichtenerzählens, die durch die Verschmelzung der besten Teile von Film und Computerspiel entsteht. Diese Form wird das Beste beider Medien umfassen: Interaktivität, Partizipation, Gameplay, Spielspaß, Immersion, Storytelling, Identifikation, Empathie und Emotionalisierung. Aber wozu diese Anstrengung unternehmen? Anhand von Games Geschichten zu erzählen bzw. erlebbar zu machen bedeutet nicht nur eine spannende Herausforderung für die MacherInnen und einen Gewinn für die MedienkonsumentInnen, sondern ermöglicht einen Zugang zu neuen Zielgruppen. Der Markt für Hardcore Gamer, zumeist männliche und an den schwierigen, Geschicklichkeit und Schnelligkeit fordernden Spielen Interessierte11, ist größtenteils gesättigt, aber: In reality, 43 percent of American game players are female, and their average age is 27. [...] The industry is still trying to figure out how to make games more appealing to women and girls, because while a great many women play games, a rather smaller number is prepared to buy them, and thatʼs what we really need.12, 13 Eine zweite Quelle schildert die Ignoranz dieser Fakten: There is still a concern that this broadening of the audience is not being fully embraced by the conventional retail sector and that many high profile, big budget games are still aimed at a young male audience with a preference for adrenalin-stoked gameplay and technology-driven 11 Eine genauere Definition des Hardcore Gamers findet sich auf Seite 129. 12 Adams, Ernest: Break into the Game Industry. How to get a job making video games. 2003, 41. 13 Vgl. eine aktuellere Quelle: „[...] der durchschnittliche Nutzer [ist] inzwischen 35 Jahre alt, 75 Prozent der Spieler [sind] über 18 Jahre alt, 40 Prozent aller Gamer weiblich. (Igler, Nadja: „Mehr Herz und Hirn für Videospiele“, http://futurezone.orf.at/stories/1624676/ (21. Aug. 2009c)) 9 visuals over compelling content. Where are the games that are the equivalent of the chick-lit novels or films, for instance?14 Ohne den Spielen für den Hardcore-Markt die Legitimation abzusprechen, besteht am Spielemarkt ein größerer Bedarf als Produkte für Jungs und Männer unter 30 zu erzeugen. Und dieser Bedarf geht über „rosa Barbiespiele“ hinaus. In diesem Zusammenhang spielt die emotionale Komponente eine entscheidende Rolle. Eine Geschichte funktioniert dann, wenn sie beim/bei der Rezipienten/-in eine emotionale Reaktion hervorruft. (Ich identifiziere mich mit dem Charakter der Geschichte, wenn ich „mit ihm/-r fühle“.) Aber nicht nur für Frauen sind diese Aspekte von Bedeutung. Auch die große Zielgruppe der Casual Gamer (der/die GelegenheitsspielerIn), verfolgt oft gänzlich andere Interessen beim Spielekauf als der Hardcore Gamer. Diese Lücken zu schließen ist eine Herausforderung, die eine Fusion aus Game und Film unter Umständen herzustellen vermag. (Es geht bei dieser Fusion nicht darum, ein Spiel wie einen Film zu gestalten, sondern darum, die Stärken beider Medien zu verbinden.) Für diese Zielgruppen bietet narrativ-interaktiver Content neue Möglichkeiten. Worin liegen diese neuen Möglichkeiten? Die Stärke des Films liegt im Geschichtenerzählen, darin, den/die ZuseherIn auf eine emotionale Reise mitzunehmen. Die Stärke des Spiels liegt in der Partizipation des/-r SpielerIn, dass er/sie ein Teil der Fantasiewelt sein und diese mitformen kann. Es liegt nahe, diese beiden Stärken zu vereinen. Diese Arbeit versucht zu belegen, dass dies das stärkste Band zwischen Spiel und Computerspiel ist und dass neue Formen dieser Verbindung möglich sind und ein Bedarf dafür vorhanden ist. Das Vorhaben von einer Verschmelzung von Film und Game weckt aber auch den Traum vom interaktiv-narrativen „Übermedium“: “But wait!” I hear you cry out. “I have a dream of beautiful interactive storytelling—a dream that rises above mere gameplay, a dream where a wonderfully told story is completely interactive, and makes the participant feel like they are in the greatest movie ever made, while 14 Ince, Steve: Writing for Video Games. 2006, 55. 10 still having complete freedom of action, thought, and expression! Surely this dream canʼt be achieved if we continue to imitate past forms of story and gameplay.” 15 Diese Arbeit wird auch klarstellen, dass dieser Traum so nicht möglich ist, dass Grenzen im Zusammenspiel der beiden Medien bestehen und dass bestimmte Parameter erfüllt werden müssen. Welche Parameter dafür notwendig sind, um welche Grenzen es sich handelt und wie spannend die Verknüpfung dieser beiden Medien sein kann, dies zu zeigen, ist das Ziel dieser Arbeit. 15 Schell, Jesse: The Art of Game Design. A Book of Lenses. 2008, 264. 11 METHODIK Die Quellen, die für die Recherchen zu dieser Arbeit genutzt wurden, setzen sich zusammen aus: Fachliteratur zu Film und Computerspiel, Fach- und Konsumentenzeitschriften, Internetrecherchen (hauptsächlich mediabiz.de, sueddeutsche.de, die Spieleentwicklerseite gamasutra.com und derstandard.at), Film und Fernsehen, Vorträge und von mir geführte Interviews. Außerdem liegt ein Schwerpunkt auf selbst ausgeführten Tests und Analysen von Computerspielen – aus der Sicht eines Filmschaffenden. Zur Fachliteratur (zum Thema Computerspiele) ist hinzuzufügen, dass es sich in vielen Fällen um Erfahrungsberichte aus der Praxis von renommierten Game Designern handelt. Literatur zu diesem sich inhaltlich und technisch schnell verändernden Medium hat außerdem ein kurzes Ablaufdatum. Dass es zu Auslassungen bestimmter Game-Typen kommt, ist einerseits bedingt durch die Fülle an angebotenen Spielen und die schiere Weitläufigkeit des Themas. Zudem liegt das Hauptaugenmerk dieser Arbeit auf Computerspielen, die überhaupt eine Handlungsebene erlauben und ein Potenzial dafür haben, Geschichten zu erzählen und erlebbar zu machen. Das reine Puzzle-Spiel ist diesbezüglich das stärkste Gegenbeispiel – einem elektronischen Sudoku wird es schwer möglich sein, eine Geschichte, die über das Puzzle selbst, das richtige Ausfüllen von Kästchen, hinausgeht, zu erzählen. Nicht berücksichtigt bzw. nur am Rande gestreift werden daher Sport-, Renn- und Kampfspiele (Fighting Games), Actionspiele, Massively Multiplayer Online Games, Fitnessspiele, Lernspiele, Browser Games und besagte Puzzles. Auch Shooter, bei denen ausschließlich Geschicklichkeit und/oder Strategie im Vordergrund stehen, finden sich nur bedingt in dieser Arbeit wieder. Im Vordergrund stehen hingegen Action-Adventures, Adventures und Role-Play-Games.16 Der Grund dafür ist, dass diese drei Genres m.E. am geeignetsten zum interaktiven Geschichtenerzählen sind. Die zurzeit im Handel angebotenen Games bestätigen dies. 16 Mehr zu den verschiedenen Spieletypen und -genres im folgenden Kapitel „Spielegenres“ (Seite 14 bis 24). 12 Spannend wäre es auch, einen genaueren Blick auf den Umgang von Simulationsund Strategiespielen mit dem narrativen Element zu werfen – dies würde aber den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Noch ein Hinweis zur Lesbarkeit dieser Arbeit: Mit den Begriffen „Spiel“ und „Game“ ist in dieser Arbeit immer das Computerspiel bzw. Videospiel gemeint, außer es ist anders vermerkt. Viele der in dieser Arbeit erwähnten Spiele wurden vom Autor selbst getestet und zum Teil bis zum Ende gespielt. Eine Auflistung der gespielten Games findet sich in den Quellenangaben.17 Nicht gespielte Teilbereiche wurden in manchen Fällen über „Walkthroughs“18 auf youtube.com nachverfolgt. Die Informationen zu nicht getesteten Spielen stammen aus Fachliteratur, Fach- und Tageszeitungen und deren OnlineArtikeln. 17 18 Siehe Seite 168 bis 169. Ein „Walkthrough“ bedeutet, sein eigenes Spielen, wie es auf dem Monitor ersichtlich ist, via virtueller Kamera aufzuzeichnen. Dieses wird in Folge online gestellt wie z.B. auf youtube.com, um anderen seine eigenen spielerischen Fähigkeiten zu beweisen und/oder anderen SpielerInnen den Lösungsweg zu zeigen. 13 SPIELEGENRES Es existiert kein allgemein gültiges Regelwerk zur Einordnung und Typisierung von Spielen in Genres. Manche Genres sind klar definiert, während andere diesem oder jenem Genre als Subgenre zugeordnet werden, mit einem Überbegriff zusammengefasst werden oder an anderer Stelle ihr eigenes Genre bilden. Bei Spielen kommt es außerdem oft zu Genre-Überschneidungen. Dieses Kapitel orientiert sich in seiner Einordnung in Genres am Vorschlag einer Kategorisierung und deren Beschreibung von Steve Ince in „Writing for Video Games“19 plus eigenen Erweiterungen. Diese Erweiterungen umfassen die Hervorhebung des Action-Adventures und die zusätzliche Anführung der Genres Serious Games, Browser Games und der Art Games. Generell anerkannt ist, dass die Einordnung von Spielen in Genres zuerst nichts mit der Geschichte, der Erzählform oder dem Setting zu tun hat, sondern mit der Art, wie das Spiel gespielt wird. Die aus Film und Fernsehen bekannten Genres sind daher nicht auf diese erste Zuordnung anwendbar. Im Vordergrund steht, wie der/die SpielerIn welche Aufgaben erfüllen muss: laufen, springen, schießen, eine Welt erkunden, Rätsel lösen usw. Die Filmgenres finden ihre Anwendung als Genre-Zusatz. So werden die Spiele der Silent-Hill-Serie als Action-Adventures20 bezeichnet. Sie bauen in ihrem Setting aber auf dem Horrorgenre auf und unterhalten den/die SpielerIn mit einer düsteren Stimmung und Schockelementen und verdienen daher die erweiterte Beschreibung „Survival Horror“21, ein „Subgenre des Action-Adventures“.22 Im Vordergrund steht der Begriff „Survival“ – der/die SpielerIn überlebt mit Geschicklichkeit und Reaktions- 19 Ince, Steve: Writing for Video Games. 2006, 22ff. 20 Z.B. in den „mediabiz Datenbanken“, http://www.mediabiz.de/games/firmen/programm/silent-hill-4the-room-pc/30345 (o.J.) – Stand: Jän. 2010 21 „Bei Silent Hill 2 handelt es sich um einen der bekanntesten Vertreter des sog. ,Survival Horrorʻ Genres.“ (Lange, Andreas: „Silent Hill 2. Eine Einführung“. In: „See Iʼm real...“ Multidisziplinäre Zugänge zum Computerspiel am Beispiel von Silent Hill. 2005, 15.) An anderer Stelle wird es bezeichnet als „survival horror adventure“. (Reed, Kristan: „Silent Hill 4: The Room“, http:// www.eurogamer.net/articles/r_silenthill4_x (13. Sept. 2004)) 22 Lange, Andreas: „Silent Hill 2. Eine Einführung“. In: „See Iʼm real...“ Multidisziplinäre Zugänge zum Computerspiel am Beispiel von Silent Hill. 2005, 16. 14 schnelligkeit und hat im Spielprozess mehrere Rätsel zu lösen, um zu überleben. Das „Horror“-Element gibt dem Spiel eine zusätzliche Note. Abb. 1: Silent Hill: Shattered Memories. 23 Ein anderes Beispiel ist Mass Effect, welches als Rollenspiel (oder ActionRollenspiel) ebenso als „Science-Fiction Rollenspiel mit 3rd-Person-Shooter-Elementen“ beschrieben werden kann. Hauptsächlich handelt es sich um ein Rollenspiel, bietet zusätzliche Action-Elemente (in diesem Falle 3rd-Person-Shooter-Elemente) und ist in einer Science-Fiction-Welt angesiedelt. Außerdem inkludiert es weitere Mini-Games innerhalb des Spiels in Form von Glücksspielautomaten oder Geschicklichkeitspuzzles, die gelöst werden müssen, um Schlösser zu knacken. Der Genre-Mix ist beim Computerspiel längst angekommen. Eine Kategorisierung fällt schwer; trotzdem strebt dieser Versuch einer Kategorisierung einen groben Überblick an. 23 Silent Hill: Shattered Memories. (Screenshot). Bildquelle: © 2010 Konami Digital Entertainment. 2010. 15 Action Das Action-Genre ist ein Überbegriff für alle Spiele, in denen es auf Geschicklichkeit und Reaktionsschnelligkeit des/-r SpielerIn ankommt. Es unterteilt sich in Shooter, Rennspiele, Prügel- und Ballerspiele (Beat ʼem ups und Shoot ʼem ups), Jump ʼnʼ runs, Tanzspiele usw. Ein reines Actionspiel wird zumeist nur genannt, was nicht in eine dieser Subkategorien fällt. Zusätzlich wird es dafür verwendet, Genreüberschreitungen wie „Action-Rollenspiele“ zu bezeichnen. Shooter (1st Person und 3rd Person) Als Subgenre des Actionspiels nimmt der Shooter durch seine große Popularität eine besondere Position ein. Der Name ist Programm – meist steuert der/die SpielerIn einen Avatar24 und kämpft schießend gegen diverse Feinde und den Verlust der eigenen Lebensenergie. Unterteilt ist der Shooter in den 1st Person Shooter, in dem der/die SpielerIn durch die Augen des Avatars das Geschehen steuert, und in den 3rd Person Shooter, in dem sich die virtuelle Kamera hinter dem Avatar befindet und der/ die SpielerIn seiner/ihrer Figur über die Schulter blickt. In anderen Genres werden Shooterelemente verwendet, um Action und Abwechslung ins Geschehen zu bringen. Kampfspiele Kampfspiele unterscheiden sich dadurch von anderen Spielen, in denen auch gekämpft wird, dass der/die SpielerIn ausschließlich in einer Eins-gegen-einsSituation gegen den Computer oder eine/-n andere/-n SpielerIn kämpft. Mit Spielen wie Street Fighter oder Mortal Kombat verfügt dieses Genre über einige prominente und sehr erfolgreiche Vertreter, die noch immer Anklang bei ihren Fans finden. 24 Mit dem Begriff Avatar meine ich in dieser Arbeit die Spielfigur, die vom/-n der SpielerIn durch die Spielwelt geführt wird und stellvertretend für diesen im Spiel steht – z.B. die Figur Lara Croft in Tomb Raider. Der/die SpielerIn spielt, auf dem Bildschirm agiert Lara Croft. Eine Ausnahme ist die Verwendung des Begriffs „Avatar“ in Zusammenhang mit James Camerons gleichnamigem Film und Spiel: dort steht der Avatar für einen physisch existierenden Körper des Stammes der Naʼvi, der vom Hauptcharakter Jake Sully geistig gesteuert wird. 16 Adventure Beim Adventure liegt das Hauptaugenmerk auf dem Erleben einer Geschichte, eines Abenteuers. Im Gegensatz zum Action-Spiel fordert das Adventure nicht Geschicklichkeit und Reaktionsgeschwindigkeit, sondern verlangt vom/-n der SpielerIn die Erforschung einer Welt, das Lösen von Rätseln, die Interaktion mit anderen Charakteren, das Sammeln und richtige Anwenden von Gegenständen usw. Action-Adventure Das Action-Adventure kombiniert die beiden im Namen erwähnten Genres; der/die SpielerIn erlebt sowohl eine Geschichte, muss mit anderen Charakteren interagieren etc., und er muss seine Geschicklichkeit unter Beweis stellen. Warum dieses CrossGenre eine besondere Erwähnung findet, liegt daran, dass zur Zeit viele erfolgreiche Spiele auf einer Mischung dieser Elemente aufbauen. Es handelt sich hier um die aktuelle, praktische Umsetzung der Idee, eine actiongeladene und/oder geschicklichkeitsbetonte Spielführung mit einer Geschichte und Interaktion anzureichern. Abb. 2: Action-Adventure/Open World Game Grand Theft Auto IV. 25 25 Grand Theft Auto IV (Screenshot). Bildquelle: Rockstar Games. 2008. 17 Während das Spiel Grand Theft Auto IV einerseits als Open World Game 26 bezeichnet wird, so ist es vereinfacht dem Action-Adventure zuordbar, wie dies die Datenbank von mediabiz.de tut.27 Rollenspiele (RPG) Im Rollenspiel erfüllt der/die SpielerIn anhand von einem oder mehreren von ihm/-r gesteuerten Avataren vorgegebene Missionen, sammelt oder erwirbt wertvolle Gegenstände, erhöht die Spielstufe und verbessert dadurch die Charakterwerte der Avatare, erforscht die Welt, löst Rätsel, interagiert mit Nichtspielercharakteren oder bekämpft diese. Wichtige Elemente sind außerdem die Handlung, das Führen von Dialogen und das Setting (z.B. in einer Fantasy-Welt). Ausschlaggebend für die Spielweise sind steigerbare Zahlen und Werte, die für die Fähigkeiten des Spielercharakters stehen und den Erfolg oder Misserfolg einer Aktion entscheidend beeinflussen. Abb. 3: Steigerbare Werte im RPG Mass Effect.28 26 „eine Mischung aus Actionspiel, Autorennen und Improvisation, bei der sich der Spieler selbst entscheiden kann, ob er der Storyline folgt und Missionen erledigt“ (Moorstedt, Tobias: „Von Schönheit und Krieg. Grand Theft Auto IV“, http://www.sueddeutsche.de/computer/780/440522/text/ (26. April 2008b)) 27 „mediabiz Datenbanken“, http://www.mediabiz.de/games/firmen/programm/grand-theft-auto-iv-pc/ 48862 (o.J.) – Stand: Jän. 2010 28 Mass Effect. (Screenshot). Bildquelle: Electronic Arts. 2007/2008. 18 MMOG und MMORPG Hinter den inzwischen sehr gebräuchlichen Abkürzungen MMOG und MMORPG stecken die Wortkombinationen „Massively Multiplayer Online Game“ und „Massively Multiplayer Online Role Play Game“. Das Massively Multiplayer Online Game ermöglicht es über Internetverbindung und Server einer Vielzahl von SpielerInnen gleichzeitig mit- oder gegeneinander in der selben Welt zu spielen. Da es in diesem Bereich wiederum unzählige Spielarten und Sub-Genres gibt, wird an dieser Stelle nicht näher darauf eingegangen. Das erfolgreichste Format unter den MMOGs ist das „Massively Multiplayer Online Role Play Game“ (MMORPG), das Online-Rollenspiel mit (beinahe) unbegrenzter Spieleranzahl. Sein bekanntester Vertreter, das Spiel World of Warcraft, ist in einer Fantasy-Welt angesiedelt, in der sich der/die SpielerIn mit seinem/ihrem selbst erstellten und im Laufe des Spiels verbesserten Avatar frei bewegen kann. Im Unterschied zum Einzelspieler-Rollenspiel kann der/die SpielerIn seine/ihre Missionen alleine und im Team mit anderen SpielerInnen ausführen, Spielercharaktere bekämpfen oder mit ihnen freundschaftlich interagieren, und sein/ihr Avatar befindet sich in einer Welt, die vom Spieleanbieter ausgebaut und erweitert wird. Eine große Herausforderung beim Erstellen eines Spieles dieser Art ist das Füllen dieser Welt mit Content. Wem es gelingt, dem winken jedoch monatliche Abozahlungen der treuen Mitglieder. Strategie „The strategy genre is a collection of game types that involve a high degree of thinking and planning, the movement of pieces on the playing field and often require the management of resources in some way.“29 Der Faktor Zeit unterteilt das Strategiespielgenre in zwei Untergruppen: Entweder läuft das Spiel rundenbasiert, das heißt, dass sich die OpponentenInnen mit ihren Spielzügen abwechseln. In diesem Spiel, dem „turn-based strategy game“ (TBS), hat der/die SpielerIn in manchen Fällen ein maximales Zeitlimit, das Spiel läuft ansonsten nicht selbstständig weiter, solange er/sie keine Aktionen setzt. 29 Ince, Steve: Writing for Video Games. 2006, 34. 19 Oder der Spielablauf erfolgt in Echtzeit, das heißt, die OpponentInnen (Spieler gegen Spieler oder Spieler gegen Computer) agieren gleichzeitig bzw. das Spiel läuft weiter, auch wenn der/die SpielerIn keine Aktionen setzt. Dieses Subgenre heißt dann Echtzeitstrategiespiel oder „real-time strategy“ (RTS). Eine Auseinandersetzung mit dem taktischen Vorgehen in einem Echtzeitstrategiespiel kann über das aktive Spielen hinausgehen. Indem der/die SpielerIn im Vorfeld Tastaturkurzbefehle für verschiedene Spielaktionen vorprogrammiert, erlangt er/sie in z.B. Starcraft einen entscheidenden Vorteil, da der/die unerfahrene GegnerIn diese Aktionen mühsam und zeitraubend mit der Maus durchführen muss. Simulation In Simulationen erfährt der/die SpielerIn Lebenssituationen, mit denen er/sie sonst nicht in Kontakt kommt und diese durch das Computerspiel nachvollziehen kann. Die Subgenres umfassen Flugsimulationen, Businesssimulationen, bei denen der/die SpielerIn ohne Risiko an der Börse spekuliert, Sportmanagement (der/die SpielerIn führt z.B. ein Fußballteam durch Managemententscheidungen zum Erfolg, ohne am Fußballmatch selbst mitzuwirken) usw. Die erfolgreichste Spielserie, Die Sims, erfährt eine Einordnung als „Lebenssimulation“30, in der das „normale“ Leben eines Avatars simuliert wird – Job finden, Haus bauen, PartnerIn kennen lernen, Familie gründen, Kinder erziehen, altern. Hier mag eingeworfen werden, dass dies der oben genannten Definition widerspricht, dass es sich bei der Simulation um eine nicht erfahrbare Lebenssituation handelt – dominieren doch Alltagssituationen das Spielgeschehen. Testende JournalistInnen stimmen diesem Argument nicht zu. Ein Tester argumentiert, dass der/die SpielerIn in Die Sims 3 eine Überhöhung des „normalen Lebens“ führt: „Es macht einfach Spaß. Vielleicht liegt es daran, dass man im Spiel ein Leben führen kann, das in der Realität niemals erreichbar wäre.“31 30 So z.B. in der Zeitschrift PC Games Magazin – siehe: Horn, Robert: „Die Sims 3“, PC Games Magazin Nr. 07/09, 78ff. 31 Horn, Robert: „Die Sims 3“, PC Games Magazin Nr. 07/09, 78. 20 Abb. 4: Die Sims 3. 32 Sportspiele Das Sportspielgenre deckt jede erdenkliche Sportart ab, vom Fußball bis zum Baseball, vom Schwimmen bis zum Wrestling. Die Beliebtheit dieses Spielgenres bleibt konstant, was sich daran zeigt, dass sich dieselben, etwas überarbeiteten Neuerscheinungen der gleichen Sportspiele jährlich in den oberen Rängen der Verkaufsbestenlisten finden. Rennspiele Im Rennspiel versucht der/die SpielerIn, meist mithilfe eines fahrbaren Untersatzes, vor den computergesteuerten oder von menschlichen Rivalen gesteuerten Gegnern im Ziel einzulangen. Es zählen Geschwindigkeit und Geschicklichkeit. Puzzles Das Puzzle, oder Rätsel, besteht aus dem Lösen einer Denkaufgabe, die sich an den verschiedensten Parametern orientiert (Zahlen- und/oder Buchstabenkombinationen, Verschiebungen und Anordnungen grafischer Elemente, Labyrinthe etc., manchmal unter Zeitdruck). Puzzles tragen einen wertvollen Teil zur Abwechslung in anderen 32 Die Sims 3. (Screenshot). Bildquelle: Electronic Arts. 2009. 21 Spielegenres bei; z.B. eine Tür kann nur geöffnet werden, wenn das Zahlenrätsel gelöst wird. Die Besonderheit eines Rätsels liegt darin, dass, sobald der/die SpielerIn es gelöst hat, kein Wiederspielwert desselben Rätsels besteht, da des Rätsels Lösung bekannt ist. Und, wenn der/die SpielerIn das Rätsel nicht zu lösen vermag, befindet er/sie sich in einer Sackgasse, die unter Umständen zu Frustration oder vorzeitigem Beenden des Spiels führt.33 Kinderspiele Fast alle Genres existieren auch als Spiele für Kinder, sind aber, bedingt durch ihre Anpassung an das jeweilige Zielgruppenalter, in ihrer Beschaffenheit anders als ihre Pendants für Erwachsene und bilden daher ein eigenes Genre. Serious Games Unter den Serious Games befinden sich Spiele, die über den Unterhaltungsfaktor hinausgehen, indem sie Wissen, eine Einstellung oder eine Fähigkeit vermitteln und/ oder als Trainingsmittel dienen. Serious Games verfolgen manchmal auch das Ziel, den/die SpielerIn von einer Idee oder Haltung zu überzeugen oder ein Produkt zu bewerben. Abseits des Endkonsumentenmarkts (siehe „Lernspiele“) finden Serious Games u.a. ihre Anwendung in den Branchen Wissenschaft, Medizin & Gesundheit, Schul-, Aus- und Weiterbildung und beim Militär. Das Serious Game ist m.E. der „Wirtschaftsfilm“ unter den Spielen (wahlweise auch der Schul-, Aus- und Weiterbildungsfilm). Lernspiele Lernspiele sind dafür gedacht, den Lernprozess für Kinder und Erwachsene mit einem Unterhaltungswert anzureichern. Das breite Spektrum umfasst Mathematik für die jeweiligen Altersgruppen, das Erlernen von Sprachen und Vokabeln, das Wissensquiz unterschiedlichster Fachbereiche usw. Da die Lernspiele in vielen ihrer 33 Schell, Jesse: The Art of Game Design. A Book of Lenses. 2008, 214. 22 Formen ein breites Massenpublikum ansprechen, finden sie hier eine gesonderte Erwähnung als Subgenre unter den Serious Games. Browser Games Zum Konsum eines Spiels dieser Art wird, anstelle von aufwendigen Installationen, ein Internet-Browser (wie etwa Mozilla Firefox, Safari oder Opera) verwendet – daher der Name Browser Game. Browser Games gehören meist zur Gruppe der Casual Games, Spiele, die keiner langen Anlernphase bedürfen und kurzweiliger Unterhaltung dienen, zum Beispiel als Zeitvertreib im Büro – eine andere Beschreibung lautet auf den Namen „Time Killers“. Besondere Beachtung kommt ihnen deshalb zu, weil Browser Games zurzeit ein rasantes Wachstum verzeichnen – als Beispiel dient eine Aussage von Heiko Hubertz, Geschäftsführer des deutschen Browsergame-Portals Bigpoint, im August 2009: „Mit 80 Millionen registrierten Nutzern und täglich über 200.000 Neuanmeldungen erlangen wir immer mehr Visibilität im Markt.“34 Andere Spiele Die Aufzählung weiterer Genres und Subgenres wird an dieser Stelle beendet, obwohl, oder gerade weil, sie sich endlos fortführen ließe: Partyspiele, Singspiele, Hack & Slay, Retrospiele, Kartenspiele, Casual Games, Fitnessspiele, Advergames, Arcade Games... Eines jedoch sei noch zusätzlich erwähnt, da es ausschlaggebend daran beteiligt ist, den kulturellen Wert von Computerspielen zu verdeutlichen... Art Games Eine Besonderheit ist das Art Game, das an erster Stelle als künstlerische Ausdrucksform agiert und nicht die Ziele eines kommerziellen Computerspiel verfolgt – aber: „Videogame art does not exist in isolation, but is in a symbiotic relationship with 34 „Nicht kleckern sondern klotzen! Branche setzt hohe Erwartungen in gamescom“, GamesMarkt Nr. 15 (6. Aug. 2009), 32. 23 commercial videogames.“ 35 Trotzdem bildet das Art Game eine Alternative zu den Spielen kommerzieller Natur, denn: [...] mainstream videogames [...] stand in danger of turning in ever-decreasing circles around the same (stale) content and the same (worn-out) genres—remaining dominant as objects of consumerist entertainment, yet becoming an increasingly meaningless medium. 36 Die Möglichkeiten sind vielfältig und unbegrenzt – vom Computerspiel oder der Computerspielinstallation in einer Galerie oder einem Museum für moderne Kunst bis zu Kunstaktionen innerhalb kommerzieller Computerspiele oder Erweiterungen dieser.37 35 Mitchell, Grethe; Clarke, Andy: „Introduction“. In: Videogames and Art. 2007, 20. 36 Mitchell, Grethe; Clarke, Andy: „Introduction“. In: Videogames and Art. 2007, 21. 37 Dem/-r am Art Game interessierten LeserIn, der/die mehr über das Genre der Art Games erfahren möchte, empfehle ich das Buch Videogames and Art von Grethe Mitchell und Andy Clarke, erschienen im Verlag Intellect Books, welches verschiedene Formen des Art Games näher beleuchtet. 24 PRODUKTION EINES COMPUTERSPIELS Die Produktion eines Computerspiels unterscheidet sich in mehreren Punkten von der eines Spielfilms. Die wichtigsten sollen an dieser Stelle ihren Platz finden. Ein Nachteil, mit dem das Computerspiel von einem der ersten Schritte an zurechtkommen muss, besteht darin, dass Computerspiele nicht eine Förderstruktur genießen wie der Film. Fördermittel sind wesentlich spärlicher gesät. In NRW [Nordrhein-Westfahlen; Anm. R.H.] sind in den letzten zehn bis 15 Jahren einige Computerspielstudios zusammengebrochen. Das Bundesland NRW, das z.B. jährlich über 30 Millionen Euro an Steuergeldern in die Filmproduktion investiert, hat sich dafür leider nie interessiert. Junge Unternehmen wie Xybris Entertainment verlassen das Bundesland in Richtung Berlin. 38 Für die Spielebranche gilt: „the Winner takes it all“39 Die Computerspielbranche ist fast gänzlich vom Verkauf ihrer Produkte abhängig. Dazu bieten sich für das Entwicklerstudio eines Spiels folgende Möglichkeiten an: a) Die Idee wird einem Publisher, einem Vertrieb, der das Projekt finanziert, gepitched und verkauft. Durch das verminderte Risiko bleiben diesem auch der Großteil der Einnahmen. Die etwaige Beteiligung eines Entwicklerstudios ist Verhandlungssache. b) Das Entwicklerstudio wird von einem Publisher mit einer Idee kontaktiert, diese zu entwickeln, entweder direkt oder in Form einer Ausschreibung an mehrere Entwicklerstudios. c) Es ist ohnehin die Sub-Division eines Publishers. Die Finanzierung ist eine hausinterne Entscheidung. d) Es geht den Weg einer eigenen, möglichst kostengünstigen Finanzierung und vertreibt das fertige Produkt unabhängig via Internet und als Download. Ob diese Herangehensweise zielführend ist, spaltet die Branche. Manche Stimmen preisen diesen Vertriebs- und Finanzierungsweg als neues, großartiges Geschäftsmodell. Andere Stimmen, wie etwa Timo Kornetzki vom Entwicklerstudio Sproing 38 Behrmann, Malte: „Was ist los in NRW?“ GamesMarkt Nr. 14 (23. Juli 2009), 16. 39 Behrmann, Malte: „Was ist los in NRW?“ GamesMarkt Nr. 14 (23. Juli 2009), 16. 25 Interactive (welches u.a. die Spiele Panzer Tactics DS und Cursed Mountain hergestellt hat), bezweifeln, dass dies das Allheilmittel für alle Probleme sein kann. Ohne Publisher kann man eigentlich nicht im AAA-Bereich arbeiten. Und zwar zum einen, weil die Finanzierung von Blockbuster-Produktionen ohne Publisher sehr schwierig ist, und zum anderen, weil bis heute noch physische Vertriebskanäle notwendig sind, um Spiele auf dem Massenmarkt zu platzieren. Letztlich muss es jemanden geben, der dafür sorgt, dass das Spiel in die Regale der Media- und Saturnmärkte kommt. Solange man nicht einen digitalen Direktvertrieb hat [...], ist man auf Vertriebsgesellschaften angewiesen – außer für DownloadContent und Download Games. Für kleinere Indie-Produktionen, die Publisher aus Risikoscheu ablehnen, oder für kleine Start-Up-Unternehmen, die bisher noch keinen aussagekräftigen „track record“ für eine Plattform haben, bieten die neuen Kanäle wie XBLA 40 oder PSN 41 eine hervorragende Chance, ein vergleichsweise breites Publikum zu erreichen. Trotz der medienwirksamen Erfolge einzelner Produkte, darf man aber nicht vergessen, dass der Marketingaufwand und die Marketingerfahrung von Publishern einen erheblichen Einfluss auf den Erfolg von Produkten haben.42, 43 Die Herstellung beginnt mit der Pre-Production, die sich aus folgenden Elementen zusammensetzt: „Design Work“, „Technical Research and Prototyping“ und „Project Planning“.44 In der Arbeit am Design wird der Look des Spiels weiterentwickelt; die technischen Recherchen und der Bau eines Prototyps dienen dazu, Risiken auszuloten, ob das Spiel in seiner Programmierung, in seinen Produktionsbedingungen und in seinen kreativen Anforderungen so umsetzbar ist, wie der Spieleentwickler es anstrebt; die Projektplanung versucht, wie in der Filmwirtschaft, zu prognostizieren, wie viel Zeit, Personal und sonstige Ressourcen eingesetzt werden müssen. Darüber hinaus wird die Story entwickelt – sofern das Spiel über 40 Xbox Live Arcade 41 PlayStation Network 42 Kornetzki, Timo; Quas, Christoph: Unveröffentlichtes Interview. Geführt von: Roland Hablesreiter. (21. Juli 2009) 43 Auf weitere Stimmen und Gegenstimmen der unabhängigen Verwertung mithilfe digitaler Distributionskanäle wird an dieser Stelle verzichtet. Wer einen Vergleich zum Thema digitaler Filmdistribution ziehen möchte, empfehle ich die Diplomarbeit „Digitale Film-Distribution – Funktionsweise und kritische Beleuchtung der Auswirkungen auf die Filmindustrie“ von Hannes Kreuzer. 2009. 44 Adams, Ernest: Break into the Game Industry. How to get a job making video games. 2003, 53ff. 26 eine Story verfügt. Am Ende der Pre-Production kommt es zu einer Präsentation beim Publisher, der darüber entscheidet, ob das Spiel in Produktion geht. Im Produktionsprozess wird nun die Technologie für das Spiel geschaffen oder bestehende Technologien werden angepasst, das Design fertig gestellt, Motion Capturing vorgenommen, die Animationen geschaffen sowie Sound Design und Musik, das Voice-Acting aufgenommen und so weiter. Einen wichtigen Punkt, bereits innerhalb des Produktionsprozesses, nehmen die Tester und die Qualitätssicherung ein. Dabei geht es sowohl um das Erproben des Spielspaßes als auch um den technisch reibungslosen Ablauf des Spiels. Der Aufwand bei nachträglichen Änderungen am Ende der Herstellung eines Computerspiels ist zu groß, um damit nicht frühzeitig zu beginnen. Jesse Schell verweist in diesem Zusammenhang auf Barry Boehms Theorie der Arbeitsweise im Loop in der Softwareproduktion und macht dies mit einer Skizze (Abb. 5) augenscheinlich: Abb. 5: The spiral model of software development.45 45 The spiral model of software development. (Grafik). Bildquelle: Schell, Jesse: The Art of Game Design. A Book of Lenses. 2008, 83. 27 Die Skizze zeigt, dass der Entwickler davon ausgehen kann, mehrere Schritte zu durchlaufen, dabei jedoch auf der zuvor getätigten Arbeit und den bereits gewonnenen Erkenntnissen aufbauen können sollte. Eine weitere Grafik, die den Produktionsprozess – in diesem Fall in Bezug auf den Aufwand an MitarbeiterInnen für ein fiktives Projekt – veranschaulicht, stammt von Ernest Adams: Abb. 6: A plot of team size versus time for a hypothetical product.46 Diese Grafik verdeutlicht auch, dass die verschiedenen Departments parallel arbeiten und zu welchem Zeitpunkt das jeweilige Department in das Projekt einsteigt oder seine Arbeit beendet. Das Ende der Produktion und den Beginn der Postproduktion markiert die Erstellung des Gold Masters, wie das finale Master in der Computerspielbranche heißt. Das 46 A plot of team size versus time for a hypothetical product. (Grafik). Bildquelle: Adams, Ernest: Break into the Game Industry. How to get a job making video games. 2003, 62. 28 Gold Master wird dem Publisher geliefert und dient in Folge der Massenvervielfältigung des Spiels.47 Viele in der Filmherstellung übliche Aufgaben der Postproduktion, wie das Erstellen von Animationen, Schnitt und so weiter, sind im Hauptproduktionsprozess bereits abgeschlossen, weswegen für die Postproduktion eines Computerspiels nur noch folgende Aufgaben verbleiben: - Vorbereitung des Customer Supports und etwaiger Nachbesserungen (Patches). - Lokalisierung: Die Erstellung weiterer Versionen für den Verkauf in anderen Ländern. Hauptsächlich geht es dabei um die verwendete Sprache, aber auch um einen abgeänderten „Schnitt“, wenn die ursprüngliche Version z.B. zu stark im Konflikt mit den örtlichen Jugendschutzbestimmungen steht. - Versionen für andere Plattformen: zum Beispiel die Erstellung einer PC-Version zum Spielen auf dem Heimcomputer eines ursprünglich für eine Konsole entwickelten Spiels. - Marketing und PR. - Einreichung bei den verschiedenen Rating-Agenturen wie PEGI48 oder USK49 . - Erstellung von Demoversionen und zusätzlich erwerbbarem Begleitmaterial (z.B. ein Ratgeberbuch). - Archivierung.50 Durch die Vielzahl verschiedener Arten von Computerspielen ist der Kostenpunkt der Herstellung schwer festzulegen – für ein aufwendiges Spiel mit ausgefeiltem Gameplay, Story, guter Grafik und hohen angestrebten Verkaufszahlen legt Niki Laber, ehemaliger Geschäftsführer von Deep Silver Vienna und Vorsitzender des 47 Newman, Rich: Cinematic Game Secrets. For Creative Directors and Producers. Inspired Techniques from Industry Legends. 2009, 51. 48 Pan European Game Information 49 Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle 50 Mit Abweichungen und frei wiedergegeben nach: Newman, Rich: Cinematic Game Secrets. For Creative Directors and Producers. Inspired Techniques from Industry Legends. 2009, 51ff. 29 ÖVUS 51, die finanzielle Latte im Interview mit Media Biz mit rund 20 Mio. Euro für ein „Triple-A-Spiel52 für drei Plattformen im High-End-Bereich“ fest.53 Tobias Moorstedt, Journalist und Autor, legt die Kosten für große Produktionen noch höher fest (rechnet dabei aber die Marketingkosten mit ein): [...] längst nähern sich die Produktionskosten eines Videospiels denen einer Filmproduktion an, die steigenden Marketingbudgets und Mitarbeiterzahlen kosten zwischen 40 und 50 Millionen Dollar. 54 Am Ende geben die Verkaufszahlen den Ausschlag für den Erfolg des Spiels. Die verkauften Einheiten bedeuten für den Entwickler nicht nur, wie überzeugt die Publisher vom Entwicklerstudio für zukünftige Projekte sind, sondern auch, ob es für den Entwickler zu Rückflüssen aus dem Verkauf kommt, falls er sich diese zu Beginn des Projektes vertraglich zusichern ließ. Insofern sind die Anteile an den verkauften Einheiten von Bedeutung, die Jesse Schell in einer Grafik auf der folgenden Seite (Abb. 7) mit einem angenommenen Beispiel-Preis von US-Dollar 50,- aufschlüsselt: 51 Österreichischer Verband für Unterhaltungssoftware 52 „,Triple-A-Titelʻ ist die Branchenbezeichnung für ein besonders aufwendig produziertes Spiel mit Kassenschlager-Potenzial.“ (Igler, Nadja: „Outsourcing eines Höllenritts“, http://futurezone.orf.at/ stories/289015/ (14. Juli 2008)) 53 54 „Spielt, spielt, spielt...“, Media Biz Nr. 158 (März 2010), 39. Moorstedt, Tobias: „Über die schwindenden Grenzen zwischen Spiel und Film“. In: Zukunft Kino. The End of the Reel World. 2008a, 193. 30 Abb. 7: When a consumer buys a $50 retail game title... 55 Anhand dieses Beispiels bleiben dem Entwicklerstudio 16% des Kaufpreises, was in diesem Fall relativ hoch ist, in Anbetracht dessen, dass der Publisher das größte Risiko trägt. Es ist daher anzunehmen, dass in diesem Fall das Entwicklerstudio einen Eigenanteil an der Produktion trägt (während in anderen Fällen der Publisher dem Entwicklerstudio die volle Produktionssumme zahlt). Im Unterschied zur Filmindustrie verdient der Entwickler der Konsole mit. Diese refinanzieren dadurch die hohen Entwicklungskosten ihrer Konsolen, die durch den Verkauf allein kaum gedeckt werden können. 55 When a consumer buys a $50 retail game title... (Grafik). Bildquelle: Schell, Jesse: The Art of Game Design. A Book of Lenses. 2008, 435. 