Downloaden - Angewandte
Transcription
Downloaden - Angewandte
Vom Garten Eden zum Guerilla Gardening Die Betrachtung des Gartens als imaginärer und realer Raum Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Mag. art. Institut für Kunstwissenschaften, Kunstpädagogik und Kunstvermittlung Eingereicht bei ao. Univ.- Prof. Mag. art. Dr. phil. Marion Elias Abteilung Philosophie/ Universität für Angewandte Kunst in Wien. Verfasst von Mag. art. Mona Quintus Wien, Februar 2016 Eidesstattliche Erklärung Ich erkläre hiermit an Eides statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne Benutzung anderer als die angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe. Die aus fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind als solche kenntlich gemacht. Die Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen Behörde vorgelegt und auch nicht veröffentlicht. Wien im Februar 2016 Mag. art. Mona Quintus INHALTSVERZEICHNIS Einleitung 4 1. Der biblische Garten Eden 8 1.1. Die Entstehung des Gartens 1.2. Was ist ein Garten 2. Der mittelalterliche Garten - Hortus Conclusus 2.1. Die Naturauffassung im Mittelalter 2.2. Der Klostergarten 2.3. Der hortus conclusus als Allegorie 2.3.1. Die Mariensymbolik in der Bildenden Kunst 3. Der Renaissancegarten 3.1. Der Garten als Teil einer architektonischen Anlage 3.2. Der Wandel der Naturauffassung 4. Der Barockgarten 4.1. Rationalismus versus Sensualismus 4.2. Der Garten als Mittel der Repräsentation 5. Der Landschaftsgarten – der Garten der Aufklärung 5.1 Die Natur als Symbol der Freiheit 5.2 Die Erkenntnis der inneren Natur 6. Der islamische Garten 6.1. Der Teppichgarten oder der Gartenteppich 6.2. Der Gebetsteppich 7. Die sozialen Anfänge um 1800 - Armengärten 7.1. Vom Schreberplatz zum Schrebergarten 7.2. Die Laubenkolonie als Notquartier 7.3. Die Gartenstadt 7.4. Leberecht Migges Sozialreform 8. Kriegsgärten 8.1. Liberty Garden, Victory Garden 8.2. Kleingärten unterm Hakenkreuz 8.2.1. Der Garten in der Kindheit 8.3. Der Rasen als Heimatsymbol 8.3.1. Plastic Garden 10 10 12 12 14 15 17 20 20 24 26 26 26 30 31 32 36 37 39 41 42 43 44 46 48 48 49 51 53 54 9. Urban Gardening 9.1. Wurzeln des urbanen Gartenbaus 9.2. Formen des Urban Gardening 9.2.1. Community Garden - Der Liz Christy Garden in New York 9.2.2. Mobiler Garten – Der Prinzessinnengarten in Berlin 9.2.2.1. Kultur und Garten 9.2.2.2. Die Gärten kehren in die Stadt zurück 9.2.2.3. Recycling und soziale Kompetenzen 9.2.3. Interkulturelle Gärten 9.2.4. Guerilla Gardening 9.2.4.1. Der Längenfeldgarten in Wien 9.2.4.2. Obdachlosengärten 10. Der Garten in der zeitgenössischen Kunst 10.1. Jenny Holzer, Black Garden 10.2. Gregory Crewdson, Natural Wonder und Twilight 10.3. Susanne Lorenz, Erinnerungsgarten 10.4. Paul Mc Carthy, The Garden 56 56 56 56 59 62 62 63 64 64 66 67 69 69 73 77 80 11. Conclusio 82 12. Literatur- u. Quellenverzeichnis 85 12.1. Literaturverzeichnis 12.2. Aufsätze aus Zeitschriften 12.3. Internetquellen 85 88 89 13. Anhang 91 14. Abbildungsverzeichnis 92 15. Kurzbiografie 96 Einleitung Die vorliegende Arbeit untersucht ohne Anspruch auf Vollständigkeit, ausgehend vom Garten Eden, die Entwicklung und Bedeutung des Gartens bis heute. Ein Garten kann sehr verschiedene Funktionen erfüllen, die weit über die des Ertrages oder der dekorativen Grünfläche hinausgehen. Dabei wird nicht der Garten einzelner Privatpersonen oder dessen spezifische Bepflanzung beleuchtet, sondern der Garten als Zustandsbeschreibung gesellschaftlicher Verhältnisse gesehen. Ein öffentlicher Garten oder der eines Regenten repräsentiert in besonderer Weise den Staat und dessen Machtverhältnisse. Im Laufe der Zeit thematisiert der Garten immer stärker eine soziale Bedeutung. Der Garten stellt die domestizierte Form von Natur dar und insofern lässt sich anhand des Gartens auch das Verhältnis und Verständnis des Menschen zur Natur ablesen. Als Schöpfer des Gartens wird das Wesen des Menschen und dessen innere Natur beschrieben. Der Garten definiert mit seiner Umzäunung einerseits einen realen Raum und bietet gleichzeitig Raum für Ideen, also einen imaginären Raum - eine Projektionsfläche. Dieter Kienast schreibt: „Der Garten ist der letzte Luxus unserer Tage, denn er fordert das, was in unserer Gesellschaft am seltensten und kostbarsten geworden ist: Zeit, Zuwendung und Raum.“1 Meine Arbeit beginnt im ersten Kapitel mit dem Garten Eden, dem irdischen Paradies, in dem Adam und Eva bis zum Sündenfall eine harmonische Zeit erleben. Der Sündenfall bringt die Schnittstelle der Erkenntnis von Gut und Böse mit sich und löst die Einheit mit der Natur auf. Dies kennzeichnet den Beginn von Kultur, welche diametral zur Natur steht. Im Weiteren wird in diesem Kapitel die Entstehung des Gartens durch die Sesshaftwerdung der Nomaden beschrieben. In Kapitel zwei wird der mittelalterliche Garten beleuchtet, der abgesehen vom Klostergarten sehr stark durch die christliche Symbolik konnotiert ist. Der Begriff des hortus conclusus steht dabei für die unbefleckte Empfängnis von Maria. Auch den Pflanzen und vor allem Blumen werden 1 bestimmte christliche Tugenden Kienast Dieter: Sehnsucht nach dem Paradies, in: Die Poetik des Gartens. Über Chaos und Ordnung in der Landschaftsarchitektur, Birkhäuser, Basel, Berlin, Boston 2002, S.76. 4 zugeschrieben. Kapitel drei beleuchtet den Renaissancegarten, der sich nicht mehr hinter hohen Mauern verschließt, sondern eine wesentliche Komponente des Wohnens darstellt und für den ästhetischen Genuss des Menschen angelegt wird. Die Entdeckung neuer Länder bringt fremde Pflanzen nach Europa und durch die Erforschung werden erste botanische Gärten gegründet. Die Zusammenhänge von barockem Garten und dem Abbild des regierten Reiches erläutere ich Im vierten Kapitel. Die zurechtgeschnittenen Bäume und Büsche entsprechen im Rationalismus der Vorstellung von idealer Natur. Der Garten wird einer Regelästhetik unterworfen und diese Unterwerfung trifft auch auf die Untertanen des Volkes zu. Das fünfte Kapitel behandelt den Landschaftsgarten und dessen von England ausgehende Entwicklung. Diese Form des Gartens hat mit der Liberalisierung des politischen Systems zu tun und wird zu einem Freiheitssymbol. Zum ersten Mal gibt es den Begriff des Volksgartens, in dem sich alle Stände auf gleicher Ebene begegnen können. Das sechste Kapitel behandelt den islamischen Garten, der auf Teppichen dargestellt wird. Der reale Raum des Gartens wird auf der Fläche des Teppichs appliziert. Eine Spezialform des Gartenteppichs findet man beim Gebetsteppich. Fünfmal am Tag wird dieser ausgebreitet um das Gebet zu sprechen und bietet eine Projektionsfläche für das Paradies. Ab 1800 wird der Garten auch zu einem sozialen Thema. Die Armengärten wurden der sozial schwachen Bevölkerung von Wohlhabenden unter bestimmten Auflagen zur Verfügung gestellt. Im Zuge der Industrialisierung arbeiteten immer mehr Menschen in Fabriken und lebten in notdürftigen Wohnungen und unter unzureichenden Hygienebedingungen. Der Orthopäde Moritz Schreber bringt die Idee des Schreberplatzes auf, bei dem es darum ging, Kindern frische Luft und Spielmöglichkeiten im Freien zu ermöglichen. Daraus entwickelte sich später der Schrebergarten, eine Idee die dem gemeinschaftlichen Interesse gewidmet war. Der britische Stenotypist Howard Ebenezer entwickelte 1898 das Modell der Gartenstadt, deren Ziel es war gesunden und bezahlbaren Wohnraum nahe der Produktionsstätten, die oft außerhalb der Städte lagen, zu schaffen. 5 Leberecht Migge schlug 1918 eine Sozialreform mit seinem Jedermann Selbstversorger und Das grüne Manifest vor. Darin fordert er für jeden Einwohner eine bestimmte Anbaufläche, um sich mit Obst und Gemüse selbst versorgen zu können. Kapitel 8 beschäftigt sich mit Kriegsgärten, die nicht nur die wichtige Funktion der Lebensmittelversorgung innehaben, sondern dem psychischen Wohlbefinden dienen. Sowohl der Victory Garden der amerikanischen Regierung als auch „der Reichsbund der Kleingärtner und Kleinsiedler“ rief zur Bebauung jedes verfügbaren Grünstreifens im 2.Weltkrieg auf, um die Versorgung der Bevölkerung zu sichern. Kenneth Helphand schreibt in seinem Buch Defiant Gardens: „Vielleicht ist das Gartenerlebnis nie intensiver und bedeutungsreicher als dann, wenn die Hölle nah ist, im Krieg.“ Anhand verschiedener Beispiele von Soldaten im Irakkrieg und Gefangenen im Konzentrationslager werden Erfahrungen geschildert. In Kapitel neun werden die Wurzeln des Urban Gardening erörtert. In den 70er Jahren des 20.Jahrhunderts entstanden die ersten Gemeinschaftsgärten in New York, sogenannte Community Gardens, deren Ursprünge in der illegalen Besetzung verwahrloster Grundstücke liegen. Diese von Nordamerika ausgehende Bewegung schwappte auch nach Europa über. 2009 gründeten Robert Shaw und Marco Clausen die Prinzessinnengärten in Berlin. Dieser in Reissäcken und Bäckerkisten angepflanzte Garten ist mobil und behandelt Themen die über das Anpflanzen und Ernten hinausgehen. Der Prinzessinnengarten wird als Lern- und Begegnungsort verstanden, es werden globale Themen wie Recycling und kultureller Austausch gefördert. Das illegale Besetzen des städtischen Raums wirft die Frage nach den Besitzverhältnissen des öffentlichen Raumes auf. Diese Problematik wird im Unterkapitel 9.2.4.1. Guerilla Gardening anhand des Längenfeldgarten in Wien Meidling erläutert. Auch die Obdachlosengärten stellen eine Variante des Guerilla Gardening dar. Hier werden mit Abfallmaterialien Gärten simuliert. Das letzte Kapitel erörtert den Garten als Motiv für bildende Künstler. Der Garten bietet auch hier eine Projektionsfläche, die manchmal gefährlich real wirkt. Bei Gregory Crewdson wird die Normalität ins Absurde gesteigert, sodass die domestizierte Form von Natur ihr Terrain wieder zurückerobert. Die Menschen wirken verzweifelt ratlos und scheinen auf der Suche zu sein. Im Paradies ging es darum 6 vor der rauen Natur eingezäunt und geschützt zu sein, jetzt bahnen sich die Bäume und Blumen selbst ihren Weg. Jenny Holzers Arbeit Black Garden erweitert ein Mahnmal zu einem Garten, in dem sinnliche Erfahrungen gemacht werden können. Susanne Lorenz montiert Versatzstücke verschiedener virtueller Landschaften und lässt diese als mediatisiertes Bild wirken. Paul Mc Carthy inszeniert in einer Fernsehkulisse den mythologischen Begriff „Mutter Natur“ und stellt diesem gesellschaftliche Tabuthemen gegenüber. Zur leichteren Lesbarkeit verzichte ich auf die durchgängige geschlechterdifferenzierte Schreibweise. 7 1. DER BIBLISCHE GARTEN EDEN In der Bibel wird der Garten Eden als Urwohnung von Adam und Eva dargestellt.2 Er ist ein Teil von dem von Gott geschaffenen Paradies, nämlich Himmel und Erde. In diesem Garten blühen verschiedene Bäume mit köstlichen Früchten und es fließt reichlich Wasser durch die vier Flüsse Pischon, Gihon, Tigris und Eufrat. In der Mitte des Gartens, wächst der Lebensbaum und der Baum der Erkenntnis. Adam und Eva bebauen und hüten den Garten Eden und halten sich zunächst an die von Gott aufgestellte Regel, nicht vom Baum der Erkenntnis Früchte zu essen, da sie sonst sterben werden.3 Diese nicht näher definierte Zeitspanne im Garten Eden bis zum Sündenfall bezeichnen wir im christlichen Kulturkreis als irdisches Paradies. Im Gegensatz dazu definiert das himmlische Paradies den Garten Eden als eine Art Zwischenstation zwischen Himmel und Hölle, um auf dem Weg dorthin die Unschuld wiederzugewinnen.4 Aufgrund des Sündenfalls werden Adam und Eva aus dem Paradies vertrieben und Ihr Leben wird zur Mühsal. Der eingezäunte und von Gott geschützte Bereich muss verlassen werden. Mit dieser Differenz des Draußen- Seins und zugleich der Erkenntnis ist die Harmonie nicht wieder herstellbar, da es vorher nicht die Erkenntnis Gut oder Böse gab, sondern nur das Sein, die Einheit mit der Natur. Das irdische Paradies, der Garten Eden wird zu einer Metapher des Glücks, da es als Ort des Überflusses, der Sorgenfreiheit und Harmonie gezeigt wird. Adam und Eva sind nackt im Garten Eden und kennen keine Scham. Sie sind naiv wie Kinder und zugleich assoziieren wir ein Liebespaar mit Ihnen. Diese Glücksmetapher wird bis heute mit dem Paradiesgarten verbunden. Jeder andere Garten partizipiert von dieser Glücksformel. Hans von Trotha schreibt: „Jeder Garten, sei er gebaut, geplant, geträumt, geschrieben, gemalt oder auch nur gedacht, ist ein Echo auf das Paradies, also letztlich die Kompensation eines Verlusts.“5 2 vgl. Kirschbaum Engelbert (Hrg.): Lexikon der christl. Ikonografie 3.Bd., Herder, Breisgau, 1971, S.375. 3 vgl. Bischöfe Deutschlands u. a.: Die Bibel. Einheitsübersetzung der heiligen Schrift. Altes und Neues Testament, Pattloch Verlag, Aschaffenburg, 1980, S.6f.(siehe Textanhang) 4 vgl.Harrison Robert: Gärten. Ein Versuch über das Wesen des Menschen. Hanser Verlag, München, 2010, S.204 u. 214. 5 Trotha, Hans von: Gartenkunst. Auf der Suche nach dem verlorenen Paradies. Quadriga, Berlin, 2012, S.8f. 8 Es stellt sich die Frage, welcher Aspekt des Garten Eden diese Sehnsucht auslöst? Sehnen wir uns wirklich nach so einem Ort, indem starke Regeln herrschen und deren Missachtung mit Rauswurf geahndet wird? Also ein Ort an dem wir frei von Verantwortung leben können, aber einer starken Autorität unterworfen sind? Letztendlich löste Eva dieses unterwürfige Verhältnis auf, in dem sie den Mut beweist die Frucht von dem verbotenen Baum zu pflücken und zu essen. Adam, von Gott zur Rede gestellt entzieht sich dieser gemeinsamen Verantwortung und führt das Essen der Frucht auf Evas alleinige Entscheidung zurück. Nach dem Essen der Früchte vom Baum der Erkenntnis sind sie in der Lage zur Beurteilung und Reflexion. Der Sündenfall leitete die Erkenntnis von Gut und Böse ein und stellt den Beginn der Kultur dar. Damit verändert sich das Verhältnis zur Natur grundlegend. Der Mensch ist nicht mehr eine Einheit in dem von Gott geschaffenen Paradies, sondern ist ihr nun ausgeliefert. Adam muss unter Mühsal den Acker bebauen und Eva unter Schmerzen Kinder gebären, die Natur scheint zum Feind geworden zu sein. Für uns ist die Sehnsucht nach dem Paradies aber nicht durch eine reale Erfahrung begründet, sondern vielmehr eine Projektion, ein imaginärer Raum. Abb.1: LUCAS CRANACH d.Ä.: Adam und Eva im Garten Eden, 1530 9 1.1. Die Entstehung des Gartens Die Anfänge des Gartens beginnen mit der Sesshaftwerdung des Menschen und lassen sich während der Jungsteinzeit im Vorderen Orient lokalisieren. Als Nomade war der Mensch auf das Sammeln von Früchten, die vor Ort wuchsen und die Jagd angewiesen. Im Laufe der Zeit erreichte er eine höhere Entwicklungsstufe und stellte selbst Werkzeuge her. Er entdeckte den Nutzen des Feuers und begann den Boden zu bepflanzen.6 Das Abgrenzen von der übrigen Landschaft gegen die freie Natur und die Pflege dieser abgegrenzten Natur, markiert den Beginn des Gartenbaus. Dies bedeutet zugleich den Beginn von Kultur. Das Wort Kultur leitet sich vom lateinischen colere - bebauen, pflegen, ehren, ab. Der Mensch beginnt die Pflanzen oder Samen selbst in die Erde zu setzen, um sie nach ausreichender Pflege und Bewässerung ernten zu können. In dem beginnenden Kult der Götterverehrung, die für die Sonne und die Fruchtbarkeit standen, drücken die Menschen ihre Dankbarkeit aus. Der Garten wurde so zu einem kultivierten Lebensraum, in dem sich eine lebensfreundliche Ordnung ausbreitete, in der das Gefühl des Schutzes und der Geborgenheit entstehen konnte. Im Gegensatz dazu stand immer noch die außerhalb der Abgrenzung bedrohliche wilde und chaotische Natur. Die Dürre und der Mangel an Vegetation bilden die Ausgangsbasis für die Entstehung des Gartens in der Wüste des Vorderen Orients. Die darin vorkommende Oase mit einer natürlichen Quelle und grünen Bäumen steht als Gegenstück und zugleich als Vorbild für den Garten. 7 1.2. Was ist ein Garten Der deutsche Begriff Garten leitet sich vom Althochdeutschen „garto“, das Umzäunte ab und meint ein umgrenztes Landstück für Nutzpflanzen. Ursprünglich bestand diese Umzäunung aus Gerten, die miteinander zu einer Umzäunung verflochten 6 vgl. Eltz-Hoffmann Lieselotte von: Das Paradies als Garten oder Der Garten als Paradies. Kulturgeschichtliche Studien. Verlag Traugott Bautz, Nordhausen,2009, S.25f. 7 ebd.S.26. 10 wurde.8 Der deutsche Begriff Garten leitet sich aus dem indo-europäischen Wortstamm „ghordo-s“ ab, welcher „Flechtwerk, Zaun, Hürde“ bedeutet. Davon leitet sich auch der lateinische Begriff „hortus“ und der griechische Begriff „chortos“ ab.9 Die viel ältere Bezeichnung für Garten kommt vom avestischen pairidaeza (Paradies), und bedeutet ebenfalls Umzäunung. Diese Bezeichnung wird für die persischen Königsgärten von Xenophon10 verwendet.11 „Ein Garten ist nie Natur“, meint Walter Lack, da er diesen angelegt hat und die darin wachsenden Pflanzen kultiviert wurden. Er vergleicht sie mit lebenden Artefakten, ähnlich wie die in der Architektur nicht lebenden Artefakte, benötigen sie lebenslängliche Pflege. Daher ist die Erhaltung von Gärten aufwändig und entspricht nicht dem Aussehen des Anfangsstadiums. Ohne menschliche Pflege verwildert ein Garten und wird wieder zu Natur.12 8 vgl. Brockhaus..Die Enzyklopädie.Bd.8, Leipzig, Mannheim, 1996, S.164. vgl. Glaser Hermann: Hinterm Zaun das Paradies. Wandlungen des Gartenbildes. ars vivendi, Cadolzburg, 1999, S.13. 10 Anm.: Xenophon, griech. Söldner, der pairidaeza in den griech. Wortschatz einführte,geb. zw. 425 u. 430 v.Chr.in Athen, gest. um 355v.Chr. in Korinth. 11 vgl. Kirschbaum, S.375. 