2015 Sheffield

Transcription

2015 Sheffield
Erfahrungsbericht – Erasmussemester an der
University of Sheffield
Name: Patrick Brugger
Zeitraum: WS 2014/15, 4. Semester
Studienfach: Mathematik
Heimatuniversität: TU Kaiserslautern
Sheffield
„Sheffield?! Noch nie gehört, wo genau liegt das?“ Vielleicht wirst auch du diese Frage in nächster
Zeit öfter hören – ich kann es nur für dich hoffen. „Rechts neben Manchester“, wirst du dann
wahrscheinlich jedes Mal antworten. „Gut eine halbe Million Menschen leben da.“
Foto von Lewisskinner / CC0 Public Domain
Zugegebenermaßen habe auch ich vor meiner Recherche für mein Erasmus-Semester noch nie
etwas von dieser „Steel-City“ im Herzen des Vereinigten Königreichs, die übrigens mehr Bäume
pro Kopf als jede andere europäische Stadt (ungefähr vier) besitzt, gehört. Bitte lass dich davon
nicht abschrecken. Ich kann versichern, dass es im Rückblick die ideale Wahl war!
Kurz zusammengefasst liegt dies an Folgendem:
•
Sheffield „hat“ alles. Die Größe der Stadt ist perfekt, sie ist nicht zu groß (wie London),
und auf keinen Fall zu klein. Die Mieten sind für englische Großstadtverhältnisse moderat.
Es gibt zwei professionelle Fußballvereine – United und
Wednesday – von denen (momentan) allerdings keiner
erstklassig spielt. Nichtsdestotrotz werden die Spiele von
den „Blades" (United) in der dritten Liga regelmäßig von
locker 20.000 Fans besucht. Direkt westlich der Stadt
grenzt der Peak District an, ein wunderschöner
Nationalpark, der zu zahlreichen Freizeitaktivitäten
einlädt. Es gibt die Meadowhall, eine riesige
Patrick Brugger / CC BY-SA
Shoppingmall mit über 250 Läden. Es gibt Museen, z.B.
das sehr empfehlenswerte Kelhalm Island Museum (www.simt.co.uk/kelham-islandmuseum, zur industriellen Geschichte) oder das Weston Park
Museum (www.museums-sheffield.org.uk/museums/westonpark, freier Eintritt). Es gibt unzählige Pubs. Es gibt zwei
Unis. Viele Parks. Und Hügel (und zwar sieben an der Zahl,
Rom-Style) ...
Und dann natürlich noch die wirklich netten und offenen
Menschen mit ihrem einmaligen Yorkshire Akzent. Nach
Foto von Evilbish / CC BY
einer kleinen Eingewöhnungsphase kam ich super damit klar.
Spätestens nach deiner ersten Unterhaltung mit jemandem aus Liverpool, einem echten
„Scouser“, wirst du den Dialekt dort lieben. :D
Zwei Sachen fehlen „dem größten Dorf Englands“ (nach eigener Bezeichnung) allerdings:
Ein Flughafen (der wurde geschlossen) und (hohe) Kriminalität. Sheffield hat den Ruf, die
sicherste Großstadt Englands zu sein und genau so habe ich mich während
meiner Zeit dort auch gefühlt. Und kein Flughafen bedeutet kein Lärm –
also alles positiv. ;)
•
Auch die Lage der Stadt ist erste Sahne. Allererste. Dank ihrer
Zentralität (kein Synonym gefunden) wurde ich regelrecht dazu
gezwungen viel zu reisen. Dazu später mehr ...
•
England ist international. Dieser Punkt ist also nicht Sheffield-spezifisch. Ch1902, Alexrk2, Spischot /
CC BY-SA
Erasmus soll dem europäischen Austausch dienen, geht man nach England
trifft man zusätzlich massenweise Amerikaner, Australier, Chinesen, Japaner, Mexikaner und
auch mal jemanden aus den VAE. Sehr wertvoll und ein Grund mehr für England und damit
Sheffield.