31 DAS ENDE VON FILM & TV DURCH COMPUTERSPIEL & INTERNET? Kein Medium ersetzt das andere. In der Vergangenheit hieß es, das Fernsehen würde das Radio ablösen; später, das Kino sei tot, schuld sei das Fernsehen. Das Radio existiert nicht nur noch immer, sondern erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit. Das Kino kam bereits mehrmals zurück, etwa in den 90ern mit Terminator und jetzt ist der 3D-Hype der Retter in der Not. Während die Medien das Spiel Call of Duty: Modern Warfare 2 als „das beste Fünftageergebnis in der Geschichte der Entertainmentindustrie“56 feiern, ist Avatar – der Film, auf gutem Weg, dieses Ergebnis, zwar nicht innerhalb der ersten fünf Tage, aber längerfristig bei weitem zu überflügeln. (Call Of Duty: Modern Warfare 2 „hat für Activision Blizzard bereits mehr als eine Mrd. US-Dollar eingespielt“57 – Stand vom 15. März 2010. Avatar – der Film hat hingegen an der Kinokasse bereits ~2,7 Mrd. US-Dollar erwirtschaftet – Stand vom 5. April 2010.)58 Noch dazu „hinkt der Vergleich zwischen Spielen und Filmen, da Computergames im Handel üblicherweise drei- bis viermal mehr kosten als Kinotickets“.59 In diesem Fall, zwischen einem AvatarKinoticket und Modern Warfare 2, ist der Unterschied sogar noch höher, da Modern Warfare 2 mit einem Preis von € 69,9960 (für die Konsolenversionen für Xbox und Playstation 3) ins Rennen ging. Fernsehlizenzen und DVD-Verwertung für Avatar werden noch einen Teil dazu beitragen. Dass die alleinige Marktvorherrschaft von Film und Fernsehen in der Entertainmentindustrie vorbei und der Höhepunkt überschritten ist, wird nicht wieder rückgängig 56 Siehe dazu das Zitat auf Seite 5 dieser Arbeit (Pototzki, Tim; Hammes, Frederik: „,Modern Warfare 2ʻ bricht weltweit Rekorde. Turbulenter Start für Blockbuster 2009“, GamesMarkt Nr. 23 (26. Nov. 2009), 4.) 57 „UK: ,Modern Warfare 2ʻ zieht an ,GTA IVʻ vorbei“, http://www.mediabiz.de/games/news/uk-modernwarfare-2-zieht-an-gta-iv-vorbei/287149 (15. März 2010) 58 Zahlen zu Avatar – siehe: http://www.boxofficemojo.com/movies/?id=avatar.htm bzw. http://www.thenumbers.com/movies/2009/AVATR.php 59 „Modern Warfare 2 sprengt Milliarden-Umsatzgrenze“, http://derstandard.at/1262209527666/Mo dern-Warfare-2-sprengt-Milliarden-Umsatzgrenze (14. Jän. 2010) 60 „Empfohlener VK: € 69,99“ – siehe „mediabiz Datenbanken“, http://www.mediabiz.de/games/firmen/ programm/call-of-duty-modern-warfare-2-dt-playstation3/51366 (o.J.) – Stand: Jänner 2010 32 gemacht werden können, bietet aber ProduzentInnen und Anbietern von Medieninhalten neue Möglichkeiten. Die goldenen Zeiten des Kinos sind ohnehin seit mehr als einem halben Jahrhundert Vergangenheit: „[...] in 1946 there were over 1,500 million admissions to cinemas and in 1980 there were 86 million.“61, 62 Doch das Kino lebt noch immer, indem es sich angepasst und neue Wege zum/-r ZuseherIn gefunden hat, ohne sich so weit entfernt zu haben um die Bezeichnung „Kino“ zu verlieren. Es warten schlichtwegs neue Herausforderungen – ein Beispiel: „Ästhetik und Technik der Videospiele beeinflussen das Kino ebenso, wie sich die Videospielindustrie Potenziale des Filmmediums aneignet.“63 Auch das Fernsehen wird sich den neuen Anforderungen stellen müssen, denn... Ergebnisse von zahlreichen Studien belegen, dass sich das Nutzungsverhalten vor allem bei jungen Menschen geändert hat. 64 [...] Sie sehen weniger fern, gehen weniger oft ins Kino, verbringen andererseits jedoch mehr Zeit im Internet und konsumieren mehr Videospiele. 65 Die Zukunft des Fernsehens sehen die Vorstände von ProSiebenSat.1 u.a. in der Erschließung neuer Erlösquellen und in der Delinearisierung: Schon seit einigen Jahren verfolgen wir eine gezielte Diversifikationsstrategie. Durch die Expansion in neue Geschäftsfelder und die Erweiterung der Erlösquellen optimieren wir unser Chancen- und Risikoprofil. So können wir unsere bestehenden Ressourcen durch die Mehrfachverwertung von Inhalten wesentlich effizienter nutzen. „Content anytime, anywhere“ 61 Burchill, Julie: Girls on Film. 1986, 4. 62 Julie Burchill begründet diesen Zuseherverfall mit dem Rückgang an Filmproduktionen für die weibliche Zielgruppe – siehe dazu auch Lant/Periz: „Research so far suggests a close synchrony between womenʼs enthusiasms for the film medium and its economic fortunes, a historical basis for Julie Burchillʼs hunch that the movies went bad when they stopped making them for women.“ (Lant, Antonia; Periz, Ingrid: „General Introduction“. In: Red Velvet Seat. Womenʼs Writing on the First Fifty Years of Cinema. 2006, 4.) 63 Moorstedt, Tobias: „Über die schwindenden Grenzen zwischen Spiel und Film“. In: Zukunft Kino. The End of the Reel World. 2008a, 190. 64 Kreuzer, Hannes: Digitale Film-Distribution – Funktionsweise und kritische Beleuchtung der Auswirkungen auf die Filmindustrie. 2009, 53. 65 Kreuzer, Hannes: Digitale Film-Distribution – Funktionsweise und kritische Beleuchtung der Auswirkungen auf die Filmindustrie. 2009, 119. 33 ist die Devise. Zugleich verringern wir durch die Erschließung neuer Distributionswege und neuer Märkte die Abhängigkeit vom TV-Werbemarkt. [...] Heute heißt das Schlagwort ,Delinearisierungʻ. Das bedeutet, dass wir unseren produzierten Inhalt nicht mehr nur für klassisches Free-TV, sondern für verschiedene Angebote verwenden. TV-Programme sind heute über ein breites Spektrum an Plattformen, Kanälen und Geräten verfügbar – als Video-on-Demand (→ VoD), Pay-TV, Handy und andere mobile Endgeräte, DVDs oder Games. Inhalte werden auf einem Memory-Stick gespeichert oder abgerufen und auf jedem Gerät zu jeder Zeit konsumiert.66 Computerspiele werden in der Konvergenz Fernsehen/Internet eine bedeutende Rolle spielen – mehr zu diesem Thema im Kapitel im Kapitel „TV und Spiel“, Seite 85 bis 90. 66 Posch, Guillaume de; Englert, Marcus: „Zukunft Fernsehen – Content ist King Kong“. In: Auslaufmodell Fernsehen? Perspektiven des TV in der digitalen Medienwelt. 2008. 166f. 34 FILMISCHE GESTALTUNGSMITTEL IN COMPUTERSPIELEN Die „filmischere Gestaltung“ von Computerspielen ist in der Welt der Spielebranche ein heikles Thema. Richard Rouse III, ein Game Designer, dazu in einem Interview: I tend to try to avoid using phrases like “letʼs make this part of the game more cinematic” because if one is to take that term literally, it would mean to make the game more like a movie and thus less interactive. And surely no one wants that.67 Dass die Befürchtung in der Spielbranche umgeht, dass Computerspiele dem Medium Film zu nahe kommen, bestätigt auch Steve Ince: „ʻGames are not films!ʼ has become almost a rallying cry amongst those who are worried that looking to the film industry for parallels will take games in the wrong direction.“68 Besondere Missachtung finden in diesem Zusammenhang Cut-Scenes, die filmischen Zwischensequenzen zwischen zwei Levels oder Aufgaben. Diese sind meist linear, ohne Interaktionsmöglichkeiten für den/die SpielerIn und können manchmal nicht übersprungen werden, wenn sie eine Ladezeit überbrücken oder von den Herstellern absichtlich „unüberspringbar“ programmiert worden sind. Sie sind als Filmsequenz innerhalb des Spiels das filmischste aller eingesetzten Mittel. Die Aussagen gehen noch nicht so weit, dass Game DesignerInnen, die Cut-Scenes einsetzen, als gescheiterte FilmemacherInnen bezeichnet werden, aber unterstellen ihnen den geheimen Wunsch, als FilmregisseurIn zu fungieren69 und sprechen von „ersatz movie-making“: 67 Newman, Rich: Cinematic Game Secrets. For Creative Directors and Producers. Inspired Techniques from Industry Legends. 2009, 175. 68 69 Ince, Steve: Writing for Video Games. 2006, 15. Vgl. das bereits in der Einleitung erwähnte Zitat: „The secret desire of game designers to be film directors is deleterious to their games and to the industry generally. This desire must be stamped out.“ – Adams, Ernest: „Dogma 2001: A Challenge to Game Designers“, http://www. gamasutra.com/view/ feature/3104/dogma_2001_a_challenge_to_game .php? page=2 (2. Feb. 2001) 35 Of all the more cinematic digressions from gameplay, however, the cut-scenes are probably the least interesting in formal terms as game-fiction gives way to a form of ersatz moviemaking in which the player has minimal investment or involvement. 70 Bei den SpielerInnen finden die Cut-Scenes angeblich auch keinen Anklang. Warum sich Cut-Scenes trotzdem seit Jahren in Spielen halten und nicht so schnell verschwinden werden, wird dieses Kapitel untersuchen. Des Weiteren wird es erfolgreiche und weniger erfolgreiche Varianten der filmischen Zwischensequenzen, beleuchten. Der Begriff „cinematic“ im Zusammenhang mit Computerspielen geht jedoch über die Verwendung der linearen, filmischen Zwischensequenz hinaus und bezieht sich außerdem auf einzelne filmische Techniken und Gestaltungsmittel. In diesem Sinne ist sich die Gamesbranche wieder einig – Richard Rouse III: [...] if we must use the term [“cinematic”, Anm. R.H.], I prefer to think of ways games can steal specific filmic techniques and make them part of gameplay. The slow-motion effect in Max Payne [...] is a great example of this: it was based on a technique that players were used to seeing in films and made it interactive. The developers didnʼt just put slow-motion sections in the cut-scenes, they actually added it to the game itself and made it meaningful and a lot of fun. Simple things like tilting the camera or adding depth of field or using a split screen are all examples that can be applied to gameplay and open up cool new gameplay dynamics. This makes a game more “cinematic” while still definitely a game.71 Der zweite Aspekt dieses Kapitels befasst sich daher mit einer Auswahl von Überschneidungen mit einzelnen Filmdepartments und deren Gestaltungsmöglichkeiten, die in beiden Medien ihre Anwendung finden. Als Mittel bzw. zur Gliederung dient die Betrachtung aus der Sicht der einzelnen Filmdepartments, inwiefern diese bei Computerspielen ihre Anwendung finden. 70 71 Atkins, Barry: More than a game. The computer game as fictional form. 2003, 37. Newman, Rich: Cinematic Game Secrets. For Creative Directors and Producers. Inspired Techniques from Industry Legends. 2009, 175. 36 Cut-Scenes Cut-Scenes, manchmal auch „Full-Motion Video Sequences“ (FMV) oder „Cinematics“ genannt, sind kurze Animationsfilme. Es stellt sich die Frage, wie diese besser in Spiele eingebunden werden können und welche Versuche weniger erfolgreich waren und warum sie weiterhin existieren. Einige Beispiele: 1. Cut-Scenes hielten in der Vergangenheit oft dem Vergleich mit Filmen nicht stand. Während sie wie Filme zu wirken versuchten, hatten sie zu viele Defizite, besonders in den Bereichen Kamera, Schnitt, Dialog und Synchronisation. Eine der Ursachen lag darin begründet, dass diese Bereiche als Zusatzaufgabe diesem/-r oder jenem/-r MitarbeiterIn auferlegt wurden, ohne Rücksicht auf dessen/deren Qualifikation im jeweiligen Bereich. Dieser Aspekt hat sich in den letzten Jahren wesentlich verbessert, u.a. durch die Aus- und Weiterbildung von MitarbeiterInnen72 und den Einsatz von externen BeraterInnen. 2. Cut-Scenes haben als lineares Ereignis, das nicht in Echtzeit gerechnet werden muss, die Möglichkeit, eine bessere Bildqualität zu bieten. Gerade dieser Punkt findet gerne seine KritikerInnen, da die Cut-Scenes dann zu sehr von der Gestaltung des Spiels abweichen. Der/die SpielerIn sieht plötzlich Möglichkeiten, die er/sie während des Spiels sonst nicht zu sehen bekommt, nämlich nicht nur eine bessere Bildqualität, sondern etwa auch Großaufnahmen, einen Bildschnitt und Aktionen seines Avatars, die er/sie selbst nicht ausführen kann etc. Um diese Ablenkung zu verhindern, wurden Varianten von Cut-Scenes geschaffen, die das gleiche Aussehen wie das (von der Game Engine 73 geschaffene) Erscheinungsbild während des aktiven Spielens haben. (Zur Vereinfachung nenne ich diese Art der Umsetzung von Cut-Scenes im Folgenden „Game Engine Ästhetik“.) Diese Ästhetik versucht zu unterbinden, dass der/die SpielerIn aus der Identifikation mit dem Avatar kippt. Das Problem besteht jedoch darin, dass diese Cut-Scenes, trotz Game Engine Ästhetik, weiterhin die Interaktionen des/-r SpielerIn einschränken bzw. nicht weiter fördern. Aus meinen eigenen Spielerfahrungen führt 72 Das Angebot an Ausbildungsplätzen für Jobs in der Spielebranche ist in den letzten Jahren wesentlich gewachsen. 73 Die Game Engine ist das jeweilige Programm, das einem Computerspiel zugrunde liegt. Es ermöglicht die Echtzeit-Interaktion des/-r SpielerIn im Spielablauf und sorgt für die visuelle Darstellung auf dem Bildschirm. 37 die Game Engine Ästhetik vielmehr dazu, eine Cut-Scene abzulehnen, da sie in den meisten Fällen weder Interaktion noch besondere filmische und/oder erzählerische Qualitäten bietet. Abb. 8: Gameplay in Assassinʼs Creed. 74 Abb. 9: Cut-Scene in Assassinʼs Creed.75 3. Um dem in Punkt 2 beschriebenen Problem mangelnder Interaktionsmöglichkeiten zu begegnen, erlauben es einige Spiele (deren Cut-Scenes auf der Game Engine Ästhetik basieren), wie etwa Assassinʼs Creed (siehe Abbildung 8 und 9), dem/-r SpielerIn selbst die Kameraperspektive zu kontrollieren oder sich frei im Raum zu bewegen. Assassinʼs Creed bietet außerdem die Möglichkeit, per Knopfdruck im richtigen Moment einen Schnitt in eine kurze Großaufnahme auszulösen – ansonsten lauscht der/die SpielerIn einem sehr langen Dialog, der kaum die Hauptfunktionen eines Dialogs erfüllt.76 All diese Varianten bieten weder eine spannende Ablenkung noch die Möglichkeit, das Geschehen zu beeinflussen. Im Beispiel Assassinʼs Creed kann der/die SpielerIn zwar dem Nichtspielercharakter den Rücken zukehren und in eine andere Richtung blicken, doch einen Einfluss auf das Geschehen bewirken diese Aktionen nicht. 4. In manchen Spielen, wie Uncharted 2 oder Mirrorʼs Edge, verläuft der Übergang (in einigen Teilen, nicht in allen) zwischen Cut-Scenes und spielbaren Teilen so schnell und flüssig, dass der/die SpielerIn den Übergang kaum bemerkt und davon überrascht wird, plötzlich wieder interagieren zu müssen. Im Fall von 74 Assassinʼs Creed. (Screenshot). Bildquelle: Ubisoft. 2007/2008. 75 Assassinʼs Creed. (Screenshot). Bildquelle: Ubisoft. 2007/2008. 76 Siehe z.B. Syd Field: „Der Dialog hat zwei Hauptfunktionen: Entweder bringt er die Geschichte voran, oder er offenbart etwas über die Hauptfigur.“ (Field, Syd: Das Drehbuch. Die Grundlagen des Drehbuchschreibens Schritt für Schritt vom Konzept zum fertigen Drehbuch. 2007, 122.) oder Claus Peter Hant: „Die große Kunst des Dialogschreibens besteht darin, so viel davon wegzulassen wie nur irgend möglich.“ (Hant, Claus Peter: Das Drehbuch. Praktische Filmdramaturgie. 1999, 108.) 38 Uncharted 2 ist es gelungen, die KritikerInnen maßgeblich davon zu begeistern: „Zur fortwährenden Kurzweiligkeit trägt die Mischung aus geskripteten Ereignissen und dynamischen Spielewelten bei.“77 Abb. 10: Kurze Cut-Scene aus Uncharted 2.78 5. Uncharted 2 erhöht außerdem die Qualität seiner Cut-Scenes dadurch, dass mit den DarstellerInnen anders als üblich gearbeitet wurde: Anstelle des Arbeitsprozesses „Motion Capturing ➝ Animationen ➝ Voice-Acting im Studio“ nahm das Entwicklerstudio Naughty Dog den Ton schon im Zuge des Motion Capturing auf. Die DarstellerInnen hatten dadurch ihre tatsächlichen Anspielpersonen vor sich und konnten gemeinsam improvisieren, was an diesem Punkt noch kreativen Einfluss auf die Cut-Scenes hatte.79 6. Einen etwas anderen Weg geht Heavy Rain: Das Spiel besteht zu einem Großteil aus einer Aneinanderreihung von Quicktime-Movies und baut in seinem Gameplay darauf auf. Der/die SpielerIn muss währenddessen ständig Entscheidungen treffen oder mit einer schnellen Reaktion die richtigen Knöpfe betätigen, was dementsprechend den nächsten Quicktime-Movie auslöst.80 77 Zsolt, Wilhelm: „Uncharted 2: Das Abenteuer des Jahres“, http://derstandard.at/1254310789424/ Uncharted-2-Das-Abenteuer-des-Jahres (11. Okt. 2009b) 78 Uncharted 2. (Screenshot). Bildquelle: Sony. 2009. 79 Mehr zu dieser Vorgehensweise im Kapitel „DarstellerInnen“ (Seite 55 bis 58). 80 Mehr zur Funktionsweise von Heavy Rain im Kapitel „Fallbeispiel 2: ,Heavy Rainʻ“ (Seite 142 bis 152) 39 Abb. 11: Heavy Rain.81 7. Die Schaffung einer gänzlich anderen Ästhetik bietet eine weitere Herangehensweise, die z.B. die Spiele Cursed Mountain und Anno 1404 für ihre Cut-Scenes wählten: Die Entwickler wählten eine Form der Umsetzung, die sich von einer filmisch-realistischen Darstellung bewusst entfernt und streckenweise an eine vertonte Aneinanderreihung gemalter Bilder (inklusive Animationselemente) erinnert. Im Spiel Mirrorʼs Edge wiederum findet ein Teil der Cut-Scenes in Form von Cartoons seinen Platz. 8. Auch der technische Fortschritt hat Einfluss auf die Qualität von Cut-Scenes. Die erweiterten Möglichkeiten, über die Mimik Emotionen darzustellen, brachten bereits eine wesentliche Verbesserung mit sich. Mit den Armen wedelnde Charaktere mussten bislang oft als glanzlose Alternative dienen. Abb. 12: Cut-Scene aus Cursed Mountain.82 Abb. 13: Cut-Scene aus Cursed Mountain.83 81 Heavy Rain. (Screenshot). Bildquelle: Electronic Arts. 2010. 82 Cursed Mountain (Screenshot). Bildquelle: Deep Silver, a division of Koch Media GmbH. 2009. 83 Cursed Mountain (Screenshot). Bildquelle: Deep Silver, a division of Koch Media GmbH. 2009. 40 9. Eine Sonderstellung nehmen Role-Playing-Games (RPGs) ein: In einigen RPGs werden die Cut-Scenes dadurch unterbrochen, dass sich der Spieler für eine von mehreren angebotenen Dialogoptionen entscheiden muss, was den Spielverlauf in Folge mehr oder weniger beeinflusst. 10. Die meisten SpielerInnen sind sich einig, dass Cut-Scenes keine Zwangsverpflichtung sein sollen (von Spielen abgesehen, die darauf basieren) und es dem/-r SpielerIn möglich sein soll, eine Cut-Scene per Knopfdruck zu überspringen. Wenn das Überspringen aufgrund notwendiger Ladezeiten nicht möglich ist, sollten sich die Cut-Scenes nicht an einer Stelle befinden, an welcher der/die SpielerIn beim Scheitern einer Mission zwangsläufig wieder vorbeikommt und sich dieselbe Szene noch einmal ansehen muss. Warum existieren die angeblich so verhassten Cut-Scenes noch immer? Christoph Quas, Head of Design beim Wiener Spielerentwickler Sproing Interactive, gibt im Interview auf diese Frage scherzhaft die Antwort: „Würden wir sie nicht mehr verwenden, würde sich auch jeder beschweren.“84 In dieser Hinsicht ist bei vielen Spielern ein Gewohnheitseffekt entstanden. Zu Beginn der Cut-Scenes waren diese eine aufregende Neuheit, was ich aus eigenen Spielerfahrungen bestätigen kann: Das Spiel Tomb Raider spielte ich damals nur, um die Zwischenanimationen zu sehen. Als ich im Spiel aufgrund mangelnder Geduld und mangelnden Spielgeschicks nicht mehr vorankam, verwendete ich Cheats („Schwindel-Tricks“) zum Überspringen von Levels, um die restlichen Filmsequenzen zu sehen, wenngleich diese mit der Qualität von Filmen oder manchen der heutigen Cut-Scenes nicht annähernd zu vergleichen sind. Meine Theorie geht jedoch über den Aspekt des Gewohnheitseffekts hinaus: Die Beschwerden kommen hauptsächlich aus dem Segment der Hardcore Gamer, die eine Unterbrechung durch eine Filmszene ablehnen. (So wie Filmschaffende eine Vergangenheit als Cineasten haben, kommen SpieleentwicklerInnen gerne aus der Gruppe der Hardcore Gamer. Insofern findet diese Einstellung auch bei SpieleentwicklerInnen ihren Anklang.) Diese Aussagen übersehen, dass es andere Ziel- 84 Kornetzki, Timo; Quas, Christoph: Unveröffentlichtes Interview. Geführt von: Roland Hablesreiter. (21. Juli 2009) 41 gruppen gibt, die ebendiese Elemente genießen oder gar als Belohnung einer erfüllten spielerischen Herausforderung ansehen. Regie Der Begriff der Regie, wie er beim Film verstanden wird, ist beim Computerspiel nicht klar definiert. Wie bei den Spielegenres sind in diesem vergleichsweise jungen Industriezweig die Rollenfunktionen nicht in vollem Einverständnis definiert (oder gar im Kollektivvertrag niedergeschrieben – mit den einzelnen Aufgabenbereichen der jeweiligen Position). Vergleichbar ist in diesem Fall die Rolle des/-r Game DesignerIn, der/die die Aufgabe hat, den kreativen Gesamtüberblick und die Funktionsweise des Spiels im Auge zu behalten (im Zusammenspiel mit den technischen Möglichkeiten). They [The Game Designers, Anm. R.H.] take the overall vision of the game and make it real by fleshing out the details of how it actually works. They devise the core mechanics of the game and they create the world in which it will take place. They describe the key characters and determine how those characters will behave and (generally) how they will look. Game designers define the rules that the player plays by, and all the sights and sounds the player will experience, although actually creating those sights and sounds is the job of the artists and audio people.85 Im Unterschied zum/-r FilmregisseurIn benötigt der/die Game DesignerIn mathematische Fähigkeiten: When 300 archers shoot at 500 charging knights at a distance of 200 yards, you must be able to devise a formula that determines how many knights will still be alive by the time they get to the archers.86 In anderen Bereichen kommen sich die beiden Rollen wieder sehr nahe – oft schreiben die Game DesignerInnen auch das „Drehbuch“ des Spiels (verbunden mit ähnlichen Diskussionen wie in der Filmbranche, ob es nicht besser wäre, diese 85 Adams, Ernest: Break into the Game Industry. How to get a job making video games. 2003, 148f. 86 Adams, Ernest: Break into the Game Industry. How to get a job making video games. 2003, 151. 42 Aufgabe einem/-r AutorIn zu überlassen), zeichnen die Storyboards und immer brauchen sie ein Verständnis von allen Departments. Bei größeren Projekten ist dem/r Game DesignerIn ein/e Lead DesignerIn übergeordnet, der/die über das kreative Gesamtkonzept wacht. Diese Funktion wird manchmal auch als „Creative Director“ bezeichnet, aber, wie bereits erwähnt, ist eine genaue Zuordnung nicht bei allen Funktionen möglich; die verschiedenen Firmen nutzen die Jobbezeichnungen auf verschiedenste Art und Weise. Die beiden Aufgaben in der Computerspielherstellung, bei denen zu hundert Prozent von Regie gesprochen werden kann, sind die Schauspielführung bei Motion Capturing und die Sprachregie bei den Aufnahmen im Tonstudio.87 Es liegt an der Größe des Projektes und der Struktur des Entwicklerstudios, ob ein/e eigene/r RegisseurIn dafür angeheuert wird, sich der/die Creative Director (Lead DesignerIn), der/die Game DesignerIn oder der/die ProducerIn darum kümmert. Eine ausschließliche Regiefunktion, wie sie beim Film bekannt ist, fällt ansonsten nur im Bereich der Cut-Scenes an: „There is another kind of director in the game world as well—the person who actually directs the cut-scenes within a game, though this person is usually called a producer.“88 Drehbuch Welche Bedeutung das „Drehbuch“ für ein Computerspiel hat oder haben kann, darauf wird diese Arbeit näher im Kapitel „Filmisches Erzählen und Interaktives Erzählen“ (Seite 91 bis 132) eingehen. An dieser Stelle wird vorweggenommen, welche verschiedenen Aufgabengebiete das geschriebene Wort in der Computerspielbranche hat. Wie beim Film birgt das Drehbuch zwei große Aufgabengebiete – die Geschichte selbst (inklusive Erschaffung der Welt, in der sich die Charaktere bewegen) und der Dialog. Bei größeren Projekten übernehmen diese beiden Aufgaben verschiedene AutorInnen, die auf Story oder Dialog spezialisiert sind. Story und Dialog hängen da- 87 Newman, Rich: Cinematic Game Secrets. For Creative Directors and Producers. Inspired Techniques from Industry Legends. 2009, 133. 88 Newman, Rich: Cinematic Game Secrets. For Creative Directors and Producers. Inspired Techniques from Industry Legends. 2009, 133. 43 bei stark mit der Funktionsweise des Spiels zusammen. Daniel Erickson, Autor beim Spieleentwickler BioWare: „Game writing is at least half game design.“89 Ob die Rolle des/r AutorIn der/die Game DesignerIn oder der/die Creative Director (Lead DesignerIn) übernimmt, oder ob eigene AutorInnen dafür eingesetzt werden, hängt wiederum von der Größe des Projektes und der Firmenstruktur ab. Newman: Do you think this field will continue to grow within the game industry as a standalone job or do you think writing will be viewed as a function of the game designer or creative director? Erickson: For any company that cares about great writing, this will always be a standalone job and as VO [Voice Over] budgets balloon into the millions of dollars, it only makes sense to pay for great content to put in the actorsʼ mouths. There is no comparison between a level designer slumming on some dialogue and a gifted writer whoʼs been studying storytelling for ten years.90 Darüber hinausgehend werden in der Computerspielbranche AutorInnen eingesetzt für: - Texte, die auf dem Bildschirm im Laufe des Spiels dargestellt werden - Benutzerhandbücher - weitere technische Texte wie „game design documents“ und „audio/video recording scripts“91 - die Marketingabteilung Produktion Wie die Produktion eines Computerspiels abläuft, wurde bereits im Kapitel „Produktion eines Computerspiels“ (Seite 25 bis 31) näher erläutert. Die Rolle des/-r Produzenten/-in in der Computerspielbranche unterscheidet sich hingegen wenig von der Rolle des/r Filmproduzenten/-in (abgesehen von den jeweiligen, notwendigen Branchenkenntnissen): Der/die SpieleproduzentIn kümmert 89 Newman, Rich: Cinematic Game Secrets. For Creative Directors and Producers. Inspired Techniques from Industry Legends. 2009, 76. 90 Newman, Rich: Cinematic Game Secrets. For Creative Directors and Producers. Inspired Techniques from Industry Legends. 2009, 78. 91 Adams, Ernest: Break into the Game Industry. How to get a job making video games. 2003, 146f. 44 sich um die Entwicklung und um den Herstellungsprozess eines oder mehrerer Spiele. Dabei ist er/sie für den Zeitplan und die Fertigstellung verantwortlich und trägt die finale Entscheidungsgewalt.92 Und wie beim Film ist der Begriff „Producer“ ein schwammiger: „In the film and game industries, the job title ʻproducerʼ can mean a lot of different things. It all depends on the context of the position and the medium in use.“93 Kamera & Licht Die Kameraführung als Qualitätskriterium ist bei der Kritik von Computerspielen längst angekommen mit Beispielen wie: „Zwar kann es durch so viel rasante Action und schnelle Kameraschwenks hin und wieder zu einem mulmigen Gefühl in der Magengegend kommen, doch man gewöhnt sich schließlich an alles.“94 oder „Packende Kameraführung, glaubwürdige Charakterentwicklung und ausgezeichnet geschriebene Dialoge lassen die Grenzen zwischen Spiel und Film verschwinden.“95 Die filmischen Cut-Scenes setzen die virtuelle Kamera mit allen Annehmlichkeiten des Kameraeinsatzes bei Animationsfilmen und computergenerierten Bildern (CGI) ein. McClean beschreibt die virtuelle Kamera als „a computer-generated camera effect that can range from simulated camera moves, focus-pulls, and lens effects“96 und bezeichnet sie als großen Vorteil für RegisseurIn und Kameramann/-frau durch die Freiheiten, die sie ermöglicht: Underwater shots, subterranean shots, extraordinary angles, transitions to and from different points of view, and visual links between settings in a form of montage can be made without any restrictions except the imaginations of the director and the director of photography (DP). The value that this freedom has for filmmakers is difficult to overstate. 97 92 Adams, Ernest: Break into the Game Industry. How to get a job making video games. 2003. 154f. 93 Newman, Rich: Cinematic Game Secrets. For Creative Directors and Producers. Inspired Techniques from Industry Legends. 2009, 107. 94 Pernkopf, Wolfgang: „Spring (noch) nicht!“, GamingXP Nr. 08 (Dezember 2008 Jän. 2009), 22. 95 Zsolt, Wilhelm: „Uncharted 2: Das Abenteuer des Jahres“, http://derstandard.at/1254310789424/ Uncharted-2-Das-Abenteuer-des-Jahres (11. Okt. 2009b) 96 McClean, Shilo: Digital Storytelling. The Narrative Power of Visual Effects in Film. 2007, 46f. 97 McClean, Shilo: Digital Storytelling. The Narrative Power of Visual Effects in Film. 2007, 49. 45 In den Cut-Scenes stehen dem/-r Kameramann/-frau ebenso keine Grenzen gegenüber, doch die Möglichkeiten der virtuellen Kamera geht über den Einsatz in CutScenes hinaus. Christoph Quas, Game Designer und Head of Design bei Sproing Interactive Media, gab zu diesem Thema im Interview folgendes Beispiel: Bei Gears of War, einem Ego-Shooter für die Xbox, gibt es zwei Bewegungsmodi: Gehen und Laufen. [...] Im Laufmodus nimmt die Kamera eine niedrigere Position98 ein und beginnt zu shaken und man hat das Gefühl, man läuft mit der doppelten Geschwindigkeit. In Wahrheit ist das ein reiner Fake der Kameraführung. Die Geschwindigkeit selbst wird nur um den kaum merklichen Faktor „mal 1,2“ erhöht, die gefühlte Geschwindigkeit ist jedoch doppelt so schnell – nur durch den Einsatz der Kamera. Und es gibt viele Beispiele dieser Art. 99 Der zuvor erwähnte Slow-Motion-Effekt100 ist ein weiteres Beispiel für den kreativen Einsatz der virtuellen Kamera. Auch die Lichtsetzung und die Farbbestimmung sind von Bedeutung, wie sie auch im Bereich animierter Filme und computergenerierter Bilder Verwendung finden. Um für den/die SpielerIn genügend Abwechslung zu bieten, setzen die Spieleentwickler verschiedene Levels nicht nur an verschiedenen Locations an, sondern achten auch darauf, dass das folgende Level eine andere Lichtstimmung und/oder anderes farbliches Konzept hat. Farben werden außerdem dafür eingesetzt, dem Spieler den Weg zu weisen – in Mirrorʼs Edge etwa weisen rot eingefärbte Objekte in einer eher blau-kühlen Umgebung auf die einzuschlagende Route hin. 98 Eine niedrigere Kameraposition gibt eine höhere Geschwindigkeit vor; siehe diesbezüglich auch Jesse Schell: „Their solution was a combination of making the cars move faster [...] and lowering the camera viewpoint to make the perceived motion faster.“ Schell, Jesse: The Art of Game Design. A Book of Lenses. 2008, 417. 99 Kornetzki, Timo; Quas, Christoph: Unveröffentlichtes Interview. Geführt von: Roland Hablesreiter. (21. Juli 2009) 100 Siehe Seite 36. 46 Abb. 14: Mirrorʼs Edge.101 Abb. 15: Mirrorʼs Edge. 102 Ein Unterschied besteht in einigen Spielen in der Anpassung von Licht und Look durch das bewusst visualisierte Vergehen von Zeit: Wetter- und Tag-Nacht-Wechsel tragen zur Atmosphäre bei und beeinflussen den Spielverlauf eines Open World Games wie GTA IV. Zum Beispiel sind Nichtspielercharaktere per Telefon zu bestimmten Tages- oder Nachtzeiten nicht erreichbar, da sie schlafen oder arbeiten; Geschäfte sind geschlossen; die Sicht ist schlechter, was durch das Einschalten des Fernlichts beim Auto wiederum beeinflusst werden kann... Wenn die Kameraperspektive nicht vom/n der SpielerIn durchgehend gesteuert wird oder fix festgelegt ist wie zum Beispiel der Point-of-View beim Ego-Shooter, sind Perspektivwechsel ein mögliches Stilmittel. Dieses Mittel ist außerhalb von CutScenes (und im Wechselspiel mit Cut-Scenes) mit Vorsicht zu genießen. Wenn der/ die SpielerIn aufgrund eines Perspektivwechsels plötzlich die Orientierung verliert, sich in eine nicht beabsichtigte Richtung bewegt oder die Gegner aus dem Auge verliert, ist der Wechsel in eine andere Kameraposition kontraproduktiv. Im zweiten Teil des Survival-Horror-Spiels Resident Evil war dies der Fall, wie es Steven Poole beschreibt: [...] the player can get killed by zombies not because the environment is cleverly designed but because he was deliberately hindered from seeing them coming until it was too late. [...] As with film, shots are done to you. Silent Hill, meanwhile, sometimes lets the player control the camera when walking around the streets, but dive into a dim alley and the tilted overhead shot is the only perspective youʼll get. And this shows how a purely filmic notion of camerawork 101 Mirrorʼs Edge. (Screenshot). Bildquelle: Electronic Arts. 2008/2009. 102 Mirrorʼs Edge. (Screenshot). Bildquelle: Electronic Arts. 2008/2009. 47 cannot work in a videogame context. Film manipulates the viewer, but a game depends on being manipulable.103 Der/die SpielerIn kontrolliert daher in vielen Fällen, abseits der Cut-Scenes, selbst die Kameraperspektive. In einem Spiel wie Uncharted 2, in dem die Wechsel von Cut-Scene zum/-r SpielerIn sehr flüssig sind, sind die Übergänge von Cut-SceneKameraperspektive zur Spielperspektive und zurück auf gelungene Weise umgesetzt und glänzen mit visuellen Überraschungen. In einer Szene etwa detoniert eine Granate und das Haus, in dem sich der Avatar befindet, beginnt zusammenzustürzen. Dargestellt wird dies als kurze Cut-Scene, in der der/die SpielerIn seinen/ ihren Avatar aus einer leicht veränderten Perspektive auf dem einbrechenden Boden abrutschen sieht – das Bild vibriert und zittert (die Kamera wird „geschüttelt“). Im richtigen Moment muss der/die SpielerIn innerhalb der Cut-Scene plötzlich den „Sprung-Knopf“ drücken, um sich mit einem Satz auf das gegenüberliegende Haus zu retten. Gelingt dies, sehen wir den Sprung noch als kurze Cut-Scene, um mit der Landung wieder in der gewohnten Spielperspektive zu landen. Ansonsten sehen wir Absturz und Ableben der Spielfigur. Zusammenfassend, die Verwendung einer teilweise vorbestimmten Kameraführung ist eine schwierige Angelegenheit, kann aber das Spiel durchaus bereichern, wenn die Umsetzung gut funktioniert und das Gameplay dies erlaubt. Die virtuelle Kamera im Spiel ist, wenn überhaupt im Ansatz, nie zur Gänze vorherbestimmt (während die Filmkamera für den/die ZuseherIn immer eine Vorauswahl von Perspektive, Bewegung und Licht trifft). Die visuelle Struktur eines Films hingegen ist predeterminiert. Jede/r ZuseherIn sieht den gleichen Film und die gleichen Kameraeinstellungen. Im Computerspiel hingegen hat der/die SpielerIn in vielen Spielen die Möglichkeit, die Abfolge der Geschichte zu verändern und die Kamera selbst zu bestimmen.104 Wie für alle anderen filmischen Elemente gilt für die Kamera, dass sie im Zusammenspiel mit der Interaktivität des Games zu funktionieren hat. 103 104 Poole, Steven: Trigger Happy. Videogames and the Entertainment Revolution. 2004, 81. Newman, Rich: Cinematic Game Secrets. For Creative Directors and Producers. Inspired Techniques from Industry Legends. 2009, 103. 48 Schnitt Ähnlich wie bei der Kamera verhält es sich mit dem Schnitt: Der Perspektivwechsel ist eine heikle Angelegenheit, die nur in manchen Fällen, und selbst dort geschickt eingesetzt, Vorteile bringt. Sometimes videogame camera positions change automatically rather than at the playerʼs behest105; even so, when they do, they are not performing traditional montage but trying to give the player a better view of the action under his control. This is the case in the Tomb Raider games, for instance. Such changes of view, however, can and often do employ other quasifilmic techniques such as tracking and panning. [...] True montage meanwhile, is still not used. 106 Viele Games bestehen innerhalb des vom/-n der SpielerIn gesteuerten Spielflusses (außerhalb der Cut-Scenes) nur aus einer einzigen Plansequenz, wie dies auch Bruce Block107 im Interview mit Rich Newman bestätigt: „Most games tend to be a single, endless shot, so editing isnʼt usually a factor in a computer game.“108 Montagetechniken kommen in den Cut-Scenes zum Einsatz und darüber hinaus in einem Übergang von Cut-Scene zurück zum gesteuerten Spielverlauf. In Uncharted 2 sind, wie bereits erwähnt, dieser Übergang und Zusammenspiel mit der Kameraführung beispielhaft.109 Im gesteuerten Spielverlauf angewandte Montage findet sich im Spiel Fallout 3: Der/ die SpielerIn hat die Möglichkeit, während eines Kampfes, die Zeit anzuhalten, gezielt einen Körperteil des/-r GegnerIn anzuvisieren (wenn der entsprechende „Ladebalken“ dieser Fähigkeit der Spielfigur voll genug dafür ist). In Folge kommt es zu einem Schnitt aus der üblichen Ego-Perspektive (Point-of-View) und der/die SpielerIn sieht seinen/ihren Avatar „von außen“ und in Zeitlupe das gewählte Angriffs- 105 behest = Geheiß (PONS Globalwörterbuch Englisch – Deutsch. 1997, 96.) 106 Poole, Steven: Trigger Happy. Videogames and the Entertainment Revolution. 2004, 83. 107 „Bruce Block has served as a producer, director or creative consultant on feature films, television shows, commercials, animated films, computer games, and IMAX movies. His feature film credits include: The Holiday, Somethingʼs Gotta Give, Stuart Little, As Good As It Gets, The Parent Trap and Americaʼs Sweethearts.“ (Newman 2009, 102) 108 Newman, Rich: Cinematic Game Secrets. For Creative Directors and Producers. Inspired Techniques from Industry Legends. 2009, 106. 109 Siehe Seite 48. 49 manöver ausführen, um gleich darauf wieder in die Ego-Perspektive und in den Kampf zurückzukehren (so die Gegner noch stehen). Die Verwendung von Montage innerhalb des gesteuerten Spiels dient in diesem Beispiel einer angewandten Funktion des Gameplays. Abb. 16: Angriffsmanöver Ego-Perspektive.110 Abb. 17: Angriffsmanöver Außenperspektive. 111 Ein weiteres, wenn auch schon etwas älteres Beispiel bietet in diesem Zusammenhang die Funktion der Wiederholung. Manche Spiele zeigen auf Wunsch oder in gewissen Situationen automatisch eine soeben getätigte Aktion aus einer anderen Perspektive, eventuell in Zeitlupe.112 Die Einbindung dieser Technik darf den/die SpielerIn jedoch weder langweilen noch den Spielfluss zu stark behindern. Wie die virtuelle Kamera birgt die Montage in Computerspielen Gefahren in sich, wenn sie sich nicht an das interaktive Medium anpasst oder nicht mit der jeweiligen Form des Gameplays in Einklang zu bringen ist, andererseits bietet sie ein nur teilweise ausgeschöpftes Potenzial. [...] videogames are potentially a more flexible form than film. Such borrowings [Kameraperspektiven & Montage; Anm. R.H.] from cinematic techniques can indeed enhance the visual experience of a game without compromising its unique intensity.113 110 Fallout 3. (Screenshot). Bildquelle: Ubisoft. 2008. 111 Fallout 3. (Screenshot). Bildquelle: Ubisoft. 2008. 