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Vom Garten Eden zum Guerilla Gardening
Die Betrachtung des Gartens als imaginärer und realer Raum
Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Mag. art.
Institut für Kunstwissenschaften, Kunstpädagogik und Kunstvermittlung
Eingereicht bei ao. Univ.- Prof. Mag. art. Dr. phil. Marion Elias
Abteilung Philosophie/ Universität für Angewandte Kunst in Wien.
Verfasst von Mag. art. Mona Quintus
Wien, Februar 2016
Eidesstattliche Erklärung
Ich erkläre hiermit an Eides statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und
ohne Benutzung anderer als die angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe. Die aus
fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind als solche
kenntlich gemacht.
Die Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen Behörde
vorgelegt und auch nicht veröffentlicht.
Wien im Februar 2016
Mag. art. Mona Quintus
INHALTSVERZEICHNIS
Einleitung
4
1. Der biblische Garten Eden
8
1.1. Die Entstehung des Gartens
1.2. Was ist ein Garten
2. Der mittelalterliche Garten - Hortus Conclusus
2.1. Die Naturauffassung im Mittelalter
2.2. Der Klostergarten
2.3. Der hortus conclusus als Allegorie
2.3.1. Die Mariensymbolik in der Bildenden Kunst
3. Der Renaissancegarten
3.1. Der Garten als Teil einer architektonischen Anlage
3.2. Der Wandel der Naturauffassung
4. Der Barockgarten
4.1. Rationalismus versus Sensualismus
4.2. Der Garten als Mittel der Repräsentation
5. Der Landschaftsgarten – der Garten der Aufklärung
5.1 Die Natur als Symbol der Freiheit
5.2 Die Erkenntnis der inneren Natur
6. Der islamische Garten
6.1. Der Teppichgarten oder der Gartenteppich
6.2. Der Gebetsteppich
7. Die sozialen Anfänge um 1800 - Armengärten
7.1. Vom Schreberplatz zum Schrebergarten
7.2. Die Laubenkolonie als Notquartier
7.3. Die Gartenstadt
7.4. Leberecht Migges Sozialreform
8. Kriegsgärten
8.1. Liberty Garden, Victory Garden
8.2. Kleingärten unterm Hakenkreuz
8.2.1. Der Garten in der Kindheit
8.3. Der Rasen als Heimatsymbol
8.3.1. Plastic Garden
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9. Urban Gardening
9.1. Wurzeln des urbanen Gartenbaus
9.2. Formen des Urban Gardening
9.2.1. Community Garden - Der Liz Christy Garden in New York
9.2.2. Mobiler Garten – Der Prinzessinnengarten in Berlin
9.2.2.1. Kultur und Garten
9.2.2.2. Die Gärten kehren in die Stadt zurück
9.2.2.3. Recycling und soziale Kompetenzen
9.2.3. Interkulturelle Gärten
9.2.4. Guerilla Gardening
9.2.4.1. Der Längenfeldgarten in Wien
9.2.4.2. Obdachlosengärten
10. Der Garten in der zeitgenössischen Kunst
10.1. Jenny Holzer, Black Garden
10.2. Gregory Crewdson, Natural Wonder und Twilight
10.3. Susanne Lorenz, Erinnerungsgarten
10.4. Paul Mc Carthy, The Garden
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11. Conclusio
82
12. Literatur- u. Quellenverzeichnis
85
12.1. Literaturverzeichnis
12.2. Aufsätze aus Zeitschriften
12.3. Internetquellen
85
88
89
13. Anhang
91
14. Abbildungsverzeichnis
92
15. Kurzbiografie
96
Einleitung
Die vorliegende Arbeit untersucht ohne Anspruch auf Vollständigkeit, ausgehend
vom Garten Eden, die Entwicklung und Bedeutung des Gartens bis heute.
Ein Garten kann sehr verschiedene Funktionen erfüllen, die weit über die des
Ertrages oder der dekorativen Grünfläche hinausgehen.
Dabei wird nicht der Garten einzelner Privatpersonen oder dessen spezifische
Bepflanzung
beleuchtet,
sondern
der
Garten
als
Zustandsbeschreibung
gesellschaftlicher Verhältnisse gesehen. Ein öffentlicher Garten oder der eines
Regenten
repräsentiert
in
besonderer
Weise
den
Staat
und
dessen
Machtverhältnisse. Im Laufe der Zeit thematisiert der Garten immer stärker eine
soziale Bedeutung. Der Garten stellt die domestizierte Form von Natur dar und
insofern lässt sich anhand des Gartens auch das Verhältnis und Verständnis des
Menschen zur Natur ablesen. Als Schöpfer des Gartens wird das Wesen des
Menschen und dessen innere Natur beschrieben.
Der Garten definiert mit seiner Umzäunung einerseits einen realen Raum und bietet
gleichzeitig Raum für Ideen, also einen imaginären Raum - eine Projektionsfläche.
Dieter Kienast schreibt: „Der Garten ist der letzte Luxus unserer Tage, denn er
fordert das, was in unserer Gesellschaft am seltensten und kostbarsten geworden ist:
Zeit, Zuwendung und Raum.“1
Meine Arbeit beginnt im ersten Kapitel mit dem Garten Eden, dem irdischen
Paradies, in dem Adam und Eva bis zum Sündenfall eine harmonische Zeit erleben.
Der Sündenfall bringt die Schnittstelle der Erkenntnis von Gut und Böse mit sich und
löst die Einheit mit der Natur auf. Dies kennzeichnet den Beginn von Kultur, welche
diametral zur Natur steht.
Im Weiteren wird in diesem Kapitel die Entstehung des Gartens durch die
Sesshaftwerdung der Nomaden beschrieben.
In Kapitel zwei wird der mittelalterliche Garten beleuchtet, der abgesehen vom
Klostergarten sehr stark durch die christliche Symbolik konnotiert ist. Der Begriff des
hortus conclusus steht dabei für die unbefleckte Empfängnis von Maria. Auch den
Pflanzen
und
vor
allem
Blumen
werden
1
bestimmte
christliche
Tugenden
Kienast Dieter: Sehnsucht nach dem Paradies, in: Die Poetik des Gartens. Über Chaos und Ordnung
in der Landschaftsarchitektur, Birkhäuser, Basel, Berlin, Boston 2002, S.76.
4
zugeschrieben.
Kapitel drei beleuchtet den Renaissancegarten, der sich nicht mehr hinter hohen
Mauern verschließt, sondern eine wesentliche Komponente des Wohnens darstellt
und für den ästhetischen Genuss des Menschen angelegt wird. Die Entdeckung
neuer Länder bringt fremde Pflanzen nach Europa und durch die Erforschung
werden erste botanische Gärten gegründet.
Die Zusammenhänge von barockem Garten und dem Abbild des regierten Reiches
erläutere ich Im vierten Kapitel. Die zurechtgeschnittenen Bäume und Büsche
entsprechen im Rationalismus der Vorstellung von idealer Natur. Der Garten wird
einer Regelästhetik unterworfen und diese Unterwerfung trifft auch auf die
Untertanen des Volkes zu.
Das fünfte Kapitel behandelt den Landschaftsgarten und dessen von England
ausgehende Entwicklung. Diese Form des Gartens hat mit der Liberalisierung des
politischen Systems zu tun und wird zu einem Freiheitssymbol. Zum ersten Mal gibt
es den Begriff des Volksgartens, in dem sich alle Stände auf gleicher Ebene
begegnen können.
Das sechste Kapitel behandelt den islamischen Garten, der auf Teppichen
dargestellt wird.
Der reale Raum des Gartens wird auf der Fläche des Teppichs appliziert.
Eine Spezialform des Gartenteppichs findet man beim Gebetsteppich. Fünfmal am
Tag wird dieser ausgebreitet um das Gebet zu sprechen und bietet eine
Projektionsfläche für das Paradies.
Ab 1800 wird der Garten auch zu einem sozialen Thema. Die Armengärten wurden
der sozial schwachen Bevölkerung von Wohlhabenden unter bestimmten Auflagen
zur Verfügung gestellt. Im Zuge der Industrialisierung arbeiteten immer mehr
Menschen in Fabriken und lebten in notdürftigen Wohnungen und unter
unzureichenden Hygienebedingungen.
Der Orthopäde Moritz Schreber bringt die Idee des Schreberplatzes auf, bei dem es
darum ging, Kindern frische Luft und Spielmöglichkeiten im Freien zu ermöglichen.
Daraus
entwickelte
sich
später
der
Schrebergarten,
eine
Idee
die
dem
gemeinschaftlichen Interesse gewidmet war.
Der britische Stenotypist Howard Ebenezer entwickelte 1898 das Modell der
Gartenstadt, deren Ziel es war gesunden und bezahlbaren Wohnraum nahe der
Produktionsstätten, die oft außerhalb der Städte lagen, zu schaffen.
5
Leberecht
Migge
schlug
1918
eine
Sozialreform
mit
seinem
Jedermann
Selbstversorger und Das grüne Manifest vor. Darin fordert er für jeden Einwohner
eine bestimmte Anbaufläche, um sich mit Obst und Gemüse selbst versorgen zu
können.
Kapitel 8 beschäftigt sich mit Kriegsgärten, die nicht nur die wichtige Funktion der
Lebensmittelversorgung innehaben, sondern dem psychischen Wohlbefinden dienen.
Sowohl der Victory Garden der amerikanischen Regierung als auch „der Reichsbund
der Kleingärtner und Kleinsiedler“ rief zur Bebauung jedes verfügbaren Grünstreifens
im 2.Weltkrieg auf, um die Versorgung der Bevölkerung zu sichern. Kenneth Helphand schreibt in seinem Buch Defiant Gardens: „Vielleicht ist das Gartenerlebnis nie
intensiver und bedeutungsreicher als dann, wenn die Hölle nah ist, im Krieg.“
Anhand verschiedener Beispiele von Soldaten im Irakkrieg und Gefangenen im
Konzentrationslager werden Erfahrungen geschildert.
In Kapitel neun werden die Wurzeln des Urban Gardening erörtert. In den 70er
Jahren des 20.Jahrhunderts entstanden die ersten Gemeinschaftsgärten in New
York, sogenannte Community Gardens, deren Ursprünge in der illegalen Besetzung
verwahrloster Grundstücke liegen. Diese von Nordamerika ausgehende Bewegung
schwappte auch nach Europa über.
2009 gründeten Robert Shaw und Marco Clausen die Prinzessinnengärten in Berlin.
Dieser in Reissäcken und Bäckerkisten angepflanzte Garten ist mobil und behandelt
Themen die über das Anpflanzen und Ernten hinausgehen. Der Prinzessinnengarten
wird als Lern- und Begegnungsort verstanden, es werden globale Themen wie
Recycling und kultureller Austausch gefördert.
Das illegale Besetzen des städtischen Raums wirft die Frage nach den
Besitzverhältnissen des öffentlichen Raumes auf. Diese Problematik wird im
Unterkapitel 9.2.4.1. Guerilla Gardening anhand des Längenfeldgarten in Wien
Meidling erläutert.
Auch die Obdachlosengärten stellen eine Variante des Guerilla Gardening dar. Hier
werden mit Abfallmaterialien Gärten simuliert.
Das letzte Kapitel erörtert den Garten als Motiv für bildende Künstler. Der Garten
bietet auch hier eine Projektionsfläche, die manchmal gefährlich real wirkt. Bei
Gregory Crewdson wird die Normalität ins Absurde gesteigert, sodass die
domestizierte Form von Natur ihr Terrain wieder zurückerobert. Die Menschen wirken
verzweifelt ratlos und scheinen auf der Suche zu sein. Im Paradies ging es darum
6
vor der rauen Natur eingezäunt und geschützt zu sein, jetzt bahnen sich die Bäume
und Blumen selbst ihren Weg.
Jenny Holzers Arbeit Black Garden erweitert ein Mahnmal zu einem Garten, in dem
sinnliche Erfahrungen gemacht werden können.
Susanne Lorenz montiert Versatzstücke verschiedener virtueller Landschaften und
lässt diese als mediatisiertes Bild wirken. Paul Mc Carthy inszeniert in einer
Fernsehkulisse den mythologischen Begriff „Mutter Natur“ und stellt diesem
gesellschaftliche Tabuthemen gegenüber.
Zur leichteren Lesbarkeit verzichte ich auf die durchgängige geschlechterdifferenzierte Schreibweise.
7
1. DER BIBLISCHE GARTEN EDEN
In der Bibel wird der Garten Eden als Urwohnung von Adam und Eva dargestellt.2 Er
ist ein Teil von dem von Gott geschaffenen Paradies, nämlich Himmel und Erde. In
diesem Garten blühen verschiedene Bäume mit köstlichen Früchten und es fließt
reichlich Wasser durch die vier Flüsse Pischon, Gihon, Tigris und Eufrat. In der Mitte
des Gartens, wächst der Lebensbaum und der Baum der Erkenntnis.
Adam und Eva bebauen und hüten den Garten Eden und halten sich zunächst an die
von Gott aufgestellte Regel, nicht vom Baum der Erkenntnis Früchte zu essen, da sie
sonst sterben werden.3
Diese nicht näher definierte Zeitspanne im Garten Eden bis zum Sündenfall
bezeichnen wir im christlichen Kulturkreis als irdisches Paradies. Im Gegensatz dazu
definiert das himmlische Paradies den Garten Eden als eine Art Zwischenstation
zwischen
Himmel
und
Hölle,
um
auf
dem
Weg
dorthin
die
Unschuld
wiederzugewinnen.4 Aufgrund des Sündenfalls werden Adam und Eva aus dem
Paradies vertrieben und Ihr Leben wird zur Mühsal. Der eingezäunte und von Gott
geschützte Bereich muss verlassen werden. Mit dieser Differenz des Draußen- Seins
und zugleich der Erkenntnis ist die Harmonie nicht wieder herstellbar, da es vorher
nicht die Erkenntnis Gut oder Böse gab, sondern nur das Sein, die Einheit mit der
Natur. Das irdische Paradies, der Garten Eden wird zu einer Metapher des Glücks,
da es als Ort des Überflusses, der Sorgenfreiheit und Harmonie gezeigt wird. Adam
und Eva sind nackt im Garten Eden und kennen keine Scham. Sie sind naiv wie
Kinder und zugleich assoziieren wir ein Liebespaar mit Ihnen. Diese Glücksmetapher
wird bis heute mit dem Paradiesgarten verbunden. Jeder andere Garten partizipiert
von dieser Glücksformel. Hans von Trotha schreibt: „Jeder Garten, sei er gebaut,
geplant, geträumt, geschrieben, gemalt oder auch nur gedacht, ist ein Echo auf das
Paradies, also letztlich die Kompensation eines Verlusts.“5
2
vgl. Kirschbaum Engelbert (Hrg.): Lexikon der christl. Ikonografie 3.Bd., Herder, Breisgau, 1971,
S.375.
3
vgl. Bischöfe Deutschlands u. a.: Die Bibel. Einheitsübersetzung der heiligen Schrift. Altes und
Neues Testament, Pattloch Verlag, Aschaffenburg, 1980, S.6f.(siehe Textanhang)
4
vgl.Harrison Robert: Gärten. Ein Versuch über das Wesen des Menschen. Hanser Verlag, München,
2010, S.204 u. 214.
5
Trotha, Hans von: Gartenkunst. Auf der Suche nach dem verlorenen Paradies. Quadriga, Berlin,
2012, S.8f.
8
Es stellt sich die Frage, welcher Aspekt des Garten Eden diese Sehnsucht auslöst?
Sehnen wir uns wirklich nach so einem Ort, indem starke Regeln herrschen und
deren Missachtung mit Rauswurf geahndet wird? Also ein Ort an dem wir frei von
Verantwortung leben können, aber einer starken Autorität unterworfen sind?
Letztendlich löste Eva dieses unterwürfige Verhältnis auf, in dem sie den Mut beweist
die Frucht von dem verbotenen Baum zu pflücken und zu essen. Adam, von Gott zur
Rede gestellt entzieht sich dieser gemeinsamen Verantwortung und führt das Essen
der Frucht auf Evas alleinige Entscheidung zurück. Nach dem Essen der Früchte
vom Baum der Erkenntnis sind sie in der Lage zur Beurteilung und Reflexion.
Der Sündenfall leitete die Erkenntnis von Gut und Böse ein und stellt den Beginn der
Kultur dar. Damit verändert sich das Verhältnis zur Natur grundlegend. Der Mensch
ist nicht mehr eine Einheit in dem von Gott geschaffenen Paradies, sondern ist ihr
nun ausgeliefert.
Adam muss unter Mühsal den Acker bebauen und Eva unter Schmerzen Kinder
gebären, die Natur scheint zum Feind geworden zu sein.
Für uns ist die Sehnsucht nach dem Paradies aber nicht durch eine reale Erfahrung
begründet, sondern vielmehr eine Projektion, ein imaginärer Raum.
Abb.1: LUCAS CRANACH d.Ä.: Adam und Eva im Garten Eden, 1530
9
1.1. Die Entstehung des Gartens
Die Anfänge des Gartens beginnen mit der Sesshaftwerdung des Menschen und
lassen sich während der Jungsteinzeit im Vorderen Orient lokalisieren. Als Nomade
war der Mensch auf das Sammeln von Früchten, die vor Ort wuchsen und die Jagd
angewiesen. Im Laufe der Zeit erreichte er eine höhere Entwicklungsstufe und stellte
selbst Werkzeuge her. Er entdeckte den Nutzen des Feuers und begann den Boden
zu bepflanzen.6
Das Abgrenzen von der übrigen Landschaft gegen die freie Natur und die Pflege
dieser abgegrenzten Natur, markiert den Beginn des Gartenbaus.
Dies bedeutet zugleich den Beginn von Kultur. Das Wort Kultur leitet sich vom
lateinischen colere - bebauen, pflegen, ehren, ab. Der Mensch beginnt die Pflanzen
oder Samen selbst in die Erde zu setzen, um sie nach ausreichender Pflege und
Bewässerung ernten zu können. In dem beginnenden Kult der Götterverehrung, die
für die Sonne und die Fruchtbarkeit standen, drücken die Menschen ihre Dankbarkeit
aus.
Der Garten wurde so zu einem kultivierten Lebensraum, in dem sich eine
lebensfreundliche Ordnung ausbreitete, in der das Gefühl des Schutzes und der
Geborgenheit entstehen konnte. Im Gegensatz dazu stand immer noch die
außerhalb der Abgrenzung bedrohliche wilde und chaotische Natur. Die Dürre und
der Mangel an Vegetation bilden die Ausgangsbasis für die Entstehung des Gartens
in der Wüste des Vorderen Orients. Die darin vorkommende Oase mit einer
natürlichen Quelle und grünen Bäumen steht als Gegenstück und zugleich als
Vorbild für den Garten. 7
1.2. Was ist ein Garten
Der deutsche Begriff Garten leitet sich vom Althochdeutschen „garto“, das Umzäunte
ab und meint ein umgrenztes Landstück für Nutzpflanzen. Ursprünglich bestand
diese Umzäunung aus Gerten, die miteinander zu einer Umzäunung verflochten
6
vgl. Eltz-Hoffmann Lieselotte von: Das Paradies als Garten oder Der Garten als Paradies.
Kulturgeschichtliche Studien. Verlag Traugott Bautz, Nordhausen,2009, S.25f.
7
ebd.S.26.
10
wurde.8 Der deutsche Begriff Garten leitet sich aus dem indo-europäischen
Wortstamm „ghordo-s“ ab, welcher „Flechtwerk, Zaun, Hürde“ bedeutet. Davon leitet
sich auch der lateinische Begriff „hortus“ und der griechische Begriff „chortos“ ab.9
Die viel ältere Bezeichnung für Garten kommt vom avestischen pairidaeza
(Paradies), und bedeutet ebenfalls Umzäunung. Diese Bezeichnung wird für die
persischen Königsgärten von Xenophon10 verwendet.11
„Ein Garten ist nie Natur“, meint Walter Lack, da er diesen angelegt hat und die darin
wachsenden Pflanzen kultiviert wurden. Er vergleicht sie mit lebenden Artefakten,
ähnlich wie die in der Architektur nicht lebenden Artefakte, benötigen sie
lebenslängliche Pflege. Daher ist die Erhaltung von Gärten aufwändig und entspricht
nicht dem Aussehen des Anfangsstadiums. Ohne menschliche Pflege verwildert ein
Garten und wird wieder zu Natur.12
8
vgl. Brockhaus..Die Enzyklopädie.Bd.8, Leipzig, Mannheim, 1996, S.164.
vgl. Glaser Hermann: Hinterm Zaun das Paradies. Wandlungen des Gartenbildes. ars vivendi,
Cadolzburg, 1999, S.13.
10
Anm.: Xenophon, griech. Söldner, der pairidaeza in den griech. Wortschatz einführte,geb. zw. 425
u. 430 v.Chr.in Athen, gest. um 355v.Chr. in Korinth.
11
vgl. Kirschbaum, S.375.
12
vgl. Lack Walter in: Gärten. Ordnung Inspiration Glück. Städel Museum, Frankfurt am Main,Hatje
Cantz, Ostfildern, 2006, S. 61f.