12 vgl. Lack Walter in: Gärten. Ordnung Inspiration Glück. Städel Museum, Frankfurt am Main,Hatje Cantz, Ostfildern, 2006, S. 61f. 9 11 2. DER MITTELALTERLICHE GARTEN – HORTUS CONCLUSUS Die konstantinische Wende13 um 313 verschaffte der zuvor verfolgten orthodoxchristlichen Religion, den Status einer gesetzlich anerkannten Religion. Um 381 n. Chr. erhob Kaiser Theodosius, der Große, das Christentum zur Staatsreligion und verbot die heidnischen Kulte. Von da an verfolgte Staat und Kirche die Missionierung des Christentums. Zunächst fand die Christianisierung innerhalb des Römischen Reiches statt und nach und nach verbreitete sich auch bei den ins Römische Reich eindringenden Germanen der christliche Glauben. Um 1300 kann die Christianisierung von Europa als abgeschlossen angesehen werden. Das Verbot von heidnischen Kulten wurde mit der Exkommunizierung geahndet. Dieser Ausschluss aus der religiösen Gemeinschaft kam dem Ausschluss aus dem jenseitigen Paradies gleich.14 Im europäischen Mittelalter mit seinen vielen Verwerfungen und Verschiebungen im Macht- und Kulturgeflecht war der Garten weniger Ausdruck des Lebensgenusses als vielmehr ein Rückzugsraum vor den Unwägbarkeiten einer von kriegerischen Konflikten, Nöten, Krankheiten und Ängsten geprägten Welt. „Der mittelalterliche Garten ist durch seine Einfriedung abgegrenzt, denn dieser Bereich, welcher der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen ist und stattdessen der Kontemplation und einer spezialisierten Produktion dient, ist ein zu privilegierter Nutzung bestimmter Bereich.“15 2.1. Die Naturauffassung im Mittelalter Die ursprüngliche Naturauffassung des Frühchristentums, in der die Huldigung der Schöpfung in Psalmen zum Ausdruck kam, wurde zu Beginn des Mittelalters wegen der Verführung zur Sinnen- und Augenlust immer mehr abgewertet. Der Herrschafts13 durch Kaiser Konstantin, 306- 337 röm. Kaiser https://www.leben-im-mittelalter.net/gesellschaft-im-mittelalter/religion-und-christentum-immittelalter.html am 26.3.2016 um 14.06Uhr 15 vgl. Vercelloni Virgilio und Matteo: Geschichte der Gartenkultur. Von der Antike bis heute. Philipp von Zabern Verlag, Mainz, 2010, S.23f. 14 12 anspruch des Menschen über die Erde und deren Bewohner gewann an Bedeutung und anstelle der Natur war der Blick auf das Seelenheil und das Jenseits wichtiger geworden. Die Bedeutung der Natur und ihrer Schönheit und Beseeltheit war dem Christentum nun verloren gegangen und wird sich weiter als gestörtes Verhältnis bis zur Gegenwart erweisen. Lieselotte Eltz Hoffmann führt das auf ein fehlgeleitetes Verständnis von Enthaltsamkeit zurück. Vercelloni bezeichnet den Garten im Mittelalter als Ort der „Zähmung der Gefühle“.16 Die Anziehungskraft des Gartens nahm dadurch für lange Zeit ab. Außerdem fürchteten sich die Menschen vor den realen Gefahren der unerschlossenen Gebiete der Alpen, die von Wäldern und Sümpfen umgeben waren. Aber auch Geister und Dämonen sollten in dieser wilden Natur angeblich auflauern. Dieses Klima war für die Entwicklung des Gartens wenig förderlich und so ist die typische Gartenform, die des Nutzgartens, die in den Klöstern in Erscheinung trat.17 Erst im Spät- und Hochmittelalter findet eine Erweiterung zum Lustgarten statt. Die Bezeichnung Lustgarten meint, dass der Garten über die reine Funktion von Nutzpflanzen nun auch Blumen beinhaltet, die der reinen Ästhetik und Sinnenlust dienen. Abb.2: HORTUS CONCLUSUS: Miniatur in einem für Francesco I.verfassten Codex 16 17 vgl. ebd.S.26. vgl .Eltz-Hoffmann, 2009. S.117f. 13 2.2. Der Klostergarten Das Kloster umfasst drei Gärten: den Küchengarten für Würzkräuter und Gemüse, den Obstgarten im Friedhof und den Arzneigarten für die medizinischen Kräuter. Fruchttragende Bäume galten im Mittelalter als Symbol für die Auferstehung. Im Plan des Kloster St. Gallen ist diese komplexe Anordnung des mittelalterlichen Gartens dargestellt (Abb.3). Im Inneren befindet sich der Kreuzgang, den ein offenes Geviert umschließt. In der Mitte wuchs ein Wacholderbaum, der später durch einen Brunnen ersetzt wurde. Beide symbolisieren das ewige Leben und verweisen auf den Garten Eden.18 Die Klöster erhalten das antike Wissen über Gartenbau und Botanik. Nach der Regel „ora et labora“, „bete und arbeite“, wurde die Versorgung und wirtschaftliche Unabhängigkeit der Klöster gesichert. Der Arzneigarten gilt als die eigenständigste Errungenschaft des mittelalterlichen Klosters. Hildegard von Bingen, Äbtissin (1098-1179) und der Hofdichter Walahfrid Strabo (809-849) sind die bekanntesten Vertreter der mittelalterlichen Klostermedizin. Abb.3: Der Klosterplan St. Gallen 18 vgl. ebd. S.119. 14 2.3 Der hortus conclusus als Allegorie Der hortus conclusus (lateinisch, umschlossener oder verschlossener Garten) bezeichnet ein Motiv in der bildenden Kunst des Mittelalters. Dabei wird der Garten allegorisch zu einem Körper, den sich die christliche Religion für die unbefleckte Empfängnis Marias aneignet. Das Hohelied im Alten Testament wurde dazu neu interpretiert und liefert das Motiv des hortus conclusus. Ursprünglich war das Hohelied ein weltliches Liebeslied und wurde auf Hochzeiten gesungen. König Salomon19 soll es überliefert haben. In diesem Lied wird die Liebe und das Verlangen zwischen einem Mann und einer Frau beschrieben. Die Beschreibungen sind erotisch aufgeladen: „Wie süß schmeckt seine Frucht meinem Gaumen! Seine Schenkel sind Marmorsäulen...sein Mund ist voll Süße.“20 Im Hohelied wird an einer anderen Stelle der Körper der Geliebten mit einem Garten verglichen. „Ein verschlossener Garten ist meine Schwester Braut, ein verschlossener Garten, ein versiegelter Quell. Ein Lustgarten sprosst aus dir, Granatbäume mit köstlichen Gewürzrohr Früchten, Hennadolden, Nardenblüten, Narde, Krokus, und Zimt, alle Weihrauchbäume, Myrrhe und Aloe, allerbester Balsam... Mein Geliebter komme in seinen Garten und esse von den köstlichen Früchten. ...In seinen Garten ging mein Geliebter zu den Balsambeeten, um in den Gartengründen zu weiden, um Lilien zu pflücken. Meinem Geliebten gehöre ich, und mir gehört der Geliebte, der in den Lilien weidet.“21 Die Passage würde man zunächst nicht mit christlich-religiösen Inhalten in Verbindung bringen. Denn hier wird auf metaphorische Weise der körperliche Akt der Liebe beschrieben. Die Lilien symbolisieren die Reinheit und Jungfräulichkeit der Geliebten. Die christliche Religion adaptierte die Braut als Maria. Die Verschlossenheit des Gartens, hortus conclusus, wurde mit der Geschlossenheit des Jungfernhäutchens gleichgesetzt. 22 19 geb.990 v.Chr, gest. 930 v. Chr. in Israel, im 10 Jh. V. Chr. Herrscher des verein. Königreichs Israel. Bischhöfe Deutschlands, 1980, S.765f. 21 ebd.S.766. 22 vgl. Ecker Gisela in : Allegorie und Geschlechterdifferenz, Böhlau Verlag, Köln, 1994, S.175. 20 15 Dieses Bild gilt auch für die weltliche Geliebte und so wird die weltliche Geliebte zur heiligen Maria umgedeutet. Durch die Allegorie wird der Garten zu einem intimen Raum, einem Körper, der durch hohe Mauern abgegrenzt ist. Die Bezeichnung hortus conclusus beinhaltet eigentlich eine Tautologie, eine Verdoppelung der Bedeutung „umschlossen“. Die Bedeutung des Wortes hortus – Garten schließt bereits eine Umzäunung ein. Die hohen Mauern erweisen eine sowohl pragmatische als auch spirituelle Abschottung, wodurch der Garten nicht nur Pflanzen, sondern auch Ideen beinhaltet. Der hortus conclusus kann zum Paradies werden, indem die heillose Welt draußen bleibt. Allerdings ist dieses wegen der hohen Mauern unerreichbar.23 Abb.4: Miniatur in einer Ausgabe des Romans de la rose aus dem 15 JH. Der Text im Hohelied verbildlicht den Liebesgarten, Locus amoenus im eigentlichen Sinn. Nachdem der reine Nutzgarten im Mittelalter auch den Lustgarten zuließ, in dem reine Zierpflanzen wuchsen, erfand die ritterlich-höfische Gesellschaft den 23 vgl. Trotha, 2012, S.18. 16 Liebesgarten als Bühne für Liebeswerber. Dies ging mit der sogenannten Minne einher, die sich als geeignete Sprachform für das Werben einer Frau Metaphern und Symbole aus der Natur zueigen machte.24 So hat der mittelalterliche Garten eine ambivalente Bedeutung einerseits die Religiosität und Keuschheit zu transportieren und andererseits der irdischen Liebe und Erotik einen Ort zu geben. 2.3.1. Die Mariensymbolik in der Bildenden Kunst Maria mit dem Einhorn Die Darstellung der Jungfrau Maria im hortus conclusus und der Eintritt des Bräutigams in den Garten wird zum Sinnbild der Empfängnis der Gottesmutter. Das Triptychon „Maria mit dem Einhorn“ um 1420 stellt ein Beispiel für diese Szenerie dar. Abb.5: Maria mit dem Einhorn, um 1420 (Erfurt, Mariendom) Auf der Mitteltafel des Triptychons sitzt die Jungfrau Maria in einem umzäunten 24 vgl. Kalusok Michaela: Schnellkurs Gartenkunst. DuMont, Köln, 2003, S.44ff. 17 Garten und hält den Kopf eines Einhorns. Das Tier wurde erstmals im Physiologus25 um 200 allegorisch interpretiert. Es heißt, dass es wegen seiner Wildheit kein Jäger fangen könne, es aber zahm werde, wenn es seinen Kopf in den Schoß einer Jungfrau lege. Die Jungfrau wird in dieser Schrift mit Maria verglichen. Das Aufeinandertreffen von Maria und dem Einhorn wird zur Empfängnisszene, in der Maria ihre Hand um das Einhorn legt und das einer intimen Vereinigung gleichkommt, bei der nur privilegierte Personen anwesend sein dürfen. In diesem Garten haben sich Nonnen und Heilige eingefunden. Außerdem warten ein Geistlicher und zwei Ordensfrauen vor dem Tor, werden aber nicht hineingelassen. Die Geburt Jesus endet im Tod am Kreuz und durch sein vergossenes Blut kann die Menschheit wieder Einlass in das verlorene Paradies erhalten.26 Auch der Betrachter des Bildes befindet sich nicht innerhalb des Zaunes, sondern außerhalb, insofern ist der Garten auch für ihn ein hortus conclusus. Das Paradiesgärtlein Das Paradiesgärtlein wurde um 1410/20 von einem unbekannten oberrheinischen Meister als Andachtsbild für ein Kloster in Form eines Auftrages angefertigt. Die Literatur ordnet das Paradiesgärtlein nicht eindeutig dem hortus conclusus zu, da christlich religiöse Inhalte nicht im Vordergrund stehen. Die friedliche Szenerie assoziiert einen weltlichen Burggarten in dem Maria (blaues Kleid), das Jesuskind und andere Figuren einen Nachmittag verbringen. Die anwesenden Anderen können durch ihre Handlung oder Attribut als Heilige identifiziert werden. Der Garten ist nur von zwei Seiten geschlossen und holt auf diese Weise auch den Betrachter ins Bild. Die geschlossenen Mauern verschließen nicht, sondern öffnen von zwei Seiten die Szenerie im Garten. Alles erscheint sanft und friedlich. Selbst der Drache mit dem verdrehten Kopf kann niemanden etwas anhaben. Es ist als hätte das Paradies die Pforten für Besucher geöffnet. Die Pflanzen und Blumen sind sehr detailliert dargestellt und blühen aus verschiedenen Jahreszeiten hier gleichzeitig. 25 Anm.: frühchristliche Naturlehre in griech. Sprache. Pflanzen Tiere, Steine als Allegorie auf Heilsgeschichte. 26 Ströbel Nele u. Zahner Walter: Hortus conclusus. Ein geistiger Raum wird zum Bild. Dt. Kunstverlag, München Berlin, 2006, S.22ff. 18 Abb.6: OBERRHEINISCHER MEISTER Das Paradiesgärtlein 1410/20 Die Blumen symbolisieren Marias Attribute, die weiße Lilie steht für ihre Reinheit, die rote Rose27 für ihre Jungfräulichkeit und die Primel, die auch Himmelschlüssel genannt wird, steht für Marias Aufgabe als Fürsprecherin im Himmel. Ebenso sind zahlreiche Vögel dargestellt, die sich identifizieren lassen als Buchfink, Wiedehopf, Blaumeise, Rotkehlchen, Specht und andere. Dieses detaillierte Interesse am einzelnen Lebewesen drängt die religiös – symbolische Bedeutung in den Hintergrund und lässt dieses Bild nicht eindeutig der Kategorie hortus conclusus zuordnen.28 27 auch im Gemälde Madonna im Rosenhag von Stephan Lochner um 1450. vgl. Etschmann Walter u.a.: Kammerlohr, Kunst im Überblick. Stile, Künstler, Werke. Oldenbourg Verlag, München, 2004, S.158. 28 19 3. DER RENAISSANCEGARTEN Der französische Begriff Renaissance leitet sich vom italienischen „rinascita“ ab und wurde um 1550 von Giorgio Vasari29 zum ersten Mal verwendet. Die wörtliche Übersetzung „Wiedergeburt“ bezieht sich ab 1420 auf die Ideen der Antike, die in Verbindung mit der christlichen Religion neues Gedankengut ermöglichte. Der Humanismus und die Bildung spielen eine wesentliche Rolle für das neue Selbstbewusstsein des Menschen. Hans von Trotha beschreibt den Humanismus in Bezug auf den Garten so: “Der Mensch der die Natur ästhetisch genießt, ist ein selbstbewusster Mensch, und dieses Selbstbewusstsein musste erst gefunden werden.“30 Die Renaissance verfolgte das Ziel die Welt zu erfassen, zu verstehen und diese auch zu gestalten.31 Der Renaissancegarten wird aufgrund seines Entstehungsortes auch italienischer Garten genannt. Dem Garten der Renaissance eröffnen sich durch verschiedene Entwicklungen neue Darstellungsweisen. Die Entdeckung der Zentralperspektive stellt sich nicht nur für die Malerei, sondern auch für die Gartenkunst als wichtiges künstlerisches Mittel heraus. 3.1 Der Garten als Teil einer architektonischen Anlage Während der mittelalterliche hortus conclusus nach innen gerichtet war, kehrt sich der Renaissancegarten nun nach außen, um sich der Welt zu zeigen.32 Im Gegensatz zum mittelalterlichen hortus conclusus der innerhalb der Mauern eines Schlosses oder Klosters angelegt wurde, bestimmt der Renaissancegarten einen zentralen Teil der architektonischen Anlage. Dieser bildet eine symmetrische Anlage, die in den Baukomplex eingebunden wird. Leon Battista Alberti33 beschreibt in seinem Architekturtraktat (1452) „De re aedificatoria“ den Garten als wesentliche Komponente des Wohnens, der Haus und 29 geb 1511 in Arezzo, gest. 1574 in Florenz.italien. Architekt u. Hofmaler der Medici. Trotha, 2012, S.56. 31 ebd.,S.65. 32 vgl. Hobhouse Penelope: Der Garten. Eine Kulturgeschichte. Dorling Kindersley, London, 2012, S.119. 33 Anm: 1404-1472 italien. Humanist, Schriftsteller, Mathematiker, Architekt, Architekturtheoretiker. 30 20 Garten durch Terrassen und Loggien miteinander verbindet. Der Garten wird nun anders als im Mittelalter durch ein strenges orthogonales Raster aus sich kreuzenden Wegen, Alleen, Kanälen, Laubengängen geformt. Diese starke geometrische Ordnung wurde durch die mathematischen und perspektivischen Studien der Frührenaissance hervorgerufen.34 Dieses symmetrische Ordnungsschema verdeutlicht sowohl die göttliche Harmonie als auch die menschliche Berechnung als neuen Geist dieser Zeit. Die Symmetrie des Gartens spiegelt das Paradies nicht nur im Himmel sondern auch in der Welt. Damit ist der Garten der Entrücktheit des Paradieses in Form von Harmonie ein Stück näher gekommen. Abb.7: Der Heilkräutergarten in den vatikanischen Gärten Zu den Grundelementen des Renaissancegartens zählen die immergrünen Pflanzen, Mauerwerk und Wasser. Hänge wurden terrassiert, und die Grotte stellte den Übergang zur Unterwelt symbolisch dar. Der Renaissancegarten war in seiner Dimension überschaubar. 34 vgl. Kalusok, 2003, S.57. 21 Durch die Entdeckung neuer Länder und Kontinente und die Zunahme von Forschungs- und Handlungsreisen in ferne Länder gelangten sehr viele neue Pflanzen nach Europa, die Tulpe avancierte dabei zur Modeblume.35 Das auffälligste Merkmal im Garten war das Spiel mit dem Wasser, Springbrunnen mit überfließenden Schalen, tosende Wasserfälle, die technische Meisterschaft erforderten. Das Wasser strömte aus geöffneten Tiermäulern, Masken und Fabelwesen. Mit dem Wasser wurde sogar Musik, Orgeltöne und Vogelstimmen erzeugt. Der ursprünglichen Abgeschlossenheit des Gartens wurde nun Bewegung und Leben eingehaucht. Die mythologischen Fabelwesen und Göttergestalten durch die das Wasser strömte, stellten Personifikationen von Naturgewalten dar, deren göttlicher Ursprung sich in ihnen offenbarte. Insofern stellt der Garten kein ausschließlich profanes Kunstwerk dar. Mit dem Anbruch der Neuzeit zeigt sich das Verständnis für die Natur, die als das Wirken einer höheren Macht empfunden wird.36 Abb.8 Abb.9 35 vgl. ebd.S.71. vgl. Eltz-Hoffmann, 2009, S.125ff. 36 22 Abb. (8, 9) 10: Garten Wasserspiele Brunnen Villa d èste Rom „Betrachtet man einen idealen Renaissancegarten, so sieht man einen Raum, in dem Architektur, Kunst, Natur und Landschaft ein harmonisches Ganzes bilden, um dem Menschen den idealen Raum für seine Entfaltung zu geben: zum Verweilen, zur Lektüre, für die Kunst, für die Liebe, zum philosophischen Gespräch, zur Erholung, dazu er selbst zu sein oder zu werden. Das ist eine Vorstellung vom Paradies, die um die Vorstellung vom Menschen im Paradies erweitert ist – ein zutiefst humanistischer und gleichzeitig zutiefst religiöser Gedanke.“37 Der Garten sollte ein ästhetisches Abbild der Ländlichkeit (Ruris imitatio) im Gegensatz zur Geschäftigkeit der Stadt sein, in dem die allegorisch verstandene Natur künstlich wirkende Formationen hervorgebracht hatte. Die Natur erlebte eine Neubewertung, sie wurde zur Projektionsfläche eines neu zu erfahrenen Lebensglücks. Es ging um die Verbindung oder auch den Wettstreit zwischen Kunst und Natur:38 37 Trotha, 2012, S.77. vgl. http://www.diplom.de/e-book/219720/die-gaerten-des-stiftes-gurk am 20.9.2015 um 19.48Uhr, S.45. 38 23 3.2 Der Wandel der Naturauffassung Wenn die Natur nicht direkt gefährlich ist, war es doch nur unter großer Mühe möglich ihr etwas Nutzbares, wie in der Landwirtschaft abzugewinnen. Pflanzen und Tiere konnten lebensgefährlich werden. Die Natur wurde vor allem als unübersichtliches Dickicht wahrgenommen und gewährte den Menschen weder Überblick noch Orientierung. Außer den realen Gefahren lauerten hier auch Mythologien über Hölle, Tod und Teufel, Naturkatastrophen, die auf Gottes Zorn beruhten. Eine solche Natur konnte man nur schwer ästhetisch genießen, außer in kultivierter oder in idealisierter Form der Malerei oder in ihrer domestizierten Form des Gartens.39 Durch die Beschäftigung mit sich und mit der Welt beginnt der Mensch auch die Bestandteile der Natur zu erkunden. Nun steht nicht mehr die symbolische religiöse Interpretation im Vordergrund, sondern vielmehr das Studium von Heilpflanzen, botanischem Wissen und die Freude an deren Ästhetik. Die Erkundung und Entdeckung der Natur erlaubt langsam auch deren Berechenbarkeit. Abb.11 Botanik 39 Abb.11a: Pietro Andrea Mattioli vgl. Trotha, 2012, S.55f. 24 Der Philosoph Nikolaus von Kues40 beurteilte die Mathematisierung als Interpretation der Gegenstände. Die Wirklichkeit entsteht erst im Auge des Betrachters, der selbst als das Maß aller Dinge gilt und die Welt unabhängig von ihm nicht existieren würde. Die ersten botanischen Gärten werden um 1545 in Padua und Pisa eröffnet und haben die Funktion des Wissenstransfers. Sie dokumentieren die Einführung und Katalogisierung von wissenschaftlichen Namen und die Kultivierung der Arten. Im Renaissancegarten kommt die Natur aber nicht nur in Form von Heil- und Nutzpflanzen vor, sondern rücken ästhetische Maßstäbe und eine angenehme Atmosphäre in den Vordergrund.41 40 41 Anm.:dt.Philosoph, Theologe, Mathematiker geb.1401 in Kues an der Mosel, gest.1464 in Umbrien. vgl. ebd. S.74f. 25 4. DER BAROCKGARTEN Obwohl die Symmetrie und die geometrischen Formen beibehalten werden, entwickelt das Barockzeitalter gegenüber der Klarheit und Perfektion der Renaissance neue Werte. 