•
Die University of Sheffield. Sie gehört zu den Top 100 der Welt. 25.000 Studenten. Die
„Betreuungsdichte“ (Professoren/Tutoren pro Student) ist verhältnismäßig groß. Moderne
Gebäude, unter anderem das „IC“ (Bib, offen 24/7), die Fitness Anlage „Goodwin Sports
Center" und mittlerweile wohl auch der „Diamond" (google mal ;) ). Mathe-Vorlesungen mit
zwei-/dreihundert Leuten – ganz was Neues. Und
wenn man von Lautre' kommt braucht man vor dem
Niveau absolut keine Angst haben, ehrlich. Die
Vorlesungen, die übrigens in Gebäuden direkt neben
der Students' Union (dazu gleich mehr) stattfinden,
sind praktischer und weniger technisch. Es wird grob
gesagt mehr gerechnet. Man kann ihnen gut folgen.
(Hier ein Link, „Englisch für Mathematiker“.)
Weniger Gruppenarbeit. Die Klausuren sind
Patrick Brugger / CC BY-SA
schriftlich und meist 2,5 Stunden lang. Wenn man die
Übungen macht, was nicht obligatorisch aber für die Klausuren mehr als ratsam ist, ist man
gut dabei. Die Prüfungsphase ist ca. zweieinhalb Wochen lang, hat man Pech, ist man an
mehreren aufeinanderfolgenden Tagen dran. Ansonsten sind alle Mitarbeiter sehr hilfreich
und freundlich.
Vermisst habe ich jedoch die Mensa (besser gesagt das Buffet derselben), dafür gibt es aber:
•
Die Students' Union (su.sheffield.ac.uk)!!! Drei Ausrufezeichen. Ich bin dazu geneigt zu
sagen, dass sich ein Semester in Sheffield schon allein wegen ihr lohnt. „Doch was genau ist
das?“, magst du fragen. Wikipedia sagt:
„The Students' Union aims to advance the education of Students by representing the students
of the University locally and nationally, organising services and activities to meet their
needs and taking positive measures to encourage and build a student community which
respects and celebrates the diversity of its membership.“
Etliche Male wurde sie als beste Students' Union in
GB gewählt. Sie ist von Studenten für Studenten
und beherbergt Restaurants, Bars, einen Biergarten,
Cafés, Shops, Clubs, Geldautomaten, eine Barclays
(Bank) Filiale, Beratungszentren, eine Job- und eine
Freiwilligenarbeitsvermittlung, eine Wohnungsvermittlung, einen Hörsaal für 400 Leute, Seminarräume, mehrere Lernzonen, Computer und Drucker,
eine Leseecke, eine kleine Bib ... In ihr wird eine
uni-eigene Zeitung hergestellt, es gibt eine TV- und
Karte von NordNordWest,
Patrick Brugger / CC BY-SA
Radiostation und sogar eine Art „Nummer gegen Kummer“, die „Sheffield University
Nightline“. In dem modernen sechsstöckigen Gebäude finden regelmäßig KinoVorstellungen, Theater- und Musicalaufführungen und natürlich die Club-Nights statt. Man
kann Zugtickets kaufen und beim „Box Office" Karten für alle möglichen Veranstaltungen,
u.a. auch für Eishockey- und Fußballspiele der städtischen Mannschaften, ergattern. Und ja,
man kann auch duschen. Und ein Fahrrad ausleihen. Und ...
Ich habe weiter oben geschrieben, dass Sheffield alles „hat“, aber eigentlich „hat“ die
Students' Union schon alles, wie du siehst ... :)
Unter den rund 300 Clubs & Societies der Union ist für jeden was dabei: Von A wie
Amnesty International und African Affairs, B wie Birdwatching und Bollywood, C wie
Cheerleading und Chees and Wine, D wie Debating
und DJ ... über P wie Papercraft und Poker, Q wie
Quidditch ... bis zu Z wie Zumba gibt es zu allem nur
Erdenklichen eine sogenannte Society, in der sich
Studenten zusammenschließen und gemeinsamen
Interessen nachgehen. Klar gibt es auch ne' TeaSociety. Und ne' Vodka-Society. Und ... (wie gesagt)
Auch Sportclubs hat es zuhauf: Badminton, Fechten,
Kanufahren, Lacrosse, Segeln, Skifahren,
Trampolinspringen, Wasserpolo etc.