112 Die Inspiration dieser Technik lässt sich auf Sportübertragungen zurückführen: „Television sports directors have understood for a long while that [...] the cutting together of different viewpoints gives a better and more visceral understanding of the action.“ (Poole, Steven: Trigger Happy. Videogames and the Entertainment Revolution. 2004, 84.) 113 Poole, Steven: Trigger Happy. Videogames and the Entertainment Revolution. 2004, 85. 50 Ausstattung & Kostüm Ausstattung und Kostüm fallen in das Aufgabengebiet des/-r Game Designers/-in als kreative/r Verantwortliche/r über diesen Bereich, während sich die Game Artists um die gestalterische Umsetzung kümmern. Manche zu erstellende Gegenstände werden von spezialisierten Firmen ausgeführt, die als Sub-Unternehmen von einem Spieleentwickler beauftragt werden. Die Wiener Firma Rabcat etwa ist unter anderem dafür bekannt, als Sub-Unternehmen Autos zu erstellen. (Im Track Record finden sich Titel wie GTA Vice City, Test Drive Unlimited, Motorstorm, Forza Motorsport 3.)114 Für das Spiel Cursed Mountain, dessen SpielLocation im Himalaya angesiedelt ist, wurde der Auftrag der Herstellung der Requisiten an eine indische Firma vergeben, unter anderem aufgrund eines „regionalen Vorteil“ in Bezug auf das Aussehen der Requisiten.115 2D & 3D (Modeling, Compositing, Animation) In Bezug auf das computergenerierte Bild, ob 2D, 3D, Modeling, Compositing oder Animation, sind sich Film und Computerspiel sehr nahe. Der große Unterschied liegt jedoch darin, dass im Computerspiel jedes Bild (außerhalb der filmischen Zwischensequenzen) in Echtzeit gerechnet werden muss, während der animierte Film den Vorteil genießt, beinahe unbegrenzte Renderzeiten in Anspruch nehmen zu können.116 Lange Zeit nahmen die technischen Voraussetzungen und der technische Fortschritt das Hauptaugenmerk in der visuellen Gestaltung von Computerspielen ein. In der Zwischenzeit hat sich diese Einstellung etwas gewandelt, nicht nur dahingehend, dass die in diesem Kapitel genannten Elemente wie Story, Kamera usw. eine bedeutendere Position einnehmen, sondern auch, dass die grafische Gestaltung in Bezug auf den künstlerischen Schauwert mit anderen Augen betrachtet wird (anstelle von einem rein technischen Standpunkt heraus): 114 Siehe: „Rabcat Group“, http://www.rabcat.com (o.J.) – Stand: Feb. 2010 115 Kenning, Julian: Art Directing Cursed Mountain. Vortrag bei Pixel 4.0. (27. Sept. 2009) 116 „Pre-rendered animation is one thing; animation on-the-fly, with constantly changing conditions, is quite another. Considerable research has gone into making creatures and people walk realistically under all circumstances: fast and slow, up hills and down, and so on.“ (Adams, Ernest: Break into the Game Industry. How to get a job making video games. 2003, 130.) 51 So gewährte Raphael Lacoste, Senior Art Director Electronic Arts, Montreal, [als Referent beim Game Forum Germany in Hannover; Anm. R.H.] einen Einblick in die Entstehung der grafischen Gestaltung von „Assassinʼs Creed“, die u.a. von Gemälden von Caspar David Friedrich beeinflusst gewesen sei. „Wir dürfen beim Gamedesign nicht allein die technischen Möglichkeiten im Blick haben“, gab Lacoste zu bedenken, „auch der Stil ist bei der grafischen Gestaltung äußerst wichtig.“ 117 Abb. 18: Assassinʼs Creed.118 Sound Design und Musik „Films and games are both thought of as a visual medium, but the reality is that sound plays almost as important a part in the final product.“119 Doch nicht nur, dass die Bedeutung des Tons in Film- und Spielebranche manchmal zu Unrecht unterschätzt wird, teilen die beiden Branchen, sondern auch die Ähnlichkeiten im Herstellungsprozess: Aufnahmen von Sprache, Atmos, Geräuschen und die Erstellung von Sound-Effekten, das Anlegen, Tonschnitt und Mischung und so weiter. 117 Laumann, Jörg: „Kommunikation & MaFo spielen wichtige Rolle. 360 Teilnehmer beim Game Forum Germany in Hanover“, GamesMarkt Nr. 03 (10. Feb. 2010), 16. 118 119 Assassinʼs Creed. (Screenshot). Bildquelle: Ubisoft. 2007/2008. Newman, Rich: Cinematic Game Secrets. For Creative Directors and Producers. Inspired Techniques from Industry Legends. 2009, 147. 52 „Because of this, many sound designers have worked in both areas, games and movies, as well as applying their trade to theatre productions and television.“120 Außerdem verfolgt der Ton in beiden Fällen, ob Computerspiel oder Film, das Ziel, eine emotionale Reaktion bei/m der RezipientIn hervorzurufen, insbesondere die Musik. Film- und Spielekomponist Bill Brown beschreibt dies im Interview mit Sound Designer Rob Bridgett: The score can follow an overall arc in both mediums, it can develop themes, underscore action, communicate exotic locations, and add dimension to the emotional landscape of either medium using similar tools. 121 Doch den Unterschied macht wieder die Interaktivität des Computerspiels aus. Welcher Sound wann ertönt, ist (außerhalb der Cut-Scenes) schwer planbar und ein endgültiger Tonschnitt bzw. eine endgültige Mischung sind dadurch nicht möglich. Sämtliche Eventualitäten müssen in der Umsetzung bedacht werden, wobei die verschiedensten Lösungen zum Einsatz kommen. Sound Designer Marc Schaefgen bietet zwei Lösungen dafür an: a) Den „ducking mechanism“: wenn eine Dialogzeile gesprochen wird, wird die Lautstärke aller anderen Sounds (oder einer Auswahl) automatisch reduziert. b) Eine Mischung, in welcher der Dialog trotzdem immer hörbar ist. Schaefgen gibt an, die zweite Variante zu bevorzugen, sie sei aber auch schwieriger umzusetzen.122 Ein Beispiel für eine weitere Herausforderung für den Umgang des/-r Sound Designers/-in mit der Interaktivität ist die Lokalisierung eines Tons: Scoring and designing audio for games can often be much more challenging than motion pictures. [...] An example of this can be simply demonstrated by a car passing the camera. In a film or television program, where the picture is established and consistent, the image of the car pass-by is a linear time-established scene that can be scored, synchronized, recorded, 120 Newman, Rich: Cinematic Game Secrets. For Creative Directors and Producers. Inspired Techniques from Industry Legends. 2009, 147. 121 Bridgett, Rob: „Holllywood Sound: Part One“, http://www.gamasutra.com/view/feature/2406/holly wood_sound_part_one.php? (16. Sept. 2005) 122 Newman, Rich: Cinematic Game Secrets. For Creative Directors and Producers. Inspired Techniques from Industry Legends. 2009, 155. 53 and mixed by a sound designer or musician. By contrast, in a 3D game environment there can be hundreds of variables that determine how and where the car exists within a 3D space. Because a player can view the car from a multitude of angles, the sound must be capable of being manipulated to match the image from any viewpoint. A simple car sound may need to be looped, layered, panned, pitch-shifted, down-sampled, and format converted—just to accommodate a simple car-pass sound.123 Eine wichtige Aufgabe des/-r Sound Designers/-in besteht daher in der Programmierung der Auslöser des jeweiligen Sounds. In Echtzeit muss die Technik hinter dem Spiel entscheiden, welcher Sound aus welcher Box abgespielt wird: „Most game sound design relies on library sounds that are programmed in to respond to the playerʼs decisions.“124 Ähnlich verhält es sich mit der Musik, bei der ebenfalls die Fragen aufkommen, wann und wie die Programmierung des Spiels den jeweiligen Zeitpunkt für einen Wechsel in der Musik, den Anfang, das Ende und/oder einen Loop festlegt – und inwiefern auch die Handlungen des/-r Spielers/-in ein Trigger dafür sein können. Aber die Interaktivität stellt für Musik und Sound Design nicht nur eine Schwierigkeit in der Umsetzung dar, sondern bietet auch kreative Möglichkeiten. So können Sound Design und Musik den/die SpielerIn in seiner/ihrer Handlung beeinflussen. „Any sound can become a clue, a spur to action.“125 Wie die roten Gegenstände in Mirrorʼs Edge126 kann die Musik oder ein Sound eine/n SpielerIn in die richtige Richtung weisen (oder auf die Wahl der falschen Richtung hinweisen), ihn/sie erschrecken und somit ein Zeichen zum Handeln geben und/oder vor einem Gegner warnen. So music in a videogame does not work in exactly the same ways as music in a film. In a game, sound can be functional, a means of providing information that the player then acts on.127 123 Arem, Keith: „Foreword“. In: The Complete Guide to Game Audio. For Composers, Musicians, Sound Designers, and Game Developers. 2009, xx. 124 Ament, Vanessa Theme: The Foley Grail. The Art of Performing Sound for Film, Games and Animation. 2009, 25. 125 Poole, Steven: Trigger Happy. Videogames and the Entertainment Revolution. 2004, 68. 126 Siehe oben: Kapitel „Kamera & Licht“, Seite 45 bis 48. 127 Poole, Steven: Trigger Happy. Videogames and the Entertainment Revolution. 2004, 70f. 54 Sowohl im Spiel Silent Hill: Shattered Memories als auch in Heavy Rain ist ein Soundeffekt der Clue für das Finden des benötigten Schlüssels: Wenn die Figur in Silent Hill: Shattered Memories eine Dose in die Hand nimmt und schüttelt, hört der/ die SpielerIn, dass sich darin der gesuchte Schlüssel befindet; ebenso in Heavy Rain, mit dem einzigen Unterschied, dass es sich beim Versteck um keine leere Dose, sondern um eine hohle Porzellaneidechse handelt. DarstellerInnen Man mag glauben, dass der/die DarstellerIn in der virtuellen Welt keinen Platz mehr findet und durch den technischen Fortschritt ersetzbar geworden ist. Diese Vermutung übersieht hingegen einige Faktoren, beginnend beim Film: Auch in der Filmbranche herrscht bereits die Meinung vor, dass der Traum vom perfekten, animierten Filmcharakter, der vom Mensch nicht mehr zu unterscheiden ist, nicht mehr als den Beweis technischer Machbarkeit mit sich bringen wird – weder lassen sich finanzielle Einsparungen durch den Verzicht auf die Gagen von Schauspielstars rechtfertigen, noch hat es eine besondere Auswirkung auf die Geschichte des Films und die damit einhergehende Identifikation des/-r Zusehers/-in mit dem Charakter. Im Gegenteil, ob animiert oder SchauspielerIn aus Fleisch und Blut, steht die Geschichte bzw. die Entwicklung der Figur im Vordergrund. Der Misserfolg des Films Final Fantasy ist nicht, wie fälschlicherweise manchmal behauptet, auf die fotorealistisch und zur Gänze animierten Figuren zurückzuführen, sondern auf die Schwächen der Geschichte.128 Für animierte Charaktere, im Film wie im Computerspiel, ziehen die Animation Artists Motion-Capturing-Aufnahmen als Referenz heran, was deren Arbeit wesentlich erleichtert. Zwar sei es durchaus möglich, ohne menschliche Vorlage (ob Körperbewegungen oder im Gesicht ausgedrückte Emotionen) zu arbeiten, wie mir bereits 2005 eine Mitarbeiterin der Visual Effects Firma Digital Domain bei einem Besuch der Niederlassung in Los Angeles versicherte, doch warum solle man darauf verzichten, da dies wesentlich mehr Aufwand für den Artist bedeutet und sich somit auch finanziell nicht rechnet. 128 „Although it is easy to reflect on the extent to which the characters do not convincingly represent humans to a photoreal standard, at the heart of Final Fantasyʼs difficulties is that the characters do not undergo any personal dilemmas about their roles [...]“ (McClean, Shilo: Digital Storytelling. The Narrative Power of Visual Effects in Film. 2007,114.) 55 Die Vertonung des animierten Charakters bedarf ohnehin der Verpflichtung eines/-r SchauspielerIn. Und dass der Starfaktor eines/-r Schauspielers/-in, manchmal inklusive seines/ihren Privatlebens, zur Vermarktung eines Films in den meisten Fällen geeigneter ist als eine fotorealistische Kunstfigur, ist über Hollywood hinaus bekannt. Nicht umsonst klagen FernsehredakteurInnen und ProduzentInnen in Österreich über den Mangel an „Promis“. Die Computerspielbranche hat einen ähnlichen Bedarf an SchauspielerInnen wie der computergenerierte Film: Sie kommen in den Arbeitsschritten Motion Capturing und Voice-Acting zum Einsatz. Und ob diese gute Arbeit leisten, nehmen die Kritiken von Computerspielen durchaus wahr129 , denn in der Vergangenheit war schlechtes Voice-Acting ein großer Nachteil von Computerspielen. Einen neuen, spannenden Ansatz verfolgen Spiele wie Uncharted oder Fable, die Wege abseits des gewohnten Produktionsprozesses gehen. (Der gewohnte Produktionsprozess besteht darin, zuerst Motion-Capturing-Aufnahmen vorzunehmen, später, und unabhängig davon, im Tonstudio das Voice-Acting zu produzieren.) In Uncharted besetzte Creative Director Amy Hennig die Motion-CapturingDarstellerInnen von Beginn an mit SchauspielerInnen, die über mehr als körperliche Schauspielfähigkeiten verfügen: Denn diese vollführten nicht nur ihre Bewegungen, sondern sprachen auch die Texte. Der/die TonmeisterIn vor Ort nahm die Dialoge mit auf, welche auch im Endprodukt ihre Verwendung fanden. Die DarstellerInnen spielten also die Szenen wie vor der Kamera – und sie improvisierten dabei. Das fertige Endprodukt überzeugte mich im Selbsttest: Die Dialoge, die Bewegungen der Figuren, die Mimik, und so weiter, wirken wesentlich glaubwürdiger als die Produkte der Mitbewerber. Eine ähnliche Herangehensweise unternimmt Peter Molyneux in seinem Spiel Fable III, um die Cut-Scenes aufzuwerten: 129 Z.B. in der Rezeption des neuesten Batman-Computerspiels: Im Angesicht des Jokers hat Batman auf Konsole und PC bisher noch nie so eine gute Figur gemacht. "Batman: Arkham Asylym" ist die bislang vielleicht beste Comic-Umsetzung, die alle Fähigkeiten des Fledermausmannes zur Geltung bringt. Überzeugende Schauspieler, gruselige Charaktere und ein knallrotes Grinsen machen Lust auf eine Fortsetzung. (Zsolt, Wilhelm: „Die besten Games 2009. Webstandard-Rückblick“, http://der standard.at/1259281308717/WebStandard-Rueckblick-Die-besten-Games-2009?_slideNumber=3&_ seite=1&sap=2 (6. Dez. 2009d)) 56 Um die Story möglichst lebendig schildern zu können, lässt er in einem Studio Schauspieler eine Performance zu den fertigen Dialogen kreieren. Die Aufnahmen dieser Proben dienen wiederum als Vorlage für die Spielszenen der Computercharaktere. 130 Die Computerspielbranche verzichtet nicht auf menschliche DarstellerInnen, der Möglichkeit zum Trotz. Das Gegenteil ist der Fall: Wenn ausreichend Budget vorhanden ist, bedeutet der kreative Einsatz von SchauspielerInnen eine Aufwertung der Produktion. Abb. 19: Jack Black (rechts) in Brütal Legend.131 Manche Spiele setzen Stars als Marketing-Zugpferde im Voice-Acting ein, andere setzen auf unbekannte Stimmen als Abtrennung von gewohnten Stimmen aus Film und Fernsehen (vermutlich auch aus Kostengründen). In seltenen Fällen dient ein Star auch als Vorlage und zugleich als Voice-Actor für die Hauptfigur des Spiels (den vom/-n der SpielerIn geführten Avatar), wie etwa Dan Aykroyd und Harold Ramis (u.a.) in der Neuauflage des Spiels Ghost Busters, für das sie auch als Autoren 130 Hammes, Frederik: „Die Spiele haben begonnen“, GamesMarkt Nr. 17 (3. Sept. 2009b), 31. 131 Brütal Legend. (Screenshot). Bildquelle: Electronic Arts. 2009. 57 agierten, Kiefer Sutherland in 24: The Game, oder Jack Black in Brütal Legend.132 Während es sich bei Ghost Busters und 24: The Game um Adaptionen handelt, ist Brütal Legend mit Jack Black ein von Filmvorlagen unabhängiges Spiel. Abb. 20: Kiefer Sutherland in 24: The Game.133 Abb. 21: Kiefer Sutherland.134 132 Zum Inhalt und der Spielweise von Brütal Legend: „Ein Roadie rettet die Welt. Mit Humor und seiner E-Gitarre müssen SpielerInnen bei Brütal Legend [...] gegen das Böse kämpfen. [...] ,Brütal Legendʻ erzählt die Geschichte von Eddie Riggs, gespielt von Jack Black.“ (Kucera, Gregor: „Brütal Legend. Ein Mann und seine Stromgitarre kämpfen gegen das Unrecht“, http://derstandard.at/124029 7828374/Bruetal-Legend-Ein-Mann-und-seine-Stromgitarre-kaempfen-gegen-das-Unrecht (21. April 2009a)) Das Spiel punktet laut Kritiken vor allen Dingen mit schwarzem Humor und Jack Blacks humorvoller Umsetzung im Voice-Acting: „[D]ie Charaktere [sind] die sattelfesten Stege, auf denen die knackigen Dialoge so schrill wie Stahlseiten schwingen.“ (Zsolt, Wilhelm: „Brütal Legend: Metal of Honor“, http://derstandard.at/1254311866040/Bruetal-Legend-Metal-of-Honor (24. Okt. 2009c)) 133 24: The Game (Screenshot). Bildquelle: Sony. 134 Kiefer Sutherland (Foto). Bildquelle: Sony. 58 Filmschaffende in der Spielebranche Besteht nun Platz für Filmschaffende in der Spielebranche abseits von Stars wie Jack Black, Dan Aykroyd oder Steven Spielberg? Diese Frage zu beantworten, ist keine einfache Aufgabe, und sie lässt auch keine eindeutige Antwort zu. Für Filmschaffende, die den Wunsch verspüren, in die Spielebranche zu wechseln, fasst Ernest Adams die Vor- und Nachteile zusammen: If youʼve got a job in film, television, or some other form of entertainment, you have a head start in some respects and a handicap in others. Your head start arises from the fact that you already have a career and you understand some of the basic principles of entertaining people: pictures, sound, character, story, and so on. [...] Both industries do a certain amount of creative writing; both require music and audio production; both license intellectual properties and have relationships with other merchandising businesses. [...] Your handicap comes from the fact that almost all form of media other than video games are not interactive and are not presented by computer software. [...] And because games require engineering, the working style of the game industry is very different from that of film and television. 135 Wer nicht einen vollständigen Branchenwechsel plant, benötigt ausreichend Erfahrungswerte betreffend die Unterschiede der beiden Medien. AutorInnen, die für beide Branchen zu schreiben gedenken, müssen die Regeln des jeweiligen Mediums kennen. (Genügend AutorInnen schickten schon ihre Drehbücher nach Hollywood, die nie gelesen wurden, weil sie ihre Drehbücher nicht im regulären Drehbuchformat geschrieben bzw. editiert haben.)136 Wenn ein crossmediales, kreatives Arbeiten auch keine einfache Aufgabe ist, so ist es aber nicht ausgeschlossen – um ein Beispiel zu nennen: David Freeman schreibt, berät und unterrichtet sowohl in der Film- 135 136 Adams, Ernest: Break into the Game Industry. How to get a job making video games. 2003, 98. Vgl. Syd Field: „[...] das richtige Format ist sehr wichtig. Als Lektor suche ich immer nach einer Ausrede, ein Buch nicht lesen zu müssen. Wenn ich also ein Drehbuch in die Finger bekomme, dessen Äußeres nicht der Norm entspricht, weiß ich sofort: Das hat ein Anfänger geschrieben.“ (Field, Syd: Das Drehbuch. Die Grundlagen des Drehbuchschreibens Schritt für Schritt vom Konzept zum fertigen Drehbuch. 2007, 331.) 59 als auch in Spieleindustrie und leitet die Firma „The Freeman Group“, die er als „game design and writing consultancy“ beschreibt.137 , 138 Selbiges gilt für die Entwicklerfirmen, die ProduzentInnen: Wie bei jeder anderen Firmengründung oder Erweiterung um ein neues Geschäftsfeld bedarf es des notwendigen Know-hows. Zu scheinbar obskuren Diskrepanzen kam es offensichtlich schon bei so manchen branchenübergreifenden Projekten und/oder Zusammenarbeiten, zum Beispiel schreibt Ernest Adams als Rat an Filmschaffende: „A note to Hollywood folks: game developers do things via e-mail, not the phone.“139 Ein weiteres Betätigungsfeld für Filmschaffende in der Spielebranche ist die Funktion eines externen Beraters für Spieleentwickler, vorausgesetzt der/die BeraterIn verfügt über genügend Auftraggeber. Gerade den letzten Punkt gilt es in Österreich realistisch zu betrachten. Die Produktion von aufwendigen und teureren Spielen ist rar und ohne internationale Vernetzung ist der Tätigkeitsbereich schnell erschöpft. Meiner Meinung nach und aus meinen eigenen Erfahrungen mit branchenübergreifenden Produktionen schließend, liegt das vielleicht größte Hindernis an crossmedialem Arbeiten, egal welche Medien betreffend, am Aufbau und an der Pflege der dafür nötigen Kontakte in mehreren Branchen gleichzeitig. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass sich zukünftig die Sichtweise auf die Zusammenarbeit von Spiele- und Filmbranche verändern wird, erhöht sich durch die steigende Akzeptanz des Mediums Computerspiel und des vermehrten Eintritts von Kreativen und GeldgeberInnen in die Arbeitswelt, die mit dem Medium Computerspiel aufgewachsen sind. For the Hollywood video game industry relationship to work, you need Hollywood people that understand video games. The other is easy. Everyone who is a gamer that I know loves movies. They all grew up with movies. But most of the people who are in power in Hollywood, didnʼt grow up with video games. Thatʼs gonna change within the next ten years. 140 137 Freemann, David: Creating Emotion in Games: The Craft and Art of Emotioneering™. 2003, viii. 138 Die aktuelle Auflistung von David Freemans Engagement in der Film- und Computerspielbranche sowie seiner Lehrtätigkeit findet sich unter: „Freemangames.com. Defining the Forefront of Emotion in Games“, http://www.freemangames.com/idea/short-bio.php (o.J.) – Stand: Feb. 2010. 139 Adams, Ernest: Break into the Game Industry. How to get a job making video games. 2003, 98. 140 Rahimi, Amir: Unveröffentlichtes Interview. Geführt von: Roland Hablesreiter. (30. Sept. 2009) 60 COMPUTERSPIELE AUF DER LEINWAND UND UMGEKEHRT – DIE ADAPTION Eine Adaption ist eine Herausforderung und verlangt Können. Das Verb „adaptieren“ bedeutet, etwas von einem Medium ins andere zu übertragen. Adaption heißt, etwas durch Veränderung anzupassen. [...] Etwas für ein Drehbuch zu adaptieren, ist eine Kunst, und zwar eine schwierige. [...] Nur wenige Autoren können mit Adaptionen umgehen.141 Adaptionen sind über alle Medien hinweg weit verbreitete Praxis, ob vom Roman zum Hörspiel, vom Comic zum Film, vom Theaterstück zur Oper, vom Film zum Musical... Und wenn das Zusammenspiel funktioniert und der Content dafür geeignet ist, bringen sie nicht nur einen Effekt namens Cross-Marketing mit sich, sondern auch eine Fülle von Merchandising-Produkten, von Spielfiguren, T-Shirts, Küchenutensilien, Schlüsselanhängern über Sticker und Poster bis zu „Limited Editions“ und Download-Angeboten. Auch abseits vermarktungstechnischer Gedanken, aus einer kreativen Sicht heraus, ist die Sinnhaftigkeit gegeben: Warum nicht einen Stoff, der sich in einem Medium bewährt hat, in einem anderen Genre oder Medium auf spannende und/oder neu interpretierende Weise umsetzen? Oft profitieren Adaptionen auch davon, dass sie auf einer bereits geschaffenen und beim Publikum etablierten Welt aufbauen können, siehe das Star-Wars-Universum oder J.R.R. Tolkiens Mittelerde. Jesse Schell behauptet sogar, dass Adaptionen (und in Folge die Merchandisingprodukte) die Projektionsmöglichkeiten des/-r RezipientIn erweitern. Er beschreibt dies so, dass eine Welt gebaut wird, die über die verschie-densten Medien betreten werden kann.142 141 Field, Syd: Das Drehbuch. Die Grundlagen des Drehbuchschreibens Schritt für Schritt vom Konzept zum fertigen Drehbuch. 2007, 391. 142 „Another way to build up the playerʼs projection into the world you have created is to provide multiple ways to enter that world. Many people think of toys and games based on popular movies or television shows as nothing but a gimmicky way to make a few extra dollars by riding the coattails of a successful entertainment experience. But these toys and games provide new ways for children to access an established fantasy world. The toys let them spend more time in that world, and the longer they spend imagining they are in the fantasy world, the greater their projection into that world and the characters in it becomes.“ (Schell, Jesse: The Art of Game Design. A Book of Lenses. 2008, 256f.) 61 Wie verhält es sich nun beim Game? Häufiger orientieren sich, Adaptionen betreffend, die Games am Film. Und die Lizenzierung und Adaption eines Films wertet das Fachmagazin GamesMarkt in vielen Fällen als positives Verkaufsargument.143 Der crossmediale Marketingeffekt ist gegeben, vorausgesetzt die „Marke“ der Filmvorlage ist stark genug. These games, often tie-ins with movies or books that have a highly recognizable brand name, can be enormously lucrative. Which do you think will sell better, a game about a suave, welldressed British spy, or a game about James Bond? A game about a brilliant young star pilot, or a game about Luke Skywalker?144 Aber „Branding“ und/oder Charaktere der Filmvorlage dienen nicht nur als erhoffte, inhaltliche Aufbesserung, welche die KonsumentInnen anlocken sollen, sondern es spielt in den Plänen der Publisher auch eine Rolle, dass Hollywood eine große Menge an ZuseherInnen anzieht, eine einfache Rechnung, wie es Richard Rouse III im Interview schildert: Games [...] tend to license properties [...] in the hopes that some subset of the people who went to see the movie will go buy the game. If they get one-tenth of the film goers to buy the game, theyʼre making a tidy profit.145 Ein Blick auf das Produktionsaufkommen von Electronic Arts, einem der weltweit größten Publisher, bestätigt, dass diese Praxis Früchte trägt: Konzerne wie der Weltmarktführer Electronic Arts erwirtschaften beinahe 50 Prozent ihres Umsatzes mit Fortsetzungen, Film-Adaptionen und seriellen Titeln [...]. Das Risiko wird minimiert. Experimente mit Gameplay, Ästhetik oder Spielarchitektur sind selten geworden. Vor allem was Produktion und Distribution angeht, hat sich die Videospielbranche der 143 Siehe z.B.: „Prügelnde Superhelden. Watchmen: Das Ende ist nah – Teil 1 & 2“, GamesMarkt Nr. 14 (23. Juli 2009), 34. Oder: „Rückkehr des dunklen Ritters. Batman: Arkham Asylum“, GamesMarkt Nr. 15 (6. August 2009), 52. 144 145 Rollings, Andrew; Adams, Ernest: Andrew Rollings and Ernest Adams on Game Design. 2003, 49. Newman, Rich: Cinematic Game Secrets. For Creative Directors and Producers. Inspired Techniques from Industry Legends. 2009, 180. 62 Geschäftsstruktur der Filmindustrie angeglichen: Diese ist geprägt durch BlockbusterBudgets, Sequel-Sucht und die Abwesenheit einer lebendigen Independent-Szene.146 Und an dieser Stelle beginnt die Schwierigkeit: Ob Adaption oder nicht, die Qualität der Umsetzung selbst bestimmt, inwiefern das Produkt überzeugt. Wenn dies nicht gelingt, ist die Diskussion eine ähnliche wie beim Film – das Mittel Adaption wird generell in Frage gestellt. Meiner Meinung nach ist weder der Akt der Adaptierung für eine missglückte Umsetzung zu verantworten, noch ist die Adaption ein Garant für eine erfolgreiches Produkt. Vielmehr ist es die Herangehensweise, die über den Erfolg bestimmt – Richard Rouse III beschreibt das Negativszenario so: „[T]oo many games just copy the setting/theme/tone from a popular work in another medium and call it done.“147 Um einen simplen Abklatsch zu vermeiden, wählen einige Spiele einen anderen Weg, als die Geschichte des Films nachzuerzählen, indem sie das Spiel in der Welt des Computerspiels ansiedeln und der/die SpielerIn dort eine andere Geschichte erlebt. So spielt der/die SpielerIn in James Cameronʼs Avatar – Das Spiel die Vorgeschichte zum Film148 und in Enter the Matrix, das Spiel zu Matrix Reloaded, dem zweiten Teil der Filmtrilogie, eine Nebenhandlung in der Rolle von zwei Nebenfiguren aus dem Film.149 Wirtschaftlich war Enter the Matrix ein Erfolg, während es in der Computerspielbranche teilweise zu gemischten Gefühlen führte – „This was an interesting idea, but if you didnʼt see the movie, it was confusing.“150 146 Moorstedt, Tobias: „Über die schwindenden Grenzen zwischen Spiel und Film“. In: Zukunft Kino. The End of the Reel World. 2008a, 193. 147 Newman, Rich: Cinematic Game Secrets. For Creative Directors and Producers. Inspired Techniques from Industry Legends. 2009, 180. 148 Siehe dazu Benedikt Schüler, Marketing Director Ubisoft, im Gespräch mit Harald Hesse: „Das Besondere daran ist, dass das Spiel den Film nicht nacherzählt, sondern in der detailreichen Welt von Pandora spielt, aber eigenständig zwei Jahre vor den Ereignissen des Films.“ (Hesse, Harald: „Das Geheimnis der drei As“, GamesMarkt Nr. 22 (12. Nov. 2009b), 26.) 149 Die beiden Nebencharaktere aus Matrix Reloaded sind Niobe und Ghost, siehe dazu: „In den Hauptrollen von Enter the Matrix: die Hovercraft-Pilotin Niobe und ihr Partner Ghost. [...] Im Spiel wird ihre Geschichte parallel zur Story von Matrix Reloaded erzählt, stellenweise kreuzen sich die Drehbücher.“ (Steidle, Rüdiger: „Das Spiel zum Film im Test“, http://www.pcgames.de/aid,176640/DasSpiel-zum-Film-im-Test/PC/ (24. Juni 2003)) 150 Schell, Jesse: The Art of Game Design. A Book of Lenses. 2008, 306. 63 Die Kritik bezieht sich in diesem Fall auf die Umsetzung.151 Auch in die umgekehrte Richtung funktionierte die Umsetzung nicht wirklich – das Spiel wurde verkauft unter dem Motto, unabdingbar für das Verständnis des Films zu sein. Christoph Quas beschreibt im Interview seine Bedenken: Das Spiel wurde damals verkauft mit dem Argument „man versteht den Film nur, wenn man auch das Spiel dazu kauft und spielt“, was Unsinn ist. So kann ein Film nicht ausgelegt sein, dass du ihn nur verstehst, wenn du das dazugehörende Videospiel spielst.152 Dass sich Medienunternehmen und Kreative von den wirtschaftlichen Aussichten eines crossmedialen Auftritts zur kreativen Beeinflussung (Medienunternehmen) oder Anpassung (Kreative) verleiten lassen, gehört zu den nachteiligen Auswirkungen der Adaptionswirtschaft. Der umgekehrte Fall im Adaptionskarussell, die filmische Adaption eines Computerspiels, steht noch stärker im Kreuzfeuer der Kritik – ein paar Beispiele: Eine Adaption der erfolgreichen Spielereihe Max Payne fiel bei der Kritik, trotz Starbesetzung Mark Wahlberg in der Hauptrolle, durch. Hart fällt das Urteil auf der Homepage www.cinema.de aus: Auch ohne das Spiel zu kennen, ahnt man dessen Identität bereits nach fünf Minuten – nur ein Indiz dafür, wie uninspiriert und schematisch der Plot von „Max Payne“ dahinplätschert. [...] Mit diesem weichgespülten und lahmarschigen Adaptionsversuch wird ein Kultspiel filmisch zu Grabe getragen. 153 151 Eine nähere Ausführung zu den unverständlichen Teilen findet sich in einer Kritik von pcgames.de: „Manche Abschnitte im Spiel sind ohne Filmkenntnis nur schwer zu verstehen, etwa, warum das Orakel in Gefahr ist. Umgekehrt führt Enter the Matrix einige Andeutungen von Reloaded weiter aus, beispielsweise den Kampf um das Kernkraftwerk.“ (Steidle, Rüdiger: „Das Spiel zum Film im Test“, http://www.pcgames.de/aid,176640/Das-Spiel-zum-Film-im-Test/PC/ (24. Juni 2003)) 152 Kornetzki, Timo; Quas, Christoph: Unveröffentlichtes Interview. Geführt von: Roland Hablesreiter. (21. Juli 2009) 153 „Max Payne“, http://www.cinema.de/kino/filmarchiv/film/max-payne,3420471,ApplicationMovie.html (o.J.) – Stand: März 2010. 64 Dem widerspricht ein zufriedenstellendes Startwochenende154 und weltweiten Einnahmen an der Kinokassa in der Höhe von ca. 85 Mio. US-Dollar.155 Ähnlich ergeht es beim Publikum erfolgreichen und bekannten Adaptionen einer anderen Computerspiel-Reihe – den Tomb-Raider-Filmen. Der Erfolg an der Kinokassa und des crossmedialen Marketings wurde zwar durch die Produktion eines zweiten Teils bestätigt, die Kritik sah die Umsetzung des Tomb-Raider-Computer-spiels als Film jedoch mit Skepsis: „Das Kino reduziert sich darauf, eines von mehreren Vehikeln für eine übergeordnete Trademark zu sein.“156 Darüber hinaus erhielt Angelina Jolie für ihre Hauptrolle als Lara Croft eine Nominierung für die „Goldene Himbeere 2003“ als schlechteste Darstellerin.157 Worin liegt das Problem der Adaptionen von Computerspielen? Eine mögliche Antwort bietet die Theorie, dass die Figuren aus den Computerspielen keine emotionale Tiefe mitbringen und deshalb keine Grundlage für einen Film bieten. Tobias Moorstedt führt dieses Manko, insbesondere in Bezug auf die diversen TombRaider-Umsetzungen, folgendermaßen aus: Trotz der Vielzahl von 3-D-Effekten bleiben die Figuren in den meisten Spielen „flach“, sie durchlaufen keine Entwicklung, es gibt keine Brüche in ihrer Biografie, keine dunkle Vergangenheit. Lara Croft, der erste Superstar des PlayStation-Zeitalters, zeigt auch in den gefährlichsten und verstörendsten Situationen keine Regung und keine Angst. Die Schatzjägerin, die 2007 ihren zehnten Geburtstag feiert, ist im finalen Level noch die Gleiche wie im 154 Siehe www.cinema.de: „Keine große Überraschung für die US-Charts, aber auch nicht überwältigend: 18 Millionen Dollar spielte ,Max Payneʻ am Startwochenende ein.“ („US-Charts. ,Max Payneʻ schießt an die Spitze“ http://www.cinema.de/kino/news-und-specials/news/us-charts-maxpayne-schiesst-an-die-spitze,3424840, ApplicationArticle.html (o.J.) – Stand: März 2010. 155 Siehe „Box Office Mojo“, http://www.boxofficemojo.com/movies/?id=maxpayne.htm (o.J.) bzw. „The Numbers. Box Office Data, Movie Stars, Idle Speculation“, http://www.the-numbers.com/movies/2008/ PAYNE.php (o.J.) – beide Stand: März 2010. 156 Philipp, Claus: „Pacman, schwer bewaffnet“, http://derstandard.at/630162/Pacman-schwer-bewaff net?_lexikaGroup=21 (2. Aug. 2004) 157 Den Klimax bezüglich negativer Reaktion auf die filmischen Adaptionen von Computerspielen seitens der Golden Raspberry Award Foundation erlebte Uwe Boll, der u.a. als Regisseur und Produzent für die Adaption „Far Cry“ (Film) mit Til Schweiger verantwortlich ist: 2008 erhielt er die „Goldene Himbeere“ für das „Schlechteste bisherige Lebenswerk“ und wurde als „Deutschlands Antwort auf Ed Wood“ bezeichnet – siehe: „Razzie Awards“, http://www.razzies.com/history/ 08winners.asp (o.J.) – Stand: März 2010. 65 ersten, sie hat höchstens ein paar Punkte mehr oder weniger auf der Erfahrungs-, Lebensenergie- oder Munitions-Skala aufzuweisen. 158 Aus meinen eigenen Erfahrungen mit den Tomb-Raider-Spielen schließend, ist diese Analyse der Figur Lara Croft zu bestätigen und trifft ein Problem vieler Computerspielcharaktere – das Fehlen einer Charakterentwicklung und einen dadurch bedingten emotionalen Stillstand, laut Murray in Kombination mit dem Fehlen eines narrativen Inhalts: The narrative content of these games is thin, and is often imported from other media or supplied by sketchy and stereotypical characters. This lack of story depth makes even wildly popular figures like the Mario brothers of [sic!] the Mortal Kombat fighters impossible to translate into successful movie heroes. 159 In der Zwischenzeit hat sich diesbezüglich in der Computerspielbranche einiges verändert und die Entwickler erproben verschiedene Ansätze, um den Charakteren und auch der Story, soweit vorhanden, mehr emotionale Tiefe zu geben160. Um das Hindernis der mangelhaften emotionalen Tiefe zu umgehen, wählte die Adaption des Survival-Horror-Spiels Resident Evil, bei dem der/die SpielerIn hauptsächlich Zombies erschießt, mit dem gleichnamigen, ersten Film eine andere Herangehensweise – und war damit in der Rezeption erfolgreicher als andere Adaptionen, wie es die Kritik der Süddeutschen exemplarisch beweist: „Resident Evil“ [...] ist ein Sci-Fi-Puzzle über Traum und Wirklichkeit und diesen filmischen Moment des Erwachens, in dem Erkenntnis und Geheimnis, Angst und Hoffnung ein seltsames Spannungsverhältnis eingehen. [...] Jovovich spielt die Alice [die Hauptfigur; Anm. R.H.] ganz vorzüglich: als schillernden noirCharakter, der auf durchdringende und auch glamouröse Weise versehrt und verloren erscheint. Die Erkundung des Hive mit all seinen Phantomen, den Untoten, ComputerHologrammen und Verrätern, das ist auch die Erkundung von Alices Psyche. 161 158 Moorstedt, Tobias: „Über die schwindenden Grenzen zwischen Spiel und Film“. In: Zukunft Kino. The End of the Reel World. 2008a, 200f. 159 Murray, Janet H.: Hamlet on the Holodeck. The Future of Narrative in Cyberspace. 1997, 51. 160 Mehr dazu im Kapitel „Die emotionale Komponente“, Seite 113 bis 127. 161 Schifferle, Hans: „Kino: ,Resident Evilʻ. Alice in Bunkerland“, http://www.sueddeutsche.de/kultur/ 175/404953/text/ (21. März 2002) 66 Was den Resident-Evil-Film von den anderen Adaptionen abgrenzt, ist die NichtBefolgung des Computerspiels als Vorgabe. Stattdessen siedelt der Regisseur und Autor Paul Anderson die eigens für den Film geschriebene Handlung in der ResidentEvil-„Welt“ an und konzentriert sich auf die Stärken des Mediums Film – die Charakterentwicklung der Figur und ein ständiges Spiel mit den Zuschauererwartungen. Außerdem rückt er die Kampfszenen in den Hintergrund und ersetzt diese mit Atmosphäre und „Hightech-Action-Mystery“.162 Unabhängig davon, ob das Spiel den Film adaptiert oder umgekehrt, ziehe ich aus den oben beschriebenen Erkenntnissen den Schluss, dass die Adaption größere Erfolgsaussichten in kreativer Hinsicht genießt, wenn sie sich die Stärken des jeweiligen, eigenen Mediums zunutze macht und nicht strikt der Vorgabe folgt, sondern die „Welt“ als Ausgangspunkt für neue Geschichten und/oder spielerische Abenteuer nutzt. 162 Kniebe, Tobias: „Im Kino: ,Resident Evil: Apocalypseʻ. Lauter lebende Leichen“, http://www.sued deutsche.de/kultur/722/404501/text/ (27. Sept. 2004) 67 SYNERGIEN IM TECHNISCHEN BEREICH „Im technischen Bereich haben wir mit Ubisoft und der Videospiele-Branche einiges gemeinsam“, sagte Cameron während der Pressekonferenz. „Wir nutzen bei der Produktion von Avatar höchst anspruchsvolle Techniken.