4.1. Rationalismus versus Sensualismus Im Rationalismus des Barock basieren alle Erscheinungen der Welt auf Gesetzmäßigkeiten die vom Verstand, der Ratio, erfasst und analysiert werden können, wahre Erkenntnis erlangt der Verstand über logische Hinführung. Der streng geometrische Garten kommt dem einerseits entgegen, andererseits verbirgt sich ein Widerspruch darin, weil alle Gartenkunst immer auf sinnliche Eindrücke angewiesen ist. Dieses sinnliche Erleben wird erspürt anstatt gedacht. Aus dieser Differenz der Vernunft und dem Affekt schöpft das barocke Zeitalter. 42 4.2. Der Garten als Mittel der Repräsentation Das Theater erlebt im Barock eine Blütezeit. Das Thema Sein und Schein drückt sich in der Art der Repräsentation aus. Auch der Garten wird nun zum Mittel der Repräsentation des Fürsten oder Königs. Durch die neuen feudalen Ordnungen gerät der einzelne Mensch, der in der Renaissance im Mittelpunkt stand, aus dem Fokus.43 So wie die Natur dem Regelwerk des (Garten-)Architekten gehorchen muss, wenn sie schön sein will, so haben sich die Untertanen dem Souverän zu unterwerfen, weil sie sonst ein Gefüge stören würden, dem ein großer Plan zugrunde liegt.44 Diesem Plan hat sich alles und jedes unterzuordnen außer Gott, dem das System wiederum untergeordnet ist. 42 vgl. Trotha, 2012, S.92ff. vgl. ebd. S.97. 44 vgl. ebd. S.98. 43 26 Abb.12: Salomon Kleiner, Detail aus dem Stich „Das Orangenboskett“, 1738 Der natürliche Wuchs der Pflanzen sollte als Vorbild für die geometrische Beschneidung der Büsche und Bäume dienen, Lehrmeister für die Kunst. Allerdings so als wäre die Natur der wird diese Formvollendung künstlich hervorgerufen und hat nichts natürliches oder mit Natur zu tun. Jaques Boyceau de la Barauderie, der damalige Intendant der königlichen Gärten beschreibt dies 1638 in seinem Traité du jardinage: „[...]Die Bäume zeigen in ihrem Wachstum oder an den Spitzen ihrer Zweige gleiche Proportionen, ihre Blätter sind auf beiden Seiten gleich, und die Blumen [...]sind so harmonisch aufgebaut, dass wir nichts Besseres tun können als versuchen, dieser großen Meisterin nachzueifern.“45 Die streng gegliederte Natur des Gartens wurde als Natur angesehen, wenn sie auch erst in die ideale Form gebracht werden musste. Die schöne Natur entspricht im Rationalismus der idealen Natur. „Der Garten war das Abbild des Reiches, das durch das Wirken des König für Frieden und Gerechtigkeit zur Vollkommenheit paradiesischer Zustände führte.“46 45 46 ebd. S.103. Eltz-Hoffmann, 2009, S.131. 27 Das Vorbild für alle Barockgärten entstand unter der absolutistischen Herrschaft Ludwig des XIV. in Frankreich. Der Gartenarchitekt Andre Le Notre (1613-1700) hatte das Grundkonzept der barocken Gartengestaltung bereits in Vaux entwickelt und realisiert. Den Schlossgarten von Versailles durchzieht ein perspektivisches Achsensystem aus Wegen, Schneisen und Kanälen, welches den Blick des Besuchers lenkt. Das Schloss liegt zentral auf einer Anhöhe, sodass von den Terrassen aus das gesamte Areal des Parks überblickt werden konnte. Die symmetrische Achse mit dem Grand Canal wirkt wie ein unendlicher Strahl in die Ferne und erscheint als Symbol für den absolutistischen Herrschaftsanspruchs Ludwig XIV.. 47 Versailles wurde in ganz Europa in kleinerer Version kopiert und damit der Wunsch durch Architektur, Garten und Inneneinrichtung Macht zu demonstrieren. Abb.13: Schloss Versailles, o. A. „ Die Bewunderung für den Garten ist zugleich die Bewunderung für die Natur. Und die führt zu Gott, also zurück ins Paradies.“48 47 48 vgl. Kalusok. 2003, S. 76f. vgl. Trotha, 2012, S.127. 28 Diese Art von repräsentativen Parks zwingen den Betrachter gleichsam in ein Korsett. Der Anspruch der Repräsentation geht zu Lasten der Freiheit beim Umherschweifen verloren. 49 Selten wurde eine künstlerische Form politisch so besetzt wie der Regelgarten, also Barockgarten, zuerst nur in Frankreich später auch im republikanischen Holland. Die Achsenstrahlen der Alleen des Barockgartens scheinen Stadt und Land dem Schloss zu unterwerfen.50 49 vgl. Harrison Robert: Gärten. Ein Versuch über das Wesen des Menschen. Hanser Verlag, München, 2010, S.165. 50 vgl. Warnke Martin: Politische Landschaft. Zur Kunstgeschichte der Natur. Carl Hanser Verlag, München Wien,1992, S.94. 29 5. DER LANDSCHAFTSGARTEN – DER GARTEN DER AUFKLÄRUNG Für die Idee des Landschaftsgartens muss die veränderte politische und gesellschaftliche Situation in England als Voraussetzung gesehen werden. 1688/89 beendete die „ Glorious Revolution“, die Absetzung des Monarchen James II. die Herrschaft des absolutistischen Königs und sicherte mit den Bill of Rights die Einführung eines parlamentarischen Regierungssystems. Der Konflikt zwischen Parlament und Königshaus hatte bereits 1642 zum englischen Bürgerkrieg und 1649 schließlich zur Hinrichtung des damaligen Regenten Karl des I. geführt.51 Durch das Abschaffen der Monarchie mit einem absolutistischen König und der Einführung eines liberalen politischen Systems erfuhr auch die Gartenkunst einen radikalen Wandel. Abb.14: Johann Ziegler, Im Park von Neuwaldegg, 1792 51 vgl. http://www.geschichte-abitur.de/ancien-regime/glorious-revoluion am 26.März 2016 um 22Uhr. 30 Der Garten gleicht nun eher einer profanen Landschaft und die Landschaft einem malerischen Park, in dem die Natur zu ihrer ästhetischen Anerkennung kommt. Anstelle geometrischer Symmetrie sollen verschlungene Wege zu unregelmäßig verteilten Naturszenerien führen.52 Die Schlangenlinie wurde von William Hogarth53 als die gültige Schönheitslinie bezeichnet. Die Kronen der Bäume und Hecken fielen nicht mehr dem Schnitt zum Opfer und anstelle von perspektivischen Alleen gestaltete man panoramenhafte Landschaftsprospekte. Dies zu realisieren, bedeutete einen sehr großen Aufwand. Die Gärten wuchsen regelrecht zu Landschaften. Felsen wurden eingesetzt, ausgewachsene Bäume verpflanzt, Täler überschwemmt oder Hügel aus Erdmasse geformt. Dazu wurden kleine Tempel im Stil der Renaissance gebaut, später kamen durch William Chambers54 Werk „Dissertation on Oriental Gardening“ die Idee für chinesische Architekturmotive hinzu. Diese Idee wurde oft kopiert, wie etwa die große Pagode im Englischen Garten in München beweist.55 5.1. Die Natur als Symbol der Freiheit Die Natur in ihrer ungestalteten Form wurde in England zum Symbol für Freiheit und Unabhängigkeit während der barocke Garten mit der künstlichen Beschneidung der Bäume und Hecken als Symbol für politische Unterdrückung verpönt war.56 Die Harmonie der Schöpfung zeigte sich nun nicht mehr durch einen künstlich gestalteten Garten, sondern die „natürliche“ Natur galt nun als Inbegriff des Göttlichen. Aber auch diese scheinbar nicht gestaltete Natur musste gestaltet werden und wurde darüber hinaus idealisiert. Die Orientierung für die Gestaltung dieser „natürlichen“ Natur, kam von der Literatur und Malerei. Es waren italienische Landschaften, die in den Bildern von Claude Lorrain57 oder Hubert Robert58 vorkamen. 52 vgl. Storch Ursula mit Doppler Elke. Gartenkunst. Bilder und Texte von Gärten und Parks.284. Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, Wien 2002. S.108. 53 Anm. englischer Maler 1697-1764. 54 schott. Architekt geb.1723 in Göteborg, gest.1796 in London. 55 vgl. Kalusok, 2003, S.102ff. 56 vgl. ebd. S.97. 57 Anm.:franz. Maler, geb 1600 in Lothringen, gest.1682in Rom. 58 franz.Maler, geb.1733 in Paris, gest. 1808 in Paris. 31 So entstanden in den Gärten dreidimensionale Landschaftsbilder. Der bedeutendste Gartenarchitekt Englands, der diesen malerischen Gartenstil einbrachte, war William Kent (1685-1748), der selbst eine Malerausbildung absolviert hatte. Während im Barockgarten eine Regelästhetik dafür sorgte eine bestimmte Wirkung zu erzielen, steht nun die Wirkung selbst im Mittelpunkt. Das Erkennen aus Sinneseindrücken beschreibt die neue Auffassung. Es findet eine Verschiebung vom Rationalismus zum Sensualismus statt. 5.2. Die Erkenntnis der inneren Natur Im Landschaftsgarten oder auch Englischen Garten wird die Natur wegen ihrer Wirkung, nämlich der hervorgerufenen Emotionen imitiert. Die scheinbare Regellosigkeit der Natur steht dabei im Vordergrund. Der Mensch positioniert sich innerhalb der Aufklärung59 neu, indem er als Wirkung der wahrgenommenen äußeren Natur, in sich eine innere Natur erkennt, die ein Spiegelbild der äußeren hervorruft.60 Dieses Erkennen führt zu einer Erkenntnis, die für die Selbstbestimmung des Menschen unabdingbar ist und die Epoche der Aufklärung charakterisieren wird. Es geht um eine aktive Neupositionierung des Menschen in der Schöpfung, die er selbst mitbestimmen und gestalten will. Kants61 Erkenntnistheorie „vom Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“ bezeichnet diese neue Position der Selbsterkenntnis. In der Aufklärung findet nun eine endgültige Verschiebung vom Rationalismus zum Sensualismus statt, indem die Erklärung der Erkenntnis aus der Vernunft zu einer Erklärung allen Erkennens aus den Sinneneindrücken wird. John Lockes62 Satz „Nihil est in intellectu quod non prius fuerit in sensu.“ („ Nichts ist im Verstand was vorher nicht im Sinn war.“) zitiert den Kirchenlehrer Thomas von Aquin.63 Eine noch 59 bezeichnet seit 1700 die Berufung auf die Vernunft als universelle Urteilsinstanz. vgl.Trotha, 2012, S.133. 61 Anm.: Immanuel Kant 1724 geb. in Königsberg, gest.1804 in Königsberg, deutscher Philosoph der Aufklärung. 62 Anm.:John Locke: engl. Philosoph d. Aufklärung, geb. 1632 bei Bristol, gest.1704 Essex. 63 Thomas von Aquin, Philosoph und Theologe, geb. 1225 bei Aquino in Italien, gest.1274 in Fossanova - Zitat wurde von John Locke zur Erklärung des Ursprungs menschlicher Erkenntnis eingesetzt. 60 32 extremere Ansicht nimmt der Bischof George Berkeley (1685-1735) ein, indem er die Ansicht vertrat, dass die Dinge überhaupt erst dadurch existieren, weil sie von uns wahrgenommen werden.64 Die Grundlage der Ästhetik und Kunst bilden nun nicht mehr abstrakte Gesetze wie Harmonie, Proportion oder Symmetrie, sondern die Sinne, der eigene subjektive Eindruck. Es bestimmt nicht mehr die eingehaltene Regel das Kunstwerk, sondern die Wirkung die es beim Menschen erzielt.65 „[...]das Erlebnis einer konzentrierten, schönen äußeren Natur könne mithelfen, die innere Natur des Menschen zu verbessern.“66 Christian Hirschfeld meinte, dass die Gartenkunst im Vergleich zu den anderen Künsten keine Vorbildung benötige um diese beurteilen zu können, da sie direkt auf die Sinne wirke und diese verfeinere. Es heitert die Seele auf, die Fantasie wird angereichert und die Gefühle differenzieren sich.67 Dabei orientiert sich der Landschaftsgarten an starren Regeln, um die vorgetäuschte Regellosigkeit zu erzielen. Deren Regeln wären unter anderen: Keine Geraden, denn man soll nicht wissen was sich hinter der nächsten Kurve versteckt. Es wurden Kataloge erstellt wie die Gebäudetypen und Pflanzen zu kombinieren seien. Zu griechischen Tempeln werden helle Laubbäume, zu gotischen Ruinen dunkle Koniferen empfohlen. Auch die entsprechenden Tierarten zum Kurzhalten des Rasens wurden nach Art und Farbe bestimmt (Rinder, Kühe, Schafe, Zierhirsche). Einer der wichtigsten neuen Regeln bestand im Verzicht oder der Abschaffung von Mauern zur Begrenzung. An ihre Stelle trat die Bepflanzung oder Gräben, sogenannte Hahas. Mit dem Verzicht einer offensichtlichen Grenze, täuschte man bewusst eine Landschaft, die ins Unendliche geht vor.68 Die neue Naturauffassung hängt mit dem politischen gesellschaftlichen Wandel zusammen. Der Landschaftsgarten wird zum Symbol der Freiheit und damit zu einer politischen Landschaft.69 64 vgl. Trotha, 2012, S.130f. ebd.vgl. S.157. 66 ebd. S.157. 67 vgl. Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst, 5 Bände, Leipzig 1779-1785 (zit, nach Trotha,2012, S.158). 68 vgl. Trotha, 2012, S.153f. 69 vgl. Warnke, 1992, S. 94f. 65 33 Die Freiheit der Natur wird mit der politischen Freiheit assoziiert. So als wären die Bürger Grashalme und jeder dürfe wachsen, wie er will. Das Individuum in der Natur, die Pflanze steht bildlich für den einzelnen Bürger. Im Barock wurde jeder Pflanze eine gleiche Schablone aufgesetzt und zurechtgeschnitten. Obwohl sich der Landschaftsgarten scheinbar politisch vom unterdrückenden Barockgarten abhebt, da er scheinbar keine Ordnung vorgibt, kommt doch auch beim Landschaftsgarten eine nationale Absicht zum Vorschein. Abb.15 Englischer Garten München Der dänische Gartentheoretiker Christian C. L. Hirschfeld70, der bereits um 1780 die Idee eines Volksgartens verbreitete, stellt eine mögliche Erziehungsabsicht des Volksgartens in Aussicht. Durch Gebäude mit historischen Gemälden, Denkmäler geschichtlicher Vorfälle, lehrreiche Inschriften, könne man das Publikum eine gute Lehre hinstreuen oder manipulieren.71 Wenn der Barockgarten durch seine starke Ästhetik den Führungsanspruch des absolutistischen Herrschers legitimiert und die ästhetisierte Natur dem Volk dies als gottgegebene Ordnung vorgibt, dann erscheint die Botschaft des Landschaftsgarten oder Volksgarten zwar sublimer, aber der nationale Gedanke des Staates steht über dem des Einzelnen. Die Verantwortlichkeit des Einzelnen ist stärker gefragt. Martin Warnke meint, dass die verschiedenartige 70 71 dt. Gartentheoretiker der Aufklärung, geb. 1742 in Kirchnüchel, gest. 1792 in Kiel vgl. Hirschfeld, 1779-1785 S.70 (zit. nach Warnke, 1992, S. 96). 34 Ausformung, der Wuchs der Pflanzen, dem Besucher in ihrer Freiheitsentfaltung das Analogon für seine eigene Entfaltung als Vorbild dienen könnte.72 Der erste eigens angelegte Volksgarten entstand in München, der von Kurfürst Carl Theodor73 1789 in Auftrag gegeben wurde und von seinem Hofgärtner Friedrich Ludwig Sckell74 ausgeführt wurde. Der Münchner Hofgarten stellte symbolisch und temporär Freiheit dar, indem alle Stände sich darin frei bewegen konnten und das Heben des Hutes vor einem Höhergestellten sogar verboten war.75 72 vgl. ebd. S.95. seit 1777 Kurfürst von Bayern, geb.1724 in Drogenbos, Belgien; gest. 1799 in München. 74 geb. 1750 in Weiburg an d. Lahn, gest. 1823 in München. 75 vgl. Glaser, 1999, S.237. 73 35 6. DER ISLAMISCHE GARTEN Charakteristisch für den Islamischen Garten ist die Struktur des Chahar-Bagh (chahar - vier; Bagh - Garten). Dieser viergeteilte Garten entsteht durch eine im Zentrum entspringende Quelle, von der vier Flüsse abzweigen. Diese Struktur mit ihren kreuzförmig verlaufenden Kanälen wurde in allen Variationen auch auf sogenannten Gartenteppichen dargestellt. Diese kosmische Vorstellung der Vierteilung der Welt stammt noch aus der Zeit der Sassaniden, bevor die Perser zum Islam konvertierten und findet ihre Parallele in den vier Paradiesflüssen des Koran. In Paradiesflüssen fließen Honig, Milch, Wasser und Wein. Die Vierteilung bezieht sich auch auf die vier Himmelsrichtungen, vier Elemente und vier Erdteile.76 Abb.16: Miniatur eines islam. Gartens Ende 18. JH. 76 vgl. Hagen Franziska Bark: Versuche das Glück im Garten zu finden. Lars Müller Publishers Baden/ Schweiz, 2011, S.38. 36 Abb.17: Detail eines Gartenteppichs, Westiran ca.1800 6.1. Der Teppichgarten oder der Gartenteppich In traditionellen muslimischen Haushalten sitzt man am Boden, durch den Teppich befindet man sich räumlich eigentlich im Garten. Durch die symbolische Aufladung mit dem Paradies holen sich die Muslime mit dem Teppich ein Stück irdisches Paradies ins Haus, sie sitzen auf den Versprechungen des Jenseits.77 Denn im Islam findet das Leben nach dem Tod im Garten Eden oder in der Hölle statt. Robert Harrison78 bezeichnet das islamische Paradies als Stätte der Ruhe, wo sich die Gottesfürchtigen an einem sicheren Standort, in Gärten und an Quellen aufhalten. „Auf golddurchwirkten Ruhebetten liegen sie einander gegenüber, während ewig junge Knaben unter ihnen die Runde machen, mit Humpen und Kannen und einem Becher (voll) von Quellwasser, (mit einem Getränk,) von dem sie weder Kopfweh bekommen noch betrunken werden, und (mit allerlei) Früchten, was immer sie wünschen, und Fleisch von Geflügel, wonach sie Lust haben. 77 78 vgl. ebd. S.44. Schriftsteller und Prof. für Literatur an d. Universität Stanford, geb. 1954 in Izmir, Türkei. 37 Abb.18: südpersischer Gaschgaimillefleur- Gebetsteppich,19.Jh.; der Baum als tradit. Paradiessymbol gerahmt durch die Darstellung eines Mihrab. Und großäugige Huris, (haben sie zu ihrer Verfügung,) (in ihrer Schönheit) wohlverwahrten Perlen zu vergleichen. Dies zum Lohn was sie (in ihrem Erdenleben) getan haben. Sie hören darin kein Gerede und keine Versündigung, sondern nur das Grußwort „Heil! Heil!“ (56,15-26)79 Die Gottesfürchtigen haben (großes) Glück zu erwarten, Gärten und Weinstöcke, gleichaltrige Huris mit schwellenden Brüsten und einem Becher (mit Wein, bis an den Rand) gefüllt. (78,31- 34)80 Tatsächlich handelt es sich bei diesen Schilderungen aber um sinnliche, wenn nicht erotisch aufgeladene Beschreibungen und wie Harrison selbst bemerkt scheint das Paradies vor allem für Männer gedacht? Wie Frauen das Leben nach dem Tod schmackhaft gemacht wird, erfahren wir nicht. Das islamische Paradies wirbt mit 79 80 Paret Rudi (Übersetzung): Der Koran.10.Auflage 2007, Kohlhammer, Stuttgart, 1979, S.380. ebd. S.419. 38 irdischen Freuden, es geht um materielle und sinnliche Freuden. Teure Kleidung, Alkohol der nicht betrunken macht, Jungfrauen mit großen Augen, Essen und Ruhe. In gewisser Weise spiegelt das Jenseits das Diesseits wieder, indem es genau das in einer Fülle bietet. 