Patrick Brugger / CC BY-SA
Geh' auf jeden Fall zu der „Activities Fair" und der „Sports Fair" in der Intro Week. Dort
stellen sich alle Clubs & Societies vor und man kann auch direkt Mitglied werden (was
meist nur (plus/minus) drei Pfund kostet).
•
Das „Give it a Go"-Programm. Diesen Punkt hätte ich auch dem letzten anfügen können.
Allerdings bin ich so froh um die Existenz desselben, dass ich ihn separat aufführen möchte.
Durch GiaG kann man gegen einen Unkostenbeitrag an dutzenden Aktivitäten teilnehmen,
wie z.B. Tanz- oder Kochkursen, einem 3D-Druck-Workshop oder auch verschiedene
Sportarten ausprobieren. Besonders hervorheben möchte ich die „großen“
Samstagtrips, bei denen per Bus England erkundet wird.
GiaG ist einfach ultra um neue Leute kennenzulernen!
© University of Sheffield
„Kurz“ zusammengefasst sind es also diese sechs Punkte, die Sheffield für mich zur perfekten Wahl
für ein Erasmus-Semester machen. ;)
So, nachdem ich dich nun überzeugt habe noch ein paar praktische Infos:
Vorbereitung
Von der Organisation her ist das Ganze nicht allzu kompliziert. Zunächst bewirbst du dich um einen
Platz, indem du ein Formular ausfüllst und ein Motivationsschreiben anfertigst. Nach dem Erhalten
der Zusage muss man – in Rücksprache mit dem Eramus-Koordinator (zur Zeit Herr Triebsch) – nur
noch die Vorlesungen („modules“) auswählen. Nur noch ... Bei mir hat es sich als nicht allzu
einfach herausgestellt, da ich noch die PraMa Stochastik hören musste, die in der Form nicht in
Sheffield angeboten wurde. Doch glücklicherweise wurde mir gestattet, die Übungen einzuschicken
und die Prüfung dann im März in Kl abzulegen. Deswegen frühzeitig auf die Modulseite der Uni of
Sheffield (maths.dept.shef.ac.uk/maths/module_list.html) schauen und in solch einem Fall die
Angelegenheit schnellstmöglich mit dem jeweiligen Professor an der TU klären. Bei mir wäre es
fast daran gescheitert, ich kann gar nicht sagen wie dankbar ich bin, dass es auf diese Weise
geklappt hat.
Ah, und noch zwei Tipps: Auf obiger Seite steht „Level" für „Semester“ und Semester 1, bzw. 2 (in
der rechten Spalte) für das Wintersemester, bzw. Sommersemester. „Year“ bedeutet, dass sich die
entsprechende Vorlesung über beide Semester erstreckt.
Eine zusätzliche Krankenversicherung habe ich nicht abgeschlossen und war somit nur über die
Europäische Versichertenkarte versichert, die du dir bei deiner Krankenkasse rechtzeitig ausstellen
lassen solltest. Trotzdem würde ich beim nächsten Mal eine Zusatzkrankenversicherung
abschließen. Weitere Infos findest du z.B. hier. Dies ist jedoch nicht nötig, falls du planst ein
komplettes Jahr hinzugehen (entscheidend: Mehr als sechs Monate). In diesem Fall bist du über den
„University Health Service“ (gibt’s selbstverständlich auch) versichert.
Packen
Meine Lieblingsbeschäftigung (nicht). Im Prinzip kann man da oben alles kaufen, falls etwas
vergessen wurde. Nimm' ein Paar Winterschuhe mit (oder einfach welche mit guter Sohle), denn in
England gibt’s keine Räum- und Streupflicht für Hauseigentümer (es gibt nicht
mal ein Wort dafür). Ich kann mich irren, falls dem so ist hält sich einfach
keiner daran. Auf jeden Fall lassen sie alle Gehwege schön vereisen nachdem
es geschneit hat. Selbst vor dem Krankenhaus. Da ist mir doch glatt ein
Wortwitz eingefallen. Wie dem auch sei: Winterschuhe.
Ansonsten: Einen Adapter für englische Steckdosen (z.B. den hier).