9
11
2. DER MITTELALTERLICHE GARTEN –
HORTUS CONCLUSUS
Die konstantinische Wende13 um 313 verschaffte der zuvor verfolgten orthodoxchristlichen Religion, den Status einer gesetzlich anerkannten Religion. Um 381 n.
Chr. erhob Kaiser Theodosius, der Große, das Christentum zur Staatsreligion und
verbot die heidnischen Kulte. Von da an verfolgte Staat und Kirche die Missionierung
des Christentums. Zunächst fand die Christianisierung innerhalb des Römischen
Reiches statt und nach und nach verbreitete sich auch bei den ins Römische Reich
eindringenden
Germanen
der
christliche
Glauben.
Um
1300
kann
die
Christianisierung von Europa als abgeschlossen angesehen werden. Das Verbot von
heidnischen Kulten wurde mit der Exkommunizierung geahndet. Dieser Ausschluss
aus der religiösen Gemeinschaft kam dem Ausschluss aus dem jenseitigen Paradies
gleich.14
Im europäischen Mittelalter mit seinen vielen Verwerfungen und Verschiebungen im
Macht- und Kulturgeflecht war der Garten weniger Ausdruck des Lebensgenusses
als vielmehr ein Rückzugsraum vor den Unwägbarkeiten einer von kriegerischen
Konflikten, Nöten, Krankheiten und Ängsten geprägten Welt.
„Der mittelalterliche Garten ist durch seine Einfriedung abgegrenzt, denn dieser
Bereich, welcher der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen ist und stattdessen der
Kontemplation und einer spezialisierten Produktion dient, ist ein zu privilegierter
Nutzung bestimmter Bereich.“15
2.1. Die Naturauffassung im Mittelalter
Die ursprüngliche Naturauffassung des Frühchristentums, in der die Huldigung der
Schöpfung in Psalmen zum Ausdruck kam, wurde zu Beginn des Mittelalters wegen
der Verführung zur Sinnen- und Augenlust immer mehr abgewertet. Der Herrschafts13
durch Kaiser Konstantin, 306- 337 röm. Kaiser
https://www.leben-im-mittelalter.net/gesellschaft-im-mittelalter/religion-und-christentum-immittelalter.html am 26.3.2016 um 14.06Uhr
15
vgl. Vercelloni Virgilio und Matteo: Geschichte der Gartenkultur. Von der Antike bis heute. Philipp
von Zabern Verlag, Mainz, 2010, S.23f.
14
12
anspruch des Menschen über die Erde und deren Bewohner gewann an Bedeutung
und anstelle der Natur war der Blick auf das Seelenheil und das Jenseits wichtiger
geworden. Die Bedeutung der Natur und ihrer Schönheit und Beseeltheit war dem
Christentum nun verloren gegangen und wird sich weiter als gestörtes Verhältnis bis
zur Gegenwart erweisen.
Lieselotte Eltz Hoffmann führt das auf ein fehlgeleitetes Verständnis von
Enthaltsamkeit zurück. Vercelloni bezeichnet den Garten im Mittelalter als Ort der
„Zähmung der Gefühle“.16
Die Anziehungskraft des Gartens nahm dadurch für lange Zeit ab. Außerdem
fürchteten sich die Menschen vor den realen Gefahren der unerschlossenen Gebiete
der Alpen, die von Wäldern und Sümpfen umgeben waren. Aber auch Geister und
Dämonen sollten in dieser wilden Natur angeblich auflauern.
Dieses Klima war für die Entwicklung des Gartens wenig förderlich und so ist die
typische Gartenform, die des Nutzgartens, die in den Klöstern in Erscheinung trat.17
Erst im Spät- und Hochmittelalter findet eine Erweiterung zum Lustgarten statt.
Die Bezeichnung Lustgarten meint, dass der Garten über die reine Funktion von
Nutzpflanzen nun auch Blumen beinhaltet, die der reinen Ästhetik und Sinnenlust
dienen.
Abb.2: HORTUS CONCLUSUS: Miniatur in einem für Francesco I.verfassten Codex
16
17
vgl. ebd.S.26.
vgl .Eltz-Hoffmann, 2009. S.117f.
13
2.2. Der Klostergarten
Das Kloster umfasst drei Gärten: den Küchengarten für Würzkräuter und Gemüse,
den Obstgarten im Friedhof und den Arzneigarten für die medizinischen Kräuter.
Fruchttragende Bäume galten im Mittelalter als Symbol für die Auferstehung.
Im Plan des Kloster St. Gallen ist diese komplexe Anordnung des mittelalterlichen
Gartens dargestellt (Abb.3). Im Inneren befindet sich der Kreuzgang, den ein offenes
Geviert umschließt. In der Mitte wuchs ein Wacholderbaum, der später durch einen
Brunnen ersetzt wurde. Beide symbolisieren das ewige Leben und verweisen auf den
Garten Eden.18 Die Klöster erhalten das antike Wissen über Gartenbau und Botanik.
Nach der Regel „ora et labora“, „bete und arbeite“, wurde die Versorgung und
wirtschaftliche Unabhängigkeit der Klöster gesichert. Der Arzneigarten gilt als die
eigenständigste Errungenschaft des mittelalterlichen Klosters. Hildegard von Bingen,
Äbtissin (1098-1179) und der Hofdichter Walahfrid Strabo (809-849) sind die
bekanntesten Vertreter der mittelalterlichen Klostermedizin.
Abb.3: Der Klosterplan St. Gallen
18
vgl. ebd. S.119.
14
2.3 Der hortus conclusus als Allegorie
Der hortus conclusus (lateinisch, umschlossener oder verschlossener Garten)
bezeichnet ein Motiv in der bildenden Kunst des Mittelalters. Dabei wird der Garten
allegorisch zu einem Körper, den sich die christliche Religion für die unbefleckte
Empfängnis Marias aneignet. Das Hohelied im Alten Testament wurde dazu neu
interpretiert und liefert das Motiv des hortus conclusus. Ursprünglich war das
Hohelied ein weltliches Liebeslied und wurde auf Hochzeiten gesungen. König
Salomon19 soll es überliefert haben. In diesem Lied wird die Liebe und das Verlangen
zwischen einem Mann und einer Frau beschrieben. Die Beschreibungen sind
erotisch aufgeladen: „Wie süß schmeckt seine Frucht meinem Gaumen! Seine
Schenkel sind Marmorsäulen...sein Mund ist voll Süße.“20
Im Hohelied wird an einer anderen Stelle der Körper der Geliebten mit einem Garten
verglichen.
„Ein verschlossener Garten ist meine Schwester Braut, ein verschlossener
Garten, ein versiegelter Quell. Ein Lustgarten sprosst aus dir, Granatbäume
mit
köstlichen
Gewürzrohr
Früchten,
Hennadolden,
Nardenblüten,
Narde,
Krokus,
und Zimt, alle Weihrauchbäume, Myrrhe und Aloe, allerbester
Balsam...
Mein Geliebter komme in seinen Garten und esse von den köstlichen Früchten.
...In seinen Garten ging mein Geliebter zu den Balsambeeten, um in den
Gartengründen zu weiden, um Lilien zu pflücken. Meinem Geliebten gehöre ich,
und mir gehört der Geliebte, der in den Lilien weidet.“21
Die Passage würde man zunächst nicht mit christlich-religiösen Inhalten in
Verbindung bringen. Denn hier wird auf metaphorische Weise der körperliche Akt der
Liebe beschrieben. Die Lilien symbolisieren die Reinheit und Jungfräulichkeit der
Geliebten.
Die christliche Religion adaptierte die Braut als Maria. Die Verschlossenheit des
Gartens, hortus conclusus, wurde mit der Geschlossenheit des Jungfernhäutchens
gleichgesetzt. 22
19
geb.990 v.Chr, gest. 930 v. Chr. in Israel, im 10 Jh. V. Chr. Herrscher des verein. Königreichs Israel.
Bischhöfe Deutschlands, 1980, S.765f.
21
ebd.S.766.
22
vgl. Ecker Gisela in : Allegorie und Geschlechterdifferenz, Böhlau Verlag, Köln, 1994, S.175.
20
15
Dieses Bild gilt auch für die weltliche Geliebte und so wird die weltliche Geliebte zur
heiligen Maria umgedeutet.
Durch die Allegorie wird der Garten zu einem intimen Raum, einem Körper, der durch
hohe Mauern abgegrenzt ist. Die Bezeichnung hortus conclusus beinhaltet eigentlich
eine Tautologie, eine Verdoppelung der Bedeutung „umschlossen“. Die Bedeutung
des Wortes hortus – Garten schließt bereits eine Umzäunung ein.
Die hohen Mauern erweisen eine sowohl pragmatische als auch spirituelle
Abschottung, wodurch der Garten nicht nur Pflanzen, sondern auch Ideen beinhaltet.
Der hortus conclusus kann zum Paradies werden, indem die heillose Welt draußen
bleibt. Allerdings ist dieses wegen der hohen Mauern unerreichbar.23
Abb.4: Miniatur in einer Ausgabe des Romans de la rose aus dem 15 JH.
Der Text im Hohelied verbildlicht den Liebesgarten, Locus amoenus im eigentlichen
Sinn. Nachdem der reine Nutzgarten im Mittelalter auch den Lustgarten zuließ, in
dem reine Zierpflanzen wuchsen, erfand die ritterlich-höfische Gesellschaft den
23
vgl. Trotha, 2012, S.18.
16
Liebesgarten als Bühne für Liebeswerber. Dies ging mit der sogenannten Minne
einher, die sich als geeignete Sprachform für das Werben einer Frau Metaphern und
Symbole aus der Natur zueigen machte.24 So hat der mittelalterliche Garten eine
ambivalente Bedeutung einerseits die Religiosität und Keuschheit zu transportieren
und andererseits der irdischen Liebe und Erotik einen Ort zu geben.
2.3.1. Die Mariensymbolik in der Bildenden Kunst
Maria mit dem Einhorn
Die Darstellung der Jungfrau Maria im hortus conclusus und der Eintritt des Bräutigams in den Garten wird zum Sinnbild der Empfängnis der Gottesmutter. Das Triptychon „Maria mit dem Einhorn“ um 1420 stellt ein Beispiel für diese Szenerie dar.
Abb.5: Maria mit dem Einhorn, um 1420 (Erfurt, Mariendom)
Auf der Mitteltafel des Triptychons sitzt die Jungfrau Maria in einem umzäunten
24
vgl. Kalusok Michaela: Schnellkurs Gartenkunst. DuMont, Köln, 2003, S.44ff.
17
Garten und hält den Kopf eines Einhorns. Das Tier wurde erstmals im Physiologus25
um 200 allegorisch interpretiert. Es heißt, dass es wegen seiner Wildheit kein Jäger
fangen könne, es aber zahm werde, wenn es seinen Kopf in den Schoß einer
Jungfrau lege. Die Jungfrau wird in dieser Schrift mit Maria verglichen. Das
Aufeinandertreffen von Maria und dem Einhorn wird zur Empfängnisszene, in der
Maria ihre Hand um das Einhorn legt und das einer intimen Vereinigung
gleichkommt, bei der nur privilegierte Personen anwesend sein dürfen. In diesem
Garten haben sich Nonnen und Heilige eingefunden. Außerdem warten ein
Geistlicher und zwei Ordensfrauen vor dem Tor, werden aber nicht hineingelassen.
Die Geburt Jesus endet im Tod am Kreuz und durch sein vergossenes Blut kann die
Menschheit wieder Einlass in das verlorene Paradies erhalten.26 Auch der Betrachter
des Bildes befindet sich nicht innerhalb des Zaunes, sondern außerhalb, insofern ist
der Garten auch für ihn ein hortus conclusus.
Das Paradiesgärtlein
Das Paradiesgärtlein wurde um 1410/20 von einem unbekannten oberrheinischen
Meister als Andachtsbild für ein Kloster in Form eines Auftrages angefertigt.
Die Literatur ordnet das Paradiesgärtlein nicht eindeutig dem hortus conclusus zu,
da christlich religiöse Inhalte nicht im Vordergrund stehen. Die friedliche Szenerie
assoziiert einen weltlichen Burggarten in dem Maria (blaues Kleid), das Jesuskind
und andere Figuren einen Nachmittag verbringen. Die anwesenden Anderen können
durch ihre Handlung oder Attribut als Heilige identifiziert werden.
Der Garten ist nur von zwei Seiten geschlossen und holt auf diese Weise auch den
Betrachter ins Bild. Die geschlossenen Mauern verschließen nicht, sondern öffnen
von zwei Seiten die Szenerie im Garten. Alles erscheint sanft und friedlich. Selbst der
Drache mit dem verdrehten Kopf kann niemanden etwas anhaben. Es ist als hätte
das Paradies die Pforten für Besucher geöffnet.
Die Pflanzen und Blumen sind sehr detailliert dargestellt und blühen aus
verschiedenen Jahreszeiten hier gleichzeitig.
25
Anm.: frühchristliche Naturlehre in griech. Sprache. Pflanzen Tiere, Steine als Allegorie auf
Heilsgeschichte.
26
Ströbel Nele u. Zahner Walter: Hortus conclusus. Ein geistiger Raum wird zum Bild. Dt.
Kunstverlag, München Berlin, 2006, S.22ff.
18
Abb.6: OBERRHEINISCHER MEISTER Das Paradiesgärtlein 1410/20
Die Blumen symbolisieren Marias Attribute, die weiße Lilie steht für ihre Reinheit, die
rote Rose27 für ihre Jungfräulichkeit und die Primel, die auch Himmelschlüssel
genannt wird, steht für Marias Aufgabe als Fürsprecherin im Himmel. Ebenso sind
zahlreiche Vögel dargestellt, die sich identifizieren lassen als Buchfink, Wiedehopf,
Blaumeise, Rotkehlchen, Specht und andere. Dieses detaillierte Interesse am
einzelnen Lebewesen drängt die religiös – symbolische Bedeutung in den
Hintergrund und lässt dieses Bild nicht eindeutig der Kategorie hortus conclusus
zuordnen.28
27
auch im Gemälde Madonna im Rosenhag von Stephan Lochner um 1450.
vgl. Etschmann Walter u.a.: Kammerlohr, Kunst im Überblick. Stile, Künstler, Werke. Oldenbourg
Verlag, München, 2004, S.158.
28
19
3. DER RENAISSANCEGARTEN
Der französische Begriff Renaissance leitet sich vom italienischen „rinascita“ ab und
wurde um 1550 von Giorgio Vasari29 zum ersten Mal verwendet. Die wörtliche
Übersetzung „Wiedergeburt“ bezieht sich ab 1420 auf die Ideen der Antike, die in
Verbindung mit der christlichen Religion neues Gedankengut ermöglichte. Der
Humanismus und die Bildung spielen eine wesentliche Rolle für das neue
Selbstbewusstsein des Menschen. Hans von Trotha beschreibt den Humanismus in
Bezug auf den Garten so: “Der Mensch der die Natur ästhetisch genießt, ist ein
selbstbewusster Mensch, und dieses Selbstbewusstsein musste erst gefunden
werden.“30 Die Renaissance verfolgte das Ziel die Welt zu erfassen, zu verstehen
und diese auch zu gestalten.31
Der Renaissancegarten wird aufgrund seines Entstehungsortes auch italienischer
Garten genannt. Dem Garten der Renaissance eröffnen sich durch verschiedene
Entwicklungen neue Darstellungsweisen. Die Entdeckung der Zentralperspektive
stellt sich nicht nur für die Malerei, sondern auch für die Gartenkunst als wichtiges
künstlerisches Mittel heraus.
3.1 Der Garten als Teil einer architektonischen Anlage
Während der mittelalterliche hortus conclusus nach innen gerichtet war, kehrt sich
der Renaissancegarten nun nach außen, um sich der Welt zu zeigen.32
Im Gegensatz zum mittelalterlichen hortus conclusus der innerhalb der Mauern eines
Schlosses oder Klosters angelegt wurde, bestimmt der Renaissancegarten einen
zentralen Teil der architektonischen Anlage. Dieser bildet eine symmetrische Anlage,
die in den Baukomplex eingebunden wird.
Leon Battista Alberti33
beschreibt in seinem Architekturtraktat (1452) „De re
aedificatoria“ den Garten als wesentliche Komponente des Wohnens, der Haus und
29
geb 1511 in Arezzo, gest. 1574 in Florenz.italien. Architekt u. Hofmaler der Medici.
Trotha, 2012, S.56.
31
ebd.,S.65.
32
vgl. Hobhouse Penelope: Der Garten. Eine Kulturgeschichte. Dorling Kindersley, London, 2012,
S.119.
33
Anm: 1404-1472 italien. Humanist, Schriftsteller, Mathematiker, Architekt, Architekturtheoretiker.
30
20
Garten durch Terrassen und Loggien miteinander verbindet. Der Garten wird nun
anders als im Mittelalter durch ein strenges orthogonales Raster aus sich
kreuzenden Wegen, Alleen, Kanälen, Laubengängen geformt. Diese starke
geometrische Ordnung wurde durch die mathematischen und perspektivischen
Studien
der
Frührenaissance
hervorgerufen.34
Dieses
symmetrische
Ordnungsschema verdeutlicht sowohl die göttliche Harmonie als auch die
menschliche Berechnung als neuen Geist dieser Zeit. Die Symmetrie des Gartens
spiegelt das Paradies nicht nur im Himmel sondern auch in der Welt. Damit ist der
Garten der Entrücktheit des Paradieses in Form von Harmonie ein Stück näher
gekommen.
Abb.7: Der Heilkräutergarten in den vatikanischen Gärten
Zu den Grundelementen des Renaissancegartens zählen die immergrünen Pflanzen,
Mauerwerk und Wasser. Hänge wurden terrassiert, und die Grotte stellte den
Übergang zur Unterwelt symbolisch dar. Der Renaissancegarten war in seiner
Dimension überschaubar.
34
vgl. Kalusok, 2003, S.57.
21
Durch die Entdeckung neuer Länder und Kontinente und die Zunahme von
Forschungs- und Handlungsreisen in ferne Länder gelangten sehr viele neue
Pflanzen nach Europa, die Tulpe avancierte dabei zur Modeblume.35
Das auffälligste Merkmal im Garten war das Spiel mit dem Wasser, Springbrunnen
mit überfließenden Schalen, tosende Wasserfälle, die technische Meisterschaft
erforderten. Das Wasser strömte aus geöffneten Tiermäulern, Masken und
Fabelwesen. Mit dem Wasser wurde sogar Musik, Orgeltöne und Vogelstimmen
erzeugt. Der ursprünglichen Abgeschlossenheit des Gartens wurde nun Bewegung
und Leben eingehaucht. Die mythologischen Fabelwesen und Göttergestalten durch
die das Wasser strömte, stellten Personifikationen von Naturgewalten dar, deren
göttlicher Ursprung sich in ihnen offenbarte. Insofern stellt der Garten kein
ausschließlich profanes Kunstwerk dar. Mit dem Anbruch der Neuzeit zeigt sich das
Verständnis für die Natur, die als das Wirken einer höheren Macht empfunden wird.36
Abb.8
Abb.9
35
vgl. ebd.S.71.
vgl. Eltz-Hoffmann, 2009, S.125ff.
36
22
Abb. (8, 9) 10: Garten Wasserspiele Brunnen Villa d èste Rom
„Betrachtet man einen idealen Renaissancegarten, so sieht man einen Raum,
in dem Architektur, Kunst, Natur und Landschaft ein harmonisches Ganzes
bilden, um dem Menschen den idealen Raum für seine Entfaltung zu geben:
zum Verweilen, zur Lektüre, für die Kunst, für die Liebe, zum philosophischen
Gespräch, zur Erholung, dazu er selbst zu sein oder zu werden. Das ist eine
Vorstellung vom Paradies, die um die Vorstellung vom Menschen im Paradies
erweitert ist – ein zutiefst humanistischer und gleichzeitig zutiefst religiöser
Gedanke.“37
Der Garten sollte ein ästhetisches Abbild der Ländlichkeit (Ruris imitatio) im
Gegensatz zur Geschäftigkeit der Stadt sein, in dem die allegorisch verstandene
Natur künstlich wirkende Formationen hervorgebracht hatte. Die Natur erlebte eine
Neubewertung,
sie
wurde
zur
Projektionsfläche
eines
neu
zu
erfahrenen
Lebensglücks. Es ging um die Verbindung oder auch den Wettstreit zwischen Kunst
und Natur:38
37
Trotha, 2012, S.77.
vgl. http://www.diplom.de/e-book/219720/die-gaerten-des-stiftes-gurk am 20.9.2015 um 19.48Uhr,
S.45.
38
23
3.2 Der Wandel der Naturauffassung
Wenn die Natur nicht direkt gefährlich ist, war es doch nur unter großer Mühe
möglich ihr etwas Nutzbares, wie in der Landwirtschaft abzugewinnen. Pflanzen und
Tiere
konnten
lebensgefährlich
werden.