6.2. Der Gebetsteppich Um eine besondere Variante des Gartenteppichs handelt es sich beim Gebetsteppich. Durch diesen handlichen Teppich ist es den Muslimen möglich fünfmal am Tag ihr Gebet fern von der Moschee zu sprechen. Er bietet einen rituell sauberen Ort zum Beten, da das Gebet auf einem schmutzigen Untergrund nicht gelten dürfte. Alle Gebetsteppiche zeigen den Mihrab, eine Nische in der Moschee, welche die Ausrichtung nach Mekka zeigt. Diese ist wie in einem Vers im Koran mit einer Lampe ausgestattet, die symbolisch das Licht Gottes zeigen soll. Außerdem geben manchmal zwei Zypressenbäume den Blick auf ein Blumenbeet frei, wodurch ein Blick in den Paradiesgarten dargestellt werden soll. Wenn der Betende nun, egal wo er sich befindet, den Teppich ausrollt, legt er praktisch ein Stück des Paradiesgartens auf. Und der Betende kommt in Kontakt mit dem Jenseits, während er mit der Stirn den Teppich berührt.81 So bereichert der Teppich mit seinen Konnotierungen des Gartens das Leben im Diesseits mit der Fülle des versprochenen Lebens nach dem Tod, ähnlich wie in den Paradiesbeschreibungen im Koran. Gartenteppiche sind, ebenso wie die Gärten selbst, sichtbare Manifestationen einer ansonsten unsichtbaren Existenz. Die Flüsse und Ströme, egal ob mit Wasser gefüllt oder nur mit Linien markiert, verweisen auf eine transzendente Ordnung der Dinge, die Quelle etwa symbolisiert die spirituellen und metaphysischen Prinzipien Einheit, Leben spendende Kraft und Gnade. Mit dem Teppich holt man sich ein Bild vom Leben nach dem Tod und den damit verbundenen Annehmlichkeiten. Man sitzt förmlich auf dem, was Mann später aber nicht jetzt haben kann. Tatsächlich wird dem Betenden ein eigener Raum eröffnet. 81 vgl. Hagen, 2011, S.48. 39 So korrelieren Diesseits und Jenseits fünfmal am Tag miteinander und jedes Mal wird die alltägliche Realität transformiert. Gleichzeitig ist das Beten der Weg ins Paradies. Der beim Beten entstehende Raum weist eschatologische82 Züge auf, denn er verweist auf das Leben nach dem Tod.83 Diese Überlagerung von realer räumlicher Anordnung und der Verbindung von materiellen Gütern im Jenseits lassen den Garten als Verweis auf das Paradies wirken. Michel Foucault bezeichnet solche Räume als Heterotopie, indem an einem Ort mehrere Räume wirken, die auf den ersten Blick unvereinbar sind. Der Teppich reproduziert auf seiner Fläche einen imaginären Garten, der das Jenseits repräsentiert. Dadurch entsteht eine räumliche und in anderen Zusammenhängen eine zeitliche Verdichtung, eine Überlagerung von Bedeutungen die real nicht vorhanden sind. „ ...der Garten ist ein Teppich, auf dem die ganze Welt ihre symbolische Vollkommenheit erreicht, und der Teppich ist so etwas wie ein im Raum mobiler Garten. Der Garten ist die kleinste Parzelle der Welt und darauf ist er die Totalität der Welt.“84 82 Lehre von den letzten Dingen. vgl. ebd. S.48. 84 vgl. Foucault Michael. Andere Räume in: Aisthesis. Wahrnehmung heute oder Perspektiven einer anderen Ästhetik. Reclam, Leipzig, 1990. S.43. 83 40 7. DIE SOZIALEN ANFÄNGE UM 1800 – ARMENGÄRTEN Die Idee, den Armen Land als Gartenfläche zur Verfügung zu stellen, erschien zum ersten Mal 1760 in der Zeitschrift „Gentlemen`s Magazine“. Es ging dabei vor allem um die Auswirkungen der Armut, welche Kriminalität und Unmoral verursachten. Das Ziel war es, durch die Bereitstellung einer kleinen Ackerfläche und der damit verbundenen Möglichkeit der Selbstversorgung die Kriminalität und Unmoral zu verringern. In Großbritannien spendeten Adelige für die arme Bevölkerung solche Parzellen, sogenannte Allotments. Das geschah nicht nur aus Wohltätigkeit, sondern auch aus dem Eigeninteresse, nicht Opfer der Armutskriminalität zu werden. Dabei mussten die Bewerber Auflagen erfüllen, wie zum Beispiel regelmäßig den Gottesdienst zu besuchen. Die Gartenparzellen, die eher kleinen Äckern glichen, sollten pädagogische Aufgaben erfüllen und die Menschen rege halten und zu Fleiß motivieren. So zeigte ein Beispiel in Long Newton, dass durch Vergabe von 100 Allotments an bedürftige Familien, nach fünf Jahren die Armenfürsorge auf weniger als ein Zehntel gesunken war.85 Diese Maßnahme zur Eindämmung der wachsenden Armut war nicht immer kostenlos für die Armen. Landgraf Carl von Hessen war der Meinung, dass Geldzuwendungen den Müßiggang fördern würde und Gartenarbeit hingegen gut für die Moral sei. Daher stellte er Heideflächen seiner Güter in Hessen und Schleswig – Holstein die ersten vier oder fünf Jahre pachtfrei zur Verfügung. Das Hauptziel war es, dem Hunger und der Verarmung entgegenzuwirken. 1819 brachte er einen Antrag in die Magistrate von allen Städten in Schleswig und Holstein ein, dass kommunale Gartenparzellen für arme Familien vergeben werden sollten.86 Ein anderes Beispiel führte der Jesuitenpater und Bauernsohn Felix Volpette87 1895 vor. Aus Überzeugung für soziale Gerechtigkeit wollte auch er den Armen helfen, ohne ihnen ihre Würde zu nehmen und sie zum Betteln zu zwingen. Mit Unterstützung von wohlhabenden Müttern seiner Schüler, pachtete er Brachflächen, 85 vgl. Pöppelmann Christa: Hier wächst die Hoffnung! Von der Laubenkolonie zum Guerilla –Garten. Gerstenberg Verlag, Hildesheim, 2012, S.52. 86 vgl. ebd. S.55. 87 geb.1856 in Saint-Rémy-de-Chargna, gest.1922 in Soleymieux. 41 meist auf Minengelände um dort 350 Quadratmeter große Gärten anzulegen. 400 arme Minenarbeiter und Hilfsarbeiterfamilien profitierten davon. Dieses Projekt inkludierte weitere Förderungsmaßnahmen wie Alphabetisierungskurse für die Arbeiter durch Volpettes Schüler oder kostenlose Rechtsberatung. Viele weitere Maßnahmen folgten, wie die Gründung eines Chors, einer Kleiderkammer, einer Bibliothek, einer Sparkasse und Ziegelei. Daraus entstanden bis 1907 insgesamt 53 Häuser für 103 Familien, bevor der finanzielle Zusammenbruch 1907 kam. Nach Volpettes Tod wurde das Projekt von Jesuitenpatern unterstützt und fortgesetzt. Auch heute gibt es die „jardins Volpette“ 1450 Gartenparzellen mit je 150 bis 200 Quadratmetern.88 7.1. Vom Schreberplatz zum Schrebergarten Die Industrialisierung schritt gegen Mitte und Ende des 19.Jahrhunderts schnell voran, viele Menschen verloren durch maschinelle Produktionsweisen ihre Arbeitsplätze und mussten in den Fabriken der Städte ihr Einkommen verdienen. Dort herrschten 14 Stunden - Arbeitstage unter schlechten Lohnbedingungen, sodass auch Kinder von klein auf mitarbeiten mussten, damit eine Familie überleben konnte. Es gab zu wenig Wohnraum, unhygienische Bedingungen, Mangelernährung und Kriminalität. Der Orthopäde Moritz Schreber89, Leiter der Leipziger Heilanstalt, propagierte 1883 in der Zeitschrift „Die Gartenlaube“, dass Kinder genügend Aufenthalt und Bewegung an der frischen Luft benötigen, um gesund zu bleiben. Grünflächen würden sich als Spiel- und Tummelplätze anbieten. Der reformfreudige Schuldirektor Ernst Innozenz Hauschild überzeugte die Eltern, einen derartigen Spielplatz in der Nähe seiner Bürgerschule zu realisieren.90 250 Eltern gründeten einen Verein, um dann ein Grundstück von der Stadt Leipzig zu pachten. Gemeinsam legten sie den Spiel und Turnplatz an und erarbeiteten Vereinsregeln mit Satzungen und sonstigen Regeln und Pflichten. Dieser Platz 88 vgl. ebd. S.64f. 1808 – 1861 in Leibzig. 90 vgl. ebd. S.58. 89 42 wurde nach Moritz Schreber zunächst Schreberplatz genannt. Der Schreberplatz sollte als gemeinschaftlicher Freiraum genützt werden, der in Form einer Genossenschaft mit beschränkter Haftung organisiert war. Ziel war es, dass dieser Freiraum keiner Grund- und Bodenspekulation zum Opfer fallen konnte.91 Durch die Idee des Oberlehrers Karl Gesell wurden kleine Gartenbeete am Rand zum Gärtnern angelegt, die sich im Laufe der Zeit zu Gartenparzellen erweiterten. Die Idee des Schreberplatzes entwickelte sich im Laufe der Zeit zu Schrebergärten. „Es ist nicht die Parzelle, die räumlich die Schrebergartenbewegung begründet hat, sondern der Platz.“92 Das räumliche Verhältnis von Platz und Parzelle lässt sich auf die dynamische Wechselbeziehung von Individuum und Kollektiv übertragen. So entwickelt sich Stadt von unten, ausgelöst durch einen selbstregierten Garten der aus einem Platz entstand. Elke Krasny bezeichnet das Gärtnerische als radikale Strategie des Hands - on Urbanism, indem die Stadtentwicklung von den Bewohnern geprägt wird und dies wesentlich zu Modernisierungsschüben seit Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur heutigen neoliberalen Stadt geführt hat. Diesem gemeinschaftlich geschaffenen Raum liegt eine politische und pädagogische Motivation zugrunde, die Hauschild, wahrscheinlich durch Schrebers Artikel beeinflusst, durch fehlende Spiel- und Bewegungsplätze für Kinder aufgefallen war.93 7.2. Laubenkolonien als Notquartier Die Laubenkolonien unterscheiden sich insofern von den Armengärten, weil sie eher in Selbstinitiative statt durch einen Sponsor entstanden sind. Da viele Menschen aus ländlichen Gebieten in die Stadt zogen, assoziierten die Menschen mit dem Kleingarten ihren heimatlichen Garten und das stellte einen wichtigen Aspekt zusätzlich zur reinen Lebensmittelversorgung dar. Die Berliner Bevölkerung wuchs in der Zeit zwischen 1880 und 1900 um mehr als das Doppelte von 0,75 auf 1,9 Millionen. Dementsprechend gab es viel zu wenig 91 vgl. Krasny Elke(Hrsg.) Hands on Urbanism 1850-2012. Vom Recht auf Grün. Architekturzentrum Wien, Verlag Turia+ Kant, 2012, S.10. 92 ebd. S.12. 93 vgl. ebd. S.11. 43 Wohnungen. Betten wurden im Schichtbetrieb an Schlafgänger vermietet. Bis zu 15 Personen lebten in einer Wohnung, die aus Küche, Stube94 und Kammer bestand. In dieser Zeit bauten die Obdachlosen in Berlin auf Brachflächen Baracken. „Ein paar Bretter zusammengenagelt, Dachpappe darüber und fertig ist die Laube“ beschrieb der Berliner Gartenarchitekt Hermann Wolff 1917 in Möllers Deutscher Gärtner-Zeitung diese Do-it-yourself Methode.95 Einerseits lebten dort Zuzügler vom Land, die dort ihren ständigen Wohnsitz hatten, andererseits Berliner mit kleinen schlechten Wohnungen, die die Laube als ein Stück Freiheit genossen. Bei der einfachen Bevölkerung wurde die Laube zur Lebenskultur. Abgesehen von der Bedeutung der Laubenkolonien in Kriegszeiten wurden die Lauben auch ab 1929 während der Weltwirtschaftskrise wieder als Ersatzwohnung genutzt und der dazugehörige Garten bildete ein wichtiger Faktor zur Selbstversorgung. 7.3. Die Gartenstadt Der britische Stenotypist Ebenezer Howard96 entwickelte 1898 in seinem wegweisenden Buch Tomorrow - A Peaceful Path to Real Reform, das Modell der Gartenstadt. Ihm ging es nicht nur um die Verbindung von Garten und Wohnraum, wie man sie bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts errichtete, sondern um gesunden und bezahlbaren Wohnraum für Jedermann, vor allem für die einfachen Arbeiter. Man kann diesen Plan als Verbesserungsvorschlag für die durch die Industrialisierung stark angewachsenen Städte und den immer knapper werdenden Wohnraum verstehen. Der Grund und Boden dafür wurde nach einem genossenschaftlichen Prinzip als Gemeineigentum definiert um Bodenspekulationen zu verhindern. Die Mieten sollten dauerhaft niedrig angelegt sein und der Mieter erhielt als Genossenschaftsmitglied ein unkündbares Wohnrecht. Howard sah diese Städte als organische Einheiten, in welchen wohnen, arbeiten, Kultur und Erholung stattfinden konnte.97 94 bez. etymologisch einen warmen Wohnraum, verwandt mit d. engl. Stove-Ofen. vgl. Pöppelmann, 2012, S.71. 96 geb.1850 in London, gest. 1928 in Welwyn Garden City in Hertfordshire, England. 97 vgl. ebd. S.78 ff. 95 44 1903 entstand die erste Gartenstadt in Letchworth. Das neue Modell zog viele experimentierfreudige Menschen an, aber als radikal neuen Wohn- und Lebensentwurf konnte man es nicht bezeichnen, eher als angenehme Wohnstätte für Arbeitspendler aus London. Gartenstadt Hellerau: 1902 gründeten Künstler und Intellektuelle die Gartenstadt Gesellschaft. 1909 ließ der Möbelfabrikant Karl Schmidt98 in Hellerau Fabrikshallen und dazu eine Gartenstadt, in der seine Arbeiter wohnen konnten, errichten. Für den Entwurf beschäftigte er namhafte Architekten wie Richard Riemerschmid(18681957), Heinrich Tessenow(1856-1950), Hermann Muthesius(1861-1927), Bruno Paul (1874-1968) und Theodor Fischer(1862-1938). Trotzdem mangelte es nach der Fertigstellung an Infrastruktureinrichtungen und die Mietpreise lagen über den marktüblichen Preisen, sodass sich nur Besserverdienende die Wohnungen leisten konnten.99 Abb.19: Prospekt der Gartenstadt Letchworth, 1907 98 99 geb. 1873 in Zschopau, gest. 1948 in Hellerau, Tischler, Möbelfabrikant, Sozialreformer. vgl. ebd. S.80. 45 7.4. Leberecht Migges Sozialreform Der Landschaftsarchitekt Leberecht Migge (1881-1935) verfasste 1918 seine programmatischen Schriften Jedermann Selbstversorger und Das grüne Manifest. Er verurteilte darin städtische Parks als „romantisch-faules Zehrgrün“ und forderte Sportparks, Spielplätze und Bäder stattdessen, wofür sechs Quadratmeter pro Einwohner aufgewendet werden sollten. Darüber hinaus sollte jeder 80 Quadratmeter Gartenfläche bekommen, um den Eigenbedarf an Obst und Gemüse zu decken. Er machte sich im Sinn einer ökologischen Wiederverwertung Gedanken über Kompost- Trockentoiletten, über die automatisch Dünger gewonnen werden konnte. Seine Ideen, die er auch selbst im Sonnenhof in der Künstlerkolonie Worpswede ausprobierte, zielten auf eine Verringerung der Lohnarbeit bei gleichzeitiger Selbstversorgung durch eigenen Anbau. Die 1927 von Migge entworfenen Georgsgärten für eine Wohnsiedlung in Celle ließen das Experiment scheitern, da der Ertrag nicht die Pachtgebühren von 40 Mark decken konnte. 1918, gegen Ende des 1. Weltkriegs, errechnete Migge in seiner Broschüre Jedermann Selbstversorger, dass eine fünfköpfige Familie mit 400 Quadratmetern Anbaufläche ernährt werden kann. Migge erarbeitete daraus Konzepte für Kleinsiedlungen, die auf einer heute zu bezeichnenden „ökologischen Kreislaufwirtschaft“ beruhen und die Wiederverwertung von Fäkalien, Asche und organischem Müll zu Dünger vorsahen. Dadurch sollten die Bewohner von der staatlichen Politik und wirtschaftlichen Krisen unabhängig sein. Er entwickelte unterschiedliche Siedlertypen, wie Wochenendsiedler, Kleingärtner, Nebenerwerbssiedler und Vollerwerbssiedler. Die Idee hinter den verschiedenen Typen bestand darin, selbst bestimmen zu können, ob mehr Zeit für die Lohnarbeit oder den Selbstversorgerhaushalt eingebracht werden soll.100 Nach dem Beginn des ersten Weltkrieges verabschiedete der Bundesrat des Deutsche Reiches am 4. August 1914 eine Verordnung, die den Verwaltungsbehörden ermöglichte, Land zu beschlagnahmen. Die Behörden hofften dadurch, die gesamte Bevölkerung mittels Selbstversorgerlandwirtschaft in Kleingärten mit Gemüse zu versorgen. Die Behörden stellten aber zu wenig Flächen 100 vgl. Müller Christa: Wurzeln schlagen in der Fremde. Die internationalen Gärten und ihre Bedeutung für Integrationsprozesse. Ökom Verlag, München, 2002, S.204f. 46 zur Verfügung und auch Geräte fehlten. 1916 kam es dann nochmals zu einer Bodenreform, die die Zwangsfestsetzung von Pachtpreisen erhob und ein Jahr später auch einen Kündigungsschutz für Kleingärtner, die ihren Garten auf einem Brachland angelegt hatten. 1919 wurde durch Initiative von Gartenaktiven das Gesetz der „Kleingarten- und Kleinpachtlandverordnung“ der Weimarer Republik erlassen. Dieses Gesetz beinhaltete die Forderung, dass jeder genügend Land bekommen sollte um den Eigenbedarf für Kartoffeln und Gemüse zu erwirtschaften. Dieses geforderte Recht auf Nahrung durch einen freien Zugang zu einem Stück Land wird auch heute wieder von vielen Bürgergruppen und NGOs in der ganzen Welt gefordert und stellt sich damit vor das Recht auf ungezügelte Bau- Boden- und Investmentspekulation.101 101 vgl. ebd. S.323f. 47 8. KRIEGSGÄRTEN In Zeiten des Krieges haben Gärten die wichtige Funktion der Lebensmittelversorgung, ganz abgesehen von ihrer wichtigen Rolle im Bezug auf das Wohlbefinden der Menschen. Im Kontext von Krieg, Tod und Zerstörung bietet ein kleines Stück „Grünstreifen“ Freiheit und etwas, woran man positiv glauben kann. „If the Edenic ideal of paradise is found at one extreme, its opposite is found in the landscape of hell.“ „Vielleicht ist das Gartenerlebnis nie intensiver und bedeutungsreicher als dann, wenn die Hölle nah ist, im Krieg.“102 schreibt Kenneth Helphand103 in seinem Buch Defiant Gardens, indem er die Wirkung und Bedeutung von Gärten in Kriegszeiten des 20. und 21. Jahrhunderts untersucht. Aufgrund dieser Untersuchungen kommt er zum Schluss, dass dabei nicht das Verhältnis von Größe oder Lebensdauer eines Gartens entscheidend sind, um eine Wirkung und einen Stellenwert zu erzeugen, sondern selbst der Blick auf einen Garten oder ein Blumentopf als Auslöser fungieren kann.104 Dabei spielt die Schönheit und Ästhetik eines Gartens eine genauso essentielle Rolle wie die Nahrung selbst.105 8.1. Liberty Garden, Victory Garden Aufgrund der Lebensmitteleinschränkung im 1. und 2. Weltkrieg wurden von allen Regierungen, welche am Krieg beteiligt waren, Gesetze erlassen, die das Aufspüren und Anlegen von Kleingärten antrieben, um die Lebensmittelversorgung der eigenen Bevölkerung zu sichern. Hier stehen einzelne Beispiele exemplarisch für alle am 1. und 2. Weltkrieg beteiligten Länder. In den USA kam es im 1. Weltkrieg erst relativ spät zu einer Mangelsituation. 1917 initiierte der Unternehmer Charles Lathrop Pack (1857-1937) eine Gartenkampagne mit verschiedenen Parolen: „Sähe die Saat des Sieges und ziehe dein eigenes Gemüse“ oder „Jeder Garten eine Munitionsfabrik“. 102 Helphand Kenneth: Defiant Gardens. Making Gardens in Wartime.Trinity University Press, San Antonio, Texas, 2006, S.7. 103 Landschaftsarchitekt, Schriftsteller und seit 1974 Prof. an der Universität Oregon. 104 vgl. ebd. S.13. 105 vgl. ebd. S.5. 48 Dies war der Anfang der sogenannten Liberty Gardens.106 Während des 2. Weltkrieges, förderte die Amerikanische Regierung die Anlage von sogenannten Victory Gardens in der Stadt. Wer einen Streifen Grün vor dem Haus hatte, ob in der Stadt oder in den Vororten, sollte Gemüse anbauen, um die Versorgung der Truppen in Übersee zu entlasten. 