“ 163, 164 Die technischen Bereiche betreffend, sind sich Computerspiel- und Filmindustrie einig, dass sie Gemeinsamkeiten teilen und Kooperationen zielführend sind. Die Technik wird zwar bei Computerspielen nicht mehr so sehr im Vordergrund stehen wie bislang, aber neue Herausforderungen, wie zum Beispiel 3D für den ConsumerMarkt, können trotzdem gemeinsam in Angriff genommen werden. Und es besteht die Möglichkeit, animierte Objekte gleichzeitig im Film wie im Computerspiel zu verwenden, wenn beide Teams bereits in der Produktion zusammenarbeiten und die technischen Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Bei James Cameronʼs Avatar stellte die Filmproduktion dem Spieleentwickler Ubisoft das bereits digital produzierte Material zur Verfügung, wie etwa Kreaturen, Charaktere, Umgebungen und Landschaften. Abb. 22: James Cameronʼs Avatar: The Game.165 Abb. 23: James Cameronʼs Avatar: The Game.166 Darüber hinaus nutzen die beiden Branchen gleiche Technologien, wie Motion Capturing oder digitale Raumvermessung. In der Weiterentwicklung einer Technik 163 Zsolt, Wilhelm: „Ubisoft stellt James Cameronʼs Avatar vor“, http://derstandard.at/fs/12423173283 49/Episch-Ubisoft-stellt-James-Camerons-Avatar-vor (3. Juni 2009a) 164 Aus einer Vorankündigung zu James Cameronʼs Avatar: Das Spiel 165 James Cameronʼs Avatar: The Game. (Screenshot). Bildquelle: Ubisoft. 2009. 166 James Cameronʼs Avatar: The Game. (Screenshot). Bildquelle: Ubisoft. 2009. 68 ergibt sich oft ein Nutzen für beide Branchen, zum Beispiel im Bereich Motion Capturing mit den erweiterten Möglichkeiten Gesichtsbewegungen festzuhalten. Auch in Deutschland wird an medienübergreifender Technik gearbeitet – die Firma Nevigo entwickelte eine Game Engine 167 namens „Articy“, die sie speziell für die Herstellung von „filmischen“ Computerspielen entwickelte: Die Software bietet Echtzeit-Compositing, womit der/die NutzerIn auch gefilmte SchauspielerInnen einfügen kann und die Werkzeuge („Tools“) zur Abfolge der Spielhandlung und des Compositings.168 Bei der Entwicklung der Software zielte Nevigo darauf ab, die Handhabung sowohl für Filmschaffende als auch für Kreative aus der Computerspielbranche zugänglich zu machen, wie es Kai Rosenkranz, Geschäftsführer der Nevigo GmbH, im Interview mit GamesMarkt bestätigt: Die Engine wird von einem Oscar-prämierten Softwarearchitekten mitgestaltet, der auch die Zugänglichkeit der Technologie für Kreativschaffende aus der Filmindustrie im Auge behält. Das unterstreicht den Gedanken, dass wir auf technologischer Ebene Synergiebrücken zwischen den Branchen Film und Videospiel bauen wollen. 169 Außerdem ermöglicht ein separat ausgekoppeltes Software-Produkt während des Filmdrehs bereits für das Computerspiel mitzuproduzieren, wenn sich am Set die zeitlichen Ressourcen dafür bieten170 , Räume und Gegenstände mithilfe von Lasern zu vermessen. In Folge können die Vermessungsergebnisse für die Echtzeit-3-DDarstellung genutzt werden. Die Firma Nevigo erhielt für die Entwicklung ihrer Technologie den LARA Start-up Award 2009. 167 Erklärung des Begriffs Game Engine siehe Fußnote Nr. 73, Seite 37. 168 Nähere Details zur Articy Engine siehe die Homepage der Fa. Nevigo: „Nevigo. Interactive Entertainment & Technology“, http://www.nevigo.com/init.php?lang=de&pageid=technology_articy_ main&prevpageid=home (o.J.) – Stand: März 2010. 169 170 Heine, Frank: „Brücken zwischen Film und Spiel bauen“, GamesMarkt Nr. 16 (20. Aug. 2009), 30. Bei einem neuerlichen Besuch der Visual Effects Firma Digital Domain im Jahr 2009 erklärte mir ein Mitarbeiter, dass sie es ebenfalls anstreben, gleich während des Filmdrehs die Räume und Gegenstände, in und mit denen gedreht wird, für die DVFx-Postproduktion zu vermessen. Dies sei jedoch nicht immer möglich, aufgrund von Zeitmangel beim Dreh, konzentriertem Arbeiten der Filmcrew o.ä., weshalb darauf Rücksicht zu nehmen sei – entweder indem darauf verzichtet oder versucht wird, dies schnell während der Mittagspause vorzunehmen. 69 An der Spitze medienübergreifender Technik steht George Lucas, was sich nicht nur auf die Gründung von THX Ltd.171 , ILM 172 und LucasArts 173 (u.a.) beschränkt. Während bei James Cameronʼs Avatar (Film & Spiel) lediglich die Filmproduktion das vorhandene Material dem Spieleentwickler zur Verfügung stellte (s.o.), geht George Lucas einen Schritt weiter und arbeitet daran, bereits erstellten, digitalen Content direkt aus dem Film ins Computerspiel importieren zu können – und fand dafür die Visual Effects Firma GenArts als Partner: Lucasfilm und GenArts wollen gemeinsam die Entwicklung von visuellen Effekten für Videospiele und Filme vorantreiben und haben eine Kooperation bekannt gegeben. [...] Mit der Zusammenarbeit soll sichergestellt werden, dass digitale Effekte über verschiedene Medien hinweg konsistent bleiben. So soll ermöglicht werden, dass beispielsweise spezielle visuelle Effekte aus Transformers den Spieleentwicklern zur Verfügung gestellt wird [sic!], damit das Game ebenso überzeugend aussieht wieder der [sic!] Film. Mit GenArts würden computergenerierte Bilder organischer und realer aussehen.174 Der Arbeitsaufwand und somit die Kosten könnten dadurch gesenkt und die Qualität des Computerspiels gesteigert werden. Nicht nur, wenn dieses Vorhaben gelingt, ist der Synergieeffekt im technischen Bereich gegeben. 171 THX Ltd. entwickelte den THX-Standard, ein Tonwiedergabestandard, erfunden von Tomlinson Holman im Rahmen der Produktion von Star Wars Episode VI: Return of the Jedi. 172 ILM, Industrial Lights and Magic, ist eine Visual Effects Postproduktionsfirma. 173 LucasArts entwickelt Computerspiele und agiert auch als Publisher von Computerspielen. Bekannte Beispiele sind Monkey Island und eine Vielzahl von Star-Wars- und Indiana-Jones-Spielen. 174 Riegler, Birgit: „Hollywood-Effekte für Games“, http://derstandard.at/fs/1244117208204/HollywoodEffekte-fuer-Games (8. Juni 2009) 70 HOLLYWOOD UND DIE SPIELE Hollywood sah in der Vergangenheit die Spielebranche aus dem Blickwinkel einer neuen Geldquelle, die es möglichst einzuverleiben galt. In der Zwischenzeit hat sich diese Sichtweise verändert, teilweise mit der Aussicht auf Kooperationen (was die finanzielle Motivation nicht ausschließt, aber die Herangehensweise unterscheidet sich), teilweise mit Skepsis und/oder Angst vor dem vermeintlichen Konkurrenten. „The media buzz is that cinema and videogames are on convergent paths. If this is true, Hollywood ought to be worried that videogames are going to swallow it whole.“175 Bereits in den späten 70er Jahren versuchten Hollywood-Filmstudios, in der Spielebranche Fuß zu fassen, angezogen vom damals neuen Medium und der Goldgräberstimmung rund um die Computerspielherstellung. Dieser Traum fand ein schnelles Ende, als der rasante Aufschwung in den 80ern ein jähes Ende fand. Die Blase platzte, da zu viele Spiele, die nicht der notwendigen Qualität entsprachen, um von den KonsumentInnen akzeptiert zu werden, den Markt überschwemmten. Computerspiele zu programmieren war damals aufgrund der geringeren technischen Anforderungen wesentlich einfacher. Eine einzelne Person konnte, „in der Garage programmierend“, alleine ein Spiel herstellen. Erst Nintendo brachte die Computerspielbranche zurück ins wirtschaftlich bedeutende Geschehen, als es eine Konsole herausbrachte, für die nur Spiele verkauft werden durften, deren Qualität Nintendo selbst überprüfte.176 In den 90er Jahren nahm Hollywood einen neuen Anlauf: Die Filmstudios unternahmen, im Zuge des Aufkommens der CD-Rom, Versuche, sowohl interaktive Filme zu produzieren177 als auch Computerspiele. Außerdem dachten sie, sie könnten die Spieleindustrie übernehmen, weil sie dazu in der Lage waren, bessere Animationen zu erzeugen. Aber die Hollywood-Studios scheiterten. Sie hatten nicht genug Erfahrung mit Softwareentwicklung, dem Umgang mit Interaktivität und den Spielmechaniken. Nach einigen Misserfolgen begann Hollywood stattdessen, mit 175 Poole, Steven: Trigger Happy. Videogames and the Entertainment Revolution. 2004, 65. 176 Adams, Ernest: Break into the Game Industry. How to get a job making video games. 2003, 2ff. 177 Mehr Details zum interaktiven Film und dessen Produktion durch die Filmstudios im Kapitel „Interaktivität in Film und Fernsehen“, Seite 95 bis 99. 71 Spielepublishern zusammenzuarbeiten, statt selbst als Spielepublisher zu agieren. Laut Andrew Rollings und Ernest Adams realisierten sie, dass die beiden Branchen nicht zwangsläufig konkurrieren müssen, sondern unterschiedliche Qualifikationen in eine Kooperation einbringen können.178 Die Computerspielbranche blickte ebenfalls mit Vorbehalten auf Hollywood, bedingt durch das zum Teil aggressive Vorgehen der Studios und den arroganten Blick von oben. Andererseits liebäugelten einige SpieleentwicklerInnen auch mit der „Fabrik der Träume“ und deren Glamour. Eine Anekdote von David Freeman, der in beiden Branchen gearbeitet hat, umreißt beide Perspektiven auf Hollywood seitens der Spielbranche – sowohl die verklärt-beeindruckte als auch die skeptisch-zurückhaltende: I was speaking to a high-placed executive at a large game company. He was quite excited; he had just begun a relationship with one of the biggest and most prestigious Hollywood agencies. I could almost hear his heart pound as he told me some of the famous writers these agents had introduced him to. I asked him what he had been told heʼd have to pay these famous writers, and his voice lowered a bit as he mentioned that he was supposed to shell out hundreds of thousands of dollars, plus offer them all sorts of back-end revenue, in exchange for their story ideas. I paused for a moment of sad contemplation, the way I always do when I watch the innocent get led to slaughter. Then I took a deep breath, and explained how he was about to get fleeced 179. [...] I asked the executive, if heʼs hiring a famous writer, exactly what is he getting for his money? There was a long pause on the other end of the line, as the executive realized he was on the verge of becoming 21st-century roadkill, blindsided by a ten-ton semi in a B-rated Hollywood shark-o-rama.180 Seit einigen Jahren sind beide Branchen darin engagierter, die Vorbehalte abzubauen, ohne den anderen wirtschaftlich zu übernehmen oder kreativ zu imitieren. Wie im vorigen Kapitel181 ausführlicher beschrieben, sehen beide Branchen 178 Rollings, Andrew; Adams, Ernest: Andrew Rollings and Ernest Adams on Game Design. 2003, 57. 179 to fleece somebody = jemanden schröpfen (PONS Globalwörterbuch Englisch – Deutsch. 1997, 434.) 180 Freemann, David: Creating Emotion in Games: The Craft and Art of Emotioneering™. 2003, 23f. 181 „Computerspiele auf der Leinwand und umgekehrt – die Adaption“, Seite 61 bis 67. 72 Vorteile im crossmedialen Marketing, wofür sie sogar eigene Veranstaltungen organisieren. Im Sommer 2006 kamen die Spitzen der Spiel- und Filmindustrie in Los Angeles auf dem Hollywood and Games Summit zu einem Gipfeltreffen zusammen. 182 Auf der Tagesordnung stand unter anderem eine Diskussion zur „Anatomie eines Crossover-Hits“ und die Frage, „wie man Film und Spiel richtig vermischt“. Denn fiktive Figuren waren noch nie an das Medium ihres ersten Erscheinens gebunden. 183 Und beide Branchen gehen vermehrt den Weg von Kooperationen, die über crossmediales Marketing, Synergien im technischen Bereich und die Lizenzierung von Titeln und Inhalten hinausgehen und die auch RegisseurInnen miteinbeziehen. Steven Spielberg arbeitet, vorerst unabhängig von existierenden oder sich in Entwicklung befindenden Filmstoffen, mit Electronic Arts zusammen, die Wachowski Brüder waren an der Produktion der Matrix-Spiele beteiligt184 sowie Peter Jackson an Peter Jacksonʼs King Kong – The Official Game Of The Movie. Und das Spiel namens John Woo Presents Stranglehold wird in der mediabiz-Datenbank als Fortsetzung von John Wooʼs Film Hard Boiled bezeichnet.185 Wie diese Zusammenarbeit konkret aussieht und inwiefern es sich dabei nur um ein Vermarktungskonzept handelt, ist von Projekt zu Projekt unterschiedlich. Während George Lucas an der Computerspielproduktion mit seiner eigenen Firma LucasArts (als Subfirma von Lucasfilm Ltd.) als einer der Letztentscheider beteiligt ist, ist in anderen Fällen wahrscheinlich, dass lediglich der Name am Cover den Regisseur miteinbezieht. Hier betrachtet dieses Kapitel das Wirken von zwei bekannten Regisseuren – Peter Jackson und Steven Spielberg. 182 Der „Hollywood and Games Summit“ fand ein zweites Mal 2007 statt, siehe: „Hollywood and Games Summit“, http://www.hollywoodandgames.com (2007) 183 Moorstedt, Tobias: „Über die schwindenden Grenzen zwischen Spiel und Film“. In: Zukunft Kino. The End of the Reel World. 2008a, 194. 184 „[...] Andy and Larry Wachowski, who wrote and directed "The Matrix" movies and helped create Matrix games [...]“ (Holson, Laura M.: „ʻKing Kongʼ Blurs Line Between Films and Games“. http://www. nytimes.com/2005/10/24/technology/24kong.html (24. Okt.2005)) 185 „mediabiz Datenbanken“, http://www.mediabiz.de/games/firmen/programm/john-woo-presentsstranglehold-dt-xbox360/ 53420 (o.J.) – Stand: Feb. 2010. 73 Noch bei den Computerspielen zu Peter Jacksons Herr-der-Ringe-Trilogie war es Peter Jackson nicht erlaubt, an der Herstellung der Spiele mitzuwirken, obwohl er daran starkes Interesse gehabt hätte. Mr. Jackson, said close associates, chafed at his dealings with the industry heavyweight, Electronic Arts, during the making of the Lord of the Rings games. “Electronic Arts was not interested in input from the filmmaker”, but later marketed the games as if he were closely involved, said Ken Kamins, Mr. Jacksonʼs manager.186 Für King Kong wählte Jackson daher einen anderen Spieleentwickler – Ubisoft, und ließ sich seine kreative Beteiligung vertraglich zusichern. Er brachte Zeichnungen aus der Vorproduktion des Films ein, mimte die Bewegungen von King Kong vor dem Game Designer, überprüfte regelmäßig Fortschritte und neue Levels, brachte Ideen ein und gab Teile der Geschichte, der visuellen Darstellung und Elemente der Spielweise vor. Und Peter Jackson war unüblicherweise prozentuell am Gewinn beteiligt: „[...] Mr. Jackson will receive a percentage of the gameʼs profits [wie Ubisoft damals bekannt gab; Anm. R.H.], an unusual arrangement for a movie director.“187 2007 gab Peter Jackson eine Kooperation zwischen seinem selbst gegründeten Studio Wingnut Interactive und Microsoft bekannt und meinte in der Pressekonferenz: „Für mich sind kommende Videospiele wesentlich interessanter, als die neuen Blockbuster im Kino“188 Steven Spielberg, nachdem er bereits zwischen 1999 bis 2004 an mehreren Spielen der Medal of Honor Reihe beteiligt war189 , ging 2005 eine Kooperation mit Electronic Arts ein: Electronic Arts verkündete damals, dass Steven Spielberg drei Spiele mit Electronic Arts entwickeln werde.190 Auch wenn Electronic Arts nicht ausschloss, 186 Holson, Laura M.: „ʻKing Kongʼ Blurs Line Between Films and Games“. http://www.nytimes.com/ 2005/10/24/technology/24kong.html (24. Okt.2005) 187 Eine genauere Beschreibung von Peter Jacksons Arbeit am Spiel inklusive Statements von Game Designer Michel Ancel und Spieleproduzent Xavier Poix finden sich im hier zitierten Artikel „ʻKing Kongʼ Blurs Line Between Films and Games“ von Laura Holson für die New York Times (http:// www.nytimes.com/2005/10/24/technology/24kong.html) 188 Kucera, Gregor: „,Kommende Spiele sind für mich interessanter als die neuen Kinofilmeʻ“, http://der standard.at/2611363 (2. Jän. 2007) 189 In der Internet Movie Database wird er für sieben Medal of Honor Spiele als Autor und Creator genannt, siehe: http://www.imdb.com/name/nm0000229/ – Stand: Feb. 2010. 190 Holson, Laura M.: „ʻKing Kongʼ Blurs Line Between Films and Games“. http://www.nytimes.com/ 2005/10/24/technology/24kong.html (24. Okt. 2005) 74 dass zu einem späteren Zeitpunkt Filme aus den Stoffen der Spiele entstehen könnten, so gehe die Entwicklung der Spiele mit Steven Spielberg nicht aus bestehenden Projekten des Regisseurs hervor: Spielberg wird Konzept und Story beisteuern sowie die künstlerische Umsetzung beaufsichtigen. Noch ist völlig unklar, welche Stoffe umgesetzt werden sollen. Spiele zu Filmen des Regisseurs seien jedenfalls nicht geplant.191 Aus der Zusammenarbeit mit Electronic Arts kam 2008 ein erstes Spiel auf den Markt – Boom Blox, welches, erfolgsbedingt, 2009 seine Fortsetzung mit Boom Blox: Smash Party (mit neuen Levels und Funktionen) fand. In beiden Spielen, die für Kinder ab 6 Jahren gedacht sind, versucht der/die SpielerIn mit der bewegungsempfindlichen Steuerung der Wii Konsole auf unterschiedliche Art und Weise Blöcke umzuwerfen, zu sprengen, aus Kanonen und mit Schleudern abzuschießen und so weiter. Abb. 24: Boom Blox: Smash Party.192 Abb. 25: Boom Blox: Smash Party). 193 Um mehr über die Zusammenarbeit zwischen Steven Spielberg und Electronic Arts herauszufinden und welche Aufgaben Spielberg dabei erfüllt, führte ich ein Interview mit Amir Rahimi, dem hausinternen Produzenten, zuständig für die mit Steven Spielberg entstehenden Computerspiele. Amir Rahimi beschreibt zuerst die Aufgabe 191 „Spielberg macht Next-Gen-Titel für EA“, http://www.mediabiz.de/games/news/spielberg-machtnext-gen-titel-fuer-ea/190886 (14. Okt. 2005) 192 Boom Blox: Smash Party. (Screenshot). Bildquelle: Electronic Arts. 2009. 193 Boom Blox: Smash Party. (Screenshot). Bildquelle: Electronic Arts. 2009. 75 der Spieleindustrie generell und zieht daraus die Logik der Zusammenarbeit mit Spielberg: I think at the end of the day, what we do is the same what Hollywood does, which is: We try to figure out what compels people and we deliver that. And at the most basic level they are one of the same: You are taking a really hard look at human nature. And, trying to figure out, what the things are that make people laugh or make people cry, things that make peopleʼs adrenaline feel pumped up, and you try to bring that out. And thatʼs where we really clicked with Steven, when we first started working with him. Steven, being an advert gamer, was able to come in and contribute amazing ideas. The first amazing idea was, right when the Wii came out, he came to us and said: „You know, everyone at some point in their lives has built up a stack of blox and smashed them to the ground.“ He talked about when he was a kid, his parents would get him a train set for Christmas, and the first thing he would do—smash the trains into each other. 194 Außerdem setzt Electronic Arts auf Spielbergs Expertise, was die Umsetzung betrifft – neue Ideen, neue Kamera- und Motion-Capturing-Techniken und der Umgang mit diesen (wie Spielberg sie vor kurzem beim Dreh von Tin Tin verwendete) und seine Fähigkeiten als Regisseur in der Entwicklung von Charakteren und in der Dialogführung. Das nächste Spiel dieser Kooperation trägt den Arbeitstitel LMNO, über das wenig bekannt ist, außer dass es sich um Action-Adventure handeln wird: „,LMNOʻ wird viel eher den Erwartungen entsprechen, die Spieler an eine Zusammenarbeit zwischen Spielberg und Electronic Arts stellen“, sagte Neil Young, General Manager von Electronic Arts L.A. Der Fokus bei „LMNO“ liege auf der Interaktion des Spielers mit anderen Charakteren. Erscheinen soll das Spiel für PlayStation 3 und Xbox 360. Zum noch ausstehenden dritten Projekt ließ Young nichts verlauten, das Spiel sei über die Grundidee noch nicht hinaus. 195 Seit dieser Pressemeldung (gegenüber Reuters) gibt es kaum Nachrichten über LMNO, mit der Ausnahme von unbestätigten und von Electronic Arts dementierten Gerüchten im Internet, das Projekt sei eingestellt worden. 194 195 Rahimi, Amir: Unveröffentlichtes Interview. Geführt von: Roland Hablesreiter. (30. Sept. 2009) „Spielberg macht Puzzle und Action-Adventure“, http://www.mediabiz.de/games/news/spielbergmacht-puzzle-und-action-adventure/236479 (10. Juli 2007) 76 Auch Amir Rahimi gab im Interview keine neuen Informationen preis, mit der Ausnahme von: I am also now working on the second game, which is much more sort of in-depth, sort of epicstory, action-adventure game, much more what you would expect of a collaboration between EA and Spielberg. [...] With the second game the goal is to tell a story. A story that is worthy of Steven Spielberg actually, in addition to an adventurous, hurt-pounding gameplay. [...] The code name is LMNO. Itʼs an action-adventure game where you essentially are going on a... itʼs almost a road trip with a buddy character... we canʼt really tell a lot more than that, though.196 Bei Regisseuren wie Spielberg, Jackson usw. ließe sich einwenden, das seien die Ausnahmesituationen und außerdem lediglich zugkräftige Namen für das Marketing des Spiels unter Pseudo-Mitarbeit. Den Vorwurf, diese Mitarbeit laufe nicht über einen Marketing-Gag hinaus, entkräftet meiner Meinung nach bereits die Beschreibung der Arbeit von Peter Jackson und Steven Spielberg an den genannten Spielen. Darüber hinaus sind beide, wie auch George Lucas, Kenner der Bedürfnisse ihres Publikums, wie ihre Erfolge bestätigen. (Die Genannten gelten ebenso als Regisseure, die nicht für ihren großzügigen Einsatz von digitalen Effekten kritisiert werden, da in ihren Filmen meist die Story vor den Effekten steht.) Unabhängig von digitalen Effekten, beschreibt McClean Spielbergs Erfolg so: „[...] his films span a wide range of genres and because he makes films that appeal to very broad demographic [sic!].“197 Amir Rahimi bestätigt Steven Spielbergs Gespür für das Publikum und nennt es: „An amazing intuitive sense of what compels people“198 Produzent Jerry Bruckheimer, bekannt für demographisch weitreichende Erfolge, hat ähnliche Absichten, sein Gespür für das Publikum auf das Medium Computerspiel auszuweiten und gründete in Kooperation mit dem Musik-Fernsehsender MTV ein Spielestudio.199 Filmschaffenden, die nicht den Karriere-Status dieser Regisseure oder Produzenten genießen, scheinen diese Aussichten vielleicht utopisch, doch die Zukunft beider 196 Rahimi, Amir: Unveröffentlichtes Interview. Geführt von: Roland Hablesreiter. (30. Sept. 2009) 197 McClean, Shilo: Digital Storytelling. The Narrative Power of Visual Effects in Film. 2007, 202. 198 Rahimi, Amir: Unveröffentlichtes Interview. Geführt von: Roland Hablesreiter. (30. Sept. 2009) 199 „Bruckheimer und MTV gründen Spielestudio“, http://www.mediabiz.de/games/news/bruckheimerund-mtv-gruenden-spielestudio/246509 (19. Dez. 2007) 77 Medien und ihrer Zusammenarbeit ist offen, um noch einmal das Interview mit Amir Rahimi zu zitieren: As people like yourself come into power in Hollywood—you guys are gonna understand video games. So right there, that synergy is gonna improve. But also, this is what Steven [Spielberg; Anm. R.H.] told me once: Heʼs noticing some of the extremely talented kids that would become movie directors, that would become movie producers, they are going into video games, because the industry is blowing up. And these kids are growing up consuming video games much more as they are consuming film and TV. With that kind of talent going into the video game industry, the video game industry is just gonna become stronger and stronger. And as my generation, the first generation that grew up with video games, develops, matures, becomes more powerful, the industry is gonna mature. And I think youʼre gonna see really compelling stories being told in video games. I think theyʼre gonna figure this thing out within the next ten years. And youʼre gonna see stories that are at a level with Schindlerʼs List being told through a video game. 200 200 Rahimi, Amir: Unveröffentlichtes Interview. Geführt von: Roland Hablesreiter. (30. Sept. 2009) 78 DIE SITUATION IN ÖSTERREICH IM ÜBERBLICK Die österreichische Spieleentwicklerbranche ist überschaubar, die Produktion von Triple-A-Spielen ist selten. In der österreichischen Wirtschaftskammer verfügen die Entwickler über keinen eigenen Fachverband, sie sind entweder als „IT-Dienstleister“ oder als „Werbeagentur“ gelistet.201 Die Fördersituation ist beklagenswert. Zu den wenigen Förderern, welche die österreichische Spielebranche unterstützen, gehört „departure“. („Eine Initiative der Stadt Wien, ein Unternehmen des Wiener Wirtschaftsförderungsfonds.“) Departure schüttete seit 2004 16,2 Mio. Euro aus – diese Summe wird aber aufgeteilt auf 251 Projekte aus den Bereichen Design, Multimedia, Mode, Musik und Architektur.202 Das macht durchschnittlich nur 65.000,- Euro Förderungssumme pro Projekt aus. Im Internet wird diskutiert, ob man als Jobsuchender nicht besser das Land verlässt...203 Doch die österreichische Branche wächst, junge SpieleentwicklerInnen drängen im Indie-Game Bereich auf den Markt und versuchen mithilfe von Projektentwicklungen Publisher zu überzeugen. Auch einige etablierte Firmen sind vorhanden – laut Julian Kenning, vormals Art Director beim Produktionshaus Deep Silver Vienna, sind in Österreich mehr international agierende Spielefirmen beheimatet als in Deutschland.204 Dieses Kapitel gibt einen kurzen Überblick über einige der etablierten Firmen, gefolgt von der Beschreibung eines der aufwendigsten, in Österreich produzierten Games. 201 Siehe: „WKO.at. Wirtschaftskammern Österreich. Fimen A-Z. Das Verzeichnis von 427.459 österreichischen Unternehmen.“ http://firmen.wko.at/Web/SearchSimple.aspx (o.J.) – Stand: März 2010. 202 Siehe: „departure“, www.departure.at (o.J.) – Stand: März 2010. 203 Z.B. auf „CGforum“, www.cgforum.at (o.J.) – Stand: März 2010. 204 Kenning, Julian: Art Directing Cursed Mountain. Vortrag bei Pixel 4.0. (27. Sept. 2009) 79 - Avaloop ist bekannt für sein Social-Online-Spiel, das MMOG Papermint. Weitere Projekte sind noch nicht erschienen, trotzdem verfügt Avaloop über mehr als zehn fix Beschäftigte.205 - Die Firma Bongfish hat ebenfalls nur einen Titel im Programm – das Snowboardspiel Stoked für die Xbox, von dem aber aber bereits mehrere Nachfolger erschienen sind. Stoked ging aus einem Studentenprojekt hervor, einem Online Advertising Game für den PC. Heute hat die Firma, mit Sitz in Graz, an die 25 MitarbeiterInnen.206 - Cliffhanger Productions besteht aus den beiden international erfahrenen Produzenten Michael Paeck und Jan Wagner. Die Firma produziert selbst und bietet Projektmanagement und Beratungsleistungen an, entwickelt werden die Spiele aber von externen Firmen. Als Referenzen hat die Firma „externe Produkionstätigkeiten“ für die international renommierten Triple-A-Titel SpellForce 2, Gothic 3 und Risen vorzuweisen. Zur Zeit produziert sie das MMOG 7Million, welches von der Firma Team Vienna (s.u.) hergestellt wird. Als Publisher von 7Million fungierte Deep Silver Vienna.207 - Deep Silver Vienna ging aus den Aktivitäten der Branchenveteranen Hannes Seifert und Niki Laber hervor. Seifert und Laber gründeten in den 90er-Jahren das Studio neo Software, welches später vom Branchenriesen Take 2 Interactive gekauft und zu Rockstar Vienna umbenannt wurde. Als Rockstar Vienna arbeitete das Studio an Triple-A-Produkten wie Max Payne und Manhunt 2. Von einem Tag auf den anderen wurde Rockstar Vienna geschlossen. Seifert und Laber nahmen 2006 einen weiteren Anlauf und gründeten ein neues Studio namens Games That Matter. Das Geschäftsmodell lag darin, Spiele zu produzieren mit voller Verantwortung über die Art Direction, die Herstellung selbst aber auszulagern. An diesem Geschäftsmodell Gefallen findend kaufte der deutsche Publisher Koch Media die Firma und gliederte sie in ihre Entwicklungsabteilung Deep Silver ein. Als Deep Silver Vienna verfolgten sie weiter ihr Outsourcing-Modell und waren für die Produktion des Spiels Cursed Mountain verantwortlich. Ende 2009 verließen Seifert 205 Siehe: „Avaloop Immersive Worlds“, http://www.avaloop.com (2008) bzw. „Papermint Pressemappe“, http://www.papermint.at/files/share/de/presskit/papermint_presskit_de.pdf (o.J.) – beide Stand: März 2010. 206 Siehe: „Bongfish“, http://www.bongfish.com (2009) – Stand: März 2010. 207 Siehe: „Cliffhanger Productions“, http://cliffhanger-productions.com (2008) – Stand: März 2010. 80 und Laber die Firma. Beide gingen davon aus, dass Deep Silver weiter existiere, doch zu ihrer Überraschung schloss Koch Media ihre Wiener Dependance Anfang 2010. Als Grund gab der Geschäftsführer von Koch Media, Klemens Kundratitz, die „wirtschaftliche Gesamtlage“ und den Abbau „redundanter Stellen“ an.208 , 209 , 210 An die 20 MitarbeiterInnen fielen dem Stellenabbau zum Opfer.211 - Greentube ist spezialisiert auf Online Spiele, die sich über „In Game Advertising“ finanzieren. Den Grundstein legte die Erstellung der erfolgreichen Internetseiten Webschnapsen.com und BauernSchnapsen.com. Internationale Bekanntheit erlangte die Firma über das Spiel Ski Challenge. Anfang 2010 kaufte Astra Games, eine Novomatic-Tochter, 70% der Firmenanteile.212 - JoWooD Entertainment ist ein international agierender Publisher mit Sitz in Wien und ca. 90 MitarbeiterInnen.213 Außerdem betreibt JoWooD Niederlassungen in Madrid, Toronto und Cluj-Napoca (Rumänien). Seit JoWooD 2005 seine Entwicklungsstudios Team Ebensee und Wings Simulations in Deutschland geschlossen hat,214 stellt die Firma selbst keine Spiele mehr her. Die seitdem von JoWooD als Publisher in Auftrag gegebenen Spiele werden hauptsächlich außerhalb Österreichs produziert. - Miʼpuʼmi Games, gegründet im Februar 2009, stellt Spiele für alle Plattformen her, spezialisiert sich dabei auf kleinere Spiele mit einer maximalen Entwicklungszeit von einem Jahr. Besonderes Augenmerk wird auf die Qualität gelegt – das Firmenmotto lautet: „Great games donʼt have to be big“. Die vier Gründerväter Gregor Eigner, Tobias Sicheritz, Jurie Horneman und Ronald Kalchhauser, sind ehemalige Mitarbeiter von Rockstar Vienna und haben in führenden Positionen an 208 Steininger, Stephan: „Koch schließt Deep Silver Vienna. Kostendruck zwingt zur Restrukturierung“, GamesMarkt Nr. 03 (10. Feb. 2010b), 8. 209 „Koch kauft Games That Matter“, http://www.mediabiz.de/games/news/koch-kauft-games-thatmatter/239074/50019 (22. Aug. 2007) 210 Kenning, Julian: Art Directing Cursed Mountain. Vortrag bei Pixel 4.0. (27. Sept. 2009) 211 Zsolt, Wilhelm: „Entlassungen. Spielestudio Deep Silver Vienna sperrt zu“, http://derstandard.at/ 1263706648695/Entlassungen-Spielestudio-Deep-Silver-Vienna-sperrt-zu (3. Feb. 2010a) 212 „Greentube“, http://www.greentube.com/de/company (o.J.) – Stand: März 2010 213 „Aktionärsbrief. 3. Quartal 2009. JoWooD Group“, http://corporate.jowood.com/images/stories/ publications/20091130%20aktion%E4rsbrief%20q3%202009.pdf (2009) 214 „JoWooD schließt Studios“, http://www.mediabiz.de/games/news/jowood-schliesst-studios/171184 (26. Jän. 2005) 81 Titeln wie Max Payne, GTA III und Manhunt 2 mitgearbeitet. Die Zahl der MitarbeiterInnen liegt bei ca. 10 Personen.215, 216 - Rabcat ist ein Unternehmen, welches ausgelagerte Aufträge in der Erstellung von Computergrafiken annimmt. Rabcat hat mit seinen 25 Beschäftigten an zahlreichen, namhaften Triple-A-Produkten mitgearbeitet.217 - Sproing Interactive Media existiert seit 2001 als GmbH, gegründet von den zwei Industrieveteranen Harald Riegler und Gerhard Seiler, und beschäftigt 45 fixe und zwei bis fünf freie MitarbeiterInnen.218 Das Entwicklerstudio verfügt über ein breit gefächertes Portfolio an Spielen, von kleineren bis zu größeren Spielen für die verschiedensten Plattformen. Bekannte Beispiele sind die Spiele der Moorhuhn Reihe, Spiele für den Internetauftritt der österreichischen Lotterien, das SurvivalHorror-Spiel Cursed Mountain für die Nintendo Wii (und PC), Panzer Tactics DS für den Nintendo DS... - Team Vienna ging aus der Entwicklung des Computerspiels Dadʼs Dead hervor, welches im Jahr 2006 den gleichnamigen MediaMarkt Horrorwerbefilm von David Schalko begleitete und exklusiv in den österreichischen MediaMärkten erhältlich war. Zur Zeit arbeitet Team Vienna in Kooperation mit Cliffhanger Productions am MMOG 7Million. Team Vienna begann 2007 an der Herstellung von 7Million mit vier Personen, gefolgt von ca. 10 Personen im Frühjahr 2008. Bis zur Fertigstellung sollen ca. 30 Personen für das Spiel beschäftigt werden.219 - Xendex entwickelt mit seinen über 40 MitarbeiterInnen in Wien und Polen Mobiltelefon-, Handheld- und Online-Casual Games und versucht gestärkt aus der 215 Eigner, Gregor: Unveröffentlichtes Telefoninterview. Geführt von: Roland Hablesreiter. (12. April 2010) 216 „UIG gibt Zusammenarbeit mit Miʼpuʼmi Games bekannt“, http://www.premiumpresse.de/uig-gibtzusammenarbeit-mit-mi-pu-mi-games-bekannt-PR543942.html (19. Aug. 2009) 217 „mediabiz Datenbanken“ http://www.mediabiz.de/games/firmen/rabcat-computer-graphics/39906 (o.J.) – Stand: März 2010 218 Kornetzki, Timo; Quas, Christoph: Unveröffentlichtes Interview. Geführt von: Roland Hablesreiter. (21. Juli 2009) 219 Kazemi, Kaweh: 7 Million. Vortrag bei Pixel 4.0. (27. Sept. 2009) 82 Wirtschaftskrise zu gehen, indem es in neue Marktsegmente drängt.220 2009 überraschten sie die Branche mit Investitionen in der Höhe von 3,5 Mio. US-Dollars.221 Große, internationale Publisher wie etwa Ubisoft haben teilweise Dependancen in Wien, produzieren aber selbst nicht in Österreich. Das Survival-Horror-Spiel Cursed Mountain war eine der größten in Österreich durchgeführten Produktionen und soll an dieser Stelle der Illustration der vorhandenen Möglichkeiten dienen. Abb. 24: Cursed Mountain.222 Abb. 25: Cursed Mountain.223 Cursed Mountain wurde mit einem Team von 236 Personen aus 16 bis 17 Firmen aus 14 verschiedenen Ländern produziert, das Produktionsbudget lag bei „weniger als 20 Mio. Euro“. 224 , 225 Finanziert hat der Publisher Koch Media, hauptverantwortliches Produktionshaus war die Tochterfirma Deep Silver Vienna, die selbst keine Zeile programmierte. 220 „Xendex. Inspiring People. Company“, http://www.xendex.com/index.php?page=2&menuid=11& PH PSESSID=54d2de0e2a80f6eacb0d6a61faf20a7f (2010) – Stand: März 2010 221 „IOʼ10: Michael Haberl – Xendex“, http://blog.mobilegamesblog.com/2009/12/io10-michael-haberlxendex.html (15. Dez. 2009) 222 Cursed Mountain (Screenshot). Bildquelle: Deep Silver, a division of Koch Media GmbH. 2009. 223 Cursed Mountain (Screenshot). Bildquelle: Deep Silver, a division of Koch Media GmbH. 2009. 224 „16 Firmen“ – Igler, Nadja: „Die Herausforderungen des verfluchten Bergs“, http://futurezone.orf.at/ stories/1624295/ (18. Juni 2009a) 225 „17 Firmen“ – Kenning, Julian: Art Directing Cursed Mountain. Vortrag bei Pixel 4.0. (27. Sept. 2009) 83 Das Studio Deep Silver Vienna [...] hat die verschiedenen Produktionsschritte an andere Firmen ausgelagert und war bei dem Spiel für das Konzept, die Produktion, die Finanzierung und die Koordination zuständig. Die eigentliche Programmierung wurde vom österreichischen Entwicklerstudio Sproing übernommen, das wiederum viele Teile selbst zugeliefert bekam, unter anderem von Immersive Games mit Sitz in London und einem Entwicklungsstudio in Indien und dem Spieledesigner und Autor Bob Bates, der in der US-Hauptstadt Washington arbeitet.226 Die Vorgehensweise wurde von den Beteiligten als „Hollywood-Modell“ bezeichnet. Deep Silver Vienna sah sich in der Rolle des „Regisseurs“ und verantwortlich für Konzept und Vision, während Sproing Interactive und die anderen beteiligten Firmen als „Filmteam“ betrachtet wurden.227 Die Vorteile dieses Modells liegen darin, dass der Publisher selbst kein riesiges Team fix anstellen und sich in Folge Gedanken über die Auslastung machen muss. „Wenn ich bei Sproing die Programmierung einkaufe, zahle ich natürlich deren Overheads und auch ihren Gewinn mit. Auf der anderen Seite erspare ich mir so Stehzeiten in meinem eigenen Team. Es geht vor allem um Kosteneffizienz“, erklärt Seifert. Zudem könne sich der Publisher die richtigen Leute zu genau dem Zeitpunkt holen, an dem sie auch gebraucht werden. Für Harald Riegler, Geschäftsführer von Sproing, liegt der größte Vorteil, Spiele auf diese Art zu produzieren, in der Ersparnis auf Publisherseite. Sproing habe aber selbst ebenfalls profitiert: „Bei diesem Projekt haben wir die Mittel bekommen, um etwas zu produzieren, das auch international relevant ist.“ „Cursed Mountain“ sei eines der wichtigsten Spiele, die jemals in Österreich produziert wurden. 228 Dass Deep Silver Vienna geschlossen wurde, ist ein Rückschlag für die österreichische Spieleindustrie, aber die Zukunft lässt auf eine positive Entwicklung hoffen. Im Vergleich zur österreichischen Filmindustrie ist die Gesamtanzahl der lokalen Spielefirmen zwar geringer als die der Filmproduktionsfirmen, aber die jeweiligen Spielefirmen sind größer als die meisten Filmproduktionsfirmen und haben größere Chancen auf international vermarktbare Produkte. 