Die
Natur
wurde
vor
allem
als
unübersichtliches Dickicht wahrgenommen und gewährte den Menschen weder
Überblick noch Orientierung. Außer den realen Gefahren lauerten hier auch
Mythologien über Hölle, Tod und Teufel, Naturkatastrophen, die auf Gottes Zorn
beruhten. Eine solche Natur konnte man nur schwer ästhetisch genießen, außer in
kultivierter oder in idealisierter Form der Malerei oder in ihrer domestizierten Form
des Gartens.39
Durch die Beschäftigung mit sich und mit der Welt beginnt der Mensch auch die
Bestandteile der Natur zu erkunden. Nun steht nicht mehr die symbolische religiöse
Interpretation im Vordergrund, sondern vielmehr das Studium von Heilpflanzen,
botanischem Wissen und die Freude an deren Ästhetik. Die Erkundung und
Entdeckung der Natur erlaubt langsam auch deren Berechenbarkeit.
Abb.11 Botanik
39
Abb.11a: Pietro Andrea Mattioli
vgl. Trotha, 2012, S.55f.
24
Der Philosoph Nikolaus von Kues40 beurteilte die Mathematisierung als Interpretation
der Gegenstände. Die Wirklichkeit entsteht erst im Auge des Betrachters, der selbst
als das Maß aller Dinge gilt und die Welt unabhängig von ihm nicht existieren würde.
Die ersten botanischen Gärten werden um 1545 in Padua und Pisa eröffnet und
haben die Funktion des Wissenstransfers. Sie dokumentieren die Einführung und
Katalogisierung von wissenschaftlichen Namen und die Kultivierung der Arten. Im
Renaissancegarten kommt die Natur aber nicht nur in Form von Heil- und
Nutzpflanzen vor, sondern rücken ästhetische Maßstäbe und eine angenehme
Atmosphäre in den Vordergrund.41
40
41
Anm.:dt.Philosoph, Theologe, Mathematiker geb.1401 in Kues an der Mosel, gest.1464 in Umbrien.
vgl. ebd. S.74f.
25
4. DER BAROCKGARTEN
Obwohl die Symmetrie und die geometrischen Formen beibehalten werden,
entwickelt das Barockzeitalter gegenüber der Klarheit und Perfektion der
Renaissance neue Werte.
4.1. Rationalismus versus Sensualismus
Im Rationalismus des Barock basieren alle Erscheinungen der Welt auf
Gesetzmäßigkeiten die vom Verstand, der Ratio, erfasst und analysiert werden
können, wahre Erkenntnis erlangt der Verstand über logische Hinführung.
Der streng geometrische Garten kommt dem einerseits entgegen, andererseits
verbirgt sich ein Widerspruch darin, weil alle Gartenkunst immer auf sinnliche
Eindrücke angewiesen ist. Dieses sinnliche Erleben wird erspürt anstatt gedacht. Aus
dieser Differenz der Vernunft und dem Affekt schöpft das barocke Zeitalter. 42
4.2. Der Garten als Mittel der Repräsentation
Das Theater erlebt im Barock eine Blütezeit. Das Thema Sein und Schein drückt sich
in der Art der Repräsentation aus. Auch der Garten wird nun zum Mittel der
Repräsentation des Fürsten oder Königs.
Durch die neuen feudalen Ordnungen gerät der einzelne Mensch, der in der
Renaissance im Mittelpunkt stand, aus dem Fokus.43
So wie die Natur dem Regelwerk des (Garten-)Architekten gehorchen muss, wenn
sie schön sein will, so haben sich die Untertanen dem Souverän zu unterwerfen, weil
sie sonst ein Gefüge stören würden, dem ein großer Plan zugrunde liegt.44 Diesem
Plan hat sich alles und jedes unterzuordnen außer Gott, dem das System wiederum
untergeordnet ist.
42
vgl. Trotha, 2012, S.92ff.
vgl. ebd. S.97.
44
vgl. ebd. S.98.
43
26
Abb.12: Salomon Kleiner, Detail aus dem Stich „Das Orangenboskett“, 1738
Der natürliche Wuchs der Pflanzen sollte als Vorbild für die geometrische
Beschneidung der Büsche und Bäume dienen,
Lehrmeister für die Kunst. Allerdings
so als wäre die Natur der
wird diese Formvollendung künstlich
hervorgerufen und hat nichts natürliches oder mit Natur zu tun. Jaques Boyceau de
la Barauderie, der damalige Intendant der königlichen Gärten beschreibt dies 1638 in
seinem Traité du jardinage:
„[...]Die Bäume zeigen in ihrem Wachstum oder an den Spitzen ihrer Zweige
gleiche Proportionen, ihre Blätter sind auf beiden Seiten gleich, und die Blumen
[...]sind so harmonisch aufgebaut, dass wir nichts Besseres tun können als
versuchen, dieser großen Meisterin nachzueifern.“45
Die streng gegliederte Natur des Gartens wurde als Natur angesehen, wenn sie auch
erst in die ideale Form gebracht werden musste. Die schöne Natur entspricht im
Rationalismus der idealen Natur. „Der Garten war das Abbild des Reiches, das durch
das Wirken des König für Frieden und Gerechtigkeit zur Vollkommenheit
paradiesischer Zustände führte.“46
45
46
ebd. S.103.
Eltz-Hoffmann, 2009, S.131.
27
Das Vorbild für alle Barockgärten entstand unter der absolutistischen Herrschaft
Ludwig des XIV. in Frankreich. Der Gartenarchitekt Andre Le Notre (1613-1700)
hatte das Grundkonzept der barocken Gartengestaltung bereits in Vaux entwickelt
und realisiert. Den Schlossgarten von Versailles durchzieht ein perspektivisches
Achsensystem aus Wegen, Schneisen und Kanälen, welches den Blick des
Besuchers lenkt. Das Schloss liegt zentral auf einer Anhöhe, sodass von den
Terrassen aus das gesamte Areal des Parks überblickt werden konnte. Die
symmetrische Achse mit dem Grand Canal wirkt wie ein unendlicher Strahl in die
Ferne und erscheint als Symbol für den absolutistischen Herrschaftsanspruchs
Ludwig XIV.. 47
Versailles wurde in ganz Europa in kleinerer Version kopiert und damit der Wunsch
durch Architektur, Garten und Inneneinrichtung Macht zu demonstrieren.
Abb.13: Schloss Versailles, o. A.
„ Die Bewunderung für den Garten ist zugleich die Bewunderung für die Natur. Und
die führt zu Gott, also zurück ins Paradies.“48
47
48
vgl. Kalusok. 2003, S. 76f.
vgl. Trotha, 2012, S.127.
28
Diese Art von repräsentativen Parks zwingen den Betrachter gleichsam in ein
Korsett. Der Anspruch der Repräsentation geht zu Lasten der Freiheit beim
Umherschweifen verloren. 49
Selten wurde eine künstlerische Form politisch so besetzt wie der Regelgarten, also
Barockgarten, zuerst nur in Frankreich später auch im republikanischen Holland. Die
Achsenstrahlen der Alleen des Barockgartens scheinen Stadt und Land dem Schloss
zu unterwerfen.50
49
vgl. Harrison Robert: Gärten. Ein Versuch über das Wesen des Menschen. Hanser Verlag,
München, 2010, S.165.
50
vgl. Warnke Martin: Politische Landschaft. Zur Kunstgeschichte der Natur. Carl Hanser Verlag,
München Wien,1992, S.94.
29
5. DER LANDSCHAFTSGARTEN –
DER GARTEN DER AUFKLÄRUNG
Für die Idee des Landschaftsgartens muss die veränderte politische und gesellschaftliche Situation in England als Voraussetzung gesehen werden.
1688/89 beendete die „ Glorious Revolution“, die Absetzung des Monarchen James
II. die Herrschaft des absolutistischen Königs und sicherte mit den Bill of Rights die
Einführung eines parlamentarischen Regierungssystems. Der Konflikt zwischen
Parlament und Königshaus hatte bereits 1642 zum englischen Bürgerkrieg und
1649 schließlich zur Hinrichtung des damaligen Regenten Karl des I. geführt.51 Durch
das Abschaffen der Monarchie mit einem absolutistischen König und der Einführung
eines liberalen politischen Systems erfuhr auch die Gartenkunst einen radikalen
Wandel.
Abb.14: Johann Ziegler, Im Park von Neuwaldegg, 1792
51
vgl. http://www.geschichte-abitur.de/ancien-regime/glorious-revoluion am 26.März 2016 um 22Uhr.
30
Der Garten gleicht nun eher einer profanen Landschaft und die Landschaft einem
malerischen Park, in dem die Natur zu ihrer ästhetischen Anerkennung kommt.
Anstelle geometrischer Symmetrie sollen verschlungene Wege zu unregelmäßig
verteilten Naturszenerien führen.52
Die Schlangenlinie wurde von William Hogarth53 als die gültige Schönheitslinie
bezeichnet. Die Kronen der Bäume und Hecken fielen nicht mehr dem Schnitt zum
Opfer und anstelle von perspektivischen Alleen gestaltete man panoramenhafte
Landschaftsprospekte. Dies zu realisieren, bedeutete einen sehr großen Aufwand.
Die Gärten wuchsen regelrecht zu Landschaften. Felsen wurden eingesetzt,
ausgewachsene Bäume verpflanzt, Täler überschwemmt oder Hügel aus Erdmasse
geformt. Dazu wurden kleine Tempel im Stil der Renaissance gebaut, später kamen
durch William Chambers54 Werk „Dissertation on Oriental Gardening“ die Idee für
chinesische Architekturmotive hinzu. Diese Idee wurde oft kopiert, wie etwa die
große Pagode im Englischen Garten in München beweist.55
5.1. Die Natur als Symbol der Freiheit
Die Natur in ihrer ungestalteten Form wurde in England zum Symbol für Freiheit und
Unabhängigkeit während der barocke Garten mit der künstlichen Beschneidung der
Bäume und Hecken als Symbol für politische Unterdrückung verpönt war.56 Die
Harmonie der Schöpfung zeigte sich nun nicht mehr durch einen künstlich
gestalteten Garten, sondern die „natürliche“ Natur galt nun als Inbegriff des
Göttlichen. Aber auch diese scheinbar nicht gestaltete Natur musste gestaltet werden
und wurde darüber hinaus idealisiert. Die Orientierung für die Gestaltung dieser
„natürlichen“ Natur, kam von der Literatur und Malerei. Es waren italienische
Landschaften, die in den Bildern von Claude Lorrain57 oder Hubert Robert58
vorkamen.
52
vgl. Storch Ursula mit Doppler Elke. Gartenkunst. Bilder und Texte von Gärten und Parks.284.
Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, Wien 2002. S.108.
53
Anm. englischer Maler 1697-1764.
54
schott. Architekt geb.1723 in Göteborg, gest.1796 in London.
55
vgl. Kalusok, 2003, S.102ff.
56
vgl. ebd. S.97.
57
Anm.:franz. Maler, geb 1600 in Lothringen, gest.1682in Rom.
58
franz.Maler, geb.1733 in Paris, gest. 1808 in Paris.
31
So entstanden in den Gärten dreidimensionale Landschaftsbilder. Der bedeutendste
Gartenarchitekt Englands, der diesen malerischen Gartenstil einbrachte, war William
Kent (1685-1748), der selbst eine Malerausbildung absolviert hatte.
Während im Barockgarten eine Regelästhetik dafür sorgte eine bestimmte Wirkung
zu erzielen, steht nun die Wirkung selbst im Mittelpunkt. Das Erkennen aus
Sinneseindrücken beschreibt die neue Auffassung. Es findet eine Verschiebung vom
Rationalismus zum Sensualismus statt.
5.2. Die Erkenntnis der inneren Natur
Im Landschaftsgarten oder auch Englischen Garten wird die Natur wegen ihrer
Wirkung,
nämlich
der
hervorgerufenen
Emotionen
imitiert.
Die
scheinbare
Regellosigkeit der Natur steht dabei im Vordergrund. Der Mensch positioniert sich
innerhalb der Aufklärung59 neu, indem er als Wirkung der wahrgenommenen
äußeren Natur, in sich eine innere Natur erkennt, die ein Spiegelbild der äußeren
hervorruft.60
Dieses Erkennen führt zu einer Erkenntnis, die für die Selbstbestimmung des
Menschen unabdingbar ist und die Epoche der Aufklärung charakterisieren wird. Es
geht um eine aktive Neupositionierung des Menschen in der Schöpfung, die er selbst
mitbestimmen und gestalten will. Kants61 Erkenntnistheorie „vom Ausgang des
Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“ bezeichnet diese neue
Position der Selbsterkenntnis.
In der Aufklärung findet nun eine endgültige Verschiebung vom Rationalismus zum
Sensualismus statt, indem die Erklärung der Erkenntnis aus der Vernunft zu einer
Erklärung allen Erkennens aus den Sinneneindrücken wird. John Lockes62 Satz „Nihil
est in intellectu quod non prius fuerit in sensu.“ („ Nichts ist im Verstand was vorher
nicht im Sinn war.“) zitiert den Kirchenlehrer Thomas von Aquin.63 Eine noch
59
bezeichnet seit 1700 die Berufung auf die Vernunft als universelle Urteilsinstanz.
vgl.Trotha, 2012, S.133.
61
Anm.: Immanuel Kant 1724 geb. in Königsberg, gest.1804 in Königsberg, deutscher Philosoph der
Aufklärung.
62
Anm.:John Locke: engl. Philosoph d. Aufklärung, geb. 1632 bei Bristol, gest.1704 Essex.
63
Thomas von Aquin, Philosoph und Theologe, geb. 1225 bei Aquino in Italien, gest.1274 in
Fossanova - Zitat wurde von John Locke zur Erklärung des Ursprungs menschlicher Erkenntnis
eingesetzt.
60
32
extremere Ansicht nimmt der Bischof George Berkeley (1685-1735) ein, indem er die
Ansicht vertrat, dass die Dinge überhaupt erst dadurch existieren, weil sie von uns
wahrgenommen werden.64
Die Grundlage der Ästhetik und Kunst bilden nun nicht mehr abstrakte Gesetze wie
Harmonie, Proportion oder Symmetrie, sondern die Sinne, der eigene subjektive
Eindruck. Es bestimmt nicht mehr die eingehaltene Regel das Kunstwerk, sondern
die Wirkung die es beim Menschen erzielt.65
„[...]das Erlebnis einer konzentrierten, schönen äußeren Natur könne mithelfen, die
innere Natur des Menschen zu verbessern.“66
Christian Hirschfeld meinte, dass die Gartenkunst im Vergleich zu den anderen
Künsten keine Vorbildung benötige um diese beurteilen zu können, da sie direkt auf
die Sinne wirke und diese verfeinere. Es heitert die Seele auf, die Fantasie wird
angereichert und die Gefühle differenzieren sich.67
Dabei orientiert sich der Landschaftsgarten an starren Regeln, um die vorgetäuschte
Regellosigkeit zu erzielen. Deren Regeln wären unter anderen:
Keine Geraden, denn man soll nicht wissen was sich hinter der nächsten Kurve
versteckt. Es wurden Kataloge erstellt wie die Gebäudetypen und Pflanzen zu
kombinieren seien. Zu griechischen Tempeln werden helle Laubbäume, zu gotischen
Ruinen dunkle Koniferen empfohlen. Auch die entsprechenden Tierarten zum
Kurzhalten des Rasens wurden nach Art und Farbe bestimmt (Rinder, Kühe, Schafe,
Zierhirsche).
Einer der wichtigsten neuen Regeln bestand im Verzicht oder der Abschaffung von
Mauern zur Begrenzung. An ihre Stelle trat die Bepflanzung oder Gräben,
sogenannte Hahas. Mit dem Verzicht einer offensichtlichen Grenze, täuschte man
bewusst eine Landschaft, die ins Unendliche geht vor.68
Die neue Naturauffassung hängt mit dem politischen gesellschaftlichen Wandel
zusammen. Der Landschaftsgarten wird zum Symbol der Freiheit und damit zu einer
politischen Landschaft.69
64
vgl. Trotha, 2012, S.130f.
ebd.vgl. S.157.
66
ebd. S.157.
67
vgl. Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst, 5 Bände, Leipzig 1779-1785 (zit,
nach Trotha,2012, S.158).
68
vgl. Trotha, 2012, S.153f.
69
vgl. Warnke, 1992, S. 94f.
65
33
Die Freiheit der Natur wird mit der politischen Freiheit assoziiert. So als wären die
Bürger Grashalme und jeder dürfe wachsen, wie er will. Das Individuum in der Natur,
die Pflanze steht bildlich für den einzelnen Bürger. Im Barock wurde jeder Pflanze
eine gleiche Schablone aufgesetzt und zurechtgeschnitten.
Obwohl sich der Landschaftsgarten scheinbar politisch vom unterdrückenden
Barockgarten abhebt, da er scheinbar keine Ordnung vorgibt, kommt doch auch beim
Landschaftsgarten eine nationale Absicht zum Vorschein.
Abb.15 Englischer Garten München
Der dänische Gartentheoretiker Christian C. L. Hirschfeld70, der bereits um 1780 die
Idee eines Volksgartens verbreitete, stellt eine mögliche Erziehungsabsicht des
Volksgartens in Aussicht. Durch Gebäude mit historischen Gemälden, Denkmäler
geschichtlicher Vorfälle, lehrreiche Inschriften, könne man das Publikum eine gute
Lehre hinstreuen oder manipulieren.71 Wenn der Barockgarten durch seine starke
Ästhetik den Führungsanspruch des absolutistischen Herrschers legitimiert und die
ästhetisierte Natur dem Volk dies als gottgegebene Ordnung vorgibt, dann erscheint
die Botschaft des Landschaftsgarten oder Volksgarten zwar sublimer, aber der
nationale Gedanke des Staates steht über dem des Einzelnen. Die Verantwortlichkeit
des Einzelnen ist stärker gefragt. Martin Warnke meint, dass die verschiedenartige
70
71
dt. Gartentheoretiker der Aufklärung, geb. 1742 in Kirchnüchel, gest. 1792 in Kiel
vgl. Hirschfeld, 1779-1785 S.70 (zit. nach Warnke, 1992, S. 96).
34
Ausformung, der Wuchs der Pflanzen, dem Besucher in ihrer Freiheitsentfaltung das
Analogon für seine eigene Entfaltung als Vorbild dienen könnte.72 Der erste eigens
angelegte Volksgarten entstand in München, der von Kurfürst Carl Theodor73 1789 in
Auftrag gegeben wurde und von seinem Hofgärtner Friedrich Ludwig Sckell74
ausgeführt wurde. Der Münchner Hofgarten stellte symbolisch und temporär Freiheit
dar, indem alle Stände sich darin frei bewegen konnten und das Heben des Hutes
vor einem Höhergestellten sogar verboten war.75
72
vgl. ebd. S.95.
seit 1777 Kurfürst von Bayern, geb.1724 in Drogenbos, Belgien; gest. 1799 in München.
74
geb. 1750 in Weiburg an d. Lahn, gest. 1823 in München.
75
vgl. Glaser, 1999, S.237.
73
35
6. DER ISLAMISCHE GARTEN
Charakteristisch für den Islamischen Garten ist die Struktur des Chahar-Bagh
(chahar - vier; Bagh - Garten). Dieser viergeteilte Garten entsteht durch eine im
Zentrum entspringende Quelle, von der vier Flüsse abzweigen. Diese Struktur mit
ihren kreuzförmig verlaufenden Kanälen wurde in allen Variationen auch auf
sogenannten Gartenteppichen dargestellt.
Diese kosmische Vorstellung der Vierteilung der Welt stammt noch aus der Zeit der
Sassaniden, bevor die Perser zum Islam konvertierten und findet ihre Parallele in
den vier Paradiesflüssen des Koran. In Paradiesflüssen fließen Honig, Milch, Wasser
und Wein. Die Vierteilung bezieht sich auch auf die vier Himmelsrichtungen, vier
Elemente und vier Erdteile.76
Abb.16: Miniatur eines islam. Gartens Ende 18. JH.
76
vgl. Hagen Franziska Bark: Versuche das Glück im Garten zu finden. Lars Müller Publishers Baden/
Schweiz, 2011, S.38.
36
Abb.17: Detail eines Gartenteppichs, Westiran ca.1800
6.1. Der Teppichgarten oder der Gartenteppich
In traditionellen muslimischen Haushalten sitzt man am Boden, durch den Teppich
befindet man sich räumlich eigentlich im Garten. Durch die symbolische Aufladung
mit dem Paradies holen sich die Muslime mit dem Teppich ein Stück irdisches
Paradies ins Haus, sie sitzen auf den Versprechungen des Jenseits.77 Denn im Islam
findet das Leben nach dem Tod im Garten Eden oder in der Hölle statt.
Robert Harrison78 bezeichnet das islamische Paradies als Stätte der Ruhe, wo sich
die Gottesfürchtigen an einem sicheren Standort, in Gärten und an Quellen
aufhalten.
„Auf golddurchwirkten Ruhebetten liegen sie einander gegenüber, während ewig
junge Knaben unter ihnen die Runde machen, mit Humpen und Kannen und einem
Becher (voll) von Quellwasser, (mit einem Getränk,) von dem sie weder Kopfweh
bekommen noch betrunken werden, und (mit allerlei) Früchten, was immer sie
wünschen, und Fleisch von Geflügel, wonach sie Lust haben.
77
78
vgl. ebd. S.44.
Schriftsteller und Prof. für Literatur an d. Universität Stanford, geb. 1954 in Izmir, Türkei.
37
Abb.18: südpersischer Gaschgaimillefleur- Gebetsteppich,19.Jh.; der Baum als tradit.
Paradiessymbol gerahmt durch die Darstellung eines Mihrab.