1945 produzierten diese Kriegsgärten 40 Prozent des Gemüses, das die Amerikaner verzehrten.107 Auch in Großbritannien wurde 1939 eine „Dig für Victory“ Kampagne gestartet, obwohl zu dieser Zeit das Land noch nicht aktiv am Krieg beteiligt war. Dazu wurde jeder Brite aufgerufen, jede eigene Freifläche in einen Nutzgarten umzuwandeln. Darüber hinaus wurden Tennisplätze, Parks, Eisenbahngelände, Weideland, Brachflächen zu Gemüsegärten umgestaltet. Das schaffte nicht nur Versorgungssicherheit, sondern auch Platz in den Handelsschiffen für kriegswichtige Produkte. Selbst die Soldaten im Schützengraben pflanzten teilweise Gemüse an, wo sie oft monatelang Stellung beziehen mussten und frisches Gemüse rar war. Ab Mitte der 1950er Jahre erholte sich die wirtschaftlich schwierige Situation und die Notwendigkeit und das Interesse am Kleingarten schwand. 108 Abb.20 Abb.21 Abb.22 Abb.23 8.2. Kleingärten unterm Hakenkreuz 1933 wurden auch die eher unpolitischen Kleingartenvereine gleich geschaltet und 106 vgl. Pöppelmann, 2012, S.88. vgl. http://www.architektur-online.com/kolumnen/urban-farming-urban-gardening am 2.8.2015 um 21.07Uhr. 108 vgl. Pöppelmann, 2012, S.92f. 107 49 zum Reichsbund der Kleingärtner und Kleinsiedler. „Jeder rassisch einwandfreie, erbgesunde und bäuerlich denkende deutsche Volksgenosse hat ein Recht darauf, ein kleines Stückchen deutscher Erde selbst bebauen zu dürfen.“109 1938 sollten ein Viertel aller Familien mit Mietwohnungen Kleingärten bekommen. Hintergrund dieser Maßnahme war Hitlers Ziel Deutschland möglichst autark von innen zu stärken um das Land auf den Krieg vorzubereiten. So wurden Schrebers Gesundheitsvorschläge in soziale Anliegen umgedeutet. Das Gärtnern diene dem Gemeinwohl vor dem Eigenwohl. Jedes erwirtschaftete Kilo Gemüse stärkt die Abwehrfront gegen den Feind, lautete es in einem Mitteilungsblatt von 1939. Als sich 1943 die Versorgungslage massiv verschlechterte, wurden auch Grünflächen, Spielplätze, und öffentliche Brachflächen bepflanzt. Die Bäume des Berliner Tiergarten wurden zu Brennholzzwecken gefällt und im Sommer 1946 breitete sich vor der Ruine des Berliner Reichtages eine Kleingartenkolonie aus. Abb.24: Berlin 1946, Kleingartenkolonie vor dem zerstörten Reichstagsgebäude Während im 2.Weltkrieg die deutsche Bevölkerung anfangs noch von den Plünderungen des Militärs in Russland profitieren konnten, änderte sich dies 1943 mit dem Scheitern der Schlacht bei Stalingrad. Die deutschen Truppen wurden in 109 Pöppelmann, 2012, S.98. 50 Russland von der Roten Armee eingekesselt und mussten schließlich kapitulieren.110 Nach massiver Verschlechterung der Ernährung der Bevölkerung in Deutschland wurde diese dazu aufgerufen, jedes Stück Brachland zu bepflanzen.111 Durch die Bombenangriffe wurden immer mehr Menschen obdachlos. Wer bereits eine Laube besaß, quartierte sich dort ein, andere zimmerten sich aus Bauschutt der zerstörten Häuser neue Lauben. Auch die Regierung gewährte ab 1943 Reichshilfen, um eine Laube zum Behelfsheim umzurüsten. Abb.24: während des 1. Weltkriegs Abb.24a:Sellerie im Schützengraben1918 8.2.1. Der Garten in der Kindheit Gerda Klein112 wuchs in der polnischen Stadt Bielitz auf, wo ihre Eltern einen riesigen Garten hatten, in dem sie als Kind spielen konnte. Diesen Garten nannte sie „mein Paradies“. Im zweiten Weltkrieg kam sie als Teenager ins Lager Grünberg und wurde zur Zwangsarbeit verpflichtet. Später beschreibt sie die Zeit dort als „Grausamkeit vor einem Hintergrund voller Schönheit (...). Die sanft ansteigenden Weinberge unter dem saphirblauen Himmel schienen uns zu verspotten.“113 110 http://www.dhm.de/lemo/kapitel/der-zweite-weltkrieg/kriegsverlauf/schlacht-um-stalingrad194243.html am 26. 3.2016 um 13.26Uhr. 111 vgl. Pöppelmann, 2012, S.101. 112 Anm.: Gerda Weissmann-Klein, geb. 1924 in Bielitz, Polen, Holocaustüberlebende, Autorin. 113 Weissmann-Klein Gerda: Nichts als das nackte Leben. Rowohlt, Reinbek, 2001, S.242. 51 Zu Beginn jeden Arbeitstages marschierten tausend Mädchen in den Fabrikhof, in dem es „riesige, sternförmig angelegte Blumenbeete gab; entlang der Fabrikmauern waren Hunderte von Rosenbüschen gepflanzt; die Wege wurden von farbenfroh blühenden Tulpen gesäumt.“114 Für Gerda Klein war es schwer, dem Wunsch zu widerstehen, hinauszulaufen um eine Blume zu berühren. Denn dann wäre sie erschossen worden. An einem Tag, als in diesem Fabrikhof eine einzelne Blume den Weg durch den Asphalt gefunden hatte, teilte sich der Zug der marschierenden Mädchen, und die Füße dieser Mädchen machten einen Bogen um die Blume, damit diese nicht zertreten wurde.115 Die Blume, die sich ihren Weg durch den Asphalt bahnt, wird der Auslöser für tausende von Mädchen für ein lebensgefährliches Verhalten. Gerda Klein hatte in ihrer Kindheit im elterlichen Garten gespielt und positive Erfahrungen gespeichert. Der Garten als Spielplatz bietet unendlich viele Möglichkeiten, vom Beobachten der Kleintierlebewesen und Insekten, über das Verstecken hinter Büschen, das Naschen von Beeren und Früchten, über das Erleben von Jahreszeiten. Die Bezeichnung Paradies meint hier vor allem die Vielfalt an möglichen Erfahrungen, die im Garten gemacht werden können. Insofern bezeichnet der Ausdruck Paradies keine Projektion, sondern bezieht sich auf bereits gemachte, positive Erfahrungen in der Kindheit. George Eisen erzählt in seinem Buch „Spielen im Schatten des Todes“ von einem im Sterben liegenden Mädchen, das die Schwester bat, etwas grünes in der Hand halten zu wollen. Daraufhin kroch die Schwester unter Lebensgefahr durch ein Loch in der Ghettomauer auf die arische Seite in einen Park, um ein Blatt zu erheischen und es dem Mädchen zu bringen.116 Je extremer das Leben mit dem Tod konfrontiert wird, umso größer scheint die Sehnsucht nach etwas Grünem zu sein. Das Grün auch in noch so minimaler Form steht hier für Leben und Hoffnung. Ein gegenwärtiger Ort ruft Erinnerungen aus einer anderen Zeit und einem anderen Ort wach und kann diese Verknüpfung positiv besetzen. 114 ebd. S.245. vgl. ebd. S. 239. 116 vgl. Eisen George: Spielen im Schatten des Todes .Kinder im Holocaust. Piper, München/Zürich, 1993, S.95f. 115 52 Helphand schreibt: „Gardens can evoke other places; they can symbolize belief systems, the cosmos, social status or lifestyle.... They represent in intimate ways our connections to the natural world...the garden as a place apart, a different place.“ „Das Paradies ist ein Ideal, das räumlich und zeitlich an einem anderen Ort angesiedelt ist.“117 8.3. Der Rasen als Heimatsymbol Brook Turner, der während des Irakkrieges 2004 als Feldwebel stationiert war, ließ sich Grassamen aus der Heimat schicken, welche jedoch von Ameisen aufgefressen wurden. Daraufhin schaffte er es, an einen kleinen Rasenstreifen zu gelangen, den er täglich goss und pflegte. „Usually after work I will water the back yard and listen to the radio barefoot, and just relax and feel the cool grass.“ Zu Hause giesse ich nach der Arbeit immer barfuss den Rasen hinterm Haus und höre Radio, ich entspanne mich einfach nur und fühle das kühle Gras.“118 Abb.26: Brook Turners Garten, Irak 2004 117 118 Helphand, 2006, S.2. ebd. S.244. 53 8.3.1. Plastic Garden Ein weiteres Beispiel welchen Stellenwert ein Stück Rasen darstellt, zeigt „Plastic Garden“ im U.S. Air Force Base in Al KhariJ, Saudi Arabien, 1991. US Soldaten simulierten vor ihren Zelten Gärten, indem sie eine grüne Plastikplane als Rasenersatz auflegten und mit Sandsäcken beschwerten. Zusätzlich warnte ein handgeschriebenes Schild „Stay off near Grass“ vor dem Betreten des Rasens.119 Abb.27: Plastic Garden, U.S. Air Force Base in Al Kharj, Saudi Arabien, 1991 Das grüne Stück Rasen im Vorgarten der Amerikaner hat einem ikonischen Status mit tieferen Bedeutungsschichten. „ Der Rasen ist eine nationale Landschaft, er hat eine allgegenwärtige und prosaische Präsenz, die in ganz Amerika Häuser wie drapiertes Geschenkpapier umrahmt. Der ideale Rasen ist tief, grün, saftig, weich und gemäht.....und befriedigt tiefe Wünsche.“120 Er unterscheidet die Bedeutung des Vorgartens vom Garten hinter dem Haus. Während der Vorgartenrasen ein Zeichen zur Zugehörigkeit in der Gesellschaft darstellt und zur Repräsentation dient, scheint der Rasen hinterm Haus nach innen gerichtet zu sein. Er ist persönlicher gestaltet und ist nach außen hin abgeschottet. Meiner Meinung nach spielt hier die räumliche Ordnung und Überschaubarkeit eine 119 120 ebd. S.216f. Helphand Kenneth in: Versuche das Glück im Garten zu finden, S.61. 54 Rolle. Während der Krieg Chaos und Zerstörung bringt, stellt der immergrüne Rasen ein Stück Verlässlichkeit und Kontinuität dar.„In decorating their barracks and tents inside and out, soldiers expressed both their individuality and their membership in a larger community...gardens also collectively contribute to the formation of group identy.“ 121 121 Helphand, 2006, S.217. 55 9. URBAN GARDENING 9.1. Wurzeln des urbanen Gartenbaus Landwirtschaftlich genutzte Flächen in Städten gab es bereits in der Antike und im Mittelalter. Diese Stadtbauern nannte man Ackerbürger. Der Überschuss an Gemüse wurde zum Verkauf angeboten. Mit der Verstädterung, also der Vergrößerung der Städte wurden die Flächen für fehlenden Wohnraum kostbarer und so verlagerte man die Gärten an die Stadtränder, ähnlich wie die Klein- und Schrebergärten ab dem 19.Jahrhundert. Die Bewegung des „Urban Gardening“, die seit Mitte der 90 er Jahre ihren Boom erfährt, hat sich ursprünglich aus den New Yorker Gemeinschaftsgärten der 70er Jahre entwickelt. Diese sogenannten „Community Gardens“ wurden auf Brachflächen der Stadt angelegt. Neu und ungewöhnlich erschienen diese Gärten, da sie gärtnerische, ernährungspolitische, ökonomische, soziale, künstlerische und stadtgestalterische Fragen behandelten und belebten und dadurch konventionellen Lebensmodellen eine Alternative boten.122 Urban Gardening kann als Oberbegriff für viele verschiedene Arten von Landwirtschaft oder Gärtnern in der Stadt gesehen werden. Sie haben alle einen nicht-kommerziellen Charakter und sind gemeinschaftlich orientiert. Was damals schräg bunt und ungewöhnlich erschien, betrifft heute die Fragen der Weltpolitik, Umweltprobleme, globale Wirtschaftskreisläufe und Ernährungskrisen. 9.2. Formen des Urban Gardening 9.2.1. Community Garden – Der Liz Christy Garden in New York Die ersten Gemeinschaftsgärten entstanden während der Weltwirtschaftskrise in den 1970er Jahren in den nordamerikanischen Großstädten. Auf Brachflächen ergriffen dort Bewohner verarmter Innenstadtbezirke die Initiative und legten die ersten Community Gardens an.123 122 vgl.http://reset.org/knowledge/urban-gardening-mit-gaerten-die-welt-veraendern am 3.08.2015. Hennecke Stefanie und Gröning Gert (Hg.): Kunst - Garten - Kultur: Dietrich Reimer Verlag, Berlin, 2010, S.197. 123 56 Im Gegensatz zu den Schrebergärten, in dem jeder seine eigene Parzelle bewirtschaftet und diese durch die Abgrenzung des Zauns markiert wird, nutzen, pflegen und verwalten im Community Garden Viele die gemeinsame Fläche. „Der Gartenzaun markiert ein im Vergleich zu den Gemeinschaftsgärten grundlegend anderes, nämlich territoriales Verhältnis zu Grund und Boden.“124 „Der Gemeinschaftsgarten ist – im Gegensatz zum Schrebergarten nicht der Ort, an dem man sich von der Stadt zurückzieht, sondern im Gegenteil der Ort, wo man Stadt hineinholt.“125 Die New Yorker Künstlerin Liz Christy gründete 1973 in der Lower Eastside die Bürgerinitiative der Green Guerillas. Ihr Ziel war es, ihr Viertel mit den vielen verwahrlosten Grundstücken durch das Anlegen von Gärten zu verschönern. So entstand die „Houston Bowery Community Farm“ nachdem das als Müllhalde benutze Grundstück von vielen Helfern gesäubert wurde und ein Teich, eine Wildblumenwiese, Bäume und Sträucher gepflanzt wurden. Es gelang den Green Guerillas einige Monate nach dem Anlegen dieses Gartens, von der Stadt einen Pachtvertrag über die symbolische Summe von einem Dollar im Monat zu erhalten. Der „Liz Christy Garden“ ist bis heute erhalten und wird weiterhin durch freiwillige Mitarbeit und Spenden finanziert. Durch die Ableistung einer bestimmten Anzahl von Stunden bekommt man automatisch ein Mitbestimmungsrecht und einen Schlüssel zum Garten. Am Anfang der illegalen Besetzung solcher verwahrloster Grundstücke kam es zu Zusammenstössen mit der Polizei. Doch man erkannte relativ schnell, dass diese Art von Bürgerinitiative die Viertel vor der Verslummung bewahrten, und daher versuchte man möglichst viele dieser Gärten zu legalisieren. Dazu gründete die New Yorker Stadtverwaltung die Organisation „Green Thumb“, welche die Gärtner bei Pachtverträgen, Erde, Pflanzen und gärtnerischem und rechtlichem Know-How unterstützt.126 Mit dem Anlegen der ersten Community Gärten entstanden zahlreiche Bürgerinitiativen oder NGO`s (non governmental organizations, Nicht- RegierungsOrganisationen). Diese sind wie die Green Guerillas bis heute Non - Profit 124 Hagen, 2011, S.112. ebd. S.117. 126 vgl. Pöppelmann, 2012, S.156. 125 57 Organisationen, die durch ehrenamtliche Arbeit und durch fördernde Mitglieder bestehen und durch Fundraising auch einige Beschäftigte bezahlen kann.127 In New York gibt es heute ungefähr 800 Gemeinschaftsgärten, wovon 500 mit Green Thumb zusammenarbeiten. Abb.28: Liz Christy Bowery Houston Community Garden, New York Die Stadtverwaltungen profitieren von den Community Gärten, indem hässliche Brachflächen aufgewertet werden. Die Investitionen für die Stadtverwaltung im Vergleich zu einer regulär gepflegten Grünfläche sind verschwindend klein und würden nicht einmal für eine einfache Grünfläche ausreichen. Besonders in den USA hat sich die Broken- Windows- Theorie bewährt. Diese besagt, dass kleine Anzeichen von Verwahrlosung wie ein zerbrochenes Fenster, das lange nicht repariert wird, weitere Verwahrlosung und Zerstörung nach sich zieht, da der Vandalismus keine Motivation zu pfleglicher Behandlung vermittelt. Gibt es an diesen Orten gärtnerische Aktivitäten, so wirkt sich dieses Pflegen der Pflanzen auf die ganze Umgebung aus und vermindern Aggressivität und Vandalismus.128 127 vgl. Meyer-Renschhausen Elisabeth: Unter dem Müll der Acker. Community Gardens in New York City. Ulrike Helmer Verlag, Königstein/Taunus, 2004, S.18. 128 vgl. Pöppelmann, 2012, S.160. 58 9.2.2. Mobiler Garten – Der Prinzessinnengarten in Berlin Die Idee zur Gründung des Prinzessinnengartens bekam Robert Shaw durch die agricultura urbana in Kuba. Raúl Castro129 genehmigte Anfang der 90er Jahre den Gemüseanbau in städtischen Gärten nach dem marktwirtschaftlichen Prinzip des Angebots und der Nachfrage, nachdem mit dem Ostblock auch die Wirtschaft Kubas zusammengebrochen war. Daher wurde vom Staat die urbane Landwirtschaft `Revolution Verde` unterstützt, um die Auswirkungen der Wirtschafts- und Ernährungskrise einzudämmen. Auch heute noch wachsen mehr als zwei Drittel des in Havanna angebauten Gemüses innerhalb der Stadtgrenze.130 Robert Shaw und Marco Clausen gründeten 2009 im Bezirk Kreuzberg in Berlin den Prinzessinnengarten, benannt nach der angrenzenden Prinzessinnenstraße. Auf der seit vielen Jahrzehnten liegenden Brachfläche entstand ein urbaner Nutzgarten in der Größe eines Fußballfeldes (5600 Quadratmeter) mit einer Anbaufläche von 750 Quadratmeter. Direkt am Kreisverkehr Moritzplatz, der als Verkehrsknotenverteiler für den Kraftfahrzeugverkehr dient, ist dieser Platz sowohl durch eine starke Lärmkulisse als auch durch gewerbliche Nutzung gekennzeichnet. Bis 1943 befand sich dort das Warenhaus der Familie Wertheim, damals eines der größten Kaufhäuser in der Stadt.131 Das Besondere am Prinzessinnengarten ist seine Mobilität. Aufgrund der Kontaminierung des Bodens und der nur jährlich vergebenen Mietverträge durch die Stadt werden die Pflanzen in Hochbeeten aus Stapelbehältern und Reissäcken angebaut. Diese vom Boden unabhängige Anbauweise ermöglicht den ökologischen Anbau temporär in der Stadt. Alle Kosten, inklusive Miete werden durch die Einnahmen des Gartens gedeckt. Außer dem Verkauf des angebauten Gemüses wird auch Geld durch die Gartengastronomie eingenommen, durch Beratungsleistungen und Aufbau weiterer Gärten, durch Vorträge und Spenden in Form von Beet- und Gartenpatenschaften. 129 Anm.: Raúl Modesto Castro Ruz * 3. Juni 1931, seit 2008 Präsident der Republik Kuba seit 2011 Erster Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Kubas als Nachfolger seines Bruders Fidel Castro. 130 vgl. Hannover Jantje: http://www.zeit.de/2006/34/Das_Oekoparadies_im_Hinterhof am 29.09.2015 um 17.41 Uhr. 131 Schoas Björn: Gärten in Bewegung. Vom mobilen zum transistorischen Garten. Der Andere Verlag, Uelvesbüll, 2013. S.61f. 59 Das selbst angebaute Gemüse wird in der eigenen Gastronomie verarbeitet. Auch diese ist mobil in Überseecontainern untergebracht. Es gibt keine Besitzer von einzelnen Beeten, sondern jeder kann mitwirken, sich an Workshops beteiligen, den Garten als Ort des Lernens erfahren. Dazu wurde das gemeinnützige Unternehmen „Nomadisch Grün“ gegründet. Sowohl durch das Gartencafe und kulturelle Veranstaltungen ist der Prinzessinnengarten zu einem Ort des lebendigen Austausches geworden. Insgesamt kümmern sich 22 Personen um den Garten, wovon 13 vollbeschäftigt sind, ausgenommen die beiden Initiatoren. Darüber hinaus gibt es sehr viele freiwillige Helfer, die ungefähr 30.000 unentgeltliche Arbeitsstunden leisten.132 Abb.29: Prinzessinnengarten Berlin 2012 wurde die Petition Prinzessinnengarten gestartet, da die Gefahr drohte, dass das öffentliche Grundstück an die oder den Meistbietenden verkauft werden sollte. Clausen äußerte sich kritisch zu der Vorgangsweise, dass Stadtplanung sich nur am Kapital nicht aber an den langfristigen Interessen der Bewohner orientiere. 