226 Igler, Nadja: „Die Herausforderungen des verfluchten Bergs“, http://futurezone.orf.at/stories/16242 95/ (18. Juni 2009a) 227 228 Kenning, Julian: Art Directing Cursed Mountain. Vortrag bei Pixel 4.0. (27. Sept. 2009) Igler, Nadja: „Die Herausforderungen des verfluchten Bergs“, http://futurezone.orf.at/stories/16242 95/ (18. Juni 2009a) 84 TV UND SPIEL Nachdem bislang hauptsächlich von Spielen und Filmschaffenden die Rede war, wirft dieses Kapitel einen Blick auf den Umgang von Fernsehsendern mit dem Medium Computerspiel. Fernsehsender entwickeln sich mehr und mehr zu Anbietern von MultimediaInhalten. Es genügt nicht mehr, über Fernseh- und Radiokanal zu senden und eine lediglich programmbegleitende Homepage 229 zu betreiben, die kaum über Nachrichten und Hintergrundinformationen zum Programm hinausgeht. Ein gegenwärtiger Fernsehsender muss auf möglichst vielen verschiedenen Ebenen agieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Zu dieser Liste von Aktivitäten einer medialen Streuung der Inhalte zählen: IPTV, Web-TV, Angebote für das Mobiltelefon und sonstige portable Geräte, eine Internet-Mediathek, Download-Content, Browser Games, Foren, Chats, Blogs, sonstige Web-2.0-Anwendungen und -Inhalte und so weiter. Eigene Events, die Beteiligung daran und die Vermietung von ModeratorInnen für Veranstaltungen haben sich ebenfalls als bewährte Konzepte erwiesen. Manche private Fernsehunternehmen sind außerdem im Vertrieb von DVDs und Computerspielen tätig und bieten Pay-TV und Video-on-Demand. Die Herstellung der sendereigenen Inhalte, abseits der Nachrichten und je nach Medium, wird dabei vermehrt an spezialisierte Entwickler abgegeben, mit diesen coproduziert und/oder gemeinsam entwickelt. Lizenzierungen machen den anderen Teil aus. Die Rundfunkunternehmen werden nach wie vor selbst Inhalte herstellen, doch das Hauptaugenmerk liegt im Bereitstellen von einer Vielzahl von Inhalten auf verschiedensten medialen Wegen für den/die Medienkonsumenten/-in. Die Sender mutieren zu Publishern mit multimedialem Angebot. In der Ausweitung des medialen Angebots werden die Sender mit den Produkten anderer Multimediaunternehmen, die über keine Sendervergangenheit verfügen, in Konkurrenz treten. Es wird zu Überschneidungen (aber unter Umständen auch zu Kooperationen) mit MultimediaBranchenriesen wie Amazon230 , Apple, Google usw. kommen, aber sie müssen auch 229 230 sowie Teletext und ein eventuell vorhandenes Nachlesemagazin. Amazon bietet nicht nur Bücher, DVDs und Elektronikgeräte, sondern auch Download-Content und ist, wie viele Leute nicht wissen, mit amazon web services einer der weltweit größten Web-HostingAnbieter – siehe: „amazon web servicesTM. Was ist AWS?“ http://aws.amazon.com/de/what-is-aws/ (o.J.) – Stand: Feb. 2010. 85 mit einer Vielzahl weniger bekannter Unternehmen konkurrieren. Und hier verfügen die Sender über einen Startvorteil gegenüber der Konkurrenz – sie haben einen bekannten Namen, eine Stammkundschaft, die weiß, was sie von „ihrem“ Sender erwarten kann, die notwendige Aufmerksamkeit und ein Grundvertrauen von Beginn an. „Auch auf den neuen Plattformen suchen die Menschen vorwiegend das, was sie vom TV im Wohnzimmer kennen, nämlich Information und Unterhaltung in bewegten Bildern.“231 Während die Vorstandsmitglieder der ProSiebenSat.1 Media AG, Posch und Englert, dies auf das „bewegte Bild“ beziehen, ist diese Aussage, meiner Meinung nach, weitreichender gültig – die Menschen suchen Inhalte, die sie aus dem Fernsehen (und aus anderen etablierten, medialen Formen) kennen. Insofern machen Gedanken, wie sie seitens der Gesetzgeber in Deutschland und in Österreich gehegt werden, den Zugang der öffentlich-rechtlichen Sender zu anderen medialen Vertriebskanälen (unter dem Vorwand des Wettbewerbsvorteils) zu beschränken, wenig Sinn. Sollen die öffentlich-rechtlichen Rundfunksender, die ohnehin mit schwindenden Marktanteilen kämpfen, von der Weiterentwicklung des Fernsehens und des Medienanbieters ausgeschlossen werden? Falls ja, würde dies vermutlich tatsächlich das Ende des Mediums Fernsehen bedeuten. Welche besondere Rolle nimmt in diesem Zusammenhang das Computerspiel ein, welches ein Teil dieser multimedialen Erweiterung ist? Das Computerspiel adaptiert nicht nur Filmstoffe, sondern auch erfolgreiche Fernsehserien und andere Fernsehformate, als Browser Game, als Download-Game sowie als „boxed title“232 für die verschiedenen Konsolen und Handheld-Geräte. Diese Auflistung präsentiert einige der unzähligen Beispiele: ER – Emergency Room, Anna und die Liebe, Greyʼs Anatomy – The Video-Game, Gina-Lisa Power- 231 Posch, Guillaume de; Englert, Marcus: „Zukunft Fernsehen – Content ist King Kong“. In: Auslaufmodell Fernsehen? Perspektiven des TV in der digitalen Medienwelt. 2008. 171. 232 Ein „boxed title“ ist ein auf einem physischen Datenträger im Handel erhältliches Spiel, zur besseren Lagerbarkeit und Platzierung auf den Regalen in einer Schachtel verpackt. 86 shopping233, die Alarm-für-Cobra-11- und RTL-Winter-Sports-Reihen, die ORF Ski Challenge, Einer gegen 100234, tv total Events und so weiter. Programme wie POPSTARS, Galileo oder Germanyʼs next Topmodel sorgen nicht nur auf dem Fernsehbildschirm für Begeisterung. Längst haben TV-Sendungen auch den Spielemarkt erobert. Egal ob Computer-, Video-, Mobile- oder Online-Spiele [sic!] gelten heute als größter Wachstumstreiber der Unterhaltungsbranche. 235 RTL zieht sich zwar aus dem Retailgeschäft zurück, konzentriert sich aber auf Onlinegames und konnte mit Spielen zu TV-Inhalten Erfolge erzielen, die auch die Qualität des Originals übertreffen können, so etwa mit Alarm für Cobra 11, wie die Fachzeitschrift GamesMarkt feststellt: „Über die Qualität der Fernsehserie ,Alarm für Cobra 11ʻ lässt sich durchaus streiten. Unbestritten ist dagegen die Qualität der dazugehörigen Videospielumsetzung [...]“ 236 Fernsehsender wie RTL, Sat.1 etc. können außerdem für ihre eigenen Produkte wesentlich kostengünstiger Werbungen schalten.237 SevenOne Intermedia, eine Tochterfirma der ProSiebenSat.1 Media AG, will gerade diese Stärke nutzen, um weiterhin im hart umkämpften Retailmarkt Erfolge zu erzielen, wie es Marc Wardenga, Leiter der Games-Abteilung bei SevenOne Intermedia, bestätigt: 233 Gina-Lisa Lohfink, Teilnehmerin bei Germanyʼs Next Topmodel und zu sehen auf ProSieben in ihrer eigenen Sendung Gina-Lisas Welt. – siehe: „Zunächst zwei Mal. ProSieben holt ,Gina-Lisas Weltʻ ins Fernsehen“, http://www.dwdl.de/story/16286/prosieben_holt_ginalisas_welt_ins_fernsehen/ (11. Juni 2008) 234 Thomas Kritsch, Xbox-Manager: „,Einer gegen 100ʻ ist das erste Spiel in einer Reihe von XboxLive-Spielen, in denen Fernsehen und Videospiele zusammenwachsen. Das Game entsteht in Kooperation mit Endemol und erlaubt es einer großen Anzahl von Mitspielern zeitgleich in einem live moderierten Quiz teilnehmen zu können.“ („Einer gegen 100: TV-Quiz wird Online-Game. Spiel soll neue interaktive Multiplayer-Erfahrung bieten.“, http://derstandard.at/fs/1241622227694/Xbox-LiveEiner-gegen-100-TVQuiz-wird-OnlineGame (8. Mai 2009)) 235 Posch, Guillaume de; Englert, Marcus: „Zukunft Fernsehen – Content ist King Kong“. In: Auslaufmodell Fernsehen? Perspektiven des TV in der digitalen Medienwelt. 2008. 170. 236 237 „Ruhrpottrowdys. Alarm für Cobra 11: Highway Nights“, GamesMarkt Nr. 22 (12. Nov 2009), 34. „Für alle Titel sind, wie sich das für das Publishinglabel eines TV-Senders gehört, umfangreiche Spots geplant. So wird „RTL Winter Sports 2010“ ab Release in zielgruppenaffinen Umfeldern der Senderfamilie beworben.“ (Hammes, Frederik: „Heiße Games zur Winterzeit. Blick auf das Weihnachts-Line-up von RTL interactive“, GamesMarkt Nr. 21 (29. Okt. 2009c), 14.) 87 [...] wir halten nach wie vor an physischen Produkten fest. Der klassische Retailmarkt ist groß genug, um entsprechende Stückzahlen abzusetzen. Glücklicherweise sind wir als Publisher von ProSiebenSat.1 [...] in der Lage, unsere Produkte über TV und online massiv zu bewerben, was ein großer Vorteil gegenüber anderen und kleineren Publishern ist. 238 www.sevengames.de ist die zu ProSieben gehörige Spieleseite. ProSieben hat zur crossmedialen Vermarktung 2007 eine eigene Web-TV-Sendung (Seven Games TV) kreiert, die schnell 220.000 Abrufe pro Monat zählen konnte.239 Sat.1 verfügt über eine eigene Spieleseite, welche die Spieleadaptionen der sendereigenen Programme anbietet. Anna und die Liebe, das Spiel zur Sat.1 Telenovela, findet sich als Online-Spiel nur auf www.sat1.de/spiele und nicht auf www.sevengames.de, während sich die beiden Homepages andere Spiele, die keinen Kontext zum Sender haben, teilen. Der Österreichische Rundfunk konnte wiederum große Aufmerksamkeit mit dem Spiel Ski Challenge erreichen, welches der österreichische Spieleentwickler Greentube produzierte. Greentube brachte in Folge das Gratis-Spiel in Kooperation mit Fernsehstationen in über zehn Ländern online und erreichte über 6 Millionen registrierte SpielerInnen weltweit. Finanziert wurde das Spiel über „In Game Advertising“, innerhalb des Spiels „geschaltete“ Werbung – zum Beispiel Werbebanner als Pistenbegrenzung bei den Ski-Challenge-Rennläufen. Wenn es heißt, ein Computerspiel entspreche nicht dem Kulturauftrag und gehöre nicht in das Umfeld eines öffentlich-rechtlichen Senders, so übersehen diese Stimmen, dass Veränderungen im Konsum von Inhalten und das Entstehen neuer Medien Bestandteil unserer Kultur sind. Computer- und Videospiele sind ein integraler Bestandteil der Popkultur. Sie sind von hoher kultureller Relevanz und ein Leitmedium im Unterhaltungsbereich. Sie faszinieren Hunderte Millionen Menschen weltweit. 240 238 Hesse, Harald: „,Aktuelles Portfolio mehr als verdoppelt.ʻ Im Gespräch: Marc Wardenga, Head of Games SevenOne Intermedia“, GamesMarkt Nr. 03 (10. Feb. 2010b), 23. 239 Posch, Guillaume de; Englert, Marcus: „Zukunft Fernsehen – Content ist King Kong“. In: Auslaufmodell Fernsehen? Perspektiven des TV in der digitalen Medienwelt. 2008. 171. 240 Florin, Gerhard: „Die Zukunft der Games zwischen Leitindustrie und kultureller Relevanz“, GamesMarkt Nr. 16 (20. Aug. 2009), 32. 88 Und sie sind, meiner Meinung nach, nicht nur Bestandteil der Popkultur. Seit langem setzen sich die Medienkunst und andere Sparten der Kunst mit dem Computerspiel auseinander und erzeugen Kunstwerke unterschiedlichster Herangehensweisen, von Ausstellungsprojekten bis zu downloadbaren, künstlerischen Erweiterungen bestehender Spiele.241 Das Computerspiel wurde zuerst einmal mit Argwohn betrachtet, wie es den meisten Medien zu Beginn ihrer „Karriere“ erging, bevor sie eine breitere Akzeptanz fanden. Das Comic wurde in den USA in den 50er Jahren verteufelt, da Studien belegten, Kinder die Comics lesen, seien statistisch gewalttätiger und krimineller als ihre comiclosen Alterskollegen. Der Kinofilm verblöde die Menschen und Kinder seien aus den Kinos nicht mehr rauszukriegen. Das Fernsehen später ebenso. Die Kinder von heute würden nur noch ihre Zeit im Internet verbringen – oder spielen nur noch am Computer. Auch bei den Kreativen selbst finden sich manchmal Tendenzen dieser Art, als ob das ältere Medium das kulturell wertvollere sei; noch heute blicken manche TheaterschauspielerInnen auf FilmschauspielerInnen herab; und der/die KinoregisseurIn verheimlicht, wenn er/sie etwas „fürs Fernsehen“ macht. Diese Haltung spiegelt sich sogar darin wider, welches Medium wie viele Lehrstühle auf den Universitäten für die wissenschaftliche Forschung innehat, wo das Computerspiel noch kaum vertreten ist, wie es früher auch Film und Fernsehen ergangen ist: „The same people, or their academic forebears, thought in the 1980s that TV wasnʼt worth studying, and in the 1960s that film wasnʼt worth studying.“ 242 Konvergenz betrifft mehr als nur die technische Möglichkeit, auf einem Gerät möglichst viele Funktionen nutzen zu können; Konvergenz betrifft den angebotenen Content. „Convergence requires media companies to rethink old assumptions about 241 Ein Beispiel: Das australische Spiel Escape from Woomera ist gebaut als Erweiterung eines EgoShooters und bedient sich dessen Steuerung, Spielstruktur und Game Engine, hat aber einen gänzlich anderen Inhalt: Als illegaler Immigrant wird der/die SpielerIn bei der Einreise nach Australien festgehalten und im „Detention Center“ von Woomera festgehalten. Der/die SpielerIn versucht nun, aus dem „Detention Center“ zu entkommen, entweder auf bürokratischem Weg oder per Flucht und lernt das Schicksal eines Asylwerbers an der eigenen, virtuellen Haut zu spüren. (Swalwell, Melanie: „Independent Game Development: Two Views from Australia“. In: Videogames and Art. 2007. 160ff.) Dieses Spiel hat auch bereits seinen Nachahmer gefunden – Frontiers, geschaffen von der Salzburger Künstlergruppe Gold Extra: „Als virtueller Nutzer muss der Nutzer versuchen, sich von Afrika oder Ukraine aus, ins gelobte Europa durchzuschlagen.“ (Marot, Jan: „Online-Sturm auf die Festung Europa“, http://derstandard.at/1262209322511/Online-Sturm-auf-die-Festung-Europa (12. Jän. 2010)) 242 Adams, Ernest: Break into the Game Industry. How to get a job making video games. 2003, 88. 89 what it means to consume media, assumptions that shape both programming and marketing decisions.“243 Die Fernsehsender und Rundfunkanstalten sind nicht die einzigen Unternehmen, die gegenwärtig ein multimediales Angebot zur Verfügung zu stellen haben. Schon längst drängen Telekommunikationsunternehmen244 und Internetprovider245 in diese Märkte. Es hat sich zu einer Notwendigkeit entwickelt, um wettbewerbsfähig zu bleiben. 243 Jenkins, Henry: Convergence Culture. Where Old and New Media Collide. 2006, 18. 244 z.B. die deutsche Telekom mit 450.000 registrierten KundInnen auf ihrer Spieleplattform „Gamesload“, 320.000 auf „Videoload“ und ca. 4 Millionen auf der Musikplattform Musicload. (Hesse, Harald: „,Wir erzeugen Nachfrageʻ. Gamesload hat aktuell 450.000 registrierte Nutzer“, GamesMarkt Nr. 01 (13. Jän. 2010a), 16.) 245 z.B. United Interned AG mit ihren Marken GMX, WEB.DE und 1&1 als Deutschlands größtes EMail-Portal (Steininger, Stephan: „Ein Channel für alle Gamesaktivitäten. GMX/WEB.DE/1&1 bündelt Angebot und bereitet Relaunch vor“, GamesMarkt Nr. 22 (12. Nov. 2009), 18.) 90 FILMISCHES & INTERAKTIVES ERZÄHLEN „Interaktiv“ bedeutet nicht automatisch, dass eine Geschichte erzählt wird. Trotzdem betrachtet dieses Kapitel Interaktivität aus dem Gesichtspunkt des interaktiven Erzählens anhand von Computerspielen. Nachdem die grundlegenden Unterschiede zusammengefasst worden sind („Was Film und Game unterscheidet“), gehe ich näher darauf ein, welches Konfliktpotenzial filmisches Erzählen im Zusammenhang mit Computerspiel in sich birgt („Gameplay vs. Story“). In Folge gebe ich einen Überblick über Interaktivität in Film und Fernsehen und interaktives Erzählen im Computerspiel. Was Film und Game unterscheidet Grundlegende Unterschiede, die das interaktive Erzählen im Computerspiel vom filmischen abgrenzen, sind: a) Der/die SpielerIn spielt selbst den Hauptcharakter.246 b) Er/sie hat die Möglichkeit, in das Geschehen einzugreifen und die „story world“ zu manipulieren.247 c) Die Ordnung von Ereignissen ist, seitens der Herstellers, nicht kontrollierbar. d) Die Zeitdauer zwischen den Ereignissen ist nicht kontrollierbar.248 Von diesen Unterschieden abgesehen, variieren die Grundgerüste von Computerspiel und herkömmlichem Geschichtenerzählen nicht, wenn man der Argumentation von Jesse Schell folgt, die über den Tellerrand (Geschichte hier, Spiel dort) blickt: Ultimately, of course, we donʼt care about creating either stories or games—we care about creating experiences. Stories and games can each be thought of as machines that help create experiences.249 246 Schell, Jesse: The Art of Game Design. A Book of Lenses. 2008, 257. 247 Schell, Jesse: The Art of Game Design. A Book of Lenses. 2008, 257 & 263. 248 Freemann, David: Creating Emotion in Games: The Craft and Art of Emotioneering™. 2003, 10. 249 Schell, Jesse: The Art of Game Design. A Book of Lenses. 2008, 263. 91 Gameplay vs. Story Zwei heftig geführte Debatten beherrschten bislang die Spielebranche. Die eine Debatte wird bezeichnet als die „Graphics versus Gameplay“-Debatte, in der es darum ging, ob die grafische Umsetzung des Spiels, die sehr stark von den technischen Möglichkeiten abhängig ist, von größerer Bedeutung ist oder die Art und Weise, wie das Spiel gespielt wird. In den 90er Jahren stand die grafische Umsetzung, bedingt durch die rasche Entwicklung der Computertechnologie dieser Zeit und das Aufkommen der CD-Rom, stark im Vordergrund. Inzwischen ist diese Debatte in den Hintergrund getreten und die Streitparteien innerhalb der Spielebranche haben sich darauf geeinigt, dass mit der Aufwertung der Grafikleistung allein kein Spiel zu machen ist. Diese Debatte gilt seit längerem als beendet – ein Beispiel aus dem Jahr 2003: „We believe the ʻgraphics versus gameplayʼ debate is no longer a meaningful one. The truth is that graphics and gameplay must work together to produce the total play experience.“250 Bei der aktuelleren Debatte handelt es sich um die „Gameplay vs. Story“-Debatte. Auf wissenschaftlicher Ebene wird diese Debatte auch als „Ludology vs. Narratology“251 geführt. Nicht jedes Spiel beinhaltet eine Geschichte; gänzlich abstrakte Spiele wie Tetris oder Sudoku unterliegen nicht dieser Diskussion. Aber die fortlaufende Herstellung von Spielen, die eine Geschichte beinhalten, trägt zu dieser Diskussion bei. Und wie beim Film, wenn etwa Kameraleute mit TonmeisterInnen zusammenstoßen, kommt es zu sinnlosen Diskrepanzen zwischen den verschiedenen Departments (die über den Gameplay-Story-Konflikt hinausgehen): 250 251 Adams, Ernest: Break into the Game Industry. How to get a job making video games. 2003, 57. Gonzalo Frasca, der sich selbst als Ludologen bezeichnet, beschreibt die Ludologie als eine wissenschaftliche Disziplin, die Computerspiele und anderwertige Spiele erforscht. 2003 publizierte Gonzalo Frasca einen Artikel mit dem Titel „Simulation versus Narrative: Introduction to Ludology“, in dem er Spiele unabhänig von Geschichten sah: „Of course, we need a better understanding of the elements that games do share with stories, such as characters, settings and events. Ludology does not disdain this dimension of video games but claims that they are not held together by a narrative structure.“ (Frasca, Gonzalo: „Simulation versus Narrative: Introduction to Ludology“. In: The Video Game Theory Reader. New York, London: Routledge. 2003a, 222.) Noch im selben Jahr schrieb er in einem neuerlichen Artikel, dass eine Debatte nie stattgefunden hätte, und beruhigte: „[...] the work of the so-called ludologists does not reject narrative, nor it wants to finish narrative elements in videogames.“ (Frasca, Gonzalo: „Ludologists love stories, too: notes from a debate that never took place“, http://ludology.org/articles/Frasca_LevelUp2003.pdf (2003b) Auch wenn Frasca im zweiten Artikel zu beweisen versucht, die Debatte habe nicht stattgefunden und ihm sei kein einziger „Narratologe“ bekannt, so wurde das Thema ausgiebig diskutiert – was die Reaktion Frascas an sich schon beweist. 92 Game designers tend to believe that mechanics are primary; artists tend to believe the same about aesthetics; engineers, technology; and writers, story. I suppose it is human nature to believe your piece is the most important. But, believe me, as a game designer, they are all your piece. Each has an equally powerful effect on the playerʼs experience of your game, and thus, each deserves equal attention. 252 (Während beim Film der/die RegisseurIn die ästhetische Verantwortung übernimmt, trägt sie beim Spiel der/die Game DesignerIn.) Abseits der menschlichen Komponente stellt sich in der „Gameplay vs. Story“Debatte die Frage, was Gameplay eigentlich ist. Gameplay ist ein „nebulöses Konzept“ – Rollings und Adams erlebten in vielen Diskussion, dass Leute das Gameplay eines Spiels lobten und in Folge die verschiedensten Aspekte eines Spiels beschrieben.253 Dieser Schwierigkeit zum Trotz definiert Steve Ince das Gameplay, im Rahmen seiner Beschreibung des Game Designs254, folgendermaßen: This [the creation and development of the gameplay; Anm. R.H.] includes the design of the player interface (the control mechanism for the game), the gameplay rules and mechanics, and how the mechanics are put together in varying combinations to give a satisfying gaming experience.255 Das Gameplay umfasst, dieser Definition folgend: a) Das Interface, welches sichtbare Steuerelemente auf dem Bildschirm und die Übersetzung der physischen Bedienungshilfen wie Joystick, Gamepad usw. umfasst. (Beispiel 1: Der auf dem Bildschirm sichtbare Balken zeigt die Lebensenergie des Avatars an. Beispiel 2: Bei Drücken des Knopfes x auf dem Gamepad macht der Avatar einen vertikalen Sprung.) 252 Schell, Jesse: The Art of Game Design. A Book of Lenses. 2008, 43. 253 Rollings, Andrew; Adams, Ernest: Andrew Rollings and Ernest Adams on Game Design. 2003, 199. 254 Ince beschränkt sich in seiner Erklärung des Game Design auf die Erstellung des Gameplays. Ich schließe mich dieser Meinung nicht an. Wie bereits oben erwähnt (siehe Kapitel „Regie“, Seite 42 bis 43), umfasst die Aufgabe des/-r Game DesignerIn mehr Tätigkeiten, wie etwa den Gesamtüberblick über andere Departments und rein ästhetische Entscheidungen. 255 Ince, Steve: Writing for Video Games. 2006, 9. 93 b) Die Regeln des Spiels und die damit verbundene Spielmechanik: welche Tätigkeiten kann der/die SpielerIn ausführen, wo wird die Freiheit des/-r SpielerIn eingeschränkt, was resultiert aus den Aktionen des/-r SpielerIn. c) Die sinnvolle Anordnung der vom/-n der SpielerIn ausgelösten Aktionen in Zusammenhang mit den vom Spiel vorherbestimmten Ereignissen. Rollings und Adams betrachten das Gameplay auf ähnliche Weise und erweitern die Beschreibung um die Aufgaben und Ziele, die dem/-r SpielerIn gestellt werden: „[...] the core mechanics, along with the user interface, create the gameplay—the challenges the player faces and the actions he may take to overcome them.“ 256 Worin sich die Feinde von starken Geschichten in Spielen und deren BefürworterInnen einig sind: Ein gut funktionierendes Gameplay ist Voraussetzung für das Funktionieren eines Spiels. (Ebenso wie das Drehbuch Voraussetzung für einen erfolgreichen Film ist.)257 Der Streit liegt vielmehr darin begründet, dass die Verfechter des Gameplays das Erzählen von Geschichten als Teil eines Computerspiels oder gar als Hauptaspekt eines Computerspiels ablehnen. Nichtsdestotrotz werden weiterhin sowohl Spiele produziert werden, deren Hauptaugenmerk auf dem Gameplay liegt, als auch Spiele, die Storytelling als Werkzeug einsetzen, um damit eine andere Qualität zu erzielen. As game designer Bob Bates once told me: “Story and gameplay are like oil and vinegar. Theoretically they donʼt mix, but if you put them in a bottle and shake them up real good, theyʼre pretty good on a salad.” 258 Die Spiele, die sich des Geschichtenerzählens bedienen, werden an der Qualität der Geschichte und an der Qualität des Zusammenspiels mit dem Gameplay gemessen werden. Es bedarf beider Elemente, Gameplay und Story, wenn es das Ziel ist, eine interaktive Geschichte zu bieten. Und, um die Parallele zum Film zu ziehen: 256 Rollings, Andrew; Adams, Ernest: Andrew Rollings and Ernest Adams on Game Design. 2003, 57. 257 Nur in Ausnahmefällen kann die Ästhetik eines Films über ein schlechtes Drehbuch hinwegtäuschen. Selbiges gilt für das Gameplay. 258 Schell, Jesse: The Art of Game Design. A Book of Lenses. 2008, 262. 94 Unabhängig davon, ob das Drehbuch „gut“ oder „schlecht“ ist, darf deswegen das Bild nicht überbelichtet sein oder der Ton übersteuert. Während eine künstlerisch herausragende Kameraführung einen bildaffinen Spezialisten oder eine actionreiche Kameraführung das Segment junger Männer ins Kino verlocken mag, kann die Geschichte eines Films oder eines Computerspiels mehr: Geschichten können uns emotional berühren und uns verändern; und interaktiv gehen sie einen Schritt weiter259 : As Scheherazade and Jesus both knew, storytelling can be a powerful agent of personal transformation. The right stories can open our hearts and change who we are. Digital narratives add another powerful element to this potential by offering us the opportunity to enact stories rather than to merely witness them. 260 Zusammenfassend: das Spiel braucht das Geschichtenerzählen nicht, aber es kann sich das Geschichtenerzählen zunutze machen. Interaktivität in Film und Fernsehen Spätestens seit Fernsehshows und Quizsendungen zum ersten Mal das Publikum aufforderten, über das Betätigen der Klospülung oder das Ein- und Ausschalten des Lichts zu Hause an Entscheidungen zu partizipieren261 , ist Interaktivität bei Film und Fernsehen ein Thema. Im Kino und im Fernsehen handelt es sich dabei zwangsläufig immer um Mehrheitsentscheidungen. Die technischen Voraussetzungen stellen in der Zwischenzeit kein Problem mehr dar. Für das Fernsehen, ob Live-Shows oder sich weiterentwickelnde Serien, bieten sich Abstimmungen via Telefon, SMS und Internet an. Für das Kino waren zur Zeit des Projektors die technischen Möglichkeiten nicht gegeben; obwohl die digitale Projektion die Kinos erobert, besteht kein Interesse mehr daran, Interaktivität ins Kino zu bringen. (Zumindest sind mir keinerlei Bestrebungen für derartige Vorhaben bekannt.) 259 Mehr dazu im Kapitel „Die emotionale Komponente“, Seite 113 bis 127. 260 Murray, Janet H.: Hamlet on the Holodeck. The Future of Narrative in Cyberspace. 1997, 170. 261 Der in Folge unübliche und klar ersichtliche Ausschlag nach oben, der in einem bestimmten Zeitrahmen erfolgen musste, wurde bei den Wasser- und E-Werken abgelesen – und die Frage nach der Entscheidung des Publikums war beantwortet. 95 Vielmehr fordern die Produktion der Inhalte und der Umgang mit der Dramaturgie die Hersteller interaktiver Film- und Fernsehstoffe heraus. „Mehrheitsentscheidungen262 sind [...] der natürliche Feind jeglicher geschlossenen Erzähldramaturgie.“263 Die Interaktion der KonsumentInnen erfordert eine andere Dramaturgie. Insbesonders die ausgefeilte Erzähldramaturgie ist eine Stärke des Kinofilms. Chris Crawford, vormals in der Spielebranche tätig, seit den frühen 90ern im Bereich „interactive storytelling“ forschend, beschreibt das Problem des „interactivized movies“ anhand des ersten Star-Wars-Films (von 1977) – Luke Skywalker trifft im ganzen Film nur sechs bedeutende Entscheidungen: Here is the sequence of key decisions that Luke makes during the course of the movie: 1. Agree to take Obi-Wan partway to Mos Eisley Spaceport? 2. Race home to discover the bodies of uncle and aunt? 3. Decide to accompany Obi-Wan to Alderaan? 4. Rescue Princess Leia? 5. Run away from Darth Vader? 6. Trust the force to blow up the Death Star?264 Jede Entscheidung würde die Dramaturgie schwächen, die Geschichte behindern und vielleicht sogar Unmut gegenüber Luke Skywalker beim/bei der ZuseherIn erzeugen. Die Geschichte würde sich im Falle negativer Antworten sogar von einem Weltallmärchen in die Tragödie eines Feiglings im All verwandeln, der den Weg des geringsten Widerstandes geht. Das zweite Problem ist die Herstellung der verschiedenen Optionen. Gerade der Kinofilm ist teuer zu produzieren. Jede mögliche Interaktion des/-r ZuseherIn, welche die Erzählstruktur beeinflusst, kostet ein Vermögen. Lösungen für beide Herausforderungen (Dramaturgie und Produktion) hat das Fernsehen gefunden, auch für narrative Stoffe, abseits von Live-Shows. 262 Ich widerspreche der Verwendung des Begriffs „Mehrheitsentscheidung“ an dieser Stelle, denn eine interagierende Entscheidung des/-r einzelnen Zusehers/-in erschwert die Dramaturgie auf gleiche Weise wie die von mehreren Personen. Wenn es sich in der Interaktion um eine „Mehrheit“ handelt, erschwert dies lediglich die technische Umsetzung. 263 Slansky, Peter C.: „Der Weg zum digitalen Kino“. In: Zukunft Kino. The End of the Reel World. 2008. 72. 264 Craword, Chris: Chris Crawford on Interactive Storytelling. 2005, 49. 96 In der portugiesischen TV-Soap Sofiaʼs Diary (Diário de Sofia) ist es dem/-r ZuseherIn möglich, das Geschehen in Form von Abstimmungen zu beeinflussen. Alle ZuseherInnen, die ihre Mobiltelefonnummer bekannt geben und für diesen Service bezahlen, bekommen regelmäßig SMS von ihrer „TV-Freundin“ Sophie. Die SMS spricht den/die EmpfängerIn als FreundIn an und liefert scheinbar persönliche Zusatzinformationen rund um die Teenie-Soap. Täglich bittet Sophie den/die „FreundIn“ um Rat, was in der Praxis die Teilnahme an einer Umfrage bedeutete – zum Beispiel: Sophie fragt, ob sie den Rat ihrer Eltern befolgen soll. Die Produktionsfirma drehte beide Möglichkeiten vor. Im Fernsehen wurde schließlich die Variante mit den meisten Stimmen gesendet. Unabhängig von der gewählten Variante liefen die Fäden der Geschichte wieder zusammen. Die Eltern mögen kurz verstimmt gewesen sein, da Sophie ihren Rat nicht befolgte, doch die Geschichte geht weiter, wie es die AutorInnen geplant haben. Im Internet können sich die registrierten Fans der Seifenoper kostenpflichtig die zweite Variante ansehen. Sofiaʼs Diary wird darüber hinaus begleitet von einem starken Internetauftritt, Content für Mobiltelefone, Büchern zur Serie, Merchandising, Radiosendungen und so weiter.265, 266 Die Entscheidungen beeinflussen nur eine Minute Material, das doppelt produziert werden muss, als Soap aber billiger als etwa ein Kino- oder Fernsehfilm zu produzieren ist. Die Dramaturgie selbst wird durch die Entscheidungen nicht in ihrer Struktur verändert. Im Segment des/-r individuellen Konsumenten/-in (zu Hause vor dem Fernseher) unternahmen Film- und Computerspielbranche Mitte der 90er einen Anlauf, inter- 265 Bernardo, Nuno: Plenary Module New Technologies. Case Study Sofiaʼs Diary. Vortrag beim EAVE Workshop 2006 an der Donau-Universität Krems 2006 (1. Juli 2006) 266 „beActive entertainment. Sofiaʼs Diary. Info Sheet“, http://beactivemedia.com/wp-content/uploads/ 2010/03/sofias_diary_web.pdf (o.J.) – Stand: März 2010. 97 aktive Filme zu erzeugen.267 Das Aufkommen der CD-Rom und deren erhöhte Speicherkapazitäten waren verantwortlich für diesen Versuch, der letztlich scheiterte. A number of interactive movies were produced, and some of them met with considerable financial success. Taking advantage of the CD-ROM, they presented pictures and sound that were better than anything seen before. After the initial excitement was over, however, the interactive movie was abandoned as a product concept. The biggest problem was the cost of producing all the video needed for a branching storyline. Back when games were all text you could write large numbers of scenes for very little money, but when it became necessary to film them all, the cost was prohibitive. In addition, the CD-ROM, large as it is, still doesnʼt have enough room for all the video that a truly branching storyline requires. As a result, the storylines of most interactive movies didnʼt branch very much—which meant that they werenʼt really very interactive. The term “interactive movie” oversold the concept without really delivering on its promise, and nowadays few games are called that. 268 Meiner Meinung nach trug auch die damalige Herangehensweise, dass „interaktiv“ eine Geschichte mit sich ausbreitender Baumstrukter („branching“) bedeutet, zum Scheitern bei. Heute wird „branching“ nicht mehr als Bedingung für Interaktivität betrachtet.269 Auch der Begriff „interaktiver Film“ kehrte zurück, nur kehrte er aus der Spielebranche zurück. Das im März 2010 erschienene Spiel Heavy Rain unternimmt einen Versuch in Richtung interaktiver Film. Guido Alt, Manager von SCED (Sony Computer Entertainment Deutschland) im Interview mit GamesMarkt: „Mit ,Heavy Rainʻ wird ein völlig neues Genre ins Leben gerufen. Es viel [sic!] mehr ein 267 Zuvor, in den späten 80ern, unternahm Spielehersteller Hasbro einen sehr engagierten Versuch, mit dem Konzept des interaktiven Films einen noch unbekannten Markt zu erobern. Hasbro entwickelte ein revolutionäres System, das auf VCR-Tapes basierte: „The user needed only to insert a properly encoded tape into a VCR and hit the PLAY button. The tape never had to shuttle back an forth. A decoder box sitting between the VCR and the TV set chose (under user control) among several video and audio tracks and instantly displayed the selected scene.“ (Perlmutter, Martin: Producerʼs Guide To Interactive Videodiscs. 1991, 122.) Hasbro war seiner Zeit zu sehr voraus. Von diversen Fehlern in der Entwicklung des Geräts abgesehen (technischer und finanzieller Natur sowie in der Zeitplanung), fehlte Hasbro das Know-how, um die Inhalte dafür zu produzieren: „The rights to Police Academy and Star Trek were secured for millions of dollars, and no usable product was fashioned from them.“ (Perlmutter, Martin: Producerʼs Guide To Interactive Videodiscs. 1991, 123.) Hasbro scheiterte als einer der ersten am interaktiven Geschichtenerzählen. 268 Adams, Ernest: Break into the Game Industry. How to get a job making video games. 2003, 8f. 269 Mehr dazu im folgenden Kapitel „Interaktives Storytelling im Computerspiel“ Seite 99 bis 113. 98 interaktiver Film als ein reines Spiel.“270, 271 Inwiefern sich dieses neue Genre durchzusetzen vermag, bleibt mit Spannung abzuwarten. Sowohl für den interaktiven Film als auch für das Computerspiel, welches eine Geschichte erzählt, gilt, dass die Dramaturgie nicht so einfach der Dramaturgie eines klassischen Spielfilms folgt. Um Chris Crawfords Star-Wars-Beispiel noch einmal aufzugreifen: „If you were playing Luke Skywalker and the key decisions were up to you, would you answer any of these questions in the negative?“272 Beim interaktiven Erzählen müssen andere Strukturen angewandt und andere Entscheidungsmöglichkeiten angeboten werden. Interaktives Storytelling im Computerspiel „Interactivity depends on the choices available to the user.“273 Bei Interaktivität geht es darum, dass der/die BenutzerIn Aktionen setzen und Entscheidungen treffen kann. Die große Kunst der Spielschaffenden ist, mit diesen Entscheidungen umzugehen und sie möglichst vorherzusehen. 274 Storytelling Wie wird Storytelling in Games verwendet? How we want to use interactive storytelling will depend on the type of story we want to tell and the type of game in which we are telling it. Is our story going to be linear or non-linear? Is the player able to interact with and affect the story or the plot, or both?275 Eine Grafik verdeutlicht, welche Arten von Spielen einen größeren Bedarf an einer Story haben: 270 Steininger, Stephan: „Von neuen und treuen Zielgruppen“, GamesMarkt Nr. 03 (10. Feb. 2010c), 9. 271 Mehr zu Heavy Rain im Kapitel „Fallbeispiel 2: ,Heavy Rainʻ“, Seite 142 bis 152. 272 Craword, Chris: Chris Crawford on Interactive Storytelling. 2005, 49. 273 Craword, Chris: Chris Crawford on Interactive Storytelling. 2005, 41. 274 „[...] the storyteller must predict, account for, respond to, and smoothly integrate the actions of the participant into the experience.“ (Schell, Jesse: The Art of Game Design. A Book of Lenses. 2008, 264.) 275 Ince, Steve: Writing for Video Games. 2006, 19. 99 Abb. 28: The story spectrum.276 Die Zutaten, die für die Geschichten von Computerspielen notwendig sind, unterscheiden sich nicht vom Film: „It is an old maxim of Hollywood screenwriting that the main ingredients for a story are (1) A character with a goal and (2) obstacles that keep him from reaching that goal.“277 Hinzu kommt die Belohnung. Wenn der/die SpielerIn sein/ihr Ziel erreicht, benötigt er/sie eine Belohnung, um weiterhin motiviert zu bleiben. Dies können Punkte, erlangte Gegenstände (meist Waffen, Munition, Geld, Medi-Packs und Rüstungen), Spezialkräfte, Fähigkeiten usw. sein – aber auch das schlichte Weiterkommen oder eine Cut-Scene. Den Hauptunterschied zum Film machen die Entscheidungen des/-r SpielerIn im Verlauf der Geschichte aus. Wenn aber Entscheidungen wie die Luke Skywalkers im ersten Star-Wars-Film für interaktives Erzählen nicht geeignet sind, da die Entscheidungen zu sehr auf der Hand liegen („Abenteuer“ erleben oder nicht) – welche Interaktionsmöglichkeiten bieten sich stattdessen an? Der/die SpielerIn sucht eine vermeintliche Freiheit und eine Möglichkeit, das Geschehen mitzubestimmen. Davon werden einige näher betrachtet. 276 The story spectrum. (Grafik). Bildquelle: Rollings, Andrew; Adams, Ernest: Andrew Rollings and Ernest Adams on Game Design. 2003, 90. 277 Schell, Jesse: The Art of Game Design. A Book of Lenses. 2008, 270. 100 Das WIE Der/die SpielerIn nimmt meistens keinerlei Einfluss auf das Geschehen, sondern es geht um das WIE: „The question is never will the prince overcome the dragon but how will the prince overcome the dragon?“279 Dabei sind die Möglichkeiten oft sehr beschränkt auf die Wahl der Waffen, den (geografischen) Weg, den der/die SpielerIn wählt, auf die Geschwindigkeit, in der der/die SpielerIn das Level absolviert, auf die Bestimmung der Abfolge der Handlungen, die trotzdem allesamt für das Lösen der Aufgabe notwendig sind, und so weiter. Diese Wahlmöglichkeit funktioniert, um die „Illusion of Choice“ 279 beim/bei der SpielerIn zu erzeugen, aber es fehlt ihr an emotionaler Tiefe. Spannender ist in diesem Zusammenhang Barry Atkinsʼ Gedanke, dass die HeldInnen vieler Geschichten einer Todesgefahr oder Gefahr des Scheiterns ausgesetzt sind: Action heroes and the heroes of quests do not die (it is a central given of the genres), and yet the movie-maker or storyteller must constantly place the hero in a position of tension where death appears to be a possibility. 280 Dies zwingt, den/die SpielerIn des Computerspiels zu ständigen Entscheidungen und Aktionen, um das Scheitern zu verhindern. Beim Konsum eines Films hingegen fiebert der/die ZuseherIn mit, ohne ins Geschehen eingreifen zu können. Dieser Unterschied zum Film führte dazu, dass die Meinung aufkam, dass der/die SpielerIn der/die AutorIn der Geschichte ist, wie sie sowohl Moorstedt281 als auch Rollings und Adams282 in Erwägung ziehen. In dieser Hinsicht liegt meine Meinung näher bei Janet Murrays Ansicht, dass der „Interactor“ nicht zum Autor wird, denn der/die Spielschaffende gibt trotz allem die Möglichkeiten vor. (Auch wenn manche 278 Atkins, Barry: More than a game. The computer game as fictional form. 2003, 43. 279 Atkins, Barry: More than a game. The computer game as fictional form. 2003, 45. 