Und großäugige Huris, (haben sie zu ihrer Verfügung,) (in ihrer Schönheit)
wohlverwahrten Perlen zu vergleichen. Dies zum Lohn was sie (in ihrem
Erdenleben) getan haben.
Sie hören darin kein Gerede und keine
Versündigung, sondern nur das Grußwort „Heil! Heil!“ (56,15-26)79
Die Gottesfürchtigen haben (großes) Glück zu erwarten, Gärten und
Weinstöcke, gleichaltrige Huris mit schwellenden Brüsten und einem Becher
(mit Wein, bis an den Rand) gefüllt. (78,31- 34)80
Tatsächlich handelt es sich bei diesen Schilderungen aber um sinnliche, wenn nicht
erotisch aufgeladene Beschreibungen und wie Harrison selbst bemerkt scheint das
Paradies vor allem für Männer gedacht? Wie Frauen das Leben nach dem Tod
schmackhaft gemacht wird, erfahren wir nicht. Das islamische Paradies wirbt mit
79
80
Paret Rudi (Übersetzung): Der Koran.10.Auflage 2007, Kohlhammer, Stuttgart, 1979, S.380.
ebd. S.419.
38
irdischen Freuden, es geht um materielle und sinnliche Freuden. Teure Kleidung,
Alkohol der nicht betrunken macht, Jungfrauen mit großen Augen, Essen und Ruhe.
In gewisser Weise spiegelt das Jenseits das Diesseits wieder, indem es genau
das in einer Fülle bietet.
6.2. Der Gebetsteppich
Um
eine
besondere
Variante
des
Gartenteppichs
handelt
es
sich
beim
Gebetsteppich. Durch diesen handlichen Teppich ist es den Muslimen möglich
fünfmal am Tag ihr Gebet fern von der Moschee zu sprechen. Er bietet einen rituell
sauberen Ort zum Beten, da das Gebet auf einem schmutzigen Untergrund nicht
gelten dürfte. Alle Gebetsteppiche zeigen den Mihrab, eine Nische in der Moschee,
welche die Ausrichtung nach Mekka zeigt. Diese ist wie in einem Vers im Koran mit
einer Lampe ausgestattet, die symbolisch das Licht Gottes zeigen soll. Außerdem
geben manchmal zwei Zypressenbäume den Blick auf ein Blumenbeet frei, wodurch
ein Blick in den Paradiesgarten dargestellt werden soll.
Wenn der Betende nun, egal wo er sich befindet, den Teppich ausrollt, legt er
praktisch ein Stück des Paradiesgartens auf. Und der Betende kommt in Kontakt mit
dem Jenseits, während er mit der Stirn den Teppich berührt.81
So bereichert der Teppich mit seinen Konnotierungen des Gartens das Leben im
Diesseits mit der Fülle des versprochenen Lebens nach dem Tod, ähnlich wie in den
Paradiesbeschreibungen im Koran. Gartenteppiche sind, ebenso wie die Gärten
selbst, sichtbare Manifestationen einer ansonsten unsichtbaren Existenz. Die Flüsse
und Ströme, egal ob mit Wasser gefüllt oder nur mit Linien markiert, verweisen auf
eine transzendente Ordnung der Dinge, die Quelle etwa symbolisiert die spirituellen
und metaphysischen Prinzipien Einheit, Leben spendende Kraft und Gnade.
Mit dem Teppich holt man sich ein Bild vom Leben nach dem Tod und den damit
verbundenen Annehmlichkeiten. Man sitzt förmlich auf dem, was Mann später aber
nicht jetzt haben kann.
Tatsächlich wird dem Betenden ein eigener Raum eröffnet.
81
vgl. Hagen, 2011, S.48.
39
So korrelieren Diesseits und Jenseits fünfmal am Tag miteinander und jedes Mal
wird die alltägliche Realität transformiert. Gleichzeitig ist das Beten der Weg ins
Paradies. Der beim Beten entstehende Raum weist eschatologische82 Züge auf,
denn er verweist auf das Leben nach dem Tod.83
Diese Überlagerung von realer räumlicher Anordnung und der Verbindung von
materiellen Gütern im Jenseits lassen den Garten als Verweis auf das Paradies
wirken. Michel Foucault bezeichnet solche Räume als Heterotopie, indem an einem
Ort mehrere Räume wirken, die auf den ersten Blick unvereinbar sind. Der Teppich
reproduziert auf seiner Fläche einen imaginären Garten, der das Jenseits
repräsentiert. Dadurch entsteht eine räumliche und in anderen Zusammenhängen
eine zeitliche Verdichtung, eine Überlagerung von Bedeutungen die real nicht
vorhanden sind.
„ ...der Garten ist ein Teppich, auf dem die ganze Welt ihre symbolische
Vollkommenheit erreicht, und der Teppich ist so etwas wie ein im Raum mobiler
Garten. Der Garten ist die kleinste Parzelle der Welt und darauf ist er die Totalität
der Welt.“84
82
Lehre von den letzten Dingen.
vgl. ebd. S.48.
84
vgl. Foucault Michael. Andere Räume in: Aisthesis. Wahrnehmung heute oder Perspektiven einer
anderen Ästhetik. Reclam, Leipzig, 1990. S.43.
83
40
7. DIE SOZIALEN ANFÄNGE UM 1800 – ARMENGÄRTEN
Die Idee, den Armen Land als Gartenfläche zur Verfügung zu stellen, erschien zum
ersten Mal 1760 in der Zeitschrift „Gentlemen`s Magazine“. Es ging dabei vor allem
um die Auswirkungen der Armut, welche Kriminalität und Unmoral verursachten.
Das Ziel war es, durch die Bereitstellung einer kleinen Ackerfläche und der damit
verbundenen Möglichkeit der Selbstversorgung die Kriminalität und Unmoral zu
verringern.
In Großbritannien spendeten Adelige für die arme Bevölkerung solche Parzellen,
sogenannte Allotments. Das geschah nicht nur aus Wohltätigkeit, sondern auch aus
dem Eigeninteresse, nicht Opfer der Armutskriminalität zu werden.
Dabei mussten die Bewerber Auflagen erfüllen, wie zum Beispiel regelmäßig den
Gottesdienst zu besuchen. Die Gartenparzellen, die eher kleinen Äckern glichen,
sollten pädagogische Aufgaben erfüllen und die Menschen rege halten und zu Fleiß
motivieren. So zeigte ein Beispiel in Long Newton, dass durch Vergabe von 100
Allotments an bedürftige Familien, nach fünf Jahren die Armenfürsorge auf weniger
als ein Zehntel gesunken war.85
Diese Maßnahme zur Eindämmung der wachsenden Armut war nicht immer
kostenlos für die Armen. Landgraf Carl von Hessen war der Meinung, dass
Geldzuwendungen den Müßiggang fördern würde und Gartenarbeit hingegen gut für
die Moral sei. Daher stellte er Heideflächen seiner Güter in Hessen und Schleswig –
Holstein die ersten vier oder fünf Jahre pachtfrei zur Verfügung. Das Hauptziel war
es, dem Hunger und der Verarmung entgegenzuwirken. 1819 brachte er einen
Antrag in die Magistrate von allen Städten in Schleswig und Holstein ein, dass
kommunale Gartenparzellen für arme Familien vergeben werden sollten.86
Ein anderes Beispiel führte der Jesuitenpater und Bauernsohn Felix Volpette87 1895
vor. Aus Überzeugung für soziale Gerechtigkeit wollte auch er den Armen helfen,
ohne ihnen ihre Würde zu nehmen und sie zum Betteln zu zwingen. Mit
Unterstützung von wohlhabenden Müttern seiner Schüler, pachtete er Brachflächen,
85
vgl. Pöppelmann Christa: Hier wächst die Hoffnung! Von der Laubenkolonie zum Guerilla –Garten.
Gerstenberg Verlag, Hildesheim, 2012, S.52.
86
vgl. ebd. S.55.
87
geb.1856 in Saint-Rémy-de-Chargna, gest.1922 in Soleymieux.
41
meist auf Minengelände um dort 350 Quadratmeter große Gärten anzulegen.
400 arme Minenarbeiter und Hilfsarbeiterfamilien profitierten davon. Dieses Projekt
inkludierte weitere Förderungsmaßnahmen wie Alphabetisierungskurse für die
Arbeiter durch Volpettes Schüler oder kostenlose Rechtsberatung. Viele weitere
Maßnahmen folgten, wie die Gründung eines Chors, einer Kleiderkammer, einer
Bibliothek, einer Sparkasse und Ziegelei. Daraus entstanden bis 1907 insgesamt 53
Häuser für 103 Familien, bevor der finanzielle Zusammenbruch 1907 kam. Nach
Volpettes Tod wurde das Projekt von Jesuitenpatern unterstützt und fortgesetzt.
Auch heute gibt es die „jardins Volpette“ 1450 Gartenparzellen mit je 150 bis 200
Quadratmetern.88
7.1. Vom Schreberplatz zum Schrebergarten
Die Industrialisierung schritt gegen Mitte und Ende des 19.Jahrhunderts schnell
voran, viele Menschen verloren durch maschinelle Produktionsweisen ihre
Arbeitsplätze und mussten in den Fabriken der Städte ihr Einkommen verdienen.
Dort herrschten 14 Stunden - Arbeitstage unter schlechten Lohnbedingungen,
sodass auch Kinder von klein auf mitarbeiten mussten, damit eine Familie überleben
konnte. Es gab zu wenig Wohnraum, unhygienische Bedingungen, Mangelernährung
und Kriminalität.
Der Orthopäde Moritz Schreber89, Leiter der Leipziger Heilanstalt, propagierte 1883
in der Zeitschrift „Die Gartenlaube“, dass Kinder genügend Aufenthalt und Bewegung
an der frischen Luft benötigen, um gesund zu bleiben. Grünflächen würden sich als
Spiel- und Tummelplätze anbieten. Der reformfreudige Schuldirektor Ernst Innozenz
Hauschild überzeugte die Eltern, einen derartigen Spielplatz in der Nähe seiner
Bürgerschule zu realisieren.90
250 Eltern gründeten einen Verein, um dann ein Grundstück von der Stadt Leipzig
zu pachten. Gemeinsam legten sie den Spiel und Turnplatz an und erarbeiteten
Vereinsregeln mit Satzungen und sonstigen Regeln und Pflichten. Dieser Platz
88
vgl. ebd. S.64f.
1808 – 1861 in Leibzig.
90
vgl. ebd. S.58.
89
42
wurde nach Moritz Schreber zunächst Schreberplatz genannt. Der Schreberplatz
sollte als gemeinschaftlicher Freiraum genützt werden, der in Form einer
Genossenschaft mit beschränkter Haftung organisiert war. Ziel war es, dass dieser
Freiraum keiner Grund- und Bodenspekulation zum Opfer fallen konnte.91
Durch die Idee des Oberlehrers Karl Gesell wurden kleine Gartenbeete am Rand
zum Gärtnern angelegt, die sich im Laufe der Zeit zu Gartenparzellen erweiterten.
Die Idee des Schreberplatzes entwickelte sich im Laufe der Zeit zu Schrebergärten.
„Es ist nicht die Parzelle, die räumlich die Schrebergartenbewegung begründet hat,
sondern der Platz.“92 Das räumliche Verhältnis von Platz und Parzelle lässt sich auf
die dynamische Wechselbeziehung von Individuum und Kollektiv übertragen.
So entwickelt sich Stadt von unten, ausgelöst durch einen selbstregierten Garten der
aus einem Platz entstand. Elke Krasny bezeichnet das Gärtnerische als radikale
Strategie des Hands - on Urbanism, indem die Stadtentwicklung von den Bewohnern
geprägt wird und dies wesentlich zu Modernisierungsschüben seit Mitte des 19.
Jahrhunderts
bis
zur
heutigen
neoliberalen
Stadt
geführt
hat.
Diesem
gemeinschaftlich geschaffenen Raum liegt eine politische und pädagogische
Motivation zugrunde, die Hauschild, wahrscheinlich durch Schrebers Artikel
beeinflusst, durch fehlende Spiel- und Bewegungsplätze für Kinder aufgefallen war.93
7.2. Laubenkolonien als Notquartier
Die Laubenkolonien unterscheiden sich insofern von den Armengärten, weil sie eher
in Selbstinitiative statt durch einen Sponsor entstanden sind. Da viele Menschen aus
ländlichen Gebieten in die Stadt zogen, assoziierten die Menschen mit dem
Kleingarten ihren heimatlichen Garten und das stellte einen wichtigen Aspekt
zusätzlich zur reinen Lebensmittelversorgung dar.
Die Berliner Bevölkerung wuchs in der Zeit zwischen 1880 und 1900 um mehr als
das Doppelte von 0,75 auf 1,9 Millionen. Dementsprechend gab es viel zu wenig
91
vgl. Krasny Elke(Hrsg.) Hands on Urbanism 1850-2012. Vom Recht auf Grün. Architekturzentrum
Wien, Verlag Turia+ Kant, 2012, S.10.
92
ebd. S.12.
93
vgl. ebd. S.11.
43
Wohnungen. Betten wurden im Schichtbetrieb an Schlafgänger vermietet. Bis zu 15
Personen lebten in einer Wohnung, die aus Küche, Stube94 und Kammer bestand. In
dieser Zeit bauten die Obdachlosen in Berlin auf Brachflächen Baracken.
„Ein paar Bretter zusammengenagelt, Dachpappe darüber und fertig ist die Laube“
beschrieb der Berliner Gartenarchitekt Hermann Wolff 1917 in Möllers Deutscher
Gärtner-Zeitung diese Do-it-yourself Methode.95
Einerseits lebten dort Zuzügler vom Land, die dort ihren ständigen Wohnsitz hatten,
andererseits Berliner mit kleinen schlechten Wohnungen, die die Laube als ein Stück
Freiheit genossen. Bei der einfachen Bevölkerung wurde die Laube zur Lebenskultur.
Abgesehen von der Bedeutung der Laubenkolonien in Kriegszeiten wurden die
Lauben auch ab 1929 während der Weltwirtschaftskrise wieder als Ersatzwohnung
genutzt
und
der
dazugehörige
Garten
bildete
ein
wichtiger
Faktor
zur
Selbstversorgung.
7.3. Die Gartenstadt
Der britische Stenotypist Ebenezer Howard96 entwickelte 1898 in seinem
wegweisenden Buch Tomorrow - A Peaceful Path to Real Reform, das Modell der
Gartenstadt. Ihm ging es nicht nur um die Verbindung von Garten und Wohnraum,
wie man sie bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts errichtete, sondern
um gesunden und bezahlbaren Wohnraum für Jedermann, vor allem für die
einfachen Arbeiter. Man kann diesen Plan als Verbesserungsvorschlag für die durch
die Industrialisierung stark angewachsenen Städte und den immer knapper
werdenden Wohnraum verstehen.
Der Grund und Boden dafür wurde nach einem genossenschaftlichen Prinzip als
Gemeineigentum definiert um Bodenspekulationen zu verhindern. Die Mieten sollten
dauerhaft niedrig angelegt sein und der Mieter erhielt als Genossenschaftsmitglied
ein unkündbares Wohnrecht. Howard sah diese Städte als organische Einheiten, in
welchen wohnen, arbeiten, Kultur und Erholung stattfinden konnte.97
94
bez. etymologisch einen warmen Wohnraum, verwandt mit d. engl. Stove-Ofen.
vgl. Pöppelmann, 2012, S.71.
96
geb.1850 in London, gest. 1928 in Welwyn Garden City in Hertfordshire, England.
97
vgl. ebd. S.78 ff.
95
44
1903 entstand die erste Gartenstadt in Letchworth. Das neue Modell zog viele
experimentierfreudige
Menschen
an,
aber
als
radikal
neuen
Wohn-
und
Lebensentwurf konnte man es nicht bezeichnen, eher als angenehme Wohnstätte für
Arbeitspendler aus London.
Gartenstadt Hellerau: 1902 gründeten Künstler und Intellektuelle die Gartenstadt
Gesellschaft. 1909 ließ der Möbelfabrikant Karl Schmidt98 in Hellerau Fabrikshallen
und dazu eine Gartenstadt, in der seine Arbeiter wohnen konnten, errichten. Für den
Entwurf beschäftigte er namhafte Architekten wie Richard Riemerschmid(18681957), Heinrich Tessenow(1856-1950), Hermann Muthesius(1861-1927), Bruno Paul
(1874-1968) und Theodor Fischer(1862-1938). Trotzdem mangelte es nach der
Fertigstellung an Infrastruktureinrichtungen und die Mietpreise lagen über den
marktüblichen Preisen, sodass sich nur Besserverdienende die Wohnungen leisten
konnten.99
Abb.19: Prospekt der Gartenstadt Letchworth, 1907
98
99
geb. 1873 in Zschopau, gest. 1948 in Hellerau, Tischler, Möbelfabrikant, Sozialreformer.
vgl. ebd. S.80.
45
7.4. Leberecht Migges Sozialreform
Der Landschaftsarchitekt Leberecht Migge (1881-1935) verfasste 1918 seine
programmatischen Schriften Jedermann Selbstversorger und Das grüne Manifest. Er
verurteilte darin städtische Parks als „romantisch-faules Zehrgrün“ und forderte
Sportparks, Spielplätze und Bäder stattdessen, wofür sechs Quadratmeter pro
Einwohner
aufgewendet
werden
sollten.
Darüber
hinaus
sollte
jeder
80
Quadratmeter Gartenfläche bekommen, um den Eigenbedarf an Obst und Gemüse
zu decken. Er machte sich im Sinn einer ökologischen Wiederverwertung Gedanken
über Kompost- Trockentoiletten, über die automatisch Dünger gewonnen werden
konnte. Seine Ideen, die er auch selbst im Sonnenhof in der Künstlerkolonie
Worpswede ausprobierte, zielten auf eine Verringerung der Lohnarbeit bei
gleichzeitiger Selbstversorgung durch eigenen Anbau. Die 1927 von Migge
entworfenen Georgsgärten für eine Wohnsiedlung in Celle ließen das Experiment
scheitern, da der Ertrag nicht die Pachtgebühren von 40 Mark decken konnte.
1918, gegen Ende des 1. Weltkriegs, errechnete Migge in seiner Broschüre
Jedermann Selbstversorger, dass eine fünfköpfige Familie mit 400 Quadratmetern
Anbaufläche ernährt werden kann. Migge erarbeitete daraus Konzepte für
Kleinsiedlungen,
die
auf
einer
heute
zu
bezeichnenden
„ökologischen
Kreislaufwirtschaft“ beruhen und die Wiederverwertung von Fäkalien, Asche und
organischem Müll zu Dünger vorsahen. Dadurch sollten die Bewohner von der
staatlichen Politik und wirtschaftlichen Krisen unabhängig sein.
Er entwickelte unterschiedliche Siedlertypen, wie Wochenendsiedler, Kleingärtner,
Nebenerwerbssiedler und Vollerwerbssiedler. Die Idee hinter den verschiedenen
Typen bestand darin, selbst bestimmen zu können, ob mehr Zeit für die Lohnarbeit
oder den Selbstversorgerhaushalt eingebracht werden soll.100
Nach dem Beginn des ersten Weltkrieges verabschiedete der Bundesrat des
Deutsche
Reiches
am
4.
August
1914
eine
Verordnung,
die
den
Verwaltungsbehörden ermöglichte, Land zu beschlagnahmen. Die Behörden hofften
dadurch,
die
gesamte
Bevölkerung
mittels
Selbstversorgerlandwirtschaft
in
Kleingärten mit Gemüse zu versorgen. Die Behörden stellten aber zu wenig Flächen
100
vgl. Müller Christa: Wurzeln schlagen in der Fremde. Die internationalen Gärten und ihre
Bedeutung für Integrationsprozesse. Ökom Verlag, München, 2002, S.204f.
46
zur Verfügung und auch Geräte fehlten. 1916 kam es dann nochmals zu einer
Bodenreform, die die Zwangsfestsetzung von Pachtpreisen erhob und ein Jahr
später auch einen Kündigungsschutz für Kleingärtner, die ihren Garten auf einem
Brachland angelegt hatten.
1919 wurde durch Initiative von Gartenaktiven das Gesetz der „Kleingarten- und
Kleinpachtlandverordnung“ der Weimarer Republik erlassen. Dieses Gesetz
beinhaltete die Forderung, dass jeder genügend Land bekommen sollte um den
Eigenbedarf für Kartoffeln und Gemüse zu erwirtschaften. Dieses geforderte Recht
auf Nahrung durch einen freien Zugang zu einem Stück Land wird auch heute wieder
von vielen Bürgergruppen und NGOs in der ganzen Welt gefordert und stellt sich
damit vor das Recht auf ungezügelte Bau- Boden- und Investmentspekulation.101
101
vgl. ebd. S.323f.
47
8. KRIEGSGÄRTEN
In Zeiten des Krieges haben Gärten die wichtige Funktion der Lebensmittelversorgung, ganz abgesehen von ihrer wichtigen Rolle im Bezug auf das
Wohlbefinden der Menschen. Im Kontext von Krieg, Tod und Zerstörung bietet ein
kleines Stück „Grünstreifen“ Freiheit und etwas, woran man positiv glauben kann.