132 vgl. Clausen Marco und Müller-Frank Stefanie: Prinzessinnengärten. Anders gärtnern in der Stadt. Dumont Buchverlag, Köln, 2012, S.14f. 60 Durch das Einreichen der Petition an den Berliner Senat wurden 3 wesentliche Forderungen laut: - Die Verlängerung des Pachtvertrages um 5 Jahre. - Die Beteiligung der Bürgerinnen und Anwohnerinnen um deren Bedürfnisse zu berücksichtigen. - Ein gesichertes Planungsrecht für urbane Gartenprojekte, durch die eine nachhaltige Stadtentwicklung möglich ist. Abb.29: Prinzessinnengarten, Beete in Reissäcken und Stapelbehältern Im Dezember 2012 wurde vom Senat beschlossen, das Grundstück nicht zu privatisieren oder zu verkaufen. Unterstützt wurde die Petition durch 30.000 Unterschriften und Spenden zur Finanzierung der Petition. Der Erfolg dieser Aktion zeigt die Notwendigkeit der Bürgerbeteiligung und die Wichtigkeit von dem Erhalt von öffentlichen Freiflächen.133 133 vgl. Schoas, 2013, S. 68. 61 9.2.2.1. Kultur und Garten 2010 veranstaltete das Hebbel Theater Berlin das Festival Life Science and Urban Farming. Durch die Einladung an diesem Festival teilzunehmen, konnte die Mobilität und Vielfältigkeit des Prinzessinnengartens unter Beweis gestellt werden. Mit dem Umzug der auf Paletten gestapelten Beete verwandelte sich das Hebbeltheater im Jugendstil erbaut, zu einem lebendigen Garten. Speziell für den Bühnenraum wurde mit Pflanzen gearbeitet, die auch im Dunkeln wachsen, wie zum Beispiel Austernpilzen und Chicorèe. Der Garten diente jedoch nicht als Bühnenbild, sondern konnte von den Mitarbeitern des Theaters und den Nachbarn aktiv genutzt werden. Darüber hinaus gab es viele Vorträge, unter anderem vom Guerilla Gärtner Richard Reynolds zum Thema Stadtbegrünungsaktionen, Workshops zur Kulturpflanzenvielfalt, Theaterstücke, Konzerte, Performances und Imkerei in der Stadt. Das Ziel solcher Aktivitäten besteht, abgesehen vom Erwerb gärtnerischen Kenntnissen, vor allem im Vermitteln einer Haltung, die sich auch auf andere Bereiche übertragen lässt; sich verantwortlich zu fühlen, Vielfalt zu organisieren, einen Ausgleich zwischen Chaos und Ordnung zu finden, Geduld einzuüben und anstelle von kurzfristiger Rendite in langfristigen Erträgen zu denken.134 9.2.2.2. Die Gärten kehren in die Stadt zurück Nicht wegen der Sehnsucht nach dem Landleben sei der Prinzessinnengarten entstanden, sondern im Gegenteil aus der Sehnsucht nach einer lebenswerten lebendigen Stadt, in der es Austausch und Dialog gibt. Eine urbane Landwirtschaft, die Gegensätzliches vereint: Stadt und Land, Beetbeschriftungen und Weblog. Schaufeln und Smartphones.135 „Ein urbaner Garten kann so zu einer Art Versuchsfeld werden, auf dem sich provisorische Antworten auf die Fragen finden lassen, wie wir in Zukunft in der Stadt 134 135 vgl. Clausen, 2012, S.80f. vgl. ebd. S.53. 62 leben, wie arbeiten, wovon uns ernähren und wie wir lernen wollen.“ Die Lebensmittelskandale, der Klimawandel, der wachsende Ressourcenverbrauch, das Bevölkerungswachstum oder die Wirtschaftskrisen stellen globale Prozesse dar, auf die der Einzelne kaum zu reagieren in der Lage ist. Man bekommt den Eindruck, dass auch Experten und Politiker damit überfordert sind. Der Garten in der Stadt bietet die Möglichkeit etwas zu tun, Autonomie im kleinen Maßstab zu erlangen. Dieser kollektive Schaffensprozess wird von Nichtprofis getragen und zeigt ein Bedürfnis nach anderen Formen des Zusammenlebens, des Arbeitens und des Konsumierens.136 9.2.2.3. Recycling und soziale Kompetenzen Das Recyceln gilt beim Urban Gardening als wesentliche Ressource. Not macht erfinderisch. Behältnisse von Industrieprodukten wie Tetrapacks, Reissäcke und Bäckerkisten werden zum Anpflanzen benutzt. Durch das Umnutzen der Industrieprodukte entsteht eine neue Form von Produktivität und setzt Erfindergeist frei, wie etwa ein mobiles Gewächshaus aus Europaletten, Frischhaltefolie und Weideruten.137 Robert Shaw, einer der beiden Gründer von den Prinzessinnengärten meint: „Hier wachsen nicht nur Pflanzen, sondern auch soziale Kompetenzen.“138 Das wichtigste sei überhaupt die Kommunikation, denn urbanes Gärtnern bedeutet soziales Gärtnern. Die Bedeutung von sozialen Räumen besteht vor allem in ihrer Vielschichtigkeit. Diese Räume in Form eines Gartens, Platzes oder Ortes funktionieren über die Wechselwirkung von Mensch und Raum, wobei der Mensch zu einem handelnden Subjekt wird.139 Das Handeln in einem öffentlichen Raum steigert die Identifikation mit der städtischen Umgebung und der Einzelne fühlt sich im Austausch mit anderen eingebunden. 136 vgl. Clausen, 2012, S.41. vgl. Müller, 2011, S.38. 138 Rasper Martin: Vom Gärtnern in der Stadt. Die neue Landlust zwischen Beton und Asphalt. Oekom, München, 2012, S.107. 139 vgl. Schoas, 2013, S.36. 137 63 9.2.3. Interkulturelle Gärten Bei den interkulturellen oder auch internationalen Gärten geht es um das Fördern von Integrationsprozessen für Migranten und Flüchtlinge, sowie die Erhaltung der Kulturpflanzenvielfalt.140 Der erste interkulturelle Garten entstand 1995 in Göttingen in einem Beratungszentrum für bosnische Flüchtlingsfrauen. Die evangelische Kirche und Caritas engagierten sich, nachdem Flüchtlingsfrauen darüber klagten, am stärksten ihre Gärten aus der Heimat zu vermissen. Bei der Gründung dieses interkulturellen Gartens stand vor allem das Interesse diesen als Begegnungsort zu gestalten. Jeder erhält eine Parzelle und muss dafür eine kleine Pacht bezahlen. Die Parzellen sind nicht durch einen Zaun voneinander getrennt und anstelle einzelner Lauben gibt es einen Pavillon, in dem man sich trifft. Das Gärtnern lässt erste Verbundenheit zur neuen Heimat entstehen. Das Wissen über heimische und fremde Sorten kann hier ausgetauscht werden. Das aktive Tun verhilft zu Selbstachtung, auch wenn die Sprache noch nicht verstanden wird.141 Der Garten als Alltagsthema bietet einen Ort zum Austausch, unabhängig von der Herkunft oder dem Bildungsgrad. Manche Migranten bringen, wenn sie aus kleinbäuerlichen Verhältnissen stammen, ein gut anzuwendendes Wissen mit. 9.2.4. Guerilla Gardening Anfang der siebziger Jahre nahm eine kleine Gruppe New Yorker den Begriff als Aushängeschild für ihr Tun: illegales Gärtnern auf verlassenen Grundstücken im East Village. Die Gruppe nannte sich Green Guerillas in Assoziation an Che Guevara142, der für Rebellion und Abenteuer stand.143 Die Gruppe der Green Guerillas rund um Liz Christy (bereits im Kapitel Community Garden erwähnt) begannen mit der Begrünung brachliegender Flächen, indem sie Samenbomben, „Seed Bombs“ auf die 140 vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Internationaler_Garten am 29.09.2015 um 15.49 Uhr. vgl. Pöppelmann, 2012, S.164. 142 geb. 1928 in Rosario, Argentinien, gest. 1967 in La Higuera, Bolivien, zentr. Anführer der kub. Revolution. 143 vgl. Reynolds Richard: Guerilla Gardening Ein botanisches Manifest. Orange press, Westermann Druck Zwickau, 2009, S.14. 141 64 teilweise eingezäunten Grundstücke warfen. Bei Regen quillt die Erde auf und die Samen beginnen zu keimen. Die Grundmischung besteht aus Erde, Ton und Samen. Diese werden gemeinsam verknetet und zu kleinen Kugeln geformt. Nach dem Trocknen können die Samenbomben dann transportiert und geworfen werden.144 Im Jahr 2000 taucht der Begriff Guerilla Gardening wieder in den Medien auf, als der Londoner Guerilla Gärtner Richard Reynolds eine Protestaktion startete.145 Kritiker sehen seine Aktionen eher als Stadtverschönerung. Das Bepflanzen von vernachlässigten Blumenkisten habe nichts mit dem subversiv politischen Anspruch nach Selbstbestimmung, Herrschaftskritik und Rückeroberung von Gestaltungsfreiräumen zu tun. Es handle sich eher um eine unbezahlte Verschönerungsleistung für die Stadt, die Gefahr laufe, die Gentrifizierung anzukurbeln und somit eher zur Gefahr für soziale Freiräume zu werden. Außerdem wird ihm vorgeworfen, ausgewachsene Pflanzen dafür anzukaufen und diese mit dem Auto zu transportieren. Dies stehe im Widerspruch mit der Motivation des Guerilla Gardening, welches ökologisch nachhaltig agiert.146 Christa Pöppelmann bezeichnet Guerilla Gardening als Selbstverteidigung des modernen Stadtmenschen. Das betrifft die Machtfrage und Mitbestimmung, wer den Raum in der Stadt besetzen und gestalten darf. Churchill147 sagte angeblich, dass wir zuerst die Gebäude gestalten und diese anschließend uns formen. Insofern hat diese Entscheidung den Raum zu vereinnahmen und zu gestalten auch eine politische Dimension.148 Ein Slogan aus der Guerilla Gardening Szene lautet „Eine andere Welt ist pflanzbar.“149 Dieser Slogan geht von der Selbstermächtigung des Einzelnen aus und erwartet nicht die sozial gerechte Vereilung von übergeordneten Instanzen, sondern teilt selbst gemeinschaftlich, auf Augenhöhe. Diese Subsistenz orientiert sich am Maßstab des Eigenverbrauchs, um ein gutes Leben führen zu können.150 144 vgl.http://www.guerillagaertner.com/images/download/samenbomben.pdf am 26.08.2015 um 21 20 Uhr. 145 vgl. Schoas,2013, S.30. 146 vgl. Graf Barbara: Bachelorarbeithttp://www.laengenfeldgarten.at/wp-content/uploads/Der-GuerillaGarten-als-informeller-Lernort-und-sozialer-Freiraum.pdf am 26.08.2015 um 18.51Uhr, S.12. 147 geb.1874 in Woodstock, England, gest. 1965 in London, bedeut. brit. Staatsmann. 148 vgl. Rasper, 2012, S.109. 149 Pöppelmann, 2012, S.169f. 150 vgl. Müller,2011, S.259. 65 Das Tauschen von Saatgut und Wissen und der Hilfe ohne Gegenleistung bedeutet eine andere Ökonomie, die eine Abhängigkeit vom bestehenden System reduziert und ein neues Bewusstsein schafft.151 Als Interventionsform, die öffentlichen Raum neu nutzt und gestaltet, kann man Guerilla Gardening in Bezug auf Raumaneignung durchaus mit Graffiti vergleichen. Moosgraffiti könnte man als eine Mischform von Guerilla Gardening und Graffiti bezeichnen. Dazu wird Bier, Moos und Zucker zu einer Paste vermixt, die dann mit einem Pinsel auf eine Mauer, unter Brücken oder an anderen feuchten und schattigen Plätzen aufgetragen werden kann. Bei optimalen Bedingungen, beginnen die Sporen zu wurzeln und das Moos beginnt zu wachsen. Aus Moos entstehen auf diese Weise lebendige Bilder oder Botschaften.152 Von der rechtlichen Seite betrachtet ist jedes Pflanzen auf öffentlichen Flächen ohne Genehmigung in Deutschland und Österreich eine Straftat und kann als Vandalismus verfolgt werden. Meist aber haben die illegalen Gärtner keine Verfolgung zu befürchten, allerdings wird auf Gepflanztes nicht immer Rücksicht genommen. 9.2.4.1. Der Längenfeldgarten in Wien Als Beispiel für einen Guerilla Gemeinschaftsgarten in Wien gibt es seit 2010 den Längenfeldgarten nahe der U- Bahn Station Längenfeldgasse im 12. Bezirk. Mitglieder von KUKuMa153 entdeckten diese Flächen und bepflanzten sie in den ersten beiden Jahren. Die damals tristen Rasenflächen wurden ohne Erlaubnis der Stadt Wien umgegraben, um Gemüsebeete anzulegen. 25 Leute sind im Durchschnitt aktiv im Garten, manche haben ein eigenes Beet, die meisten kümmern sich aber gemeinschaftlich um die Pflanzen. Es kommen auch Menschen aus der Nachbarschaft zum Unkraut Jäten und Gießen. Die Motivation zum Gärtnern reicht von der Leidenschaft für selbstgezogenes Gemüse bis zum politischen Anspruch der Rückeroberung des öffentlichen Raums. Ist der Boden für alle da oder besitzen ihn 151 vgl. ebd. S.270. vgl. Graf, S.18. 153 Anm.: Netzwerk für Kunst und Kulturprojekte in Wien. 152 66 einige wenige? Bei dieser Form des Urban Gardening geht es um mehr als den Wunsch nach Selbstversorgung oder Verschönerung. Die Stadt von unten gestalten, kollektive Räume für alle zur Verfügung zu stellen, nicht nach den Gesetzen des Eigentums verteilen. Abb.30: Längenfeldgarten Wien 9.2.4.2. Obdachlosengärten Eine Sonderform des urbanen Gartens, stellt der Obdachlosengarten dar. Obdachlos zu sein, bedeutet keine Wohnung als Schutz oder Rückzugsort zu besitzen. Und da kann das Improvisieren mit gefundenen Materialien einen Ersatz für diesen individuellen Schutzraum bieten. Anhand von Obdachlosengärten kann bewiesen werden, schreibt Harrison, dass Gärten auf menschliche Bedürfnisse eingehen, die sich nicht auf animalische Triebe reduzieren lassen. Selbst wenn das tägliche Überleben nicht gesichert ist, gibt es an solchen Orten Gärten. Die „Nutzlosigkeit“ und Atmosphäre dieser Gärten steht in starkem Kontrast zu ihrer Umgebung, den Slums von New York. Diese sind provisorisch aus verschiedensten Materialien wie Müll, Spielzeug, Blätterhaufen und sonstigen Gegenständen zusammengefügt. Durch die Anordnung von Materialien und der 67 Einführung von Farben und kleinen Wasserflächen, sowie Stofftieren wird symbolisch der Geist von Pflanzlichem und Tierischem heraufbeschworen. Diese synthetischen Konstruktionen, deren Bezugsgegenstand die natürliche Welt zu sein scheint, rechtfertigt es, wenn auch in einem „befreiten„ Sinn, das Wort Garten zu verwenden. Abb.31: Jimmy´s Garden, New York, 1991 Abgesehen von dem schöpferischen Drang etwas zu gestalten und zu verschönern, hat es mit dem Drang zu tun, inmitten von einer unruhigen Umwelt eine Oase der Ruhe zu schaffen. Man könnte behaupten, dass Gärten in ihren verschiedenen Formen die grenzenlose Natur auf menschliche Dimensionen verweisen. Und ebenso verleihen die vergänglichen Gärten von New York einer sonst grenzenlosen städtischen Weite menschliche Dimensionen. In der Ruhelosigkeit verleihen die Obdachlosengärten der Stadt wieder Ruhepole für Menschen.154 154 vgl. Harrison, 2010, S.66-70. 68 10. DER GARTEN IN DER ZEITGENÖSSISCHEN KUNST Der Garten in der Kunst hat seinen Vorläufer in der Land Art, welche ihre Wurzeln in der Landschaftsmalerei verortet. Die Landschaftsmalerei begann mit der Verstädterung und der damit einhergehenden Sehnsucht nach der Landschaft und der Natur. Brigitte Franzen155 klassifiziert drei verschiedene Arten von Künstlergärten: - „erstens Gärten, die nur als theoretisches Konzept in Bild und/oder Textform oder als bewegte, möglicherweise vertonte Bilderfolge existieren; - zweitens Projekte, die als dreidimensionale Denkmodelle zum Beispiel in Form von Installationen realisiert werden. - Die dritte Art des Künstlergartens wird durch Landschafts- und Naturfragmente gebildet, die als gestaltet und angelegt erkennbar sind und deren Material natürlich oder zumindest an der Natur orientiert ist.“156 Die Verbindung zwischen Kunst und Natur ist die Ästhetik. Künstler hinterfragen und untersuchen die moderne Paradiesvorstellung. Sie nutzen den Garten als Ort der Transformation, indem gesellschaftliche Prozesse und technische Entwicklungen aufeinaderprallen. Sie verbildlichen Vorgänge, die vorher gedankliche Konstrukte waren und verwenden das Motiv des Gartens als Raum für Denkprozesse und Erfahrungsraum.157 10.1. Jenny Holzer – Black Garden Bei dem 1994 eröffneten schwarzen Garten der amerikanischen Künstlerin Jenny Holzer158 in Nordhorn/ Niedersachsen handelt es sich nicht um ein autonomes Kunstwerk im öffentlichen Raum, sondern um eine Umgestaltung und Ergänzung einer städtischen Gedenkstätte für die Gefallenen der Kriege 1870/71, des Ersten und Zweiten Weltkrieges. 1929 wurde die Gedenkstätte zum ersten Mal eingeweiht 155 Kunsthistorikerin, geb. 1966 in Freiburg, Breisgau. Franzen Brigitte: Die vierte Natur. Gärten in der zeitgenössischen Kunst. Kunstwissenschaftliche Bibliothek Bd.11., Hg. Posthofen Christian, Verlag Walther König, Köln, 2000, S.194. 157 vgl. Bianchi Paolo (Hg.): Künstler als Gärtner. Kunstforum International Bd.145, Verlag Kunstforum, Köln, 1999, S.49-53. 158 US- amerik. Konzeptkünstlerin, geb.1950 in Gallipolis, Ohio. 156 69 und ab 1938 bekam sie den Namen „Mahnmal am Langemarckplatz“. Die ursprüngliche Form des Mahnmals: Eine geschlossene runde Fläche von ringförmig angeordneten Kalksteinsegmenten, aus der sich ein runder Sockel aus Kalkstein mit der Inschrift „Die Gefallenen sind es, auf denen das Leben steht. Liebe und Dank verbindet die Stadt Nordhorn mit ihren im Weltkriege 1914-18 ruhmreich gefallenen Heldensöhnen.“ Jedes Segment trägt außerdem die Angaben der Gefallenen. Ursprünglich gab es noch eine Bronzefigur eines knieenden, nackten Jünglings auf dem Sockel, welche aber 1933 von der SA159 demontiert wurde. Diese wurde in den fünfziger Jahren durch eine Metallschale ersetzt. Außerdem wurden Ende der fünfziger Jahre 23 Bronzetafeln für die Toten des zweiten Weltkrieges an einer langen Wand unterhalb des Segments hinzugefügt. Abb.32: JENNY HOLZER, Black Garden, 1994 Durch zwei gebogene Treppenabgänge aus Ziegelstein ist die untere Ebene zu erreichen. 159 Sturmabteilung, paramilitärische Organisation der nationalsozial. Partei während der Weimarer Republik 1920. 70 Das Problem dieses Mahnmals in Nordhorn und der damit notwendigen Neugestaltung hängt vor allem mit seiner seit dem Nationalsozialismus beibehaltenen Namensgebung Mahnmal Langemarckplatz zusammen. „Der Mythos von Langemarck“ bezieht sich auf die verlustreiche Schlacht von Flandern im November 1914, die durch die siegreiche Opferung der Jugend im Nachhinein verklärt wurde. Abb.33: JENNY HOLZER, Black Garden, 1994 Die Nationalsozialisten eigneten sich diesen Mythos an, um die Hingabe – und Opferbereitschaft der eigenen Jugend zu rechtfertigen, meint Lebrecht Forke160. Aus diesem nationalsozialistischen Kontext musste die Gedenkstätte befreit werden. Jenny Holzers setzte sich bereits 1987 bei der Ausstellung „Skulptur Projekte in Münster“ mit einem Kriegsdenkmal in einem Schlosspark auseinander und es ist anzunehmen, dass dies bei der Auftragsvergabe ausschlaggebend war. 160 geb. 1940, Vorsitzender des Stadtpartnerschaftskomitee von 1990-2011 in Nordhorn. 