Und als Letztes vielleicht noch ein/zwei karierte Blöcke, die sind dort weniger
verbreitet (frag' mich nicht warum). Apropos weniger: Es hat weniger geregnet
als erwartet. Also nicht nur Regenjacken einpacken. ;)
Patrick Brugger / CC BY-SA
Anreise
Ich hab' nach Busreisen gesucht und nichts gefunden. Zug ist vergleichsweise teuer. Auto ginge
natürlich auch. Doch für mich war das Flugzeug ganz klar das Mittel der Wahl. Nach Manchester
(www.skyscanner.de) und dann ab mit dem Zug (www.nationalrail.co.uk) nach Sheffield.
Rechtzeitig buchen lohnt sich. Man kann auch den Coach (so heißen die Fernbusse)
(www.nationalexpress.com) nach Sheffield nehmen, allerdings ist er wesentlich länger unterwegs
und preislich selten besser.
Unterkunft
Es gibt mehrere Studentenwohnheime, mit Verpflegung oder ohne. Der extra Aufpreis für die
Verpflegung ist ziemlich hoch. Außerdem fällt die Küche dann sehr sehr klein aus. Ich hab'
jemanden getroffen, bei dem Verpflegung dabei war und der dann mit rund 20 anderen
zusammenlebte und sich mit ihnen zwei Kühlschränke teilen musste. Also die Empfehlung geht
eindeutig an die „einfache“ Version, die ohne Verpflegung. Du lebst dann mit sieben anderen
zusammen, vermutlich in Endcliffe, einem Studentendorf ca. 20-25 Gehminuten von der Uni
entfernt mit rund 1000 Bewohnern. Es gibt einen kleinen Laden und soziale Veranstaltungen.
Alle Wohnheimplätze werden (außer an Austauschstudenten) an Erstsemester vergeben, die, zum
ersten Mal weg von Zuhause, oft recht laut und partywütig sind. Wer sich daran stört, sollte dies
bedenken.
Ich habe mich aus dem Grund dagegen entschieden, da mir zu Ohren kam, dass Erasmus-Leute
gerne zusammen untergebracht werden. Es kann also sein, dass
man mit ein paar Deutschsprachigen haust, wobei ich gerne mit
Engländern leben wollte, zum einen natürlich wegen der Sprache
und zum anderen um „näher an der Kultur“ zu sein.
Klar ist es für's Englische ratsamer mit Muttersprachlern
zusammen zu wohnen, doch rückblickend muss ich sagen, dass
ich mich mit fast allen Deutschsprachlern auf Englisch unterhielt.
Also da brauchst du keine große Angst haben.
Die Wohnungssuche gestaltete sich als etwas schwer. Ich habe
Patrick Brugger / CC BY-SA
von Deutschland aus sehr viele angeschrieben und ein paar Wohnungsbesichtigungen für die erste
Woche während der Orientation Week (gleich mehr) organisiert. Die beste Wahl für die
Unterbringung während der ersten Woche stellt Endcliffe dar, für etwa 90 Pfund kann man dort vier
(kürzer/länger ist auch möglich) Nächte übernachten. Registrier' dich hier:
www.sheffield.ac.uk/ssid/newstudents/orientation-week und gib' an, dass du eine Unterkunft
brauchst, dann werden sie dich kontaktieren. Die eigentliche Seite für die Unterkunft
(www.sheffield.ac.uk/ssid/newstudents/orientation-week/accommodation) ist dann wahrscheinlich
wieder online ...
Während diesen Tagen hatte ich also ein paar Besichtigungen und enormes
Glück eine Spitzen-Unterkunft zu finden, nur 10 Gehminuten von der Uni
entfernt zusammen mit drei Jungs aus Manchester. Für mich war es auf jeden
Fall die richtige Entscheidung. So kommt auch ein bisschen mehr Spannung in
die ganze Angelegenheit (und ein bisschen Stress – siehe Bild). Generell kommt
man in einer Privatunterkunft auch etwas günstiger weg, bei mir waren's unter
300 Pfund (warm). Im Wohnheim sind es mindestens 400. Und keine Sorge: In
Sheffield gibt es ein gutes Wohnungsangebot, jeder kommt unter. Sollte man
Patrick Brugger / CC BY-SA
wirklich nicht fündig werden gibt es von der Uni (natürlich in der Stundets'
Union) ein sogenanntes „Househunting-Event", bei dem gemeinsam mit anderen Suchenden noch
verfügbare Häuser in der Stadt gejagt werden.