„If the Edenic ideal of paradise is found at one extreme, its opposite is found in the
landscape of hell.“
„Vielleicht ist das Gartenerlebnis nie intensiver und bedeutungsreicher als dann,
wenn die Hölle nah ist, im Krieg.“102 schreibt Kenneth Helphand103 in seinem Buch
Defiant Gardens, indem er die Wirkung und Bedeutung von Gärten in Kriegszeiten
des 20. und 21. Jahrhunderts untersucht. Aufgrund dieser Untersuchungen kommt er
zum Schluss, dass dabei nicht das Verhältnis von Größe oder Lebensdauer eines
Gartens entscheidend sind, um eine Wirkung und einen Stellenwert zu erzeugen,
sondern selbst der Blick auf einen Garten oder ein Blumentopf
als Auslöser
fungieren kann.104 Dabei spielt die Schönheit und Ästhetik eines Gartens eine
genauso essentielle Rolle wie die Nahrung selbst.105
8.1. Liberty Garden, Victory Garden
Aufgrund der Lebensmitteleinschränkung im 1. und 2. Weltkrieg wurden von allen
Regierungen, welche am Krieg beteiligt waren, Gesetze erlassen, die das Aufspüren
und Anlegen von Kleingärten antrieben, um die Lebensmittelversorgung der eigenen
Bevölkerung zu sichern. Hier stehen einzelne Beispiele exemplarisch für alle am 1.
und 2. Weltkrieg beteiligten Länder. In den USA kam es im 1. Weltkrieg erst relativ
spät zu einer Mangelsituation. 1917 initiierte der Unternehmer Charles Lathrop Pack
(1857-1937) eine Gartenkampagne mit verschiedenen Parolen: „Sähe die Saat des
Sieges und ziehe dein eigenes Gemüse“ oder „Jeder Garten eine Munitionsfabrik“.
102
Helphand Kenneth: Defiant Gardens. Making Gardens in Wartime.Trinity University Press, San
Antonio, Texas, 2006, S.7.
103
Landschaftsarchitekt, Schriftsteller und seit 1974 Prof. an der Universität Oregon.
104
vgl. ebd. S.13.
105
vgl. ebd. S.5.
48
Dies war der Anfang der sogenannten Liberty Gardens.106 Während des 2.
Weltkrieges, förderte die Amerikanische Regierung die Anlage von sogenannten
Victory Gardens in der Stadt. Wer einen Streifen Grün vor dem Haus hatte, ob in der
Stadt oder in den Vororten, sollte Gemüse anbauen, um die Versorgung der Truppen
in Übersee zu entlasten. 1945 produzierten diese Kriegsgärten 40 Prozent des
Gemüses, das die Amerikaner verzehrten.107
Auch in Großbritannien wurde 1939 eine „Dig für Victory“ Kampagne gestartet,
obwohl zu dieser Zeit das Land noch nicht aktiv am Krieg beteiligt war. Dazu wurde
jeder Brite aufgerufen, jede eigene Freifläche in einen Nutzgarten umzuwandeln.
Darüber hinaus wurden Tennisplätze, Parks, Eisenbahngelände, Weideland,
Brachflächen
zu
Gemüsegärten
umgestaltet.
Das
schaffte
nicht
nur
Versorgungssicherheit, sondern auch Platz in den Handelsschiffen für kriegswichtige
Produkte. Selbst die Soldaten im Schützengraben pflanzten teilweise Gemüse an,
wo sie oft monatelang Stellung beziehen mussten und frisches Gemüse rar war. Ab
Mitte der 1950er Jahre erholte sich die wirtschaftlich schwierige Situation und die
Notwendigkeit und das Interesse am Kleingarten schwand. 108
Abb.20
Abb.21
Abb.22
Abb.23
8.2. Kleingärten unterm Hakenkreuz
1933 wurden auch die eher unpolitischen Kleingartenvereine gleich geschaltet und
106
vgl. Pöppelmann, 2012, S.88.
vgl. http://www.architektur-online.com/kolumnen/urban-farming-urban-gardening am 2.8.2015 um
21.07Uhr.
108
vgl. Pöppelmann, 2012, S.92f.
107
49
zum Reichsbund der Kleingärtner und Kleinsiedler. „Jeder rassisch einwandfreie,
erbgesunde und bäuerlich denkende deutsche Volksgenosse hat ein Recht darauf,
ein kleines Stückchen deutscher Erde selbst bebauen zu dürfen.“109
1938 sollten ein Viertel aller Familien mit Mietwohnungen Kleingärten bekommen.
Hintergrund dieser Maßnahme war Hitlers Ziel Deutschland möglichst autark von
innen zu stärken um das Land auf den Krieg vorzubereiten. So wurden Schrebers
Gesundheitsvorschläge in soziale Anliegen umgedeutet. Das Gärtnern diene dem
Gemeinwohl vor dem Eigenwohl. Jedes erwirtschaftete Kilo Gemüse stärkt die
Abwehrfront gegen den Feind, lautete es in einem Mitteilungsblatt von 1939.
Als sich 1943 die Versorgungslage massiv verschlechterte, wurden auch
Grünflächen, Spielplätze, und öffentliche Brachflächen bepflanzt. Die Bäume des
Berliner Tiergarten wurden zu Brennholzzwecken gefällt und im Sommer 1946
breitete sich vor der Ruine des Berliner Reichtages eine Kleingartenkolonie aus.
Abb.24: Berlin 1946, Kleingartenkolonie vor dem zerstörten Reichstagsgebäude
Während im 2.Weltkrieg die deutsche Bevölkerung anfangs noch von den
Plünderungen des Militärs in Russland profitieren konnten, änderte sich dies 1943
mit dem Scheitern der Schlacht bei Stalingrad. Die deutschen Truppen wurden in
109
Pöppelmann, 2012, S.98.
50
Russland von der Roten Armee eingekesselt und mussten schließlich kapitulieren.110
Nach massiver Verschlechterung der Ernährung der Bevölkerung in Deutschland
wurde diese dazu aufgerufen, jedes Stück Brachland zu bepflanzen.111 Durch die
Bombenangriffe wurden immer mehr Menschen obdachlos. Wer bereits eine Laube
besaß, quartierte sich dort ein, andere zimmerten sich aus Bauschutt der zerstörten
Häuser neue Lauben. Auch die Regierung gewährte ab 1943 Reichshilfen, um eine
Laube zum Behelfsheim umzurüsten.
Abb.24: während des 1. Weltkriegs
Abb.24a:Sellerie im Schützengraben1918
8.2.1. Der Garten in der Kindheit
Gerda Klein112 wuchs in der polnischen Stadt Bielitz auf, wo ihre Eltern einen riesigen
Garten hatten, in dem sie als Kind spielen konnte. Diesen Garten nannte sie „mein
Paradies“. Im zweiten Weltkrieg kam sie als Teenager ins Lager Grünberg und wurde
zur Zwangsarbeit verpflichtet. Später beschreibt sie die Zeit dort als „Grausamkeit
vor einem Hintergrund voller Schönheit (...). Die sanft ansteigenden Weinberge unter
dem saphirblauen Himmel schienen uns zu verspotten.“113
110
http://www.dhm.de/lemo/kapitel/der-zweite-weltkrieg/kriegsverlauf/schlacht-um-stalingrad194243.html am 26. 3.2016 um 13.26Uhr.
111
vgl. Pöppelmann, 2012, S.101.
112
Anm.: Gerda Weissmann-Klein, geb. 1924 in Bielitz, Polen, Holocaustüberlebende, Autorin.
113
Weissmann-Klein Gerda: Nichts als das nackte Leben. Rowohlt, Reinbek, 2001, S.242.
51
Zu Beginn jeden Arbeitstages marschierten tausend Mädchen in den Fabrikhof, in
dem es „riesige, sternförmig angelegte Blumenbeete gab; entlang der Fabrikmauern
waren Hunderte von Rosenbüschen gepflanzt; die Wege wurden von farbenfroh
blühenden Tulpen gesäumt.“114 Für Gerda Klein war es schwer, dem Wunsch zu
widerstehen, hinauszulaufen um eine Blume zu berühren. Denn dann wäre sie
erschossen worden. An einem Tag, als in diesem Fabrikhof eine einzelne Blume den
Weg durch den Asphalt gefunden hatte, teilte sich der Zug der marschierenden
Mädchen, und die Füße dieser Mädchen machten einen Bogen um die Blume, damit
diese nicht zertreten wurde.115
Die Blume, die sich ihren Weg durch den Asphalt bahnt, wird der Auslöser für
tausende von Mädchen für ein lebensgefährliches Verhalten. Gerda Klein hatte in
ihrer Kindheit im elterlichen Garten gespielt und positive Erfahrungen gespeichert.
Der Garten als Spielplatz bietet unendlich viele Möglichkeiten, vom Beobachten der
Kleintierlebewesen und Insekten, über das Verstecken hinter Büschen, das Naschen
von Beeren und Früchten, über das Erleben von Jahreszeiten. Die Bezeichnung
Paradies meint hier vor allem die Vielfalt an möglichen Erfahrungen, die im Garten
gemacht werden können.
Insofern bezeichnet der Ausdruck Paradies keine Projektion, sondern bezieht sich
auf bereits gemachte, positive Erfahrungen in der Kindheit.
George Eisen erzählt in seinem Buch „Spielen im Schatten des Todes“ von einem im
Sterben liegenden Mädchen, das die Schwester bat, etwas grünes in der Hand
halten zu wollen. Daraufhin kroch die Schwester unter Lebensgefahr durch ein Loch
in der Ghettomauer auf die arische Seite in einen Park, um ein Blatt zu erheischen
und es dem Mädchen zu bringen.116
Je extremer das Leben mit dem Tod konfrontiert wird, umso größer scheint die
Sehnsucht nach etwas Grünem zu sein. Das Grün auch in noch so minimaler Form
steht hier für Leben und Hoffnung.
Ein gegenwärtiger Ort ruft Erinnerungen aus einer anderen Zeit und einem anderen
Ort wach und kann diese Verknüpfung positiv besetzen.
114
ebd. S.245.
vgl. ebd. S. 239.
116
vgl. Eisen George: Spielen im Schatten des Todes .Kinder im Holocaust. Piper, München/Zürich,
1993, S.95f.
115
52
Helphand schreibt: „Gardens can evoke other places; they can symbolize belief
systems, the cosmos, social status or lifestyle.... They represent in intimate ways our
connections to the natural world...the garden as a place apart, a different place.“
„Das Paradies ist ein Ideal, das räumlich und zeitlich an einem anderen Ort
angesiedelt ist.“117
8.3. Der Rasen als Heimatsymbol
Brook Turner, der während des Irakkrieges 2004 als Feldwebel stationiert war, ließ
sich Grassamen aus der Heimat schicken, welche jedoch von Ameisen aufgefressen
wurden. Daraufhin schaffte er es, an einen kleinen Rasenstreifen zu gelangen, den
er täglich goss und pflegte. „Usually after work I will water the back yard and listen to
the radio barefoot, and just relax and feel the cool grass.“ Zu Hause giesse ich nach
der Arbeit immer barfuss den Rasen hinterm Haus und höre Radio, ich entspanne
mich einfach nur und fühle das kühle Gras.“118
Abb.26: Brook Turners Garten, Irak 2004
117
118
Helphand, 2006, S.2.
ebd. S.244.
53
8.3.1. Plastic Garden
Ein weiteres Beispiel welchen Stellenwert ein Stück Rasen darstellt, zeigt „Plastic
Garden“ im U.S. Air Force Base in Al KhariJ, Saudi Arabien, 1991.
US Soldaten simulierten vor ihren Zelten Gärten, indem sie eine grüne Plastikplane
als Rasenersatz auflegten und mit Sandsäcken beschwerten. Zusätzlich warnte ein
handgeschriebenes Schild „Stay off near Grass“ vor dem Betreten des Rasens.119
Abb.27: Plastic Garden, U.S. Air Force Base in Al Kharj, Saudi Arabien, 1991
Das grüne Stück Rasen im Vorgarten der Amerikaner hat einem ikonischen Status
mit tieferen Bedeutungsschichten.
„ Der Rasen ist eine nationale Landschaft, er hat eine allgegenwärtige und
prosaische
Präsenz,
die
in
ganz
Amerika
Häuser
wie
drapiertes
Geschenkpapier umrahmt. Der ideale Rasen ist tief, grün, saftig, weich und
gemäht.....und befriedigt tiefe Wünsche.“120
Er unterscheidet die Bedeutung des Vorgartens vom Garten hinter dem Haus.
Während der Vorgartenrasen ein Zeichen zur Zugehörigkeit in der Gesellschaft
darstellt und zur Repräsentation dient, scheint der Rasen hinterm Haus nach innen
gerichtet zu sein. Er ist persönlicher gestaltet und ist nach außen hin abgeschottet.
Meiner Meinung nach spielt hier die räumliche Ordnung und Überschaubarkeit eine
119
120
ebd. S.216f.
Helphand Kenneth in: Versuche das Glück im Garten zu finden, S.61.
54
Rolle. Während der Krieg Chaos und Zerstörung bringt, stellt der immergrüne Rasen
ein Stück Verlässlichkeit und Kontinuität dar.„In decorating their barracks and tents
inside and out, soldiers expressed both their individuality and their membership in a
larger community...gardens also collectively contribute to the formation of group
identy.“ 121
121
Helphand, 2006, S.217.
55
9. URBAN GARDENING
9.1. Wurzeln des urbanen Gartenbaus
Landwirtschaftlich genutzte Flächen in Städten gab es bereits in der Antike und im
Mittelalter. Diese Stadtbauern nannte man Ackerbürger. Der Überschuss an Gemüse
wurde zum Verkauf angeboten. Mit der Verstädterung, also der Vergrößerung der
Städte wurden die Flächen für fehlenden Wohnraum kostbarer und so verlagerte
man die Gärten an die Stadtränder, ähnlich wie die Klein- und Schrebergärten ab
dem 19.Jahrhundert.
Die Bewegung des „Urban Gardening“, die seit Mitte der 90 er Jahre ihren Boom
erfährt, hat sich ursprünglich aus den New Yorker Gemeinschaftsgärten der 70er
Jahre
entwickelt.
Diese
sogenannten
„Community
Gardens“
wurden
auf
Brachflächen der Stadt angelegt. Neu und ungewöhnlich erschienen diese Gärten,
da sie gärtnerische, ernährungspolitische, ökonomische, soziale, künstlerische und
stadtgestalterische Fragen behandelten und belebten und dadurch konventionellen
Lebensmodellen eine Alternative boten.122
Urban Gardening kann als Oberbegriff für viele verschiedene Arten von
Landwirtschaft oder Gärtnern in der Stadt gesehen werden. Sie haben alle einen
nicht-kommerziellen Charakter und sind gemeinschaftlich orientiert.
Was damals schräg bunt und ungewöhnlich erschien, betrifft heute die Fragen der
Weltpolitik, Umweltprobleme, globale Wirtschaftskreisläufe und Ernährungskrisen.
9.2. Formen des Urban Gardening
9.2.1. Community Garden – Der Liz Christy Garden in New York
Die ersten Gemeinschaftsgärten entstanden während der Weltwirtschaftskrise in den
1970er Jahren in den nordamerikanischen Großstädten. Auf Brachflächen ergriffen
dort Bewohner verarmter Innenstadtbezirke die Initiative und legten die ersten
Community Gardens an.123
122
vgl.http://reset.org/knowledge/urban-gardening-mit-gaerten-die-welt-veraendern am 3.08.2015.
Hennecke Stefanie und Gröning Gert (Hg.): Kunst - Garten - Kultur: Dietrich Reimer Verlag, Berlin,
2010, S.197.
123
56
Im Gegensatz zu den Schrebergärten, in dem jeder seine eigene Parzelle
bewirtschaftet und diese durch die Abgrenzung des Zauns markiert wird, nutzen,
pflegen und verwalten im Community Garden Viele die gemeinsame Fläche.
„Der Gartenzaun markiert ein im Vergleich zu den Gemeinschaftsgärten grundlegend
anderes, nämlich territoriales Verhältnis zu Grund und Boden.“124
„Der Gemeinschaftsgarten ist – im Gegensatz zum Schrebergarten nicht der Ort, an
dem man sich von der Stadt zurückzieht, sondern im Gegenteil der Ort, wo man
Stadt hineinholt.“125
Die New Yorker Künstlerin Liz Christy gründete 1973 in der Lower Eastside die
Bürgerinitiative der Green Guerillas. Ihr Ziel war es, ihr Viertel mit den vielen
verwahrlosten Grundstücken durch das Anlegen von Gärten zu verschönern.
So entstand die „Houston Bowery Community Farm“ nachdem das als Müllhalde
benutze Grundstück von vielen Helfern gesäubert wurde und ein Teich, eine
Wildblumenwiese, Bäume und Sträucher gepflanzt wurden. Es gelang den Green
Guerillas einige Monate nach dem Anlegen dieses Gartens, von der Stadt einen
Pachtvertrag über die symbolische Summe von einem Dollar im Monat zu erhalten.
Der „Liz Christy Garden“ ist bis heute erhalten und wird weiterhin durch freiwillige
Mitarbeit und Spenden finanziert. Durch die Ableistung einer bestimmten Anzahl von
Stunden bekommt man automatisch ein Mitbestimmungsrecht und einen Schlüssel
zum Garten. Am Anfang der illegalen Besetzung solcher verwahrloster Grundstücke
kam es zu Zusammenstössen mit der Polizei. Doch man erkannte relativ schnell,
dass diese Art von Bürgerinitiative die Viertel vor der Verslummung bewahrten, und
daher versuchte man möglichst viele dieser Gärten zu legalisieren. Dazu gründete
die New Yorker Stadtverwaltung die Organisation „Green Thumb“, welche die
Gärtner bei Pachtverträgen, Erde, Pflanzen und gärtnerischem und rechtlichem
Know-How unterstützt.126
Mit
dem
Anlegen
der
ersten
Community
Gärten
entstanden
zahlreiche
Bürgerinitiativen oder NGO`s (non governmental organizations, Nicht- RegierungsOrganisationen). Diese sind wie die Green Guerillas bis heute Non - Profit
124
Hagen, 2011, S.112.
ebd. S.117.
126
vgl. Pöppelmann, 2012, S.156.
125
57
Organisationen, die durch ehrenamtliche Arbeit und durch fördernde Mitglieder
bestehen und durch Fundraising auch einige Beschäftigte bezahlen kann.127
In New York gibt es heute ungefähr 800 Gemeinschaftsgärten, wovon 500 mit Green
Thumb zusammenarbeiten.
Abb.28: Liz Christy Bowery Houston Community Garden, New York
Die Stadtverwaltungen profitieren von den Community Gärten, indem hässliche
Brachflächen aufgewertet werden. Die Investitionen für die Stadtverwaltung im
Vergleich zu einer regulär gepflegten Grünfläche sind verschwindend klein und
würden nicht einmal für eine einfache Grünfläche ausreichen. Besonders in den USA
hat sich die Broken- Windows- Theorie bewährt. Diese besagt, dass kleine
Anzeichen von Verwahrlosung wie ein zerbrochenes Fenster, das lange nicht
repariert wird, weitere Verwahrlosung und Zerstörung nach sich zieht, da der
Vandalismus keine Motivation zu pfleglicher Behandlung vermittelt. Gibt es an diesen
Orten gärtnerische Aktivitäten, so wirkt sich dieses Pflegen der Pflanzen auf die
ganze Umgebung aus und vermindern Aggressivität und Vandalismus.128
127
vgl. Meyer-Renschhausen Elisabeth: Unter dem Müll der Acker. Community Gardens in New York
City. Ulrike Helmer Verlag, Königstein/Taunus, 2004, S.18.
128
vgl. Pöppelmann, 2012, S.160.
58
9.2.2. Mobiler Garten – Der Prinzessinnengarten in Berlin
Die Idee zur Gründung des Prinzessinnengartens bekam Robert Shaw durch die
agricultura urbana in Kuba. Raúl Castro129 genehmigte Anfang der 90er Jahre den
Gemüseanbau in städtischen Gärten nach dem marktwirtschaftlichen Prinzip des
Angebots und der Nachfrage, nachdem mit dem Ostblock auch die Wirtschaft Kubas
zusammengebrochen war. Daher wurde vom Staat die urbane Landwirtschaft
`Revolution Verde` unterstützt, um die Auswirkungen der Wirtschafts- und
Ernährungskrise einzudämmen. Auch heute noch wachsen mehr als zwei Drittel des
in Havanna angebauten Gemüses innerhalb der Stadtgrenze.130
Robert Shaw und Marco Clausen gründeten 2009 im Bezirk Kreuzberg in Berlin den
Prinzessinnengarten, benannt nach der angrenzenden Prinzessinnenstraße. Auf der
seit vielen Jahrzehnten liegenden Brachfläche entstand ein urbaner Nutzgarten in
der Größe eines Fußballfeldes (5600 Quadratmeter) mit einer Anbaufläche von 750
Quadratmeter.