280 Atkins, Barry: More than a game. The computer game as fictional form. 2003, 44. 281 „Being there: Der Autor ist tot – und wurde als Spieler wieder geboren“ [im Original zur Gänze in Großbuchstaben; Anm. R.H.] (Moorstedt, Tobias: „Über die schwindenden Grenzen zwischen Spiel und Film“. In: Zukunft Kino. The End of the Reel World. 2008a, 201.) 282 „At one extreme [...] the game is the story. At the other extreme, itʼs the player who tells the story by the act of playing. Even Tetris has a story—a story created by the player as she plays.“ (Rollings, Andrew; Adams, Ernest: Andrew Rollings and Ernest Adams on Game Design. 2003, 10.) 101 Spielefans bewusst versuchen, die Vorgaben zu umgehen, manchmal auch auf sehr kreative Weise.)283 To what degree are we authors of the work we are experiencing? Some have argued (with either elation or horror) that an interactor in a digital story [...] is the author of the story. This is a misleading assertion. There is a distinction between playing a creative role within an authored environment and having authorship of the environment itself. [...] But interactors can only act within the possibilities that have been established by the writing and programming. [...] unless the imaginary world is nothing more than a costume trunk of empty avatars, all of the interactorʼs possible performances will have been called into being by the originating author. 284 Das Open World Game Eine andere Möglichkeit, dem/-r SpielerIn das Gefühl von Freiheit zu geben, ist das Open World Game. Das Open World Game bietet dem/-r SpielerIn eine Welt, in der sich diese/r frei bewegen und agieren kann – innerhalb der Grenzen, die ihm/-r der Spieleentwickler abgesteckt hat. Diese Welt bietet einen Storymodus, der die Geschichte vorantreibt. Der/die SpielerIn kann wählen, ob sie dem Handlungsstrang folgt oder stattdessen durch die Welt wandert, ohne ein Ziel zu haben oder Nebenmissionen auszuführen. Darüber hinaus kann der/die SpielerIn oft den Ablauf der jeweiligen Missionen bestimmen, was eine Auswirkung auf die Geschichte haben kann. Das Open-World-Prinzip stößt bei den einen auf Begeisterung – an dieser Stelle im Zusammenhang mit dem Spiel GTA IV: Neben den kriminellen Missionen, kann man sich bei einem Schneider neu einkleiden lassen, in einen Striptease-Club gehen, eine Runde Dart spielen oder doch lieber den Sonnenuntergang beobachten. Und gerade die Zeit, die man nicht damit verbringt, eine der Aufgaben des Spieles zu lösen oder eines der Hindernisse zu überwinden, schaffen jenes virtuelle Freiheits- 283 Etwa durch Mod Art, eine Kunstform, die durch „Patches“ („Nachbesserungen“) und Modifikationen Spiele verändert, zum Beispiel indem der Spielefan die Kleidung des Avatars selbst gestaltet oder Modifikationen wie Velvet Strike anwendet. Velvet Strike ist eine Modifikation der KünstlerInnen AnneMarie Schleiner, Joan Leandre und Brody Condon, mit der der/die AnwenderIn Antikriegsgraffiti innerhalb der Online-Version des 1st-Person-Shooters Counter Strike anbringen kann, was zu großen Kontroversen unter den SpielerInnen (zur Zeit der Bush-Administration) führte. (Cannon, Rebecca: „Meltdown“. In: Videogames and Art. 2007. 40ff.) 284 Murray, Janet H.: Hamlet on the Holodeck. The Future of Narrative in Cyberspace. 1997, 152. 102 gefühl, das es einem Spieler erlaubt, nicht nur in ein Spiel, sondern in eine fremde Welt einzutauchen.285 Abb. 29: GTA IV – Sonnenuntergang.286 Abb. 30: GTA IV – Spielfigur Niko Bellic. 287 Andere betrachten das Bewegen in einer Welt, in der, bis auf „ein paar Nebenmissionen“, wenig passiert, mit Skepsis: The poor player wastes hours of time exploring a dead space that offers no further opportunities for interaction. Sure, the game offers zillions of choices in terms of where the player might go, but none of those choices is functionally significant.288 Das Open World Game bedarf, meiner Meinung nach, einer ausreichenden Anzahl von Inhalten, mit der diese Welt befüllt wird. Ansonsten tritt tatsächlich der von Crawford beschriebene Effekt ein. Auch wenn schlichtweg die Größe der Welt den Handlungsstrang zu sehr blockiert, zum Beispiel durch lange „Anfahrtszeiten“, um zur nächsten Misssion zu gelangen, kann Langeweile auftreten. Die Umsetzung dieser Gratwanderung ist von Spiel zu Spiel unterschiedlich. 285 Moorstedt, Tobias: „Von Schönheit und Krieg. Grand Theft Auto IV“, http://www.sueddeutsche.de/ computer/780/440522/text/ (26. April 2008b) 286 Grand Theft Auto IV (Screenshot). Bildquelle: Rockstar Games. 2008. 287 Grand Theft Auto IV (Screenshot). Bildquelle: Rockstar Games. 2008. 288 Craword, Chris: Chris Crawford on Interactive Storytelling. 2005, 41. 103 Dialoge Der nächste Punkt, der Einsatz von Dialogen, bietet ebenfalls verschiedene Interaktionsmöglichkeiten. (Dialoge sind vor allem für Adventure Games und Role Playing Games von Bedeutung.) Dialoge finden sich in drei verschiedenen Formen: a) Die Dialoge sind zur Gänze gescripted und lassen keinerlei Einfluss des/-r SpielerIn zu, wie etwa in Cut-Scenes. b) Der/die SpielerIn wählt eine Dialogoption aus mehreren vorgeschlagenen und ausgeschriebenen Optionen. In Folge spricht der Avatar den Dialogtext oder der Nichtspielercharakter antwortet direkt, damit der/die SpielerIn nicht den Dialogtext, den er/sie schon gelesen hat, noch zusätzlich hört. Abb. 31: Variante b) Dialogoptionen in Fallout 3.289 c) Der mögliche Dialogtext wird nur als „Mood“-Text angezeigt, das heißt eine Auswahl von einzelnen Worten oder kurzen Texten, die lediglich die GedankenOptionen des Avatars widerspiegeln. Die Antwort wird, nach der Auswahl des/-r Spielers/-in eines der vorgeschlagenen „Mood“-Texte, vom Avatar gesprochen. Inhaltlich trifft der gesprochene Text die Auswahl, aber das hörbare Endergebnis ist dem/-r SpielerIn vorher nicht bekannt. 289 Fallout 3. (Screenshot). Bildquelle: Ubisoft. 2008. 104 Abb. 32: Variante c) Mood Text in Mass Effect. 290 Die Auswahl der jeweiligen Dialogoption kann einen größeren oder kleineren Einfluss auf das Spiel haben. Bei geringem Einfluss ändert sich nicht viel an der Situation: Die Gesprächsreihenfolge ist unterschiedlich oder die Antwort des Gegenübers fällt anders aus – vielleicht auch die Emotion in der Antwort, aber das Ergebnis bleibt das gleiche. In ausgefeilteren Varianten lässt es der Dialog offen, ob ein Konflikt vom/-n der SpielerIn diplomatisch oder mit Gewalt gelöst wird, was Auswirkungen auf den weiteren Spielverlauf haben kann. Der Ruf eilt der Spielfigur voraus und Nichspielercharaktere benehmen sich deshalb anders. Der/die SpielerIn erreicht durch eine geschickte Dialogführung Gefälligkeiten – und so weiter. Wenn die Dialoge jedoch bedeutungslos sind (und auch nicht die Handlung vorantreiben), hat das Spiel dasselbe Problem wie der Film – es verliert im schlimmsten Fall den emotionalen Draht zum/-r SpielerIn. „Zu viele Worte führen dazu, daß wir einen Film nur noch intellektuell verstehen. Damit wird das Aufnehmen einer intuitiven und sehr viel tieferen Ebene unterbrochen [...]“291 Beeinflussung der Erzählstruktur Crawfords Luke-Skywalker-Beispiel und Atkinsʼ Drachentöterbeispiel zum Trotz, sind Entscheidungen des/-r SpielerIn, welche die Handlung beeinflussen, möglich – sowohl anhand des Dialogs als auch anhand der ausgeführten Aktionen. Voraus- 290 Mass Effect. (Screenshot). Bildquelle: Electronic Arts. 2007/2008. 291 Hant, Claus Peter: Das Drehbuch. Praktische Filmdramaturgie. 1999, 257. 105 setzung dafür ist, dass die weiteren angebotenen Entscheidungen eine ansprechende Alternative bieten und nicht einer Handlungsverweigerung gleichkommen (wie das bei Crawfords Luke-Skywalker-Beispiel der Fall wäre). Doch Kosten und Aufwand sind nicht zu unterschätzen. Schnell kommt es zu einer Multiplikation von verschiedenen Optionen, weshalb ein Blick auf die verschiedenen Erzählstrukturen folgt – lineare Struktur, nicht-lineare Struktur und Mischformen: Lineares Erzählen Lineares Erzählen im Computerspiel ist ähnlich der klassischen, filmischen Erzählweise, beschrieben von Syd Field: Weil ein Drehbuch eine in Bildern erzählte Geschichte ist, können wir uns fragen, was alle Geschichten gemein haben. Sie haben einen Anfang, eine Mitte, ein Ende, aber nicht unbedingt in dieser Reihenfolge, wie Jean-Luc Godard sagte. Drehbücher besitzen eine grundlegende lineare Struktur, die die äußere Form des Drehbuchs bildet, da sie die einzelnen Bestandteile der Story Line verbindet. 292 Wenn das Computerspiel die lineare Erzählstruktur verwendet, sieht es jedoch etwas anders aus. Der/die SpielerIn übt seine/ihre Aufgaben aus und löst mit dem Erfüllen der Aufgabe ein inhaltliches Ereignis aus. Zur „Belohnung“ schreitet die Geschichte voran. Abb. 33: Linear story. 293 Die Rechtecke markieren das Ereignis, die Pfeile dazwischen sind die Handlungen des/-r SpielerIn. „Many people criticize this method as ʻnot really being interactive,ʼ but players sure do enjoy it. [...] it is a neat little system that works very well, and it strikes a nice 292 Field, Syd: Das Drehbuch. Die Grundlagen des Drehbuchschreibens Schritt für Schritt vom Konzept zum fertigen Drehbuch. 2007, 37. 293 Linear story. (Grafik). Bildquelle: Ince, Steve: Writing for Video Games. 2006, 49. 106 balance between gameplay and storytelling.“294 Viele Spiele funktionieren nach diesem Muster, was den Erfolg des linearen Erzählens bestätigt. Nicht für jedes Spiel ist Linearität die geeignete Erzählform, aber in vielen Fällen findet die gewohnte Dramaturgie, mit ihren Ansätzen bei Aristoteles, in der Zwischenzeit schon fast standardmäßig die „Reise des Helden“ (nach Christopher Vogler)295 genannt, ihren Anklang. Nichtlineares Erzählen und Mischformen Wenn man an das interaktive Erzähl- und Spielerlebnis der Zukunft denkt, träumt man davon, alle Möglichkeiten ergreifen zu können und zwischen einer Unzahl von Entscheidungen wählen zu können. Dieser Gedanke führt zur Vision einer „branching storyline“, einer Geschichte mit Baumstruktur, ersichtlich in Abbildung 34: Abb. 34: Branching story and gameplay.296 294 Schell, Jesse: The Art of Game Design. A Book of Lenses. 2008, 265. 295 Vogler, Christopher: Die Odyssee des Drehbuchschreibers. Über die mythologischen Grundmuster des amerikanischen Erfolgskinos. 2004. 296 Branching story and gameplay. (Grafik). Bildquelle: Ince, Steve: Writing for Video Games. 2006, 50. 107 Diese Erzählstruktur funktioniert bereits nach der zweiten Entscheidung des/-r SpielerIn nicht, da die verschiedenen Wege ins Unendliche ausufern. Die Produktion der verschiedenen Varianten ist schlichtweg nicht möglich, denn die Kosten wären zu hoch und es würden zu viele Ressourcen in Teilen des Spiels verschwendet, die der/ die SpielerIn nie zu Gesicht bekommt. Dasselbe trifft, wenn auch nicht in diesem Ausmaß, auf parallel verlaufende Geschichten im selben Spiel zu: Abb. 35: Parallel story and gameplay. 297 Diese Erzählstruktur bietet außerdem die Möglichkeit, an gewissen Punkten zwischen den beiden Erzählsträngen zu wechseln.298 Doch bereits bei zwei unterschiedlichen Wegen produziert der Entwickler eine Unmenge von Material, welches zwar den Wiederspielwert für hartgesottene Fans erhöht, aber viele SpielerInnen nicht erleben werden. This problem is one of the key considerations that scare game designers away from forking paths in a game (multi-path structure). “Why build assets that many players wonʼt see?” designers rightly ask. And they readily point out that the money you spend on these potentially unseen assets could have been better used if spent on other areas of the game that all the players will encounter. 299 Aus diesen Grafiken ergibt sich, dass das Anbieten von Entscheidungen, die zu sich gabelnden Wegen in der Geschichte führen, eine schwierige Angelegenheit ist. Deswegen kommt es zu verschiedensten Mischformen in der Erzählstruktur, je nach den Bedürfnissen von Gameplay und Story. 297 Parallel story and gameplay. (Grafik). Bildquelle: Ince, Steve: Writing for Video Games. 2006, 51. 298 Ein Beispiel: Der/die SpielerIn wählt am Anfang eine Seite, für die er/sie kämpft, schließt sich jedoch später der anderen Seite an. 299 Freemann, David: Creating Emotion in Games: The Craft and Art of Emotioneering™. 2003, 274. 108 Um den Rahmen dieser Arbeit nicht zu sprengen, halte ich mich an die weniger ausufernde Zusammenfassung der Erzählstrukturen von Steve Ince. Zu diesen gehört: Abb. 36: Linear story, non-linear gameplay.300 Der/die SpielerIn folgt zwar einer vorgegebenen und linearen Geschichte, kann aber auf verschiedene Art zum Ziel gelangen. (Ein Beispiel: Statt einen Konflikt mit Gewalt zu lösen, wählt der/die SpielerIn einen diplomatischen Weg. Das Resultat ist das gleiche – die Lösung des Konflikts.) Das WIE ist der ausschlaggebende Punkt. Abb. 37: Linear gameplay, player-influenced story. 301 Im Falle der Abbildung 37 folgt der/die SpielerIn einer geregelten Spielstruktur – das Lösen der Aufgaben geht einen vorgegebenen Weg, während er/sie die Geschichte durch Wahlmöglichkeiten innerhalb der Ereignisse beeinflussen kann. Zum Beispiel, indem der/die SpielerIn innerhalb einer Cut-Scene oder eines Dialoges eine Wahlmöglichkeit hat, die zu einer Variante führt, aber den Verlauf der Geschichte nicht maßgeblich beeinflusst. Im Spiel Fallout 3 kommt es im Finale zu einer Entscheidung dieser Art (Spoiler-Warnung!): Damit „das Gute“ siegt, muss sich 300 Linear story, non-linear gameplay. (Grafik). Bildquelle: Ince, Steve: Writing for Video Games. 2006, 50. 301 Linear gameplay, player-influenced story. (Grafik). Bildquelle: Ince, Steve: Writing for Video Games. 2006, 52. 109 jemand opfern und einen radioaktiven Raum betreten, was zum Tod führt. Der Nichtspielercharakter stellt den/die SpielerIn vor die Wahl, ob er/sie sich opfert. Falls ja, ist der/die SpielerIn der/die HeldIn. Er/sie ist tot, aber das Spiel ohnehin zu Ende. Falls nein, opfert sich der Nichtspielercharakter, das Gute siegt trotzdem und das Spiel ist ebenfalls zu Ende. Eine weitere Möglichkeit ist eine kontrollierte Baumstruktur, welche die Entwickler von Open World Games oft verwenden, um die gefühlte Freiheit weiter zu vergrößern. Abb. 38: Controlled branching story and gameplay. 302 Auch in der Struktur von Abb. 38 erreicht der/die SpielerIn nie gewisse Punkte, aber seine/ihre Wahlmöglichkeiten bewegen sich in einem kontrollierten Rahmen und steuern trotzdem auf einen Höhepunkt zu. Die Baumstruktur ufert nicht aus, weil... When the mixture of story and gameplay leads to multiple branching points, the potential for the story to have an increasing number of variations – with the amount of work involved escalating exponentially – becomes a very scary prospect. 303 302 Controlled branching story and gameplay. (Grafik). Bildquelle: Ince, Steve: Writing for Video Games. 2006, 52. 303 Ince, Steve: Writing for Video Games. 2006, 20. 110 Alleine die Wahl der Erzählstruktur eines Spiels zeigt: Interaktives Erzählen ist eine Herausforderung. Das Drehbuch zur Interaktivität Ein kurzes Wort zum Drehbuch eines Computerspiels: Bedingt durch die unzähligen verschiedenen Varianten existiert kein durchgängiges Standardformat. Die Spannweite reicht vom klassischen Drehbuchformat aus der Filmbranche bis zur sehr technisch geschriebenen Büchern, die detailgetreu die verschiedenen Varianten berücksichtigen. An dieser Stelle ein Beispiel für ein technisch angereichertes Skript von Steve Ince304: Edwards: $ Hey, Wilks. $ if(wilks_johnny == false) $ //Greeting used every time //Not spoken to Wilks about Johnny { $ if(wilks_shooting == false) $ ! { $ $ Wilks: $ $ Whatʼs up? $ $ Edwards: $ I heard that you witnessed the shooting. $ $ Wilks: $ $ That so? ! ! Edwards: $ Just tell me what happened! $ $ Wilks: $ $ Get lost! I didnʼt see nothing! $ $ //Edwards looks angry – he should have handled it better ! ! wilks_shooting = true; $ } $ else //Subsequent times ! { $ $ $ } $ if(johnny_shooting == true) //Talked to Johnny about shooting ! { $ $ Edwards: $ Your friend Johnny saw you with the body. $ $ Wilks: $ $ That junkie ainʼt fingering me! 304 //Talk about shooting for first time //Nervous, but puts on brave face Wilks: I got nothing to say. Ein ausgiebigeres und sehr technisch geschriebenes Skript, welches bereits auf die verwendete Game Engine eingeht, findet sich im Appendix von Steve Inces Buch „Writing for Video Games“. (Ince, Steve: Writing for Video Games. 2006, 153ff.) 111 $ $ Edwards: $ $ $ //Wilks thinks, weighing his options ! ! Wilks: $ $ Listen, all I saw was a guy in a leather jacket $ $ $ running away. The woman was already dead. $ $ //Leather jacket is key info ! ! Edwards: $ $ $ wilks_johnny = true; $ } $ Itʼs not looking good, man. Thanks. } else { $ } Wilks: Get lost, will you? 305 Dieses Beispiel illustriert, dass der/die SpielerIn als Detektiv Edwards keine Informationen aus Wilks herausbekommt, solange er/sie nicht mit Johnny gesprochen hat. Die Dialoge sind in diesem Fall vorgegeben und können nicht ausgewählt werden. Andere Spiele wiederum haben andere Bedürfnisse an das Skript. Gameplay und Erzählstruktur bestimmen die Form. Einschränkungen der Freiheit Wie an den Einschränkungen der Erzählstrukturen erkennbar ist, läuft interaktives Erzählen im Computerspiel nicht darauf hinaus, dem/-r SpielerIn die größtmögliche Freiheit zu gewähren. Stattdessen gibt das Spiel eine Struktur vor, die das Spielerlebnis verdichtet und dadurch erhöht. Es gibt eine beschränkte Anzahl von Wahlmöglichkeiten und verschiedenen Story-Varianten vor. Dadurch hat die Geschichte auch die Chance, die notwendige Qualität zu erreichen, statt sich zu einem Konglomerat von unzähligen Geschichten zu entwickeln, die allesamt nur ok oder unzureichend sind. Bereits eine einzelne, lineare und gut erzählte Geschichte ist eine große Herausforderung, an der viele AutorInnen scheitern. Wie schwierig ist erst eine Geschichte, die mehrere Geschichten in sich vereint? Das Ziel des Spiels ist es, dem/-r SpielerIn das Gefühl von Freiheit zu vermitteln: 305 Ince, Steve: Writing for Video Games. 2006, 77f. 112 We donʼt always have to give the player true freedom—we only have to give the player the feeling of freedom. For, as weʼve discussed, all thatʼs real is what you feel—if a clever designer can make a player feel free, when really the player has very few choices, or even no choice at all, then suddenly we have the best of both worlds—the player has the wonderful feeling of freedom, and the designer has managed to economically create an experience with an ideal interest curve and an ideal set of events. 306 Die Freiheit der Interaktivität wird in vielen Fällen bewusst vorgetäuscht. Aber wie gibt man dem/-r SpielerIn dieses Gefühl, nicht nur eine Spielfigur in der Geschichte zu sein, die über eine begrenzte Baumstruktur oder eine Parallelstruktur hinausgeht? Die emotionale Komponente Die emotionale Komponente steht bei der Einbindung des/-r SpielerIn sowie des/-r ZuseherIn im Vordergrund. Vor der Analyse der emotionalen Komponente im Computerspiel werfe ich einen Blick auf den Film und zeige, wie dieser mit der Einbindung des/-r ZuseherIn umgeht. Auch im Film steht das WIE im Vordergrund, wie der kommende Abschnitt zeigen wird. Wie schafft es der Hauptcharakter, am Ende erfolgreich aus der „Reise des Helden“ hervorzugehen? Und dieses WIE ist mit Emotionen verbunden. Und darin liegt die Stärke des filmischen Erzählens. Die emotionale Komponente im Film „[...] great storytelling is about one thing only—engaging the reader emotionally.“307 Wenn der Film den/die ZuseherIn emotional mitnimmt, ihn/sie mitfiebern lässt, taucht er/sie in die Welt des Films ein, er/sie identifiziert sich mit dem Hauptcharakter. Und die größte Gefahr, den/die ZuseherIn zu verlieren, ist vergessen – die Langeweile. „Um eine Geschichte zu schreiben, die die Herzen der Zuschauer bewegt, muß der Autor den Protagonisten durch echte emotionale Erfahrungen gehen lassen.“308 Doch wie erreichen Filmschaffende diesen Erfolg bei den ZuseherInnen? Das 306 Schell, Jesse: The Art of Game Design. A Book of Lenses. 2008, 284. 307 Iglesias, Karl: Writing for Emotional Impact. Advanced Dramatic Techniques to Attract, Engage, and Fascinate the Reader from Beginning to End. 2005, 10. 308 Hant, Claus Peter: Das Drehbuch. Praktische Filmdramaturgie. 1999, 26. 113 Stichwort liegt in diesem Zitat, streng betrachtet, nicht bei „echt“, sondern bei „gehen“. Der Hauptcharakter geht den Weg einer persönlichen Veränderung. Dieser Weg wird auch als Charakterbogen („character arc“) bezeichnet: A Character Arc is the rocky path of growth a character undergoes, usually unwillingly or with difficulty, during which the character wrestles with and eventually overcomes some or all of a serious emotional FLBW [fear, limitation, block or wound = der innere Konflikt; Anm. R.H.]. 309 Der Charakter überwindet seinen inneren Konflikt – Katharsis findet statt. Um Veränderung hervorzurufen, braucht es gewisse Werkzeuge: - Ein Hindernis, einen Konflikt der den Hauptcharakter zur Handlung zwingt. - Der Hauptcharakter braucht ein Ziel und ausreichend Motivation, um diese Hindernisse in Angriff zu nehmen. Dazu muss etwas auf dem Spiel stehen; die Figur muss der Gefahr einer negativen Veränderung ausgesetzt sein. - Um den Konflikt zu überwinden, muss der Charakter außerdem Entscheidungen treffen. Diese Entscheidungen erzählen dem/-r ZuseherIn über das Innenleben der Figur. Und je schwerer ihm/-r die Entscheidungen fallen, desto mehr nehmen sie den/die ZuseherIn mit. The dilemma is where the character confronts a critical choice between two equally attractive propositions, or the lesser of two evils. [...] a good conflict isnʼt all black and white, right or wrong. A conflict with a clear answer isnʼt a a conflict at all. If you had to choose between killing a pedophile or a kleptomaniac to save your life, the choice would be clear (I hope). This is not a dilemma. But having to choose between killing an innocent police officer or a firefighter, thatʼs not such an easy choice. 310 - Bei ihren Entscheidungen wird die Figur nicht nur vom/-n der ZuseherIn betrachtet, sondern auch von den anderen Figuren des Films. Wie diese auf ihn reagieren, ihn sehen und charakterisieren, trägt ebenso zur Figur bei. „Jede Figur enthüllt andere Aspekte seiner inneren Qualitäten.“311 309 Freemann, David: Creating Emotion in Games: The Craft and Art of Emotioneering™. 2003, 120. 310 Iglesias, Karl: Writing for Emotional Impact. Advanced Dramatic Techniques to Attract, Engage, and Fascinate the Reader from Beginning to End. 2005, 97. 311 Hant, Claus Peter: Das Drehbuch. Praktische Filmdramaturgie. 1999, 44. 114 - Die inneren Qualitäten des Charakters sind bestimmt von seinen Eigenschaften. Der Hauptcharakter verfügt über mehrere Eigenschaften, eine Mischung aus positiven und negativen Eigenschaften. Eine Figur, die nur „gut“ oder nur „schlecht“ ist, kann beim Publikum schnell unglaubwürdig wirken. Besonders mit der Überwindung der „schlechten“ Eigenschaften und der Zweifel präsentiert sich der/die ProtagonistIn beim Publikum als geeignete Identifikationsfigur. Wenn das Zusammenspiel all dieser Punkte funktioniert, ist es dem/-r ZuseherIn möglich, in die Welt des Films einzutauchen (Immersion). Er/sie identifiziert sich mit der Figur, weil die Möglichkeit zur Empathie, zum Mitfühlen, gegeben ist.312 Nach dem Film geht er/sie mit einer Emotion aus dem Kino, und im optimalen Fall hat er/ sie sich selbst dabei verändert. „The experience of emotions is the most compelling reason we go to the movies, watch television, play video games, read novels, and attend play and sporting events.“ 313 Und mit dieser Aussage trifft Iglesias meiner Meinung nach den Punkt, der zum nächsten Kapitel führt: Warum nicht die emotionale Komponente im Computerspiel stärker einsetzen? Die emotionale Komponente im Computerspiel Doch woran scheitert es? Um Tomb Raider erneut als Beispiel aufzugreifen314 : die Hauptfigur Lara Croft vermittelt am Ende die gleiche Emotion wie am Anfang – nämlich keine Emotion: [...] Lara Croft is simply a female version of Indiana Jones, except that she doesnʼt have anything like the depth of Indy—his vulnerability, weak spots, and so on. If he is two-dimensional, then she is one-dimensional. 315 312 „Welche Rolle Empathie im Filmerleben spielt, wird gegenwärtig verstärkt untersucht. Im weitesten Sinne geht es dabei immer um die Reaktion eines Menschen auf Erlebnisse eines anderen. [...] Gängige Konzepte zur Empathie lassen erkennen, dass ein sehr breites Spektrum von Bestimmungen existiert, welches von Empathie als ,Fremdverstehenʻ (gegenüber Perspektiven, Motiven fremder Personen) bis ,Teilhabe an den Emotionen andererʻ reicht.“ (Wuss, Peter: „Konflikt und Emotion im Filmerleben. Von Lachsalven bei Chaplin zur empirischen Emotionsforschung“. In: Kinogefühle. Emotionalität und Film. Marburg: Schüren Verlag. 2005, 217) 313 Iglesias, Karl: Writing for Emotional Impact. Advanced Dramatic Techniques to Attract, Engage, and Fascinate the Reader from Beginning to End. 2005, 10. 314 Siehe Seite 65 bis 66. 315 Rollings, Andrew; Adams, Ernest: Andrew Rollings and Ernest Adams on Game Design. 2003, 131. 115 Warum tragen die Figuren oft keine emotionale Tiefe in sich und leiden an Eindimensionalität? Stories are about people. [...] This simple truth—that stories [are; eingefügt v. R.H.] about about [sic!] people, not things—explains the utter failure of games to incorporate storytelling in any but the most mechanical and forced manner. Games concern themselves with things: things you acquire, things you use, things you destroy, and so on. Thatʼs why theyʼre so emotionally crippled—when was the last time you gave a damn about a thing? [...] The cardboard people in games do for drama what inflatable dolls do for sex.316 In der Zwischenzeit sind Spiele erschienen, die einen anderen Ansatz wählen. (Vereinzelt gab es sie auch zuvor.) Aber nach wie vor bestehen Computerspiele aus der Jagd nach Gegenständen. Emotional beschränken sich diese Spiele auf den Genuss von Erfolg und das Ärgern über den Misserfolg: „ʻYippee!ʼ and ʻDamn!ʼ are about the limit of it—exhilaration and frustration, respectively.“317 Es spricht nichts gegen „Yippee!“ und „Damn!“ – sie gehören zu jedem Spiel und sind für manche Spiele vollkommen ausreichend. Wenn ein Spiel jedoch nachhaltig den/die SpielerIn ansprechen will, benötigt es mehr als das „Yippee“-Erfolgserlebnis. Aber sowohl in linearen Spielen wie Tomb Raider als auch in nicht-linearen Spielen fehlt oft diese Qualität. Das Problem liegt nicht in der Erzählstruktur. Lineare Strukturen erwecken den Anschein, sie könnten wie ein Film funktionieren und dadurch sei das Problem gelöst. Rollenspiele – unter ihnen sind viele Vertreter nichtlinearer Strukturen – würden durch ihre oft riesige Welt eine Plattform für emotionalisierende Momente bieten, doch verlieren sie sich oft im Sammeln von Gegenständen.318, 319 316 Craword, Chris: Chris Crawford on Interactive Storytelling. 2005, 15. 317 Rollings, Andrew; Adams, Ernest: Andrew Rollings and Ernest Adams on Game Design. 2003, 448. 318 Beim Spielen von Fallout 3, ein Rollenspiel mit Setting in einem postapokalyptischen Amerika, ertappte ich mich selbst dabei, dass ich nur noch Gegenstände sammelte und mich dabei eigentlich langweilte. Da ich das Gewichtslimit überschritten hatte, aber zu viele „wertvolle“ Gegenstände erbeutet hatte, reiste ich mehrmals zwischen dem Ort des Geschehens und der Händlerin hin und her. Das Resultat war, dass ich dadurch bessere Waffen kaufen konnte, die ich später ohnehin anders erlangt hätte. 319 Vgl.: Rollings, Andrew; Adams, Ernest: Andrew Rollings and Ernest Adams on Game Design. 2003, 448. 116 Aber diese Herangehensweise ist allein kein Grund zur Aufgabe. Rollings und Adams wie auch Freeman320 erkannten schon 2003, dass sich Spiele nicht auf den Kampf um Gegenstände und den „Yippee!“-Effekt beschränken müssen: In terms of the richness of their emotional content, games are now just about where the movies were when they moved from the nickelodeon to the screen. Theyʼre no longer just a few minutesʼ amusement; they are now capable of engaging their audience, and that means an emotional involvement as well as an intellectual one.321 Welche Möglichkeiten bieten sich im Game an, das Spielerlebnis mit emotionalisierenden Elementen zu versehen? Voraussetzung ist an erster Stelle ein gutes Zusammenspiel von Gameplay und Story sowie die Erschaffung einer ansprechenden Welt, in der die emotionalen Erlebnisse stattfinden können. Wie im Film braucht es dafür Konflikte und Hindernisse. Ich baue das Drachentöterbeispiel von Atkins322 aus: Der Drache (das Hindernis) muss überwunden werden. Um diese Tat zu motivieren, ist ein Ziel vonnöten – die Rettung der Prinzessin. Als Belohnung winken Heldentum und „Yippee!“. Aber diese Geschichte ist selbst für den schlechtesten Film zu wenig. SpielerInnen und ZuseherInnen wollen mehr, sie wollen einen Konflikt, der von Bedeutung ist. Die Konflikte könnten doch den/die SpielerIn in ein Dilemma bringen. Und der Vorteil ist: Der/die SpielerIn erlebt es selbst! Ein Beispiel: „In most games, you expect to kill bad guys. So, if someone tricks you into killing the bad guys—imagine the shock of the player. It would be an emotionally complex moment.“323 David Freeman gibt eine Reihe weiterer Beispiele, die er „emotional komplexe Momente“ nennt – eine Auswahl: die Figur (=der/die SpielerIn) wird gezwungen Böses zu tun, die Figur scheitert daran, einer anderen Figur zu helfen, oder hat keine Möglichkeit außer hilflos zuzusehen (vorausgesetzt es besteht eine emotionale Bindung zur Nichtspielerfigur), die Figur wird gezwungen, die eigene 320 Allein David Freemans 2003 erschienenes Buch trägt den Titel Creating Emotion in Games: The Craft and Art of Emotioneering™. 321 Rollings, Andrew; Adams, Ernest: Andrew Rollings and Ernest Adams on Game Design. 2003, 75. 322 Atkins, Barry: More than a game. The computer game as fictional form. 2003, 43. 323 Freemann, David: Creating Emotion in Games: The Craft and Art of Emotioneering™. 2003, 188. 117 Überzeugung über Bord zu werfen, ambivalente Gefühle gegenüber dem Gegner kommen auf...324 Der/die HeldIn eines Films ist Entscheidungen und Erlebnissen dieser Art ausgesetzt. Immer mehr Spiele fordern den/die SpielerIn auf diese Weise heraus, aber das Potenzial nach oben ist offen. Wenn die Geschichte des Spiels linear erzählt wird und sich das Fortschreiten der Handlung auf die Cut-Scenes beschränkt, ist der emotionale Konflikt nicht sehr schwierig anzuwenden.325 Eine Herausforderung ist die Anwendung des emotionalen Dilemmas in der nichtlinearen, „multi-path“ Geschichte, denn die Entscheidung des/-r Spielers/-in soll auch von Bedeutung sein. „A good game gives the player meaningful choices. Not just any choices, but choices that will have a real impact on what happens next, and how the game turns out.“326 Und wie beim Film sollen diese Entscheidungen eine emotionale Auswirkung haben.327 Wenn es gelingt und die Entscheidung den/die SpielerIn emotional herausfordert, verstärkt sich die Identifikation mit der Spielfigur umso mehr. Ein Beispiel für den meiner Meinung nach gelungenen Einsatz von moralischen Entscheidungen ist das Spiel Mass Effect. (Spoiler-Warnung: Auf den kommenden sechs Seiten werden inhaltliche Informationen, die das Spielerlebnis beeinträchtigen können, preisgegeben. Die LeserInnen, die Mass Effect noch unvoreingenommen spielen möchten, bitte ich, auf Seite 124 nach dem zweiten Absatz fortzusetzen.) Mass Effect ist ein Science-Fiction-Rollenspiel, in dem der/die SpielerIn als Commander Shepard mit seiner/ihrer328 Crew (nach dem Open-World-Prinzip) durch die Galaxis reist, um Details zu einer vorerst unbekannten Gefahr aus den Weiten des Alls herauszufinden und um am Ende das Universum zu retten. Orte der Handlung sind das eigene und fremde Raumschiffe, Planeten und eine riesige Raumstation. Die Mitglieder der vom Computer gesteuerten Crew treffen erst nach und nach auf die Spielfigur und schließen sich ihr an, weshalb Commander Shepard 324 Freemann, David: Creating Emotion in Games: The Craft and Art of Emotioneering™. 2003, 173ff. 325 Warum diese Werkzeuge in Spielen so selten verwendet werden, ist mir nicht verständlich. Andererseits ist es aber auch nicht einfach, erfolgreiche Filme herzustellen; und die Flops erreichen meist nie das österreichische Kino. 326 Schell, Jesse: The Art of Game Design. A Book of Lenses. 2008, 179. 327 Vgl. das Iglesias-Zitat: „The dilemma is where the character confronts a critical choice between two equally attractive propositions, or the lesser of two evils [...]“ (2005, 97) auf Seite 114. 328 Commander Shepard kann als Mann oder als Frau gespielt werden. 118 sie vom ersten Treffen an kennen lernt. Von den sechs Crewmitgliedern kann der/die SpielerIn als Shepard unterstützend zwei von ihnen auf jede Mission mitnehmen, was er/sie vor der jeweiligen Mission entscheidet. Jedes Crewmitglied hat unterschiedliche Fähigkeiten, vier davon sind „Aliens“. In den Missionen kämpft er/ sie, verhandelt, löst Rätsel und Mini-Games, holt Informationen ein und löst diverse weitere Aufgaben. Zwischen den Missionen kann Shepard Nebenmissionen erfüllen, frei die Welt erforschen und seine/ihre Crewmitglieder im Dialog näher kennen lernen. Anhand der Dialoge und anhand der Cut-Scenes beginnt der/die SpielerIn Zu- oder Abneigung zu den Crewmitgliedern zu entwickeln (je nach persönlicher Vorliebe). Im Spiel kommt es zu drei moralischen Entscheidungen (Dilemmas): Erste Entscheidung: In einer Mission des Spiels muss Shepard eine Söldnergruppe, die für den Gegenspieler kämpft, angreifen. Die Söldner gehören dem Volk der Kroganer an. Ein Mitstreiter, der Shepard in der Zwischenzeit als Freund betrachtet, ist ebenfalls Kroganer und gibt seine Bedenken bekannt, nicht gegen sein eigenes Volk kämpfen zu können. Doch jede/-r KämpferIn wird benötigt. Shepard hat nun vier Möglichkeiten: 1. Er/sie versucht ihn von der Sinnhaftigkeit der Sache zu überzeugen. Dazu muss er/sie über die notwendigen „Fertigkeitspunkte“ für diplomatisches Geschick verfügen. Der Kroganer ist weiterhin Teil des Teams. 2. Er/sie droht dem Kroganer mit Konsequenzen. Dafür muss Shepard ebenfalls genügend „Fertigkeitspunkte“ haben, in diesem Fall für erfolgreiches, aggressives Verhalten.329 Der Kroganer ist weiterhin Teil des Teams. 3. Er/sie versucht den Kroganer zu überzeugen, ohne genug „Fertigkeitspunkte“ zu haben, aber geht nicht auf einen Kampf ein. Der Kroganer fühlt sich von Shepard in die Ecke gedrängt und zückt überraschend seine Waffe. Shepard wird von einer aufmerksamen Soldatin aus dem Team gerettet, indem sie den Kroganer in den Rücken schießt, als der seine Waffen zückt. Der Wehrmutstropfen: Der/die SpielerIn verliert ein Teammitglied und dessen Unterstützung in den Missionen. Außerdem verbleibt der bittere Beigeschmack, dass die (menschliche) Soldatin zuvor schon ihre ansatzweise rassistischen Bemerkungen gegenüber den „Aliens“ an Bord äußerte. 329 Diese „Fertigkeitspunkte" ergeben sich auch daraus, wie sich der/die SpielerIn in Situationen zuvor verhalten hat – vorbildlich oder aggressiv. 119 4. Er/sie entscheidet, noch bevor der Kroganer seine Waffe zückt, ihn anzugreifen und als Fahnenflüchtigen zu exekutieren. Der/die SpielerIn verliert ein Teammitglied und kann sich die Zustimmung der (ansatzweise) rassistischen Soldatin anhören. Abb. 39: Der Kroganer in Mass Effect.330 Unabhängig von dieser Entscheidung fährt die Geschichte fort und Shepard kann trotzdem, mit einem Teammitglied mehr oder weniger, das Universum retten. Jedoch hat der/die SpielerIn, Shepard, auf dem Weg dorthin vielleicht auch einen virtuellen Freund verloren. Zweite Entscheidung: Im Rahmen eines größeren Kampfes sind alle Teammitglieder an unterschiedlichen Orten in den Kampf verwickelt. Während Shepard seinem menschlichen (männlichen) Soldaten zu Hilfe eilt, der unter Beschuss steht, erreicht ihn/sie ein Funkspruch von der Soldatin, dass sie ebenfalls angegriffen wird (oder umgekehrt). Der/die SpielerIn muss sich entscheiden, wem er/sie zu Hilfe eilt, denn es bedeutet zugleich, den Soldaten oder die Soldatin zu opfern. Nach diesem Kampf hat das Team ein Mitglied weniger an Bord – der/die SpielerIn muss entscheiden, um wen es sich handelt. Wer verstirbt, kann auf spätere Missionen nicht mehr mitgenommen werden und wird vom Spiel automatisch aus den folgenden CutScenes herausgeschnitten. 330 Mass Effect. (Screenshot). Bildquelle: Electronic Arts. 2007/2008. 