71 Die Umgestaltung durch Jenny Holzer zu einem Garten Jenny Holzer integrierte die bereits bestehende Gedenkstätte in einen Garten. Sie reagierte auf die bestehenden kreisrunden Segmente indem sie ihnen, wie sie selbst sagt, ein Echo geben wollte und ein in konzentrischen Kreisen über ein Kreuz gelegtes Wege- und Beetesystem in der unteren Ebene der Gedenkstätte anlegte. Das aus vier Ringen bestehende Wegesystem wird so in der Aufsicht zu einer Zielscheibe. Die Verbindungswege zu den Kreisen ergeben ein Kreuz, das durch die Richtung zur Gedenkstätte als Schräg- oder Andreaskreuz zu lesen ist und im christlichen Zusammenhang mit Opferung assoziiert wird. Die Beete und Randbereiche, auch um die Gedenkstätte herum, wurden mit Blumen, Sträuchern, Büschen und Bäumen bepflanzt, die durch die Bezeichnung, Farbe, Frucht, Rinde assoziativ die Farbe Schwarz beinhalten. Am Eingang der Anlage zur Gedenkstätte des Ersten Weltkrieges stehen zwei Trauerblutbuchen und in der Mitte des Black Garden wächst ein schwarzfruchtiger Apfelbaum, ein Symbol für Fruchtbarkeit und Leben. Man kann darin auch den Baum der Erkenntnis aus dem Paradiesgarten und der damit zusammenhängenden Erkenntnis und Sterblichkeit erblicken. Als Kontrast zur Farbe Schwarz hat Jenny Holzer im Bereich der Tafeln für die politisch und rassisch Verfolgten einen kleinen White Garden angelegt. Über die symbolische Bedeutung der Farbe Weiß als Unschuld, Reinheit und Licht wird ein besonderes Augemmerk auf diese Opfer gelenkt. Es gibt außerdem fünf Bänke aus ziegelrotem Bentheimer Sandstein, in welche englisch und deutsch übersetzte Texte eingemeißelt wurden. Die Farbe Rot wiederholt sich auch in den aus rotem Wesersandstein eingefassten Beeten vor und auf den mit rotem Ziegelsplit bestreuten Wegen. Die Bankinschriften erzählen von verschiedenen Arten des Sterbens und des Todes im Krieg und zeigen einen Ausschnitt aus Jenny Holzers neunteiligen Textzyklus „War“. Die einerseits eher idyllische Atmosphäre des Gartens steht im Kontrast zu den Texten über Krieg und Gewalt. Die Funktion der Bänke, die zum Verweilen, Nachdenken und Meditieren einladen, geben durch die eingemeißelten Texte Anlass zur Provokation und die Frage ist, ob der Besucher überhaupt wagt darauf Platz zu nehmen? So wie jedem Garten das Wachsen, Blühen und Verwelken der Pflanzen eingeschrieben ist, so laufen auch die verschiedenen Bedeutungsebenen auf den Kreislauf von Geburt, Leben und Tod und neuer Geburt hin. Durch die sich durchziehende Farbe Schwarz, die immer an Tod und Trauer erinnert, will allerdings nicht recht die Hoffnung 72 einziehen und es bleibt eine Nuance Tod haften. Das eher aufwändige Pflanzkonzept von Jenny Holzer musste allerdings im Lauf der Zeit wegen der klimatischen Gegebenheiten reduziert werden.161 10.2. Gregory Crewdson – Twilight Der 1962 in Brooklyn, New York geborene Künstler inszeniert in seinen Fotografien die amerikanische Vorstadt, die idyllisch und zugleich unheimlich anmutet. “ ...in all of my photographs I`m very much interested in creating tension; between domesticity and nature, the normal and the paranormal, or artifice and reality, or what`s familiar and what`s mysterious. We could call that an interest in the uncanny: the terrifying and the familiar.“162 Seine erste Serie „Natural Wonder“ erinnert an Dioramen aus naturhistorischen Museen, eine Montage aus präparierten Tieren, Körperteilen und Blumen im Vordergrund und der amerikanischen Kleinstadt mit ihren Holzhäusern und Gärten im Bildhintergrund. Als seien diese Fotografien einem David Lynch Film entsprungen, wirkt der Garten, die domestizierte Natur, unheimlich und surreal. Der idyllische Garten mutiert zu einem Ort des Unbehagens, an dem gleich etwas passieren wird. Die Natur in diesen Gärten verliert ihren idyllischen Charakter, ihre Harmlosigkeit und Normalität. Das Unheimliche bezeichnet Crewdson als das Zentrum von jeder „Twilight“Erzählung. Sigmund Freud163 definierte den Begriff des Unheimlichen 1919 folgendermaßen: Das Unheimliche ist das einst Vertraute, etwa ein infantiler Wunsch oder der kindliche Glaube an die Allmacht der Gedanken. Dieses Vertraute wurde verdrängt oder überwunden und hielt sich im Unbewussten verborgen. In unheimlichen Erlebnissen und Vorstellungen kehrt es in entfremdeter Form wieder. Der Angstcharakter des Unheimlichen beruht darauf, dass der Affekt jeder Gefühlsregung durch die Verdrängung in Angst verwandelt wird.164 161 vgl. http://edoc.hu-berlin.de/kunsttexte/download/kume/sachs.PDF am 29.08.2015 um 16.24 Uhr. vgl. Gregory Crewdson, Interview with Bradford Morrow, in: Gregory Crewdson. Dream of Life, Editiones Universidad de Salamanca, 1999, S.20. 163 dt. Neurologe und Psychologe beb. 1856 in Freiberg, gest. 1939 in London. 164 vgl. Freud Sigmund, Das Unheimliche, in: Gesammelte Werke, Bd.XII, Frankfurt am Main,1999, S.229-268. 162 73 Die Natur folgt Regeln, die sich menschlichem Verständnis entziehen und in dem schlussendlich die Natur den Raum des Menschen überwuchert und erobert. Crewdson fokussiert immer wieder die Schnittstelle zwischen Natur und Kultur, um ein neues Verhältnis zu zeigen: indem etwa die Blumen im Innenraum wuchern oder der ordentliche Rasen zu einem unansehnlichen Berg aufgehäuft wird, ein entwurzelter Baum quer durch das Wohnzimmer ragt. Die ungebändigte Natur ist nun im Wohnzimmer angekommen und somit hat auch dieser Ort seine schützende Funktion verloren.165 Abb.35: GREGORY CREWDSON, Serie Twilight,1998 Schutzlos wirkt auch die nackte Frau, die in dieser Wohnzimmeridylle auftaucht. Auch sie ist ein Verweis auf die Natur, möglicherweise stellvertretend für die Eva aus dem Paradies. Eine gealterte Eva, die aussieht als sei sie viele Jahre umhergeirrt um nun endlich ins Paradies zurück zu finden. (Abb.36) 165 vgl. Berg Stephan (Hrsg.): Gregory Crewdson 1985-2005. Hatje Cantz, Hannover, 2005, S.12-14. 74 Abb.36: GREGORY CREWDSON Serie Twilight untitled 2 Abb.35: GREGORY CREWDSON, Twilight,1998 Abb.34: GREGORY CREWDSON, Twilight, 20 75 Crewdson konstruiert so komplexe Bildwelten, in denen er die Ikonografie der Landschaft und Natur für psychologische Neurosen, Furcht oder Sehnsüchte benutzt. Dieser Blick auf die entfremdete und beschädigte amerikanische Psyche wurde sehr wahrscheinlich auch durch den Beruf seines Vaters, einem Psychoanalytiker, geprägt.166 Bei seinen Inszenierungen überlässt er nichts dem Zufall, die Orte seiner Aufnahmen gleichen Filmsets. Auf dem Bild „pregnant woman“ ist eine Schwangere im nächtlich stillen Garten zu sehen. Nils Ohlsen bezeichnet diese Arbeit unter anderem aufgrund der Betonung des Gartenzauns als moderne Antwort auf den mittelalterlichen Bildtypus der Maria167 im Rosenhag .168 Dies entspricht auch dem hortus conclusus, allerdings fehlen in diesem Garten jegliche Attribute, welche die Symbolik der Jungfrau Maria unterstreichen. Der eingezäunte Garten macht eher einen verwahrlosten Eindruck. Abb.37: GREGORY CREWDSON Untitled (Pregnant Woman), 2001 166 vgl. Steinke Darcey: Gregory Crewdson: Dream of Life, Editiones Universidad de Salamanca, 1999, S.21. 167 bezieht sich auf das Bild „ Madonna im Rosenhag“ von Stephan Lochner um 1450 168 vgl. Ohlsen Nils (HG.): Garten Eden. Der Garten in der Kunst seit 1900. Kunsthalle Emden, Du Mont, Bonn, 2007, S.97. 76 10.3. Susanne Lorenz – Erinnerungsgarten In den Garteninstallationen von Susanne Lorenz169 wird der kulturelle Transfer im Zeitalter der Globalisierung thematisiert. Das Fenster bietet die Perspektive, den Durchblick in andere Welten. Das Fenster verweist dabei auf die Albertische Perspektiv-konstruktion und bezieht sich ebenso auf die durch das Betriebssystem Microsoft Windows bekannt gewordene Bezeichnung “Fenster“ als Ordnungssystem der Benutzeroberfläche eines Computers. Die 1998 entstandene Arbeit „nach England, nach China, nach Japan“ bietet den Blick durch drei Fenster um die Installation der drei Gärten zu sehen. Jeder Garten beinhaltet ein Merkmal aus der Gartenkultur des im Titel genannten Landes. Die Künstlerin bereiste diese Länder auch selbst um deren Gartenkultur zu studieren. Lorenz komponiert Landschaftsmotive als Erinnerungsmomente an konkrete Reisen um sie anschließend zu einem neuen virtuellen Ganzen zu kopieren. „Nach England“ Lorenz bezieht sich in dieser Installation auf den Englischen Landschaftsgarten. Sie kombiniert Pflanzen, die in dieser Kombination sonst nicht zu erwarten wären, wie etwa Chrysanthemen in einem Waldstück mit Pilzen. In Anlehnung an den Abb.38: SUSANNE LORENZ, Nach England, 1998 169 geb. 1969 in Hannover, bildende Künstlerin und seit 2010 Professorin an der HDK Berlin. 77 Englischen Landschaftsgarten, bei dem es um malerische Ausblicke geht, kann man sich diese wie in einem Landschaftsgemälde durch die eigene Bewegung erschaffen. Durch diese Inszenierung macht sie die Konstruiertheit des Prinzips natürlicher Landschaft, das die englische Gartengestaltung propagierte, aber nie realisierte, sichtbar. „Nach China“ Für das zweite Fenster installierte die Künstlerin ungewöhnlich geformte Steine, wie sie in chinesischen Gärten zu sehen sind. Diese gestaltete sie aus Tuffstein zu einer Miniaturlandschaft, welche im Vorbild des chinesischen Gartens das Abbild eines idealen Universums widerspiegeln soll. Hier wird durch die versatzstückhafte Zitatästhetik diese Möglichkeit infrage gestellt, eine ideale Landschaft zu produzieren. Der Mensch, der für diese Harmonie wichtig wäre und dessen eigene Bewegung und Einbeziehung bleibt ausgeschlossen. Der Garten gefriert zu einem Bild, wird im Sinne des Windows bildschirmhaft. Abb.39 : SUSANNE LORENZ, Nach China, 1998 78 „Nach Japan“ Hier hat sie die Kegelform eines Berges, wie ihn der Fujijama als Idealbild darstellt, vervielfacht. Solch künstlich angelegte Berge kennt man von den Sugiyama- Gärten sie wurden traditionell seit der Edo- Zeit in der japanischen Gartengestaltung mit Rasen begrünt. Durch die Wiederholung der immer gleichen Hügelform und durch den Gebrauch von Rollrasen überzeichnet Lorenz die Einfachheit der Struktur und reduziert die Erinnerung auf dieses eine stilisierte Element. Abb.40: SUSANNE LORENZ, Nach Japan, 1998 Die Künstlerin Susanne Lorenz überträgt die Tradition des Gartens als Reiseerinnerung auf die virtuelle Welt, wodurch ein Ortswechsel hinfällig wird. Durch die ständige Verfügbarkeit von Bildern im Internet kann man sich die Erinnerung selbst montieren und collagieren. Sie kritisiert die europäische Aneignung exotischer oder historisierender Elemente, die eher von einer Einverleibung denn von Auseinandersetzung zeugen. 170 170 vgl. Hennecke, 2010, S.143ff. 79 10.3. Paul Mc Carthy – The Garden Paul Mc Carthy171 entwarf diese Installation mit Teilen des Original Filmset der TVSerie Bonanza. Zusätzlich verwendet er in dem Garten als Dekorationsteile Puppen, die noch perfekter als Schaufensterpuppen die Physiognomien von vielleicht existierenden Menschen nachahmen. Die Ausführung der Puppen übernahm die gleiche Firma, die auch der Disney Konzern für die Anfertigung seiner Figurinen in den Vergnügungsparks beauftragte. Ihre Physiognomie ist auf Distanz konzipiert und zeigt eine stereotype Mimik. Die Anlage des Gartens kann vom Betrachter nicht betreten werden. McCarthy zeigt ein mediatisiertes und fragmentiertes Gartenbild. Der Garten bekommt hier die Funktion einer Bühne, bei welcher der Betrachter zum Zuschauer wird. Dieses Landschaftsfragment der Installation „Garden“ beträgt ca. 50 qm Grundfläche und sieben Meter Höhe. Darin verteilen sich große Bäume und kleine Birken, Felsen und kleinere Steine und vertrocknete Blätter. Der Boden ist von Moos und künstlichem Gras bedeckt. Die Unterkonstruktion der Installation wird nicht versteckt, sondern erhöht durch die Sichtbarkeit den künstlichen Charakter. Dieses Vortäuschen von Natur erinnert an ein Diorama, bei welchem künstliche und echte Anteile vermischt werden. Die Akteure in diesem Garten sind zwei männliche Puppen, die mit einem Baum und auf der Erde mechanisch kopulieren. Dem , der den Baum fickt, ist Hose in die Kniekehlen gerutscht, während seine Mimik verbissen aber auch regungslos bleibt. Das Gestänge, das für die Zug- und Druckmechanik notwendig ist, wird auch hier nicht versteckt, sondern ragt auf der einen Seite des Baumes hervor. In der Nähe liegt der zweite jüngere Mann auf der Erde und bewegt sich rhythmisch. Es könnte sich um die Konstellation Vater, Mutter, Sohn handeln und Vergewaltiger und Vergewaltigte. Vater und Sohn benutzen das weibliche Motiv der Mutter Natur zur Selbstbefriedigung. Das Motiv der Mutter Erde stammt aus der griechischen Mythologie, in der Gaia (deutsch auch Gäa) als Urprinzip das Leben gibt und nimmt und aus sich 171 geb. 1945 in Salt Lake City, Utah. US amerikan. Performancekünstler. 80 selbst heraus Himmel, Meer und Gebirge erzeugt.172 Bei McCarthy wird die Natur als Konstruktion von Weiblichkeit sexualisiert. Abb.41 u. 42: Paul McCarthy, The Garden, 1992 Mc Carthy stellt der Konstruktion und Künstlichkeit von Natur die Konstruktion von Geschlechterzugehörigkeit gegenüber. Die Installation des Gartens wird dabei einerseits als Mutter Natur personifiziert und repräsentiert zugleich einen Raum und ein Objekt für sexuelle Handlungen, also ein zwiespältiger Ort der Moral und Amoral und des Tabus. Durch die Annäherung an tabuisierte Themen in der Kunst wirft er auch die Frage nach deren Darstellbarkeit in der Kunst auf. Die Provokation, die er damit auslöst, orientiert sich mehr am amerikanischen puritanischen Kontext als dem traditionell europäischen. Die einseitig weiße heterosexuelle Ausrichtung und stereotype Darstellung von Sexualität in den amerikanischen Medien wird immer wieder angeprangert. Mit dem Mythos des Bonanza Western thematisiert er aber auch die amerikanische Pseudo-Naturverbundenheit der Darsteller und die Doppelmoral sexueller Tabus.173 172 vgl.https://de.wikipedia.org/wiki/Gaia_%28Mythologie%29 am 8.2.2016 um 20.17Uhr. vgl. Franzen, 2000, S.142ff. 173 81 11. CONCLUSIO Es kristallisieren sich vor allem zwei Pole für die Bedeutung des Gartens heraus: Der Garten als Subsistenzwirtschaft, der die reale Existenz sichert und auf der anderen Seite der Garten als Ort der Hoffnung und Unversehrheit, ein Ort, an dem der Mensch mit sich und Natur verbunden ist, ein Ort der Utopie. Michel Foucault meint, „dass es in allen Gesellschaften Utopien gibt, die einen genau bestimmbaren, realen auf der Karte zu findenden Ort besitzen und auch eine genau bestimmbare Zeit.“174 Utopie wird übersetzt als Nichtort. (u bedeutet griechisch Nicht; topos meint griechisch Ort), also ein Nirgendwo oder Nirgendland. Utopien stellen das Idealbild einer vollkommenen Gesellschaft dar, eine fantastische Vorstellung ohne reale Grundlage, ein Wunschtraum oder Hirngespinst. Utopien beschreiben meist Inseln, in denen es sich um ein ideal begünstigtes Land handelt, ein Paradies an Ordnung, Überfluss und Schönheit. „Utopien sind Entwürfe, die anzugeben versuchen, wie man gemeinsam besser leben kann, von denen sich aber zum Zeitpunkt ihrer Formulierung nicht sagen lässt, ob sie überhaupt und wenn ja, wann sie sich realisieren lassen.“175 In Zeiten von Kriegen und wirtschaftlicher Depression wird das Gärtnerische zur Selbsthilfe – Strategie des Überlebens. Elke Krasny bezeichnet den Garten als Seismograf der Krisen. „Die Idylle im Garten trügt. Der Garten ist ein Territorium, durch das die sozialen Kämpfe und die politischen Bewegungen laufen.“176 Zugleich wird das Gärtnern auch ideologisch besetzt, indem die Propaganda diese Leistung des Einzelnen zum Überleben des Kollektivs als patriotische Pflicht bewirbt. “Nahrungsfreiheit für das deutsche Volk“ oder in Amerika lauteten die Parolen „War Gardens For Victory.“ Leberecht Migges Idee der ökologischen Kreislaufwirtschaft, die Familien unabhängiger von ihrer Lohnarbeit machen sollte, war eine erste Form der Subsistenzwirtschaft und nach ökologischen Gesichtspunkten ressourcenschonend, 174 Foucault, 1990. S34-46. Mittelstraß Jürgen, Neuzeit und Aufklärung, Berlin, 1970, S. 365. 176 Krasny, 2012, S.20. 175 82 mit dem heutigen biologischen Anbau vergleichbar. Die Entscheidung die Dinge selbst in die Hand zu nehmen hat auch eine politische Dimension. Anfang der 70er Jahre der Zeit der Öl- und Wirtschaftskrise besetzen Liz Christy und die Anhänger der Community Garden Bewegung müllübersäte Brachen, die bewusst der Verwahrlosung aus Gründen der Immobilienspekulation überlassen wurden. In Selbstinitiative entsorgten sie den Müll, bepflanzen und gestalten sie das Brachland, damit ein Lebensraum daraus wird. Diese Art der Selbsthilfe und Selbstermächtigung wird zum Index der Stadtentwicklung von unten und befördert einen Modernisierungsschub in den Städten. Das Gärtnern bewirkt Handlungsmacht im eigenen Lebensumfeld.177 Die Menschen haben das Bedürfnis wieder Kontrolle über Handlungsabläufe zu gewinnen, die scheinbar außer Kontrolle geraten sind.178 In der heutigen Postindustrialisierungsphase steht ein Paradigmenwechsel an. Immer noch mehr zu produzieren und zu konsumieren macht nicht glücklich. Die Digitalisierung und Globalisierung entfremdet und vereinzelt den Menschen immer mehr. Produktionsprozesse können nicht mehr nachvollzogen werden, der Einzelne fühlt sich anhand der Wirtschaftskrisen machtlos. Der Garten bietet die Möglichkeit vom Kleinen ins Große zu denken, das eigene Interesse am Grünen mit einem gesellschaftlichen Aspekt zu verbinden. Gärten haben, sofern sie gemeinschaftlich organisiert sind, einen Mehrwert in der Stadt. Heutzutage ist nicht mehr oder nur partiell die Krisensituation ein Grund, um gärtnerisch tätig zu sein, als es viel mehr eine bewusste Entscheidung ist, nach welchen Werten man leben will. Es ist eine Art des partiellen Aussteigertums, es geht darum, Autonomie zu gewinnen. Die Verbundenheit mit der Natur und den Mitmenschen zu fühlen macht den Garten zum Erfahrungsraum, der eine innere Erkenntnis offenbart. Der Soziologe Hartmut Rosa sieht das Gärtnern als eine Kulturtechnik der Muße. Der Garten als Ort der Entschleunigung hat in unserer Leistungsgesellschaft eine wichtige Funktion. Als „gutes Leben“ gilt vor allem das „reiche, das erfüllte Leben“. Wir wissen zwar, dass wir sterben müssen, aber wir versuchen vor dem Sterben noch möglichst viel zu erleben. Die Logik lautet: Wer doppelt so schnell handelt, kann praktisch zwei Lebenspensen in einem unterbringen. Der Garten ist ein Rückzugsraum von Leistungs- und Tempodruck; hier nimmt der Mensch in 177 vgl. ebd. S.37. 