Direkt am Kreisverkehr Moritzplatz, der als Verkehrsknotenverteiler für den
Kraftfahrzeugverkehr dient, ist dieser Platz sowohl durch eine starke Lärmkulisse als
auch durch gewerbliche Nutzung gekennzeichnet. Bis 1943 befand sich dort das
Warenhaus der Familie Wertheim, damals eines der größten Kaufhäuser in der
Stadt.131
Das Besondere am Prinzessinnengarten ist seine Mobilität. Aufgrund der
Kontaminierung des Bodens und der nur jährlich vergebenen Mietverträge durch die
Stadt werden die Pflanzen in Hochbeeten aus Stapelbehältern und Reissäcken
angebaut. Diese vom Boden unabhängige Anbauweise ermöglicht den ökologischen
Anbau temporär in der Stadt. Alle Kosten, inklusive Miete werden durch die
Einnahmen des Gartens gedeckt.
Außer dem Verkauf des angebauten Gemüses wird auch Geld durch die
Gartengastronomie eingenommen, durch Beratungsleistungen und Aufbau weiterer
Gärten, durch Vorträge und Spenden in Form von Beet- und Gartenpatenschaften.
129
Anm.: Raúl Modesto Castro Ruz * 3. Juni 1931, seit 2008 Präsident der Republik Kuba seit 2011
Erster Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Kubas als Nachfolger seines
Bruders Fidel Castro.
130
vgl. Hannover Jantje: http://www.zeit.de/2006/34/Das_Oekoparadies_im_Hinterhof am 29.09.2015
um 17.41 Uhr.
131
Schoas Björn: Gärten in Bewegung. Vom mobilen zum transistorischen Garten. Der Andere Verlag,
Uelvesbüll, 2013. S.61f.
59
Das selbst angebaute Gemüse wird in der eigenen Gastronomie verarbeitet. Auch
diese ist mobil in Überseecontainern untergebracht.
Es gibt keine Besitzer von einzelnen Beeten, sondern jeder kann mitwirken, sich an
Workshops beteiligen, den Garten als Ort des Lernens erfahren. Dazu wurde das
gemeinnützige Unternehmen „Nomadisch Grün“ gegründet. Sowohl durch das
Gartencafe und kulturelle Veranstaltungen ist der Prinzessinnengarten zu einem Ort
des lebendigen Austausches geworden.
Insgesamt kümmern sich 22 Personen um den Garten, wovon 13 vollbeschäftigt
sind, ausgenommen die beiden Initiatoren. Darüber hinaus gibt es sehr viele
freiwillige Helfer, die ungefähr 30.000 unentgeltliche Arbeitsstunden leisten.132
Abb.29: Prinzessinnengarten Berlin
2012 wurde die Petition Prinzessinnengarten gestartet, da die Gefahr drohte, dass
das öffentliche Grundstück an die oder den Meistbietenden verkauft werden sollte.
Clausen äußerte sich kritisch zu der Vorgangsweise, dass Stadtplanung sich nur am
Kapital nicht aber an den langfristigen Interessen der Bewohner orientiere.
132
vgl. Clausen Marco und Müller-Frank Stefanie: Prinzessinnengärten. Anders gärtnern in der Stadt.
Dumont Buchverlag, Köln, 2012, S.14f.
60
Durch das Einreichen der Petition an den Berliner Senat wurden 3 wesentliche
Forderungen laut:
- Die Verlängerung des Pachtvertrages um 5 Jahre.
- Die Beteiligung der Bürgerinnen und Anwohnerinnen um deren Bedürfnisse zu
berücksichtigen.
- Ein gesichertes Planungsrecht für urbane Gartenprojekte, durch die eine
nachhaltige Stadtentwicklung möglich ist.
Abb.29: Prinzessinnengarten, Beete in Reissäcken und Stapelbehältern
Im Dezember 2012 wurde vom Senat beschlossen, das Grundstück nicht zu
privatisieren oder zu verkaufen. Unterstützt wurde die Petition durch 30.000
Unterschriften und Spenden zur Finanzierung der Petition. Der Erfolg dieser Aktion
zeigt die Notwendigkeit der Bürgerbeteiligung und die Wichtigkeit von dem Erhalt von
öffentlichen Freiflächen.133
133
vgl. Schoas, 2013, S. 68.
61
9.2.2.1. Kultur und Garten
2010 veranstaltete das Hebbel Theater Berlin das Festival Life Science and Urban
Farming. Durch die Einladung an diesem Festival teilzunehmen, konnte die Mobilität
und Vielfältigkeit des Prinzessinnengartens unter Beweis gestellt werden. Mit dem
Umzug der auf Paletten gestapelten Beete verwandelte sich das Hebbeltheater im
Jugendstil erbaut, zu einem lebendigen Garten. Speziell für den Bühnenraum wurde
mit Pflanzen gearbeitet, die auch im Dunkeln wachsen, wie zum Beispiel
Austernpilzen und Chicorèe.
Der Garten diente jedoch nicht als Bühnenbild, sondern konnte von den Mitarbeitern
des Theaters und den Nachbarn aktiv genutzt werden. Darüber hinaus gab es viele
Vorträge, unter anderem vom Guerilla Gärtner Richard Reynolds zum Thema
Stadtbegrünungsaktionen, Workshops zur Kulturpflanzenvielfalt, Theaterstücke,
Konzerte, Performances und Imkerei in der Stadt.
Das Ziel solcher Aktivitäten besteht, abgesehen vom Erwerb gärtnerischen
Kenntnissen, vor allem im Vermitteln einer Haltung, die sich auch auf andere
Bereiche übertragen lässt; sich verantwortlich zu fühlen, Vielfalt zu organisieren,
einen Ausgleich zwischen Chaos und Ordnung zu finden, Geduld einzuüben und
anstelle von kurzfristiger Rendite in langfristigen Erträgen zu denken.134
9.2.2.2. Die Gärten kehren in die Stadt zurück
Nicht wegen der Sehnsucht nach dem Landleben sei der Prinzessinnengarten
entstanden, sondern im Gegenteil aus der Sehnsucht nach einer lebenswerten
lebendigen Stadt, in der es Austausch und Dialog gibt. Eine urbane Landwirtschaft,
die Gegensätzliches vereint: Stadt und Land, Beetbeschriftungen und Weblog.
Schaufeln und Smartphones.135
„Ein urbaner Garten kann so zu einer Art Versuchsfeld werden, auf dem sich
provisorische Antworten auf die Fragen finden lassen, wie wir in Zukunft in der Stadt
134
135
vgl. Clausen, 2012, S.80f.
vgl. ebd. S.53.
62
leben, wie arbeiten, wovon uns ernähren und wie wir lernen wollen.“ Die
Lebensmittelskandale, der Klimawandel, der wachsende Ressourcenverbrauch, das
Bevölkerungswachstum oder die Wirtschaftskrisen stellen globale Prozesse dar, auf
die der Einzelne kaum zu reagieren in der Lage ist. Man bekommt den Eindruck,
dass auch Experten und Politiker damit überfordert sind. Der Garten in der Stadt
bietet die Möglichkeit etwas zu tun, Autonomie im kleinen Maßstab zu erlangen.
Dieser kollektive Schaffensprozess wird von Nichtprofis getragen und zeigt ein
Bedürfnis nach anderen Formen des Zusammenlebens, des Arbeitens und des
Konsumierens.136
9.2.2.3. Recycling und soziale Kompetenzen
Das Recyceln gilt beim Urban Gardening als wesentliche Ressource. Not macht
erfinderisch. Behältnisse von Industrieprodukten wie Tetrapacks, Reissäcke und
Bäckerkisten
werden
zum
Anpflanzen
benutzt.
Durch
das
Umnutzen
der
Industrieprodukte entsteht eine neue Form von Produktivität und setzt Erfindergeist
frei, wie etwa ein mobiles Gewächshaus aus Europaletten, Frischhaltefolie und
Weideruten.137
Robert Shaw, einer der beiden Gründer von den Prinzessinnengärten meint:
„Hier wachsen nicht nur Pflanzen, sondern auch soziale Kompetenzen.“138
Das wichtigste sei überhaupt die Kommunikation, denn urbanes Gärtnern bedeutet
soziales Gärtnern.
Die Bedeutung von sozialen Räumen besteht vor allem in ihrer Vielschichtigkeit.
Diese Räume in Form eines Gartens, Platzes oder Ortes funktionieren über die
Wechselwirkung von Mensch und Raum, wobei der Mensch zu einem handelnden
Subjekt wird.139
Das Handeln in einem öffentlichen Raum steigert die Identifikation mit der
städtischen Umgebung und der Einzelne fühlt sich im Austausch mit anderen
eingebunden.
136
vgl. Clausen, 2012, S.41.
vgl. Müller, 2011, S.38.
138
Rasper Martin: Vom Gärtnern in der Stadt. Die neue Landlust zwischen Beton und Asphalt.
Oekom, München, 2012, S.107.
139
vgl. Schoas, 2013, S.36.
137
63
9.2.3. Interkulturelle Gärten
Bei den interkulturellen oder auch internationalen Gärten geht es um das Fördern
von Integrationsprozessen für Migranten und Flüchtlinge, sowie die Erhaltung der
Kulturpflanzenvielfalt.140
Der
erste
interkulturelle
Garten
entstand
1995
in
Göttingen
in
einem
Beratungszentrum für bosnische Flüchtlingsfrauen. Die evangelische Kirche und
Caritas engagierten sich, nachdem Flüchtlingsfrauen darüber klagten, am stärksten
ihre Gärten aus der Heimat zu vermissen. Bei der Gründung dieses interkulturellen
Gartens stand vor allem das Interesse diesen als Begegnungsort zu gestalten. Jeder
erhält eine Parzelle und muss dafür eine kleine Pacht bezahlen. Die Parzellen sind
nicht durch einen Zaun voneinander getrennt und anstelle einzelner Lauben gibt es
einen Pavillon, in dem man sich trifft. Das Gärtnern lässt erste Verbundenheit zur
neuen Heimat entstehen. Das Wissen über heimische und fremde Sorten kann hier
ausgetauscht werden. Das aktive Tun verhilft zu Selbstachtung, auch wenn die
Sprache noch nicht verstanden wird.141
Der Garten als Alltagsthema bietet einen Ort zum Austausch, unabhängig von der
Herkunft oder dem Bildungsgrad. Manche Migranten bringen, wenn sie aus
kleinbäuerlichen Verhältnissen stammen, ein gut anzuwendendes Wissen mit.
9.2.4. Guerilla Gardening
Anfang der siebziger Jahre nahm eine kleine Gruppe New Yorker den Begriff als
Aushängeschild für ihr Tun: illegales Gärtnern auf verlassenen Grundstücken im East
Village. Die Gruppe nannte sich Green Guerillas in Assoziation an Che Guevara142,
der für Rebellion und Abenteuer stand.143 Die Gruppe der Green Guerillas rund um
Liz Christy (bereits im Kapitel Community Garden erwähnt) begannen mit der
Begrünung brachliegender Flächen, indem sie Samenbomben, „Seed Bombs“ auf die
140
vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Internationaler_Garten am 29.09.2015 um 15.49 Uhr.
vgl. Pöppelmann, 2012, S.164.
142
geb. 1928 in Rosario, Argentinien, gest. 1967 in La Higuera, Bolivien, zentr. Anführer der kub.
Revolution.
143
vgl. Reynolds Richard: Guerilla Gardening Ein botanisches Manifest. Orange press, Westermann
Druck Zwickau, 2009, S.14.
141
64
teilweise eingezäunten Grundstücke warfen.
Bei Regen quillt die Erde auf und die Samen beginnen zu keimen. Die
Grundmischung besteht aus Erde, Ton und Samen. Diese werden gemeinsam
verknetet und zu kleinen Kugeln geformt.
Nach dem Trocknen können die Samenbomben dann transportiert und geworfen
werden.144
Im Jahr 2000 taucht der Begriff Guerilla Gardening wieder in den Medien auf, als der
Londoner Guerilla Gärtner Richard Reynolds eine Protestaktion startete.145
Kritiker sehen seine Aktionen eher als Stadtverschönerung. Das Bepflanzen von
vernachlässigten Blumenkisten habe nichts mit dem subversiv politischen Anspruch
nach
Selbstbestimmung,
Herrschaftskritik
und
Rückeroberung
von
Gestaltungsfreiräumen zu tun. Es handle sich eher um eine unbezahlte
Verschönerungsleistung für die Stadt, die Gefahr laufe, die Gentrifizierung
anzukurbeln und somit eher zur Gefahr für soziale Freiräume zu werden. Außerdem
wird ihm vorgeworfen, ausgewachsene Pflanzen dafür anzukaufen und diese mit
dem Auto zu transportieren. Dies stehe im Widerspruch mit
der Motivation des
Guerilla Gardening, welches ökologisch nachhaltig agiert.146
Christa Pöppelmann bezeichnet Guerilla Gardening als Selbstverteidigung des
modernen Stadtmenschen. Das betrifft die Machtfrage und Mitbestimmung, wer den
Raum in der Stadt besetzen und gestalten darf. Churchill147 sagte angeblich, dass wir
zuerst die Gebäude gestalten und diese anschließend uns formen. Insofern hat diese
Entscheidung den Raum zu vereinnahmen und zu gestalten auch eine politische
Dimension.148
Ein Slogan aus der Guerilla Gardening Szene lautet „Eine andere Welt ist
pflanzbar.“149 Dieser Slogan geht von der Selbstermächtigung des Einzelnen aus und
erwartet nicht die sozial gerechte Vereilung von übergeordneten Instanzen, sondern
teilt selbst gemeinschaftlich, auf Augenhöhe. Diese Subsistenz orientiert sich am
Maßstab des Eigenverbrauchs, um ein gutes Leben führen zu können.150
144
vgl.http://www.guerillagaertner.com/images/download/samenbomben.pdf am 26.08.2015 um 21 20
Uhr.
145
vgl. Schoas,2013, S.30.
146
vgl. Graf Barbara: Bachelorarbeithttp://www.laengenfeldgarten.at/wp-content/uploads/Der-GuerillaGarten-als-informeller-Lernort-und-sozialer-Freiraum.pdf am 26.08.2015 um 18.51Uhr, S.12.
147
geb.1874 in Woodstock, England, gest. 1965 in London, bedeut. brit. Staatsmann.
148
vgl. Rasper, 2012, S.109.
149
Pöppelmann, 2012, S.169f.
150
vgl. Müller,2011, S.259.
65
Das Tauschen von Saatgut und Wissen und der Hilfe ohne Gegenleistung bedeutet
eine andere Ökonomie, die eine Abhängigkeit vom bestehenden System reduziert
und ein neues Bewusstsein schafft.151
Als Interventionsform, die öffentlichen Raum neu nutzt und gestaltet, kann man
Guerilla Gardening in Bezug auf Raumaneignung durchaus mit Graffiti vergleichen.
Moosgraffiti könnte man als eine Mischform von Guerilla Gardening und Graffiti
bezeichnen. Dazu wird Bier, Moos und Zucker zu einer Paste vermixt, die dann mit
einem Pinsel auf eine Mauer, unter Brücken oder an anderen feuchten und
schattigen Plätzen aufgetragen werden kann. Bei optimalen Bedingungen, beginnen
die Sporen zu wurzeln und das Moos beginnt zu wachsen. Aus Moos entstehen auf
diese Weise lebendige Bilder oder Botschaften.152
Von der rechtlichen Seite betrachtet ist jedes Pflanzen auf öffentlichen Flächen ohne
Genehmigung in Deutschland und Österreich eine Straftat und kann als Vandalismus
verfolgt werden. Meist aber haben die illegalen Gärtner keine Verfolgung zu
befürchten, allerdings wird auf Gepflanztes nicht immer Rücksicht genommen.
9.2.4.1. Der Längenfeldgarten in Wien
Als Beispiel für einen Guerilla Gemeinschaftsgarten in Wien gibt es seit 2010 den
Längenfeldgarten nahe der U- Bahn Station Längenfeldgasse im 12. Bezirk.
Mitglieder von KUKuMa153 entdeckten diese Flächen und bepflanzten sie in den
ersten beiden Jahren.
Die damals tristen Rasenflächen wurden ohne Erlaubnis der Stadt Wien
umgegraben, um Gemüsebeete anzulegen. 25 Leute sind im Durchschnitt aktiv im
Garten, manche haben ein eigenes Beet, die meisten kümmern sich aber
gemeinschaftlich um die Pflanzen. Es kommen auch Menschen aus der
Nachbarschaft zum Unkraut Jäten und Gießen. Die Motivation zum Gärtnern reicht
von der Leidenschaft für selbstgezogenes Gemüse bis zum politischen Anspruch der
Rückeroberung des öffentlichen Raums. Ist der Boden für alle da oder besitzen ihn
151
vgl. ebd. S.270.
vgl. Graf, S.18.
153
Anm.: Netzwerk für Kunst und Kulturprojekte in Wien.
152
66
einige wenige? Bei dieser Form des Urban Gardening geht es um mehr als den
Wunsch nach Selbstversorgung oder Verschönerung. Die Stadt von unten gestalten,
kollektive Räume für alle zur Verfügung zu stellen, nicht nach den Gesetzen des
Eigentums verteilen.
Abb.30: Längenfeldgarten Wien
9.2.4.2. Obdachlosengärten
Eine Sonderform des urbanen Gartens, stellt der Obdachlosengarten dar. Obdachlos
zu sein, bedeutet keine Wohnung als Schutz oder Rückzugsort zu besitzen. Und da
kann das Improvisieren mit gefundenen Materialien einen Ersatz für diesen
individuellen Schutzraum bieten.
Anhand von Obdachlosengärten kann bewiesen werden, schreibt Harrison, dass
Gärten auf menschliche Bedürfnisse eingehen, die sich nicht auf animalische Triebe
reduzieren lassen.
Selbst wenn das tägliche Überleben nicht gesichert ist, gibt es an solchen Orten
Gärten. Die „Nutzlosigkeit“ und Atmosphäre dieser Gärten steht in starkem Kontrast
zu ihrer Umgebung, den Slums von New York. Diese sind provisorisch aus
verschiedensten Materialien wie Müll, Spielzeug, Blätterhaufen und sonstigen
Gegenständen zusammengefügt. Durch die Anordnung von Materialien und der
67
Einführung von Farben und kleinen Wasserflächen, sowie Stofftieren wird symbolisch
der Geist von Pflanzlichem und Tierischem heraufbeschworen. Diese synthetischen
Konstruktionen, deren Bezugsgegenstand die natürliche Welt zu sein scheint,
rechtfertigt es, wenn auch in einem „befreiten„ Sinn, das Wort Garten zu verwenden.
Abb.31: Jimmy´s Garden, New York, 1991
Abgesehen von dem schöpferischen Drang etwas zu gestalten und zu verschönern,
hat es mit dem Drang zu tun, inmitten von einer unruhigen Umwelt eine Oase der
Ruhe zu schaffen. Man könnte behaupten, dass Gärten in ihren verschiedenen
Formen die grenzenlose Natur auf menschliche Dimensionen verweisen. Und
ebenso verleihen die vergänglichen Gärten von New York einer sonst grenzenlosen
städtischen Weite menschliche Dimensionen.
In der Ruhelosigkeit verleihen die Obdachlosengärten der Stadt wieder Ruhepole für
Menschen.154
154
vgl. Harrison, 2010, S.66-70.
68
10. DER GARTEN IN DER ZEITGENÖSSISCHEN KUNST
Der Garten in der Kunst hat seinen Vorläufer in der Land Art, welche ihre Wurzeln in
der
Landschaftsmalerei
verortet.
Die
Landschaftsmalerei
begann
mit
der
Verstädterung und der damit einhergehenden Sehnsucht nach der Landschaft und
der Natur.
Brigitte Franzen155 klassifiziert drei verschiedene Arten von Künstlergärten:
- „erstens Gärten, die nur als theoretisches Konzept in Bild und/oder Textform oder
als bewegte, möglicherweise vertonte Bilderfolge existieren;
- zweitens Projekte, die als dreidimensionale Denkmodelle zum Beispiel in Form von
Installationen realisiert werden.
- Die dritte Art des Künstlergartens wird durch Landschafts- und Naturfragmente
gebildet, die als gestaltet und angelegt erkennbar sind und deren Material natürlich
oder zumindest an der Natur orientiert ist.“156
Die Verbindung zwischen Kunst und Natur ist die Ästhetik. Künstler hinterfragen und
untersuchen die moderne Paradiesvorstellung. Sie nutzen den Garten als Ort der
Transformation, indem gesellschaftliche Prozesse und technische Entwicklungen
aufeinaderprallen. Sie verbildlichen Vorgänge, die vorher gedankliche Konstrukte
waren und verwenden das Motiv des Gartens als Raum für Denkprozesse und
Erfahrungsraum.157
10.1. Jenny Holzer – Black Garden
Bei dem 1994 eröffneten schwarzen Garten der amerikanischen Künstlerin Jenny
Holzer158 in Nordhorn/ Niedersachsen handelt es sich nicht um ein autonomes
Kunstwerk im öffentlichen Raum, sondern um eine Umgestaltung und Ergänzung
einer städtischen Gedenkstätte für die Gefallenen der Kriege 1870/71, des Ersten
und Zweiten Weltkrieges. 1929 wurde die Gedenkstätte zum ersten Mal eingeweiht
155
Kunsthistorikerin, geb. 1966 in Freiburg, Breisgau.
Franzen Brigitte: Die vierte Natur. Gärten in der zeitgenössischen Kunst. Kunstwissenschaftliche
Bibliothek Bd.11., Hg. Posthofen Christian, Verlag Walther König, Köln, 2000, S.194.