120 Dritte Entscheidung: Bei dieser Entscheidung handelt es sich um ein „Love Interest“. Unter bestimmten Voraussetzungen kann Shepard eine Liebesbeziehung mit einem seiner Teammitglieder eingehen.331 Der Konflikt besteht darin, dass Shepard sein Glück bei zwei verschiedenen Teammitgliedern versuchen kann und sich früher oder später entscheiden muss. Die Voraussetzungen dafür sind: - Shepard hat nicht die Soldatin in Entscheidung Nummer 2 geopfert. - Shepard sucht zwischen den Missionen den Dialog mit beiden Damen. Spricht er nur mit einer, kann er nur die Aufmerksamkeit dieser Figur gewinnen. - Shepard beleidigt die Damen nicht und zeigt Interesse für ihr Befinden und ihre Hintergrundgeschichten. Die beiden Damen sind die (menschliche) Soldatin und eine Wissenschafterin vom Volk der Asari (ein „Alien“). Ihre Eigenschaften, die Sympathien auslösen oder beeinträchtigen können, sind: - Die Soldatin Ashley Williams: Ashley ist eine zähe und zuverlässige Kämpferin, die das schlechte Gewissen plagt (weil sie nichts dagegen tun konnte, als sie alle Männer und Frauen ihrer vorherigen Einheit verlor). Für Shepard hegt sie leise Bewunderung für seine Eigenschaften als Commander und schätzt ihn für sein Verständnis ihren Sorgen gegenüber. Trotzdem widerspricht sie häufig und stellt Entscheidungen des Commanders in Frage. Probleme löst sie am liebsten mit Waffengewalt. Unsympathisch macht sie außerdem ihre Einstellung und ihre Vorbehalte gegenüber den Aliens an Bord. (In Computerspielforen wurde heftig darüber diskutiert, ob man sie als rassistisch bezeichnen kann.) - Die Wissenschafterin Liara TʼSoni vom Volk der Asari: Liara ist die sanftere und wissbegierigere der beiden Damen und bevorzugt friedliche Lösungen (außer gegenüber Ashley). Sie interessiert sich für Shepard, vordergründig aus wissenschaftlichem Interesse für das Volk der Menschen, und schätzt seine diplomatischen Entscheidungen. Dummerweise kämpft ihre Mutter für die gegnerische Seite (die Zerstörung des Universums), was sie nicht verstehen kann und in einen inneren Konflikt stürzt. Sie versucht die Handlungen ihrer Mutter aufzuklären und sich gegenüber Shepard von diesen zu distanzieren. (Besonders Ashley hegt 331 Ich gehe dabei, um die Aufzählung der verschiedenen Varianten nicht zu verkomplizieren, davon aus, dass der/die SpielerIn einen männlichen Avatar spielt. Dasselbe Szenario ist auch mit einem weiblichen Avatar möglich, führt aber zu unterschiedlichen Teammitgliedern in der Rolle als „Love Interest“. 121 Zweifel an ihrer Integrität gegenüber dem Team.) Ihre schlechteste Eigenschaft ist die Eifersucht. Abb. 40: Die Soldatin Ashley in Mass Effect. 332 Abb. 41: Die Wissenschafterin Liara TʼSoni in Mass Effect.333 Im Lauf der Geschichte spricht die Wissenschafterin (die Asari) Shepard darauf an, dass sie Gefühle seitens der Soldatin für Shepard bemerkt hat, und fragt ihn „rein aus Interesse“, wie Shepard zur Soldatin steht. Der/die SpielerIn hat drei Antwortmöglichkeiten mit Folgen: 332 Mass Effect. (Screenshot). Bildquelle: Electronic Arts. 2007/2008. 333 Mass Effect. (Screenshot). Bildquelle: Electronic Arts. 2007/2008. 122 1. Eine abwertende Aussage über die Soldatin. Die Soldatin wird dies erfahren, ist beleidigt und wird von nun an kein Interesse mehr an Shepard haben. 2. Die Soldatin ist nur eine gute Freundin. Auch dies wird die Soldatin erfahren, sich in ihren Gefühlen gekränkt fühlen und ebenso kein Interesse mehr an Shepard haben. Beide Varianten lassen sich nicht rückgängig machen. In beiden Varianten hat Shepard jedoch die Möglichkeit, eine Liebesbeziehung mit der Asari einzugehen. 3. Shepard bestätigt Gefühle für die Soldatin. Die Asari bedauert es, akzeptiert es, wird aber, zur Überraschung des/-r Spielers/-in, hartnäckig bleiben, was die Entscheidung Shepards nur vertagt. Einige Missionen später erscheinen die beiden Damen vor Commander Shepard wegen einer Streitigkeit und zwingen ihn zu einer Entscheidung, zu wem er nun steht. Die eine Dame zieht sich beleidigt zurück. Mit der anderen bleibt die Möglichkeit weiterhin bestehen, eine Liebesbeziehung einzugehen. Variante 3 ist die einzige Möglichkeit, die Soldatin für sich zu gewinnen (außer Shepard beleidigt zuvor schon grob die Wissenschafterin oder spricht generell nicht mit ihr). Wie geht die „Liebesbeziehung“ aus? Kurz vor der entscheidenden Mission ergreift die jeweilige Dame die Initiative und besucht Shepard in seinem Zimmer. Falls Shepard nicht ablehnt, haben die beiden Sex. Danach wird angedeutet, dass die Beziehung vermutlich auch nach der Rettung des Universums fortbestehen wird. (Es handelt sich nicht um eine Bedienung von männlichen Sexfantasien. Alleine um zur „Sexszene“ zu gelangen, sind Respekt und ein großes Ausmaß an Interesse gegenüber der Nichtspielerfigur notwendig.) Obwohl diese Szene harmloser als jeder Film dargestellt ist (die Charaktere fallen in ihrer Kleidung aufs Bett – Schnitt), sorgte diese Szene unverständlicherweise für große Aufregung.334 Unabhängig von der jeweiligen Dame, sind die Einstellungen und der Dialog gleich. Die Game Engine tauscht lediglich die Figuren und die dazugehörigen Stimmen aus. Emotional funktioniert dieses Konzept, was sich zeigt, wenn man die Reaktionen in Spielerforen liest: Dort finden sich unzählige Stimmen und Diskussionen, warum man sich für diese Figur als „Love Interest“ entschied und nicht die andere. Auch in der anderen Variante, wenn der/die SpielerIn eine weibliche Commander Shepard spielt. 334 Siehe: Schiesel, Seth: „Author Faults a Game, and Gamers Flame Back“, http://www.nytimes.com/ 2008/01/26/arts/television/26mass.html?_r=4&ref=arts (26. Jän. 2008) 123 Große Veränderungen des Handlungsstranges sind bei allen drei moralischen Entscheidungen nicht notwendig. Der/die SpielerIn wird, unabhängig von diesen Entscheidungen, das Universum retten – aber er hat das WIE beeinflusst, und das WIE von Mass Effect kann emotionalisieren. Der Nachteil von Mass Effect liegt darin, dass es in ca. 40 Stunden Spielzeit nur zu drei Entscheidungen dieser Art kommt. Der/die SpielerIn muss sich zwar noch anderen moralischen Entscheidungen stellen, diese beschränken sich jedoch meist darauf, ob er/sie bezwungene Gegner tötet oder verschont oder inwieweit er/sie Gewalt oder Diplomatie einsetzt. Anhand des Beispiels Mass Effect ist außerdem ersichtlich, dass zum emotionalen Erlebnis im Computerspiel die Nichtspielercharaktere gehören. Einerseits können sie den/die SpielerIn emotional beeinflussen anhand ihres Verhaltens der Hauptfigur gegenüber. An example: NPCs [Non-Player-Characters; Anm. R.H.] in one part of the game have heard about your exploits in another part of the game and act toward you in a friendly or hostile way, based on your reputation. Or, they may simply remark upon it. 335 Auch in Mass Effect eilt Shepard sein/ihr Ruf voraus. Er/sie gilt entweder als „Renegade“ oder „Paragon“. Zum Renegade wird, wer den Nichtspielercharakteren droht, ihnen unnötigerweise Gewalt antut oder sie standrechtlich erschießt, zum Paragon, wer den diplomatischen Weg wählt, den Gegnern eine Chance zur Rehabilitation gibt und auf das Urteil der Justiz vertraut. Als Resultat auf diese Aktionen des/-r SpielerIn reagieren die Nichtspielercharaktere entsprechend. (Außerdem können die Fertigkeitspunkte für „Bedrohen“ oder „Diplomatie“ nur gesteigert werden, wenn sie der/die SpielerIn auch in der Praxis anwendet.) Andererseits kann der/die SpielerIn beeinflusst werden durch die Gefühle, die er/sie für einen Nichtspielercharakter hegt. 335 Freemann, David: Creating Emotion in Games: The Craft and Art of Emotioneering™. 2003, 348. 124 Characters can be a great way to manipulate the choices the player is trying to make, or how they feel about those choices. But first you have to make the player care about how those imaginary characters feel. 336 Dabei ist von Bedeutung, dass der Nichtspielercharakter so gebaut ist, dass er mit seinen Eigenschaften und Geheimnissen, seinen Stärken und Schwächen, seinen Handlungen und Dialogen Interesse und Empathie beim/bei der SpielerIn erwecken kann. David Freeman gibt einige Beispiele dafür, wie „Chemie“ zwischen Nichtspielercharakter und SpielerIn entsteht: ◆ The NPC admires you ◆ The NPC reads your mind ◆ The NPC has things in common with you ◆ The NPC anticipates your needs and desires ◆ The NPC makes you grow to become a better person337 Wie die Figur im Film, kann die Spielfigur den Weg einer persönlichen Veränderung gehen. Selbst in nichtlinearen Geschichten wie Mass Effect ist ein Charakterbogen vorhanden: Shepard wächst mit seinen Aufgaben. Er/sie beginnt als einzelgängerischer Soldat mit dunkler Vergangenheit, an die er/sie sich, bedingt durch ein Trauma, nicht erinnern kann. Langsam aber stetig gewinnt er/sie ein Team und Freunde, findet vielleicht die Liebe und wächst über sich hinaus, als er/sie den Endgegner beinahe überzeugen kann, aufzugeben. Freeman wendet ein, dass die Identifikation des/-r SpielerIn nicht so einfach erfolgt wie die Identifikation des/-r Filmzusehers/-in. Seine Argumentation läuft darauf hinaus, dass der/die SpielerIn selbst der Hauptcharakter ist.338 Es ist zwar, aufgrund nichtlinearer Strukturen, beim Spiel schwieriger, emotionale Abfolgen zu erzeugen, Freemans Argument trifft jedoch nicht ganz zu. Der/die ZuseherIn eines Kinofilms projiziert sich ebenso in die Figur hinein und ist sie nicht 336 Schell, Jesse: The Art of Game Design. A Book of Lenses. 2008, 292. 337 Freemann, David: Creating Emotion in Games: The Craft and Art of Emotioneering™. 2003, 149. 338 „You canʼt just suggest an emotion and assume the player will feel it. [...] You might tell the player that he is playing a jet pilot with a shameful past. But more likely than not, the player will feel neither like a jet pilot nor ashamed. Instead, the player is likely to feel just like himself.“ (Freeman, David: Creating Emotion in Games: The Craft and Art of Emotioneering™. 2003, 10.) 125 selbst. Jesse Schell widerlegt dieses Argument auf ähnliche Weise: „[...] people donʼt play games to be themselves—they play games to be the people they wish they could be.“339 Der/die SpielerIn lebt und leidet mit, ob im Spiel oder im Kino, vorausgesetzt der Hauptcharakter bietet die Möglichkeit zur Empathie. Schell sieht in diesem Zusammenhang sogar einen Vorteil darin, dass der/die SpielerIn sich in die Spielfigur hineinprojiziert und sie gleichzeitig mit den eigenen Entscheidungen ausfüllt: As game designers, we will make use of empathy in the same ways that novelists, graphic artists, and filmmakers do, but we also have our own set of new empathic interactions. Games are about problem solving, and empathic projection is a useful method of problem solving. If I can imagine myself in the place of another, I can make better decisions about what that person can do to solve a particular problem. Also, in games, you donʼt just project your feelings into a character, you project your entire decision-making capacity into that character, and can become them in a way that isnʼt possible in non-interactive media. 340 Die genannten Emotionalisierungswerkzeuge helfen dem/-r SpielerIn dabei, an der interaktiven Geschichte emotional teilzunehmen, sich damit zu identifizieren und in die Welt der Geschichte einzutauchen. Im optimalen Fall verändert er/sie sich dabei selbst, nicht anders als beim Film. Das im März 2010 erschienene Computerspiel Heavy Rain unternimmt einen sehr ambitionierten Versuch, die emotionale Komponente ins Game zu übertragen, wie Guido Alt, Manager von SCED (Sony Computer Entertainment Deutschland), versichert: Die Emotionen, die durch die Storyline und das Setting hervorgerufen werden, sind typisch für ein Drama oder einen Thriller: Empathie, Liebe, Hass und Trauer. Die Spannweite der Gefühle ist also viel größer als bei einem Spiel, wo eher Frustration, Adrenalin und Wettbewerb erkennbar sind. Ähnlich der Erzählweise in einem Film zieht sich ein roter Faden durch die gesamte Story. Das Psychogram der Charaktere ist vielschichtiger und komplexer. Es ist geht 339 Schell, Jesse: The Art of Game Design. A Book of Lenses. 2008, 314. 340 Schell, Jesse: The Art of Game Design. A Book of Lenses. 2008, 124. 126 [sic!] hier nicht allein um „schwarz“ oder „weiß“ bzw. „gut“ oder „böse“. Durch diese Tiefgründigkeit ist der Spieler viel stärker im Spielgeschehen. 341 Die Ausführungen dieses Kapitels zeigen, dass auf inhaltlich-emotionaler Ebene der Unterschied zwischen Film und Spiel nicht so groß ist. Es mag eingeworfen werden, dass noch viele Unterschiede in den Emotionalisierungstechniken bestehen, zum Beispiel steht der Aspekt der Belohnung beim Spiel stärker im Vordergrund und die nicht-lineare Struktur benötigt eine andere Herangehensweise. Das Konzept der Emotionalisierung jedoch ist das gleiche. Meiner Meinung nach ist dies zudem die größte gemeinsame Stärke von Computerspiel und Film. Bevor ich zu den Schlussfolgerungen gelange, analysiert das folgende Kapitel, für wen dies überhaupt von Bedeutung ist. Im Anschluss daran überprüfen zwei weitere Fallbeispiele die bisher getätigten Aussagen. Das Zielpublikum Aber warum? Warum diese Anstrengungen unternehmen? Computerspiele haben bislang nach dem Prinzip „Yippee“ & „Damn“ bestens funktioniert und werden sich mit diesem Grundprinzip weiterhin gut verkaufen... Tatsächlich spricht nicht jeden die Geschichte in einem Computerspiel an. Die einen suchen das „Yippee“, während andere die Alltagssimulation (Die Sims) oder soziale Aspekte suchen, zum Beispiel in Facebook-Spielen. Interaktives Erzählen ist kein Wundermittel, wie auch nicht jede/r MedienkonsumentIn durch Internet und Computerspiel automatisch zum/-r reinen Lean-Forward-KonsumentIn mutiert. Manche genießen Lean-Back und wollen dabei bleiben. Manche genießen „Yippee“ und wollen dabei bleiben – ohne von einer Geschichte gestört zu werden. Aber Geschichten in Computerspielen eignen sich dazu, neue Zielgruppen zu erschließen. Die Computerspielindustrie (und die öffentliche Meinung) war lange geprägt von einem Missverständnis: „Video Games Are for Boys (and Nerdy Men)“.342 Wie sich dies entwickeln konnte, führt folgende Theorie aus, die auf den Beginn von Computerspielen zurückgreift, als leistbare Computer aufkamen: 341 Steininger, Stephan: „Von neuen und treuen Zielgruppen“, GamesMarkt Nr. 03 (10. Feb. 2010c), 9. 342 Adams, Ernest: Break into the Game Industry. How to get a job making video games. 2003, 41. 127 The introduction of affordable computers gave us a type of game that: • Had all social aspects removed • Had most verbal and emotional aspects removed • Was largely divorced from the real world • Was generally hard to learn • And offered the possibility for unlimited virtual destruction It is hardly surprising that early computer and videogames were primarily popular with a male audience. 343 Die Computerspielindustrie ist nach wie vor von Männern dominiert, die Spiele von Männern für Männer herstellen. Erst langsam steigt der Frauenanteil in der Branche. The majority of game developers are still male, and they tend to make games that they themselves would like. The industry is still trying to figure out how to make games more appealing to women and girls, because while a great many women play games, a rather smaller number is prepared to buy them, and thatʼs what we really need. 344 In Wahrheit sind über 40% der SpielerInnen Frauen. 345, 346 Auch der Altersdurchschnitt steigt: „The average age of the game player is around 30 and rising slowly all the time.“347 Insofern ist es verwunderlich, dass Spiele wie Die Sims und Tetris die Ausnahmeerscheinungen sind, die ein breiteres Publikum, inklusive Frauen, ansprechen. Die Erfolge geben ihnen Recht: „Über 100 Millionen Mal hat sich laut EA die Sims-Reihe bisher verkauft. Damit ist die Alltag-Simulation die meistverkaufte ComputerspieleSerie aller Zeiten.“348 343 Schell, Jesse: The Art of Game Design. A Book of Lenses. 2008, 106. 344 Adams, Ernest: Break into the Game Industry. How to get a job making video games. 2003, 41. 345 Igler, Nadja: „Mehr Herz und Hirn für Videospiele“, http://futurezone.orf.at/stories/1624676/ (21. Aug. 2009c) – siehe Zitat: Fußnote Nr. 13, Seite 9. 346 Ince, Steve: Writing for Video Games. 2006, 55. 347 Ince, Steve: Writing for Video Games. 2006, 55. 348 „Wussten Sie...?“, PC Games Magazin Nr. 07/09, 149. 128 Der Erfinder von Tetris, der Russe Alexey Pajitnov, beschreibt den Erfolg von Tetris, insbesondere den Erfolg beim weiblichen Publikum, so: Diese Grundhaltung des Erschaffens statt des Zerstörens ist mir heute noch sehr wichtig. Es ging damit auch schon auf weibliche Zielgruppen ein. Frauen mögen nun mal keine Shooter, und das war sicher auch ein Erfolgsgrund. Bei Tetris konstruiert man und bringt Ordnung in das Chaos. Das gibt einem über lange Zeit hinweg ein gutes Gefühl. 349 Frauen und Männer unterscheiden sich in ihrem Spielverhalten: Während Männer in Spielen tendenziell Macht, Wettbewerb, Zerstörung, räumliche Puzzles und die „Versuchs-und-Irrtums-Methode“ suchen, bevorzugen Frauen Elemente, die an die „echte Welt“ erinnern, unterstützende Tätigkeiten, Dialog und Rätsel auf der sprachlichen Ebene, Lernen durch Ausprobieren und Emotionen.350 Und mit dem letzten Punkt, den Emotionen, gelangt dieser Blick aufs Publikum zurück zum Geschichtenerzählen. Aber nicht nur Frauen wollen andere Aspekte in Spielen. Der Markt spaltet sich auf in Produkte für Hardcore Gamer und Casual Gamer. Wie unterscheiden sich diese beiden Gruppen? – Der/die Hardcore-SpielerIn: The essence of Hardcore players can be summarized as follows: • Buy and play a lot of games • Game literate (that is, familiar with the conventions of current games) • Play games as a lifestyle preference or priority • Turned on by challenge • Can be polarized—that is, a large proportion can be made to buy the same title Der Gelegenheitsspieler: On the other hand, Casual players can be summarized as follows: • Play few games—but might play them a lot • Little knowledge about game conventions • Play to relax, or to kill time (much as most people view TV or movies) 349 Hammes, Frederik: „Der Herr der Blöcke. ,Tetrisʻ-Erfinder und LARA-Of-Honour-Preisträger Alexey Pajitnov im Gespräch“, GamesMarkt Nr. 14 (23. Juli 2009a), 11. 350 Schell, Jesse: The Art of Game Design. A Book of Lenses. 2008, 103ff. 129 • Looking for fun or an experience Inherently [sic!] disparate—cannot easily be polarized 351 Dazwischen gibt es noch diverse Mischformen und Untergruppen wie „Testosterone Gamer“, „Lifestyle Gamer“ und „Family Gamer“.352 Eine Grafik zum Modell der Einteilung in Spielergruppen: Abb. 42: Audience Model.353 Um ein Beispiel herauszugreifen, der „Lifestyle Gamer“ ist eine Untergruppe des Casual-Gamer-Segments, macht einen großen Teil des Marktes aus und interessiert sich für Geschichten in Games: 351 Bateman, Chris; Boon, Richard: „21st Century Game Design: Designing for the Market“, http:// www.gamasutra.com/features/20051110/bateman_01.shtml (10. Nov. 2005) 352 Bateman, Chris; Boon, Richard: „21st Century Game Design: Designing for the Market“, http:// www.gamasutra.com/features/20051110/bateman_01.shtml (10. Nov. 2005) 353 The audience model used by International Hobo from 2000-2003. (Grafik). Bildquelle: Bateman, Chris; Boon, Richard: „21st Century Game Design: Designing for the Market“, http://www.gamasutra. com/features/20051110/bateman_01.shtml (10. Nov. 2005) 130 Lifestyle gamers want fun, enjoyable activities in their game, and they donʼt in general want to be prevented from progressing through the games they play. Easy to grasp control mechanisms are essential. They are also interested in good stories, a trait not dominant in the previous two clusters. Like the Cool gamer cluster, Lifestyle gamers need a game that feels socially acceptable to play—they will (as a generalization) not play anything that could embarrass them in the eyes of their peer group. 354 Das Bedürfnis nach Geschichten und Emotionen in Spielen ist vorhanden. Insofern ist es verwunderlich, warum die Triple-A-Produkte (von Ausnahmen wie The Sims abgesehen) hauptsächlich den Hardcore-Gamer-Markt und dessen Überschneidung in das Testosterone-Gamer-Segment bedienen. Es gibt zwar viele Spiele für den Casual-Gamer-Markt, aber die großen, aufwendigen und technisch innovativen Produkte zielen fast ausschließlich auf den männlichen Spieler ab. Meist geht es dabei um Kampf in irgendeiner Form: Schießen, Nahkampf, Simulationen und Strategiespiele im Zusammenhang mit kriegerischen Handlungen, sportliche Wettkämpfe und Rennspiele und so weiter. Rollings und Adams beschreiben dieses Thema ähnlich; zufällig findet sich bei ihnen auch der Drache, der besiegt werden will, aber dafür einen Grund braucht: Not all players are this eager to dive headfirst into the action, however. Casual gamers, who play for the enjoyment of being in the gameʼs fantasy world, need to have the stage set for them. They need to feel part of something larger, a story that will excite their imaginations. Casual gamers also need rewards for overcoming the gameʼs challenges. For them, itʼs not sufficient to know that theyʼve defeated a dragon; there must be a reason to do it and a positive consequence for having done it. Both the reason and the consequence are given to them through narrative, expository material that tells them, “The dragon is eating all our herds and soon the peasants will starve” and “The King is greatly pleased with you.” [...] Those who care nothing for narrative will ignore it, but those who need narrative to motivate them will be rewarded. 355 Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass ein Spiel, welches einen breiteren Markt zu bedienen versucht, dem Hardcore Gamer (oder dem Casual Gamer, der sich nicht für die Geschichte interessiert) erlaubt, die Geschichte zu übergehen. Selbst der/die 354 Bateman, Chris; Boon, Richard: „21st Century Game Design: Designing for the Market“, http:// www.gamasutra.com/features/20051110/bateman_01.shtml (10. Nov. 2005) 355 Rollings, Andrew; Adams, Ernest: Andrew Rollings and Ernest Adams on Game Design. 2003, 113f. 131 geschichtenaffine SpielerIn will eine Cut-Scene überspringen können, wenn diese langweilig oder schlecht umgesetzt ist. (Eine Ausnahme davon sind Spiele, welche die Struktur „SpielerIn handelt ➝ Ereignis ➝ SpielerIn handelt ➝ Ereignis“ aufbrechen; Spiele, bei denen der/die SpielerIn ständig mit den Ereignissen interagiert, z.B. Heavy Rain. Diese Spiele bedienen jedoch nicht primär das Hardcore-Segment.) Der Schlusspunkt dieses Kapitels lautet: Warum interaktiv Geschichten erzählen? – Weil es ein Zielpublikum dafür gibt und weil dieses mehr will. Ein Gespräch David Freemans mit einem Freund untermauert diese Aussage: I asked Jason, a close friend of mine, if he ever played games. “No,” he said. “If Iʼm going to invest my time in entertainment, I want it to have meaning. Thereʼs no meaning to games.” Upon further questioning, I learned what he meant was that he wanted entertainment experiences that also contributed to or enriched his life in some way; experiences that werenʼt just fun diversions. My friend speaks for a vast group. There are many more people who watch film and television than play games. Many of these will never be lured into playing games until games begin to offer the emotional range and depth of the entertainment theyʼre used to enjoying.356 Interaktives Erzählen ist nicht nur ein Spleen von Filmschaffenden und LiebhaberInnen von Geschichten. Aber wie sieht es in der Praxis aus und wo stecken die Potenziale? Dies wird in den folgenden zwei Fallbeispielen analysiert. 356 Freemann, David: Creating Emotion in Games: The Craft and Art of Emotioneering™. 2003, 14. 132 SPIELEANALYSE Bei den behandelten Fallbeispielen handelt es sich um zwei für die Playstation 3 exklusiv hergestellte Spiele. Was die beiden außerdem gemeinsam haben, sind ihre Aktualität und ihr Erfolg beim Publikum. Was die beiden unterscheidet, ist ihre jeweilige Erzählform. Uncharted 2: Among Thieves, ein Action-Adventure mit linearer Erzählform, erschien im Oktober 2009 und ist der Nachfolger des 2007 erschienenen ersten Teils Uncharted: Drakes Schicksal. Heavy Rain, erschienen im Februar 2010 als ausgereifterer Nachfolger des Spiels Fahrenheit aus dem Jahr 2005, wurde sowohl als „interaktiver Film“ 357 als auch als „interaktives Drama“358 bezeichnet, bei dem die Aktivitäten und die Entscheidungen des/-r SpielerIn Auswirkungen auf die Erzählung haben. Beide Spiele verfügen über zukunftsweisenden Ansätze in ihrer Machart und ihrem Umgang mit Interaktivität, wenn auch auf unterschiedliche Art und Weise. (Spoiler-Warnung: In den kommenden 2 Kapiteln (Fallbeispiel 1 & 2), Seite 133 bis 152, werden inhaltliche Informationen, die das Spielerlebnis beeinträchtigen können, preisgegeben. LeserInnen, die Uncharted 2 und Heavy Rain noch unvoreingenommen spielen möchten, bitte ich, auf Seite 153 fortzusetzen.) Fallbeispiel 1: „Uncharted 2: Among Thieves“ Uncharted 2 ist beispielhaft für die Verwendung filmischer Elemente und dafür, wie ein Spiel mit linearer Erzählform und ohne Möglichkeiten, die Geschichte selbst zu beeinflussen, den/die SpielerIn fesseln kann. 357 Siehe z.B. Guido Alt im Interview: „Es viel [sic!] mehr ein interaktiver Film als ein reines Spiel.“ (Steininger, Stephan: „Von neuen und treuen Zielgruppen“, GamesMarkt Nr. 03 (10. Feb. 2010c), 9.) bzw. Seite 98 bis 99 dieser Arbeit. 358 Siehe z.B.: „,Interaktives Dramaʻ nennt Quantic-Dream-Chef David Cage sein Projekt.“ (Moorstedt, Tobias: „Über die schwindenden Grenzen zwischen Spiel und Film“. In: Zukunft Kino. The End of the Reel World. 2008a, 189.) Oder: „[...] laut Cage kein Videospiel im herkömmlichen Sinne, wobei er eine passende Bezeichnung dafür noch nicht gefunden habe. Intern werde das spielerinteraktives Drama bezeichnet.“ (Igler, Nadja: „Mehr Herz und Hirn für Videospiele“, http://futurezone.orf.at/stories/1624 676/ (21. Aug. 2009c)) 133 Abb. 43: Spielfigur Nathan Drake. 359 Der/die SpielerIn erlebt die Geschichte durch die Figur Nathan Drake, einen Abenteurer und Schatzsucher im Stile von Indiana Jones. Nathan Drake erwacht zu Beginn des Spiels aus der Bewusstlosigkeit und muss sich kletternd aus dem von einer Klippe hängenden Zugwaggon retten. Schließlich sinkt er im Schnee zusammen und die Geschichte beginnt in Form einer langen Rückblende: Nathan Drake trifft auf zwei alte Bekannte, die Abenteurer Flynn und Chloe, die ihn für den gemeinsamen Einbruch in ein Museum anheuern. (Chloe lässt im Zuge dessen ein früheres Verhältnis zu Drake wiederaufleben, während sie auch mit Flynn zusammen ist.) Anhand des gestohlenen Artefakts erfahren sie, dass Marco Polo den berüchtigten Chintamani-Stein, der geheime Kräfte in sich birgt, in der versunkenen Stadt Shambhala gefunden haben soll. Auf der Flucht aus dem Museum verrät Flynn die Spielfigur Drake, welcher von der Polizei gefasst wird. Chloe, in Zusammenarbeit mit Drakes altem Mentor, holt ihn schließlich aus dem Gefängnis und sie verfolgen Flynn auf dessen Suche nach der versunkenen Stadt Shambhala. Es stellt sich heraus, dass Flynn im Auftrag des Kriegsverbrechers Lazarevic handelt, der sich mit dem Finden der Stadt Shambhala und dem dortigen „Lebensbaum“ unbesiegbar machen und die „Weltherrschaft“ an sich reißen könnte. Dies gilt es für Drake zu verhindern. Im Laufe der Geschichte stößt Drake auf seine große und unglücklich verlaufene Liebe aus Teil 1, die Journalistin Elena, was das Leben Drakes, insbesonders sein Verhältnis zu Chloe betreffend, entsprechend verkompliziert. Nach 359 Uncharted 2. (Screenshot). Bildquelle: Sony. 2009. 134 unzähligen Plot Twists gelingt es Drake und seinen zwei Gefährtinnen, Flynn und Lazarevic in letzter Sekunde aufzuhalten. Shambhala stürzt in sich zusammen, Chloe, Elena und Drake springen im letzten Moment über die einstürzende Brücke und Drake blickt mit seiner wiedergewonnenen Liebe (Elena) schließlich in den Sonnenaufgang. Abb. 44: Nathan Drake mit Elena.360 Abb. 45: Nathan Drake mit Chloe.361 Die Interaktionen des/-r SpielerIn bestehen darin, den richtigen Weg zu finden, Rätsel zu lösen, zu klettern, zu springen, den Gefahren zu entkommen und die Gegner mit Gewalt aus dem Weg zu räumen. Weder die Geschichte noch die Aktivitäten des/-r SpielerIn sind sonderlich innovativ – das Außergewöhnliche an Uncharted 2 ist die Umsetzung. Dem klassischen Muster der Geschichte zum Trotz funktioniert das Drehbuch. Es ist gespickt mit Plot Twists, die Dialoge unterhalten auf humorvolle Weise und treiben gleichzeitig die Geschichte voran. Das Drehbuch erinnert an den Film Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten – keine intellektuelle Herausforderung, aber die Geschichte unterhält auf hervorragende Weise. Der/die SpielerIn hat am Ende das Gefühl, wieder einmal die Welt gerettet und die wahre Liebe gefunden zu haben. Dass die Dialoge so überzeugend wirken, liegt, wie bereits weiter oben erwähnt362 , auch an der neuen Aufnahmetechnik: Die Motion-Capture-DarstellerInnen wurden nach allen schauspielerischen Kriterien gecastet und nicht nur nach denen der körperlichen Beweglichkeit. Die Aufnahmen wurden in einem O-Ton-fähigen Studio vorgenommen und der Dialog der DarstellerInnen für die Cut-Scenes gleichzeitig 360 Uncharted 2. (Screenshot). Bildquelle: Sony. 2009. 361 Uncharted 2. (Screenshot). Bildquelle: Sony. 2009. 362 Siehe: Kapitel „DarstellerInnen“, Seite 56. 135 aufgenommen. Teilweise improvisierten dabei die SchauspielerInnen und steuerten zum Humor der Dialoge bei. (Im Regelfall würden die SprecherInnen, unabhängig von den Motion-Capturing-DarstellerInnen, erst nach der Erstellung der Animationen zum Projekt hinzustoßen.) Abb. 46: Concept Art – Chloe. 363 Ein Dialogbeispiel aus einer Cut-Scene, in dem Chloe und Drake die Taktik besprechen, um an die benötigten Unterlagen zu gelangen: Chloe: $$ The files are in his tent, and his tent is in the middle of the camp. Itʼs like an $ armed compound, there are soldiers everywhere. $ Drake: $$ Well, thatʼs why it has to be an inside job. From someone they know and trust. Chloe: $$ Oh, okay, I see where this is going. Drake: $$ Iʼll just need a diversion. You give me five minutes in that tent, thatʼs all itʼll $ take. $ Chloe: $$ 363 Really, five minutes? Well, thatʼs great, I wonʼt even have to get my top off. Uncharted 2. (Screenshot). Bildquelle: Sony. 2009. 136 Drake: $$ Chloe, I was thinking more like an explosion. Chloe: $$ Or that... Can be arranged.364 Im Fall von Uncharted 2 gab es noch nachträgliche Aufnahmen, aber lediglich für die Dialoge innerhalb der spielbaren Teile (außerhalb der Cut-Scenes). Dazu zählen Kommentare und kurze Dialoge, die meist durch Handlungen des/-r SpielerIn oder nach einer bestimmten Zeit automatisch ausgelöst werden, zum Beispiel: Drake hängt an einem Vorsprung, über ihm steht ein Gegner, der ihn noch nicht bemerkt hat... Flynn: $$ Thereʼs a guy above you, thereʼs a guy above you! Drake:$ $ [Drake, gesteuert vom/-n der SpielerIn, macht einen Satz nach oben, ergreift $ $ den Gegner und zieht ihn nach unten. Der Gegner stürzt nach unten ins $ $ Wasser.] Flynn: $$ Thereʼs a guy below you, thereʼs a guy below you!365 Oder, Drake, wiederum unter der Kontrolle des/-r SpielerIn, schwingend und springend, ruft Chloe zu, die unten stehend zusieht und auf ihn wartet... Drake: $$ Alright. Eh, cʼmon. Admit it, youʼre impressed. Chloe: $$ I am. Iʼll throw you a banana.366 Die DarstellerInnen profitierten bei den nachträglichen Tonaufnahmen davon, ihre Figuren und ihre KollegInnen aus den Motion-Capturing-Aufnahmen zu kennen. Auch in diesem Fall improvisierten die DarstellerInnen. Den Spieletest führte ich (u.a.) gemeinsam mit einem Filmmusikkomponisten durch, der seine Aufmerksamkeit mit großem Interesse der Musik widmete und sie als sehr gelungen empfand. Wissend nickten wir uns in den Momenten zu, die darauf hinwiesen, dass der nächste Gegner wohl gleich erscheinen wird. Die Dolby-Mischung und das Sound Design tragen in gleichem Ausmaß zum Spielerlebnis bei. 364 Uncharted 2: Among Thieves. (PS 3). 2009. 365 Uncharted 2: Among Thieves. (PS 3). 2009. 366 Uncharted 2: Among Thieves. (PS 3). 2009. 137 Der Einsatz der Kamera in Uncharted 2 fand in dieser Arbeit schon seine Erwähnung367, soll an dieser Stelle aber noch um Amir Rahimis Kommentar erweitert werden: You get the sense when you play the game that every single shot in the game was storyboarded at some point. They payed very close attention to what kind of exact camera move they wanted. And they just delivered in a very cinematic way. 368 Das Zusammenspiel der vorherbestimmten Kamera in den Cut-Scenes mit der vom/ von der SpielerIn gesteuerten Kamera während des Spiels verläuft flüssig und kaum merkbar. An bestimmten Stellen wird dem/-r SpielerIn die Kontrolle kurzfristig bewusst entzogen, was die gefühlte Freiheit nicht einschränkt, da es ihm/-r eine wesentlich bessere Sicht ermöglicht und er/sie in der Hitze des Gefechts nicht auf die Idee kommt, die Perspektive ändern zu wollen. Abwechslungsreich sind nicht nur Kamera, Dialog und Musik, sondern auch das Gameplay. Den EntwicklerInnen gelang eine Mischung aus verschiedenen Aufgaben, die sich ebenso reibungslos wie die Kameraperspektiven abwechseln. Die Flüssigkeit der Übergänge trägt dazu bei, dass der/die SpielerIn zwischen den verschiedenen Aufgaben, den Cut-Scenes und dem Gameplay nicht aus dem Spielerlebnis herausfällt. „[...] Erzählung und Spiel greifen nahtlos ineinander über.“369 Belohnt wurde das Spiel mit mehreren Preisen, darunter als bestes Spiel des Jahres sowohl bei den Spike Video Game Awards 2009 370 als auch den Achievement 367 Siehe: Kapitel „Kamera & Licht“, Seite 48. 368 Rahimi, Amir: Unveröffentlichtes Interview. Geführt von: Roland Hablesreiter. (30. Sept. 2009) 369 Zsolt, Wilhelm: „Uncharted 2: Das Abenteuer des Jahres“, http://derstandard.at/1254310789424/ Uncharted-2-Das-Abenteuer-des-Jahres (11. Okt. 2009b) 370 Die Spike Video Game Awards sind „die größte Preisverleihung der Videospielindustrie. Ausgezeichnet wurden die beliebtesten Games der vergangenen 12 Monate, wobei Spieler aus aller Welt selbst online abstimmen durften.“ (Zsolt, Wilhelm: „Uncharted 2 ist das beste Spiel des Jahres“, http:// derstandard.at/1259281819713/Ausgezeichnet-Uncharted-2-ist-das-beste-Spiel-des-Jahres (14.Dez. 2009e)) 138 Awards der Academy of Interactive Arts and Sciences (AIAS)371 . Die Kritik372 war begeistert und die Zahlen überzeugten. Obwohl Uncharted 2 erst Mitte Oktober 2009 erschien, belegte es in den deutschen PlayStation-3-Verkaufsjahrescharts den sechsten Rang.373 In der Woche seines Erscheinens belegte es in den Wochencharts Rang eins, darauf zwei Wochen lang Platz zwei und eine Woche später noch Platz drei374 (bevor es auf Platz 7 abrutschte, aber noch bis inklusive Kalenderwoche 04 des Jahres 2010 in den Top Ten verblieb). Auf das Spiel gestoßen bin ich zum ersten Mal durch Amir Rahimi, der im Interview, noch bevor Teil zwei erschienen war, den ersten Teil kommentierte mit den Worten: „I beg you to pick this game [...]. Drakeʼs Fortune 375 is the most immersive story experience Iʼve had playing a video game.“376 Und bei den Uncharted-Spielen handelt es sich nicht um Spiele von Electronic Arts, Rahimis Arbeitgeber, sondern um ein Produkt der Konkurrenz. Der Einsatz filmischer Mittel in den Uncharted-Spielen dient Electronic Arts jedoch als Inspiration für zukünftige Projekte, was wiederum die Zusammenarbeit mit Steven Spielberg beeinflusst – in dieser Hinsicht versucht Electronic Arts von Spielbergs Umgang mit Innovationen und seinem filmischen Verständnis zu profitieren: 371 „Die AIAS-Awards sind das Games-Pendand zu Oscar, Grammy und Emmy und werden von den Mitgliedern der Academy, alle Entwickler der Spielebranche, gewählt.“ (Steininger, Stephan: „Academy-Awards verliehen. Preisregen für ,Uncharted 2ʻ“, GamesMarkt Nr. 04 (24. Feb. 2010d), 8.) 372 z.B.: „,Uncharted 2: Among Thievesʻ hat bewiesen, dass Spiele auf Augenhöhe mit Hollywoods Krachern stehen können.“ (Zsolt, Wilhelm: „Die besten Games 2009. Webstandard-Rückblick“, http:// derstandard.at/1259281308717/WebStandard-Rueckblick-Die-besten-Games-2009?_slideNumber=3 &_seite=1&sap=2 (6. Dez. 2009d)) 373 Siehe: „Die media-control-Jahrescharts 2009. Topmarken weiterhin vorn“ 2010, 23. 374 Siehe: „media control GfK INTERNATIONAL Kalenderwoche 42, 12. Oktober - 18. Oktober 2009“, GamesMarkt Nr. 21 (29. Okt. 2009), 27. bzw. „media control GfK INTERNATIONAL Kalenderwoche 44, 26. Oktober - 01. November 2009“, GamesMarkt Nr. 22 (12. Nov. 2009), 31. bzw. „media control GfK INTERNATIONAL Kalenderwoche 46, 09. November - 15. November 2009“, GamesMarkt Nr. 23 (26. Nov. 2009), 31. 375 der volle Titel des ersten Teils lautet: Uncharted: Drakeʼs Fortune. 376 Rahimi, Amir: Unveröffentlichtes Interview. Geführt von: Roland Hablesreiter. (30. Sept. 2009) 139 We are very inspired by the techniques they [die Entwickler von Uncharted; Anm. R.H.] do. And what we are doing, we are working with Steven to figure out how to take those techniques to the next level.377 Im Einsatz filmischer Mittel ist Uncharted zukunftsweisend, aber wie verhält es sich mit der emotionalen Einbindung des/r SpielerIn? Die Identifikation des/-r SpielerIn mit der Hauptfigur Nathan Drake funktioniert. Dies liegt einerseits am Spielfluss und der Umsetzung, welche den/die SpielerIn selten aus der Immersion in die Spielewelt auftauchen lässt, andererseits an der Geschichte und der Entwicklung der Figur. Drake ist zwar ein Held, aber er hat seine Fehler. Er leidet und es misslingen ihm Dinge und der/die SpielerIn leidet mit; er sagt von sich selbst: „Yʼknow, people are always telling me how lucky I am. But the truth is, everything I touch turns to shit.“ Die Bestätigung folgt etwas später durch die Nebenfigur (namens Karl Schäfer): Schäfer: " You were right! Drake: $$ About what? Schäfer: $ Everything you touch, does turn to shit!378 Im Zuge der Geschichte gibt er die Schatzjagd nach dem Chintamani-Stein auf, um stattdessen die versunkene Stadt Shambhala, deren naturverbundene Bewacher und den dort wachsenden „Lebensbaum“ vor dem Untergang zu bewahren. (Die Stadt Shambhala stürzt am Ende zwar ein, aber Drake verhindert erfolgreich die „Übernahme der Weltherrschaft“ durch Lazarevic.) Dafür gewinnt er schließlich die Liebe Elenas. Die Liebesgeschichte trägt zur Identifikation des/-r SpielerIn mit der Figur wesentlich bei. Wie die meisten Liebesgeschichten appelliert sie an die eigenen Erfahrungen des/-r SpielerIn; die meisten kennen das Gefühl der unglücklich verlorenen Liebe oder die Situation, eine/-n Dritte/-n zurückweisen zu müssen, weil er/sie eine andere Person liebt – wie es auch Drake erfahren muss... Dass die Geschichte linear erzählt wird, macht die Entwicklung von Drakes Charakterbogen einfacher. Einerseits mag der/die SpielerIn manchmal selbst die 377 Rahimi, Amir: Unveröffentlichtes Interview. Geführt von: Roland Hablesreiter. (30. Sept. 2009) 378 Uncharted 2: Among Thieves. (PS 3). 