178 http://science.orf.at/stories/1688428 am25.08.2015 um 18.31 Uhr. 83 Echtzeit die Ergebnisse seiner Tätigkeit wahr, die oft im Gegensatz zu Gegenständen der stark virtualisierten Arbeitswelt handfest und unmittelbar sind.179 Unsere Wettbewerbs- und Leistungsgesellschaft macht den anderen zum Feind und nicht zum Nachbarn und verwandelt den Wert jeder Sache in Zeitgewinn durch Geschwindigkeit. Aber wie nutzen wir die so gewonnene Zeit? Im Garten bricht das System der gewonnenen oder verlorenen Zeit von selbst zusammen, es hat schlicht keine Daseinsberechtigung, denn das Wachstum von Pflanzen lässt sich nicht beschleunigen. Clement bezeichnet den Garten als einen privilegierten Ort der Zukunft, einen geistigen Bereich der Hoffnung. 180 Dem Garten der Zukunft entspricht der gesamte Planet und die Menschen fungieren als dessen Gärtner. In diesem gilt der Gärtner nicht als Herr, sondern als gleichberechtigter Teilhaber. „Das Genie der Natur lehrt ihn gegen die herrschenden Gesetze des Marktes und des Wirtschaftswachstums unsere Planeten so zu verwalten, dass das Leben die Evolution fortsetzen kann.“181 Der Garten, den ich auch als imaginären Raum beschrieben habe, eröffnet die Möglichkeit, zukünftiges gesellschaftliches Leben im Einklang mit der Natur neu zu denken. Der Garten bietet einen Freiraum zum Denken an, der noch nicht besetzt ist. Die letzte Funktion des Gartens für den Menschen stellt der Friedhof dar. In ihm schließt sich der Kreislauf von Werden und Vergehen, indem der Mensch auch wieder zum Ausgangsmaterial des Werdens, der Erde zerfällt und wieder zur Einheit mit der Natur wird. 179vgl. http://www.zeit.de/2010/01/Interview-Rosa/seite-2 16.6.15 um 13.04Uhr. 180 Clèment Gilles: Gärten Landschaft und das Genie der Natur. Vom Ökologischen Denken. Fröhliche Wissenschaft 059. Matthes & Seitz Berlin, 2015, S. 52f. 181 ebd.o.V., Klappentext. 84 12. Literatur- u. Quellenverzeichnis 12.1. Literaturverzeichnis Berg Stephan (Hrsg.): Gregory Crewdson 1985-2005. Hatje Cantz, Hannover, 2005. Bischöfe Deutschlands u. a.: Die Bibel. Einheitsübersetzung der heiligen Schrift. Altes und Neues Testament, Pattloch, Aschaffenburg, 1980. Böhme Gernot in: Urbane Paradiese. Zur Kulturgeschichte modernen Vergnügens. Zusammengestellt von Regina Bittner (Hrsg.), Edition Bauhaus –Bd.8, Campus Verlag, Frankfurt/New York, 2001. Brinkmann Bodo, Kemperdick Stephan: Deutsche Gemälde im Städel 1500-1550. Zabern Verlag, Mainz am Rhein, 2005. Clausen Marco und Müller-Frank Stefanie, Grün Nomadisch (Hg.): Prinzessinnengärten. Anders gärtnern in der Stadt. DuMont Köln, 2012. Clèment Gilles: Gärten, Landschaft und das Genie der Natur. Vom Ökologischen Denken. Fröhliche Wissenschaft 059, Matthes & Seitz, Berlin, 2015. Eltz-Hoffmann Lieselotte von: Das Paradies als Garten oder Der Garten als Paradies. Kulturgeschichtliche Studien. Verlag Traugott Bautz, Nordhausen, 2009. Etschmann Walter u.a.: Kammerlohr. Kunst im Überblick. Stile, Künstler, Werke. Oldenbourg, München, 2004. Foucault Michael. Andere Räume. in: Aisthesis. Wahrnehmung heute oder Perspektiven einer anderen Ästhetik. Reclam, Leipzig, 1990. Foucault Michel: Dispositive der Macht. Über Sexualität, Wissen und Wahrheit. Merve, Berlin, 1978. 85 Franzen Brigitte: Die vierte Natur. Gärten in der zeitgenössischen Kunst. Kunstwissenschaftliche Bibliothek Bd.11. Hrsg. Posthofen Christian, Verlag Walther König, Köln, 2000. Freud Sigmund: Gesammelte Werke, Bd.XII, Fischer, Frankfurt am Main,1999. Glaser Hermann: Hinterm Zaun das Paradies. Wandlungen des Gartenbildes, ars vivendi, Cadolzburg, 1999. Gothein Marie Luise: Geschichte der Gartenkunst. Erster Band. Eugen Diederichs (Hrsg.) Verlag, Jena, 1926. Hagen Franziska Bark: Versuche das Glück im Garten zu finden. Department Architektur ETH Zürich, Professur Günther Vogt, Lars Müller Publishers, Baden, Schweiz, 2011. Harrison Robert: Gärten. Ein Versuch über das Wesen des Menschen. Hanser, München, 2010. Helphand Kenneth: Defiant Gardens. Making Gardens in Wartime. Trinity University Press, San Antonio, Texas, 2006. Hennecke Stefanie und Gröning Gert (Hg.): Kunst - Garten - Kultur: Dietrich Reimer, Berlin, 2010. Hobhouse Penelope: Der Garten. Eine Kulturgeschichte. Dorling Kindersley, London, 2012. Hoefer Natascha und Ananieva Anna: Der andere Garten: Erinnern und Erfinden in Gärten von Institutionen. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2005. Kienast Dieter: Sehnsucht nach dem Paradies, in: Die Poetik des Gartens. Über Chaos und Ordnung in der Landschaftsarchitektur, Professur Landschaftsarchitektur (Hrg.), Birkhäuser, Basel, Berlin, Boston 2002. 86 für Kalusok Michaela: Schnellkurs Gartenkunst. DuMont, Köln, 2003. Krasny Elke (Hrsg.): Hands on Urbanism 1850-2012. Vom Recht auf Grün. Architekturzentrum Wien, Turia + Kant, 2012. Mader Günter: Geschichte der Gartenkunst. Ein Streifzug durch vier Jahrtausende. Fachbibliothek grün. Eugen Ulmer, Stuttgart, 2006. Meyer-Renschhausen Elisabeth: Unter den Müll der Acker. Community Gardens in New York City. Ulrike Helmer, Königstein/Taunus, 2004. Mittelstraß Jürgen, Neuzeit und Aufklärung, de Gruyter, Berlin, 1970. Müller Christa (Hg.): Urban Gardening. Über die Rückkehr der Gärten in die Stadt. Oekom, München 2011. Müller Christa: Wurzeln schlagen in der Fremde. Die internationalen Gärten und ihre Bedeutung für Integrationsprozesse. Oekom Verlag, München, 2002. Ohlsen Nils (Hrsg.): Garten Eden. Der Garten in der Kunst seit 1900. Kunsthalle Emden, Du Mont, Bonn, 2007. Pöppelmann Christa: Hier wächst die Hoffnung! Von der Laubenkolonie zum Guerilla – Garten. Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2012. Rasper Martin: Vom Gärtnern in der Stadt. Die neue Landlust zwischen Beton und Asphalt. Oekom, München, 2012. Reynolds Richard: Guerilla Gardening. Ein botanisches Manifest. Orange press, Westermann Druck Zwickau, 2009. Steinke Darcey. Gregory Crewdson. Dream of Life. Editiones Universidad de Salamanca, 1999. 87 Storch Ursula mit Doppler Elke. Gartenkunst. Bilder und Texte von Gärten und Parks 284. Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, Holzhausen, Wien, 2002. Ströbel Nele, Zahner Walter: (Hg.) hortus conclusus. Ein geistiger Raum wird zum Bild. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin, 2006. Schoas Björn: Gärten in Bewegung. Vom mobilen zum transistorischen Garten. Der Andere Verlag, Uelvesbüll, 2013. Schulze Sabine (Hg.): Gärten. Ordnung Inspiration Glück. Städel Museum, Frankfurt am Main, Hatje Cantz, Ostfildern, 2006. Trotha Hans von: Gartenkunst. Auf der Suche nach dem verlorenen Paradies. Quadriga, Berlin, 2012. Vercelloni Virgilio und Matteo: Geschichte der Gartenkultur. Von der Antike bis heute. Philipp von Zabern, Mainz, 2010. Warnke Martin: Politische Landschaft. Zur Kunstgeschichte der Natur. Carl Hanser, München Wien,1992. Wilke Joachim: Zum Naturbegriff der Gegenwart Bd. 1. u. 2. Kongreßdokumentation zum Projekt „Natur im Kopf“ Stuttgart, 21. - 26. Juni 1993, Landeshauptstadt Stuttgart, Kulturamt (Hrsg.), Friedrich Frommann, Stuttgart-Bad Canstatt 1994. 12.2. Aufsätze aus Zeitschriften Bianchi Paolo (Hg.): Künstler als Gärtner. Kunstforum International Bd.145, Verlag Kunstforum, Köln, 1999. Bianchi Paolo(Hg.): Das Gartenarchiv. Kunstforum International Bd. 146, Verlag Kunstforum, Köln, 1999. 88 12.3. Internetquellen Aufklärung, Absolutismus in England: http://www.geschichte-abitur.de/ancien-regime/glorious-revoluion am 26.März 2016 um 22Uhr Die Bibel, das Buch Genesis, Kapitel 2, Das Paradies: http://www.uibk.ac.at/theol/leseraum/bibel/gen2.html am 5.02.2016 um 20.31 Uhr Community Gardens von Indra Jungblut: http://reset.org/knowledge/urban-gardeningmit-gaerten-die-welt-veraendern am 3.08.2015 um 11.25 Uhr und am 29.09.2015 um 17.41 Uhr Gaia Mythologie: https://de.wikipedia.org/wiki/Gaia_%28Mythologie%29 am 8.2.2016 um 20.18 Uhr Graf Barbara Bachelorarbeit: http://www.laengenfeldgarten.at/wpcontent/uploads/Der-Guerilla-Garten-als-informeller-Lernort-und-sozialerFreiraum.pdf am 26.08.2015 um 18.51 Uhr Guerilla Gardening: http://www.laengenfeldgarten.at/wp-content/uploads/Der-Guerilla-Garten-alsinformeller-Lernort-und-sozialer-Freiraum.pdf am 26.08.2015 um 18.51 Uhr Jenny Holzer Dissertation: http://d-nb.info/1075834309/34 am 27.08.2015 um 22.18 Uhr Jenny Holzer: http://edoc.hu-berlin.de/kunsttexte/download/kume/sachs PDF am 29.08.2015 um 16.24 Uhr. Kriegsgärten von Reischer Peter: http://www.architektur-online.com/kolumnen/urbanfarming-urban-gardening am 2.8.2015 um 21.07 Uhr Kuba: Hannover Jantje: http://www.zeit.de/2006/34/Das_Oekoparadies_im_Hinterhof am 13.8.2015 um 14.03 Uhr Mittelalter: https://www.leben-im-mittelalter.net/gesellschaft-im-mittelalter/religionund-christentum-im-mittelalter.html am 26.3.2016 um 14.06Uhr Längenfeldgarten, ohne Angabe des Verfassers: http://www.laengenfeldgarten.at/faq/am25.08.2015 um 18.44 Uhr Müller Christa: https://de.wikipedia.org/wiki/Internationaler_Garten am 3.08.2015 um 11.42 Uhr Öffentlicher Raum, Brand, Exner: https://greenurbancommons.wordpress.com/2014/06/04/orf-science-urbangardening-zwischen-privat-und-offentlich/ am 25.082015 um 18.25 Uhr Renaissancegarten, Patzl Christian: http://www.diplom.de/e-book/219720/diegaerten-des-stiftes-gurk am 20.9.2015 um 19.48 Uhr 89 Renaissancegarten: http://www.janaszek.de/ga/renaissance_garten.html am 11.7.2015 um 14.31 Uhr https://de.wikipedia.org/wiki/Renaissancegarten am 11.7.2015 um 15.00 Uhr Rosa Hartmut: http://www.zeit.de/2010/01/Interview-Rosa/seite-2 16.6.15 um 13.04 Uhr http://science.orf.at/stories/1688428 am 25.08.2015 um 18.31 Uhr Schlacht bei Stalingrad: 1 http://www.dhm.de/lemo/kapitel/der-zweite-weltkrieg/kriegsverlauf/schlacht-umstalingrad-194243.html am 26. 3.2016 um 13.26Uhr Schnabel Ulrich: http://www.zeit.de/2010/01/Die-Wiederentdeckung-desNichtstuns/seite-4 am 16.6.2015 um 12.43 Uhr Schnabel Ulrich: http://www.zeit.de/2010/01/Interview-Rosa/seite-2 16.6.15 um 13.04 Uhr Weinberger Lois u. Franziska: http://othes.univie.ac.at/2123/1/2008-10-13_8160205.pdf am 30.08.2015 um 12.15 Uhr 90 13. Anhang Textanhang 1 Das Paradies: 2,4b-25. Zur Zeit als Gott, der Herr, Erde und Himmel machte, gab es auf der Erde noch keine Feldsträucher und wuchsen noch keine Feldpflanzen; denn Gott der Herr, hatte es auf die Erde noch nicht regnen lassen, und es gab noch keinen Menschen, der den Ackerboden bestellte; aber Feuchtigkeit stieg aus der Erde auf und tränkte die ganze Fläche des Ackerbodens. Da formte der Herr, den Menschen aus Erde vom Ackerboden und blies in seine Nase den Lebensatem. So wurde der Mensch zu einem lebendigen Wesen. Dann legte Gott der Herr, in Eden, im Osten, einen Garten an und setzte dorthin den Menschen, den er geformt hatte. Gott der Herr, ließ aus dem Ackerboden allerlei Bäume wachsen, verlockend anzusehen und mit köstlichen Früchten, in der Mitte des Gartens aber den Baum des Lebens und den Baum der Erkenntnis von Gut und Böse. Ein Strom entspringt in Eden, der den Garten bewässert; dort teilt er sich und wird zu vier Hauptflüssen. Der eine heißt Pischon; er ist es, der das ganze Land Hawila umfließt, wo es Gold gibt. Das Gold jenes Landes ist gut; dort gibt es auch Bdelliumharz und Karneolsteine. Der zweite Strom heißt Gihon; er ist es, der das ganze Land Kusch umfließt. Der dritte Strom heißt Tigris; er ist es, der östlich an Assur vorbeifließt. Der vierte Strom ist der Eufrat. Gott, der Herr, nahm also den Menschen und setzte ihn in den Garten von Eden, damit er ihn bebaue und hüte. Dann gebot Gott, der Herr, dem Menschen: Von allen Bäumen des Gartens darfst du essen, doch vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse darfst du nicht essen; denn sobald du davon isst, wirst du sterben. Dann sprach Gott, der Herr: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein bleibt. Ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm entspricht. Gott, der Herr, formte aus dem Ackerboden alle Tiere des Feldes und alle Vögel des Himmels und führte sie dem Menschen zu, um zu sehen, wie er sie benennen würde. Und wie der Mensch jedes lebendige Wesen benannte, so sollte es heißen. Der Mensch gab Namen allem Vieh, den Vögeln des Himmels und allen Tieren des Feldes. Aber eine Hilfe, die dem Menschen entsprach, fand er nicht. Da ließ Gott, der Herr, einen tiefen Schlaf auf den Menschen fallen, sodass er einschlief, nahm eine seiner Rippen und verschloss ihre Stelle mit Fleisch. Gott, der Herr, baute aus der Rippe, die er vom Menschen genommen hatte, eine Frau und führte sie dem Menschen zu. Und der Mensch sprach: Das endlich ist Bein von meinem Bein / und Fleisch von meinem Fleisch. / Frau soll sie heißen, / denn vom Mann ist sie genommen. Darum verlässt der Mann Vater und Mutter und bindet sich an seine Frau und sie werden ein Fleisch. Beide, Adam und seine Frau, waren nackt, aber sie schämten sich nicht voreinander. 91 14. Abbildungsverzeichnis Abb. 1: LUCAS CRANACH d.Ä.: Adam und Eva im Garten Eden, 1530: https://de.wikipedia.org/wiki/Garten_Eden am 1.02.2016 um 12.58 Uhr Abb. 2: Hortus conclusus; Vercelloni Virgilio und Matteo, 2010, S. 25 Abb. 3: Klosterplan St. Gallen: http://www.s-line.de/homepages/m-ebener/Klosterplan-dt-100.jpg am 20.9.2015 um 21.58 Uhr Abb. 4: Miniatur in einer Ausgabe des Romans de la rose aus dem 15 JH.: Vercelloni Virgilio und Matteo, 2010, S. 31 Abb. 5: Maria mit dem Einhorn: aus Ströbel Nele, 2006, S. 22 Abb. 6: Das Paradiesgärtlein Abb. Prometheus Bildbank Abb. 7: Der Heilkräutergarten in d. Vatikanischen Gärten: Vercelloni Virgilio und Matteo, 2010, S. 57 Abb. 8, 9 u.10: Renaissancegarten Villa d`este http://richelieussammelsurium.blogspot.co.at/2012/10/villa-deste-in-tivoli.html am 21.9.2015 um 10.42 Uhr Abb. 11: Basilius Besler, Vorzeichnung zu Hortus Eystettensis, 1613: von Trotha, 2012, S. 73 Abb.: 11a: Pietro Andrea Matteoli, wissenschaftl. Pflanzenabhandlung 1565 aus: Vercelloni Virgilio und Matteo: Geschichte der Gartenkultur. Von der Antike bis heute. Philipp von Zabern, Mainz, 2010, S.61. Abb. 12: Salomon Kleiner, Detail aus dem Stich „Das Orangenboskett“, 1738: http://41.media.tumblr.com/ba71cf1cb33b642694a8075ac6f395e3/tumblr_nnn7v1AY s71rtynt1o1_1280.jpg am 1.02.2016 um 11.45 Uhr Abb. 13: Gartenanlage von Versailles: http://files.newsnetz.ch/bildlegende/103703/1292831_pic_970x641.jpg am 1.02.2016 um 11.56 Uhr Abb. 14: Johann Ziegler, Im Park von Neuwaldegg, 1792 aus: Storch, 2002 S.145 Abb. 15: Englischer Garten München: engl. Garten by lux tonerre:http: //visit-munich-bavaria.com/englischer-gartenenglish-garden Abb. 16: Miniatur eines islam. Gartens Ende 18. JH.: http://3.bp.blogspot.com/-WX1QvtWRiP8/TdCDvqR-lOI/AAAAAAAAn6A/vhG9JeJgm0/s640/Bishndas+and+Nanha+Babur+Supervising+the+Laying+Out+of+the 92 +Garden+of+Fidelity+1590.jpg am 3.02.2016 um 11.56 Uhr Abb. 17: Detail eines Gartenteppichs, Westiran, ca.1800, aus: Bark Hagen, 2011, S. 43 Abb. 18: südpersischer Gaschgaimillefleur- Gebetsteppich, 19.Jh.aus: http://www.museum-abtei-liesborn.de/typo3temp/pics/61e8a7d780.jpg am 1.02.2016 um 12.23 Uhr Abb. 19: Prospekt der Gartenstadt Letchworth: Pöppelmann Christa, 2012, S. 51 Abb. 20-23: Werbeplakate für den Anbau von Gemüse: http://www.google.com/search?client=safari&rls=en&q=Victory%20Garden&oe=UTF8&um=1&ie=UTF8&hl=de&tbm=isch&source=og&sa=N&tab=wi&ei=_X_wVZ_lNsuxaY79g6gH am 9.09.2015 um 21.01 Uhr Abb. 24: Kleingartenkolonie vor zerstörtem Reichstag, Pöppelmann Christa, 2012, S. 99 Abb. 24a: Sellerie im Schützengraben 1918, aus: Hagen Franziska Bark: Versuche das Glück im Garten zu finden. Department Architektur ETH Zürich, Professur Günther Vogt, Lars Müller Publishers, Baden, Schweiz, 2011. Abb. 25: während des 1. Weltkriegs, Gemüsenbau in der Stadt, aus: Pöppelmann Christa, 2012, S. 89 Abb. 26: Brook Turners Garten: Bark Hagen, 2011, S.60 Abb. 27: Plastic Garden: Bark Hagen, 2011, S.52/53 Abb. 28: Liz Christy Bowery Houston Community Garden: http://mediacdn.tripadvisor.com/media/photo-s/02/6d/37/b0/liz-christy-bowery-houston.jpg am 1.02.2016 um 18.22 Uhr Abb. 29: Prinzessinnengarten Berlin: http://www.top10berlin.de/sites/top10berlin.de/files/styles/juicebox/public/location/slid er/2014/05/23/fullsize_prinzessinnengaerten_dpa_01.jpg?itok=xQiUN7a5 Abb. 30: Prinzessinnengarten Berlin: http://www.diy-ausstellung.de/?attachment_id=1961 am 1.02.2016 um 12.47 Uhr Abb. 30: Längenfeldgarten Wien: Privatfoto von Mona Quintus Abb. 31: Jimmy`s Garden, aus: Bark Hagen, 2011, S.103 Abb. 32: JENNY HOLZER, Black Garden 1994 http://www.kunstwegen.org/img/kunst/kuenstler/holzer01_g.jpg am 1.02.2016 um 13.06 Uhr 93 Abb. 33: JENNY HOLZER, Black Garden 1994 http://prometheus.uni-koeln.de/pandora/image/show/trieraa4c33ff45e4975ef5502406a2c159951071f863 am 7.2.2016 um 19.30 Uhr Abb. 34: GREGORY CREWDSON Abb. 35: GREGORY CREWDSON, aus der Serie Twilight,1998 http://prometheus.unikoeln.de/pandora/de/search?locale=de&commit=Suche&v[]=gre gory+Crewdson&page=3 am 7.2.2016 um 22.32 Uhr Abb. 36: Gregory Crewdson, Serie Twilight untitled 2 http://www.cincyworldcinema.org/photos/BlueVelvet/03a.jpg Am 4.02.2016 um 12.21Uhr Abb. 37: GREGORY CREWDSON Untitled (Pregnant Woman), 2001 http://www.phillips.com/detail/GREGORY-CREWDSON/NY010610/286 am 2.09.2015 um 14.47 Uhr Abb. 38, 39 u. 40: Susanne Lorenz http://www.bbkkulturwerk.de/con/kulturwerk/front_content.php?idart=869&artistId=211#projects/4 am 29.08.2015 um 16.43 Uhr Abb. 41 u. 42: Paul McCarthy, The Garden, 1992 http://deitch.com/content/3-archive/the-garden/2.thegarden1991-2-2.jpg am 7.2.2016 um 19.25 Uhr 94 95 15. Kurzbiografie Mona Quintus Geb.1965 in Tiengen/ Deutschland 1988 - 93 Studium der Bühnen - u. Filmgestaltung bei Prof. Axel Manthey an der Universität für Angewandte Kunst in Wien Projekte (Ausschnitt) 1994 Betongräser, Filmausstattung, Regie: Antonin Svoboda 1996 Mah Jongg, Filmausstattung, Regie: Antonin Svoboda 1997 Grosse Ferien, Filmausstattung, Regie: Antonin Svoboda 1997 ORF Blech oder Blume ,mit Grissemann und Stermann, Stagedesign 1997 ORF Schöne Show, mit Grissemann und Stermann, Stagedesign 1998 Bühnenbild u. Kostüme: Bibapoh Wiener Festwochenproduktion /Burgtheater 1999 Ternitz, Tennessee, Filmausstattung, Regie: Miriam Unger 2001 Global Tools, Ausstellung Künstlerhaus, Raumkonzept :Training 2001 Geburt meines Sohnes Xaver ab 2006 Tätigkeit als Lehrerin für Bildnerische Erziehung ab 2010 berufsbegleitend Studium der Kunst und Kommunikation/ Textiles, an der Universität für Angewandte Kunst in Wien 96