157
vgl. Bianchi Paolo (Hg.): Künstler als Gärtner. Kunstforum International Bd.145,
Verlag Kunstforum, Köln, 1999, S.49-53.
158
US- amerik. Konzeptkünstlerin, geb.1950 in Gallipolis, Ohio.
156
69
und ab 1938 bekam sie den Namen „Mahnmal am Langemarckplatz“.
Die ursprüngliche Form des Mahnmals:
Eine geschlossene runde Fläche von ringförmig angeordneten Kalksteinsegmenten,
aus der sich ein runder Sockel aus Kalkstein mit der Inschrift „Die Gefallenen sind es,
auf denen das Leben steht. Liebe und Dank verbindet die Stadt Nordhorn mit ihren
im Weltkriege 1914-18 ruhmreich gefallenen Heldensöhnen.“ Jedes Segment trägt
außerdem die Angaben der Gefallenen. Ursprünglich gab es noch eine Bronzefigur
eines knieenden, nackten Jünglings auf dem Sockel, welche aber 1933 von der
SA159 demontiert wurde. Diese wurde in den fünfziger Jahren durch eine
Metallschale ersetzt. Außerdem wurden Ende der fünfziger Jahre 23 Bronzetafeln für
die Toten des zweiten Weltkrieges an einer langen Wand unterhalb des Segments
hinzugefügt.
Abb.32: JENNY HOLZER, Black Garden, 1994
Durch zwei gebogene Treppenabgänge aus Ziegelstein ist die untere Ebene zu
erreichen.
159
Sturmabteilung, paramilitärische Organisation der nationalsozial. Partei während der Weimarer
Republik 1920.
70
Das Problem dieses Mahnmals in Nordhorn und der damit notwendigen
Neugestaltung
hängt
vor
allem
mit
seiner
seit
dem
Nationalsozialismus
beibehaltenen Namensgebung Mahnmal Langemarckplatz zusammen. „Der Mythos
von Langemarck“ bezieht sich auf die verlustreiche Schlacht von Flandern im
November 1914, die durch die siegreiche Opferung der Jugend im Nachhinein
verklärt wurde.
Abb.33: JENNY HOLZER, Black Garden, 1994
Die Nationalsozialisten eigneten sich diesen Mythos an, um die Hingabe –
und Opferbereitschaft der eigenen Jugend zu rechtfertigen, meint Lebrecht Forke160.
Aus diesem nationalsozialistischen Kontext musste die Gedenkstätte befreit werden.
Jenny Holzers setzte sich bereits 1987 bei der Ausstellung „Skulptur Projekte in
Münster“ mit einem Kriegsdenkmal in einem Schlosspark auseinander und es ist
anzunehmen, dass dies bei der Auftragsvergabe ausschlaggebend war.
160
geb. 1940, Vorsitzender des Stadtpartnerschaftskomitee von 1990-2011 in Nordhorn.
71
Die Umgestaltung durch Jenny Holzer zu einem Garten
Jenny Holzer integrierte die bereits bestehende Gedenkstätte in einen Garten. Sie
reagierte auf die bestehenden kreisrunden Segmente indem sie ihnen, wie sie selbst
sagt, ein Echo geben wollte und ein in konzentrischen Kreisen über ein Kreuz
gelegtes Wege- und Beetesystem in der unteren Ebene der Gedenkstätte anlegte.
Das aus vier Ringen bestehende Wegesystem wird so in der Aufsicht zu einer
Zielscheibe. Die Verbindungswege zu den Kreisen ergeben ein Kreuz, das durch die
Richtung zur Gedenkstätte als Schräg- oder Andreaskreuz zu lesen ist und im
christlichen Zusammenhang mit Opferung assoziiert wird.
Die Beete und Randbereiche, auch um die Gedenkstätte herum, wurden mit Blumen,
Sträuchern, Büschen und Bäumen bepflanzt, die durch die Bezeichnung, Farbe,
Frucht, Rinde assoziativ die Farbe Schwarz beinhalten. Am Eingang der Anlage zur
Gedenkstätte des Ersten Weltkrieges stehen zwei Trauerblutbuchen und in der Mitte
des Black Garden wächst ein schwarzfruchtiger Apfelbaum, ein Symbol für
Fruchtbarkeit und Leben. Man kann darin auch den Baum der Erkenntnis aus dem
Paradiesgarten und der damit zusammenhängenden Erkenntnis und Sterblichkeit
erblicken. Als Kontrast zur Farbe Schwarz hat Jenny Holzer im Bereich der Tafeln für
die politisch und rassisch Verfolgten einen kleinen White Garden angelegt. Über die
symbolische Bedeutung der Farbe Weiß als Unschuld, Reinheit und Licht wird ein
besonderes Augemmerk auf diese Opfer gelenkt. Es gibt außerdem fünf Bänke aus
ziegelrotem Bentheimer Sandstein, in welche englisch und deutsch übersetzte Texte
eingemeißelt wurden.
Die Farbe Rot wiederholt sich auch in den aus rotem Wesersandstein eingefassten
Beeten vor und auf den mit rotem Ziegelsplit bestreuten Wegen. Die Bankinschriften
erzählen von verschiedenen Arten des Sterbens und des Todes im Krieg und zeigen
einen Ausschnitt aus Jenny Holzers neunteiligen Textzyklus „War“. Die einerseits
eher idyllische Atmosphäre des Gartens steht im Kontrast zu den Texten über Krieg
und Gewalt. Die Funktion der Bänke, die zum Verweilen, Nachdenken und
Meditieren einladen, geben durch die eingemeißelten Texte Anlass zur Provokation
und die Frage ist, ob der Besucher überhaupt wagt darauf Platz zu nehmen? So wie
jedem Garten das Wachsen, Blühen und Verwelken der Pflanzen eingeschrieben ist,
so laufen auch die verschiedenen Bedeutungsebenen auf den Kreislauf von Geburt,
Leben und Tod und neuer Geburt hin. Durch die sich durchziehende Farbe Schwarz,
die immer an Tod und Trauer erinnert, will allerdings nicht recht die Hoffnung
72
einziehen und es bleibt eine Nuance Tod haften. Das eher aufwändige Pflanzkonzept
von Jenny Holzer musste allerdings im Lauf der Zeit wegen der klimatischen
Gegebenheiten reduziert werden.161
10.2. Gregory Crewdson – Twilight
Der 1962 in Brooklyn, New York geborene Künstler inszeniert in seinen Fotografien
die amerikanische Vorstadt, die idyllisch und zugleich unheimlich anmutet.
“ ...in all of my photographs I`m very much interested in creating tension;
between domesticity and nature, the normal and the paranormal, or artifice and
reality, or what`s familiar and what`s mysterious. We could call that an interest in
the uncanny: the terrifying and the familiar.“162
Seine erste Serie „Natural Wonder“ erinnert an Dioramen aus naturhistorischen
Museen, eine Montage aus präparierten Tieren, Körperteilen und Blumen im
Vordergrund und der amerikanischen Kleinstadt mit ihren Holzhäusern und Gärten
im Bildhintergrund. Als seien diese Fotografien einem David Lynch Film entsprungen,
wirkt der Garten, die domestizierte Natur, unheimlich und surreal. Der idyllische
Garten mutiert zu einem Ort des Unbehagens, an dem gleich etwas passieren wird.
Die Natur in diesen Gärten verliert ihren idyllischen Charakter, ihre Harmlosigkeit und
Normalität.
Das Unheimliche bezeichnet Crewdson als das Zentrum von jeder „Twilight“Erzählung. Sigmund Freud163 definierte den Begriff des Unheimlichen 1919
folgendermaßen: Das Unheimliche ist das einst Vertraute, etwa ein infantiler Wunsch
oder der kindliche Glaube an die Allmacht der Gedanken. Dieses Vertraute wurde
verdrängt oder überwunden und hielt sich im Unbewussten verborgen. In
unheimlichen Erlebnissen und Vorstellungen kehrt es in entfremdeter Form wieder.
Der Angstcharakter des Unheimlichen beruht darauf, dass der Affekt jeder
Gefühlsregung durch die Verdrängung in Angst verwandelt wird.164
161
vgl. http://edoc.hu-berlin.de/kunsttexte/download/kume/sachs.PDF am 29.08.2015 um 16.24 Uhr.
vgl. Gregory Crewdson, Interview with Bradford Morrow, in: Gregory Crewdson. Dream of Life,
Editiones Universidad de Salamanca, 1999, S.20.
163
dt. Neurologe und Psychologe beb. 1856 in Freiberg, gest. 1939 in London.
164
vgl. Freud Sigmund, Das Unheimliche, in: Gesammelte Werke, Bd.XII, Frankfurt am Main,1999,
S.229-268.
162
73
Die Natur folgt Regeln, die sich menschlichem Verständnis entziehen und in dem
schlussendlich die Natur den Raum des Menschen überwuchert und erobert.
Crewdson fokussiert immer wieder die Schnittstelle zwischen Natur und Kultur, um
ein neues Verhältnis zu zeigen: indem etwa die Blumen im Innenraum wuchern oder
der ordentliche Rasen zu einem unansehnlichen Berg aufgehäuft wird, ein
entwurzelter Baum quer durch das Wohnzimmer ragt.
Die ungebändigte Natur ist nun im Wohnzimmer angekommen und somit hat auch
dieser Ort seine schützende Funktion verloren.165
Abb.35: GREGORY CREWDSON, Serie Twilight,1998
Schutzlos wirkt auch die nackte Frau, die in dieser Wohnzimmeridylle auftaucht.
Auch sie ist ein Verweis auf die Natur, möglicherweise stellvertretend für die Eva aus
dem Paradies. Eine gealterte Eva, die aussieht als sei sie viele Jahre umhergeirrt um
nun endlich ins Paradies zurück zu finden. (Abb.36)
165
vgl. Berg Stephan (Hrsg.): Gregory Crewdson 1985-2005. Hatje Cantz, Hannover, 2005, S.12-14.
74
Abb.36: GREGORY CREWDSON Serie Twilight untitled 2
Abb.35: GREGORY CREWDSON, Twilight,1998
Abb.34: GREGORY CREWDSON, Twilight, 20
75
Crewdson konstruiert so komplexe Bildwelten, in denen er die Ikonografie der
Landschaft und Natur für psychologische Neurosen, Furcht oder Sehnsüchte
benutzt. Dieser Blick auf die entfremdete und beschädigte amerikanische Psyche
wurde
sehr
wahrscheinlich
auch
durch
den
Beruf
seines
Vaters,
einem
Psychoanalytiker, geprägt.166
Bei seinen Inszenierungen überlässt er nichts dem Zufall, die Orte seiner Aufnahmen
gleichen Filmsets. Auf dem Bild „pregnant woman“ ist eine Schwangere im nächtlich
stillen Garten zu sehen. Nils Ohlsen bezeichnet diese Arbeit unter anderem aufgrund
der Betonung des Gartenzauns als moderne Antwort auf den mittelalterlichen
Bildtypus der Maria167 im Rosenhag .168
Dies entspricht auch dem hortus conclusus, allerdings fehlen in diesem Garten
jegliche Attribute, welche die Symbolik der Jungfrau Maria unterstreichen. Der
eingezäunte Garten macht eher einen verwahrlosten Eindruck.
Abb.37: GREGORY CREWDSON Untitled (Pregnant Woman), 2001
166
vgl. Steinke Darcey: Gregory Crewdson: Dream of Life, Editiones Universidad de Salamanca, 1999,
S.21.
167
bezieht sich auf das Bild „ Madonna im Rosenhag“ von Stephan Lochner um 1450
168
vgl. Ohlsen Nils (HG.): Garten Eden. Der Garten in der Kunst seit 1900. Kunsthalle Emden, Du
Mont, Bonn, 2007, S.97.
76
10.3. Susanne Lorenz – Erinnerungsgarten
In den Garteninstallationen von Susanne Lorenz169 wird der kulturelle Transfer im
Zeitalter der Globalisierung thematisiert. Das Fenster bietet die Perspektive, den
Durchblick in andere Welten. Das Fenster verweist dabei auf die Albertische
Perspektiv-konstruktion und bezieht sich ebenso auf die durch das Betriebssystem
Microsoft Windows bekannt gewordene Bezeichnung “Fenster“ als Ordnungssystem
der Benutzeroberfläche eines Computers.
Die 1998 entstandene Arbeit „nach England, nach China, nach Japan“ bietet den
Blick durch drei Fenster um die Installation der drei Gärten zu sehen. Jeder Garten
beinhaltet ein Merkmal aus der Gartenkultur des im Titel genannten Landes. Die
Künstlerin bereiste diese Länder auch selbst um deren Gartenkultur zu studieren.
Lorenz komponiert Landschaftsmotive als Erinnerungsmomente an konkrete Reisen
um sie anschließend zu einem neuen virtuellen Ganzen zu kopieren.
„Nach England“
Lorenz bezieht sich in dieser Installation auf den Englischen Landschaftsgarten. Sie
kombiniert Pflanzen, die in dieser Kombination sonst nicht zu erwarten wären, wie
etwa Chrysanthemen in einem Waldstück mit Pilzen. In Anlehnung an den
Abb.38: SUSANNE LORENZ, Nach England, 1998
169
geb. 1969 in Hannover, bildende Künstlerin und seit 2010 Professorin an der HDK Berlin.
77
Englischen Landschaftsgarten, bei dem es um malerische Ausblicke geht, kann man
sich diese wie in einem Landschaftsgemälde durch die eigene Bewegung erschaffen.
Durch diese Inszenierung macht sie die Konstruiertheit des Prinzips natürlicher
Landschaft, das die englische Gartengestaltung propagierte, aber nie realisierte,
sichtbar.
„Nach China“
Für das zweite Fenster installierte die Künstlerin ungewöhnlich geformte Steine, wie
sie in chinesischen Gärten zu sehen sind. Diese gestaltete sie aus Tuffstein zu einer
Miniaturlandschaft, welche im Vorbild des chinesischen Gartens das Abbild eines
idealen Universums widerspiegeln soll. Hier wird durch die versatzstückhafte
Zitatästhetik diese Möglichkeit
infrage gestellt,
eine ideale
Landschaft
zu
produzieren. Der Mensch, der für diese Harmonie wichtig wäre und dessen eigene
Bewegung und Einbeziehung bleibt ausgeschlossen. Der Garten gefriert zu einem
Bild, wird im Sinne des Windows bildschirmhaft.
Abb.39 : SUSANNE LORENZ, Nach China, 1998
78
„Nach Japan“
Hier hat sie die Kegelform eines Berges, wie ihn der Fujijama als Idealbild darstellt,
vervielfacht. Solch künstlich angelegte Berge kennt man von den Sugiyama- Gärten
sie wurden traditionell seit der Edo- Zeit in der japanischen Gartengestaltung mit
Rasen begrünt. Durch die Wiederholung der immer gleichen Hügelform und durch
den Gebrauch von Rollrasen überzeichnet Lorenz die Einfachheit der Struktur und
reduziert die Erinnerung auf dieses eine stilisierte Element.
Abb.40: SUSANNE LORENZ, Nach Japan, 1998
Die
Künstlerin
Susanne
Lorenz
überträgt
die
Tradition
des
Gartens
als
Reiseerinnerung auf die virtuelle Welt, wodurch ein Ortswechsel hinfällig wird. Durch
die ständige Verfügbarkeit von Bildern im Internet kann man sich die Erinnerung
selbst montieren und collagieren. Sie kritisiert die europäische Aneignung exotischer
oder historisierender Elemente, die eher von einer Einverleibung denn von
Auseinandersetzung zeugen. 170
170
vgl. Hennecke, 2010, S.143ff.
79
10.3. Paul Mc Carthy – The Garden
Paul Mc Carthy171 entwarf diese Installation mit Teilen des Original Filmset der TVSerie Bonanza.
Zusätzlich verwendet er in dem Garten als Dekorationsteile Puppen, die noch
perfekter als Schaufensterpuppen die Physiognomien von vielleicht existierenden
Menschen nachahmen. Die Ausführung der Puppen übernahm die gleiche Firma, die
auch
der
Disney
Konzern
für
die
Anfertigung
seiner
Figurinen
in
den
Vergnügungsparks beauftragte. Ihre Physiognomie ist auf Distanz konzipiert und
zeigt eine stereotype Mimik. Die Anlage des Gartens kann vom Betrachter nicht
betreten werden. McCarthy zeigt ein mediatisiertes und fragmentiertes Gartenbild.
Der Garten bekommt hier die Funktion einer Bühne, bei welcher der Betrachter zum
Zuschauer wird.
Dieses Landschaftsfragment der Installation „Garden“ beträgt ca. 50 qm Grundfläche
und sieben Meter Höhe. Darin verteilen sich große Bäume und kleine Birken, Felsen
und kleinere Steine und vertrocknete Blätter. Der Boden ist von Moos und
künstlichem Gras bedeckt. Die Unterkonstruktion der Installation wird nicht versteckt,
sondern erhöht durch die Sichtbarkeit den künstlichen Charakter. Dieses
Vortäuschen von Natur erinnert an ein Diorama, bei welchem künstliche und echte
Anteile vermischt werden.
Die Akteure in diesem Garten sind zwei männliche Puppen, die mit einem Baum und
auf der Erde mechanisch kopulieren. Dem , der den Baum fickt, ist Hose in die
Kniekehlen gerutscht, während seine Mimik verbissen aber auch regungslos bleibt.
Das Gestänge, das für die Zug- und Druckmechanik notwendig ist, wird auch hier
nicht versteckt, sondern ragt auf der einen Seite des Baumes hervor.
In der Nähe liegt der zweite jüngere Mann auf der Erde und bewegt sich rhythmisch.
Es könnte sich um die Konstellation Vater, Mutter, Sohn handeln und Vergewaltiger
und Vergewaltigte.
Vater und Sohn benutzen das weibliche Motiv der Mutter Natur zur Selbstbefriedigung. Das Motiv der Mutter Erde stammt aus der griechischen Mythologie, in
der Gaia (deutsch auch Gäa) als Urprinzip das Leben gibt und nimmt und aus sich
171
geb. 1945 in Salt Lake City, Utah. US amerikan. Performancekünstler.
80
selbst heraus Himmel, Meer und Gebirge erzeugt.172
Bei McCarthy wird die Natur als Konstruktion von Weiblichkeit sexualisiert.
Abb.41 u. 42: Paul McCarthy, The Garden, 1992
Mc Carthy stellt der Konstruktion und Künstlichkeit von Natur die Konstruktion von
Geschlechterzugehörigkeit gegenüber. Die Installation des Gartens wird dabei
einerseits als Mutter Natur personifiziert und repräsentiert zugleich einen Raum und
ein Objekt für sexuelle Handlungen, also ein zwiespältiger Ort der Moral und Amoral
und des Tabus.
Durch die Annäherung an tabuisierte Themen in der Kunst wirft er auch die Frage
nach deren Darstellbarkeit in der Kunst auf. Die Provokation, die er damit auslöst,
orientiert sich mehr am amerikanischen puritanischen Kontext als dem traditionell
europäischen. Die einseitig weiße heterosexuelle Ausrichtung und stereotype
Darstellung von Sexualität in den amerikanischen Medien wird immer wieder
angeprangert. Mit dem Mythos des Bonanza Western thematisiert er aber auch die
amerikanische Pseudo-Naturverbundenheit der Darsteller und die Doppelmoral
sexueller Tabus.173
172
vgl.https://de.wikipedia.org/wiki/Gaia_%28Mythologie%29 am 8.2.2016 um 20.17Uhr.
vgl. Franzen, 2000, S.142ff.
173
81
11. CONCLUSIO
Es kristallisieren sich vor allem zwei Pole für die Bedeutung des Gartens heraus: Der
Garten als Subsistenzwirtschaft, der die reale Existenz sichert und auf der anderen
Seite der Garten als Ort der Hoffnung und Unversehrheit, ein Ort, an dem der
Mensch mit sich und Natur verbunden ist, ein Ort der Utopie.
Michel Foucault meint, „dass es in allen Gesellschaften Utopien gibt, die einen genau
bestimmbaren, realen auf der Karte zu findenden Ort besitzen und auch eine genau
bestimmbare Zeit.“174
Utopie wird übersetzt als Nichtort. (u bedeutet griechisch Nicht; topos meint
griechisch Ort), also ein Nirgendwo oder Nirgendland. Utopien stellen das Idealbild
einer vollkommenen Gesellschaft dar, eine fantastische Vorstellung ohne reale
Grundlage, ein Wunschtraum oder Hirngespinst. Utopien beschreiben meist Inseln,
in denen es sich um ein ideal begünstigtes Land handelt, ein Paradies an Ordnung,
Überfluss und Schönheit.
„Utopien sind Entwürfe, die anzugeben versuchen, wie man gemeinsam besser
leben kann, von denen sich aber zum Zeitpunkt ihrer Formulierung nicht sagen lässt,
ob sie überhaupt und wenn ja, wann sie sich realisieren lassen.“175
In Zeiten von Kriegen und wirtschaftlicher Depression wird das Gärtnerische zur
Selbsthilfe – Strategie des Überlebens. Elke Krasny bezeichnet den Garten als
Seismograf der Krisen. „Die Idylle im Garten trügt. Der Garten ist ein Territorium,
durch das die sozialen Kämpfe und die politischen Bewegungen laufen.“176
Zugleich wird das Gärtnern auch ideologisch besetzt, indem die Propaganda diese
Leistung des Einzelnen zum Überleben des Kollektivs als patriotische Pflicht bewirbt.