Bei der eigenen Suche kann ich besonders www.spareroom.co.uk empfehlen. Wenn du dort
jemanden kontaktierst, muss entweder er oder du eine kostenpflichtige Mitgliedschaft besitzen,
damit deine Mitteilung gelesen werden kann. Ziemlich bescheuert, ich weiß ...
Und jetzt ein Geheimtipp: www.houseshare.com hat genau dasselbe Angebot wie spareroom,
allerdings mit einem kostenlosen Nachrichtensystem. Bin ich per Zufall drauf gestoßen. Keine
Ahnung wie das funktioniert ...
Auch uk.easyroommate.com habe ich verwendet, diese Seite wird allerdings weniger genutzt und
ist vom Aufbau her nicht richtig handlich. Besser ist da der „Housing Finder" auf der Uni of
Sheffield Website: www.propertywithus.sheffield.ac.uk/Accommodation. Auch in der Students'
Union kannst du dich natürlich beraten lassen, als ob ich das extra noch erwähnen müsste ... ;)
Noch ein wichtiger Punkt: Gerade bei der Wohnungssuche ist es extrem wichtig eine englische
SIM-Karte zu haben. Ohne die hätte ich meine Wohnung wohl nicht bekommen (Google Maps fand
die Adresse nicht, hab' ich noch nie erlebt). In der Students' Union (wo sonst?) werden in den ersten
Wochen kostenlos SIM-Karten verteilt. Hol' dir giffgaff, das haben die meisten und ist günstig.
Wenn du eine hast, musst du dir für zehn Pfund einen „Top-up Voucher“ in einem Supermarkt (z.B.
Sainsbury's) besorgen und auf www.giffgaff.com eine „goodybag“ (so nennen sie ihre SmartphoneTarife). Dann kann's losgehen!
Die Ersten Wochen
Es gibt zwei Einführungswochen, erst die Orientation Week und dann die Intro Week. Erstere ist
freiwillig, in der Zweiten muss man sich dann registrieren und es finden auch die oben erwähnten
Activities & Sports Fairs statt. Beide (Wochen) sind super um erste Kontakte zu knüpfen (und evtl.
eine Wohnung zu finden). Auch zum langsamen Einleben ist's top. Es werden
zahlreiche Infoveranstaltungen zu allem Möglichen, wie bspw. Bankkonten (hab' ich
keins eröffnet, lohnt sich bei nem' halben Jahr nur bedingt) oder dem Arbeiten als
Austauschstudent, angeboten. Ich kann nur empfehlen schon zur Orientation Week
anzureisen und an möglichst vielen Veranstaltungen teilzunehmen – glaub' mir, es
gibt ein volles Programm! Die O. Week beginnt am 15. September, bis dahin müssen
spätestens alle Prüfungen in Kl abgelegt worden sein.
Eines kannst du mir auch glauben: Dir werden die Namen – gerade zu Beginn – nur © University of Sheffield
so um die Ohren fliegen. Du wirst viele neue Menschen treffen. Es kann einem regelrecht über den
Kopf (und damit die Ohren) wachsen. Und wenn man dann noch viel um die Ohren hat – okay ich
hör' ja schon auf ... War ein bisschen viel „Ohren“, ich geb's ja zu, da kriegt man's ja direkt an den
Ohren ... :D
Auf jeden Fall erging es mir so, nach ca. zweieinhalb Wochen und locker hundert neuen Gesichtern,
und somit auch Namen. Schreib' dir jeden neuen Namen am besten in einer Notizenapp auf und
hintendran ne' kleine Bemerkung zur Person.
Ich glaube man kommt nicht drum rum' auch mal kurz frustriert zu sein, vor allem weil die
Gespräche anfangs halt immer nach einem gewissen Schema ablaufen, aber dann wird’s auch schon
wieder. Versprochen! Immer schön die Ohren steif halten! ;)
Noch was: Es braucht eine gewisse Zeit bis man sich an den Linksverkehr gewöhnt hat. Bei mir
war's ca. ein Monat. Schau' die ersten Tage lieber fünf mal nach
links und vor allem nach rechts wenn du eine Straße überquerst.