2009. 140 Entscheidung treffen wollen, andererseits verläuft die Geschichte Drakes in einer narrativ optimal vorgefertigten Bahn und bereichert das Spielerlebnis auf diese Weise. Es ist eine Frage nach der Präferenz des/-r SpielerIn: Eigene Entscheidungen treffen auf Kosten der Dramaturgie und/oder der Umsetzung? (Mehrere Möglichkeiten müssen überlegt und hergestellt werden.) Oder eine festgelegte Dramaturgie, welche dem/-r SpielerIn die Entscheidungen abnimmt, alle Mittel der Umsetzung in diese eine Version wirft und versucht, aus allen möglichen Gabelungen der Geschichte die optimale Linie zu finden? In diesem Fall folgt die Geschichte durchgehend der vorbestimmten Linie: Drake ist in Elena noch immer verliebt, ersichtlich in jeder Cut-Scene, manchmal mehr, manchmal weniger subtil. Warum sollte der/die SpielerIn die Möglichkeit haben, sich für Chloe zu entscheiden? Was in der Geschichte fehlt, sind die großen Entscheidungen Drakes zu Beginn und im Mittelteil der Geschichte. Er hat kaum etwas zu verlieren: Der vermeintliche Schatz würde nicht mehr als eine Einnahmequelle bedeuten. (Interesse erweckt bei Drake zu Beginn vielmehr, auf Marco Polos Spuren zu wandern.) Elena hat er schon zuvor verloren beziehungsweise weiß Drake nicht einmal, dass er im Laufe der Geschichte auf sie treffen wird. Seine Entscheidungen beschränken sich auf: - Beim Einbruch ins Museum mitmachen = Anfang der Geschichte. - Flynn nach dessen Verrat folgen. - Flynn und Lazarevic immer weiter folgen. - Elena und ihren Kameramann nicht zurücklassen. - Kurz vor dem Ende: Lazarevic helfen Shambhala zu finden, um zu verhindern, dass Lazarevic Chloe oder Elena erschießt. - Am Ende der Geschichte: Elena statt Chloe. Fragwürdig sind außerdem die Unzahl an Schießereien, die Drake zu erledigen hat. Gefühlt über hundert Gegner erschießt der/die SpielerIn im Zuge des Spiels, mehr als jeder James Bond. Drake bleibt dabei, wie James Bond, gänzlich ungerührt. Einen Kommentar verdient außerdem die Länge des Spiels. Einem generellen Längenvergleich von Spielen folgend379, handelt es sich bei Uncharted 2 mit ca. 12-15 Stunden Spieldauer um ein Spiel mittlerer Länge, wenn es nicht sogar als kurz 379 Hardcore-Spieler vertreten oft die Meinung, dass Spiele unter 30 bis 40 Stunden Spielzeit zu kurz sind. 141 erachtet wird. Trotz der kurzen Spieldauer im Vergleich zu anderen Spielen, halte ich Uncharted 2 für zu lang. Gegen Ende des Spiels wird das ständige Erschießen von Gegnern etwas träge und die Plot Twists beginnen sich zu wiederholen. Eine Geschichte, die einen spannenden eineinhalb- bis zweistündigen Film erzählen würde, erschöpft sich etwas auf die Dauer von fast 15 Stunden ausgedehnt. Während der geneigte Hardcore Gamer das Spiel mehrmals und in aufsteigenden Schwierigkeitseinstellungen beendet, muss der/die GelegenheitsspielerIn erst einmal 15 Stunden aufbringen können, um das Ende der Geschichte zu erleben. Und Uncharted 2 gelingt es, mehr SpielerInnen als das Segment der Hardcore Gamer anzusprechen. Die Geschichte von Uncharted 2 mag nicht sehr in die Tiefe gehen, aber es ist ein Abenteuer, das der/die SpielerIn miterleben kann. Der/die SpielerIn kann zwar keine wirklichen Entscheidungen treffen, aber das Publikum, das kein Problem damit hat, einer linearen Geschichte zu folgen, ist groß genug. Und dieses Publikum vermag das Spiel mit seiner gelungenen Umsetzung anzusprechen. Fallbeispiel 2: „Heavy Rain“ Heavy Rain wird von seinen Machern als interaktiver Film bzw. als interaktives Drama, als Thriller im Stil eines Film noir bezeichnet.380 Das Skript zu diesem Spiel umfasst mehr als 2000 Seiten für ca. zehn Stunden Spieldauer. Der/die SpielerIn beeinflusst die Geschichte durch die Entscheidungen, die er/sie trifft und ob ihm/-r die Handlungen, die er/sie setzt, auch gelingen. Dadurch kann es zu mehreren verschiedenen Enden kommen. Erklärtes Ziel der EntwicklerInnen ist es, den/die SpielerIn zu emotionalisieren. David Cage, Chefentwickler bei der französischen Spielefirma Quantic Dream und Hauptverantwortlicher von Heavy Rain, sucht ernste Stoffe und provoziert, indem er die Produktion bisheriger Computerspiele als „so eindimensional wie Pornographie“381 bezeichnet. Im/in der SpielerIn will er Emotionen wecken, die über „Yippee!“ und „Damn!“ hinausgehen, und meint: 380 381 Siehe Seite 98 bis 99. Moorstedt, Tobias: „Videospiel Heavy Rain. Düstere Entscheidungen“, http://www.sueddeutsche. de/computer/283/504495/text/ (1. März 2010) 142 [...] wenn Videospiele nicht einfaches Spielzeug, sondern vielschichtig und womöglich auch kontrovers wie etwa Kunst sein wollen, müssten sie auch soziale Emotionen, etwa Empathie, Trauer, Eifersucht und Scham erzeugen und mit ausdruckstarken Charakteren tiefergehende Geschichten erzählen können.382 Das Ziel des Entwicklers scheint bei einem großen Teil des Publikums aufgegangen. Die Bewertung im Verkauf von befragten Einzelhändlern im Fachmagazin GamesMarkt ergab bei allen Befragten das Resultat „Toptitel, steht nie lange im Regal“.383 Das Spiel spaltet selbst die Gruppe der Hardcore Gamer und mischt die Emotionen einiger davon erfolgreich auf: In Internet-Foren finden sich bereits Kommentare von erfahrenen Spielern, die „sonst keine Probleme haben im Spiel ein paar Kopfschüsse zu verteilen“, nun aber aufrichtig über den Tod einer Figur betrübt sind, oder verwundert schreiben: „Ich konnte ihn nicht erschießen.“ 384 Das Zielpublikum ist, laut Publisher und Entwickler, aber ohnehin nicht der Hardcore Gamer, sondern das Spiel soll ein älteres Publikum, Frauen und ein Publikum mit geringerer Spielerfahrung ansprechen. (Der Einstieg in das Spiel soll durch die intuitive Steuerung (s.u.) erleichtert werden.) Die Verkaufszahlen jedenfalls sind zu Beginn sehr positiv verlaufen. Obwohl das Spiel in der EU erst am 26. Februar 2010 erschien, stürmte es die deutschen Playstation-3-Verkaufscharts des Monats Februar von null auf Platz eins und verdrängte damit Call of Duty: Modern Warfare 2 auf den zweiten Platz.385 In den Verkaufscharts der Kalenderwoche 08, 22. Februar bis 28. Februar 2010, konnte Heavy Rain sogar Platz eins und zwei gleichzeitig belegen – Platz zwei belegte zusätzlich die Heavy Rain – Special Edition.386 382 Igler, Nadja: „Mehr Herz und Hirn für Videospiele“, http://futurezone.orf.at/stories/1624676/ (21. Aug. 2009c) 383 „Tops oder Flops?“, GamesMarkt Nr. 05 (10. März 2010), 36. 384 Moorstedt, Tobias: „Videospiel Heavy Rain. Düstere Entscheidungen“, http://www.sueddeutsche. de/computer/283/504495/text/ (1. März 2010) 385 Siehe: „VIDEOSPIELE.CHARTS März. Erhebungszeitraum 1. bis 28. Februar 2010. Die offiziellen Videospielecharts ermittelt von media control GfK. Exklusiv von GamesMarkt“ 2010. 386 Siehe: „media control GfK INTERNATIONAL. Kalenderwoche 08, 22. Februar - 28. Februar 2010“, GamesMarkt Nr. 05 (10. März 2010), 38. 143 Seit dem Erscheinen hält es sich konstant unter den Top Fünf. (Stand vom 6. März 2010.) Wie sich die Verkäufe weiterentwickeln werden – das Spiel ist soeben erst erschienen – wird sich zeigen. Die Geschichte von Heavy Rain dreht sich um einen Kindesentführer, genannt der „Origami Killer“, der seine Opfer im Regenwasser ertrinken lässt und den Leichnamen ein Origami in die Hand und eine Orchidee auf die Brust legt. Der/die SpielerIn steuert abwechselnd einen der vier Hauptcharaktere. Ethan Mars verliert in der „Exposition“, zwei Jahre vor Beginn der Geschichte, einen seiner zwei Söhne, als ihm dieser in der Shopping Mall entflieht und vor ein Auto läuft. Sein zweiter Sohn wird nun vom „Origami Killer“ entführt. Von Gewissensbissen geplagt, will er mit allen Mitteln verhindern, dass er auch noch seinen zweiten Sohn verliert – vier Tage hat er dafür Zeit. Der „Origami Killer“ lässt ihm auf Origamis geschriebene Aufgaben und Clues zukommen, darunter sind: als Geisterfahrer auf die Autobahn fahren, sich selbst den kleinen Finger abschneiden, einen Drogendealer erschießen... Ethan Mars leidet an schizophrenen Anfällen und glaubt nach einiger Zeit, selbst der „Origami Killer“ zu sein... Abb. 47: Ethan Mars.387 Abb. 48: Madison Paige.388 Madison Page, eine Fotojournalistin, stolpert zufällig in die Geschichte, als sie in einem Motel auf den verletzten Ethan Mars trifft und seine Wunden versorgt. Sie beginnt ihm zu helfen und stellt eigene Nachforschungen an. Norman Jayden soll als FBI-Profiler die ermittelnde Polizei unterstützen. Im Zuge der Ermittlungen muss er mehrmals entscheiden, welche Mittel er einsetzt und inwieweit 387 Heavy Rain. (Screenshot). Bildquelle: Electronic Arts. 2010. 388 Heavy Rain. (Screenshot). Bildquelle: Electronic Arts. 2010. 144 er seinen gewalttätigen Kollegen von der Polizei einbremst. Dass er drogenabhängig ist und immer wieder unter Entzugserscheinungen leidet, erschwert das Gameplay im positiven Sinn. Der vierte Charakter ist Scott Shelby, ein Privatdetektiv, der von einigen Familien der vorigen Opfer beauftragt wurde, im „Origami-Killer“-Fall zu ermitteln, nachdem die Polizei keine Erfolge erzielen konnte. Er kriegt eine Partnerin wider Willens, als sich die von ihm befragte Mutter eines anderen Opfers ihm anschließt. Abb. 49: Norman Jayden (links).389 Abb. 50: Scott Shelby (links).390 Die Kernaussage des Spiels lautet „How far will you go for somebody you love“, mit der das Spiel auch vermarktet wird. Der/die SpielerIn steuert die Charaktere, indem er/sie die auf dem Bildschirm angezeigten Befehle mit dem Controller ausführt. Diese sind u.a.: die richtigen Knöpfe zum richtigen Zeitpunkt in der richtigen Reihenfolge drücken, gedrückt halten und loslassen, mehrere Knöpfe gleichzeitig drücken, die analogen Joysticks (auf dem Controller) in eine oder mehrere Richtungen bewegen (in der richtigen Geschwindigkeit), das physische Bewegen des ganzen Controllers in eine Richtung, das Schütteln des Controllers usw. Damit kann der/die SpielerIn sämtliche Handlungen ausführen, die ihm „erlaubt“ und vorgeschlagen werden, vom Ausweichen von Gegnern, Öffnen von Schränken bis zum Putzen der Zähne. Darüber hinaus kann der/die SpielerIn die Kameraperspektive per Knopfdruck ändern und den Charakter per Joystick frei herumgehen lassen. Entscheidungen, die als Handlung und/oder in Dialogform ausgeführt werden, trifft der/die SpielerIn außerdem, indem er per 389 Heavy Rain. (Screenshot). Bildquelle: Electronic Arts. 2010. 390 Heavy Rain. (Screenshot). Bildquelle: Electronic Arts. 2010. 145 Knopfdruck eine von mehreren Optionen auswählt, die im gegebenen Moment über seinem Kopf schweben und zur Auswahl stehen. Abb. 51: Um den Kopf schwebende Gedanken/Entscheidungen. 391 Außer in den Momenten, in denen sich der/die SpielerIn frei bewegen kann, besteht das Spiel aus einer Aneinanderreihung von kurzen Filmsequenzen, in diesem Zusammenhang Quicktime Events genannt. Diese Quicktime Events werden unterbrochen von den auf dem Bildschirm als Symbol dargestellten Aufforderungen, eine Option auszuwählen oder zu interagieren. Handelt der/die SpielerIn nicht in einem vorgegebenen Zeitraum, wählt das Spiel selbst eine Variante für das nächste Quicktime Event. Ein einfaches Beispiel: Eine Schachtel droht zu Boden zu fallen, reagiert der/die SpielerIn rechtzeitig und geschickt genug, kann er/sie die Schachtel auffangen und bleibt unentdeckt, reagiert er/sie nicht oder nicht gut genug, fällt die Schachtel zu Boden und das Spiel löst das Quicktime Event (die Filmsequenz) aus, welches darstellt, wie der Supermarkträuber die Spielfigur entdeckt. Ein komplexeres Beispiel im selben Setting mit dem Supermarkträuber: Mit verschiedenen Dialogoptionen versucht der/die SpielerIn, den Räuber entweder zu beruhigen oder einzuschüchtern, während er/sie gleichzeitig steuern kann, ob die Spielfigur dem „Hände hoch“-Kommando folgt und ob sie die Hände oben lässt. Die jeweiligen Aktionen lösen verschiedene Quicktime Events aus. In der „falschen 391 Heavy Rain. (Screenshot). Bildquelle: Electronic Arts. 2010. 146 Kombination“ wird die Filmsequenz ausgelöst, in welcher der Räuber der Spielfigur in die Schulter schießt und davonläuft. Gelingt es dem/-r SpielerIn, den Räuber zu überzeugen sein Leben nicht wegzuwerfen, verlässt der Räuber den Laden, ohne weiteren Schaden anzurichten. Durch diese Form der Steuerung und deren Einfluss auf die Geschichte soll die Identifikation des/-r SpielerIn mit der Figur verstärkt werden. Das Spiel beginnt dabei mit dem Ausführen einfacher Handlungen. Der/die SpielerIn wacht im Bett als Ethan Mars auf und muss zuerst einmal duschen, rasieren, die Zähne putzen und die Toilette aufsuchen. Schließlich kommen seine Frau und seine Kinder nach Hause. Er hilft seiner Frau den Tisch aufzudecken (oder auch nicht), spielt mit den Kindern im Garten und der/die SpielerIn lernt dabei die Steuerung kennen, die er/sie später noch brauchen wird. Die Alltagshandlungen dienen auch dazu, eine neuartige Intimität zwischen Spieler und Figur herzustellen – David Cage weiß, wenn ein Rezipient nichts für eine Figur empfindet, dann gibt es keine Geschichte.392 Nach dem traumatischen Verlust seines ersten Sohnes, inklusive Scheidung und Bruch des Vorstadtidylls, geht der/die SpielerIn mit Ethan Mars zum Therapeuten und wählt für ihn die Antworten aus. Die Entscheidungen des/-r Spielers/-in beim Therapeuten wirken sich noch nicht sonderlich auf den Verlauf der Geschichte aus. (Der/die SpielerIn erfährt aber mit dieser Antwort schon etwas über Ethans Schizophrenie, während dies mit der anderen Antwort nicht der Fall ist.) Doch die Entscheidungen werden im Laufe des Spiels immer intensiver. Zum Beispiel: In der Rolle des FBI-Profilers Norman Jayden muss der/die SpielerIn eine schnelle Entscheidung treffen, als plötzlich ein Verdächtiger Jaydens Kollegen mit einer Pistole bedroht. Jayden hat schon die Pistole in der Hand, als die Auswahlmöglichkeiten „Order“, „Reassure“, „Psychology“ und die Taste „R1“ für das Abfeuern der Pistole angezeigt werden. Trifft der/die SpielerIn mehrere „richtige“ Entscheidungen hintereinander, kommt er/sie am Ende zur Auswahltaste „R1“ für 392 Moorstedt, Tobias: „Videospiel Heavy Rain. Düstere Entscheidungen“, http://www.sueddeutsche. de/computer/283/504495/text/ (1. März 2010) 147 den Schuss oder Taste „X“ für „Back off“. Im Selbsttest besprach ich kurz mit meinem Testkollegen, dass wir nicht abdrücken würden. Durch den Zeitdruck, die Musik und die Spannung der Situation drückte ich die falsche Taste und das nun nicht mehr verhinderbare Quicktime Event wurde ausgelöst: Norman Jayden löst den Abzugshahn aus und erschießt den (falsch) Verdächtigten, gefolgt vom Dialog: Jayden: $ „I... I shot him...“ Kollege: $ „Yup... looks like you did... Canʼt say Iʼll miss him... Cʼmon, letʼs go.“393 Später, im Auto sitzend, kehren die beiden auf das Ereignis zurück, falls Jayden den Verdächtigen erschossen hat... Kollege: $ „Was that the first time?“ Jayden: $ „Sorry?“ Kollege: $ „First time you killed somebody?“ Jayden:" ... [Jayden schweigt] Kollege: $ „It always does something to you the first time. Then you get used to $ it...“ 394 $ Der/die SpielerIn kann darauf eine aggressive, defensive oder ehrliche Antwort wählen. Im Falle der ehrlichen Antwort sagt Jayden: „Iʼm not sure I want to get used to it.“ Die beiden brechen nach dieser Antwort den Dialog mit dem Entdecken eines Verdächtigen ab. Ein Beispiel für eine weitere, intensive Entscheidung des/-r Spielers/-in ist in der Szene zu erleben, in der Ethan Mars sich eine Fingerkuppe abschneiden soll, um den nächsten Tip des Mörders zu bekommen, wo sein Sohn versteckt gehalten wird. Die Szene führte zu einer Diskussion mit meinem Testkollegen, wie wir in der Geschichte weiter fortfahren sollen... Es kann im Verlauf des Spiels passieren, dass einer der Charaktere stirbt. In diesem Fall läuft die Geschichte mit den anderen drei Charakteren weiter – anders, als sonst in Spielen üblich. In den meisten Spielen bedeutet der Tod der Figur, dass der/die SpielerIn vom letzten Speicherpunkt wieder zu spielen beginnt. Auch in Heavy Rain 393 Heavy Rain – Special Edition. (PS 3). 2010. 394 Heavy Rain – Special Edition. (PS 3). 2010. 148 kann der/die SpielerIn zum letzten Speicherpunkt zurückkehren und das Kapitel noch einmal spielen – es ist jedoch keine Notwendigkeit für den weiteren Spielverlauf. Im Gegenteil, dazu kann das Scheitern des/-r SpielerIn eine spannende Alternative darstellen. Die Geschichte selbst verzweigt sich nicht wirklich, die Entscheidungen und getätigten Handlungen haben jedoch eine Auswirkung auf den weiteren Verlauf und vor allem auf das Ende. Während die einen kaum Konsequenzen nach sich ziehen, tun dies andere sehr wohl: Tote Charaktere tauchen nicht mehr auf, was für den/die SpielerIn bedeutet, dass die jeweiligen Szenen nicht mehr gespielt werden können und die verstorbene Figur keine Auswirkung auf das Ende mehr hat. Es kann passieren, dass es dem FBI-Profiler nicht gelingt, den Ort, an dem Ethans Sohn festgehalten wird, ausfindig zu machen. Schafft es Madison, hat sie kurz Zeit, um Ethan oder Jayden anzurufen. Ethan hebt nicht ab, aber sie kann Jayden informieren, falls dieser noch nicht Bescheid weiß, und so weiter... Diese Erfolge und Misserfolge entscheiden mit, wie viele Spielercharaktere am Klimax beteiligt sind, ob es gelingt Ethans Sohn zu retten, wem es gelingt, wer es überlebt und wer nicht. Wenn es keiner Figur gelingt, Ethans Sohn zu retten, sind zwei verschiedene Varianten möglich: Spoiler!!! – In den folgenden vier Zeilen werden zwei mögliche Enden verraten. - der „Origami Killer“ kommt davon. - Ethans Sohn stirbt, aber der „Origami Killer“ wird nachträglich von einem Nichtspielercharakter gerächt, der Mutter eines früheren Opfers – vorausgesetzt den Fall, sie lebt zu diesem Zeitpunkt noch. Die Vorteile dieser Form liegen darin, dass der/die SpielerIn das Gefühl hat, die Geschichte zu beeinflussen, und dies auch zu einem größeren Ausmaß als in anderen Spielen tut. Wenn gewisse Kapitel auch immer auf die gleiche Art gelöst werden müssen und in manchen Szenen der/die SpielerIn nicht „scheitern“ oder „gewinnen“ kann, so glaubt er/sie in den meisten Fällen, die Situation zu beeinflussen. Und es hat tatsächlich einen Einfluss darauf, ob Ethans Sohn am Ende gerettet wird oder nicht, sowie darauf, von wem er gerettet wird. 149 Die emotionale Identifikation mit den Charakteren funktioniert. Der/die SpielerIn leidet mit Ethan und den anderen Charakteren mit. Besonders die Identifikation mit Ethan gelingt durch die Szenen zu Beginn: Die Sonne scheint, glückliches Familienleben in der Vorstadtidylle. Ethan ist privat und beruflich erfolgreich. Die Beziehung zu den Kindern und der Ehefrau wird erreicht durch Interaktion mit den Nebencharakteren – mit den Kindern im Garten spielen, mit der Ehefrau das Mittagessen vorbereiten, den Sohn trösten, als der Wellensittich stirbt. In der nächsten Szene, beim gemeinsamen Einkauf in der Shopping Mall, ändert sich alles und der/die SpielerIn ist mit dabei. Der/die SpielerIn als Ethan soll auf den einen Sohn aufpassen, während die Mutter mit dem anderen Schuhe kauft. Jedoch der Sohn verschwindet in der Menge. Es will dem/-r SpielerIn nicht gelingen ihm durch die Menschenmenge zu folgen und er läuft aus dem Shoppingcenter auf die Straße. Man springt noch schützend zwischen Sohn und Auto, wie im Film, aber zu spät. Danach ist die Ehe zerbrochen und Ethan wohnt in einem dunklen Reihenhaus. Es ist Herbst und es regnet die ganze Zeit. Die Identifikation mit den anderen Charakteren fällt schon etwas schwerer. Sie haben auch weniger Zeit als Ethan. Die Identifikation mit dem FBI-Profiler und dem Privatdetektiv gelingt anhand ihrer Schwächen – die Unfähigkeit des FBI-Profilers, sich selbst unter Kontrolle zu halten, der schwere Privatdetektiv, der unfähig wirkt im emotionalen Umgang mit anderen Menschen, aber im Kern ein weiches Herz zu haben scheint. Bei Madison Paige, der Fotojournalistin, fehlt jedoch die Motivation, warum sie Teil der Geschichte ist. Zu Beginn geht man als SpielerIn mit ihr mit – in der ersten Szene wird zu Hause bei ihr eingebrochen und der/die SpielerIn muss sich zur Wehr setzen. Plötzlich wacht Madison schweißgebadet im Bett auf, es war nur ein Traum. Als sie auf den verletzten Ethan trifft, hilft sie ihm, aber warum sie sich in weiterer Folge so stark um ihn kümmert, bleibt dem/-r SpielerIn vorenthalten. In Folge kippte ich im Spieletest in den Madison-Szenen aus der Geschichte. SpoilerWarnung!!! (Bis zum Ende des Absatzes!!!) Erst in einer viel späteren Szene löst sich auf, warum sich Madison für den Fall so interessiert. Sie schreibt ein Buch über den „Origami-Killer“. Warum sie jedoch im Motel zufällig auf Ethan trifft, ergibt keinen Sinn, da sie es nicht wissen konnte. Die filmischen Elemente, Kamera, Montage, Musik, DarstellerInnen und so weiter, unterstützen die Geschichte und drängen sich nicht zu sehr in den Vordergrund. Die Umsetzung trägt positiv zum Spiel bei. Besonders die Farbstimmung im Gegensatz 150 Exposition (glückliches Familienleben, Sommer, Sonne, Fröhlichkeit) zu Entführungsgeschichte (Herbst, Regen, grau) ist dem Entwicklerstudio gelungen. Aber nicht nur die kreative Umsetzung... Auch technisch ist das Spiel auf einem sehr hohen Niveau. Das weltweit erfolgreiche Entwicklerstudio Quantic Dreams hat Animations- und Motion-Capturing perfektioniert und somit eine fesselnd realistisches Gesamtsetting geschaffen.395 Der Stand der Technik, insbesonders die Fortschritte in der Animation von Gesichtern, in der Darstellung von Mimik, ermöglicht durch den Einsatz von Facial Motion Capture, kommt dem Spiel entgegen. Die Schwächen liegen in einigen Teilen der Handlung und deren Motivation, wie die übermäßige Hilfestellung durch Madison und das erste Aufeinandertreffen mit Ethan (s.o.) „Logiklöcher und hanebüchene Wendungen“ schrieb eine Kritik unter die Negativkriterien in ihrem „Wertungskasten“. 396 Spoiler!!! – Im folgenden Absatz ist u.a. zu lesen, wer der „Origami Killer“ ist! Das größte Logikloch stellt sich am Ende der Geschichte im Erzählstrang des Privatdetektivs Scott Shelby heraus. Überraschenderweise ist Scott der Mörder. Warum er die Kinder entführt, diese ertrinken lässt und deren Väter zu absurden Aufgaben zwingt, hat seine Motivation – sein Zwillingsbruder ertrank als Kind und sein alkoholsüchtiger Vater, den Scott zur Hilfe rief, rührte keinen Finger, um ihm zu helfen. Daher ist Scott (mit extremen Mitteln) auf der Suche nach einem Vater, der bereit ist, alles dafür zu tun, sein Kind zu retten. Die überraschende Wendung, dass man als SpielerIn selbst Scott spielte und nicht damit gerechnet hat, funktioniert einwandfrei. Jedoch diese Wendung macht die zuvor getätigten Handlungen Scotts unlogisch. Warum ermittelt er für die Familien der Opfer? Hat er sich vielleicht selbst angeboten? Aber falls ja, warum? Warum engagiert er sich so stark für den Fall? Um die Spuren zu verwischen? Eigentlich verdächtigt ihn keiner. Die wahrscheinlichste Variante ist, dass er nur vorgibt zu ermitteln, um das Beweismaterial von den 395 396 Steininger, Stephan: „Von neuen und treuen Zielgruppen“, GamesMarkt Nr. 03 (10. Feb. 2010c), 9. Plass-Fleßenkämper, Benedikt: „Heavy Rain – Test. Test für PlayStation 3“ http://www.gamepro.de/ test/spiele/ps3/action-adventure/heavy_rain_test/1964539/heavy_rain_test.html (o.J.) – Stand: März 2010. 151 Familien der Opfer einzusammeln. (Scott Shelby verbrennt kurz vor dem Ende alle eingesammelten Beweise in seinem Mistkübel.) Aber zieht er dadurch nicht vielmehr die Aufmerksamkeit auf sich? Und warum ist dieses Beweismaterial nicht schon längst bei der Polizei? Der/die SpielerIn wird diese Fragen betreffend im Dunklen gelassen. Eine erklärende Szene dazu hätte dem Spiel gut getan. Manchmal gibt auch die Steuerung kurzfristig Grund zur Skepsis beim/bei der SpielerIn, wenn der Befehl für die Benützung der Toilette dem Befehl für „Gegner ausweichen“ gleicht. Durch Perspektivenwechsel und nicht immer optimal gewählte Kamerapositionen fällt manchmal das normale Herumgehen im Raum schwer – wenn der/die SpielerIn drei Versuche benötigt, um an einem Schreibtisch vorbeizugehen, droht manchmal das Ende jeglicher Immersion. Der Geschichte gelingt es aber, einigen Logiklöchen zum Trotz, die meisten Schwächen aufzufangen und der/die SpielerIn legt vielleicht am Ende anders den Controller zur Seite als zuvor. Ein Spieler, welcher seinen „Walkthrough“397 auf youtube.com stellte und diesen stellenweise im Off selbst kommentierte, meinte: „[...] this kind of game just... you know, this is real... this is real life. No one puts real life in a game and thatʼs, I think, what makes this game stand out more...“398 Die Definition „real life“ trifft nicht ganz zu, aber wie im Film auch, handelt es sich um eine Verdichtung des „echten Lebens“. Ob es sich bei der Machart von Heavy Rain um ein Format handelt, das sich langfristig etabliert, oder einen beeindruckenden Einzelfall, wird sich zeigen. Ein innovativer Schritt in Richtung interaktives Erzählen ist es allemal. 397 398 Beschreibung „Walkthrough“: Siehe Fußnote Nr. 18, Seite 13. Siehe: „YouTube. Broadcast YourselfTM“, http://www.youtube.com/user/Centerstrain01#p/c/ E5F0684 9BB238CAC/22/aVjq2fxkK80 (o.J.) – Stand: März 2010 152 SCHLUSSFOLGERUNGEN Ich hoffe, mit dieser Arbeit dem/-r LeserIn aus der Filmbranche das Medium Computerspiel schmackhaft gemacht zu haben. Das bedeutet nicht, dass wir als Filmschaffende auf Games umsatteln müssen, aber wir sollten dieses neue Medium weder ignorieren noch als seichte Unterhaltung wahrnehmen. Ob Spiele auf einem Level mit Schindlers Liste399 entstehen werden, wird sich zeigen, aber der/die gegenwärtige MedienunternehmerIn sollte zukünftige Entwicklungen nicht außer Acht lassen. Eine Conclusio dieses breiten Themas lässt sich nicht in einem Satz beschreiben, weshalb eine Übersicht über die Schlussfolgerungen aus den einzelnen Themenkreisen folgt: Der Einsatz filmischer Gestaltungsmittel in Computerspielen macht durchaus Sinn, solange sie mit der Interaktivität des Mediums in Einklang stehen und die dafür notwendigen Voraussetzungen erfüllt werden. Filmschaffende, die in die Spielebranche wechseln wollen, haben vielleicht eine bessere Ausgangsposition, müssen aber in hohem Ausmaß anpassungsfähig sein und sollten über entsprechendes Know-how verfügen. Adaptionen, in welche Richtung auch immer, werden weiterhin, von einem wirtschaftlichen Standpunkt aus betrachtet, funktionieren. In kreativer Hinsicht können die Film- und Spielschaffenden davon profitieren, den Stoff in der bereits bestehenden Welt des anderen Mediums anzusiedeln, ohne die Vorgabe zu kopieren, sondern die Stärken des eigenen Mediums auszunutzen. Die strikte Kopie neigt dazu, schief zu gehen. Im technischen Bereich sieht es danach aus, als würden die Animation Artists bald 3D-Grafiken bauen, die sowohl im Film als auch im Spiel verwendet werden können. Hollywood und die Computerspielindustrie bauen, nach anfänglichen Differenzen, langsam aber stetig die Zusammenarbeit aus. Wer in der Entertainmentindustrie das 399 Vgl. Amir Rahimi auf Seite 78. 153 richtige Gespür für das Publikum beweisen kann, wird auf beiden Seiten willkommen geheißen. Für Österreich gilt: die Fördersituation könnte besser sein. Die Branche verfügt über ein gewisses Grundpotenzial, welcher zur Zeit noch auf den guten (oder weniger guten) Leistungen einzelner Firmen basiert. Fernsehsender und Rundfunkanstalten müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben, ein multimediales Angebot in ihrem Portfolio haben. Dazu gehören auch Computerspiele. Interaktives Erzählen ist eine Herausforderung. Die Vielzahl an Möglichkeiten birgt viele Fehlerquellen, aber wenn die emotionale Identifikation des/-r Rezipienten/-in gelingt, ist das Ergebnis umso intensiver, da er/sie selbst dazu beigetragen hat. Es handelt sich dabei um den größten gemeinsamen Nenner. Dies ist auch der Punkt, an dem Kreative wie Steven Spielberg ins Spiel kommen – Kreative, die auf die Bedürfnisse des Publikums eingehen können, ohne dabei banal zu werden. Mit einem höheren Anspruch an das Publikum und größerer emotionaler Tiefe in Computerspielen werden neue Zielgruppen angesprochen werden, wenngleich diese Entwicklung seine Zeit brauchen wird. Dass in Computerspielen sowohl lineares Erzählen (Uncharted 2) als auch ein kontrolliertes Angebot an inhaltlich signifikanten Entscheidungen (Heavy Rain) zu ansprechenden Ergebnissen führen kann, haben die beiden Fallbeispiele bewiesen. Wohin interaktives Erzählen in Zukunft gehen wird, ist offen, aber die Möglichkeiten sind zahlreich wie eine sich gabelnde Geschichte – vorausgesetzt, die vorhandenen Wege werden genutzt. Vielleicht wird es in Zukunft auch mehr Komödien und romantische Computerspiele geben... 154 QUELLENANGABEN Literatur Adams, Ernest: Break into the Game Industry. How to get a job making video games. ! New York u.a.: McGraw-Hill/Osborne. 2003. Ament, Vanessa Theme: The Foley Grail. The Art of Performing Sound for Film, ! Games and Animation. Burlington (Massachusetts), Oxford (UK): Focal Press. ! 2009. Arem, Keith: „Foreword“. In: Aaron Marks: The Complete Guide to Game Audio. For ! Composers, Musicians, Sound Designers, and Game Developers. Burlington ! (Massachusetts), Oxford (UK): Focal Press. ²2009. Atkins, Barry: More than a game. The computer game as fictional form. Manchester, ! New York: Manchester University Press. 2003. Behrmann, Malte: „Was ist los in NRW?“ GamesMarkt Nr. 14 (23. 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Abbildung 6: A plot of team size versus time for a hypothetical product. (Grafik). ! Bildquelle: Adams, Ernest: Break into the Game Industry. How to get a job ! making video games. 2003, 62. Abbildung 7: When a consumer buys a $50 retail game title... (Grafik). Bildquelle: ! Schell, Jesse: The Art of Game Design. A Book of Lenses. 2008, 435. Abbildung 8: Assassinʼs Creed. (Screenshot). Bildquelle: Ubisoft. 2007/2008. Abbildung 9: Assassinʼs Creed. (Screenshot). Bildquelle: Ubisoft. 2007/2008. 169 Abbildung 10: Uncharted 2. (Screenshot). Bildquelle: Sony. 2009. Abbildung 11: Heavy Rain. (Screenshot). Bildquelle: Electronic Arts. 2010. Abbildung 12: Cursed Mountain (Screenshot). Bildquelle: Deep Silver, a division of ! Koch Media GmbH. 2009. Abbildung 13: Cursed Mountain (Screenshot). Bildquelle: Deep Silver, a division of ! Koch Media GmbH. 2009. Abbildung 14: Mirrorʼs Edge. (Screenshot). Bildquelle: Electronic Arts. 2008/2009. Abbildung 15: Mirrorʼs Edge. (Screenshot). Bildquelle: Electronic Arts. 2008/2009. Abbildung 16: Fallout 3. (Screenshot). Bildquelle: Ubisoft. 2008. Abbildung 17: Fallout 3. (Screenshot). Bildquelle: Ubisoft. 2008. Abbildung 18: Assassinʼs Creed. (Screenshot). Bildquelle: Ubisoft. 2007/2008. Abbildung 19: Brütal Legend. (Screenshot). Bildquelle: Electronic Arts. 2009. Abbildung 20: 24: The Game (Screenshot). Bildquelle: Sony. Abbildung 21: Kiefer Sutherland (Foto). Bildquelle: Sony. Abbildung 22: James Cameronʼs Avatar: The Game. (Screenshot). Bildquelle: ! Ubisoft. 2009. Abbildung 23: James Cameronʼs Avatar: The Game. (Screenshot). Bildquelle: ! Ubisoft. 2009. Abbildung 24: Boom Blox: Smash Party. (Screenshot). Bildquelle: Electronic Arts. ! 2009. Abbildung 25: Boom Blox: Smash Party. (Screenshot). Bildquelle: Electronic Arts. ! 2009. Abbildung 26: Cursed Mountain (Screenshot). Bildquelle: Deep Silver, a division of ! Koch Media GmbH. 2009. Abbildung 27: Cursed Mountain (Screenshot). Bildquelle: Deep Silver, a division of ! Koch Media GmbH. 2009. Abbildung 28: The story spectrum. (Grafik). Bildquelle: Rollings, Andrew; Adams, ! Ernest: Andrew Rollings and Ernest Adams on Game Design. 2003, 90. Abbildung 29: Grand Theft Auto IV (Screenshot). Bildquelle: Rockstar Games. 2008. Abbildung 30: Grand Theft Auto IV (Screenshot). Bildquelle: Rockstar Games. 2008. Abbildung 31: Fallout 3. (Screenshot). Bildquelle: Ubisoft. 2008. Abbildung 32: Mass Effect. (Screenshot). Bildquelle: Electronic Arts. 2007/2008. Abbildung 33: Linear story. (Grafik). Bildquelle: Ince, Steve: Writing for Video Games. ! 2006, 49. 170 Abbildung 34: Branching story and gameplay. (Grafik). Bildquelle: Ince, Steve: ! Writing for Video Games. 2006, 50. Abbildung 35: Parallel story and gameplay. (Grafik). Bildquelle: Ince, Steve: Writing ! for Video Games. 2006, 51. Abbildung 36: Linear story, non-linear gameplay. (Grafik). Bildquelle: Ince, Steve: ! Writing for Video Games. 2006, 50. Abbildung 37: Linear gameplay, player-influenced story. (Grafik). Bildquelle: Ince, ! Steve: Writing for Video Games. 2006, 52. Abbildung 38: Controlled branching story and gameplay. (Grafik). Bildquelle: Ince, ! Steve: Writing for Video Games. 2006, 52. Abbildung 39: Mass Effect. (Screenshot). Bildquelle: Electronic Arts. 2007/2008. Abbildung 40: Mass Effect. (Screenshot). Bildquelle: Electronic Arts. 2007/2008. Abbildung 41: Mass Effect. (Screenshot). Bildquelle: Electronic Arts. 2007/2008. Abbildung 42: The audience model used by International Hobo from 2000-2003. ! (Grafik). Bildquelle: Bateman, Chris; Boon, Richard: „21st Century Game ! Design: Designing for the Market“, http://www.gamasutra.com/features/200511 ! 10/bateman_01.shtml (10. Nov. 2005) Abbildung 43: Uncharted 2. (Screenshot). Bildquelle: Sony. 2009. Abbildung 44: Uncharted 2. (Screenshot). Bildquelle: Sony. 2009. Abbildung 45: Uncharted 2. (Screenshot). Bildquelle: Sony. 2009. Abbildung 46: Uncharted 2. (Screenshot). Bildquelle: Sony. 2009. Abbildung 47: Heavy Rain. (Screenshot). Bildquelle: Electronic Arts. 2010. Abbildung 48: Heavy Rain. (Screenshot). Bildquelle: Electronic Arts. 2010. Abbildung 49: Heavy Rain. (Screenshot). Bildquelle: Electronic Arts. 2010. Abbildung 50: Heavy Rain. (Screenshot). Bildquelle: Electronic Arts. 2010. Abbildung 51: Heavy Rain. (Screenshot). Bildquelle: Electronic Arts. 2010. 171 ABKÜRZUNGEN 2D! ! ! zweidimensional 3D! ! ! dreidimensional Abb.! ! ! Abbildung AG! ! ! Aktiengesellschaft AIAS! ! ! Academy of Interactive Arts and Sciences Anm. R.H.! ! Anmerkung Roland Hablesreiter Aug.! ! ! August bearb. v.! ! bearbeitet von bzw.! ! ! beziehungsweise ca.! ! ! circa CG! ! ! computer generated CGI! ! ! computer generated image Dez.! ! ! Dezember DP! ! ! director of photography dto. ! ! ! dito DVFx! ! ! digital visual super effects EA! ! ! Electronic Arts ER! ! ! Emergency Room etc. ! ! ! et cetera EU! ! ! Europäische Union f.! ! ! folgende FBI! ! ! Federal Bureau of Investigation Feb.! ! ! Februar ff.! ! ! fortfolgende FMV! ! ! full motion video GfK! ! ! Gesellschaft für Konsumforschung GmbH!! ! Gesellschaft mit beschränkter Haftung GTA ! ! ! Grand Theft Auto Hrsg. !! ! Herausgeber hrsg. v.! ! herausgegeben von ILM! ! ! Industrial Lights & Magic 172 inkl.! ! ! inklusive IPTV ! ! ! Internet Protocol Television Jän.! ! ! Jänner LMNO!! ! Codename für Steven Spielbergs 2. Spiel in Kooperation mit EA Ltd.! ! ! Limited company m.E.! ! ! meines Erachtens Mio.! ! ! Million/en MIT! ! ! Massachusetts Institute of Technology MMO! ! ! massively multiplayer online MMOG! ! massively multiplayer online game MMORPG! ! massively multiplayer online game role play game Mrd.! ! ! Milliarde/n Nr.! ! ! Nummer Nov.! ! ! November NPC ! ! ! non-player-character NRW ! ! ! Nordrhein-Westfahlen o.ä.! ! ! oder ähnliches/-m/-n o.J.! ! ! ohne Jahr Okt.! ! ! Oktober ORF! ! ! Österreichischer Rundfunk ÖVUS!! ! Österreichischer Verband für Unterhaltungssoftware PC ! ! ! Personal Computer PEGI! ! ! Pan European Game Information! PSN ! ! ! PlayStation Network R.H.! ! ! Roland Hablesreiter RPG! ! ! role play game RTS ! ! ! real-time strategy SCED!! ! Sony Computer Entertainment Deutschland Sept.! ! ! September SMS! ! ! Short Message Service s.o.! ! ! siehe oben TBS ! ! ! turn-based strategy TV! ! ! television u.! ! ! und 173 u.a.! ! ! unter anderem/-n übers. v. ! ! übersetzt von v. ! ! ! von v. R.H.! ! von Roland Hablesreiter UK! ! ! United Kindgom US ! ! ! United States USA ! ! ! United States of America USK! ! ! Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle usw.! ! ! und so weiter vgl.! ! ! vergleiche VO! ! ! Voice Over VoD! ! ! Video on Demand VP! ! ! Vice President XBLA !! ! Xbox Live Arcade z.B.! ! ! zum Beispiel 174 DANKSAGUNG Für die Unterstützung bei dieser Arbeit bedanke ich mich sehr herzlich bei: Ralf Anheier Kerstin Müller Electronic Arts Seckin Özdündar Helga Bähr Christoph Quas Amir Rahimi Christiane Binder Christoph Rinner Deep Silver Rockstar Games Wolfgang Ebert Christian Rohrauer Marlies Frey Gerlinde Semper Herbert Habersack Sony Horst Heindl Sproing Interactive Media Martha & Hubert Hablesreiter Jutta & Matthias Strohmaier Martin Hablesreiter Sonja Stummerer Alex Hager Ubisoft Konami Digital Entertainment Verena Vlajo Timo Kornetzki Anneliese Weidinger Doris Lagler Martin Wein Michael Mähring Gerrit Wunder Martin Maier Katharina Ziegelbauer Peter Mayer Elisabeth Zimmermann 175