“Nahrungsfreiheit für das deutsche Volk“ oder in Amerika lauteten die Parolen „War
Gardens For Victory.“
Leberecht
Migges
Idee
der
ökologischen
Kreislaufwirtschaft,
die
Familien
unabhängiger von ihrer Lohnarbeit machen sollte, war eine erste Form der
Subsistenzwirtschaft und nach ökologischen Gesichtspunkten ressourcenschonend,
174
Foucault, 1990. S34-46.
Mittelstraß Jürgen, Neuzeit und Aufklärung, Berlin, 1970, S. 365.
176
Krasny, 2012, S.20.
175
82
mit dem heutigen biologischen Anbau vergleichbar. Die Entscheidung die Dinge
selbst in die Hand zu nehmen hat auch eine politische Dimension.
Anfang der 70er Jahre der Zeit der Öl- und Wirtschaftskrise besetzen Liz Christy und
die Anhänger der Community Garden Bewegung müllübersäte Brachen, die bewusst
der Verwahrlosung aus Gründen der Immobilienspekulation überlassen wurden. In
Selbstinitiative entsorgten sie den Müll, bepflanzen und gestalten sie das Brachland,
damit ein Lebensraum daraus wird. Diese Art der Selbsthilfe und Selbstermächtigung
wird
zum
Index
der
Stadtentwicklung
von
unten
und
befördert
einen
Modernisierungsschub in den Städten. Das Gärtnern bewirkt Handlungsmacht im
eigenen Lebensumfeld.177 Die Menschen haben das Bedürfnis wieder Kontrolle über
Handlungsabläufe zu gewinnen, die scheinbar außer Kontrolle geraten sind.178
In der heutigen Postindustrialisierungsphase steht ein Paradigmenwechsel an.
Immer noch mehr zu produzieren und zu konsumieren macht nicht glücklich. Die
Digitalisierung und Globalisierung entfremdet und vereinzelt den Menschen immer
mehr. Produktionsprozesse können nicht mehr nachvollzogen werden, der Einzelne
fühlt sich anhand der Wirtschaftskrisen machtlos. Der Garten bietet die Möglichkeit
vom Kleinen ins Große zu denken, das eigene Interesse am Grünen mit einem
gesellschaftlichen Aspekt zu verbinden. Gärten haben, sofern sie gemeinschaftlich
organisiert sind, einen Mehrwert in der Stadt. Heutzutage ist nicht mehr oder nur
partiell die Krisensituation ein Grund, um gärtnerisch tätig zu sein, als es viel mehr
eine bewusste Entscheidung ist, nach welchen Werten man leben will. Es ist eine Art
des partiellen Aussteigertums, es geht darum, Autonomie zu gewinnen.
Die Verbundenheit mit der Natur und den Mitmenschen zu fühlen macht den Garten
zum Erfahrungsraum, der eine innere Erkenntnis offenbart. Der Soziologe Hartmut
Rosa sieht das Gärtnern als eine Kulturtechnik der Muße.
Der Garten als Ort der Entschleunigung hat in unserer Leistungsgesellschaft eine
wichtige Funktion. Als „gutes Leben“ gilt vor allem das „reiche, das erfüllte Leben“.
Wir wissen zwar, dass wir sterben müssen, aber wir versuchen vor dem Sterben
noch möglichst viel zu erleben. Die Logik lautet: Wer doppelt so schnell handelt,
kann praktisch zwei Lebenspensen in einem unterbringen. Der Garten
ist ein Rückzugsraum von Leistungs- und Tempodruck; hier nimmt der Mensch in
177 vgl. ebd. S.37.
178 http://science.orf.at/stories/1688428 am25.08.2015 um 18.31 Uhr.
83
Echtzeit die Ergebnisse seiner Tätigkeit wahr, die oft im Gegensatz zu
Gegenständen der stark virtualisierten Arbeitswelt handfest und
unmittelbar sind.179
Unsere Wettbewerbs- und Leistungsgesellschaft macht den anderen zum Feind und
nicht zum Nachbarn und verwandelt den Wert jeder Sache in Zeitgewinn durch
Geschwindigkeit. Aber wie nutzen wir die so gewonnene Zeit? Im Garten bricht das
System der gewonnenen oder verlorenen Zeit von selbst zusammen, es hat schlicht
keine Daseinsberechtigung, denn das Wachstum von Pflanzen lässt sich nicht
beschleunigen. Clement bezeichnet den Garten als einen privilegierten Ort der
Zukunft, einen geistigen Bereich der Hoffnung. 180
Dem Garten der Zukunft entspricht der gesamte Planet und die Menschen fungieren
als dessen Gärtner. In diesem gilt der Gärtner nicht als Herr, sondern als
gleichberechtigter Teilhaber. „Das Genie der Natur lehrt ihn gegen die herrschenden
Gesetze des Marktes und des Wirtschaftswachstums unsere Planeten so zu
verwalten, dass das Leben die Evolution fortsetzen kann.“181
Der Garten, den ich auch als imaginären Raum beschrieben habe, eröffnet die
Möglichkeit, zukünftiges gesellschaftliches Leben im Einklang mit der Natur neu zu
denken. Der Garten bietet einen Freiraum zum Denken an, der noch nicht besetzt ist.
Die letzte Funktion des Gartens für den Menschen stellt der Friedhof dar. In ihm
schließt sich der Kreislauf von Werden und Vergehen, indem der Mensch auch
wieder zum Ausgangsmaterial des Werdens, der Erde zerfällt und wieder zur Einheit
mit der Natur wird.
179vgl. http://www.zeit.de/2010/01/Interview-Rosa/seite-2 16.6.15 um 13.04Uhr.
180
Clèment Gilles: Gärten Landschaft und das Genie der Natur. Vom Ökologischen Denken. Fröhliche
Wissenschaft 059. Matthes & Seitz Berlin, 2015, S. 52f.
181
ebd.o.V., Klappentext.
84
12. Literatur- u. Quellenverzeichnis
12.1. Literaturverzeichnis
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12.2. Aufsätze aus Zeitschriften
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Verlag Kunstforum, Köln, 1999.
Bianchi Paolo(Hg.): Das Gartenarchiv. Kunstforum International Bd. 146,
Verlag Kunstforum, Köln, 1999.
88
12.3. Internetquellen
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http://www.geschichte-abitur.de/ancien-regime/glorious-revoluion am 26.März 2016
um 22Uhr
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http://www.uibk.ac.at/theol/leseraum/bibel/gen2.html am 5.02.2016 um 20.31 Uhr
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17.41 Uhr
Gaia Mythologie: https://de.wikipedia.org/wiki/Gaia_%28Mythologie%29
am 8.2.2016 um 20.18 Uhr
Graf Barbara Bachelorarbeit: http://www.laengenfeldgarten.at/wpcontent/uploads/Der-Guerilla-Garten-als-informeller-Lernort-und-sozialerFreiraum.pdf am 26.08.2015 um 18.51 Uhr
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http://www.laengenfeldgarten.at/wp-content/uploads/Der-Guerilla-Garten-alsinformeller-Lernort-und-sozialer-Freiraum.pdf am 26.08.2015 um 18.51 Uhr
Jenny Holzer Dissertation: http://d-nb.info/1075834309/34 am 27.08.2015 um 22.18
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Jenny Holzer: http://edoc.hu-berlin.de/kunsttexte/download/kume/sachs PDF
am 29.08.2015 um 16.24 Uhr.
Kriegsgärten von Reischer Peter: http://www.architektur-online.com/kolumnen/urbanfarming-urban-gardening am 2.8.2015 um 21.07 Uhr
Kuba: Hannover Jantje: http://www.zeit.de/2006/34/Das_Oekoparadies_im_Hinterhof
am 13.8.2015 um 14.03 Uhr
Mittelalter: https://www.leben-im-mittelalter.net/gesellschaft-im-mittelalter/religionund-christentum-im-mittelalter.html am 26.3.2016 um 14.06Uhr
Längenfeldgarten, ohne Angabe des Verfassers:
http://www.laengenfeldgarten.at/faq/am25.08.2015 um 18.44 Uhr
Müller Christa: https://de.wikipedia.org/wiki/Internationaler_Garten am 3.08.2015 um
11.42 Uhr
Öffentlicher Raum, Brand, Exner:
https://greenurbancommons.wordpress.com/2014/06/04/orf-science-urbangardening-zwischen-privat-und-offentlich/ am 25.082015 um 18.25 Uhr
Renaissancegarten, Patzl Christian: http://www.diplom.de/e-book/219720/diegaerten-des-stiftes-gurk am 20.9.2015 um 19.48 Uhr
89
Renaissancegarten: http://www.janaszek.de/ga/renaissance_garten.html am
11.7.2015 um 14.31 Uhr
https://de.wikipedia.org/wiki/Renaissancegarten am 11.7.2015 um 15.00 Uhr
Rosa Hartmut: http://www.zeit.de/2010/01/Interview-Rosa/seite-2 16.6.15 um 13.04
Uhr
http://science.orf.at/stories/1688428 am 25.08.2015 um 18.31 Uhr
Schlacht bei Stalingrad:
1
http://www.dhm.de/lemo/kapitel/der-zweite-weltkrieg/kriegsverlauf/schlacht-umstalingrad-194243.html am 26. 3.2016 um 13.26Uhr
Schnabel Ulrich: http://www.zeit.de/2010/01/Die-Wiederentdeckung-desNichtstuns/seite-4 am 16.6.2015 um 12.43 Uhr
Schnabel Ulrich: http://www.zeit.de/2010/01/Interview-Rosa/seite-2
16.6.15 um 13.04 Uhr
Weinberger Lois u. Franziska:
http://othes.univie.ac.at/2123/1/2008-10-13_8160205.pdf am 30.08.2015 um 12.15
Uhr
90
13. Anhang
Textanhang 1
Das Paradies: 2,4b-25. Zur Zeit als Gott, der Herr, Erde und Himmel machte, gab es
auf der Erde noch keine Feldsträucher und wuchsen noch keine Feldpflanzen; denn
Gott der Herr, hatte es auf die Erde noch nicht regnen lassen, und es gab noch
keinen Menschen, der den Ackerboden bestellte; aber Feuchtigkeit stieg aus der
Erde auf und tränkte die ganze Fläche des Ackerbodens. Da formte der Herr, den
Menschen aus Erde vom Ackerboden und blies in seine Nase den Lebensatem. So
wurde der Mensch zu einem lebendigen Wesen.
Dann legte Gott der Herr, in Eden, im Osten, einen Garten an und setzte dorthin den
Menschen, den er geformt hatte. Gott der Herr, ließ aus dem Ackerboden allerlei
Bäume wachsen, verlockend anzusehen und mit köstlichen Früchten, in der Mitte
des Gartens aber den Baum des Lebens und den Baum der Erkenntnis von Gut und
Böse.
Ein Strom entspringt in Eden, der den Garten bewässert; dort teilt er sich und wird zu
vier Hauptflüssen. Der eine heißt Pischon; er ist es, der das ganze Land Hawila
umfließt, wo es Gold gibt. Das Gold jenes Landes ist gut; dort gibt es auch
Bdelliumharz und Karneolsteine. Der zweite Strom heißt Gihon; er ist es, der das
ganze Land Kusch umfließt. Der dritte Strom heißt Tigris; er ist es, der östlich an
Assur vorbeifließt. Der vierte Strom ist der Eufrat. Gott, der Herr, nahm also den
Menschen und setzte ihn in den Garten von Eden, damit er ihn bebaue und hüte.
Dann gebot Gott, der Herr, dem Menschen: Von allen Bäumen des Gartens darfst du
essen, doch vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse darfst du nicht essen; denn
sobald du davon isst, wirst du sterben. Dann sprach Gott, der Herr: Es ist nicht gut,
dass der Mensch allein bleibt. Ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm entspricht. Gott,
der Herr, formte aus dem Ackerboden alle Tiere des Feldes und alle Vögel des
Himmels und führte sie dem Menschen zu, um zu sehen, wie er sie benennen würde.
Und wie der Mensch jedes lebendige Wesen benannte, so sollte es heißen. Der
Mensch gab Namen allem Vieh, den Vögeln des Himmels und allen Tieren des
Feldes. Aber eine Hilfe, die dem Menschen entsprach, fand er nicht. Da ließ Gott, der
Herr, einen tiefen Schlaf auf den Menschen fallen, sodass er einschlief, nahm eine
seiner Rippen und verschloss ihre Stelle mit Fleisch. Gott, der Herr, baute aus der
Rippe, die er vom Menschen genommen hatte, eine Frau und führte sie dem
Menschen zu. Und der Mensch sprach: Das endlich ist Bein von meinem Bein / und
Fleisch von meinem Fleisch. / Frau soll sie heißen, / denn vom Mann ist sie
genommen. Darum verlässt der Mann Vater und Mutter und bindet sich an seine
Frau und sie werden ein Fleisch. Beide, Adam und seine Frau, waren nackt, aber sie
schämten sich nicht voreinander.
91
14. Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: LUCAS CRANACH d.Ä.: Adam und Eva im Garten Eden, 1530:
https://de.wikipedia.org/wiki/Garten_Eden am 1.02.2016 um 12.58 Uhr
Abb. 2: Hortus conclusus; Vercelloni Virgilio und Matteo, 2010, S. 25
Abb. 3: Klosterplan St. Gallen:
http://www.s-line.de/homepages/m-ebener/Klosterplan-dt-100.jpg
am 20.9.2015 um 21.58 Uhr
Abb. 4: Miniatur in einer Ausgabe des Romans de la rose aus dem 15 JH.: Vercelloni
Virgilio und Matteo, 2010, S. 31
Abb. 5: Maria mit dem Einhorn: aus Ströbel Nele, 2006, S. 22
Abb. 6: Das Paradiesgärtlein Abb. Prometheus Bildbank
Abb. 7: Der Heilkräutergarten in d. Vatikanischen Gärten: Vercelloni Virgilio und
Matteo, 2010, S. 57
Abb. 8, 9 u.10: Renaissancegarten Villa d`este
http://richelieussammelsurium.blogspot.co.at/2012/10/villa-deste-in-tivoli.html am
21.9.2015 um 10.42 Uhr
Abb. 11: Basilius Besler, Vorzeichnung zu Hortus Eystettensis, 1613: von Trotha,
2012, S. 73
Abb.: 11a: Pietro Andrea Matteoli, wissenschaftl. Pflanzenabhandlung 1565 aus:
Vercelloni Virgilio und Matteo: Geschichte der Gartenkultur. Von der Antike bis heute.
Philipp von Zabern, Mainz, 2010, S.61.
Abb. 12: Salomon Kleiner, Detail aus dem Stich „Das Orangenboskett“, 1738:
http://41.media.tumblr.com/ba71cf1cb33b642694a8075ac6f395e3/tumblr_nnn7v1AY
s71rtynt1o1_1280.jpg am 1.02.2016 um 11.45 Uhr
Abb. 13: Gartenanlage von Versailles:
http://files.newsnetz.ch/bildlegende/103703/1292831_pic_970x641.jpg
am 1.02.2016 um 11.56 Uhr
Abb. 14: Johann Ziegler, Im Park von Neuwaldegg, 1792 aus: Storch, 2002 S.145
Abb. 15: Englischer Garten München:
engl. Garten by lux tonerre:http: //visit-munich-bavaria.com/englischer-gartenenglish-garden
Abb. 16: Miniatur eines islam. Gartens Ende 18. JH.:
http://3.bp.blogspot.com/-WX1QvtWRiP8/TdCDvqR-lOI/AAAAAAAAn6A/vhG9JeJgm0/s640/Bishndas+and+Nanha+Babur+Supervising+the+Laying+Out+of+the
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+Garden+of+Fidelity+1590.jpg am 3.02.2016 um 11.56 Uhr
Abb. 17: Detail eines Gartenteppichs, Westiran, ca.1800, aus: Bark Hagen, 2011, S.
43
Abb. 18: südpersischer Gaschgaimillefleur- Gebetsteppich, 19.Jh.aus:
http://www.museum-abtei-liesborn.de/typo3temp/pics/61e8a7d780.jpg am 1.02.2016
um 12.23 Uhr
Abb. 19: Prospekt der Gartenstadt Letchworth: Pöppelmann Christa, 2012, S. 51
Abb. 20-23: Werbeplakate für den Anbau von Gemüse:
http://www.google.com/search?client=safari&rls=en&q=Victory%20Garden&oe=UTF8&um=1&ie=UTF8&hl=de&tbm=isch&source=og&sa=N&tab=wi&ei=_X_wVZ_lNsuxaY79g6gH
am 9.09.2015 um 21.01 Uhr
Abb. 24: Kleingartenkolonie vor zerstörtem Reichstag, Pöppelmann Christa, 2012, S.
99
Abb. 24a: Sellerie im Schützengraben 1918, aus: Hagen Franziska Bark: Versuche
das Glück im Garten zu finden. Department Architektur ETH Zürich, Professur
Günther Vogt, Lars Müller Publishers, Baden, Schweiz, 2011.
Abb. 25: während des 1. Weltkriegs, Gemüsenbau in der Stadt, aus: Pöppelmann
Christa, 2012, S. 89
Abb. 26: Brook Turners Garten: Bark Hagen, 2011, S.60
Abb. 27: Plastic Garden: Bark Hagen, 2011, S.52/53
Abb. 28: Liz Christy Bowery Houston Community Garden: http://mediacdn.tripadvisor.com/media/photo-s/02/6d/37/b0/liz-christy-bowery-houston.jpg am
1.02.2016 um 18.22 Uhr
Abb. 29: Prinzessinnengarten Berlin:
http://www.top10berlin.de/sites/top10berlin.de/files/styles/juicebox/public/location/slid
er/2014/05/23/fullsize_prinzessinnengaerten_dpa_01.jpg?itok=xQiUN7a5
Abb. 30: Prinzessinnengarten Berlin:
http://www.diy-ausstellung.de/?attachment_id=1961 am 1.02.2016 um 12.47 Uhr
Abb. 30: Längenfeldgarten Wien: Privatfoto von Mona Quintus
Abb. 31: Jimmy`s Garden, aus: Bark Hagen, 2011, S.103
Abb. 32: JENNY HOLZER, Black Garden 1994
http://www.kunstwegen.org/img/kunst/kuenstler/holzer01_g.jpg am 1.02.2016 um
13.06 Uhr
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Abb. 33: JENNY HOLZER, Black Garden 1994
http://prometheus.uni-koeln.de/pandora/image/show/trieraa4c33ff45e4975ef5502406a2c159951071f863 am 7.2.2016 um 19.30 Uhr
Abb. 34: GREGORY CREWDSON
Abb. 35: GREGORY CREWDSON, aus der Serie Twilight,1998
http://prometheus.unikoeln.de/pandora/de/search?locale=de&commit=Suche&v[]=gre
gory+Crewdson&page=3 am 7.2.2016 um 22.32 Uhr
Abb. 36: Gregory Crewdson, Serie Twilight untitled 2
http://www.cincyworldcinema.org/photos/BlueVelvet/03a.jpg
Am 4.02.2016 um 12.21Uhr
Abb. 37: GREGORY CREWDSON Untitled (Pregnant Woman), 2001
http://www.phillips.com/detail/GREGORY-CREWDSON/NY010610/286
am 2.09.2015 um 14.47 Uhr
Abb. 38, 39 u. 40: Susanne Lorenz http://www.bbkkulturwerk.de/con/kulturwerk/front_content.php?idart=869&artistId=211#projects/4
am 29.08.2015 um 16.43 Uhr
Abb. 41 u. 42: Paul McCarthy, The Garden, 1992
http://deitch.com/content/3-archive/the-garden/2.thegarden1991-2-2.jpg
am 7.2.2016 um 19.25 Uhr
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15. Kurzbiografie
Mona Quintus
Geb.1965 in Tiengen/ Deutschland
1988 - 93 Studium der Bühnen - u. Filmgestaltung bei Prof. Axel Manthey
an der Universität für Angewandte Kunst in Wien
Projekte (Ausschnitt)
1994 Betongräser, Filmausstattung, Regie: Antonin Svoboda
1996 Mah Jongg, Filmausstattung, Regie: Antonin Svoboda
1997 Grosse Ferien, Filmausstattung, Regie: Antonin Svoboda
1997 ORF Blech oder Blume ,mit Grissemann und Stermann, Stagedesign
1997 ORF Schöne Show, mit Grissemann und Stermann, Stagedesign
1998 Bühnenbild u. Kostüme: Bibapoh Wiener Festwochenproduktion /Burgtheater
1999 Ternitz, Tennessee, Filmausstattung, Regie: Miriam Unger
2001 Global Tools, Ausstellung Künstlerhaus, Raumkonzept :Training
2001 Geburt meines Sohnes Xaver
ab 2006 Tätigkeit als Lehrerin für Bildnerische Erziehung
ab 2010 berufsbegleitend Studium der Kunst und Kommunikation/ Textiles, an der
Universität für Angewandte Kunst in Wien
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