Ein gebrochenes Bein wäre kein guter Start (da hab' ich auch einen
Patrick Brugger / CC BY-SA
getroffen ...).
Auch an den Sterling gewöhnt man sich alsbald. Zu Beginn verwirrt es halt, dass z.B. die 2
(wesentlich) größer als die 5 Pence-Münze ist. Im worst case betrügt dich halt jemand um 3 Pence
(macht keiner). ;)
Reisen
Wie du weißt liegt Sheffield sehr zentral. Das plus das „Give it a Go"-Programm ist gleich viel
Reisen. Ich war damit in Buxton, Chatsworth, Leeds, Lincoln, Liverpool, Whitby und York. Alles
Bombe! Müsste ich drei Trips empfehlen wären dies
Buxton, Whitby und York.
Mit dem ESN, dem „Erasmus Student Network“, bin ich
gemeinsam mit anderen Erasmus-Leuten ein Wochenende
nach Edinburgh in Schottland. War ne' schöne Zeit! Nimm
teil, geh hin!
Auch sonst gestaltet sich das Reisen als recht einfach und
preiswert: Nach London kommt man mit dem Coach
manchmal schon für fünf (!) Pfund.
Es gibt die sogenannte „Coachcard": Die kostet zehn
Pfund und gewährt einem für ein Jahr ein Drittel
Preisnachlass auf alle Buchungen. Lohnt sich meist schon
ab der ersten Fahrt. (Gut, wenn du für zehn nach London
Patrick Brugger / CC BY-SA
hin und zurück kommst, dann nicht ...)
In Sheffield muss man als Student für jede Busfahrt bezahlen, anders als in Kl. Zeigst du deine UCard, die du in der Intro Week bei der Registrierung erhältst, kostet eine Fahrt in der Stadt einen
Pfund. Die Tram (ja, die gibt’s auch) kostet um die 2,50.
Sonstiges
Ich habe während meiner Zeit freitags beim „Broomhall Breakfast“ ausgeholfen. Dort habe ich mit
anderen Freiwilligen bedürftigen Menschen Frühstück bereitet und mich mit ihnen ausgetauscht.
Eine wirklich gute Erfahrung ohne die meinem Auslandssemester etwas gefehlt hätte. Kann ich nur empfehlen! In der Intro
Week findet eine „Volunteering and Part Time Work“-Fair statt
und in der Students' Union gibt’s wie gesagt auch eine
Freiwilligenarbeitsvermittlung.
Hol dir Twitter! Bin kein Fan, keine Bange, aber gerade am
Anfang ist es sehr hilfreich um von all den Societies und
Veranstaltungen das Neueste zu erfahren. (Gut, vermutlich geht
dies auch mit Facebook, aber da bin ich nicht dabei. Bei Twitter
hat man halt alle Meldungen schön komprimiert beisammen.)
Patrick Brugger / CC BY-SA
So bin ich auch auf die „University Business Challenge“ aufmerksam geworden. Das ist ein
Wettbewerb zwischen Unis in GB, bei dem man im Team zu fünft eine Firma managed und auf
einem simulierten Markt zunächst gegen sieben andere Teams antritt. War sehr interessant, gerade
auch weil unser Team äußerst heterogen zusammengesetzt war. Und wir sind ins Halbfinale
gekommen (welches allerdings erst im März stattfand)! Also Augen auf, es wird viel geboten!
Ich bin gerade beim Lesen eines anderen Erfahrungsberichts (fachschaft.physik.unikl.de/files/public/ausland/London.pdf) auf HOST UK (www.hostuk.org) gestoßen, ließ selbst:
„HOST UK ist ein Programm der britischen Regierung, das internationale Studenten und
freiwillige Hosts (Gastgeber) quer durch Großbritannien zusammenbringen soll. Die Hosts sind oft
Seniorenehepaare, die selbst Kinder haben die nun aber schon ausgezogen sind. Sie bieten an,
einen für ein Wochenende zu sich zuhause einzuladen und die echte britische Lebensweise und
Kultur kennenzulernen. Man zahlt die Reisekosten selbst und bringt üblicherweise ein kleines
Geschenk mit, der Aufenthalt ist aber gratis. Man bewirbt sich bei HOST UK und kann dort
mehrere mögliche Wochenenden angeben sowie die maximalen Reisekosten (die oft konservativ
gerechnet werden, ich kam mit der Hälfte aus). Dann wird man einem Host zugeteilt und kontaktiert
diese direkt für die Details der Anreise. Es kann sein, dass die Bewerbung £60
Administrationsgebühren kostet, das Imperial College und viele andere Unis übernehmen diese
aber!“
Davon höre ich zum ersten Mal, hätte es sonst vermutlich auch genutzt. Die Uni of Sheffield
übernimmt (zur Zeit) allerdings keine Kosten.
Noch ein guter Punkt, den ich fast vergessen hätte (aus demselben Bericht):
„In England gibt es sehr viel mehr Fertiggerichte als gekühlte, nicht
tiefgefrorene Version, so etwa Pizza. Da diese nicht so lange haltbar
sind kann man regelmäßig sehr stark reduzierte Produkte kaufen, die
am selben Tag ablaufen (bis zu 90% Nachlass!). Eine gute Zeit, um
diese zu finden ist 17-19 Uhr.“
Jop, stimmt. Ich hab' mir mal einen Liter Ziegenmilch für ganze zehn
Pence ergattert. Lohnt sich auf jeden Fall!
Patrick Brugger / CC BY-SA
Ich befürchte es führt kein Weg daran vorbei noch einen Satz über's englische Essen zu verlieren. Es
ist anders. Gleich wäre ja auch langweilig. Überleben wirste's allemal, garantiert! ;)
Fazit
Dieses muss wohl lauten: Nix wie hin! Du wirst es nicht bereuen!
Ich bin heilfroh und tief dankbar, dass ich die Möglichkeit hatte nach
Sheffield zu gehen und diese auch wahrgenommen habe. Besonders gefallen
haben mir all die internationalen Begegnungen – einmalig! Ich habe
mit Engländern gewohnt, viel gesehen und erlebt und mein Englisch
Foto von Fuzz / CC0 Public Domain aufpoliert. Genau was ich wollte! Übrigens wurde mein kleiner
Blog während dem Aufenthalt reichlich mit Fotos gefüttert, kannst ja mal ein paar
Patrick Brugger /
Eindrücke aufschnappen: englatrick.tumblr.com.
CC BY-SA
Hoffentlich konnte ich dir bei deiner Entscheidung für ein Auslandssemester in Sheffield helfen.
Und falls es mit Sheffield nicht klappen sollte, lass' den Kopf nicht hängen und versuch's woanders:
Es lohnt sich immer!
Bei Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung: [email protected].
Zum Schluss noch ein paar Appetitanreger in Form kleiner Zitätchen:
„Es kommt mehr darauf an, wie du kommst, als wohin du reisest;
deshalb sollten wir unser Herz nicht einem bestimmten Ort verschreiben.
Es gilt die Einsicht zum Lebensgrundsatz zu machen,
dass man nicht für einen einzelnen Winkel geboren ist,
sondern dass die ganze Welt unser Vaterland ist.“
Seneca
„Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die Weltanschauung der Leute,
welche die Welt nicht angeschaut haben.“
Alexander von Humboldt
„Das Reisen bildet sehr;
es entwöhnt von allen Vorurteilen des Volkes,
des Glaubens, der Familie, der Erziehung.
Patrick Brugger / CC BY-SA
Es gibt den humanen duldsamen Sinn, den allgemeinen Charakter.
Wer dagegen nichts sah, was ihn in der Sphäre,
worin er lebt, umgibt, hält leicht alles für notwendig und einzig in der Welt, weil es in seiner Heimat dafür
gilt.“
Immanuel Kant
"Twenty years from now you will be more disappointed by the things you didn't do than by the ones you did
do. So throw off the bowlines. Sail away from the safe harbor. Catch the trade winds in your sails. Explore.
Dream. Discover."
H. Jackson Brown
PS: Falls du die Links nicht anklicken kannst, schau' mal in den Einstellungen deines PDF-Readers,
oder öffne' die Datei im Browser.